Amt des Datenschutzbeauftragten kann nicht ohne Weiteres an Externe vergeben werden

Amt des Datenschutzbeauftragten kann nicht ohne Weiteres an Externe vergeben werden

Kernaussage

Grundsätzlich kann die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechender Anwendung der gesetzlichen Vorschriften (§ 626 BGB, § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG) aus wichtigem Grund widerrufen werden. Allerdings stellen weder die Entscheidung des Arbeitgebers, zukünftig die Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen, noch die Mitgliedschaft im Betriebsrat, einen wichtigen Grund für den Widerruf dar.

Sachverhalt

Die Klägerin ist seit 1981 bei den Beklagten, einem Mutterunternehmen und deren Tochtergesellschaft, beschäftigt. 1992 wurde sie zu deren Datenschutzbeauftragten berufen. Seit 1994 ist die Klägerin auch Mitglied des Betriebsrates des beklagten Mutterunternehmens. 2008 beschlossen die Beklagten, die Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz zukünftig konzernweit einheitlich durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen und widerriefen die Bestellung der Klägerin. Das beklagte Mutterunternehmen sprach zudem gegenüber der Klägerin eine Teilkündigung dieser Aufgabe aus. Gegen diese Maßnahmen richtete sich die Klage. Die Klägerin war zuletzt auch vor dem Bundesarbeitsgericht erfolgreich.

Entscheidung

Die Bestellung der Klägerin zur Datenschutzbeauftragten war nicht wirksam widerrufen worden. Die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes in Verbindung mit den zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG; § 626 BGB) gewähren dem Beauftragten einen besonderen Abberufungsschutz. Damit sollen dessen Unabhängigkeit und die weisungsfreie Ausübung des Amtes gestärkt werden. Eine Abberufung ist nur aus wichtigem Grund möglich, wenn eine Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Zwar ist der Arbeitgeber bei der erstmaligen Bestellung frei, ob er einen internen oder externen Beauftragten für den Datenschutz bestellt. Hat er aber einen Internen bestellt, kann er dessen Bestellung nicht allein mit der Begründung widerrufen, er wolle nunmehr einen Externen konzernweit mit der Aufgabe betrauen. Allein in einer solchen Organisationsentscheidung liegt kein wichtiger Grund. Auch die Mitgliedschaft im Betriebsrat rechtfertigt es nicht, die Zuverlässigkeit eines Datenschutzbeauftragten in Frage zu stellen, wenn nicht zusätzliche konkrete Pflichtverstöße geltend gemacht werden.

Konsequenz

Die Entscheidung eines Arbeitgebers hinsichtlich einer konzernweiten einheitlichen Fremdvergabe des Amtes des Datenschutzbeauftragten stellt keinen wichtigen Grund für die Abberufung des mit dem Amt betrauten Mitarbeiters dar. Hinzutreten müssen weitere wichtige Gründe wie z. B. verhaltens- oder tätigkeitsbezogene Pflichtverstöße.

Haftung von Treugebern einer Kommanditgesellschaft

Haftung von Treugebern einer Kommanditgesellschaft

Kernaussage

Der Insolvenzverwalter verschiedener insolventer Falk-Fonds kann die Treugeberkommanditisten aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen in Anspruch nehmen, soweit die gezahlten Einlagen den Anlegern zurückgezahlt wurden. Zwar trifft die gesetzliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der Gesellschaft in Höhe seiner Einlage unmittelbar nur die Treuhänderin. Diese kann von den Anlegern jedoch verlangen, von der Haftung freigestellt zu werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter mehrerer Fonds der Immobilienfondsgruppe Falk in der Form einer Kommanditgesellschaft. Die Beklagten der 8 Parallelverfahren waren über eine von der Treuhandkommanditistin zu verwaltende Einlage wirtschaftlich an der KG beteiligt. Gemäß dem Treuhandvertrag hatten die Treugeber die Treuhänderin entsprechend ihrem Anteil an der Kommanditbeteiligung von einer persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft freizustellen. Die Beklagten erhielten jährliche Ausschüttungen von 5 % ihrer über die Treuhänderin geleisteten Einlagen, obwohl die Fonds teilweise von Anfang an Verluste erwirtschafteten bzw. größtenteils nicht durch Gewinne gedeckt waren. Der Kläger nimmt die Beklagten aus abgetretenem Recht unter dem Gesichtspunkt der Kommanditistenhaftung (§§ 171, 172 Abs. 4 HGB) auf Rückzahlung der Ausschüttungen in Anspruch.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab den Klagen (überwiegend) statt. Der BGH hat zwar seine Ansicht bestätigt, dass die gesetzliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der Gesellschaft in Höhe der Einlage unmittelbar nur die Treuhänderin trifft. Diese kann jedoch verlangen, dass die Anleger sie von der Haftung freistellen. Mit der Abtretung wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, so dass die beklagten Anleger dem Kläger die Ausschüttungen zurückzuzahlen haben, bis die Rückgewähr ihrer Kommanditeinlagen wieder ausgeglichen ist. Eine solche Abtretung verstößt weder gegen ein gesetzliches noch vertragliches Abtretungsverbot.

Konsequenz

Anleger können sich nicht mit dem Argument vor der Inanspruchnahme schützen, dass alle Zahlungen über eine Treuhandkommanditistin gelaufen sind und sie nur zu dieser in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis stehen. Der Freistellungsanspruch begründet nämlich die Haftung der Anleger. Die mit diesen Urteilen geklärten Rechtsfragen können generelle Auswirkungen auf die zukünftige Gestaltung von Immobilienfonds haben.

Ausschließung eines Gesellschafters aus einer oHG oder KG

Ausschließung eines Gesellschafters aus einer oHG oder KG

Rechtslage

Verstehen sich die Gesellschafter untereinander nicht mehr, stellt sich schnell die Frage nach möglichen Trennungsalternativen: wie kann ein missliebiger Gesellschafter aus einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) oder Kommanditgesellschaft (KG) ausgeschlossen werden, ohne gleich die Gesellschaft auszulösen?

Ausschließungsklage

Wird ein Gesellschafter durch Beschluss aus der Gesellschaft ausgeschlossen (§ 131 Abs. 3 Nr. 6 HGB), scheidet er aus der Gesellschaft aus. Ist der Betroffene mit dem Ausschluss nicht einverstanden, bleibt den übrigen Gesellschaftern nur die Möglichkeit, eine Ausschließungsklage zu erheben (§ 140 HGB). Dies setzt einen wichtigen Grund in der Person des auszuschließenden Gesellschafters voraus, d. h. den anderen Gesellschaftern muss die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem betroffenen Gesellschafter unzumutbar sein. Hier ist eine Prognose der zukünftigen Entwicklung erforderlich; es muss Wiederholungsgefahr bestehen. Nach dem Gesetz (§ 133 HGB) ist ein solcher Grund insbesondere vorhanden, wenn der Gesellschafter eine ihm obliegende wesentliche Pflicht vorsätzlich oder groß fahrlässig verletzt oder aber ihm die Erfüllung einer solchen unmöglich wird. Ein wichtiger Grund kann z. B. vorliegen, wenn der Gesellschafter gegen das Wettbewerbsverbot verstößt, Gelder veruntreut, unberechtigt Forderungen der Gesellschaft eingezogen oder deren Ruf gegenüber der Hausbank geschädigt hat. Ein Verschulden ist hierbei nicht notwendig.

Regelung des Ausschlusses im Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag kann das gesetzlich vorgesehene Ausschließungsverfahren abändern und z. B. durch ein Beschlussverfahren ersetzen. Auch das Merkmal des wichtigen Grundes kann abweichend festgelegt werden. Die gesellschaftsvertragliche Regelung muss jedoch tatsächliche Gründe nennen; eine willkürliche Ausschlussmöglichkeit wäre wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Vor der Beschlussfassung ist dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren; wegen des Grundsatzes des Verbots des Richters in eigener Sache steht ihm kein Stimmrecht zu. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses kann der ausgeschlossene Gesellschafter nur durch Feststellungsklage überprüfen lassen.

Folgen des Ausschlusses

Der Ausschluss eines Gesellschafters kommt nur in Betracht, wenn weniger einschneidende Mittel (wie z. B. Stimmrechtsentzug, Einsetzen eines Treuhänders) keinen Erfolg versprechen. Die Folge des Ausschlusses besteht darin, dass die Gesellschaft – im Unterschied zur GbR – im Übrigen fortbesteht. Bei einer 2-Personen-Gesellschaft erlischt diese zwar beim Ausscheiden eines Gesellschafters. Das Handelsgeschäft übernimmt jedoch der Verbleibende und führt es fort.

Bürgermeister muss Beiratsvergütung von Privatunternehmen abliefern

Bürgermeister muss Beiratsvergütung von Privatunternehmen abliefern

Kernaussage

Das Bundesverwaltungsgericht entschied aktuell, dass ein Bürgermeister, der im Regionalbeirat eine Aktiengesellschaft seine Gemeinde als Aktionärin vertritt, seine gesonderte Vergütung für die Beiratstätigkeit abführen muss. Er erfüllt nämlich mit der Vertretung eine dienstliche Aufgabe seines Hauptamtes.

Sachverhalt

Der Kläger ist hauptamtlicher Bürgermeister der Beklagten, einer Stadt in Nordrhein-Westfalen. Diese ist an der RWE AG zu 0,01 % beteiligt. 2001 wurde der Kläger durch den Vorstand eines Tochterunternehmens der RWE AG in einen Regionalbeirat berufen. Die Regionalbeiräte dienen dem Dialog zwischen der RWE AG, ihren Geschäftspartnern und Aktionären. In diese Beiräte werden Bürgermeister berufen, deren Kommunen Aktionäre der RWE und Mitglieder im Verband kommunaler RWE-Aktionäre sind. In der Folgezeit forderte die beklagte Stadt den Kläger mittels zweier Leistungsbescheide über je 6.650 EUR auf, die für seine Beiratstätigkeit in den Jahren 2004-2005 erhaltene Vergütung an sie abzuführen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb schließlich erfolglos.

Entscheidung

Anders als noch vom Berufungsgericht angenommen, folgt die Pflicht zur Ablieferung der Beiratsvergütung nicht aus der Nebentätigkeitsverordnung, weil die Tätigkeit im Beirat eines privaten Unternehmens nicht einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst gleichzustellen ist. Dies ist nur dann zulässig, wenn das Unternehmen von der öffentlichen Hand zumindest faktisch beherrscht wird und Vergütungen für Beiratsmitglieder mittelbar aus öffentlichen Kassen gezahlt werden. Dies war hier nicht der Fall.

Konsequenz

Ein Beamter ist zur Ablieferung einer Vergütung für eine Tätigkeit verpflichtet, die zu seinen dienstlichen Aufgaben im Hauptamt zählt. Wird ein Beamter daher nur in seiner Funktion als Bürgermeister in einen Beirat berufen, ist er dort nicht als Privatperson tätig. Mit der Übernahme der Beiratsmitgliedschaft macht er vielmehr von seiner Befugnis Gebrauch, die Gemeinde in diesem Gremium zu vertreten. Für ein Behaltendürfen der Vergütung ist dann kein Raum.

Mehrjährige Haftstrafe rechtfertigt regelmäßig eine Kündigung

Mehrjährige Haftstrafe rechtfertigt regelmäßig eine Kündigung

Rechtslage

Außerbetriebliches, insbesondere straferhebliches Fehlverhalten rechtfertigt nur ausnahmsweise die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Die Kündigungsgrenze ist allerdings dann in der Regel erreicht, wenn es zu einer nicht mehr unerheblichen Verurteilung kommt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer jüngeren Entscheidung die Voraussetzungen, unter denen eine Kündigung wegen einer Verurteilung zulässig sein kann, näher abgesteckt.

Sachverhalt

Der Kläger war länger bei einem großen Unternehmen beschäftigt. Im November 2006 wurde er in Untersuchungshaft genommen und im Mai 2007 – bei fortdauernder Inhaftierung – zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 7 Monaten verurteilt. Der Arbeitgeber besetzte den Arbeitsplatz des Klägers neu und kündigte das Arbeitsverhältnis im Februar 2008 ordentlich. Gegen die Kündigung wandte der Kläger ein, der Arbeitgeber hätte die Zeit der haftbedingten Abwesenheit überbrücken müssen, bis er den in Aussicht gestellten Freigängerstatus erlangt habe, unterlag aber vor dem Bundesarbeitsgericht.

Entscheidung

Das Gericht sah die Kündigung aus einem personenbedingten Grund als zulässig an. Bei einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen einer Straftat ohne Bezug zur Arbeit ist insbesondere bei einer (längeren) Haftstrafe die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt. Da der Arbeitnehmer die Störung des Arbeitsverhältnisses selbst zu vertreten habe, seien dem Arbeitgeber zur Überbrückung der Fehlzeit nur geringere Anstrengungen zuzumuten als bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 2 Jahren verurteilt worden ist, kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz in der Regel dauerhaft neu besetzen.

Konsequenz

Die Entscheidung wird so interpretiert werden können, dass eine rechtkräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren eine ordentliche Kündigung rechtfertigt; die fristlose Kündigung braucht noch stärkerer Gründe.

Bundesarbeitsgericht erklärt Spannensicherungsklauseln für unwirksam

Bundesarbeitsgericht erklärt Spannensicherungsklauseln für unwirksam

Kernaussage

Eine tarifvertragliche Klausel, in der eine Sonderleistung für Arbeitnehmer vereinbart ist, die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften sind (sog. einfache Differenzierungsklausel) verstößt nicht gegen höherrangiges Recht und ist wirksam. Wir die Exklusivität dieses Anspruchs für Gewerkschaftsmitglieder tariflich durch eine sog. „Spannensicherungsklausel“ oder Abstandsklausel abgesichert, wonach etwaige Kompensationsleistungen des Arbeitgebers an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer jeweils zwingend und unmittelbar einen entsprechenden zusätzlichen Zahlungsanspruch auch für Gewerkschaftsmitglieder begründen, so dass der Vorsprung für Gewerkschaftsmitglieder nicht ausgleichbar ist, überschreitet diese Klausel die Tarifmacht und ist unwirksam. Dies entschied jüngst das Bundesarbeitsgericht.

Sachverhalt

Im Jahr 2008 hatten die Klägerin, ein Unternehmen der Hafen-Logistik, und die beklagte Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag über eine Erholungsbeihilfe von 260 EUR pro Jahr geschlossen. Diese sollte an Mitglieder von ver.di gezahlt werden. Hierbei handelte es sich um eine einfache Differenzierungsklausel. Weiterhin sollten die ver.di Mitglieder nach einer Spannensicherungsklausel im Tarifvertrag im Falle einer Zahlung von „entsprechenden oder sonstigen Leistungen“ des Arbeitgebers an Nichtgewerkschaftsmitglieder unmittelbar einen gleich hohen, zusätzlichen Anspruch erhalten. Der Arbeitgeber hatte auf Feststellung der Unwirksamkeit beider Klauseln geklagt und unterlag vor dem Arbeitsgericht. Das Bundesarbeitsgericht hielt jedenfalls die Spannensicherungsklausel für unwirksam.

Entscheidung

Anders als das Arbeitsgericht, das die Klage vollumfänglich abgewiesen hatte, gab ihr das Bundesarbeitsgericht zumindest teilweise statt. Die einfache Differenzierungsklausel des Tarifvertrages war wirksam. Der Tarifvertrag darf indes nicht dem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeit nehmen, die nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer mit den Gewerkschaftsmitgliedern gleichzustellen. Diese Gleichstellung wurde mit der ebenfalls verwendeten Spannensicherungsklausel verhindert, die damit unwirksam war.

Konsequenz

Ein Tarifvertrag darf nur den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zwingend und unmittelbar regeln, die der Tarifmacht der Koalitionen unterworfen sind. Hierzu zählen nicht die Arbeitsverhältnisse der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer.

Ungesicherte Darlehen als Anschein für Gesellschafterdarlehen?

Ungesicherte Darlehen als Anschein für Gesellschafterdarlehen?

Kernaussage

Eine Forderung aus der Rechtshandlung eines Dritten stellt nicht schon deshalb ein Gesellschafterdarlehen dar, weil es sich bei dem Dritten um eine nahestehende Person im sinne der gesetzlichen Bestimmungen handelt (§ 138 InsO). Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nun, dass auch dann kein erster Anschein für eine wirtschaftliche Gleichstellung mit einem Gesellschafterdarlehen begründet wird, wenn eine nahestehende Person dem Schuldner ein ungesichertes Darlehen gewährt.

Sachverhalt

Der Beklagte ist Insolvenzverwalter in dem im Februar 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH & Co. KG. Die Gesellschaft hat nur einen Kommanditisten, der gleichzeitig auch alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin ist. Eine der Klägerinnen ist ebenfalls eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementärin der Bruder des Gesellschafters der insolventen GmbH & Co. KG ist. Diese Klägerin (GmbH & Co. KG) ist mit 58,72 % an einer dritten GmbH beteiligt, deren Geschäftsführer auch der Bruder ist. Weitere Klägerin war die nunmehr verstorbene Mutter der beiden Brüder. Sie hatte der jetzt insolventen GmbH & Co. KG im August 2005 ein ungesichertes Darlehen über 200.000 EUR gewährt. Mitte 2008 gewährte auch die dritte GmbH der insolventen GmbH & Co. KG ein ungesichertes Darlehen über 1 Mio. EUR. Ihre Forderung verkaufte die GmbH Ende 2008 an die klagende GmbH & Co. KG und trat sie ab. Die Klägerinnen meldeten die Darlehensforderungen als Insolvenzforderungen im Rang der Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) zur Tabelle an. Der Beklagte hielt die beiden für nachrangige Insolvenzgläubiger (§ 39 InsO) und bestritt die Forderungen. Die Klägerinnen obsiegten zuletzt vor dem BGH.

Entscheidung

Die Forderungen der Klägerinnen waren nicht nachrangig im Sinne der Insolvenzordnung (InsO). Aus der Tatsache, dass die weitere GmbH eine dem Gesellschafter der insolventen GmbH & Co. KG und auch dieser selbst nahestehende Person (§ 138 InsO) war, konnte nicht geschlossen werden, dass eine dem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung vorlag. Die Anwendung der insolvenzrechtlichen Definition einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) verbietet sich des Weiteren im Regelungsbereich der nachrangigen Insolvenzgläubiger (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), weil die Bestimmung auf einen anderen Anwendungsbereich zugeschnitten ist. Da für die infolge des MoMiG nach der neuen Gesetzeslage zu beurteilenden Fälle an die Merkmale der „Krise der Gesellschaft“ und der „fehlenden Kreditwürdigkeit“ nicht mehr angeknüpft werden kann, können diese auch keinen Beweis des ersten Anscheins dafür begründen, dass der zur Familie des Schuldners gehörende Darlehensgeber den Kredit ohne entsprechende Sicherheiten eingeräumt hat.

Konsequenz

Die Gewährung von Privatdarlehen innerhalb der Familie allein im Vertrauen auf die Person des Darlehensnehmers ist allgemein nicht ungewöhnlich. Deshalb ist für die Annahme eines feststehenden Erfahrungssatzes, der die Beweislast nur aufgrund fehlender Sicherheitengestellung zu Lasten des Darlehensgebers verschiebt, kein Raum.

Versetzung ins Ausland während Elternzeit kann missbräuchlich sein

Versetzung ins Ausland während Elternzeit kann missbräuchlich sein

Kernfrage

Grundsätzlich steht es dem Arbeitgeber, wenn dies arbeitsvertraglich vereinbart ist, im Rahmen seines Weisungsrechts frei, zu bestimmen, an welchem Ort der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zu erbringen hat. Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte nunmehr über die Reichweite dieses Weisungsrechts gegenüber einem Arbeitnehmer in Elternzeit zu entscheiden.

Sachverhalt

Die Klägerin war in leitender Position bei Arbeitgeber beschäftigt und Mutter eines 13-monatigen Kindes. Vor der Elternzeit war zwischen den Parteien vereinbart worden, dass die Klägerin während der Elternzeit 30 Stunden pro Woche weiterarbeiten werde, und zwar 3 Tage von zuhause aus und 2 Tage „im Büro“, zu dem die Klägerin 30 km fahren musste. Etwas später teilte der Arbeitgeber mit, dass das bisherige Büro, in dem die Klägerin ihre Tätigkeit verrichtete, geschlossen worden sei und sie nunmehr 2 Tage pro Woche in der Konzernzentrale in London arbeiten solle. Die Kosten für Anreise und Übernachtung sollte die Klägerin im Wesentlichen selbst tragen. Gegen diese Änderung der Arbeitsbedingungen wehrte sich die Klägerin gerichtlich und gewann.

Entscheidung

Zum einen stand nach Auffassung des Gerichts nicht abschließend fest, ob die gesamte Niederlassung des Arbeitgebers, in dem das Büro der Klägerin lag, geschlossen worden war. Unabhängig davon komme die Weisung des Arbeitgebers einer unzulässigen Strafversetzung gleich, weil bereits die Reise nach London zur Arbeitsleistung an 2 Tagen deutlich mehr als einen Arbeitstag in Anspruch nehme. Damit stünden dem vereinbarten Arbeitsumfang (= 30 Wochenstunden) ein Reiseaufwand und Abwesenheitszeiten von mindestens gleicher Zeit gegenüber. Dies sei unzumutbar und sprenge das vereinbarte Modell zur Arbeit in der Elternzeit. Über den Antrag konnte im einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden werden, weil es der Klägerin nicht – wie sonst üblich – zumutbar war, zunächst der Weisung Folge zu leisten und ein Urteil abzuwarten.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht, sie erhöht aber den Schutz von Arbeitnehmern in Elternzeit deutlich, weil sich diese schneller gegen arbeitgeberseitige Weisungen verteidigen können.

Grundsatzurteil zum Vorsteuerabzug: Kein Vorsteuerabzug für Erschließungskosten

Grundsatzurteil zum Vorsteuerabzug: Kein Vorsteuerabzug für Erschließungskosten

Kernaussage

Der Vorsteuerabzug ist nur dann gegeben, wenn der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezuges die betreffende Eingangsleistung für Zwecke seiner besteuerten wirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden beabsichtigt. Dies setzt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang voraus. Mittelbare Motive sind irrelevant.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Alleingesellschafterin die Gemeinde ist. Ihr Unternehmensgegenstand ist der Erwerb, die Erschließung und die Veräußerung von Grundstücken. Die Klägerin hatte sich gegenüber der Gemeinde durch Abschluss eines Erschließungsvertrages zur Herstellung öffentlicher Erschließungsanlagen auf eigenen Grundstücken verpflichtet (§ 127 Abs. 2 BauGB). Die einzelnen Gewerbegrundstücke wurden während der Bauphase als öffentlich erschlossen an Dritte unter Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung verkauft. Das Eigentum an den Erschließungsanlagen verblieb bei der Klägerin, eine öffentliche Widmung wurde nicht vorgenommen. Die Klägerin ging davon aus, dass sie aus den von ihr bezogenen Bauleistungen zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Im Anschluss an eine Außenprüfung stellte das beklagte Finanzamt fest, dass der Vorsteuerabzug zu versagen sei. Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Das Recht auf Vorsteuerabzug besteht nur, wenn der Unternehmer die bezogene Leistung für Ausgangsumsätze verwendet, die entweder steuerpflichtig sind oder einer steuerpflichtigen Leistung gleichgestellt sind. Darüber hinaus muss ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Lediglich mittelbar verfolgte Zwecke, wie vorliegend die Grundstücksveräußerungen, sind unbeachtlich. Denn bei Bezug der Leistungen für die Herstellung der Erschließungsanlagen hat die Klägerin beabsichtigt, diese unentgeltlich auf die Gemeinde zu übertragen. Dabei bedarf es nicht zwingend einer tatsächlichen Übertragung der Grundflächen der Erschließungsanlagen. Ausreichend ist die Zuführung zur öffentlich-rechtlichen Widmung. Diese unmittelbare Verwendungsabsicht der Klägerin hat sich in den Vertragswerken manifestiert. Der Vorsteuerabzug war daher zu versagen.

Konsequenz

In Änderung seiner Rechtsprechung, stellt der BFH entscheidend auf die Verwendungsabsicht im Zeitpunkt des Leistungsbezuges ab. Demgegenüber ist der BFH in seiner früheren Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der Erschließungsträger auch bei der unentgeltlichen Übertragung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, der erst durch eine korrespondierende Entnahmebesteuerung korrigiert wird.

Ringweise getätigte Anteilsveräußerungen zur Verlustnutzung

Ringweise getätigte Anteilsveräußerungen zur Verlustnutzung

Kernproblem

Veräußert ein Gesellschafter im Privatvermögen gehaltene Anteile an einer GmbH, an der er unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt ist, so ist ein hieraus erzielter Veräußerungsgewinn zu 60 % steuerpflichtig. Erleidet er hingegen einen Veräußerungsverlust, so kann er diesen ebenfalls nur zu 60 % mit anderen Einkünften verrechnen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nunmehr die Frage zu klären, ob die Verlustberücksichtigung einen Rechtsmissbrauch darstellt, wenn der Veräußerer in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung seiner Anteile von einen anderen Mitgesellschafter dessen in gleicher Höhe bestehenden Gesellschaftsanteil an derselben Gesellschaft erwirbt.

Sachverhalt

An einer im Jahre 2000 gegründeten GmbH, die fast ausschließlich mit Aktien am neuen Markt handelte und deren Vermögen sich aufgrund der negativen Börsenentwicklung entsprechend minderte, waren 7 Gesellschafter mit jeweils 50.000 EUR (14,29 %) beteiligt. Im Dezember 2001 veräußerten alle Gesellschafter ihre jeweilige Beteiligung reihum an einen Mitgesellschafter zum Kaufpreis von jeweils 7.500 EUR. Zeitgleich erwarben sie eine Beteiligung in gleicher Höhe von einem anderen Gesellschafter. Das Finanzamt erkannte den daraus erzielten Verlust i. H. v. 42.500 EUR wegen Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten nicht an. Sowohl Einspruch als auch Klage vor dem Finanzgericht blieben erfolglos, erst die Revision beim BFH führte zum gewünschten Erfolg.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH sind die Veräußerungsverluste steuerlich anzuerkennen, da es keinen Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) darstellt, wenn die Veräußerung von Anteilen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen in gleicher Höhe von einem anderen Mitgesellschafter steht. Dem Steuerpflichtigen stehe es vielmehr frei, ob, wann und an wen er seine Anteile an der GmbH veräußere. Da es keine gesetzlich ausdrücklich geregelte Vorschrift gebe, die im vorliegenden Fall eine Beschränkung des Verlustabzugs vorsehe, seien die Veräußerungsverluste entsprechend dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang auch, dass durch die Veräußerung eine Änderung der steuerlichen Ausgangslage erfolgt sei, da bei einer späteren Veräußerung der (neuen) Anteile der Gewinn oder Verlust unter Berücksichtigung der (neuen) niedrigeren Anschaffungskosten zu ermitteln ist.

Konsequenz

Zwar ist das Urteil zu § 42 AO a. F. ergangen, durch die Änderung der Vorschrift im Rahmen des JStG 2008 dürfte sich aber an der Geltung der Urteilsgrundsätze nichts geändert haben. Abschließend sei noch auf eine für den Steuerpflichtigen ähnlich positive Entscheidung aus dem Jahr 2009 hingewiesen, wonach der BFH die Anwendung des § 42 AO auch bei der Geltendmachung von Verlusten ausschließt, die auf einem Verkauf und Wiederkauf von Wertpapieren am gleichen Tag beruhen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin