Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Im Streitfall veräußerte die Klägerin im Jahr 2009 vermietete Immobilien und begehrte, die für die vorzeitige Ablösung des Finanzierungsdarlehens im Jahr 2010 angefallene Entschädigung in Höhe von rund 70.000 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Das beklagte Finanzamt lehnte den Abzug mit dem Argument ab, die nachträgliche Vorfälligkeitsentschädigung stehe nicht mehr in Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften, sondern sei der (nicht steuerbaren) Veräußerung zuzuordnen.

Dem ist das Finanzgericht gefolgt. Der Abzug nachträglicher Werbungskosten komme auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen nicht in Betracht. Im Streitfall sei die zehnjährige Veräußerungsfrist nämlich abgelaufen gewesen. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, nach Wegfall der Vermietungsabsicht anfallende Schuldzinsen über die vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fälle hinaus zu berücksichtigen.

Quelle: FG Düsseldorf

 

Finanzgericht Düsseldorf, 7 K 3506/12 F

Datum: 16.01.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 7. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 7 K 3506/12 F
Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
1Tatbestand:2Die Klägerin war seit mindestens 1992 Eigentümerin der vermieteten Immobilien „A“ str. und „B“ str. in „C“ . Diese Immobilien veräußerte die Klägerin mit notariellem Kaufvertrag vom 10.12.2009 für 1.625.000,- € zzgl. Umsatzsteuer.

3Einen Teil des Kaufpreises zahlte die Käuferin dabei abredegemäß direkt an die „D“ bank zur Ablösung eines von der Klägerin zur Finanzierung der Immobilien aufgenommenen Darlehens. Die Klägerin zahlte an die „D“ bank im Streitjahr -2010- eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 69.224.01 €, die die Bank für die vorzeitige Ablösung des Darlehens geltend gemacht hatte. Der Kaufpreis genügte, um alle mit den Immobilien im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten der Klägerin einschließlich der Vorfälligkeitsentschädigung abzulösen.

4In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr begehrte die Klägerin die Berücksichtigung dieser Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

5Im Bescheid vom 12.12.2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 berücksichtigte der Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten, weil eine nachträgliche Vorfälligkeitsentschädigung nicht mit der Erzielung von Einkünften, sondern mit dem Verkauf der Immobilien im Zusammenhang stehe.

6Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 04.01.2012 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21.08.2012 als unbegründet zurückwies.

7Die Klägerin hat am 20.09.2012 Klage erhoben.

8Sie trägt vor, Vorfälligkeitsentschädigungen im Zusammenhang mit der Veräußerung von Objekten, die zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt worden seien, seien nach der neueren Rechtsprechung des BFH abzugsfähig. Mit der Entscheidung des BFH vom 16.03.2010 VIII R 20/08, BStBl II 2010, 787 gebe es keine Überlagerung des ursprünglichen Nutzungszwecks durch einen neuen Zweck mehr. Die ältere Rechtsprechung, nach der die Einkünfteerzielungsabsicht mit der Veräußerung entfalle und damit diese Aufwendungen nicht mehr zum Werbungskostenabzug zugelassen würden, sei damit aufgegeben. Nicht entscheidend für die Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung sei, ob der Kaufpreis zur Ablösung der Verbindlichkeiten ausreiche. Auch in diesem Fall sei mit Wegfall des Überlagerungsgedankens der Grund für eine Nichtanerkennung der Vorfälligkeitsentschädigung entfallen. Denn diese zwangsläufig entstehende Entschädigung sei nichts anderes als künftig entstehende Schuldzinsen.

9Auch nach den Grundsätzen des Urteils des BFH vom 20.06.2012 IX R 67/10, BFHE 237, 368 müsse die Vorfälligkeitsentschädigung abzugsfähig sein. Wenn Schuldzinsen, die nach der Veräußerung einer Immobilie anfallen, anerkannt würden, soweit der Kaufpreis zu einer Tilgung der zu Grunde liegenden Verbindlichkeit nicht ausreiche, müsse auch eine Vorfälligkeitsentschädigung anerkannt werden. Ebenso wie in diesem Fall, in der die Schuldzinsen nicht auf einer freiwilligen Entscheidung des Steuerpflichtigen beruhe, den Kaufpreis nicht zur Rückführung der Verbindlichkeiten einzusetzen, sei der Kläger hier nicht frei gewesen, sich hinsichtlich der Entschädigungsleistung zu entscheiden. Die  Zahlung sei nicht auf Grund seiner privaten, den ursprünglichen Veranlassung überlagernden Motivation erfolgt, sondern gerade deshalb, um mit dem Kaufpreis die bestehenden Darlehen abzulösen.

10Die Klägerin beantragt,

11den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 12.12.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2012 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit ./. Euro 89.619,00 festgestellt werden,

12Der Beklagte beantragt,

13                            die Klage abzuweisen.

14Der Beklagte ist der Ansicht, die geänderte Rechtsprechung des BFH zu der Abzugsfähigkeit von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung habe keine Auswirkung auf den vorliegenden Fall. Sie betreffe nur die Ermittlung eines Veräußerungsverlustes im Rahmen eines Spekulationsgeschäfts, bei dem der Veräußerungserlös nicht zur vollständigen Tilgung des Darlehens ausreiche. Der vom BFH aufgestellte Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung würde nicht gewahrt, wolle man die Vorfälligkeitsentschädigung in Ansatz bringen Die Entscheidung sei bereits deshalb nicht auf den hier zu entscheidenden Fall übertragbar, weil die Spekulationsfrist abgelaufen sei.

15Entscheidungsgründe:

16Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

17Die von der Klägerin gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen stellen auch nach der geänderten Rechtsprechung des BFH zur Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bei den Überschusseinkünften keine (nachträglichen) Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG dar und waren bei der Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2010 nicht als solche zu berücksichtigen.

18Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Darunter fallen alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Schuldzinsen sind dabei „veranlasst“, soweit diese mit  Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG). Maßgebliches Kriterium für einen steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang zwischen Aufwendungen und einer Einkunftsart ist dabei die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“ sowie dessen Zuweisung zu einer einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre ( Beschluss des Großen Senates des BFH v. 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

19Ob die Vorfälligkeitsentschädigung, gem. § 552 I S. 1 BGB ein besonderer Schadensersatz für die dem Kreditinstitut aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung entgangenen Zinsen, wirtschaftlich den Schuldzinsen gleichzustellen ist, kann hier dahinstehen, da sie allenfalls als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig wären.

20Der Abzug nachträglicher Werbungskosten kommt auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen hier nicht in Betracht. In seiner Entscheidung vom 20.06.2012 lässt der BFH den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten in einem größeren Umfang zu als zuvor. Maßgebender Grund für die erweiterte Abzugsfähigkeit ist die Verlängerung der Spekulationsfrist für Grundstücksveräußerungen durch § 23 Abs. 1 S. 1 EStG in seiner seit 1999 geltenden Fassung auf nunmehr 10 Jahre. Vor diesem Hintergrund, so der BFH, sei das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest –) Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Aus diesem Grund könnten nachträgliche Schuldzinsen auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes dienen. Dies würde besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsgutes sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen minderten. Diese Regelung verknüpfe das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Absatz 1 S. 1 EStG steuerbar bewahrten Veräußerungsgeschäfts, strukturell der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen gleichgestellt werde. Hieraus hat der BFH im entschiedenen Fall, in dem die Veräußerungsfrist noch nicht abgelaufen war, für den entschiedenen Fall eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bejaht. Ob darüber hinaus in anderen denkbaren Fallkonstellation, damit auch nach Ablauf der Veräußerungsfrist, eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht nur durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen. Ausgedehnt hat es die Rechtsprechung ausdrücklich nur auf die Fälle, in denen ein bisher zu Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienendes Wohngrundstück steuerbar veräußert wurde und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen.

21Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, über die vom BFH hinaus erfolgte Erweiterung auch im hier zu entscheidenden Fall die nach der Beendigung der Vermietungsabsicht angefallenen Schuldzinsen anzuerkennen. Hier war die Veräußerungsfrist abgelaufen. Die Gründe, die den BFH im angesprochenen Urteil dazu bewogen haben, seine Rechtsprechung zur Anerkennung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszudehnen, greifen hier nicht ein. Denn die Situation des Veräußerers, der nicht unter § 23 EStG fällt, ist der Situation des Veräußerers von Betriebsvermögen gerade nicht zu vergleichen.

22Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

23Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nach Einführung der Abgeltungsteuer

Zwischen den Beteiligten war streitig, ob Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können. Der Kläger hatte seine GmbH-Beteiligung im Jahr 2001 veräußert. In der Folgezeit fielen weiterhin Schuldzinsen an, die auf die Finanzierung eines Gesellschafterdarlehens zurückzuführen waren. Der Kläger begehrte auch für die im Jahr 2009 angefallenen Schuldzinsen den Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies lehnte das Finanzamt unter Hinweis darauf ab, dass seit Einführung der Abgeltungsteuer der Abzug tatsächlicher Werbungskosten ausgeschlossen sei. Eine Option zur Regelbesteuerung komme im Hinblick auf die nicht mehr bestehende Beteiligung nicht in Betracht.

Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat darauf hingewiesen, dass der Bundesfinanzhof den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei im Privatvermögen gehaltenen Gesellschaftsbeteiligungen in seiner neueren Rechtsprechung zugelassen habe. Der im Zuge der Einführung der Abgeltungsteuer ins Gesetz aufgenommene Ausschluss des Abzugs tatsächlicher Werbungskosten stehe dem nicht entgegen. Die Regelung sei erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Im Hinblick auf die Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2001 könne kein Zusammenhang der Aufwendungen mit nach dem 31.12.2008 zufließenden Einnahmen bestehen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf

Finanzgericht Düsseldorf, 2 K 3893/11 E

Datum: 14.11.2012
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 2. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 2 K 3893/11 E
Tenor: Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 09.03.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 wird dahin geändert, dass Werbungskosten in Höhe von 1.248,00 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten übertragen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
1T a t b e s t a n d2Die Beteiligten streiten darüber, ob für das Streitjahr 2009 Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind, wenn die GmbH-Beteiligung vor dem Veranlagungszeitraum 2009 veräußert wurde.

3Die Kläger wurden für das Streitjahr als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hielt ab dem Jahr 1999 einen Anteil von 15.000,00 DM (15 v. H.) am Stammkapital von insgesamt 100.000,00 DM der im Jahr 1993 gegründeten Firma A GmbH (im Folgenden: GmbH). Mit Vertrag vom 26.09.2001 veräußerten er und der Mitgesellschafter ihre Geschäftsanteile zu einem Kaufpreis von je 1,00 DM, wobei ein Eigenkapital der Gesellschaft von 466.000,00 DM garantiert wurde. Hieraus ergab sich ein an den Erwerber zu leistender Ausgleichsbetrag in Höhe von ca. 2,3 Millionen DM, wovon ein Betrag in Höhe von ca. 346.000,00 DM (15 v. H.) auf den Kläger entfiel. Um seiner Ausgleichsverpflichtung nachzukommen, verzichtete der Kläger u. a. auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens aus dem Jahr 1999 im Nennwert von 200.000,00 DM, welches er bei einer Bank refinanziert hatte. Außerdem leistete er eine Sonderzahlung, welche durch ein weiteres Bankdarlehen über 45.000,00 € finanziert wurde. In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2005 und 2006 machten die Kläger die Zinsbeträge für diese Darlehen als nachträgliche Erwerbsaufwendungen des Klägers geltend. Der Beklagte erkannte dies nicht an; das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. In der mündlichen Verhandlung des sich hieran anschließenden Klageverfahrens 2 K 4898/07 E am 05.11.2008 verständigten sich die Beteiligten dahin, dass die auf das Darlehen in Höhe von 45.000,00 € entfallenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen waren. Hinsichtlich der Zinsen aus dem der Gesellschaft gewährten Darlehen erklärte sich der Vertreter des Beklagten bereit, beide Einkommensteuerbescheide im Hinblick auf das Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof mit dem Aktenzeichen VIII R 36/07 für vorläufig zu erklären. Der Rechtsstreit wurde daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt.

4In der Folgezeit, nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in dem o. g. Verfahren, erkannte der Beklagte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen 2005 bis einschließlich 2008 auch die auf die Finanzierung des Gesellschafterdarlehens entfallenden Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an.

5In der Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger weiterhin die dem Kläger entstandenen Schuldzinsen anteilig als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit und – in Höhe von 1.248,00 € – bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der Beklagte erkannte für 2009 aber keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen mehr an.

6Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 09.03.2011 legten die Kläger Einspruch ein. Sie waren der Auffassung, die angefallenen Schuldzinsen seien in vollem Umfang steuermindernd zu berücksichtigen. Die Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sei erst durch eine gravierende Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich geworden. Diese Rechtsprechungsänderung habe nicht im Gesetzesvorhaben bezüglich der Einführung der Kapitalertragsteuer mit Abgeltungswirkung berücksichtigt werden können, da das Gesetz bereits vor Bekanntgabe dieses Urteils verkündet worden sei. Daher könnten die Zinskosten nicht in den Wirkungskreis der Abgeltungsteuer einbezogen werden. Da im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eingeführt worden sei, dass für Kosten aus bestimmten Beteiligungen auf Antrag die Wirkung des Abgeltungsverfahrens ausgeschlossen werden könne, andererseits sowohl in sämtlichen Jahren vor der Einführung des Abgeltungsprinzips als auch im ersten Jahr nach Einführung ein Antrag auf Ansatz dieser Kosten gestellt worden sei, seien sämtliche Voraussetzungen für die Anerkennung der Zinsaufwendungen erfüllt.

7Der Einkommensteuerbescheid für 2009 wurde mit Bescheid vom 16.05.2011 aus anderen Gründen zugunsten der Kläger geändert.

8Mit Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 rechnete der Beklage antragsgemäß zwischenzeitlich nachgewiesene, einbehaltene Kapitalertragsteuer in Höhe von 137,00 € an. Im Übrigen wies er sinngemäß den Einspruch als unbegründet zurück. Er war der Auffassung, dass für 2009 Schuldzinsen nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden könnten. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gelte nämlich die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge. Gemäß § 20 Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei ein Abzug tatsächlicher Werbungskosten ausgeschlossen. Lediglich der Sparer-Pauschbetrag – hier in Höhe von 1.602,00 € – könne gewährt werden. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG, wonach das Prinzip der Abgeltungsteuer für Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG auf Antrag durchbrochen werden könne, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt werde, zu mindestens 1 v. H. an der Kapitalgesellschaft beteiligt sei, sei hier nicht anzuwenden. Der Kläger habe bereits im Jahre 2001 seine Geschäftsanteile an der GmbH veräußert. Im Veranlagungszeitraum 2009, für den der Antrag erstmals gestellt werden könne, sei er nicht mehr an der GmbH beteiligt gewesen.

9Hiergegen richtet sich die Klage, mit welcher die Kläger geltend machen, die Ausnahmevorschrift des § 32 d Abs. 2 Nr. 3 EStG greife zu ihren Gunsten ein. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift habe der Steuerpflichtige nur alle fünf Jahre zu belegen, dass er seinerzeit, und zwar bei der erstmaligen Antragstellung, die Antragsvoraussetzungen erfüllt habe. Nach Ablauf der fünf Jahre habe er keinen neuen Antrag zu stellen, sondern er werde nur bis dahin vom jährlichen Nachweis eines erstmals gestellten Antrags befreit. Hieraus ergebe sich, dass der Kläger unbefristet Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen könnte, wenn er die Beteiligung im Jahr 2009 gehalten und veräußert hätte, da das Halten einer Beteiligung in den Folgejahren grundsätzlich nicht vom Gesetz verlangt werde (nur für das Jahr der erstmaligen Antragstellung). Dem Kläger werde jedoch der Werbungskostenabzug verwehrt, weil es aufgrund der damaligen Gesetzeslage nicht möglich gewesen sei, bereits im Jahr 2001 einen entsprechenden Antrag zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt sei vom Abgeltungsverfahren noch keine Rede gewesen.

10Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass erst mit BFH-Urteil vom 16.03.2010 VIII R 36/07 Schuldzinsen, die auf wesentliche Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG entfielen, auch nach Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden könnten. Diese erhebliche Änderung der Rechtsprechung habe der Gesetzgeber naturgemäß bei der Abfassung eines Gesetzes, das ab dem Veranlagungszeitraum 2009 geltend solle, nicht berücksichtigen können. Insbesondere habe er diesen Sachverhalt nicht im Rahmen der umfangreichen Anpassungen zur erstmaligen Anwendung der neuen Gesetzeslage auf den Schnittpunkt 31.12.2008/01.01.2009 beachten können, wie er es z. B. bei Fondsanteilen, Stückzinsen, bestehenden Verlustvorträgen getan habe. Der Steuerpflichtige habe jedenfalls für die Jahre bis 2008 und auch für das Jahr 2009 als dem erstmaligen Jahr der Abgeltungsteuer stets und folgerichtig die Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erklärt und damit einen vollen Abzug beantragt. Die Veräußerung der Anteile des Klägers habe im Jahr 2001 bei diesem zu steuerpflichtigen Verlusten in vollem Umfang geführt. Eine Veräußerung der Anteile im Jahr 2009 hätte (evtl. mit Ausnahme des Teileinkünfteverfahrens) hier zum gleichen steuerlichen Ergebnis geführt.

11Der Kläger werde bei gleichem Sachverhalt unterschiedlich behandelt, wenn die Veräußerung der Anteile im Jahr 2009 statt im Jahr 2001 stattgefunden hätte. Es handele sich insofern um eine echte Gesetzeslücke, die von den zuständigen Gerichten zu füllen sei. Ein Wille des Gesetzgebers, derartige Sachverhalte zukünftig nicht mehr zu berücksichtigen, sei aus dem Gesetz nicht zu ersehen.

12Die Schuldzinsen seien ungekürzt zu berücksichtigen. Der Kläger habe seine Beteiligung bereits im Jahr 2001 vor Geltung des Halb- und Teileinkünfteverfahrens veräußert.

13Die Kläger beantragen,

14den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 09.03.2011, geändert durch Bescheid vom 16.05.2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 dahin zu ändern, dass die geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 1.248,00 € als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.

15Der Beklagte beantragt,

16              die Klage abzuweisen,

17hilfsweise, die Revision zuzulassen.

18Er ist der Auffassung, ab dem Jahr 2009 sei eine Berücksichtigung der Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nur noch unter den Voraussetzungen des § 32d

19Abs. 2 Nr. 3 EStG für fünf Jahre möglich. Dieses Optionsrecht werde nach derzeitiger Rechtslage aber nur demjenigen eingeräumt, der im betreffenden Jahr auch tatsächlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt sei. Alle Veräußerungen und Auflösungen vor dem Veranlagungszeitraum 2009 (sog. Altfälle) liefen damit faktisch ins Leere. Diese Vorschrift diene der Verwaltungsvereinfachung in Form eines erleichterten Nachweises der Tatbestandsvoraussetzungen und ersetze nicht das Vorliegen einer Beteiligung.

20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

22Die Klage ist begründet.

23Der Einkommensteuerbescheid für 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

24Der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 1.248,00 € nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt.

251. Seit Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die Urteile vom 16.03.2010 VIII R 20/08 (Bundessteuerblatt –BStBl- II 2010, 787) und vom 16.03.2010 VIII R 36/07 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen -BFH/NV- 2010, 1795) können ab dem Veranlagungszeitraum 1999 Schuldzinsen, die durch die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i. S. des § 17 EStG veranlasst sind, unter den gleichen Voraussetzungen wie nachträgliche Betriebsausgaben als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn sie auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen. Durch die Beendigung der Einkünfteerzielung aus Kapitalvermögen ist der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang nicht unterbrochen, weil die nachträglichen Schuldzinsen nach wie vor durch die zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, die bei Veräußerung oder Aufgabe der Beteiligung nicht abgelöst werden konnten. Hiernach sind die von den Klägern geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen für 2009 als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuerkennen. Dies entspricht – bis zur Einführung des Abgeltungsverfahrens – auch der übereinstimmenden Auffassung und Handhabung der Beteiligten.

262. Die geltend gemachten Schuldzinsen sind ungekürzt, also nicht begrenzt durch das Halb- oder Teileinkünfteverfahren, anzusetzen. Denn der Kläger hat lediglich solche durch seine Beteiligung an der GmbH vermittelten Einnahmen erzielt, für die noch das Anrechnungsverfahren galt. Seine Beteiligung hat er bereits im Jahr 2001 veräußert (vgl. BFH-Urteil vom 06.04.2011 IX R 28/10, BStBl II 2011, 814).

273. Der Abzug dieser tatsächlichen Werbungskosten ist nicht ausgeschlossen. § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG, der als Teil des Abgeltungsverfahrens einen solchen Ausschluss vorsieht, ist hier für 2009 nicht anzuwenden.

28Dies folgt aus der eindeutig formulierten Anwendungsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG. Hiernach ist § 20 Abs. 3 bis 9 in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 19.12.2008 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I; 2794, geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 08.12.2010 BGBl I, 1768), erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Der Gesetzgeber hat für die Anwendung des § 20 Abs. 9 EStG nicht auf das Jahr des Abflusses der Aufwendungen beim Steuerpflichtigen abgestellt. Entscheidend ist, in welchem Jahr die den Aufwendungen zuzuordnenden Kapitaleinnahmen zufließen, ggf. ab wann diese zufließen können (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.12.2011 2 K 1176/11, rkr., Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2012, 1146; Findeis/Karlstedt, Betriebsberater –BB- 2011, 2075 unter V.; Eggers, Neue Wirtschaftsbriefe –NWB- 2011, 646; a. A. Jochum in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, Loseblatt, § 20 Rdnr. K 77; Bundesministerium der Finanzen vom 09.10.2012 IV C 1-S 2252/10/10013, 2011/0948384, BStBl I 2012, 953 Rz. 322, wonach in 2009 abgeflossene Ausgaben auch unter das Abzugsverbot fallen, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhängen).

29Hier stehen die geltend gemachten Schuldzinsen nicht im Zusammenhang mit nach dem 31.12.2008 zufließenden Kapitalerträgen. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist hier nicht möglich; er ist aufgrund der Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2001 ausgeschlossen.

30Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Begründung des Ausschlusses des Abzugs von tatsächlichen Aufwendungen durch § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG. Der Gesetzgeber rechtfertigt dieses Abzugsverbot mit der Typisierung hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten in Höhe von 801 € bzw. 1.602 € in den unteren Einkommensgruppen. In den oberen Einkommensgruppen sollen die Werbungskosten durch den relativ niedrigen Proportionalsteuersatz von 25 v. H. mit abgegolten sein (Bundestags-Drucksache 16/4841, 57). Hierdurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass das Abzugsverbot gerechtfertigt ist, wenn Einnahmen zufließen, für welche die Besonderheiten des Abgeltungsverfahrens, nämlich der einheitliche Sparer-Pauschbetrag bzw. die Abgeltungsteuer von 25 v. H., zu beachten sind. Das gilt hier nicht.

31Angesichts dieser Gesetzesbegründung kann auch eine mögliche Gesetzeslücke, welche dadurch entstanden sein könnte, dass der Gesetzgeber bei der Einführung der Abgeltungsteuer die Rechtsprechungsänderung zur Anerkennung von nachträglichen Werbungskosten nicht berücksichtigen konnte, nicht dahin geschlossen werden, dass auf den Zeitpunkt des Abflusses der Aufwendungen beim Steuerpflichtigen abgestellt wird. Einer solchen Auslegung steht zudem der eindeutige Gesetzeswortlaut der besonderen Anwendungsvorschrift für § 20 Abs. 9 EStG entgegen.

324. Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

33Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 135 Abs. 1 FGO.

34Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage wird die Revision zugelassen (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Tätigkeit als Auslandskorrespondent im Inland steuerfrei

Die klagende Journalistin war für einen deutschen Verlag als Auslandskorrespondentin in Österreich tätig. Zu ihren Aufgaben gehörte die Berichterstattung aus Österreich und den angrenzenden Ländern. Die Journalistin arbeitete im Büro der Redaktion in Wien, wo sie auch eine Wohnung unterhielt. Gleichzeitig unternahm sie Dienstreisen in die Nachbarländer. Die betreffenden Einkünfte versteuerte sie in Österreich. Das beklagte Finanzamt wollte die Einkünfte, soweit sie auf Tage entfielen, an denen die Klägerin Dienstreisen außerhalb Österreichs durchgeführt hatte, ebenfalls in Deutschland besteuern. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch und Klage.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Gehälter und Löhne seien ausschließlich in dem Staat zu besteuern, in dem die Arbeit ausgeübt werde. Die journalistischen Leistungen seien ausschließlich in Österreich erbracht worden. Auch wenn – die Journalistentätigkeit prägende – Dienstreisen in andere Länder durchgeführt worden seien, führe dies nicht dazu, dass Deutschland das Besteuerungsrecht zustehe. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich stelle auf einen einheitlichen Tätigkeitsort ab.

Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof auch hier zugelassen.

Die Entscheidung im Volltext: 10 K 2438/11 E

 

Finanzgericht Düsseldorf, 10 K 2438/11 E

Datum:
19.02.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 2438/11 E
Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 27. Januar 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 wird dahingehend abgeändert, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5.211 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.

Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 wird dahingehend abgeändert, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 10.277 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.

Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnungen unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide mit den geänderten Inhalten nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob die Einkünfte für die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Auslandskorrespondentin in Österreich in den Streitjahren 2006 und 2007 in Deutschland nur im Wege des Progressionsvorbehalts bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.

3Die Klägerin wird zusammen mit ihrem Ehemann in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagt. Sie unterhält in Deutschland ihren Familienwohnsitz und arbeitete 2006 und 2007 in Österreich als Auslandskorrespondentin. Das Finanzamt hatte dem Arbeitgeber der Klägerin,                             , mit Bescheinigungen vom 16. November 2005 und 7. Dezember 2007 mitgeteilt, dass der Arbeitslohn der Klägerin nach § 39d Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 39b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Österreich 2000; Bundessteuerblatt – BStBl – I 2002, 584) nicht dem Steuerabzug in Deutschland unterliege. Gemäß Einkommensteuerbescheiden des Finanzamtes in Österreich vom 26. Juli 2007 und vom 7. September 2009 wurde die Klägerin für 2006 und 2007 mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Auslandskorrespondentin in Österreich zur Einkommensteuer in Österreich veranlagt. Im Einkommensteuerbescheid des Beklagten für 2006 vom 27. Januar 2009 wurde die für die Tätigkeit der Klägerin in Österreich gezahlte Vergütung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ebenfalls der Einkommensteuer in Deutschland unterworfen. In den Erläuterungen des Steuerbescheids heißt es dazu:

4„Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit der Ehefrau wurden als steuerpflichtig angesetzt,… Es wurde nicht nachgewiesen, dass…. (die Klägerin) sich länger als 183 Tage in Österreich aufgehalten hat oder der Arbeitslohn von einer österreichischen Betriebsstätte gezahlt worden ist.“

5Die gleiche Handhabung nahm der Beklagte im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 vor. Dort heißt es in den Erläuterungen:

6„Wie auch für den Veranlagungszeitraum 2006 erläutert, ist noch nicht geklärt, ob Österreich das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn der Ehefrau hat. Da Sie aber auch nach mehrmaliger Aufforderung keinen Versteuerungsnachweis gemäß § 50d Abs. 8 EStG erbracht haben, wird der Arbeitslohn der Ehefrau in Deutschland steuerpflichtig gestellt.“

7Die am 20. Februar 2009 und am 26. Oktober 2009 eingelegten Einsprüche hatten teilweise Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011). Weil die Klägerin in ihren mit den Einkommensteuererklärungen vorgelegten Unterlagen zu ihrer Tätigkeit in Österreich in den Streitjahren Reisekosten für Reisen in Drittstaaten außerhalb von Österreich geltend gemacht hatte, kürzte der Beklagte die nunmehr von ihm von der Besteuerung in Deutschland freigestellten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich um diese Reisetage, und zwar für 2006 um 15/220stel oder anteilmäßig 4.182,21 Euro und für 2007 um 30/220stel oder 11.668,71 Euro. Diese Beträge unterwarf er ebenso wie Unterschiedsbeträge zwischen Arbeitslohnbescheinigungen des Arbeitgebers der Klägerin und den Einkünfteangaben in den österreichischen Steuerbescheiden von 1.948,44 Euro (2006) und 2.074,01 Euro (2007) zusätzlich der Besteuerung in Deutschland.

8Mit der Klage tragen die Kläger vor:

9Zu den Aufgaben der Klägerin als Auslandskorrespondentin in Österreich habe die Berichterstattung über die angrenzenden Länder (z. B. Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Ungarn, Kroatien) gehört. Dazu sei es erforderlich gewesen, im Rahmen der Recherchetätigkeit gelegentlich von Österreich aus Dienstreisen in diese Länder zu unternehmen. Die Heranziehung der auf diese Reisetage entfallenden Einkünfte zur Einkommensteuer in Deutschland und die hier vorgenommene Besteuerung verstoße gegen Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000. Danach sei das Besteuerungsrecht nicht dem Ansässigkeitsstaat Deutschland zugewiesen, wenn die Arbeit wie hier in Österreich als anderem Staat ausgeübt werde. Das Erfordernis des persönlichen Aufenthaltes werde bei geistigen Tätigkeiten durchbrochen. Die Arbeit einer Journalistin lasse sich in gedankliche Vorarbeit, interne und externe Recherche auch vor Ort und das Erbringen der Leistung (Textverfassung) zerlegen. Diese sei als Mittelpunkt der geistigen Arbeit in Österreich geschehen.

10Die Kläger beantragen,

11              die Einkommensteuerbescheide für 2006 vom 27. Januar 2009 und für 2007 vom 5. Oktober 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 dahingehend abzuändern, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit für 2006 in Höhe von 5.211 Euro und für 2007 von 10.227 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen sind und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind,

12              hilfsweise, die Revision zuzulassen.

13Der Beklagte beantragt,

14              die Klage abzuweisen,

15              hilfsweise, die Revision zuzulassen.

16Er trägt vor:

17Für die abkommensrechtliche Würdigung des Falles sei von besonderer Bedeutung, wo sich die Klägerin physisch zur Arbeitsausübung aufgehalten habe. Aus dem Arbeitsvertrag und der vorgelegten Zusatzvereinbarung könnten keine Schlüsse für die Bestimmung des abkommensrechtlichen Tätigkeitsstaates gezogen werden. Tätigkeitsstaat sei regelmäßig der Staat, in welchem der Arbeitnehmer körperlich anwesend sei (so Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 14. September 2006 IV B 6 – S 1300-367/06, BStBl I 2006, 532, Tz. 37). In der von der Klägerin vorzunehmenden Einleitung des Verständigungsverfahrens nach Art. 25 DBA Österreich 2000 könne ein erfolgversprechender Ansatz zur Lösung der Angelegenheit im gegenseitigen Einvernehmen liegen. Im Übrigen nimmt der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung Bezug.

18Entscheidungsgründe:

19Die Klage ist begründet.

20Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 27. Januar 2009 und der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, soweit in ihnen Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit für 2006 in Höhe von 5.211 Euro und für 2007 von 10.277 Euro nicht von der inländischen Einkommensteuer freigestellt und nur beim Progressionsvorbehalt berücksichtigt worden sind (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).

21Die Klägerin war in den Streitjahren gemäß § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig; sie unterlag daher mit allen in den Streitjahren erzielten Einkünften der Einkommensteuer. Nach den unwidersprochenen Feststellungen im Besteuerungsverfahren hatte die Klägerin in den Streitjahren einen Wohnsitz im Inland.

22Die Ausübung des hiernach bestehenden Besteuerungsrechts ist aber, soweit es um die hier streitigen Einkünfte geht, durch das DBA Österreich 2000 eingeschränkt (§ 2 der Abgabenordnung – AO -). Die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Auslandskorrespondentin in Österreich können nach Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000 in Österreich besteuert werden.

23Nach Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in Deutschland ansässige Person (vgl. hierzu Art. 4 Abs. 1 und 2 DBA Österreich 2000) aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat (Deutschland) besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat (Österreich) ausgeübt. In diesem Fall darf die dafür bezogene Vergütung im anderen Staat besteuert werden. Dieses Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats gilt nur dann, soweit sich der Empfänger der Tätigkeitsvergütung mehr als 183 Tage im Tätigkeitsstaat aufhält (Art. 15 Abs. 2 Buchstabe a DBA Österreich 2000). Letzteres ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

24Nach Art. 15 Abs. 4 DBA Österreich 2000 muss Österreich als der anderer Staat von seinem Besteuerungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht haben. Ausweislich des von der Klägerin im Besteuerungsverfahren beigebrachten Einkommensteuerbescheids 2006 des Finanzamts in Österreich vom 26. Juli 2007 und des Einkommensteuerbescheids 2007 des Finanzamts in Österreich vom 7. September 2009 sind ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer in Österreich unterworfen worden.

25Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Klägerin 2006 und 2007 ihre Tätigkeit als Auslandskorrespondentin insgesamt im Sinne des DBA Österreich 2000 in Österreich ausgeübt hat. Dies gilt auch, soweit die Klägerin von ihrem Redaktionsbüro in Österreich aus Dienstreisen in die angrenzenden Länder unternommen hat. Soweit der Beklagte sich für seine Rechtsansicht, für diese außerhalb Österreichs unternommenen Dienstreisen falle das Besteuerungsrecht wieder an Deutschland zurück, auf Tz. 37 des BMF-Schreibens vom 14. September 2006 (a.a.O.) berufen hat, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. In dieser Tz. wird nur die geforderte – hier nicht streitige – körperliche Anwesenheit von mehr als 183 Tagen im Tätigkeitsstaat geregelt. Diese Aufenthaltsdauer hat die Klägerin unstreitig in Österreich verbracht.

26Eine Legaldefinition einer Tätigkeit in Österreich enthält das DBA Österreich 2000 nicht. Um eine abkommenskonforme Auslegung des Tätigkeitsbegriffs zu gewährleisten, muss auf die außerhalb Deutschlands ausgeübte Tätigkeit der Klägerin abgestellt werden. Nach dem Redakteursvertrag vom 27. März 2002, der Zusatzvereinbarung vom 29. Juni 2005 sowie der ergänzenden Bescheinigung vom 15. Oktober 2012 war die Klägerin als Auslandskorrespondentin mit Sitz in Österreich tätig. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend geschildert, wie sie diese Tätigkeit ausgeübt hat (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2013). Entscheidend war, was die Klägerin von Österreich aus für ihren Arbeitgeber publizierte. In Österreich verfasste sie ihre Texte und vollzog sich die schöpferische Leistung (vgl. zum Ort einer derartigen Tätigkeit Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28. Februar 1973 I R 145/70, BStBl II 1973, 660). Diese Arbeitsleistung, nicht die dafür notwendigen Vorbereitungen wie Recherchen usw., wurde von ihrem Arbeitgeber in den von ihm herausgegebenen Medien verbreitet. Für die ihre eigentliche Tätigkeit vorbereitenden Recherchen wurden, soweit dazu Dienstreisen außerhalb von Österreich und Österreich erforderlich waren, jeweils keine neuen Arbeitsverträge oder Zusatzvereinbarungen geschlossen. Sie wurden vom Arbeitgeber der Tätigkeit seiner in Österreich ansässigen Auslandskorrespondentin zugerechnet (siehe Arbeitgeberbescheinigung vom 15. Oktober 2012). Anders als bei Montage- oder Werkleistungen, die am Übergabeort der anzufertigenden Sache erbracht werden, hat die Klägerin bei ihren Dienstreisen dort keine von ihrer Redakteurs- und Korrespondententätigkeit in Österreich zu trennende, abgrenzbare und gegenüber ihrer Tätigkeit in Österreich selbständige Tätigkeiten ausgeübt.

27Dieses einheitliche Verständnis des Tätigkeitsortes trägt dem Bedürfnis Rechnung, für die Freistellungsmethode bei außerhalb Deutschlands erzielten Arbeitnehmereinkünften eine praktikable Regelung zu schaffen und Nachweisprobleme zu vermeiden. Denn der Personenkreis journalistisch Tätiger, wie die Klägerin, ist häufig durch eine umfangreiche vorbereitende Reise- und Recherchetätigkeit geprägt. Hinge die Reichweite der Freistellung von der ausschließlichen Verrichtung der Tätigkeit am Aufenthaltsort Österreich ab, so müsste die Klägerin hierfür taggenaue Aufzeichnungen führen. Dem steht textlich bereits der Wortlaut der im DBA Österreich 2000 enthaltenen verbindlichen Protokollerklärung in Absatz 7 Satz 1 zu Art. 15 Abs. 4 entgegen. Dort heißt es: „Es besteht Einverständnis darüber, dass der Begriff „Vergütungen, wenn sie im anderen Vertragsstaat besteuert worden sind“ sich auf jegliche Arbeit bezieht, die im anderen Vertragsstaat steuerlich erfasst worden ist.“ Ebenfalls enthält Art. 15 Abs. 4 DBA Österreich 2000, der die tatsächliche Steuererhebung in Österreich regelt, hinsichtlich der dort erhobenen Steuern die Fiktion der davon insgesamt in Österreich zu erfassenden und erfassten Tätigkeit, wenn es dort heißt: „… gilt die Arbeit im anderen Vertragsstaat… als ausgeübt, …“. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Text des DBA Österreich 2000 und nicht erkennbarer Gründe für eine abweichende örtliche Differenzierung, ist für die abkommensrechliche Zuweisung des Besteuerungsrechtes und die daraus folgende Freistellungsmethode ein Dienstreisen umfassender einheitlicher Begriff des Tätigkeitsortes Österreich anzunehmen. Ausweislich der Steuerakten hat Österreich die Einkünfte der Klägerin für ihre Auslandstätigkeit 2006 und 2007 vollständig, d. h. einschließlich der Dienstreisen, der dortigen Besteuerung unterworfen.

28Auch soweit in den strittigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit „Unterschiedsbeträge“ zwischen dem bescheinigten Arbeitslohn und dem von der Klägerin in Österreich in ihren Steuererklärungen erklärten Arbeitslohn in Höhe von 1.948,44 Euro (2006) bzw. 2.074,01 Euro (2007) enthalten sind, besteht keine Rechtsgrundlage für die Einbeziehung dieser Beträge in die im Inland vorgenommenen Veranlagungen.

29Nach § 50d Abs. 8 EStG, auf den der Beklagte die Besteuerung gestützt hat, wird, wenn Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Zwar dürfte diese Vorschrift, soweit es um den letzteren Anwendungsfall geht, nicht nur den Fall erfassen, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, die freigestellten Einkünfte vollständig in seine Steuerfestsetzung einbezieht und der Steuerpflichtige lediglich die darauf festgesetzte Steuer nicht zahlt („entrichtet“), sondern auch den Fall, dass Einkünfte in diesem Staat nicht in vollem Umfang deklariert werden (vgl. BFH-Beschluss vom 16. August 2010 I B 119/09, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2010, 2055). Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorgelegen haben. Der Arbeitgeber hat den Bruttoarbeitslohn der Klägerin im Jahr 2006 in der Bescheinigung vom 5. Februar 2007 auf 63.287,58 Euro und für 2007 in der Bescheinigung vom 11. Juni 2008 auf 87.644,55 Euro beziffert (Einspruchsvorgang a. E.). Der Beklagte hat in der Einspruchsentscheidung ausgeführt, dass die Klägerin in den österreichischen Steuererklärungen lediglich 61.339,14 Euro (2006) bzw. 85.570,54 Euro (2007) erklärt habe. Abgesehen davon, dass sich dies nicht nachprüfen lässt, weil sich diese Steuererklärungen nicht bei den vom Beklagten vorgelegten Akten befinden, kann darauf auch nicht auf unvollständige Angaben, wie sie nach dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 2055 Anlass für eine Anwendung von § 50d Abs. 8 EStG sein könnten, geschlossen werden. Es sind keine Gründe dafür erkennbar, warum andere Angaben zu den Bezügen der Klägerin vorgelegen haben sollten als der Klägerin selbst oder warum diese in den Steuererklärungen unzutreffende Angaben hätten machen sollen. Zum anderen sind in den österreichischen Steuerbescheiden für 2006 lediglich „Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug“ in Höhe von 54.358,47 Euro und für 2007 solche in Höhe von 76.291,98 Euro angesetzt worden. Steuererklärungen und Steuerbescheide weichen damit ohnehin voneinander ab. In Anbetracht dieser Abweichung kann es auch sachliche Gründe dafür geben, dass es zwischen den bescheinigten und den in den Steuererklärungen ausgewiesenen Bezügen Abweichungen gibt. Die Klägerin durfte sich jedenfalls darauf verlassen, dass ihre in Österreich gemachten Angaben zu ihren Bezügen nicht zu einer Anwendung von § 50d Abs. 8 EStG führen würden.

30Die zusätzlichen Einkünfte der Klägerin in Höhe von 5.211 Euro für 2006 und in Höhe von 10.277 Euro für 2007 (zur Berechnung siehe Anlage zur Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011) für ihre in Österreich ausgeübte Tätigkeit sind gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 DBA Österreich 2000 von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer auszunehmen. Die Einkünfte sind im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG bei der Ermittlung des Steuersatzes zu berücksichtigen (vgl. Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 2 DBA Österreich 2000). Gemäß § 100 Abs. 2 FGO überträgt der Senat die Steuerfestsetzung auf den Beklagten.

31Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

32Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Soweit ersichtlich, liegt eine höchstrichterliche Entscheidung zum Ort der ausgeübten Tätigkeit nach dem DBA Österreich 2000 bisher nicht vor.

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse April 2013

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse; Monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013:

Gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 UStG wird die monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013 über die bekannt gegebenen Umsatzsteuer-Umrechnungskurse veröffentlicht.

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse; Monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013 (PDF, 58,6 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

 

Land Währung Januar1 Februar2 März3 April4 Mai5 Juni6 Juli7 August8 September9 Oktober10 November11 Dezember12
Australien 1 Euro 1,2658

AUD

1,2951

AUD

1,2537

AUD

1,2539

AUD

               
Brasilien 1 Euro 2,6993

BRL

2,6354

BRL

2,5694

BRL

2,6060

BRL

               
Bulgarien 1 Euro 1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

China (VR) 1 Euro 8,2698

CNY

8,3282

CNY

8,0599

CNY

8,0564

CNY

               
Dänemark 1 Euro 7,4614

DKK

7,4598

DKK

7,4553

DKK

7,4553

DKK

               
Großbritannien 1 Euro 0,83271

GBP

0,86250

GBP

0,85996

GBP

0,85076

GBP

               
Hongkong 1 Euro 10,3027

HKD

10,3608

HKD

10,0588

HKD

10,1110

HKD

               
Indien 1 Euro 72,0716

INR

71,9342

INR

70,5579

INR

70,7738

INR

               
Indonesien 1 Euro 12.837,99

IDR

12.933,75

IDR

12.590,61

IDR

12.664,51

IDR

               
Israel 1 Euro 4,9706

ILS

4,9359

ILS

4,7769

ILS

4,7164

ILS

               
Japan 1 Euro 118,34

JPY

124,40

JPY

122,99

JPY

127,54

JPY

               
Kanada 1 Euro 1,3189

CAD

1,3477

CAD

1,3285

CAD

1,3268

CAD

               
Korea, Republik 1 Euro 1.417,69

KRW

1.452,82

KRW

1.430,31

KRW

1.460,89

KRW

               
Kroatien 1 Euro 7,5746

HRK

7,5868

HRK

7,5909

HRK

7,6076

HRK

               
 

Land

Währung Januar1 Februar2 März3 April4 Mai5 Juni6 Juli7 August8 September9 Oktober10 November11 Dezember12  
Lettland 1 Euro 0,6978

LVL

0,6999

LVL

0,7013

LVL

0,7006

LVL

                 
Litauen 1 Euro 3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

 
Malaysia 1 Euro 4,0413

MYR

4,1403

MYR

4,0309

MYR

3,9686

MYR

                 
Mexiko 1 Euro 16,8760

MXN

16,9872

MXN

16,2322

MXN

15,8895

MXN

                 
Neuseeland 1 Euro 1,5877

NZD

1,5929

NZD

1,5657

NZD

1,5348

NZD

                 
Norwegen 1 Euro 7,3821

NOK

7,4232

NOK

7,4863

NOK

7,5444

NOK

                 
Philippinen 1 Euro 54,105

PHP

54,355

PHP

52,813

PHP

53,649

PHP

                 
Polen 1 Euro 4,1424

PLN

4,1700

PLN

4,1565

PLN

4,1359

PLN

                 
Rumänien 1 Euro 4,3835

RON

4,3839

RON

4,3923

RON

4,3780

RON

                 
Russland 1 Euro 40,1847

RUB

40,3342

RUB

39,9332

RUB

40,7995

RUB

                 
Schweden 1 Euro 8,6217

SEK

8,5083

SEK

8,3470

SEK

8,4449

SEK

                 
Schweiz 1 Euro 1,2288

CHF

1,2298

CHF

1,2266

CHF

1,2199

CHF

                 
Singapur 1 Euro 1,6326

SGD

1,6546

SGD

1,6164

SGD

1,6120

SGD

                 
Südafrika 1 Euro 11,6957

ZAR

11,8796

ZAR

11,9169

ZAR

11,8592

ZAR

                 
Thailand 1 Euro 39,924

THB

39,839

THB

38,264

THB

37,857

THB

                 
Tschechien 1 Euro 25,563

CZK

25,475

CZK

25,659

CZK

25,841

CZK

                 
Türkei 1 Euro 2,3543

TRY

2,3738

TRY

2,3453

TRY

2,3406

TRY

                 
 

Land

Währung Januar1 Februar2 März3 April4 Mai5 Juni6 Juli7 August8 September9 Oktober10 November11 Dezember12  
Ungarn 1 Euro 294,01

HUF

292,73

HUF

303,01

HUF

298,67

HUF

                 
USA 1 Euro 1,3288

USD

1,3359

USD

1,2964

USD

1,3026

USD

                 

Untersuchung von Steuerbeihilfen für EDF nach Gerichtsurteil wiederaufgenommen

Die Europäische Kommission hat die beihilferechtliche Prüfung bestimmter steuerlicher Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Stromübertragungsnetz für Electricité de France (EDF) angewendet wurden, wiederaufgenommen, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Juni 2012 die Nichtigerklärung ihrer ursprünglichen Entscheidung (IP/03/1737) bestätigt hatte (Rechtssache C-124/10 P). Der EuGH hatte ebenfalls festgestellt, dass die Kommission hätte prüfen müssen, ob ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber sich wie die französischen Behörden verhalten hätte. Daher hat die Kommission die Untersuchung wiederaufgenommen und ausgeweitet, um nun auch diesen Aspekt zu prüfen. Die Aufnahme eines Verfahrens sagt nichts über dessen Ausgang aus, und bietet allen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Zwischen 1987 und 1996 hatte EDF Rückstellungen für die Erneuerung des Hochspannungsnetzes für die allgemeine Stromversorgung in Frankreich gebildet, für das es die Konzession erhalten hatte. Als die EDF-Bilanz 1997 umstrukturiert wurde, stuften die französischen Behörden einen Teil dieser Rückstellungen als Kapitalerhöhung ein, ohne die entsprechende Körperschaftsteuer zu erheben.

Nach einer eingehenden Prüfung war die Kommission zu der Auffassung gelangt, dass diese Nichterhebung der Körperschaftsteuer auf die Rückstellungen EDF einen selektiven Vorteil verschafft hatte und eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe war (IP/03/1737). Daher hatte sie angeordnet, dass Frankreich diese auf 888,89 Mio. Euro geschätzte Beihilfe mit Zinsen zurückfordern müsse.

Das Gericht der Europäischen Union erklärte diese Entscheidung jedoch im Dezember 2009 (Rechtssache T-156/04) mit der Begründung für nichtig, dass die Kommission bei der Untersuchung der Neueinstufung der Rückstellungen als Kapitalerhöhung nicht geprüft hatte, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber unter vergleichbaren Umständen eine Investition in ähnlicher Höhe getätigt hätte. Dieses Urteil wurde im Juni 2012 vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigt (Rechtssache C-124/10 P).

Folglich muss die Kommission nun ihre Untersuchung wiederaufnehmen und weiterführen, um einen Beschluss zu erlassen, der den in der Rechtsprechung der Europäischen Union festgelegten Kriterien Rechnung trägt. Die Kommission wird die damaligen wirtschaftlichen Überlegungen und Rentabilitätserwartungen in Bezug auf die Neueinstufung der Rückstellungen damit vergleichen, wie sich ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber gegenüber demselben Unternehmen unter ähnlichen Umständen verhalten hätte. Zu diesem Zweck muss die Untersuchung ausgeweitet werden, damit die französischen Behörden oder Beteiligte dazu Stellung nehmen können, ob die Nichtzahlung der Steuer eine Investition darstellen könnte und, falls ja, ob ein umsichtiger privater Investor eine vergleichbare Investition getätigt hätte.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 02.05.2013

Kommission fordert Abschaffung der selektiven Steuerbefreiung für öffentliche Unternehmen in den Niederlanden

Die Europäische Kommission hat den Niederlanden förmlich vorgeschlagen, die geltende Befreiung niederländischer öffentlicher Unternehmen von der Unternehmensteuer abzuschaffen. Nach Auffassung der Kommission sollten öffentliche Unternehmen, die gewerbliche Tätigkeiten ausüben und dabei im Wettbewerb mit Unternehmen der Privatwirtschaft stehen, ebenfalls der Unternehmensteuer unterliegen. Werden bestimmte Unternehmen nur aus dem Grund, dass sie dem Staat gehören, von der Steuer befreit, entsteht ihnen ein Wettbewerbsvorteil, der mit den EU-Beihilfevorschriften nicht vereinbar ist.

Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia erklärte: „Die Vorteile des Binnenmarkts können sich nur dann voll entfalten, wenn fairer Wettbewerb herrscht. Für alle Marktteilnehmer muss Waffengleichheit gelten. Ich bin zuversichtlich, dass die Niederlande ihre Steuergesetzgebung in dieser Hinsicht anpassen werden.“

Nach dem niederländischen Unternehmensteuergesetz sind gewerbliche Tätigkeiten öffentlicher Stellen grundsätzlich von der Unternehmensteuer befreit, gleich ob es sich um einen Teil der öffentlichen Verwaltung oder um staatseigene Unternehmen handelt. Zwar sind manche gewerblichen Tätigkeiten (u. a. Landwirtschaft und Bergbau) und bestimmte staatseigene Unternehmen (wie der Flughafen Schiphol in Amsterdam oder die Nationale Lotterie) von der Befreiung ausgenommen, doch bleiben viele gewerbliche Tätigkeiten öffentlicher Stellen – so z. B. alle Dienstleistungen – und zahlreiche staatseigene Unternehmen von der Unternehmensteuer befreit. Zu den befreiten Unternehmen gehören u. a. der Hafen Rotterdam, Holland Casino, der Flughafen von Maastricht, mehrere Entwicklungsagenturen, die Industriebank LIOF und Twinning Holding. Sie stehen im unmittelbaren Wettbewerb mit Privatunternehmen in den Niederlanden und im EU-Binnenmarkt, denen die Befreiung nicht gewährt wird.

Infolge einer Reihe von Beschwerden machte die Kommission den Niederlanden im Juli 2008 Mitteilung von ihrer vorläufigen Auffassung, dass die Steuerbefreiung den Wettbewerb im Binnenmarkt verfälsche und somit gegen Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoße. Die Prüfung der Kommission hat ergeben, dass die unterschiedliche steuerliche Behandlung öffentlicher und privater Unternehmen mit gewerblicher Tätigkeit den staatseigenen Unternehmen einen selektiven Vorteil verschafft.

Um die Steuergesetzgebung mit dem Binnenmarkt in Einklang zu bringen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Abschaffung der Befreiung von gewerblichen Tätigkeiten aller staatlichen Stellen – gleich ob Teil der öffentlichen Verwaltung oder staatseigene Unternehmen -, so dass öffentliche und private gewerbliche Tätigkeiten in gleicher Weise der Unternehmensteuer unterliegen; diese Option wäre die wirksamste.
  • nur Abschaffung der Befreiung staatseigener Unternehmen, sofern gleichzeitig alle derzeit von der öffentlichen Verwaltung ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten in (staatseigene) Unternehmen ausgegliedert werden, die der Unternehmensteuer unterliegen.

Die Niederlande müssen der Kommission nun innerhalb eines Monats mitteilen, ob sie den vorgeschlagenen Änderungen zustimmen können. Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, kann die Kommission ein förmliches Prüfverfahren einleiten.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 02.05.2013

Ordnungsmäßigkeit eines elektronischen Fahrtenbuchs

OFD Rheinland, 18.2.2013, Kurzinformation LSt-Außendienst Nr. 2/2013

Elektronische Fahrtenbücher bzw. elektronische Fahrtenbuchprogramme werden von der Finanzverwaltung weder zertifiziert noch zugelassen. Eine derartige Zertifizierung/Zulassung könnte sich auch immer nur auf eine bestimmte Programmversion beziehen, weil bei einer Versionsänderung zertifizierungs-/zulassungsschädliche Änderungen nicht ausgeschlossen werden könnten.

Selbst wenn die technischen Voraussetzungen für die Führung eines ordnungsgemäßen elektronischen Fahrtenbuchs erfüllt werden, setzt die Anerkennung eines elektronischen Fahrtenbuchs als ordnungsgemäß auch voraus, dass die Hard- und Software ordnungsgemäß bedient werden und das Fahrtenbuch hinterher alle von der BFH-Rechtsprechung und der Finanzverwaltung – insbesondere in R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 LStR – geforderten Angaben enthält.

Die Prüfung, ob ein elektronisches Fahrtenbuch als ordnungsgemäß anzuerkennen ist, kann deshalb immer nur für den jeweiligen Einzelfall erfolgen.

Im Urteil vom 1.3.2012, VI R 33/10 (BStBl 2012 II S. 505) führt der BFH aus:

„Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs im Sinne des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist durch die Rechtsprechung des BFH dahingehend präzisiert worden, dass nach dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder – wenn ein solcher nicht vorhanden ist – den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. (…) Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammengefassten Eintragung verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wenn jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen wird, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist (…).”

In H 8.1 (9–10) „Elektronisches Fahrtenbuch” LStH heißt es:

„Ein elektronisches Fahrtenbuch ist anzuerkennen, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse wie aus einem manuell geführten Fahrtenbuch gewinnen lassen. Beim Ausdrucken von elektronischen Aufzeichnungen müssen nachträgliche Veränderungen der aufgezeichneten Angaben technisch ausgeschlossen, zumindest aber dokumentiert werden (…).”

Der erste Leitsatz des BFH-Urteils vom 16.11.2005, VI R 64/04 (BStBl 2006 II S. 410) lautet:

„Eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offengelegt werden.”

Die eindeutige Kennzeichnung einer geänderten Eingabe sowohl in der Anzeige des elektronischen Fahrtenbuchs am Bildschirm als auch in seinem Ausdruck ist unverzichtbare Voraussetzung für die Anerkennung eines elektronischen Fahrtenbuchs. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit gegeben. Es muss darüber hinaus auch sichergestellt sein, dass die Daten des elektronischen Fahrtenbuchs bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für ein Fahrtenbuch unveränderlich aufbewahrt und (ggf. wieder unverändert) lesbar gemacht werden können. Bei eventuellen Änderungen müssen die Änderungshistorie mit Änderungsdatum/-daten und (jeweils) ursprünglichem Inhalt ersichtlich sein. Auch die Änderungshistorie darf nicht nachträglich veränderbar sein.

Bestehen außersteuerliche oder steuerliche Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten und sind die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt worden (z.B. elektronisches Fahrtenbuch), so hat die Finanzverwaltung ein Datenzugriffsrecht auf diese digitalen Unterlagen (§ 147 Abs. 6 AO). Besteht ein Datenzugriffsrecht auf ein elektronisches Fahrtenbuch, muss auch die maschinelle Auswertbarkeit der Fahrtenbuchdaten nach § 147 Abs. 2 AO gewährleistet sein.

Zu der Frage, ob ein elektronisches Fahrtenbuch, in dem alle Fahrten automatisch bei Beendigung jeder Fahrt mit Datum, Kilometerstand und Fahrtziel erfasst werden, zeitnah geführt ist, wenn der Fahrer den Fahrtanlass erst nachträglich in einem Webportal einträgt, ist dem Anbieter eines elektronischen Fahrtenbuchprogramms auf dessen Anfragen vom BMF mit Schreiben vom 27.10. und 7.12. 2011 mitgeteilt worden: „Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder betrachten bei einem elektronischen Fahrtenbuch die nachträgliche Eintragung des Fahrtzwecks in einem Webportal als zulässig. Dabei müssen die Person und der Zeitpunkt der nachträglichen Eintragung im Webportal dokumentiert sein.” „Es bestehen keine Bedenken, ein elektronisches Fahrtenbuch, in dem alle Fahrten automatisch bei Beendigung jeder Fahrt mit Datum, Kilometerstand und Fahrtziel erfasst werden, jedenfalls dann als zeitnah geführt anzusehen, wenn der Fahrer den dienstlichen Fahrtanlass innerhalb eines Zeitraums von bis zu sieben Kalendertagen nach Abschluss der jeweiligen Fahrt in einem Webportal einträgt und die übrigen Fahrten dem privaten Bereich zugeordnet werden.”

Nach R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 4 LStR genügen für Privatfahrten jeweils Kilometerangaben. Die Angabe des Datums ist also bei Privatfahrten – im Gegensatz zu beruflichen Fahrten – nicht vorgesehen. Da die beruflich und privat zurückgelegten Fahrtstrecken gesondert und laufend im Fahrtenbuch nachzuweisen sind (Hinweis auf R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 2 LStR), ergeben sich die Daten der Privatfahrten (zumindest der Zeitraum) regelmäßig aus dem Zusammenhang der Eintragungen. Nur wenn die privat zurückgelegten Fahrtstrecken im fortlaufenden Zusammenhang der durchgeführten Fahrten im Fahrtenbuch nachgewiesen werden, können die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes elektronisches Fahrtenbuch erfüllt werden. Das gilt auch z.B. für das Ausschalten des GPS-Moduls des Bordcomputers.

Bei einem elektronischen Fahrtenbuch sind die GPS-Ermittlung der Fahrtstrecken und die dadurch entstehende Abweichung vom Tachostand des Fahrzeugs grundsätzlich unbedenklich. Allerdings sollte der tatsächliche Tachostand im Halbjahres- oder Jahresabstand dokumentiert werden.

BFH: 1%-Regelung auf Grundlage des Bruttolistenneupreises verfassungsrechtlich unbedenklich

BFH-Urteil vom 13.12.2012 – VI R 51/11

Pressemitteilung Nr. 14 des Bundesfinanzhofs (BFH):

“Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 13. Dezember 2012 VI R 51/11 erneut bekräftigt, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die 1%-Regelung nicht bestehen.

Zum Arbeitslohn gehören auch die Vorteile aus der Überlassung eines Dienstwagens, soweit ihn der Arbeitnehmer privat nutzen kann. Zu bewerten ist dieser Vorteil entweder mit den durch die private Nutzung verursachten Kosten des Fahrzeugs (Fahrtenbuchmethode) oder, wenn ein Fahrtenbuch nicht geführt wird, mit 1% des Bruttolistenneupreises (sog. 1%-Regelung).

Im Streitfall durfte der nichtselbstständig tätige Kläger einen von seinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Dienstwagen auch für private Fahrten nutzen. Der Arbeitgeber hatte ihn als Gebrauchtfahrzeug mit einer Fahrleistung von 58.000 km für 3 Jahre geleast und dafür monatliche Leasingraten von rund 720 EUR zu leisten. Zu Beginn der Nutzungszeit hatte das Fahrzeug noch einen Wert von rund 32.000 EUR. Der Bruttolistenneupreis belief sich auf 81.400 EUR.Das Finanzamt setzte als geldwerten Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens entsprechend der 1%-Regelung auf Grundlage des Bruttolistenneupreises einen Betrag in Höhe von 814 EUR monatlich an. Dagegen machte der Kläger geltend, dass bei der Berechnung des Vorteils nicht der Listenneupreis, sondern der Gebrauchtwagenwert zugrunde zu legen sei. Außerdem würden Neufahrzeuge kaum noch zum Bruttolistenpreis veräußert. Der Gesetzgeber müsse deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen einen Abschlag vorsehen.

Die dagegen vom Kläger erhobene Klage war ebenso erfolglos wie die vom Kläger eingelegte Revision. Der BFH hielt an der Rechtsprechung fest, dass die 1%-Regelung als grundsätzlich zwingende und stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung individuelle Besonderheiten in Bezug auf die Art und die Nutzung des Dienstwagens grundsätzlich unberücksichtigt lasse. Schon früher hatte der BFH entschieden, dass nachträgliche Änderungen am Fahrzeug unabhängig davon, ob werterhöhend oder wertverringernd, grundsätzlich unerheblich bleiben, so dass auch bei einem vom Arbeitgeber gebraucht erworbenen Fahrzeugs grundsätzlich der Bruttolistenneupreis anzusetzen ist. Der BFH folgte auch nicht dem Einwand des Klägers, dass heutzutage auch Neufahrzeuge praktisch kaum noch zum ausgewiesenen Bruttolistenneupreis verkauft würden und der Gesetzgeber deshalb von Verfassungs wegen gehalten sei, Anpassungen vorzunehmen, etwa durch einen Abschlag vom Bruttolistenneupreis. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass der Vorteil des Arbeitnehmers nicht nur in der Fahrzeugüberlassung selbst liege, sondern auch in der Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur und Wartungskosten sowie insbesondere der Treibstoffkosten. Alle diese Aufwendungen seien ohnehin weder im Bruttolistenneupreis, noch in den tatsächlichen, möglicherweise geringeren Anschaffungskosten abgebildet. Soweit der BFH in anderem Zusammenhang auf die tatsächlichen Fahrzeugpreise abstelle, nämlich bei der Besteuerung des Vorteils durch Rabatte beim Neuwagenkauf (Jahreswagenbesteuerung), werde hier der Vorteil nicht nach Maßgabe einer grob typisierenden Regelung, sondern auf Grundlage des tatsächlich verwirklichten Sachverhalt ermittelt und besteuert. Diese Möglichkeit hat der Arbeitnehmer im Rahmen der Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens ebenfalls, wenn er sich für die Fahrtenbuchmethode entscheidet.”

Bundesfinanzhof (BFH)

Scheingewinne aus Schneeballsystemen

Vorläufiger Steuerrechtsschutz für BCI Geschädigte

„Scheingewinne“ aus einer Beteiligung an der Business Capital Investors Corporation (BCI) müssen vorläufig nicht versteuert werden. Dies entschied der 10. Senat des Finanzgerichts Köln in seinem Beschluss vom 10.04.2013 (Az. 10 V 216/13). Innerhalb der Rechtsprechung sei umstritten, ob Gutschriften im Rahmen von Schneeballsystemen zu steuerpflichtigen Einnahmen aus Kapitalvermögen führen. Daher dürften entsprechende Steuerbescheide bis auf weiteres nicht vollzogen werden, so der 10. Senat.

Bei der BCI handelt es sich um eine amerikanische Aktiengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand die Verwaltung des eigenen Vermögens ist. Ihre Anteile wurden über ein Beratersystem vor allem in Deutschland vertrieben. Tausende von Anlegern, die an die 100 Millionen Euro investiert haben sollen, wurden mit Renditen von 15,5 % gelockt. Diese Erträge sollten erzielt werden, indem das eingesammelte Geld Banken zur Verfügung gestellt wird. Tatsächlich konnte von den ermittelnden Behörden aber keine renditeträchtige Geschäftstätigkeit der BCI festgestellt werden. Sie gehen davon aus, dass es sich bei der BCI um ein Schneeballsystem handelt und die vermeintlichen Erträge aus neuangeworbenen Einlagen gezahlt wurden.

In dem Streitfall wehrten sich Eheleute, die sich mit 50.000 Euro an der BCI beteiligt hatten, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Versteuerung „gutgeschriebener Erträge“, die sie nie erhalten haben. Auch ihre Einlage wurde ihnen im Wesentlichen nicht zurückgezahlt. Das Finanzamt stützte den Steuerbescheid auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in München (BFH), wonach auch bei einem Schneeballsystem Gutschriften über wiederangelegte Renditen bis zu dem Zeitpunkt zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen, an dem das Schneeballsystem zusammenbricht. Dagegen hat das Finanzgericht Saarland entschieden, dass ein Anlagebetrüger kein leistungswilliger und leistungsfähiger Schuldner sei und daher eine Besteuerung der Scheingewinne abgelehnt (Az. 1 K 2327/03). Der 13. Senat des Finanzgerichts Köln hat sich in einem BCI-Fall der Auffassung des BFH angeschlossen und vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt (Az. 13 V 3763/12). Das Finanzgericht Düsseldorf hingegen hat in einem Parallelfall unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Finanzgerichts Saarland die angefochtenen Bescheide von der Vollziehung ausgesetzt (Az. 7 V 235/13 A(E)).

Der 10. Senat des Finanzgerichts Köln hat nunmehr wegen dieser unklaren Rechtslage vorläufigen Rechtsschutz gewährt und die Steuerbescheide von der Vollziehung ausgesetzt. Er hat aber zur Klärung der Rechtslage und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Vollständige Entscheidungen:

FG Köln: 10 V 216/13, 13 V 3763/12

FG Düsseldorf: 7 V 235/13 A(E)

FG Köln, Pressemitteilung vom 02.05.2013 zum Beschluss 10 V 216/13 vom 10.04.2013

Erleichterungen bei Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten für Kleinstunternehmen

Ziel des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechsänderungsgesetzes

Mit Beschluss des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechsänderungsgesetzes (MicroBilG) kommen auf Kleinstunternehmen Erleichterungen bei Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten zu. Der Umfang der Daten, die in den Jahresabschluss einbezogen werden müssen, reduziert sich erheblich. Ziel der Gesetzesänderung ist eine Verminderung des mit der Rechnungslegung verbundenen Verwaltungsaufwands für Unternehmen mit sehr geringen Umsätzen und Vermögenswerten. Bislang mussten auch Kleinstbetriebe in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft ohne eine voll haftende natürliche Person umfangreiche Vorgaben für die Rechnungslegung beachten, was für diese Unternehmen eine deutliche Belastung darstellte.

Neue Schwellenwerte
Zur Abgrenzung von den kleinen Unternehmen hat der Gesetzgeber neue Schwellenwerte für Kleinstunternehmen eingeführt. Ein Kleinstunternehmen im Sinne des MicroBilG liegt vor, wenn an 2 aufeinander folgenden Abschlussstichtagen 2 der 3 Schwellenwerte nicht überschritten werden: Umsatzerlöse bis 700.000 EUR, Bilanzsumme bis 350.000 EUR, im Jahresdurchschnitt 10 Arbeitnehmer. (Nicht zu verwechseln mit dem umsatzsteuerlichen Begriff Kleinunternehmer)

Umfang des Jahresabschlusses bei Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmen können nach der Neuregelung auf die Erstellung eines Anhangs zur Bilanz vollständig verzichten, wenn bestimmte Angaben (u. a. Haftungsverhältnisse, Organkredite) unter der Bilanz gemacht werden. Darüber hinaus besteht nur noch die Pflicht zur Aufstellung einer Minimalbilanz. Die gegenüber der Bilanz von kleinen Kapitalgesellschaften nochmals verringerte Darstellungstiefe sieht nur noch einen Ausweis der mit Buchstaben versehenen Posten vor. Die Gewinn- und Verlustrechnung darf ebenfalls verkürzt mit 8 Zeilen dargestellt werden. Hinsichtlich der Erfüllung der Offenlegungspflicht haben Kleinstunternehmen künftig ein Wahlrecht zwischen der Veröffentlichung und der Hinterlegung der Bilanz. Eine elektronische Einreichung beim Bundesanzeiger ist jedoch in beiden Fällen erforderlich.

Ausgeschlossene Unternehmen
Von den Erleichterungen der Neuregelung ausgeschlossen sind Genossenschaften, Banken, Versicherungen sowie kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften. Die Neuregelungen gelten erstmals für Geschäftsjahre mit dem Abschlussstichtag nach dem 31.12.2012.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin