Gesetzesentwurf zur Aktienrechtsreform beschlossen

Gesetzesentwurf zur Aktienrechtsreform beschlossen

Rechtslage

Als Konsequenz der Finanzmarktkrise hat das Bundeskabinett am 20.12.2011 den Gesetzesentwurf zur Änderung des Aktiengesetzes (AktG) beschlossen. Der Entwurf wird nunmehr dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet. Neben Klarstellungen und Korrekturen, die Rechtsunsicherheiten beseitigen sollen, sind wesentliche Ziele der Aktienrechtsnovelle 2012 die Flexibilisierung der Finanzierung der Aktiengesellschaft, die erhöhte Transparenz von Beteiligungsverhältnissen bei nichtbörsennotierten Gesellschaften sowie die Erschwerung missbräuchlicher Aktionärsklagen.

Neuerungen

Bisher ist geregelt, dass ein Gläubiger bei Wandelanleihen die Möglichkeit hat, den Anleihebetrag auch in Aktien zurück zu erhalten. Künftig sollen „umgekehrte Wandelschuldverschreibungen“ zugelassen werden, so dass auch die AG als Schuldner das Wandlungsrecht ausüben kann, sofern dies anfangs vereinbart ist. Dadurch wird eine Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital wesentlich erleichtert. Ferner sollen Vorzugsaktien künftig ohne den zwingenden Dividenden- Nachzahlungsanspruch ausgegeben werden können. Mit Vorzugsaktien sind keine Stimmrechte verbunden. Bislang erhalten die Inhaber daher meist höhere Dividenden und haben bei einem Dividendenausfall im Folgejahr das Recht auf Nachzahlung. Diese Änderung ist insofern von Bedeutung, da nach internationalen Eigenkapitalanforderungen stimmrechtslose Vorzugsaktien mit Nachzahlungsanspruch nicht auf das Kernkapital angerechnet werden können. Sofern nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften Inhaberaktien ausgeben, können bisher Änderungen im Gesellschafterbestand, die sich unterhalb der Schwellengrenzen bewegen, verborgen bleiben. Künftig sollen Inhaberaktien nur dann verwendet werden, wenn die entsprechende Sammelurkunde dauerhaft bei einer Wertpapiersammelbank o. ä. hinterlegt wird. Schließlich soll den nachgeschobenen weiteren Nichtigkeitsklagen entgegengewirkt werden, indem diese innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung des ursprünglichen Beschlussmängelverfahrens erhoben werden müssen.

Aussicht

Der Referentenentwurf zur Änderung des AktG wurde bereits vor über einem Jahr veröffentlicht. Dieser stieß auf erhebliche Kritik, da er noch vorsah, dass nichtbörsennotierte Gesellschaften auf die Ausgabe von Namensaktien verwiesen werden. Dem nun verabschiedeten Entwurf zufolge verbleibt es bei einem Wahlrecht zwischen Namens- und Inhaberaktien. Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob mit einem Inkrafttreten der Änderungen tatsächlich in der zweiten Hälfte 2012 gerechnet werden darf.

Rechtsgrundlage zur Abgabepflicht der Anlage EÜR ist wirksam

Rechtsgrundlage zur Abgabepflicht der Anlage EÜR ist wirksam

Kernaussage

Seit 2005 sind Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, verpflichtet, die Anlage EÜR abzugeben. Diese Pflicht zur Einreichung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ist verhältnismäßig und dient dem Zweck der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens.

Sachverhalt

Der Kläger betreibt eine Schmiede als gewerbliches Einzelunternehmen. Er ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Für das Streitjahr 2006 wies er in seiner Steuererklärung ausdrücklich darauf hin, dass er die Anlage EÜR nicht beigefügt habe sondern eine Einnahmen-Überschussrechnung unter Anwendung der DATEV-Software erstellt habe. Das beklagte Finanzamt stellte den Gewinn aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß fest. In der Anlage zu dem Steuerbescheid bat es aber um Nachreichung der Anlage EÜR. Der Kläger kam dieser Aufforderung nicht nach; er meinte, für die Abgabe der Anlage EÜR bestehe keine Rechtsgrundlage. Die gegen die Aufforderung zur Einreichung der Anlage gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg. Der Bundesfinanzhof hingegen gab dem Finanzamt Recht.

Entscheidung

Rechtsgrundlage für die Aufforderung zur Abgabe der Anlage EÜR bildet die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), die sowohl formell als auch materiell verfassungsmäßig ist. Die Rechtsverordnung wahrt die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, denn durch die Anlage EÜR werden maschinelle Abgleiche und Plausibilitätsprüfungen ermöglicht, was zu einer wesentlich höheren Kontrolldichte führt. Zudem stellt die standardisierte und maschinell verarbeitungsfähige Form der Einnahmen-Überschuss-Rechnung auf Seiten der Finanzverwaltung eine erhebliche Verfahrensvereinfachung dar. Sowohl die Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung als auch die Gewährleistung einer effektiven, einfachen Verwaltung stellen hochrangige Rechts- und Verfassungsgüter dar, so dass die Anordnung in angemessenem Verhältnis steht.

Konsequenz

Durch das Steuerbürokratieabbaugesetz dürfte sich die vorgenannte Problematik erledigt haben. Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2011 beginnen, ordnet nunmehr das Einkommensteuergesetz (EStG) selbst die Übermittlung des Inhalts der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz an. Die Vorschrift der EStDV ist dahingehend geändert worden, dass die Anlage EÜR grundsätzlich in Form eines amtlich vorgeschriebenen Datensatzes durch Datenübertragung zu übermitteln ist.

Verkäufer haftet dem Arbeitgeber nicht für Ladendiebstähle

Verkäufer haftet dem Arbeitgeber nicht für Ladendiebstähle

Kernfrage

Ein Arbeitnehmer haftet seinem Arbeitgeber gegenüber für einen diesem entstandenen Schaden aus seiner Tätigkeit nur dann, wenn den Arbeitnehmer ein Verschulden von mindestens grober Fahrlässigkeit trifft. Bei nur leichter Fahrlässigkeit ist die Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen. Das Arbeitsgericht Oberhausen hatte darüber zu befinden, ob einem Verkäufer, in dessen Dienstzeit aus dem Lager Ware gestohlen wird, eine solche haftungsbegründende grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann.

Sachverhalt

Der Kläger war als Verkäufer in einem Mobilfunkgeschäft beschäftigt. Während seiner Arbeitszeit und während er sich in einem Verkaufsgespräch befand, wurden aus dem Lagerraum, der sich hinter dem Ladenlokal befand, mehrere Mobiltelefone gestohlen. Dem Kläger wurde (zulässigerweise in der Probezeit) gekündigt. Mit seiner Klage machte er seinen letzten Lohn geltend, gegen den der Arbeitgeber Schadensersatzansprüchen wegen des Diebstahls aufgerechnet hatte und widerklagend weiteren Schadensersatz geltend machte.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Oberhausen gab der Klage statt und wies die Widerklage ab. Im Arbeitsverhältnis hafte der Arbeitnehmer erst ab grober Fahrlässigkeit. Diese sei dem Kläger nicht zur Last zu legen (allenfalls leichte Fahrlässigkeit). In Ermangelung eines Schadensersatzanspruchs könne der Arbeitgeber auch keine Aufrechnung erklären.

Konsequenz

Ein Verkäufer haftet für Ladendiebstähle jedenfalls dann nicht, wenn er während der Zeit der Tat seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommt (hier: Verkaufsgespräch). Fraglich ist, ob die Entscheidung genauso ausgefallen wäre, wenn der Verkäufer nicht hätte nachweisen können, dass er während der Tatzeit ein Verkaufsgespräch geführt hatte.

Berücksichtigung des Alters bei Sozialauswahl ist nicht diskriminierend

Berücksichtigung des Alters bei Sozialauswahl ist nicht diskriminierend

Rechtslage

Dass Kündigungen in den Anwendungsbereich der Diskriminierungsschutzvorschriften fallen, ist inzwischen ständige Rechtsprechung. Nach deutschem Recht ist es zulässig, bei betriebsbedingten Kündigungen Altersgruppen zu bilden, aus denen dann die betriebsbedingt zu kündigenden Arbeitnehmer ermittelt werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu befinden, ob diese Altersgruppenbildung auch europäischen Diskriminierungsverboten entspricht, oder ob der Europäische Gerichtshof (EuGH) hierüber entscheiden müsse.

Sachverhalt

Der beklagte Arbeitgeber hatte sich im Rahmen dringend erforderlicher betriebsbedingter Kündigungen mit dem Betriebsrat auf die Bildung von Altersgruppen und Richtlinien für die Sozialauswahl geeinigt. Auf dieser Grundlage wurde dem Kläger betriebsbedingt gekündigt. Hiergegen wandte er sich und klagte mit der Begründung, die Kündigung sei altersdiskriminierend ausgesprochen worden.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage ab. Insbesondere die Bildung von Altersgruppen sei auch nach unionsrechtlichen Diskriminierungsrichtlinien nicht zu beanstanden. Zwar sei damit eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer aufgrund ihres Alters verbunden. Diese sei aber auch nach unionsrechtlichen Vorschriften gerechtfertigt, weil die Bildung von Altersgruppen rechtmäßige Ziele der Beschäftigungspolitik wahre, nämlich zum einen den Schutz älterer Arbeitnehmer und zum anderen die berufliche Eingliederung jüngerer Arbeitnehmer. Darüber hinaus diene die Bildung von Altersgruppen einer homogenen Gestaltung der Demografie in der Belegschaft. Vor diesem Hintergrund sei ein Anrufen des Europäischen Gerichtshofs in der Sache nicht erforderlich.

Konsequenz

Die Entscheidung bringt Rechtssicherheit. Insbesondere ist zu begrüßen, dass das Bundesarbeitsgericht sich in eigener Kompetenz zuständig erklärt hat, die unionsrechtliche Fragestellung zu entscheiden.

Gewinnzurechnung bei ausgeschiedenem Gesellschafter

Gewinnzurechnung bei ausgeschiedenem Gesellschafter

Kernaussage

Die Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) führt dazu, dass die Gesellschafter die ihnen gegen die gesamte Hand (und gegen die Mitgesellschafter) zustehenden Ansprüche nicht mehr selbstständig durchsetzen können (sog. Durchsetzungssperre). Diese sind vielmehr als unselbstständige Rechnungsposten in die Schlussrechnung aufzunehmen, deren Saldo sodann ergibt, wer von wem noch etwas fordern kann. In diesem Zusammenhang ist einem aus einer Personengesellschaft ausscheidenden Gesellschafter der gemeinschaftlich erzielte laufende Gewinn grundsätzlich auch dann anteilig persönlich zuzurechnen, wenn die verbleibenden Gesellschafter die Auszahlung verweigern, weil sie gegen den Ausgeschiedenen Schadensersatzansprüche in übersteigender Höhe haben. Dies gilt, so der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell, auch dann, wenn der Anspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters der vorbeschriebenen Durchsetzungssperre unterliegt.

Sachverhalt

Der klagende ausgeschiedene Gesellschafter war zu 15 % am laufenden Gewinn seiner GbR beteiligt. Die verbliebenen Gesellschafter verweigerten die Auszahlung seines Gewinnanteils, weil der Ausgeschiedene ihnen Schadensersatz in übersteigender Höhe schuldete. Das Landgericht wies die Klage des Ausgeschiedenen ab, da der Abfindungsanspruch nicht isoliert geltend gemacht werden könne. Die Parteien streiten deshalb in einem weiteren Zivilprozess um den Auseinandersetzungsanspruch. Dennoch rechnete das hier beklagte Finanzamt zwischenzeitlich dem ausgeschiedenen Gesellschafter die laufenden Gewinne zu. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg, weil der ausgeschiedene Gesellschafter keine Möglichkeit habe, die Auszahlung zu erzwingen, solange der Zivilprozess über die Auseinandersetzungsbilanz nicht beendet sei.

Entscheidung

Der BFH teilte diese Ansicht nicht. Der Gewinn ist den Mitunternehmern im Zeitpunkt der Entstehung zuzurechnen und nicht erst im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses. Denn dann wäre ein Gewinn bis dahin niemandem zurechenbar. Auch ist der Zufluss des Gewinns beim einzelnen Mitunternehmer keine Voraussetzung für die anteilige steuerliche Zurechnung des gemeinschaftlich erzielten Gewinns. Die Tatsache, dass die Gesellschafter ihre Ansprüche bei Auflösung der GbR nicht mehr selbstständig durchsetzen können, sondern diese in die Schlussrechnung aufnehmen müssen, ändert nichts daran, dass der im Auseinandersetzungsanspruch enthaltene laufende Gewinn dem Kläger steuerlich zuzurechnen ist. Der Kläger hat nämlich insofern den Besteuerungstatbestand verwirklicht.

Konsequenz

Nach dem Hinweis des BFH sind besondere persönliche Härten, die sich im Einzelfall bei einer Besteuerung ohne vorangegangenen Zufluss an Liquidität ergeben können, erforderlichenfalls im Billigkeitswege zu mildern.

Darlehensrückzahlung im Insolvenzverfahren

Darlehensrückzahlung im Insolvenzverfahren

Kernaussage

Vor Inkrafttreten der GmbH-Rechtsreform zum 1.11.2008 unterlagen die in der Krise gewährten oder der GmbH belassenen Gesellschafterdarlehen dem so genannten Eigenkapitalersatzrecht. Hiernach durfte eine Rückzahlung dieser Darlehen nicht erfolgen, solange eine Unterbilanz bestand. Nach den Neuregelungen wird nunmehr die Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen gesetzlich angeordnet. Ferner können Rückzahlungen auf Darlehen, die innerhalb des letzten Jahres vor Stellung eines Insolvenzantrags erfolgt sind, vom Insolvenzverwalter angefochten werden. Ist das Insolvenzverfahren nach dem 1.11.2008 eröffnet, finden ausschließlich die Neuregelungen Anwendung. Die Forderung eines Darlehensgebers, der länger als ein Jahr vor Insolvenzeröffnung kein Gesellschafter mehr war, ist nicht nachrangig und kann in der Insolvenz durchgesetzt werden.

Sachverhalt

Die Rechtvorgängerin der Klägerin hat der Schuldnerin im Jahr 2000 ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 1,5 Mio. DM gewährt. Im Jahr 2002 veräußerte die Klägerin ihre Gesellschaftsanteile an die Mitgesellschafter und verpflichtete sich, der Schuldnerin weitere Darlehensmittel zu gewähren. Die Klägerin und die Erwerber erklärten bezüglich der Darlehen einen bis zum 31.12.2005 befristeten Rangrücktritt. Mit der Klage verlangt die Klägerin von der Schuldnerin die Rückzahlung der Darlehen. Das Landgericht hat die Klage wegen eigenkapitalersetzender Darlehen abgewiesen. Am 4. 11.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Urteil vom 22.11.2010 gab das Berufungsgericht der Klage statt. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde.

Entscheidung

Weil das Insolvenzverfahren erst 2010 eröffnet wurde, kann die Klägerin grundsätzlich die Rückzahlung der Darlehen durchsetzen. Auch ist die Forderung nicht als nachrangig zu behandeln, denn die Forderung eines ausscheidenden Gesellschafters soll nur für eine begrenzte Zeit der Subordination unterliegen. Zum Schutz vor kurzfristigen Gesellschafterwechseln zwecks Umgehung der Nachrangigkeit ist eine einjährige Frist, gerechnet ab dem Eröffnungsantrag, heranzuziehen. Die Klägerin ist früher als ein Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Schuldnerin ausgeschieden, so dass die Forderung nicht mehr als nachrangig zu behandeln ist. Ferner war die vertragliche Rangrücktrittsvereinbarung wirksam bis zum Ablauf des Jahres 2005 befristet.

Konsequenz

Hinsichtlich der Umstellung auf das zeitliche Konzept der Insolvenzordnung wird kritisiert, dass eine Rückzahlung der Darlehen und damit ein Vermögensabfluss nicht mit einem Gesellschafterwechsel vergleichbar ist.

Teilwertabschreibung auf Aktien nach Maßgabe des Börsenkurses

Teilwertabschreibung auf Aktien nach Maßgabe des Börsenkurses

Kernaussage

Sinkt der Börsenkurs der im Anlagevermögen gehaltenen Aktien zum Bilanzstichtag unter den Buchwert, so darf der Börsenkurs auch dann angesetzt werden, wenn er sich bis zur Bilanzaufstellung erholt. Das Ausmaß der Differenz ist unerheblich. Nur wenn schon am Bilanzstichtag konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass die Wertminderung nur vorübergehend ist, scheidet eine Teilwertabschreibung aus.

Sachverhalt

Die klägerische AG hielt in ihrem Anlagevermögen die Beteiligungen an 3 Aktienfonds. Auf diese Beteiligungen nahm sie eine Teilwertabschreibung auf den Depotwert am Bilanzstichtag vor. 6 Jahre später vertrat das Finanzamt aufgrund einer inzwischen eingetretenen Erholung der Kurse der vom Fonds gehaltenen Aktien die Auffassung, die Wertminderung sei nicht dauerhaft. Es erkannte mithin die Teilwertabschreibung nicht an.

Entscheidung

Diese Auffassung teilte der Bundesfinanzhof (BFH) nicht. Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens können auf den Teilwert abgeschrieben werden, wenn eine „voraussichtlich dauernde Wertminderung“ eingetreten ist. Zu beurteilen ist dies nach den Verhältnissen die am Bilanzstichtag vorliegen. Für Aktien und Aktienfonds orientiert sich der Wert grundsätzlich am Aktienkurs. Sinkt damit der Aktienkurs unter den Buchwert, so kann dieser angesetzt werden. Entgegen bisheriger Auffassung gilt dies auch für Kursverluste aufgrund marktüblicher Wertschwankungen. Eine solche Teilwertabschreibung verbietet sich nur dann, wenn konkrete Anhaltpunkte (z. B. Kursmanipulationen) für ein baldiges Steigen des Kurses vorliegen. Demgegenüber reicht allein die Möglichkeit einer Wertsteigerung nicht aus. Dementsprechend ist die Kursentwicklung nach dem Bilanzstichtag für die Bewertung der Aktien nicht erheblich. Diese stellt – entgegen der bisherigen Rechtsprechung – keine wertaufhellende, sondern eine wertbegründende Tatsache dar. Dies findet ggf. Niederschlag in der nächsten Bilanz. Diese Grundsätze sind regelmäßig auch auf Aktienfonds anzuwenden.

Konsequenz

Im Anlagevermögen gehaltene Aktien dürfen auf den Kurswert am Bilanzstichtag abgeschrieben werden. Es ist unerheblich, wie weit der Börsenkurs vom Buchwert abweicht. Eine Erholung des Börsenkurses zwischen Bilanzstichtag und Aufstellung/Feststellung der Bilanz ist unbeachtlich. Nur wenn schon am Bilanzstichtag konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Wertminderung nicht dauerhaft ist, darf der niedrigere Teilwert nicht angesetzt werden.

Bilanzierung von Rückkaufverpflichtungen im Kfz-Handel

Bilanzierung von Rückkaufverpflichtungen im Kfz-Handel

Kernaussage

Das Bundesfinanzministerium (BMF) erkennt die Bilanzierungsgrundsätze des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Rückkaufoptionen im Bereich des Kfz-Handels an. Die Anwendung wird auf die Käufer ausgeweitet, soweit sie bilanzierungspflichtig sind.

Sachverhalt
Kfz-Händler räumen ihren Kunden häufig die Option ein, die Fahrzeuge zurückzukaufen. Mit Urteil aus November 2010 hat der BFH entschieden, dass diese Rückkaufverpflichtung des Kfz-Händlers ein wirtschaftlich und rechtlich selbstständiges Wirtschaftsgut darstellt. Für die Rückkaufverpflichtung hat der Kfz-Händler als Optionsgeber eine Verbindlichkeit zu bilden.

Entscheidung

Bezug nehmend auf das Urteil des BFH erging im Oktober 2011 ein BMF-Schreiben zur Bilanzierung derartiger Optionen. Für den Kfz-Händler stellt die Optionsverpflichtung ein selbstständiges Wirtschaftsgut dar, für das eine Verbindlichkeit in der Bilanz auszuweisen ist. Die Höhe bestimmt sich für diesen Bilanzposten nach dem für die Optionseinräumung erzielten Entgelt. Da regelmäßig ein Gesamtkaufpreis vereinbart wird, ist das Entgelt für die Rückkaufoption durch Fremdvergleich zu ermitteln. Es ist zu ermitteln, was der Käufer für das Kfz ohne die Option gezahlt hätte. Die Verbindlichkeit ist erfolgswirksam auszubuchen, wenn die Option durch den Käufer ausgeübt wird oder die Ausübungsfrist abläuft. Die vom BFH offen gelassene Frage, wie sich eine Veränderung des mit der Option verbundenen Risikos nach der Optionseinräumung auf die Bilanz auswirkt, beantwortet das BMF wie folgt: Steigt das mit der Option verbundene Risiko, beispielsweise weil ein Preisverfall auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu beobachten ist, bleibt dies als sogenannte Drohverlustrückstellung steuerlich unbeachtlich. Auch zu der vom BFH offen gelassen Frage, wie die Option bei einem bilanzierenden Käufer abgebildet werden muss, nimmt das BMF nun Stellung. Für den Käufer und Optionsnehmer stellt die Option ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut dar. Es ist daher grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Die für den Kfz-Händler entwickelten Grundsätze für die Bewertung gelten also auch für den Optionsnehmer. Dieses immaterielle Wirtschaftsgut ist erfolgswirksam auszubuchen, wenn der Käufer seine Option ausübt oder die Ausübungsfrist abläuft.

Konsequenz

Für die Bilanzierung und Bewertung von Rückkaufoptionen gelten – jedenfalls für den Bereich des Kfz-Handels – neue Grundsätze. Kfz-Händler können die Rückkaufverpflichtung als Verbindlichkeit passivieren. Die Käufer müssen sie als immaterielle Vermögensgegenstände ausweisen.

Bundesfinanzministerium: Nichtanwendung der Theorie der finalen Betriebsaufgabe

Bundesfinanzministerium: Nichtanwendung der Theorie der finalen Betriebsaufgabe

Kernproblem

Unter Änderung seiner ständigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) in 2008 entschieden, dass die Überführung eines Wirtschaftsguts aus einem inländischen Betrieb in eine ausländische Betriebsstätte keine gewinnrealisierende und damit sofort zu versteuernde Entnahme auslöse (Aufgabe der finalen Entnahmetheorie). Folgerichtig entschied der BFH ein Jahr später, dass auch Verlegung des Betriebs in das Ausland nicht zur Annahme einer (fiktiven) Betriebsaufgabe führe (Aufgabe der finalen Betriebsaufgabetheorie). Nachdem das Finanzamt bereits im Mai 2009 auf die vom BFH aufgegebene finale Entnahmetheorie mit einem Nichtanwendungserlass reagierte, stellt er nun mit Schreiben vom 18.11.2011 klar, dass auch die Aufgabe der finalen Betriebsaufgabetheorie nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist. Dies begründet die Finanzverwaltung insbesondere mit den nachfolgenden Gesetzesänderungen.

Reaktionen des Gesetzgebers

Bereits mit Einführung des SEStEG im Jahr 2006 wurde seitens des Gesetzgebers der Versuch unternehmen, eine gesetzliche Normierung der Entstrickungstatbestände zu erreichen. Als Reaktion auf die oben genannten BFH-Entscheidungen nahm der Gesetzgeber im Rahmen des Jahressteuergesetzes (JStG) 2010 weitere „Verbesserungen“ vor. Hierdurch sollte gewährleistet werden, dass die jahrzehntelange BFH-Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zur finalen Entnahme und zur finalen Betriebsaufgabe gesetzlich festgeschrieben wird. Die Änderungen durch das JStG 2010 sind dabei grundsätzlich auch rückwirkend anzuwenden.

Konsequenzen

Die Reaktion der Finanzverwaltung, nämlich auf ein unliebsames Urteil mit einem Nichtanwendungserlass zu antworten, überrascht nicht. Steuerpflichtige sollten sich hiervon aber nicht entmutigen lassen. So ist im Schrifttum zum einen streitig, ob die im Rahmen des JStG 2010 vollzogenen Gesetzesänderungen die vor der Rechtsprechungsänderung geltende Rechtslage wiederherzustellen vermögen. Zum anderen werden auch europarechtliche Bedenken gegen die sofortige Gewinnbesteuerung bei Auslandsverlagerungen geltend gemacht. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sind viele Entstrickungsfragen weiterhin ungelöst, so dass der Steuerpflichtige stets prüfen sollte, ob entsprechende Fälle im Einzelfall offen zu halten sind.

Land- und Forstwirtschaft: Zuordnung entfernt liegender Grundstücke

Land- und Forstwirtschaft: Zuordnung entfernt liegender Grundstücke

Kernaussage

Inwieweit ein Grundstück, das über 100 km von einer Hofstelle entfernt liegt, noch dem notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen eines aktiv bewirtschafteten oder verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zugeordnet werden kann, entschied kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt

Der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs, der von 1992 bis 2005 als Ganzes verpachtet war, kaufte im Jahr 1996 eine rund 80 km entfernte landwirtschaftlich genutzte Fläche. Zum Zeitpunkt des Flächenkaufs war diese noch bis 2002 an einen dritten Landwirt verpachtet. Der Pachtvertrag wurde bis Ende September 2005 jeweils um ein weiteres Jahr verlängert. Ab Oktober 2005 ließ der Eigentümer sowohl seinen Betrieb als auch die erworbene Fläche durch einen Lohnunternehmer bewirtschaften. Der Kauf der Fläche wurde mittels einer gewinnmindernden, gebildeten, aus Flächenverkäufen resultierenden Rücklage finanziert, die in voller Höhe auf die neue Fläche übertragen wurde. Die neue Fläche wurde in der Bilanz 1996/97 ausgewiesen und die gebildete Rücklage erfolgsneutral aufgelöst. Aus Sicht des Betriebsprüfers war die neue Fläche nicht dem Betriebsvermögen zuzuordnen, da nach dessen Auffassung insbesondere eine Distanz von 80 km einen einheitlichen Betrieb faktisch unmöglich mache. Infolgedessen sei die zuvor gebildete Rücklage nicht auf die Fläche übertragbar und müsse gewinnerhöhend aufgelöst werden. Dagegen klagte der Eigentümer und unterlag schließlich vor dem BFH.

Entscheidung

Nach Ansicht der Richter war eine gewinnneutrale Auflösung der Rücklage nicht möglich. Allerdings sei die Zuordnung einer zusätzlich erworbenen Fläche zum Betriebsvermögen nicht ausschließlich von der räumlichen Distanz sowie dem zwischen dem Kauf und dem Bewirtschaftungsbeginn liegenden Zeitraum abhängig. So sei für eine Zuordnung zum Betriebsvermögen vielmehr entscheidend, ob sich für den Betrieb das Gesamtbild eines einheitlichen Betriebs ergebe. Ein solches besteht allgemein dann, wenn eine hohe Intensität zwischen den einzelnen Betriebsteilen existiert, welche durch das Bestehen eines wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Zusammenhangs gekennzeichnet ist. Hinsichtlich der räumlichen Nähe zum Betrieb zieht der BFH die Grenze bei 100 km; bei größeren Entfernungen ist eine Zuordnung zum Betriebsvermögen nicht mehr gegeben.

Konsequenz

Ist sowohl die Entfernung zwischen den Betriebsteilen als auch der Bewirtschaftungsbeginn in Hinblick auf das Gesamtbild eines einheitlichen Betriebs kritisch zu beurteilen, ist darauf zu achten, bereits zum Zeitpunkt des Kaufs Indizien zu schaffen, die ein solches Gesamtbild stärken. So sind z. B. noch existierende Pachtverträge frühestmöglich zu kündigen. Besteht eine größere Entfernung zwischen den Betriebsteilen, sollte durch eine ausreichende Dokumentation die Verflechtung der Betriebsteile nachgewiesen werden.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin