Nachweispflicht für Bewirtungsaufwendungen bei Bewirtungen in einer Gaststätte

Zum Nachweis der Aufwendungen ist im Fall einer Gaststättenbewirtung eine Rechnung beizufügen. Die ausgestellte Rechnung muss dabei, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten. Vom Steuerpflichtigen ausgestellte Eigenbelege oder vorgelegte Kreditkartenabrechnungen sind insoweit nicht ausreichend (BFH, Urteil v. 18.4.2012 – X R 57/09; veröffentlicht am 12.9.2012).

 Leitsatz

1. Für den Fall der Bewirtung in einer Gaststätte ergeben sich die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht hinsichtlich der Bewirtungsaufwendungen aus der Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG , die lex specialis zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist.

2. Die über Bewirtungen in einer Gaststätte ausgestellten Rechnungen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 168/85 , BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903).

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.d.F. des StRefG 1990

 Instanzenzug

FG Düsseldorf vom 7. Dezember 2009 11 K 1093/07 E (EFG 2010, 633 )BFH X R 57/09

 Gründe

I.

1  Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren 1998 bis 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte von 1998 bis zu seiner Betriebsaufgabe im Jahr 2001 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus seinem Einzelunternehmen im Bereich „Exportberatung und Vermittlung von Maschinen und Anlagen”.

2  Für seine gewerbliche Tätigkeit nutzte der Kläger Räumlichkeiten im privaten Wohnhaus, das im Miteigentum beider Kläger stand. Dabei handelte es sich zum einen um Räumlichkeiten im Kellergeschoss (42,81 qm), die zwei Büroräume, einen Ablage- und Archivraum sowie einen Besprechungsraum umfassten. Diese konnten sowohl über einen separaten Hauseingang als auch über eine innenliegende Treppe betreten werden. Neben den streitgegenständlichen Räumen befanden sich im Kellergeschoss außerdem ein Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller. Des Weiteren wurde im ersten Obergeschoss ein Zimmer als Besprechungsraum (17,8 qm) genutzt, welches über eine Treppe im Wohnbereich zu erreichen war. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den vom Kläger erstellten Grundrisszeichnungen, auf die das Finanzgericht (FG) Bezug genommen hat. Der Kläger wies die entsprechenden Gebäudeteile in der Bilanz zur Hälfte als Betriebsvermögen aus, im Hinblick auf den Miteigentumsanteil der Klägerin wurde zwischen den Eheleuten ein Mietvertrag geschlossen.

3  In den Jahren 2003 und 2004 führte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) bei dem Kläger eine steuerliche Außenprüfung betreffend die Streitjahre durch. Nach Auffassung der Betriebsprüfung handelte es sich bei den vom Kläger genutzten Räumlichkeiten um ein häusliches Arbeitszimmer, das nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers darstellte, so dass lediglich Aufwendungen in Höhe von 2.400 DM jährlich abgezogen werden konnten. Die den Höchstbetrag übersteigenden Raumkosten in Höhe von 13.498 DM (1998), 23.934 DM (1999) bzw. 15.011 DM (2000) wurden dem Gewinn hinzugerechnet. Des Weiteren wurden Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 5.339 DM (1998), 8.969 DM (1999) bzw. 16.509 DM (2000) unter Hinweis darauf, dass Rechnungen über 200 DM auch den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssten (R 21 Abs. 8 Satz 4 der Einkommensteuer-Richtlinien 1998 /1999/2000 —EStR —), nicht anerkannt. Dies gelte auch für im Ausland angefallene Bewirtungsaufwendungen. Die Eigenbelege, die der Kläger erstellt hatte, seien als Nachweise nicht ausreichend.

4  Das FA erließ daraufhin am 24. Juni 2004 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb im Hinblick auf die streitgegenständlichen Raumkosten und die Bewirtungsaufwendungen erfolglos.

5  Das FG gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 633 veröffentlichtem Urteil teilweise statt, indem es weitere Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM (1998), 8.969 DM (1999) bzw. 15.875 DM (2000) für abziehbar hielt, die Klage im Übrigen jedoch abwies.

6  Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Der Auffassung des FG, das von einer grundsätzlichen Abziehbarkeit der Bewirtungsaufwendungen ausgehe, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG erfüllt seien, und in diesem Fall eine ordnungsgemäße Rechnung nicht mehr für erforderlich halte, sei nicht zu folgen.

7  Die Rechnung müsse auch den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten; dies gelte nur dann nicht, wenn der Gesamtbetrag der Rechnung 200 DM nicht übersteige (R 21 Abs. 8 Satz 4 EStR ).

8  Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie —bezüglich der Revision der Kläger— deren Revision zurückzuweisen.

9  Die Kläger beantragen,

die Revision des FA zurückzuweisen sowie mit ihrer eigenen Revision das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2007 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1998, 1999 und 2000, jeweils vom 24. Juni 2004, dahingehend zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 13.498 DM für das Jahr 1998, 23.934 DM für das Jahr 1999 und 15.011 DM für das Jahr 2000 berücksichtigt werden.

10  Die Kläger wenden sich mit ihrer Revision gegen die Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit den betrieblich genutzten Räumen.

11  Die im Privathaus der Kläger gelegenen und betrieblich genutzten Räume im ersten Obergeschoss und im Kellergeschoss seien nicht als häusliches Arbeitszimmer, sondern als Betriebsstätte zu werten. Entscheidend für die Abgrenzung sei allein das konkrete Unternehmensmodell, aus dem sich ableiten ließe, welche Anforderungen an eine Betriebsstätte zu stellen seien.

12  Er, der Kläger, habe für seine Kunden insbesondere die Projektplanung und Auftragsabwicklung übernommen. Diese Tätigkeiten seien ausschließlich in seiner Betriebsstätte erbracht worden. Darüber hinaus sei die eigene Unternehmensplanung des Klägers sowie die organisatorische Abwicklung in seiner Betriebsstätte vorgenommen worden.

13  Hilfsweise führten die Kläger aus, dass selbst die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers nicht zu einer Kürzung des Betriebsausgabenabzugs gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG führen könne, da die Räumlichkeiten den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers gebildet hätten. Der qualitative Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit des Klägers sei gerade nicht während der Reisetätigkeiten, sondern in seiner Betriebsstätte erbracht worden.

II.

14  Die Revision des FA ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Unrecht hat das FG weitere Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für das Jahr 1998, 8.969 DM für das Jahr 1999 sowie 15.875 DM für das Jahr 2000 als Betriebsausgaben berücksichtigt.

15  1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sind Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass nicht abziehbar, soweit sie 80 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ). Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ).

16  2. Zu Unrecht hat das FG Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für das Jahr 1998, 8.969 DM für das Jahr 1999 und 15.875 DM für das Jahr 2000 als abziehbar anerkannt, da auf den eingereichten Rechnungen über die Bewirtung die erforderliche Angabe des Namens des Klägers als bewirtende Person fehlte.

17  a) Die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht bei einer Bewirtung in einer Gaststätte ergeben sich —entgegen der Auffassung des FG— allein aus der Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG als lex specialis zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG . Dies ergibt sich insbesondere aus dem zwingenden Erfordernis, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen. Die Beifügung der Rechnung kann nicht durch Angaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG —also durch Eigenbelege— ersetzt werden. Das systematische Verständnis des FG, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG stelle lediglich eine Vereinfachungsregelung zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG für den Fall der Gaststättenbewirtung dar, ist unzutreffend.

18  aa) Maßgebend für die Auslegung der Nachweispflichten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 EStG im Fall der Gaststättenbewirtung ist der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Norm und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Mai 1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, unter B.I.1.; Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 14. Mai 1974 VIII R 95/72 , BFHE 112, 546 , BStBl II 1974, 572, unter B.I.1.a, m.w.N.). Im Rahmen des möglichen Wortsinns hat die Auslegung den Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, die systematische Stellung der Norm sowie den Gesetzeszweck zu beachten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 112, 546 , BStBl II 1974, 572, unter B.I.1.a; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Dezember 2006 GrS 1/05, BFHE 216, 168 , BStBl II 2007, 508, unter C.II.2.c bb). Ergänzend kommt der Entstehungsgeschichte der Vorschrift für deren Auslegung Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1987 IV R 150/84 , BFHE 150, 130 , BStBl II 1987, 670, unter 1.a).

19  bb) Schon der Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG —insbesondere die Einleitung („Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, …”)— macht deutlich, dass Satz 3 eine im Verhältnis zu Satz 2 spezielle Vorschrift in Bezug auf die Nachweispflicht im Falle der Bewirtung in einer Gaststätte darstellt. Außerdem verlangt die Vorschrift ausdrücklich die Beifügung der Rechnung über die Bewirtung, ohne eine Ausnahme zu statuieren, so dass bei einer Bewirtung in einer Gaststätte —im Gegensatz zu sonstigen Bewirtungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG )— zwingend die Rechnung über die Bewirtung beizufügen ist. Das Beifügen der Rechnung ist daher —entgegen der Auffassung des FG auch nach Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 1990 (StRefG 1990 ) vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093 , BStBl I 1988, 224)— materiell-rechtliche Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug (ebenso Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 4 EStG Rz 1234; Blümich/ Wied, § 4 EStG Rz 741). Insoweit entspricht dieses Ergebnis auch der Systematik des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG , der für den besonderen Fall der Gaststättenbewirtung in Satz 3 ein weiteres Erfordernis aufstellt. Dass Satz 3 eigene Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung genügen lässt, folgt allein daraus, dass die übrigen der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG genannten Angaben —nämlich zum Ort und Tag der Bewirtung sowie der Höhe der Aufwendungen— sich bereits aus der beizufügenden Rechnung ergeben (HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1234; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG , § 4 Rz H 182).

20  cc) Die Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG bestätigt diese Auslegung. Insbesondere hat die Neufassung der Vorschrift durch das StRefG 1990 nichts am Erfordernis, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen, geändert.

21  (1) Die Fassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG vor der Änderung durch das StRefG 1990 beruhte auf dem Einkommensteuerreformgesetz (EStRG) vom 5. August 1974 (BGBl I 1974, 1769 , BStBl I 1974, 530). Danach erfasste die Abzugsbeschränkung für Betriebsausgaben „Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind.” Weiter hieß es in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des EStRG: „Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck die folgenden Angaben zu machen: Ort und Tag der Bewirtung, bewirtete Personen, Anlass der Bewirtung und Höhe der Aufwendungen; hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so ist dem Vordruck die Rechnung über die Bewirtung, die vom Inhaber der Gaststätte unterschrieben sein muss, beizufügen.”

22  Der insoweit eindeutige Wortlaut entsprach dem seinerzeitigen gesetzgeberischen Willen, dass bei einer Bewirtung in einer Gaststätte die Aufwendungen durch eine Rechnung der Gaststätte belegt werden mussten (vgl. BTDrucks 7/2180, S. 16).

23  (2) Durch das StRefG 1990 hat sich an der Pflicht, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen, nichts geändert. Neben der Begrenzung der abziehbaren Aufwendungen auf 80 % sollten die bestehenden gesetzlichen Nachweisanforderungen nach dem gesetzgeberischen Willen nur insoweit erleichtert werden, als dem Steuerpflichtigen freigestellt wurde, in welcher Form er die erforderlich schriftlichen Angaben zur Erfüllung seiner Nachweispflicht macht, so dass auf das Ausfüllen eines amtlichen Vordrucks verzichtet wurde. Bei einer Bewirtung in einer Gaststätte brauchten die Angaben zum Ort und Tag der Bewirtung sowie zu der Höhe der Aufwendungen nicht mehr gemacht werden, da sich diese aus der Rechnung ergeben. An der Pflicht, die Rechnung bei Gaststättenbewirtungen beizufügen, wollte der Gesetzgeber hingegen festhalten; lediglich auf das Erfordernis der Unterschrift des Inhabers der Gaststätte wollte man aus Vereinfachungsgründen verzichten (vgl. Begründung des Fraktionsentwurfs eines StRefG 1990 , BTDrucks 11/2157, S. 138 f., sowie der hinsichtlich des Texts des Entwurfs und der Begründung gleichlautende Regierungsentwurf eines StRefG 1990 , BTDrucks 11/2226, S. 5; ausdrücklich Erster Bericht des Finanzausschusses zu dem Fraktionsentwurf, BTDrucks 11/2536, S. 46 f., 76; vgl. auch BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 50/01 , BFHE 205, 234 , BStBl II 2004, 502, unter II.1.).

24  dd) Schließlich spricht auch der Normzweck dafür, dass im Fall der Gaststättenbewirtung zwingend die Rechnung beizufügen ist und sich damit die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht in diesem Fall allein aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ergeben. Der Gaststättenrechnung kommt als Fremdbeleg eine erhöhte Nachweisfunktion zu. Die Gaststättenrechnung soll den Finanzämtern die Prüfung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung von Bewirtungsaufwendungen erleichtern und den Abzug von nicht betrieblich veranlassten oder unangemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben erschweren (vgl. Meurer in Lademann, EStG , § 4 EStG Rz 677; BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 168/85 , BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, zur Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 ).

25  b) Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt, so dass das FG unzutreffend Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für 1998, 8.969 DM für 1999 sowie 15.875 DM für 2000 als weitere Betriebsausgaben berücksichtigt hat.

26  aa) Durch die Einreichung der Eigenbelege haben die Kläger ihre Pflicht zur schriftlichen Angabe des Anlasses und der Teilnehmer der Bewirtung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG erfüllt. Dass die Kläger in den Eigenbelegen weitere Angaben gemacht haben, ist insoweit unschädlich.

27  bb) Dass die Angabe des Klägers als bewirtende Person auf den ansonsten ordnungsgemäßen Rechnungen fehlte, steht dem Abzug der streitgegenständlichen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben jedoch entgegen. Gaststättenrechnungen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der Umsatzteuer-Durchführungsverordnung (UStDV ) handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten. Weder die entsprechende Angabe des Klägers als Bewirtendem auf den von ihm erstellten Eigenbelegen noch die eingereichten Kreditkartenabrechnungen machten die erforderliche Angabe des Steuerpflichtigen auf den Rechnungen entbehrlich.

28  (1) Nach der Rechtsprechung des BFH zu der Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 mussten die einzureichenden Gaststättenrechnungen grundsätzlich den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten, um dem Normzweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung vor dessen Änderung durch das StRefG 1990 (a.F.) zu genügen (BFH-Urteile in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, und vom 2. Oktober 1990 VIII R 62/86, BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174; ebenso die Finanzverwaltung: R 21 Abs. 8 EStR ; wie auch das Schrifttum: HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 742; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §§ 4, 5 Rz 1700; Frotscher in Frotscher, EStG , Freiburg 2011, § 4 Rz 693; Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 678 f. ) .

29  Der BFH hatte in seiner Entscheidung in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903 insoweit ausgeführt, dass sich dies aus dem Zweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. ergebe (dem folgend BFH-Urteil in BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174; ebenso auf den Normzweck abstellend: Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202). Durch die Vorschrift solle den Finanzämtern die Prüfung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen erleichtert und dadurch der Abzug von nicht betrieblich veranlassten oder unangemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben erschwert werden. Eine bloße Glaubhaftmachung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen solle für den Abzug nicht ausreichen. Gaststättenrechnungen ohne Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen seien grundsätzlich als Nachweis der Bewirtungsaufwendungen ungeeignet, da sie nicht erkennen ließen, welchem Steuerpflichtigen die Aufwendungen entstanden seien. Besitze der Steuerpflichtige die Rechnung und lege er sie dem Finanzamt vor, dann sei dies zwar ein Beweisanzeichen dafür, dass ihm die Bewirtungsaufwendungen entstanden seien. Dieses Beweisanzeichen reiche aber als Nachweis nicht aus.

30  Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Gaststättenrechnungen den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssten, gelte danach lediglich für Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV . Diese Ausnahme für Kleinbetragsrechnungen i.S. der UStDV sei im Bereich der Ertragsteuern auf Gaststättenrechnungen entsprechend anzuwenden, denn nur so könne die mit ihr erstrebte Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens auch für das Gaststättengewerbe erreicht werden.

31  (2) Diese BFH-Rechtsprechung ist nach Auffassung des erkennenden Senats auf die in den Streitjahren geltende Rechtslage übertragbar. Gaststättenrechnungen ohne Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen sind als Nachweis der Bewirtungsaufwendungen grundsätzlich ungeeignet, da damit nicht belegt ist, wem die Aufwendungen entstanden sind und das Finanzamt weder die betriebliche Veranlassung noch die Angemessenheit der Bewirtungsaufwendungen prüfen kann (ebenso Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202; vgl. auch Frotscher in Frotscher, a.a.O., § 4 Rz 693; im Ergebnis ebenso: HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 742, und Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 679). Ohne eine solche Angabe besteht grundsätzlich die Gefahr, dass fremde Dritte Rechnungen an sich nehmen und als eigene Belege verwenden (Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202). Im Übrigen spricht auch der bestehen bleibende Gleichlauf mit dem Umsatzsteuerrecht für die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung; so benötigen vorsteuerabzugsberechtigte Steuerpflichtige ohnehin eine Rechnung, in welcher der Steuerpflichtige als Leistungsempfänger ausgewiesen ist.

32  (3) Die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen in dem Eigenbeleg kann die entsprechende Angabe in der Rechnung nicht ersetzen (ebenso HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235). Dies galt nach Auffassung des I. Senats (Urteil in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903) aufgrund der unterschiedlichen Nachweisfunktionen von Eigen- und Fremdbeleg auch bereits für die Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 . Hieran hat sich durch das StRefG 1990 nichts geändert.

33  Der Gaststättenrechnung als Fremdbeleg kommt weiterhin eine —im Vergleich zum Eigenbeleg— erhöhte Nachweisfunktion zu, so dass die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen allein in dem Eigenbeleg nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die Angabe auch auf der Gaststättenrechnung erforderlich bleibt. Denn der Name des bewirtenden Steuerpflichtigen kann nur durch den Gaststätteninhaber oder seinen Bevollmächtigten auf der Rechnung vermerkt werden (vgl. z.B. Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 203), wie auch eine nachträgliche Ergänzung der Gaststättenrechnung um den Namen des Bewirtenden nur durch diese Personen erfolgen darf (ebenso: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 205; HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Frotscher in Frotscher, a.a.O., § 4 Rz 693; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 743; Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 679; so auch BFH-Urteile in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, und in BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174, beide zur Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 ).

34  (4) Auch die eingereichten Kreditkartenabrechnungen können —entgegen der Auffassung des FG— an diesem Ergebnis nichts ändern. Durch die Kreditkartenabrechnungen kann lediglich die Begleichung der Rechnung nachgewiesen werden, nicht jedoch die Frage der betrieblichen Veranlassung, also wer zu der Bewirtung eingeladen hat, d.h. Bewirtender war. Damit ist auch nach Inkrafttreten des StRefG 1990 die Angabe des Rechnungsadressaten auf der eingereichten Gaststättenrechnung (grundsätzlich) erforderlich. Vergleichbar verlangt eine Rechnung i.S. des § 35a EStG 2002 , dass sich aus der Rechnung jedenfalls die wesentlichen Grundlagen der steuerlich geförderten Leistungsbeziehung und somit auch der Empfänger der Dienstleistung entnehmen lassen (BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 VI R 28/08 , BFHE 224, 255 , BStBl II 2010, 166).

III.

35  Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO ). Das FG hat revisionsrechtlich fehlerfrei die von den Klägern für die betrieblich genutzten Räume geltend gemachten Aufwendungen in den Streitjahren jeweils nur bis zur Höchstgrenze von 2.400 DM als Betriebsausgaben zugelassen.

36  1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM begrenzt, wobei die Beschränkung der Höhe nach nicht gilt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG ).

37  2. Im Ergebnis zu Recht hat das FG die streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG angesehen.

38  a) Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Der Rechtsprechung des BFH zufolge erfasst die Bestimmung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 19. September 2002 VI R 70/01 , BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139; vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; vom 22. November 2006 X R 1/05, BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304, und vom 26. März 2009 VI R 15/07, BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598). Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (BFH-Urteile vom 20. November 2003 IV R 3/02 , BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203; in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304, und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598).

39  Aus dem Wesen des Typus des „häuslichen Arbeitszimmers” folgt, dass seine Grenzen fließend sind und dass es Übergangsformen gibt. Der jeweilige Sachverhalt muss dem Typus wertend zugeordnet werden (BFH-Urteile in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139, und in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304). Ob ein Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist, lässt sich daher nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00 , BFHE 201, 27 , BStBl II 2003, 185, und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598). Insoweit ist das „häusliche Arbeitszimmer” von Betriebsstätten ähnlichen Räumen im Wohnbereich abzugrenzen, für die die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht gilt (BFH-Urteil vom 9. August 2011 VIII R 4/09 , BFH/NV 2012, 200 ; Schmidt/Heinicke, EStG , 31. Aufl., § 4 Rz 591, m.w.N.; vgl. auch Blümich/Wied, § 4 EStG 84 0). Ohne Bedeutung für die Qualifizierung als Arbeitszimmer ist es dagegen, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 AO darstellt (BFH-Entscheidungen in BFHE 201, 27 , BStBl II 2003, 185; vom 23. März 2005 III R 17/03, BFH/NV 2005, 1537 , und vom 2. Dezember 2009 VIII B 219/08, BFH/NV 2010, 431 ).

40  b) Im Ergebnis zu Recht hat das FG angenommen, dass die streitgegenständlichen Räume im Kellergeschoss sowie im ersten Obergeschoss eine funktionale Einheit bildeten, so dass die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer für die Räume gemeinsam vorzunehmen war.

41  aa) Begehrt der Steuerpflichtige den Betriebsausgabenabzug für mehrere in seine häusliche Sphäre eingebundene Räume, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich für jeden Raum gesondert vorzunehmen. Eine gemeinsame Qualifizierung kommt nur dann in Betracht, wenn die Räume eine funktionale Einheit bilden. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob aufgrund der räumlichen Situation die Nutzung in einem oder in mehreren Räumen erfolgt (BFH-Urteile in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139; in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775, und vom 9. November 2006 IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677 ).

42  bb) Insbesondere bei Zugrundelegung der Grundrisszeichnungen, die durch ausdrückliche Bezugnahme im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils von den bindenden Feststellungen des FG umfasst sind,   bildeten die Büroräume sowie der Ablage- und Archivraum im Kellergeschoss sowie die Besprechungsräume im Kellergeschoss und ersten Obergeschoss eine funktionale Einheit, da alle Räume mit den Beratungs- und Vermittlungsleistungen des Klägers als „externe Exportabteilung” mittelständischer Unternehmen in Zusammenhang standen.

43  Der Ablage- und Archivraum erfüllte insoweit (Teil-)Funktionen, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen. In einem Arbeitszimmer werden regelmäßig auch Bücher und Akten aufbewahrt; zu diesem Zweck ist der betreffende Raum typischerweise mit Regalen oder ähnlichen Möbeln ausgestattet. Ebenso gehört das Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen regelmäßig zu den in einem Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten, so dass Büroräume und Ablage- und Archivraum als funktionale Einheit betrachtet werden müssen (vgl. grundlegend BFH-Urteil in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139).

44  Ebenso verhält es sich mit den Besprechungsräumen. Allein der Umstand, dass in einem als Büro genutzten Raum gelegentlich Beratungsgespräche geführt werden, führt nicht dazu, die Eigenschaft des Büros als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu verneinen (vgl. BFH-Urteile vom 23. September 1999 VI R 74/98 , BFHE 189, 438 , BStBl II 2000, 7, und in BFH/NV 2007, 677 ). Gleiches muss gelten, wenn die Funktion, gelegentliche Besprechungen zu ermöglichen, in einen separaten Raum ausgelagert wird.

45  c) Das FG hat zutreffend die streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG qualifiziert.

46  aa) Die Räume waren in die häusliche Sphäre der Kläger eingebunden, mit Büromöbeln ausgestattet und wurden büromäßig genutzt.

47  In die häusliche Sphäre eingebunden und damit grundsätzlich als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG anzusehen ist eine funktionale Büroeinheit regelmäßig dann, wenn sich diese in Räumen befindet, die zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören (vgl. BFH-Urteile in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; vom 18. August 2005 VI R 39/04, BFHE 211, 447 , BStBl II 2006, 428, und in BFH/NV 2007, 677 ). Können hingegen die als Arbeitszimmer genutzten Räumlichkeiten nicht der privaten Wohnung bzw. dem Wohnhaus des Steuerpflichtigen zugerechnet werden, so stellen sie in der Regel auch kein „häusliches” Arbeitszimmer dar. In diesem Sinne bestimmt sich die Häuslichkeit beruflich genutzter Räumlichkeiten danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zugehörig darstellen. Das ist dann der Fall, wenn die Räumlichkeiten mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind (BFH-Urteil in BFHE 211, 447 , BStBl II 2006, 428).

48  Dies ist vorliegend in Bezug auf den Besprechungsraum im ersten Obergeschoss ohne Weiteres der Fall. Aber auch hinsichtlich der im Kellergeschoss gelegenen Räumlichkeiten hat das FG zutreffend darauf abgestellt, dass diese zwar über einen separaten Hauseingang verfügten, sie aber ebenso über die Innentreppe aus dem Wohnbereich der Kläger erreicht werden konnten. Darüber hinaus hat das FG zu Recht berücksichtigt, dass sich im Kellergeschoss neben den streitgegenständlichen Räumen als privat genutzte Räume ein Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller befanden.

49  bb) Das FG hat im Ergebnis zu Recht das Vorliegen von Betriebsstätten ähnlichen Räumen im Wohnbereich und damit ein Herausfallen der Räumlichkeiten aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG verneint.

50  Ein im privaten Wohnhaus gelegenes Büro kann dann aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG herausfallen, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben oder überlagert wird (BFH-Urteile in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, und in BFH/NV 2007, 677 ).

51  (1) Entscheidend für die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers ist insoweit, dass die von dem Steuerpflichtigen genutzte funktionale Büroeinheit nicht für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet ist (BFH-Urteile vom 23. Januar 2003 IV R 71/00 , BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43, und vom 31. März 2004 X R 1/03, BFH/NV 2004, 1387 ). Insoweit kann auch die nach außen erkennbare Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr zur Folge haben, dass diese nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG unterfallen (BFH-Urteil in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, in Bezug auf eine ärztliche Notfallpraxis). Ein Herausfallen aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist allerdings nicht schon allein deshalb gegeben, weil ein Steuerpflichtiger die von ihm genutzten Räumlichkeiten gelegentlich für Beratungsgespräche benutzt (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 677 ; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 189, 438 , BStBl II 2000, 7). Umstände, die die Einbindung in die häusliche Sphäre aufheben oder überlagern, können aber dann gegeben sein, wenn die funktionale Büroeinheit auch von dritten, nicht familienangehörigen und auch nicht haushaltszugehörigen Personen genutzt wird (BFH-Urteile in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, und in BFH/NV 2007, 677 ).

52  (2) Zutreffend hat das FG insoweit berücksichtigt, dass es nach den Angaben des Klägers in den Streitjahren nur zu gelegentlichen Zusammenkünften mit den Auftraggebern in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten kam, die dieser aus dem Gedächtnis pauschal mit zwei- bis dreimal pro Monat angegeben hat. Dies erfüllt nicht die Anforderungen, die an einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr zu stellen sind. Im Übrigen waren die Räumlichkeiten auch nicht nach außen erkennbar dem Publikumsverkehr gewidmet.

53  Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist das FG auch auf die Behauptung des Klägers im Erörterungstermin am 16. November 2009 eingegangen, eine Aushilfskraft beschäftigt zu haben, was im Gegensatz zu den Ausführungen in der Klageschrift vom 20. März 2007 steht. Insoweit hat das FG —revisionsrechtlich bedenkenfrei— darauf abgestellt, dass sich in den Gewinn- und Verlustrechnungen des klägerischen Einzelunternehmens für die Streitjahre keinerlei Personalaufwendungen finden, und ist zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger sich nicht der Hilfe von Arbeitnehmern bedient hat. Der Plan, zukünftig Arbeitnehmer zu beschäftigen, genügt nicht, da allein die Nutzung in den Streitjahren entscheidend ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, unter 5.b bb). Auch die Beschäftigung der Klägerin zur Ausführung der notwendigen Arbeiten während der Abwesenheit des Klägers steht der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht entgegen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 26. September 2005 XI B 57/04, BFH/NV 2006, 517 , und in BFH/NV 2007, 677 ).

54  Zutreffend hat das FG schließlich ausgeführt, dass in der Größe der Räumlichkeiten angesichts der gesamten Wohn- und Nutzfläche des Wohnhauses von 347,56 qm kein Anhaltspunkt gegen eine Qualifizierung der streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gesehen werden kann (vgl. zu diesem Kriterium BFH-Urteil vom 15. Dezember 2004 XI R 14/03 , GmbH-Rundschau 2005, 1215).

55  (3) Im Ergebnis zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Zuordnung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten zum notwendigen Betriebsvermögen und die daraus folgende Steuerbarkeit des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns der Qualifizierung der Räumlichkeiten als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht entgegensteht.

56  Die nicht vollständige Abziehbarkeit der Absetzung für Abnutzung (AfA) auf ein zum Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut kann allenfalls dann zu einer einkommensteuerrechtlichen Doppelbelastung führen, wenn der Buchwert dieses Wirtschaftsguts in die Ermittlung eines Veräußerungs- oder Aufgabengewinns einbezogen wird. Dieses Problem stellt sich erst im Jahr 2001 wegen der dann erfolgten Betriebsaufgabe, nicht aber bereits für die Streitjahre. Der erkennende Senat kann daher offenlassen, ob es im Fall der Erzielung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns unbeachtlich ist, ob die AfA zuvor ganz oder zum Teil nicht absetzbar war (so Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 599) oder dies wegen des Gebots der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist (BFH-Urteile vom 28. August 2003 IV R 38/01 , BFH/NV 2004, 327 , und vom 6. Juli 2005 XI R 87/03, BFHE 210, 493 , BStBl II 2006, 18; ebenso HHR/Paul, § 4 EStG Rz 1537).

57  3. Auch die Würdigung des FG, das Arbeitszimmer bilde nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG ), lässt keine Rechtsfehler erkennen.

58  a) Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der lediglich eine einzige Tätigkeit —teils im Arbeitszimmer, teils auswärts— ausübt, ist Mittelpunkt seiner gesamten Betätigung, wenn er dort diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Dieser Mittelpunkt bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Betätigung des Steuerpflichtigen; dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt lediglich eine indizielle Bedeutung zu (ständige Rechtsprechung des BFH, Urteile vom 13. November 2002 VI R 28/02, BFHE 201, 106 , BStBl II 2004, 59; in BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43; in BFH/NV 2005, 1537 , und in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304).

59  Wo dieser Schwerpunkt liegt, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen festzustellen; die darauf bezogene Würdigung aller Umstände des Einzelfalls obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteile in BFHE 201, 106 , BStBl II 2004, 59; in BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43; in BFH/NV 2005, 1537 , und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598).

60  b) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das FG den festgestellten Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger die für sein Geschäftsmodell wesentlichen und prägenden Beratungs- und Vermittlungsleistungen größtenteils außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers im Rahmen von persönlichen Treffen mit potentiellen Kunden erbrachte.

61  c) Diese Würdigung ist revisionsrechtlich bedenkenfrei, zumal der BFH sie nur daraufhin überprüfen kann, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang steht. Ist dies —wie im Streitfall— zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung selbst dann für den BFH bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 5. Mai 1999 XI R 6/98 , BFHE 188, 415 , BStBl II 1999, 735, und vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BFHE 203, 389 , BStBl II 2004, 627; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 7. Aufl., § 118 Rz 54).

62  Zutreffend hat das FG seiner Tatsachenwürdigung maßgeblich das Geschäftsmodell des Klägers zu Grunde gelegt. Nach den insoweit seitens der Kläger nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des FG wollte der Kläger Dienstleistungen als „externe Exportabteilung” mittelständischer Unternehmen erbringen. Insoweit hat das FG rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers mit der Sondierung internationaler Märkte, vor allem des amerikanischen Marktes, verbunden gewesen sei, die weitgehend eine Anwesenheit vor Ort erforderlich machte.

63  Das FG hat —rechtsfehlerfrei— zwar auch indiziell dem quantitativen Aspekt, nämlich der zeitintensiven außerhäuslichen Tätigkeit, die das FG insbesondere auf die Höhe der angefallenen Reisekosten und Bewirtungsaufwendungen stützte, Gewicht beigemessen. Im Vordergrund der Gesamtwürdigung des FG stand aber die Beurteilung des qualitativen Schwerpunkts der Betätigung des Klägers. Auch wenn es sich, wie die Kläger in ihrer Revisionsbegründung anführen, bei der Tätigkeit nicht um eine „klassische Außendiensttätigkeit”, wie beispielsweise die eines Versicherungsvertreters, gehandelt habe, begegnet die Tatsachenwürdigung des FG hinsichtlich des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers —aus den oben dargestellten Gründen— keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

 

Nichtvorliegen der Bescheinigung bei der erhöhten Absetzung (BayLfSt)

Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 EStG bzw. § 7i Abs. 2 EStG als materiellrechtliche Tatbestandsvoraussetzung für die erhöhten Absetzungen; Verfahren bei Nichtvorliegen der Bescheinigung

Im Beschluss vom 20.07.2010, X B 70/10 , BFH/NV S. 2007 , der in einem Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung erging, äußerte der BFH ernstliche Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit eines Einkommensteuerbescheides, wenn in diesem allein aufgrund der noch fehlenden Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde gem. § 7i Abs. 2 EStG die Steuervergünstigung nach den §§ 10f , 7i  EStG nicht berücksichtigt wird. Nach Auffassung des BFH habe eine ermessensgerechte Schätzung nach § 162 Abs. 5 AO zu erfolgen.

Nach Erörterung des o. g. BFH-Beschlusses auf Bund-Länder-Ebene war die Finanzverwaltung zunächst bei ihrer Auffassung geblieben, bei Nichtvorliegen der notwendigen Bescheinigung eine Schätzung der zu bescheinigenden Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 5 AO abzulehnen. Aufgrund verschiedener hiervon abweichender Entscheidungen von Finanzgerichten wurde die Thematik erneut von den obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundes erörtert. Hierbei wurde folgender Beschluss gefasst:

Entgegen der bisher vertretenen Auffassung kann in Fällen, in denen das Finanzamt die Schätzung des Abzugsbetrages nach §§ 7h , 7i , 10f  EStG alleine wegen Nichtvorlage der Bescheinigung nach §§ 7h Absatz 2, 7i Absatz 2 EStG abgelehnt hat, dem Grunde nach  Aussetzung der Vollziehung  gewährt werden.

Voraussetzung  für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist zum einen, dass das Vorliegen eines begünstigten Objekts dem Grunde nach durch geeignete Unterlagen nachgewiesen ist und zum anderen ein Nachweis für das Vorliegen von begünstigten Aufwendungen. Die Entscheidung bei den erklärten begünstigten Aufwendungen einen angemessenen Sicherheitsabschlag vorzunehmen, ist unter Berücksichtigung der eingereichten Unterlagen im Einzelfall zu treffen.

Eine vorläufige Berücksichtigung der erhöhten Abschreibungen bzw. der Steuerbegünstigung in geschätzter Höhe bereits im Lohnsteuerermäßigungsverfahren bzw. bei der Veranlagung zur Einkommensteuer kommt nach wie vor nicht in Betracht.

Hinweis:  Die bisherige Karte 3.1 zu § 7i EStG (Nr. 43/2011) ist auszureihen.

Teilwertabschreibung bei festverzinslichen Wertpapieren (BayLfSt)

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen; Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 )

Der BFH hat mit Urteil vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 entschieden, dass bei festverzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, eine Teilwertabschreibung unter ihren Nennwert allein wegen gesunkener Kurse regelmäßig nicht zulässig ist. Dies gilt auch dann, wenn die Wertpapiere zum Umlaufvermögen gehören.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung der Urteilsgrundsätze wie folgt Stellung:

Die Grundsätze dieses Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwendbar, wenn es sich um festverzinsliche Wertpapiere im Umlaufvermögen handelt, kein Bonitäts- und Liquiditätsrisiko hinsichtlich der Rückzahlung der Nominalbeträge besteht und die Wertpapiere bei Endfälligkeit zu ihrem Nennwert eingelöst werden können.

Die Rzn. 24 und 25 (Lösung zu Beispiel 6) des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (BStBl 2000 I S. 372 ) sind insoweit überholt.

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 (a. a. O.) zur Bewertung von festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen können frühestens in der ersten nach dem 8. Juni 2011 (Tag der BFH-Entscheidung) aufzustellenden Bilanz berücksichtigt werden; sie sind spätestens in der ersten auf einen Bilanzstichtag nach dem 22. Oktober 2012 aufzustellenden Bilanz (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II) anzuwenden.

Die Bewertung festverzinslicher Wertpapiere im Anlagevermögen wird durch diese Regelung nicht berührt. Insoweit verbleibt es bei der bisher bereits durch Verwaltungsauffassung geregelten Bewertung zum Nominalwert (vgl. Rz. 16 des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (a. a. O.).

Inhaltlich gleichlautend

Bayerisches Landesamt für Steuern v. 14.09.2012 – S 2171 b.2.1-3/2 St 32

Umsatzsteuervorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe (FG)

 „Kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG

 Leitsatz

  1. 1.            Ausgaben sind für das Kj abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
  2. 2.            Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kj bezogen.
  3. 3.            USt-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung i.d.R. von vornherein feststeht.
  4. 4.            Als „kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.
  5. 5.            Eine Erweiterung dieser Höchstgrenze kommt auch mit Blick auf § 108 Abs. 1 AO nicht in Betracht.

 Gesetze

EStG § 11
UStG § 18 Abs. 1 Satz 3
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine am 11. Januar 2010 gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2009 zu berücksichtigen ist.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er als Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG ). Umsatzsteuerlich ist der Voranmeldungszeitraum nach § 18 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (im Folgenden: UStG ) das Kalendervierteljahr. Die Umsatzsteuervoranmeldung für das 4. Quartal 2009 wurde am 11. Januar 2010 von dem Kläger eingereicht. Gleichzeitigt wurde die entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € geleistet.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 erklärte der Kläger einen Gewinn aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit in Höhe von 41.125,49 €. Die Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € war bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe berücksichtigt worden.

Am 31. Januar 2011 erließ der Beklagte einen Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2009, in dem es u.a. diese von den Klägern geltend gemachte Betriebsausgabe nicht anerkannte. In den Erläuterungen zu dem Bescheid heißt es: „In der Gewinnermittlung wurde die Umsatzsteuer von Ihne[n] unzutreffend berücksichtigt. Die Abweichungen sind der in der Anlage beigefügten Kopie der geänderten Anlage EÜR zu entnehmen”. Dem Steuerbescheid war eine handschriftlich kommentierte Kopie der von den Klägern eingereichten Anlage EÜR sowie ein Kontoauszug des Beklagten beigefügt.

Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger Klage erhoben.

Sie sind der Auffassung, der angefochtene Steuerbescheid sei bereits aus dem Grunde formell rechtswidrig und unwirksam, weil die durch den Beklagten vorgenommenen Abweichungen gegenüber der Steuererklärung nicht nachvollziehbar seien.

Darüber hinaus sei die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe für das Jahr 2009 zu berücksichtigen. Es handele sich um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2009 abgeflossen und deshalb nach § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG in diesem Jahr 2009 anzusetzen seien. Soweit der Beklagte die Wendung „kurze Zeit” in dieser Vorschrift auf einen Zeitraum von 10 Tagen begrenze, müsse dabei berücksichtigt werden, dass der zehnte Tag des Jahres 2010 ein Sonntag gewesen sei und deshalb nach § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (im Folgenden: BGB ) für Fristberechnungen der darauffolgende Werktag maßgeblich sei. Da die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung unstreitig am 11. Januar 2010 erfolgt sei, lägen die Voraussetzungen der Zurechnung der Aufwendung zum Jahr 2009 vor.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Bescheides über Einkommensteuer für das Jahr 2009 vom 31. Januar 2011 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 10. November 2011 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung könne keine Berücksichtigung bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2009 finden. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (im Folgenden: BFH), dass der unbestimmte Rechtsbegriff „kurze Zeit” in § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG nur dann als erfüllt angesehen werde, wenn die Zahlung innerhalb eines Zeitraumes von 10 Tagen nach Beendigung des Kalenderjahres geleistet wurde, zu dem sie gehört. Dies sei im Streitfall nicht erfüllt.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung) zugestimmt und einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Steuerbescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO ).

1. Die von dem Kläger am 11. Januar 2010 geleistete Umsatzsteuer in Höhe von 3.357,69 € kann nicht als Betriebsausgabe des Jahres 2009 berücksichtigt werden.

a. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG bestimmt, dass regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen gelten.

a. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung bei der Art der von dem Kläger erbrachten Leistungen von vornherein feststeht (BFH-Urteil vom 1. August 2007 – XI R 48/05 , BStBl. II 2008, 282; BFHE 218, 372 ), so dass § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar ist.

b. Als „kurze Zeit” im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH – wie der Beklagte zutreffend ausführt – ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen (vgl. nur BFH-Urteile vom 13. März 1964 – VI 152/63 , juris; vom 9. Mai 1974 – VI R 161/72, BFHE 112, 373 , BStBl II 1974, 547; vom 10. Dezember 1985 – VIII R 15/83, BFHE 145, 538 , BStBl II 1986, 342; vom 24. Juli 1986 – IV R 309/84, BFHE 147, 419 , BStBl II 1987, 16; vom 6. Juli 1995 – IV R 63/94, BFHE 178, 326 , BStBl II 1996, 266; vom 6. Juli 1995 – IV R 72/94, BFH/NV 1996, 209 ; vom 6. März 1997 – IV R 47/95, BFHE 183, 78 , BStBl II 1997, 509; vom 23. September 1999 – IV R 1/99, BFHE 190, 335 , BStBl II 2000, 121).

In seiner Entscheidung vom 6. November 2002 (X B 30/02, BFH/NV 2003, 169 ) hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich klargestellt, dass eine Erweiterung dieser Höchstgrenze unter Berufung auf besondere Verhältnisse des Einzelfalls nicht in Betracht kommt.

Auch der von dem Kläger angeführte § 193 BGB führt zu keinem anderen Ergebnis. Ist danach an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

Zwar gilt die Regelung nach § 108 Abs. 1 AO auch im Steuerverfahrensrecht, sie findet jedoch keine Anwendung auf die Fälle der vom Zu- und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG . Es fehlt hier schon an der Voraussetzung, wonach eine Leistung zu bewirken „ist”. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regeln nicht eine Zahlungspflicht, sondern knüpfen nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um daran die vom Grundsatz abweichende zeitliche Zurechnung zu bestimmen.

Die Fälligkeit einer Umsatzsteuervorauszahlung bestimmt sich alleine nach § 18 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes , wonach die Zahlung am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig ist. Diese Zahlungsfrist verlängert sich nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB bis zum folgenden Werktag, wenn sie auf einen Sonn- und Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Diese Verlängerung hat aber auf den Zeitraum des § 11 EStG keinen Einfluss.

c. Im Streitfall kommt eine Berücksichtigung der von dem Kläger am 11. Januar 2010 gezahlten Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe des Jahres 2009 nicht in Betracht. Die Zahlung ist nicht innerhalb des genannten Zehntageszeitraums erfolgt.

2. Auch die Begründung der angefochtenen Steuerfestsetzung durch den Beklagten hinsichtlich seiner Abweichungen von der Steuererklärung des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach §§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 AO nichtig macht, insbesondere dann unbeachtlich, wenn die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird. Dies kann nach § 126 Abs. 2 AO bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens erfolgen.

Im Streitfall hat der Beklagte in den Erläuterungen des Bescheides darauf hingewiesen, dass er im Steuerbescheid hinsichtlich der von dem Kläger erklärten Umsatzsteuerzahlungen abgewichen ist und dies durch Anlagen näher erläutert. Er hat diese Erläuterungen im Einspruchs- und auch im Klageverfahren weiter ergänzt.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

 

Auswirkung des BilMoG auf die Steuerbilanz

Gegenüberstellung der wesentlichen Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz unter Geltung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG)

Nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (1. Halbsatz), es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt (2. Halbsatz, durch das BilMoG ergänzt).

Dieser Grundsatz war bereits bisher wegen des Bewertungsvorbehalts in § 5 Abs. 6 EStG durchbrochen. Danach gehen steuerliche Bewertungsvorschriften, insbesondere die §§ 6 bis 7k EStG sowie steuerlicher Sonderregelungen, wie z. B. das Verbot in § 5 Abs. 4a EStG eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden, den handelsrechtlichen Vorschriften vor. Daran hat sich durch das BilMoG nichts geändert.

Neu ist, dass steuerliche Wahlrechte unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden können. Wahlrechte, die sowohl handels- als auch steuerrechtlich bestehen, können demnach (erstmals für Bilanzstichtage nach dem 31.12.2008, d. h. ab VZ 2009) in der Handels- und der Steuerbilanz unterschiedlich ausgeübt werden ( BMF-Schreiben vom 12.03.2010 , BStBl 2010 I S. 239). Die Ausübung steuerlicher Wahlrechte muss nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG n. F. jedoch besonders dokumentiert werden, sofern sich die erforderlichen Angaben (Zeitpunkt der Anschaffung, Anschaffungskosten, Rechtsgrundlage des in Anspruch genommenen Wahlrechts und der vorgenommenen Abschreibungen) nicht aus dem Anlageverzeichnis ergeben.

Weggefallen ist allerdings die umgekehrte Maßgeblichkeit (Streichung des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F.), nach der bisher steuerliche Wahlrechte in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben waren. In diesem Zusammenhang sind auch die handelsrechtlichen Öffnungsklauseln (§§ 254, 247 Abs. 3, 273 HGB a. F. Sonderposten mit Rücklagenanteil) gestrichen worden, mit denen steuerliche Wahlrechte, z. B. die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG, in die Handelsbilanz übertragen werden konnten.

 

HGB-Regelung im BilMoG

Inhalt der Neuregelung

Behandlung in der Steuerbilanz

Steuerliche Korrektur erforderlich?

§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB
Vermögensgegenstände sind dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.
ebenso Bereits bisher schon in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO geregelt
Nein
§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB
Saldierung von bestimmten Vermögensgegenständen, z. B. Rückdeckungsversicherungen mit Pensionsrückstellungen
Saldierungsverbot (§ 5 Abs. 1a EStG) führt zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit
Ja keine Saldierung
§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB
Aktivierungswahlrecht für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, z. B. selbst geschaffene Patente
steuerliches Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG) führt wie bisher zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit
Ja bei Aktivierung in der Handelsbilanz
§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB
Aktivierungspflicht für den entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert; Abschreibung auf individuelle Nutzungsdauer (i. d. R. max. fünf Jahre)
Aktivierungspflicht und lineare Abschreibung auf 15 Jahre (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG) gilt weiter
Ja AfA auf 15 Jahre linear
§ 250 Abs. 1 Satz 2 HGBgestrichen
kein ARAP für als Aufwand abgezogene Zölle und Verbrauchsteuern auf Vorratsvermögen sowie für als Aufwand abgezogene USt auf Anzahlungen
Weiterhin Aktivierungspflicht nach§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG
Ja Aufwand nicht sofort abzugsfähig
§ 249 Abs. 1 Satz 3 HGBgestrichen§ 249 Abs. 2 HGB
keine allgemeineAufwandsrückstellungen sowie für unterlassene Instandhaltungen, die mehr als drei Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres nachgeholt werden
ebenso Das bisherige Passivierungsverbot bei handelsrechtlichen Passivierungswahlrechten gilt weiterhin.
Nein
§ 255 Abs. 2 Satz 2 HGB
zwingende Einbeziehung der Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie des Wertverzehrs des Anlagevermögens in die Herstellungskosten
ebenso Bereits bisher waren Materialeinzel- und Materialgemeinkosten sowie der Wertverzehr des Anlagevermögens in die Herstellungskosten einzubeziehen (R 6.3 Abs. 1 EStR 2008).
Nein
§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB
Wahlrecht (unverändert), Kosten der Verwaltung sowie Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und für diebetriebliche Altersversorgung in die Herstellungskosten einzubeziehen
Bis zur Veröffentlichung der EStR 2012 keine Abweichung, d. h. das Wahlrecht gilt für die steuerlichen HK (R 6.3 Abs. 4 EStR 2008). Danach zwingende Einbeziehung dieser Aufwendungen in die steuerlichen HK (BMF-Schreiben vom 22.06.2010, BStBl 2010 I S. 597)
Nein
§ 253 Abs. 3Satz 3 undSatz 4 HGB
Anlagevermögen: keine außerplanmäßige Abschreibung bei nur vorübergehender Wertminderung. Außerplanmäßige Abschreibung (wie bisher) bei vor-aussichtlich dauernder Wertminderung zwingend.

Ausnahme: bei Finanzanlagevermögen schon bei vorübergehender Wertminderung

Teilwertabschreibungen waren bereits bisher nur bei vor-aussichtlich dauerhafter Wertminderung zulässig (Kann-Regelung, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG). Dieses Wahlrecht kann jetzt unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden, d. h. insoweit keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz mehr.
grundsätzlich Nein
§ 253 Abs. 4 HGB
Umlaufvermögen: strenges Niederstwertprinzip bei jeder Wertminderung
grundsätzlich ebenso, wenn Wertminderung bis zum Bilanz-erstellungstag anhält
grundsätzlich Nein
§ 253 Abs. 5 Satz 1 HGB
Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für eine außerplanmäßige Abschreibung nicht mehr bestehen.
Wertaufholungsgebot bestand bereits bisher (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3 EStG)
Nein
§ 256 Satz 1 HGB
nur noch Lifo- und Fifo-Methode bei der Bewertung des Vorratsvermögens zulässig
Steuerlich ist weiterhin nur das Lifo-Verfahren zulässig (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG).
Ja sofern Bewertung nach Fifo-Methode in der Handelsbilanz
§ 256a HGB
Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden in fremder Währung mit dem Devisenmittelkurs am Bilanzstichtag. Bei einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr gelten weder das Anschaffungskostenprinzip noch das Realisationsprinzip. Dadurch kann es zum Ausweis nicht realisierter Gewinne kommen.
Das Anschaffungskostenprinzip gilt weiterhin, d. h. nicht realisierte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden.
Ja
Rückstellungen sind in der Steuerbilanz der Höhe nach auf den Wert in der Handelsbilanz begrenzt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG).Hinweis/Link auf neue VfG
§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB
Bei der Bewertung von Rückstellungen sind zu erwartende Preis- und Kostensteigerungen einzubeziehen.
keine Einbeziehung von Preis- und Kostensteigerungen, Verhältnisse am Bilanzstichtag sind maßgebend (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG)
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB
Abzinsung von Rückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins der letzten sieben Jahre
In der Steuerbilanz sind Rückstellungen wie bisher mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG).
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 253 Abs. 2 Satz 2 HGB
Abzinsung von Pensionsrückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins für eine Restlaufzeit von 15 Jahren. Künftige Gehalts- und Rentensteigerungen sind einzubeziehen.
Der Abzinsungssatz von 6 % (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG) gilt weiterhin. Zudem sind – wie bisher – die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 HS 2 EStG)
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 254 Abs. 1 HGB
Bildung von Bewertungseinheiten für Grund- und Sicherungsgeschäfte, z. B. durch Zusammenfassung einer Forderung in ausländischer Währung mit einem Absicherungsgeschäft gegen Wechselkursänderungen.
Übernahme der Bewertungseinheiten in die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1a Satz 2 EStG). Zudem muss bei einem Verpflichtungsüberhang eine Drohverlustrückstellung gebildet werden (Ausnahme vom Verbot der Bildung von Drohverlustrückstellungen in § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG).
Nein

Aufteilungsverbot gilt nicht für häusliches Arbeitszimmer (FG)

Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind im Falle einer gemischten Nutzung teilweise abziehbar, soweit das Arbeitszimmer büromäßig eingerichtet ist und eine Aufteilung zumindest im Schätzungswege möglich ist. § 12 Nr. 1 EStG steht dem nicht entgegen (FG Niedersachsen, Urteil v. 24.4.2012 – 8 K 254/11; Revision eingelegt).

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH sowie nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein häusliches Arbeitszimmer ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird; eine untergeordnete private Mitbenutzung ist jedoch unschädlich (vgl. hierzu BMF, Schreiben v. 2.3.2011, BStBl 2011 I S. 195, Rn. 3).

Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Der Kläger erhielt eine Altersrente und erzielte daneben u.a. Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Er war Eigentümer zweier Mehrfamilienhäuser mit jeweils 9 bzw. 5 Mietwohnungen. Außerdem vermietete er fünf Garagen. Er machte geltend, das Arbeitszimmer stelle den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit dar. Ergänzend verwies er auf einen „Tätigkeitsbericht“ über die Arbeiten, die er im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet habe, sowie auf Fotos vom Arbeitszimmer. Auf dem Foto befinden sich u.a. ein Schreibtisch, Büroschränke und Regale sowie diverse Leitzordner. Im Arbeitszimmer steht ein Computer. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Der Kläger habe eine ausschließliche oder nahezu ausschließliche berufliche Nutzung des Arbeitszimmers nicht nachgewiesen.

Eine Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer setzte zwar nach bisherigen Auffassung voraus, dass das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Denn nach der Rechtsprechung des BFH konnten Aufwendungen für die eigene Wohnung grds. nicht abgezogen werden, weil es sich bei diesen Aufwendungen regelmäßig um solche der privaten Lebensführung handele, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbar seien. War die private Mitbenutzung demnach nicht von nur untergeordneter Bedeutung, so stand die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG der Abziehbarkeit auch nur eines Teils der Aufwendungen entgegen. Die Rechtfertigung für ein solches Aufteilungsverbot ist jedoch durch den Beschluss des Großen Senats  (Az. GrS 1/06) entfallen, so dass nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls dann, wenn der Charakter als „Arbeitszimmer“ trotz der privaten Mitbenutzung zu bejahen ist, eine Aufteilung geboten ist.

Quelle: FG Niederdachsen online

Öffentliches Fachgespräch zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen im Finanzausschuss

Mit “grenzüberschreitenden Steuergestaltungen” beschäftigt sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in einem öffentlichen Fachgespräch am Mittwoch, den 20. März, ab 14.00 Uhr im Sitzungssaal E 400 des Paul-Löbe-Hauses. Zu dem auf zwei Stunden angesetzten Fachgespräch werden folgende Sachverständigen erwartet: Prof. Hubertus Baumhoff (Kanzlei Flick Glocke Schaumburg), Deutsche Bank AG, Markus Henn (Tax Justice Network), Nicola LiebertAchim Pross (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD), Starbucks Coffee Deutschland GmbH und Heinz Zourek, Europäische Kommission.

Deutscher Bundestag

Internationale Konzerne sparen Steuern durch Gewinnverlagerung

Durch das geschicktes Ausnutzen des unterschiedlichen Steuerrechts in verschiedenen Ländern und interne Verrechnungen gelingt es internationalen Konzernen, ihre Steuerlast erheblich zu senken. Dies bestätigten mehrere Sachverständige bei einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am gestrigen Mittwoch.

Professor Hubertus Baumhoff von der Kanzlei Flick Glocke Schaumburg zeigte am Beispiel des amerikanischen Suchmaschinenbetreibers Google auf, welche Gestaltungsmöglichkeiten verschachtelte Konzerne haben. So verfüge zum Beispiel Google über Niederlassungen in Irland, den Niederlanden und den Bermudas. In Irland seien etwa 2.000 Personen beschäftigt. Dort würden Lizenzgebühren aus Geschäften in Europa kassiert. Lizenzausgaben in ähnlicher Höhe würden wiederum an die Niederlassung in den Niederlanden gezahlt, und von dort werde das Geld auf die Bermudas transferiert. Es gebe mehrere Gründe, warum das funktioniere: In den Niederlanden falle keine Steuer auf Lizenzgebühren an, und auch in Irland gebe es keine Steuerpflicht. Die USA wiederum könnten nichts wegen Googles Bermuda-Gesellschaft unternehmen, weil diese über ihre irische Tochter einen aktiven Geschäftsbetrieb vorweisen könne. Es werde geschätzt, dass der Konzern 33 Milliarden Dollar steuerfrei gebunkert habe. “In Deutschland wäre diese Gestaltung nicht möglich”, sagte Baumhoff.

Auch Nicola Liebert von Tax Justice Network sagte, die Gewinnverschiebung mit Lizenzgebühren scheine ziemlich verbreitet zu sein. Zum System gehörten zudem Zinszahlungen sowie Finanzinstrumente wie Derivate und Swaps. Verbreitet seien aber auch Manipulationen interner Verrechnungspreise, auch wenn das verboten sei. Achim Proos von der OECD wies darauf hin, dass diese Gestaltungen besonders Finanzierungsfragen und immaterielle Güter betreffen würden. Auch bei den konzerninternen Verrechnungspreisen stellten sich viele Fragen. Die OECD hoffe, im Juni mit den Beratungen über einen Aktionsplan gegen die Steuergestaltungen von internationalen Konzernen beginnen zu können. Man wolle etwas gegen die doppelte Nichtbesteuerung tun, aber keine doppelte Besteuerung herbeiführen.

Von der Deutschen Bank hieß es, bei den geschilderten Fällen handele es sich eher um ein Problem des amerikanischen Gesetzgebers. In Deutschland seien Modelle wie das von Google nicht möglich. Baumhoff bestätigte, wenn Staaten auf Besteuerung verzichten würden, sei das kein Betriebsunfall, sondern geschehe aus Wettbewerbsgründen. Es wäre für die USA leicht, an die auf die Bermudas gebrachten Gewinne heranzukommen. Markus Henn (Tax Justice Network) sagte, aus seiner Sicht seien deutsche Konzerne sauber. Aber man müsse auch sehen, dass viele deutsche Konzerne Tochterfirmen in Steueroasen hätten. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hielt der Deutschen Bank ein Zitat aus dem Geschäftsbericht vor, wonach es eine “vorteilhafte geografische Verteilung des Gewinns” gebe. Die Bank wies dies unter Hinweis auf ihre hohe Steuerquote zurück.

Deutscher Bundestag

Scheidungskosten sind steuerlich absetzbar

Die Kosten, die bei der Scheidung im gerichtlichen Scheidungsverfahren entstehen, können steuerlich abgesetzt werden. Nach dem Urteil des Finanzgerichts in Düsseldorf (Az.: 10 K 2392/ 12 E) können diese als außergewöhnliche Belastung steuerlich angeführt werden.

Die Richter begründeten dies damit, dass eine Scheidung ein gerichtliches Verfahren zwingend mit sich zieht und sich die Ehepartner den Anwaltsgebühren und Gerichtskosten nicht entziehen können. Außerdem zählen zu den steuerlich absetzbaren Ausgaben sogenannte Scheidungsfolgesachen, wie z. B. Unterhaltsansprüche oder der Zugewinnausgleich.

Weiterhin ist zu beachten, dass als Voraussetzung eine gewisse Zumutbarkeitsgrenze überschritten worden sein muss. Diese entsteht jährlich neu und hängt von der Höhe der Einkünfte, dem Familienstand und der Zahl der Kinder ab. Es ist also von Fall zu Fall unterschiedlich, wann die Zumutbarkeitsgrenze erreicht ist und die Belastungen steuerlich absetzbar sind.

Allerdings gibt es weiterhin die Einschränkung, dass bei einer außergerichtlichen Einigung die Anwaltsgebühren nicht steuerlich absetzbar sind, da erst gar keine gerichtlichen Kosten anfallen.

Im obigen Fall wollte der Ehepartner seine angefallen Gerichts- und Anwaltsgebühren sowie die Kosten, die aufgrund des Versorgungsausgleichs, dem Zugewinnausgleich und dem nachehelichen Unterhalt angefallen sind, steuerlich absetzen. Das Finanzamt erkannte aber nur die gerichtlichen Scheidungskosten und die Kosten bezüglich des Versorgungsausgleichs als außergewöhnliche Belastung an.

Allerdings entschied das Finanzgericht Düsseldorf, wie oben erwähnt, anders und es wurden schließlich die gesamten Kosten als außergewöhnliche Belastung angesehen.

Finanzgericht Düsseldorf

Darlehensverzicht gegenüber dem Arbeitgeber als Werbungskosten

Finanzgericht Düsseldorf, 1 K 522/11 E

Datum: 07.12.2012
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 1. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 1 K 522/11 E
Tenor: Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2006 wird dahingehend geändert, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers ein weiterer Betrag von 15.947 DM als Werbungskosten berücksichtigt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 88 % und der Beklagte zu 12 %.
1Tatbestand:2Streitig ist, ob und in welcher Höhe der Verzicht auf eine Forderung aus einem Darlehn, das der Kläger als Arbeitnehmer und zugleich Gesellschafter seines Arbeitgebers diesem gewährt hatte, im Jahr 2001 beim Arbeitnehmer einkünftemindernd zu berücksichtigen ist.

3Der Kläger war seit 1996 Gesellschafter und seitdem auch einer von mehreren Geschäftsführern einer GmbH mit einem Jahresgehalt von anfangs etwa 150.000 DM, später 250.000 DM. Der Kläger hielt zunächst zum Nominalwert von 76.500 DM einen Anteil von 6,95 % des 1.100.000 DM betragenden Stammkapitals der GmbH. Nach Kapitalerhöhungen hielt er Anteile von nominal 94.500 DM. Davon übertrug er im Januar 2000 schenkweise Anteile von 15.800 DM und 15.700 DM auf seine beiden Töchter. Der dem Kläger an der GmbH dann noch verbleibende Anteil betrug 63.000 DM (4,6 %).

4Nachdem die GmbH bereits 1998 von ihren Gesellschaftern Liquiditätshilfedarlehn erhalten hatte, die 1999 samt Zinsen zurückgezahlt worden waren, forderte die GmbH alle Gesellschafter im Hinblick auf einen ihr Anfang 2000 von der Bank empfohlenen Börsengang auf, ihr in Höhe dieser früheren Gesellschafterdarlehn einschließlich Zinsen erneut Darlehn zu gewähren. Die GmbH ging dabei davon aus, dass auch Darlehn von Kleingesellschaftern kapitalersetzend sein könnten und daher während einer Krise nicht zurückverlangt werden dürften, so dass die in 1999 erfolgte Rückzahlung gegen die Kapitalerhaltungsregeln des GmbHG sowie gegen due dilligence verstoßen habe. Eine Gegenvorstellung des Klägers blieb erfolglos.

5Um dem Kläger ‑wie auch den anderen Kleingesellschaftern‑ die geforderte Darlehnsgewährung an die GmbH finanziell zu ermöglichen, boten einer weiteren GmbH und ein weiterer Großgesellschafter an, kleinere Anteile zu einem über dem Nominalbetrag liegenden Kaufpreis zu erwerben. Daraufhin veräußerten am 24.11.2000 der Kläger Anteile von nominal 14.800 DM für 110.367 DM und seine beiden Töchter Anteile von je 2.800 DM für jeweils 27.592 DM (zusammen 165.551 DM) an die GmbH und einen weiteren Großgesellschafter. Dem Kläger verblieb ein Anteil von 48.200 DM (1,6 %). Der Kläger verpflichtete sich, das (ehemals getilgte) Darlehn von 61.400 DM nebst damals erhaltener Zinsen von 6.083 DM erneut der GmbH zur Verfügung zu stellen und in Höhe des übersteigenden Veräußerungserlöses ein weiteres Gesellschafterdarlehn zu gewähren. Dazu vereinbarten der Kläger und die GmbH am 28.11.2000 eine Liquiditätshilfe von 98.068 DM (165.551 DM abzgl. Altdarlehn 61.400 DM nebst Zinsen 6.083 DM). Der Übernehmer der Anteile zahlte den Kaufpreis unmittelbar an die GmbH aus.

6Nachdem die Bank den geplanten Börsengang Ende 2000 abgesagt hatte, musste der GmbH neues Kapital von mindestens 7 Mio. DM zugeführt werden. Dazu waren die Großgesellschafter nur unter der Bedingung bereit, dass die Kleingesellschafter sämtliche (Rest-)Anteile zum Nominalwert abtreten und auf ihre Gesellschafterdarlehn nebst Zinsen verzichten würden. In Gesprächen wurden die Kleingesellschafter mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass bei deren Weigerung eine Kapitalerhöhung ausscheide, die Gesellschaft in Insolvenz gerate und die Arbeitsplätze gefährdet seien. Darauf wurde am 6. März 2001 das Kapital der GmbH von 2.941.900 DM auf 9.941.900 DM erhöht. Mit Vertrag vom selben Tag verkaufte der Kläger seine Restbeteiligung in Höhe von 1,64 % zum Nennbetrag von 48.200 DM an die GmbH sowie einen weiteren Großgesellschafter, zugleich verzichtete er auf seine Darlehnsrückzahlungsansprüche über insgesamt 159.468 DM (61.400 DM und 98.068 DM) sowie auf die Zinsen. Die Großgesellschafter verpflichteten sich, den Verkäufern der Restanteile über den vereinbarten Kaufpreis hinaus weitere Beträge von 13.600 DM und 6.800 DM zu bezahlen, sofern das Unternehmen vor dem 31. Dezember 2001 zu einem Preis von mindestens 20 Mio. DM verkauft werden könne. Der Verzicht des Klägers stand wie der der weiteren Kleingesellschafter unter dem Vorbehalt, dass alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 5. März 2001 und die notariellen Beurkundungen am 6. März 2001 wie geplant erfolgten. Die Versuche, die GmbH zu veräußern, blieben erfolglos.

7Im Januar 2002 (9 Monate nach der Kapitalerhöhung im März 2001) meldete die GmbH, vertreten durch den Kläger als alleinigem alleinvertretungsberechtigtem Geschäftsführer, Insolvenz an; das Verfahren wurde am 01.04.2002 eröffnet. Der Insolvenzverwalter der GmbH vertrat die Auffassung, dass das Geschäftsmodell der GmbH wirtschaftlich nicht geeignet gewesen sei. Die GmbH habe in den Jahren ihres Bestehens nur Verluste erwirtschaftet. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten seien durch regelmäße kurzfristige Liquiditätsprobleme in erheblicher Höhe gekennzeichnet gewesen. Die erzielten Umsätze hätten nicht ausgereicht, die Fixkosten der GmbH zu decken. Das Unternehmenskonzept sei auf einen wesentlich höheren Umsatz ausgelegt gewesen, als es die GmbH jemals habe erzielen können. (Gutachten in dem Insolvenzeröffnungsverfahren vom 09.12.2002, Bl 62 ff). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH dauert bis zum heutigen Tage an, mit einem Abschluss ist erst in den Jahren 2013/2014 zu rechnen. Zwischenausschüttungen an die Gläubiger der GmbH haben nicht stattgefunden, der Insolvenzverwalter rechnet mit einer Quote von 7,5 % – 10 % auf die Insolvenzforderungen.

8Der Kläger und seine mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehefrau, die Klägerin, machten mit der Einkommensteuererklärung 2001 den erklärten Darlehnsverzicht über insgesamt 159.468 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit der Begründung geltend, dass der Kläger den Verzicht auf massiven Druck der Großgesellschafter erklärt habe, um seinen Arbeitsplatz als Geschäftsführer zu sichern.

9Das damals zuständige Finanzamt ‑FA‑ lehnte eine Berücksichtigung ab, weil weder feststehe, dass ein Außenstehender das Darlehn wegen gefährdeten Rückzahlungsanspruchs nicht gewährt hätte, noch, dass der Kläger bei einer Verweigerung der Verzichtserklärung seinen Arbeitsplatz verloren hätte.

10Der erkennende Senat wies die dagegen erhobene Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 172 veröffentlichten Gründen im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Darlehnsgewährung nicht durch das Arbeits-, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei; vorrangiges Ziel des Klägers sei es gewesen, die Gesellschaft wirtschaftlich zu fördern, das Gesellschafterdarlehn sei gesellschafterorientiert gewesen. Es könne dahinstehen, ob der vom Kläger am 06.03.2001 erklärte Verzicht auf die Darlehnsrückzahlung zur Sicherung des Arbeitsplatzes erfolgt sei. Denn dieser spätere Zeitpunkt sei für die Beurteilung rechtlich nicht maßgebend.

11Auf die hiergegen erhobene Revision hob der BFH mit Urteil vom 25. November 2010 (VI R 34/08, BStBl II 2012, 24) das Senatsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Zur Begründung führte er aus, dass das FG im zweiten Rechtsgang die näheren Umstände des Darlehnsverzichts zur Beurteilung der Frage aufzuklären habe, ob der Kläger auf die Darlehnsrückzahlung am 06.03.2001 verzichtet habe, um seinen Arbeitsplatz zu sichern oder ob auch insoweit der gesellschaftsrechtliche Veranlassungszusammenhang im Vordergrund stehe. Bei dieser Würdigung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger an der GmbH nur noch in geringem Umfang beteiligt gewesen sei, und dass die vom Kläger als Geschäftsführer erzielten Einkünfte von etwa 250.000 DM jährlich den noch vorhandenen Wert seiner Beteiligung an der GmbH und die daraus noch erzielbaren Beteiligungserträge deutlich übersteigen dürften. Entsprechendes gelte für die Frage, ob mit der Weigerung, den Verzicht zu erklären, für den Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer negative Folgen für seine Arbeitnehmerstellung verbunden gewesen wären (vgl. dazu BFH, Urteil vom 17. Juli 1992 VI R 125/88, BStBl II 1993, 111).

12Sollte das FG im Hinblick darauf zu der eher nahe liegenden Würdigung gelangen, dass der Kläger den Verzicht ausgesprochen habe, um seinen Arbeitsplatz zu sichern, und daher der Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften überwiege, seien weitere Feststellungen dazu erforderlich, welchen Wert die Darlehnsforderung im Zeitpunkt des Verzichts noch gehabt habe. Denn nur in Höhe des dann noch werthaltigen Teils der Forderung wären dem Kläger Aufwendungen entstanden, die in einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Veranlassungszusammenhang zu seinen Lohneinkünften stünden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des BFH vom 25. November 2010 (VI R 34/08, BStBl II 2012, 24) Bezug genommen.

13Im nun anhängigen Verfahren des zweiten Rechtszuges wiederholen und vertiefen die Kläger ihren bisherigen Vortrag zur Begründung ihres Begehrens auf Berücksichtigung des Darlehnsverzichtes aus März 2001 als Werbungskosten iHv 159.469 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers.

141. Wesentlicher Grund für den Darlehnsverzicht des Klägers sei der Erhalt des Arbeitsplatzes gewesen. Die Geschäftsführerposition des Klägers sei bereits im 1. Halbjahr 2000 „angeschlagen“ gewesen, der Kläger sei von dem operativen Geschäft der GmbH entbunden und nur noch für die Durchführung von Sonderaufgaben zuständig gewesen. Damit sei er seiner Einschätzung nach praktisch seines Amtes enthoben und zum normalen Angestellten der GmbH geworden. Der Kläger habe alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um seinen Arbeitsplatz in seinem Alter zu erhalten. Die Großaktionäre hätten erheblichen Druck auf den Kläger zum Darlehnsverzicht ausgeübt und ihm – wie den anderen Kleinaktionären auch – deutlich gemacht, dass jede einzelne Verweigerung des Verzichts zur Folge gehabt hätte, dass die Großaktionäre die erneute Kapitalerhöhung verweigern würden, obwohl die Kleinaktionäre, der Kläger sowie die weiteren Geschäftsführer, lediglich GmbH-Anteile von insgesamt 5,65 % zusammen besaßen. Wäre die Kapitalerhöhung im März 2001 nicht erfolgt, hätte die GmbH unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Eine gesellschaftsrechtliche Ursache für den Darlehnsverzicht sei nicht anzunehmen, weil der Kläger als Gesellschafter keine Nachschuss- oder Darlehnsgewährungsverpflichtung gehabt habe.

15Die GmbH sei seit ihrem Bestehen immer wieder in Liquiditätsproblemen gewesen, ein Bankkredit der Stadtsparkasse sei nur in unzureichender Höhe für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes gewährt worden.

162. Der Verzicht auf das Darlehn sei mit dem Nennwert von 159.468 DM als Werbungskosten zu berücksichtigen. Das Darlehn sei im Zeitpunkt des Verzichts im März 2001 in voller Höhe werthaltig gewesen. Die GmbH sei zu diesem Zeitpunkt überlebensfähig gewesen. Zwar sei fraglich, ob für die GmbH bei einem Verkauf im Jahr 2000 tatsächlich die derzeit von den Großgesellschaftern im Wege der Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellten 10,7 Mio. DM als Kaufpreis zu erzielen gewesen wären. Bei dem von den Großgesellschaftern investierten Kapital habe es sich jedoch – wie bei der erneuten Zurverfügungstellung von 7 Mio. DM im März 2001 – um reines Risikokapital gehandelt, von dem diese erwartet hätten, dass sie in 5 – 10 Jahren eine Vergütung ihrer Investition erhalten würden.

17Die Annahme, dass das Darlehn wertlos gewesen sei, weil ohne den Darlehnsverzicht die Insolvenz der GmbH gedroht habe, sei unlogisch.

18Das Darlehn des Klägers sei ein Posten in der gesamten Wirtschafts- und Vermögenslage der GmbH als Kapitalgesellschaft gewesen. Damit sei der Wert des Darlehns abhängig vom Wert der GmbH im März 2001. Der Wert der GmbH sei so hoch eingeschätzt worden, dass die Großgesellschafter seit November 2000 insgesamt rund 8,5 Mio. DM investiert hätten. Belaufe sich der Unternehmenswert einer GmbH auf einen zweistelligen Millionenbetrag, sei auch ein Darlehn von 159.000 DM in voller Höhe werthaltig. Der Wert einer GmbH sei davon abhängig, welchen Marktpreis externe Investoren zu zahlen bereit seien. Bei der GmbH habe es sich um ein Unternehmen in der damals neuen Wirtschaftsbranche EDV-Dienstleister gehandelt. Die GmbH habe seit 1998 erhebliche Umsatzzuwächse verzeichnet (1999/2000 gegenüber 1998/1999 ein Plus von 5,6 Mio. DM = 47,5 %; 2000/2001 gegenüber 1999/2000 ein Plus von 5,5 Mio. DM = 31,6 %). Aus diesem Grund hätten die Großgesellschafter bereits rund 10 Wochen vor dem Darlehnsverzicht eine Kapitalerhöhung um 1.501.800 DM zuzüglich Aufgeld iHv 2.312.100 DM, insgesamt 3,8 Mio. DM, vorgenommen, in der Hoffnung, dass sich diese Investition rechnen werde. Zum Verzichtszeitpunkt hätten die Großinvestoren das Kapital der GmbH um weitere 7 Mio. DM erhöht.

19Zum Zeitpunkt des Darlehnsverzichtes seien die Großinvestoren davon ausgegangen, dass die GmbH überlebensfähig und werthaltig sei, ansonsten hätten diese sicherlich nicht innerhalb von 3 Monaten rund 10 Mio. DM in die Kapitalerhöhung gesteckt. Am 06.03.2001 habe ein Junktim zwischen den Großgesellschaftern und den angestellten Darlehnsgebern bestanden: die Großgesellschafter erklärten die Kapitalerhöhung und damit Arbeitsplatzsicherung gegen Darlehnsverzicht des Angestellten. Wäre das Darlehn wertlos gewesen, wäre auch eine Verzichtsforderung unsinnig gewesen. Die Großgesellschafter hätten den Wert des Darlehns für gegeben gehalten und die Gelegenheit genutzt, den Verzicht darauf zu fordern. Zudem habe die GmbH den Darlehnsverzicht auch in vollem Umfange als Ertrag gebucht.

20Dem stehe nicht entgegen, dass die GmbH seit ihrem Bestehen lediglich Verluste erwirtschaftet habe. Hierbei habe es sich um im Wirtschaftsleben übliche Anlaufverluste eines neu gegründeten Unternehmens gehandelt.

21Die GmbH sei zudem zum 30.06.2001 zwar buchmäßig, aber nicht wirtschaftlich überschuldet gewesen. Die GmbH habe den Wert eines im März 2001 abgeschlossenen Vertrages über die Lieferung und Pflege eines Datenbestandes an eine US-Firma aus handelsrechtlichen Gründen nicht bilanziell erfassen dürfen. Lediglich die bereits erhalten Lizenzzahlungen iHv 1.637.317 DM seien von der GmbH als Erlös erfasst worden. Selbst ohne Berücksichtigung dieses Betrages ergebe sich bei einer wirtschaftlichen Betrachtung aufgrund der qualifizierten Rangrücktrittserklärungen der Gesellschafter und einer stillen Beteiligung ein wirtschaftliches Eigenkapital zum 30.6.2001 iHv 4.875.655,33 DM; rechne man den Wert des Vertrages hinzu, erhöhe sich die Vermögensbilanz der GmbH am 06.03.2001 auf positive 10,6 Mio. DM.

22Dass das Darlehn des Klägers in voller Höhe werthaltig gewesen sei, werde auch bestätigt durch die Erhöhung des Wertes der Kapitalanteile der Großgesellschafter durch das Maßnahmebündel am 06.03.2001. Eine echte betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für den von den Großgesellschaftern erzwungenen Darlehnsverzicht der Kleinst-Gesellschafter habe es nicht gegeben; vielmehr habe sich durch den Darlehnsverzicht der angestellten Kleingesellschafter als wesentlicher Effekt die Wertsteigerung der GmbH-Anteile der Großgesellschafter ergeben; diese hätten die Gelegenheit genutzt, sich der kleinen Gesellschafter zu entledigen.

23Auch nach dem Tauschgrundsatz sei das Darlehn des Klägers in voller Höhe werthaltig gewesen. Die Bestimmung des Wertes einer Investition bestimme sich durch den Wert der Gegenleistung. Der Kläger habe auf sein Darlehn iHv 159.000 DM verzichtet und hierfür den Gegenwert in Form des laufenden Einkommens 2001 iHv 294.000 DM erhalten. Wie auch die Förderung der Arbeitsplätze durch das Wirtschaftsministerium NRW iHv 500.000 € pro Arbeitsplatz im Jahr 2001 zeige, habe ein Arbeitsplatz einen bestimmten Wert. Ohne Darlehnsverzicht hätte der Kläger seinen Arbeitsplatz und das FA die auf das Arbeitsentgelt entfallende Lohnsteuer nicht erhalten.

24Nach dem Stichtagsprinzip sei die 9 Monate nach dem Darlehnsverzicht erfolgte Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH nicht zu berücksichtigen, weil es sich hierbei um nachweislich spätere, nach dem Stichtag eingetretene Umstände gehandelt habe, die die Insolvenz veranlasst hätten.

25Das 9 Monate nach dem Darlehnsverzicht beantragte Insolvenzverfahren könne auch nicht zur Wertaufhellung der Forderung herangezogen werden, weil die Großgesellschafter der GmbH dem Geschäftsbetrieb Ende 2001, Anfang 2002 eine neue Richtung gegeben hätten.

26Die Kläger beantragen,

27den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2006 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers ein Betrag von 159.478 DM als Werbungskosten berücksichtigt wird.

28Der Beklagte beantragt,

29die Klage abzuweisen.

30Selbst wenn der Darlehnsverzicht des Klägers im März 2001 erfolgt sei, um den Arbeitsplatz bei der GmbH zu erhalten, sei gleichwohl der Wert der Darlehnsforderung zu diesem Zeitpunkt mit 0 DM anzusetzen.

31Die GmbH sei zum 30.06.2001 buchmäßig überschuldet gewesen. Diese buchmäßige Überschuldung habe bestanden, obwohl das Kapital der Gesellschaft am 19.12.2000 auf 2.942.000 DM und am 06.03.2001 auf 9.942.000 DM erhöht worden sei. Zudem habe der Kläger im erstinstanzlichen Klageverfahren selbst vorgetragen, dass sich die GmbH stets in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und keinesfalls einen objektiven Wert von 10,7 Mio. DM gehabt habe.

32Die Drohung der Großgesellschafter, dass bei einer Weigerung der Kleingesellschafter auf Verzicht der Darlehnsforderung und Übertragung der Anteile zum Nominalwert eine weitere Kapitalerhöhung ausscheide, spreche dafür, dass die vorherige Kapitalerhöhung verbraucht und die Darlehnsforderung zu diesem Zeitpunkt wertlos gewesen sei. Durch den Darlehnsverzicht habe der Kläger zumindest den Nominalbetrag seiner Anteile retten können. Nach den Kapitalerhöhungen im November 2000 und März 2001 sei bereits im Juni 2001 eine weitere Eigenkapitalzuführung für erforderlich gehalten worden und wiederum das Risiko einer Insolvenz bejaht worden.

33Zudem habe die GmbH bereits am 21.02.2002 einen Insolvenzantrag gestellt. Die GmbH sei zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig iSv § 17 InsO und überschuldet iSv § 19 Abs. 2 InsO gewesen, weil sie seit ihrem Bestehen nur Verluste erwirtschaftet habe. Material- und Personalkosten der GmbH seien zu hoch gewesen, um durch den Umsatz aufgefangen zu werden.

34Das Darlehn habe am 06.03.2001 keinen Wert mehr gehabt, weil ohne Darlehnsverzicht die Insolvenz gedroht hätte. Die Großgesellschafter hätten angekündigt, dass bei Verweigerung des Verzichtes eine Kapitalerhöhung ausscheide und die GmbH in die Insolvenz gerate. Der Verkauf des Datenbestandes könne hierbei nicht berücksichtigt werden; dieser Verkauf sei bereits im Februar 2001 erfolgt, gleichwohl hätten die Großgesellschafter im März 2001 mit der Insolvenz der GmbH gedroht.

35Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogene Akte des Senates 1 K 3685/06 E und die Akte des Amtsgerichts Bonns, Aktenzeichen 99 IN 19/02, über die Insolvenz über das Vermögen GmbH Bezug genommen.

36Entscheidungsgründe:

37Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

38Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, als der Verzicht auf die Darlehnsforderung iHv 159.468 DM überhaupt nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers berücksichtigt wurde, § 100 Abs. 1 FGO.

39Zwar hat der Beklagte zu Recht die Berücksichtigung des Verzichtes auf die Darlehnsforderung iHv 159.468 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers im Jahr 2001 zum Nennwert versagt. Die Darlehnsforderung ist jedoch im Zeitpunkt des Verzichtes am 06.03.2001 mit einem wirtschaftlichen Wert von 10 % des Forderungsbetrages (15.947 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen.

40Soweit die Kläger eine darüber hinausgehende Berücksichtigung begehren, ist die Klage unbegründet.

411. Der Verzicht des Klägers im März 2001 auf die Darlehnsforderung gegenüber der GmbH führt zu Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit.

42Gemäß § 9 Abs. 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten und bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten liegen vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kommt es auf eine berufliche Veranlassung an. Eine solche ist anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf (d.h. der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit) besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden (BFH, Beschlüsse vom 27. November 1978 GrS 8/77, BStBl II 1979, 213, 216; vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BStBl II 1978, 105).

43Die näheren Umstände des Darlehnsverzichtes sprechen dafür, dass der Kläger diesen Verzicht aussprach, um seinen Arbeitsplatz zu sichern, der Veranlassungszusammenhang mit den Lohneinkünften überwiegt den gesellschaftsrechtlichen Veranlassungszusammenhang. Der Kläger war im März 2001 mit 48.200 DM und damit lediglich noch mit 1,64 % am Gesamtkapital der GmbH beteiligt. Die vom Kläger im Jahr 2001 als Geschäftsführer erzielten Einkünfte von 299.445 DM überstiegen den Wert seiner Beteiligung an der GmbH sowie die daraus noch erzielbaren Beteiligungseinkünfte.

44Mit einer Weigerung des Klägers, den Verzicht auf die Darlehnsforderung zu erklären, wären negative Folgen für seine Arbeitnehmerstellung als Geschäftsführer verbunden gewesen. Die Großgesellschafter haben dem Kläger und den beiden weiteren Geschäftsführern deutlich gemacht, dass bei einer Weigerung, auf die Darlehnsforderung zu verzichten, die dringend benötigte Kapitalerhöhung von weiteren 7 Mio. DM unterbleiben würde. Ohne diese zusätzlichen liquiden Mittel, die die GmbH nicht aus eigenem Vermögen aufbringen konnte, hätte die GmbH unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Folge für den Kläger wäre nicht nur gewesen, dass sein GmbH-Anteil nahezu wertlos geworden wäre, sondern insbesondere, dass er im Zuge des Insolvenzverfahrens seine Anstellung als Geschäftsführer der GmbH bereits im Frühjahr 2001 verloren hätte. Die Großgesellschafter haben die Kapitalerhöhung und damit die Arbeitsplatzsicherung nach dem Vortrag der Kläger nur unter der Bedingung durchgeführt, dass auch der Kläger auf seine Darlehnsforderung verzichtete.

452. Der Wert der Darlehnsforderung im Zeitpunkt des Verzichts im März 2001 ist mit 10 % des Nennwertes zu berücksichtigen.

46Die Darlehnsforderung hatte im Zeitpunkt des Verzichtes nicht mehr ihren Nennwert iHv 159.468 DM, sondern war mit einem geringeren Teilwert zu berücksichtigen.

47Die Höhe der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen des Klägers durch den Verzicht auf die Darlehnsforderung wird durch den Zeitwert der Forderung bestimmt. Denn nur in Höhe des im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltigen Teils der Darlehnsforderung entstehen Aufwendungen, die in einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Veranlassungszusammenhang mit den Lohneinkünften stehen (vgl. BFH, Urteil vom 25. November 2011 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; Demuth in BB 2011, 677; Schneider in NWB 2011, 604).

48Die Rechtslage bei einem Arbeitnehmerdarlehn, auf das der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber zur Arbeitsplatzsicherung verzichtet, ist vergleichbar mit der von Gesellschafterdarlehn, die in der Krise der Gesellschaft stehen gelassen werden: Auch bei Beurteilung der Frage nach der Höhe des nach § 17 EStG zu berücksichtigenden Wertes der verlorenen Forderung ist die Werthaltigkeit derselben zu schätzen (Schmidt/Krüger EStG 31. Auflage 2012 § 19 Tz 60 „Darlehn“; Meyer-Scharenberg in DStR 1994, 1450). Maßgeblich ist auch hier der Betrag, den der Gesellschafter und Forderungsinhaber bei einer fiktiven Veräußerung der Darlehnsforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte. Dies entspricht dem gemeinen Wert der Forderung, aber auch ihrem Teilwert. Dies wird im Allgemeinen die zu erwartende Insolvenz- oder Vergleichsquote, im Einzelfall auch ein Betrag von 0 € sein (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 10.11.1998 VIII R 6/96, BStBl II 1999, 348).

49Ein fremder Dritter hätte am 06.03.2009 unter Berücksichtigung der Gesamtsituation bestenfalls 10 % des Nennbetrages der Darlehnsforderung des Klägers als Entgelt für deren Abtretung aufgewandt.

50Die Darlehnsforderung des Klägers war in hohem Maße gefährdet, weil der GmbH ohne die Kapitalerhöhung das Insolvenzverfahren bereits im März 2001 gedroht hätte. Ohne Forderungsverzicht hätte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahren beantragen müssen, weil sie im März 2001 einen zwingenden Liquiditätsbedarf von 7 Mio. DM hatte, den sie nicht aus eigenen Mitteln befriedigen konnte. Die GmbH hätte nach dem Vortrag des Klägers bei Aufrechterhaltung seiner Darlehnsforderung mangels Kapitalerhöhung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt und den Betrieb eingestellt.

51Aus seiner Sicht hatte der Kläger somit zwei Möglichkeiten:

52Verzichtete der Kläger nicht auf sein Darlehn, hätten die Großgesellschafter die dringend erforderliche Kapitalerhöhung (7 Mio. DM) nicht durchgeführt und die GmbH wäre bereits im März 2001 in die Insolvenz geraten. Der Kläger hätte seinen Arbeitsplatz verloren und wäre mit seiner Darlehnsforderung in die Insolvenzmasse gefallen, so dass er insoweit bestenfalls mit einer Befriedigung iHd Quote hätte rechnen können.

53Verzichtete der Kläger auf sein Darlehn, hätte er zwar seinen Darlehnsrückzahlungsanspruch verloren, aber er würde zumindest ein Entgelt für seinen Gesellschaftsanteil von 48.200 DM erhalten.

54Mangels anderer Anhaltspunkte geht der Senat davon aus, dass auch bei einer Insolvenzeröffnung über das Vermögen der GmbH bereits im März 2001 wie bei dem tatsächlich durchgeführten Insolvenzverfahren mit einer Quote von 10 % der Forderungen zu rechnen gewesen wäre. Anhaltspunkte dafür, dass ein früheres Insolvenzverfahren zu einer höheren Quote geführt haben könnte, liegen nicht vor.

55Die im Wege der Kapitalerhöhung im März 2001 der GmbH zugeführten 7 Mio. DM waren offenkundig bereits nach 9 Monaten verbraucht, so dass der Kläger als allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer im Januar 2002 tatsächlich die Durchführung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beantragen musste. Das Insolvenzverfahren dauert inzwischen seit mehr 10 Jahren an, ohne dass es zu Teilausschüttungen an die Gläubiger der GmbH gekommen wäre. Der Insolvenzverwalter beziffert die zu erwartende Quote mit 7,5 % bis 10 %.

56Dem Kläger ist zuzustimmen, dass es unlogisch wäre, die Wertminderung der Forderung damit zu begründen, dass ohne den Verzicht auf das Darlehn bereits die Insolvenz der GmbH gedroht hätte. Eine solche Argumentation griffe zu kurz und würde dem tatsächlichen, vielschichtigen Geschehensablauf nicht gerecht. Die Wertminderung der Darlehnsforderung im März 2001 beruht vielmehr auf der Verknüpfung des Darlehnsverzichtes mit der – dringend erforderlichen, erneuten – Kapitalerhöhung durch die Großgesellschafter. Die GmbH hätte nicht ohne den Darlehnsverzicht, sondern ohne die Kapitalerhöhung unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Bedingung für die Kapitalerhöhung, eine sog. „conditio sine qua non“, war jedoch der Forderungsverzicht des Klägers.

57Dementsprechend kommt es auf die Frage, ob die Großgesellschafter die GmbH im März 2001 als rettungswürdig ansahen und weitere Beträge riskieren wollten, für die Beurteilung der Werthaltigkeit des Darlehns im März 2001 nicht an. Nach dem Vortrag der Kläger wäre die Kapitalerhöhung ohne den Darlehnsverzicht nicht durchgeführt worden.

58Auch das Stichtagsprinzip steht einer Bewertung der Darlehnsforderung mit der Insolvenzquote nicht entgegen. Zur Beurteilung des Wertes des Darlehns prüft man den hypothetischen Geschehensverlauf, was geschehen wäre, wenn der Steuerpflichtige nicht verzichtet hätte, und nicht einen gemischten Geschehensablauf daraus, was passiert ist, weil auf das Darlehn verzichtet wurde, nämlich die Kapitalerhöhung, und was geschehen wäre, wenn nicht. Hätte der Kläger nicht verzichtet, hätte die Insolvenz 9 Monate eher beantragt werden müssen.

59Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer für das Jahr 2001 auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 S. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑FGO‑. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

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