Im Urlaub erkrankte Arbeitnehmer dürfen den Urlaub nachholen

Im Urlaub erkrankte Arbeitnehmer dürfen den Urlaub nachholen

Kernfrage/Rechtslage

Wird ein Arbeitnehmer im Urlaub arbeitsunfähig krank, versteht es sich nach deutschem Recht so, dass er zwar nicht den gewährten Urlaub um die Zeit der Krankheit eigenmächtig verlängern kann. Sehr wohl steht ihm die Zeit der Arbeitsunfähigkeit aber als „neuer“ Urlaub zur Verfügung. Dass dies nicht überall in Europa so ist, zeigt das Beispiel des spanischen Urlaubsrechts, das jetzt durch den Europäischen Gerichtshof gekippt worden ist

Sachverhalt

Nach spanischem Recht ist der Fall des Zusammentreffens von Urlaub und arbeitsunfähiger Erkrankung nicht geregelt. Nur für schwangere Arbeitnehmer sieht das spanische Recht ausdrücklich vor, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, seinen Urlaub, der in die Zeit der Arbeitsunfähigkeit fällt, später zu nehmen. Spanische Gewerkschaften machten vor Gericht geltend, diese für Schwangere geltende Regelung müsse für alle arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer gelten.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof gab den Gewerkschaften Recht. Weil der Erholungsurlaub eine als europäisches Grundrecht geschützte zentrale Errungenschaft gemeinschafsrechtlichen Arbeitsrechts sei, ist ein Arbeitnehmer, der während seines bezahlten Jahresurlaubs arbeitsunfähig wird, berechtigt, später eine der Dauer seiner Krankheit entsprechende Urlaubszeit in Anspruch zu nehmen, wobei dieses Recht unabhängig davon besteht, wann die Arbeitsunfähigkeit eingetreten sei.

Konsequenz

Die Entscheidung ist für Deutschland ohne weitreichende Relevanz, da sie in Deutschland gängiger Rechtsprechung und Handhabung entspricht. Hingewiesen wird aber darauf, dass der im Urlaub erkrankte Arbeitnehmer die gleichen Pflichten wie während der Arbeitszeit hat. Das heißt insbesondere, er muss sich unverzüglich krank melden und ein ärztliches Attest vorlegen; sonst kann der Arbeitgeber die Anerkennung der Krankentage verweigern. Erkrankt der Arbeitnehmer während des Abfeierns von Überstunden, bleiben diese nicht erhalten.

Musterabkommen über Info-Austausch mit USA

Musterabkommen über Info-Austausch mit USA

Der US-Gesetzgeber hat am 18.3.2010 den „Foreign Account Tax Compliance Act“ (FATCA) verabschiedet und damit einen Stein ins Rollen gebracht, der Nicht-US Finanzinstitutionen dazu verpflichtet, bei der Ermittlung ausländischer Einkunftsquellen von US-Bürgern zu kooperieren. Als Sanktionsmechanismus wird dabei eine Regelung eingesetzt, die zu einer Strafsteuer für nicht kooperierende Finanzinstitute führt. Am 8.2.2012 wurde eine gemeinsame Erklärung der Staaten Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und den USA veröffentlicht, die eine mögliche zwischenstaatliche Vorgehensweise zur Verbesserung der Steuerehrlichkeit im grenzüberschreitenden Bereich und zur Umsetzung des FATCA zum Inhalt hat. Inzwischen ist ein Musterabkommen entwickelt worden, mit dem die erforderliche Informationsbeschaffung und ihr Austausch geregelt werden soll. Das Abkommen soll regeln, wer welche Informationen ermittelt und wie diese über einen automatischen Informationsaustausch an die Steuerbehörden gelangen sollen. Betroffen sind im wesentlichen Banken, aber auch Investmentfonds und Versicherungsunternehmen.

Keine Aufdeckung stiller Reserven bei Veräußerung an Zebragesellschaft

Keine Aufdeckung stiller Reserven bei Veräußerung an Zebragesellschaft

Kernproblem

Nach allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen sind stille Reserven aufzudecken, wenn und soweit ein Besteuerungstatbestand erfüllt wird. So stellt die entgeltliche Veräußerung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen regelmäßig einen steuerbaren Tatbestand dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Veräußerung an einen Dritten oder eine (Tochter-) Gesellschaft erfolgt. Strittig war nunmehr, ob diese Grundsätze ausnahmsweise nicht bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen eines Gesellschaftern an eine vermögensverwaltende Gesellschaft, an der der veräußernde Steuerpflichtige selbst beteiligt ist, gelten.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine gewerblich tätige KG. Diese veräußerte im Streitjahr ein Grundstück an eine vermögensverwaltende Gesellschaft, an deren Kommanditkapital sie zu 99 % beteiligt war. Der vereinbarte und fremdübliche Kaufpreis betrug 8 Mio. DM, der Buchwert hingegen nur rund 1,02 Mio. DM. Die Finanzverwaltung behandelte den Veräußerungsgewinn von knapp 7 Mio. DM als voll steuerpflichtig. Die Klägerin sah im Umfang ihrer Beteiligung (99 %) steuerlich hingegen kein Veräußerungs-/Anschaffungsvorgang. Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen wies die Klage erstinstanzlich ab. Hiergegen richtete sich die Revision der Klägerin.

Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob die Entscheidung des FG auf und gab der Klage der KG vollumfänglich statt. Nach Auffassung des BFH ist kein Besteuerungstatbestand erfüllt, wenn eine gewerbliche Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut ihres Betriebsvermögens an eine vermögensverwaltende Personengesellschaft veräußert, an der sie beteiligt ist (sog. Zebragesellschaft). Entscheidend sei, dass die Vermögensgegenstände einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auch nach der Veräußerung steuerrechtlich Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens ihres gewerblich tätigen Gesellschafters bleiben, soweit dieser am Gesamthandsvermögen der vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt ist.

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil des BFH bietet aus bilanzpolitischer Sicht die Chance, durch Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern an eine vermögensverwaltende Tochterpersonengesellschaft das Eigenkapital in der Handelsbilanz zu stärken, ohne dass ein steuerpflichtiger Veräußerungsvorgang vorliegt. Die erwerbende Tochterpersonengesellschaft darf jedoch weder gewerblich tätig noch gewerblich geprägt sein, da ansonsten eine Aufdeckung und Besteuerung stiller Reserven droht.

Berücksichtigung von ausländischen Sozialversicherungsbeiträgen

Berücksichtigung von ausländischen Sozialversicherungsbeiträgen

Kernproblem

Als Sonderausgaben zu erfassende Vorsorgeaufwendungen sind nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig, wenn sie mit steuerfreien Einnahmen in Zusammenhang stehen. Dieser Zusammenhang ist nach Auffassung des BFH auch dann gegeben, wenn die Steuerfreiheit der Einnahmen aus einem DBA abgeleitet wird.

Sachverhalt

Strittig war die Abzugsfähigkeit von Sozialversicherungsbeiträgen, die ein deutscher Unternehmensberater aufgrund einer in der Schweiz ausgeübten gewerblichen Tätigkeit an die Schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung (ALH) zu entrichten hatte. Die Beiträge waren bei der Einkommensermittlung in der Schweiz in Abzug gebracht worden. Die schweizerischen Einkünfte waren in Deutschland nach dem DBA freigestellt (mit Progressionsvorbehalt).

Entscheidung

Der BFH versagte einen Sonderausgabenabzug mit Hinweis auf § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Zwischen den nach DBA steuerfreien Einnahmen und den ausl. Pflichtbeiträgen zur ALH bestehe ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang, weil sie durch das gleiche Ereignis veranlasst seien. Diese Rechtslage habe sich durch das AltEinkG nicht geändert. Die nachgelagerte Besteuerung von Renteneinkünften führt jedenfalls dann nicht zu einer Benachteiligung, wenn die Beitragszahlungen aus steuerfreien Einnahmen herrühren. Der fehlende SA-Abzug soll weder zu einem Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz führen. Vorsorgeaufwendungen haben auch nach den Grundsätzen des AltEinkG keinen ausschließlichen Werbungskostencharakter und können deshalb vom Gesetzgeber den Sonderausgaben zugeordnet werden. Im Übrigen ist zu bedenken, dass bei einer Einstufung als Werbungskosten die Vorschrift des § 3c Abs. 1 EStG zu prüfen gewesen wäre. Nach Ansicht des Gerichts hätte auch die Anwendung dieser Vorschrift zu keiner Abzugsberechtigung geführt. Schließlich soll es zu keinen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip kommen, wenn die Vorsorgeaufwendungen im ausl. Staat steuermindernd berücksichtigt werden können. Der BFH betont weiterhin, dass es auf die Besteuerung der später fließenden Renten nicht ankommt. Abschließend setzt sich das Gericht mit dem Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU aus dem Jahr 2002 auseinander. Auch hier scheitert aber ein Verstoß gegen das Abkommen an dem Umstand, dass der Steuerpflichtige die Beiträge in der Schweiz steuerlich berücksichtigen konnte. Insoweit liegt nach Ansicht des Gerichts kein Verstoß gegen das Abkommen vor. Die Berücksichtigung beim Progressionsvorbehalt scheitert schließlich an der Einbeziehung von „Einkünften“, die sich nach § 2 Abs. 4 EStG von der Berücksichtigung von Einkommen unterscheidet.

Teilerlass der Grundsteuer bei gemindertem Mietertrag verfassungsgemäß

Teilerlass der Grundsteuer bei gemindertem Mietertrag verfassungsgemäß

Einleitung

Bei der Grundsteuer besteht ein Anspruch auf Teilerlass, wenn der tatsächliche Rohertrag aus der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks um 50 % (bis zum 31.12.2007: 20 %) niedriger ist als der normale Rohertrag. Im Fall der 50 %igen Unterschreitung ist die Grundsteuer um 25 % zu erlassen. Wird kein Rohertrag erzielt, ist die Grundsteuer i. H. v. 50 % zu erlassen.

Sachverhalt

Der Kläger ist Eigentümer eines Gebäudes, das in 2008 nur teilweise vermietet war. Da der normale Rohertrag in 2008 um 43,85 % geringer ausfiel, beantragte er Anfang 2009 einen Teilerlass der Grundsteuer. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab, da am 19.12.2008 eine Änderung der zugrundeliegenden Vorschrift rückwirkend auf den 1.1.2008 eingetreten ist. Nach der neuen Gesetzesfassung erreichte der Kläger nicht die neue Prozenthürde (50 %). Die alte (20 %) gilt für 2008 nicht mehr, obwohl das Gesetz erst am 19.12.2008 erlassen und am 24.12.2008 verkündet wurde. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung

Die Revision vor dem BFH wurde zurückgewiesen, da der Kläger die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erlass von Grundsteuer in 2008 nicht erfüllte. Zum einen ist es nicht verfassungswidrig, dass der Anspruch auf Grundsteuererlass u. a. davon abhängig gemacht wird, dass der normale Rohertrag jetzt um mehr als 50 % gemindert ist. Zum anderen liegt keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung vor, da der Kläger bei Verkündung der Gesetzesänderung am 24.12.2008 noch keine durchsetzbare vermögenswerte Rechtsposition erlangt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der dem Erlassantrag zugrundeliegende Sachverhalt noch nicht abgeschlossen. Zwar entsteht die Grundsteuer mit Beginn des Kalenderjahres, für das die Steuer festzusetzen ist. Der Anspruch auf Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung entsteht aber erst nach Ablauf des Kalenderjahres.

Gemeinnützigkeit einer Rettungsdienst-GmbH eines Landkreises

Gemeinnützigkeit einer Rettungsdienst-GmbH eines Landkreises

Kernaussage

Nach der Abgabenordnung (AO) verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Gefördert werden unter anderem Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur sowie der Sport. Die Gemeinnützigkeit führt zu einer Steuerbegünstigung der Körperschaft; die Anerkennung der Gemeinnützigkeit erfolgt durch das zuständige Finanzamt. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschied hierzu nun, dass eine kommunale GmbH, die einen Rettungsdienst betreibt und damit hoheitliche Pflichtaufgaben wahrnimmt, gemeinnützig tätig ist.

Sachverhalt

Die Parteien streiten um den Gemeinnützigkeitsstatus der klagenden GmbH. Alleiniger Anteilseigner der GmbH ist der Landkreis als Träger des Rettungsdienstes. Gesellschaftsvertraglicher Zweck der GmbH ist die Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Landesrettungsdienstgesetz, insbesondere Notfallrettung, Krankentransport, Sofortreaktion in besonderen Notfällen und der Betrieb von Rettungswachen. Das beklagte Finanzamt zweifelte an der Gemeinnützigkeit der GmbH und versagte die beantragte Steuerbefreiung, weil die GmbH nicht freiwillig, sondern im Auftrag des eigentlich verpflichteten Landkreises tätig werde und daher die „Opferwilligkeit“ fehle. Gegen die erlassenen Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide klagte die GmbH schließlich und gewann vor dem Finanzgericht.

Entscheidung

Ein Rettungsdienst, der Notfallrettung und Krankentransporte zum Gegenstand hat und Rettungswachen betreibt, ist auch dann gemeinnützig und somit von der Pflicht zur Steuerzahlung befreit, wenn er in der Rechtsform einer GmbH organisiert ist und Gesellschafter ein Landkreis ist, dem diese Aufgaben eigentlich obliegen. Zu den als gemeinnützig im steuerlichen Sinne anzusehenden Tätigkeiten gehört u. a. die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr, so dass an der Gemeinnützigkeit der Tätigkeit kein Zweifel besteht, so die Richter. Entscheidend sei nur, dass die Tätigkeit den Anforderungen, die an die Gemeinnützigkeit gestellt würden, entspreche. Denn der Nutzen für die Allgemeinheit sei durch die hier gewählte rechtliche Konstruktion schließlich nicht vermindert.

Konsequenz

Hoheitliche Aufgaben sind bereits dem Grunde nach gemeinnützig, weil sie dem Allgemeinwohl dienen. Einer steuerliche Privilegierung bedarf es nur deshalb nicht, weil der Staat selbst kein Steuersubjekt ist. Nur weil also eine zwischengeschaltete GmbH – ohne Gewinnerzielungsabsicht – eine gemeinnützige Aufgabe übernimmt, wird sie dadurch nicht eigennützig. Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanzhof (BFH). Die Gemeinnützigkeit von Körperschaften, die kommunale Pflichtaufgaben übernehmen, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt.

Doppelter Ausweis von Umsatzsteuer: Wann erfolgt die Passivierung?

Doppelter Ausweis von Umsatzsteuer: Wann erfolgt die Passivierung?

Einführung

Unternehmer, die Umsatzsteuer in Anzahlungs- und Schlussrechnungen doppelt ausweisen, schulden die zu viel ausgewiesene Umsatzsteuer. Dem Leistungsempfänger steht der Vorsteuerabzug hingegen nur einmal zu. Erst im Zeitpunkt der Korrektur der Schlussrechnungen, kann der Unternehmer, die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückfordern. Der BFH hatte nun zu entscheiden, ob dieser Zeitabfolge auch im Rahmen der Bilanzierung zu folgen ist.

Fall

Eine beim Kläger in 2005 durchgeführte Außenprüfung stellte fest, dass der Kläger im Prüfungszeitraum (2001 bis 2003) Umsatzsteuer doppelt ausgewiesen hatte. Der Kläger berichtigte die Rechnungen daraufhin noch in 2005. Das Finanzamt erfasste die Umsatzsteuerschuld in den Gewinnermittlungen der Jahre 2001 bis 2003, die entsprechenden Erstattungsansprüche hingegen erst in 2005. Der Kläger vertrat hingegen die Auffassung, dass der Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer schon mit Ausgabe der fehlerhaften Rechnungen entstehe.; die Aktivierung demnach in den Jahren 2001 bis 2003 zu erfolgen habe.

Neues Urteil

Der BFH lehnt die Klage ab. Der Erstattungsanspruch ist erst in dem Jahr zu aktivieren, in dem die Rechnungen korrigiert werden.

Konsequenzen

Das Urteil ist zutreffend. Im Regelfall wird sich in der Praxis hierdurch auch kein Nachteil für die Unternehmer ergeben, wenn der Erstattungsanspruch erst in einem späteren Veranlagungszeitraum aktiviert wird. So ergeben die Gewinnminderungen in den Streitjahren z. B. häufig Erstattungszinsen. Der vorliegende Fall stellt insoweit eine Ausnahme dar, da die entstehenden Verluste in den Folgejahren vom Kläger nicht mehr vollständig verrechnet werden konnten.

Kosten für arbeitsgerichtliche Vergleiche können Werbungskosten sein

Kosten für arbeitsgerichtliche Vergleiche können Werbungskosten sein

Einleitung

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und liegen nach ständiger BFH-Rechtsprechung vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein objektiver Zusammenhang besteht. Die einem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Dann begründen selbst strafbare, aber in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehende Handlungen einen einkommensteuerrechtlich erheblichen Erwerbsaufwand, so dass daraus sich ergebende Schadensersatzzahlungen Werbungskosten sind.

Sachverhalt

Im September 2003 wurde das langjährige Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber beendet. Im Oktober 2005 erhob der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Klage auf Schadensersatz i. H. v. 929.648 EUR, da der Kläger gegen Entgelt konkrete Geschäftschancen an Konkurrenten verraten und daher gegen die arbeitsvertraglich vereinbarte Schweigepflicht verstoßen hat. Dieses Verfahren wurde in 2007 mit einem Vergleich beendet. Der Kläger machte den gezahlten Vergleichsbetrag von 60.000 EUR im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als nachträgliche Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ließ diese Aufwendungen dagegen unberücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht ab.

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Da es im vorliegenden Fall nicht zu einem strafrechtlichen Verfahren gekommen ist, kann ohne hinreichend konkrete gegenteilige Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, dass diese Aufwendungen aus privaten, nicht der Erwerbssphäre zuzurechnenden Motiven der privaten Lebensführung des Klägers zuzurechnen sind. Allein der subjektive Handlungsvorwurf des Arbeitgebers schließt den objektiven Zusammenhang zwischen den Aufwendungen des Klägers und dessen Berufstätigkeit aus. Die gilt für die Kosten der Rechtsverteidigung und für die Vergleichszahlung. Das FG wird noch einmal zu prüfen haben, ob sich für die streitigen Zahlungen des Klägers tatsächlich private Gründe feststellen lassen, die einen erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhang gänzlich ausschließen. Lassen sich solche Gründe nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, sind die vom Kläger getragenen Aufwendungen dem Grunde nach als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Lebensmittelspenden – BMF will kleinere Brötchen backen

Lebensmittelspenden – BMF will kleinere Brötchen backen

Einführung

Spenden Unternehmen Waren, so unterliegen diese Sachspenden der Umsatzsteuer. Für Ärger hat diese Regelung nun insbesondere im Bäckereihandwerk gesorgt. Vermehrt wurden Bäcker, die übriggebliebene Brötchen an Tafeln spendeten, vom Fiskus zur Kasse gebeten. Hätten die Betroffenen hingegen die Brötchen im Müll entsorgt, wären sie der Nachzahlung entgangen.

Neue Pressemitteilung

Pressemitteilungen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks sowie des Deutschen Bäckereihandwerks zur Folge will das BMF nun dafür sorgen, dass Lebensmittelspenden für Bedürftige zukünftig nicht mehr besteuert werden. Dies soll erreicht werden, indem Lebensmittel, deren Haltbarkeit abläuft, nach Ladenschluss mit 0 EUR bewertet werden.

Konsequenzen

Die Betroffenen müssen abwarten, ob und ggf. wie das BMF seine Ankündigungen umsetzt. Bäcker und andere Lebensmittelhändler, die bis dahin keine Risiken eingehen wollen, sollten ihre Waren zu einem symbolischen Preis für z. B. 1 EUR an die Tafeln veräußern, so dass lediglich dieser Betrag zu versteuern wäre. Wer hingegen vom Fiskus zur Kasse gebeten wird, sollte prüfen, ob die Auffassung der Finanzverwaltung überhaupt zutreffend ist und sich hiergegen zu Wehr gesetzt werden sollte. Denn in den aufgegriffenen Fällen wurden die Brötchen auf Basis der Herstellungskosten bemessen. Dieser Ansatz greift jedoch erst, wenn kein Einkaufspreis (Wiederbeschaffungspreis) für die Brötchen ermittelbar ist. Da den alten Brötchen aber i. d. R. kein Wert mehr beizumessen sein wird, ist ein solches Vorgehen der Finanzverwaltung kritisch zu hinterfragen.

Wie weit reicht der Schutzbereich der Insolvenzantragspflicht?

Wie weit reicht der Schutzbereich der Insolvenzantragspflicht?

Kernaussage

Der Schutzzweck der gesetzlichen Insolvenzantragspflicht besteht darin, insolvenzreife Gesellschaften mit beschränkten Haftungsfonds vom Geschäftsverkehr fernzuhalten. So soll eine Schädigung von Gläubigern verhindert werden. Ersatzfähig sind daher Schäden, die mit der Insolvenzreife der Gesellschaft im inneren Zusammenhang stehen. Hiernach werden auch Schäden des Neugläubigers, die ihm aufgrund fehlerhafter Bauleistung der insolvenzreifen Gesellschaft entstanden sind, erfasst. Allerdings ist der Gläubiger nur so zu stellen, als wäre das Geschäft mit der GmbH nicht zustande gekommen (negatives Interesse).

Sachverhalt

Im Jahr 2004 schloss der Kläger mit einer GmbH einen Werkvertrag über Fassadenarbeiten ab. Zu diesem Zeitpunkt war die GmbH überschuldet. Nach Durchführung der Arbeiten wurde die Schlussrechnung beglichen. Ein Jahr später machte der Kläger gegen die GmbH Mängelansprüche geltend; er verlangte, so gestellt zu werden, wie wenn der Werkvertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre und bekam vor Gericht Recht. Im Jahr 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Nunmehr verlangt der Kläger vom beklagten Geschäftsführer der GmbH Schadensersatz wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht. Das Landgericht gab der Klage weitgehend statt. Das Berufungsgericht wies sie ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil auf und wie die Sache an die Vorinstanz zurück.

Entscheidung

Der Geschäftsführer haftet gegenüber dem Kläger wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht auf das positive Interesse des Klägers. Das bedeutet, dieser ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Solvenz der GmbH vertraut hätte und der Geschäftsführer seiner Insolvenzantragspflicht rechtzeitig nachgekommen wäre. Der zu ersetzende Schaden besteht deshalb nicht in dem wegen Insolvenz der Gesellschaft „entwerteten“ Erfüllungsanspruch. Der Kläger hat jedoch Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Werklohns, auf Ersatz des ihm durch die fehlerhafte Bauleistung entstandenen Schadens und auf Ersatz solcher Kosten, die ihm wegen der Verfolgung seiner Zahlungsansprüche gegen die insolvente GmbH entstanden sind.

Konsequenz

Auch nach den Neuregelungen zur Insolvenzantragspflicht haben die Grundsätze des Urteils Bedeutung, denn die zivilrechtlichen Sanktionen bleiben bestehen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin