BFH: Sofortabzug für Kosten zur Beseitigung von Schäden, die der Mieter in einer gerade erst angeschafften Wohnung mutwillig verursacht hat

Aufwendungen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nach Anschaffung einer vermieteten Immobilie durch das schuldhafte Handeln des Mieters verursacht worden ist, können als Werbungskosten sofort abziehbar sein. In diesen Fällen handelt es sich nicht um sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“ (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –), wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 9. Mai 2017 IX R 6/16 entschieden hat.

In dem vom BFH entschiedenen Streitfall hatte die Klägerin im Jahr 2007 eine vermietete Eigentumswohnung erworben, die sich im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten in einem betriebsbereiten und mangelfreien Zustand befand. Im Folgejahr kam es im Rahmen des – nach § 566 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf die Klägerin übergegangenen – Mietverhältnisses zu Leistungsstörungen, da die Mieterin die Leistung fälliger Nebenkostenzahlungen verweigerte; vor diesem Hintergrund kündigte die Klägerin das Mietverhältnis. Im Zuge der Rückgabe der Mietsache stellte die Klägerin umfangreiche, von der Mieterin jüngst verursachte Schäden wie eingeschlagene Scheiben an Türen, Schimmelbefall an Wänden und zerstörte Bodenfliesen an der Eigentumswohnung fest. Darüber hinaus hatte die Mieterin einen Rohrbruch im Badezimmer nicht gemeldet; dadurch war es zu Folgeschäden gekommen. Zur Beseitigung dieser Schäden machte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 Kosten in Höhe von rund 20.000 € als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend. Mangels Zahlungsfähigkeit der Mieterin könnte die Klägerin keine Ersatzansprüche gegen die Mieterin durchsetzen.

Das Finanzamt versagte den Sofortabzug der Kosten, da es sich um sog. „anschaffungsnahe Herstellungskosten“ (§ 9 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) handele; der zur Schadenbeseitigung aufgewendete Betrag überschreite 15 % der Anschaffungskosten für das Immobilienobjekt. Daher könnten die Kosten nur im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung (AfA) anteilig mit 2 % über einen Zeitraum von 50 Jahren geltend gemacht werden.

Demgegenüber gab der BFH der Klägerin Recht. Zwar gehörten zu den als Herstellungskosten der AfA unterliegenden Aufwendungen nach dem Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStGsämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen wie etwa sog. Schönheitsreparaturen oder auch Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft. Selbst die Beseitigung verdeckter – im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener – Mängel oder die Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes „angelegter“, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte fällt hierunter.

Demgegenüber seien Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der im Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden und auch nicht in dem oben genannten Sinne „angelegt“ war, sondern nachweislich erst zu einem späteren Zeitpunkt durch das schuldhafte Handeln des Mieters am Gebäude verursacht worden ist, nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen. Solche Aufwendungen können als sog. „Erhaltungsaufwand“ und damit als Werbungskosten sofort abgezogen werden.

Quelle: Bundesfinanzhof, Pressemitteilung Nr. 61 vom 4. Oktober 2017 Urteil vom 9.5.2017, IX R 6/16

Bankenverband: Reform der Besteuerung von Investmentfonds ab 2018 – was Anleger wissen müssen

Ab dem 1. Januar 2018 gelten völlig neue Regeln für die Besteuerung von Investmentfonds. Das System soll für Investmentfondsanbieter, Anleger und Verwaltung einfacher werden und EU-rechtliche Risiken ausräumen. Für Anleger ergibt sich aus der Reform im Normalfall kein Handlungsbedarf.

Die wesentliche Änderung: Bisher wurden die Einkünfte des Fonds dem Anleger unmittelbar steuerlich zugerechnet. Zukünftig werden Publikumsfonds und Anleger getrennt voneinander besteuert – ähnlich wie Kapitalgesellschaften und ihre Anteilseigner. Alle inländischen Fondseinkünfte außer Zinsen werden mit einer Steuer von 15% belastet. Als Ausgleich dafür, dass die Fondserträge besteuert werden, sind Aus­schüttungen und Gewinne aus dem Verkauf von Fondsanteilen beim Anleger künftig teilweise freigestellt. Die Höhe des steuerfreien Anteils richtet sich nach der Art des Fonds. Der verbleibende Teil der Aus­schüttungen und Veräußerungs­gewinne unterliegt der Abgeltung­steuer. Wird keine oder nur eine geringe Ausschüttung vorgenommen, wird ersatzweise eine so genannte Vorabpauschale besteuert. Deutlich vereinfacht wird die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen.

Unter dem Strich soll die Steuerlast für die Inhaber der Anteile nicht steigen. Aber: Der bisherige Bestandsschutz für Fondsanteile, die Privatanleger vor 2009 erworben haben, fällt zum Jahresende weg. Wertsteigerungen dieser Alt-Anteile nach dem 1. Januar 2018 werden steuerpflichtig, sobald der Freibetrag von 100.000 Euro pro Anleger aufgebraucht ist.

Weitere Einzelheiten zu der Reform erklären wir im Verbrauchermagazin des Bankenverbandes.

Quelle: Bundesverband deutscher Banken, Presse-Info vom 21. September 2017

BStBK: Neue Chancen in der Steuerberatung – Fachassistent für Rechnungswesen und Controlling

Um Steuerberaterkanzleien dabei zu unterstützen, ihren Mandanten ein breiteres Leistungsportfolio und ihren Mitarbeitern attraktive Aufstiegschancen anbieten zu können, hat die 96. Bundeskammerversammlung am 18. September 2017 beschlossen, einen neuen Fachassistenten für Rechnungswesen und Controlling einzuführen.

Geht es nach dem Willen der 120 Delegierten, soll der Tätigkeitsschwerpunkt des Fachassistenten in den Bereichen internes und externes Rechnungswesen, Buchführung und Bilanzierung, betriebswirtschaftliche Auswertung, Controlling und Jahresabschlusserstellung sowie integrierte Unternehmensplanung liegen.

Der Bedarf an betriebswirtschaftlicher Beratung durch den Steuerberater ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen, da Mandanten beispielsweise Beratungen in der Unternehmensnachfolge benötigen. Der Steuerberater ist dabei auf speziell fortgebildete Mitarbeiter in diesem Fachgebiet angewiesen, die Beratungsvorgänge vor- und nachbereiten. Die Fortbildung richtet sich an ausgebildete Steuerfachangestellte und Auszubildende mit gleichwertiger Berufsausbildung (z. B. Bankkaufmann, Industriekaufmann, Groß- und Außenhandelskaufmann); aber auch Akademiker mit einem dreijährigen Hochschulstudium können sich weiter qualifizieren.

Die Steuerberaterkammern werden – aufgrund der originären Zuständigkeit der Länder für Bildungspolitik – den Berufsbildungsausschüssen der Länder die Prüfungsordnung und einen Anforderungskatalog zur Genehmigung vorlegen, damit sich im Jahr 2019 die ersten Kandidaten zur Prüfung anmelden können. Die geplante Einführung des Fachassistenten Rechnungswesen und Controlling rundet das Fortbildungsangebot für Auszubildende in der Steuerberatung gut ab. Denn auch der Fachassistent Lohn und Gehalt bietet Interessierten schon heute abwechslungsreiche Tätigkeitsfelder.

Quelle: Bundessteuerberaterkammer, Pressemitteilung 14/2017, 28.09.2017

BdSt: Neue Musterklage – Straßenausbaubeiträge von der Steuer absetzen

Dürfen Hauseigentümer die Erschließungsbeiträge für den Straßenausbau von der Steuer absetzen? Der Bund der Steuerzahler (BdSt) lässt dies mit einer neuen Musterklage prüfen und unterstützt das Gerichtsverfahren eines Ehepaars aus Brandenburg. Umstritten ist, ob die Erschließungsbeiträge, die Anwohner für die Erneuerung einer Gemeindestraße zahlen müssen, als Handwerkerleistungen in der Einkommensteuererklärung abgesetzt werden können, wenn die Maßnahme von der öffentlichen Hand erbracht und per Bescheid abgerechnet wird.

Im konkreten Fall ließ die Gemeinde Schönwalde-Glien (Land Brandenburg) eine Sandstraße ausbauen und beteiligte die Anwohner an den Erschließungskosten. Aufgrund des Vorauszahlungsbescheids mussten die Kläger mehr als 3.000 Euro für den Ausbau der Straße zahlen. In den Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2015 machte das Ehepaar die Kosten als Handwerkerleistung geltend. Da nur die Arbeitskosten, nicht aber Materialkosten bei der Steuer abgezogen werden dürfen, im Vorauszahlungsbescheid der Gemeinde jedoch nur eine Gesamtsumme ausgewiesen war, schätzte die Steuerberaterin die Arbeitskosten auf 50 Prozent. Das Finanzamt erkannte die Erschließungsbeiträge nicht an und verwies auf das BMF-Schreiben vom 9. November 2016, wonach Maßnahmen der öffentlichen Hand nicht nach § 35a EStGbegünstigt sind. Gegen den ablehnenden Einspruchsbescheid richtet sich nun die Klage beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Az.: 3 K 3130/17).

Wir lassen den Fall prüfen!

Der Bund der Steuerzahler lässt diesen Fall überprüfen, weil die Finanzgerichte die Rechtsfrage bisher unterschiedlich beurteilt haben: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg versagte in einem früheren Fall den Steuerabzug für Straßenausbaubeiträge, da ein Zusammenhang zum Haushalt fehle, denn auch ohne Straßenanschluss sei das Führen eines Haushalts möglich (Az.: 11 K 11018/15). Das Finanzgericht Nürnberg berücksichtigte die Erschließungskosten für den Straßenausbau hingegen als Handwerkerleistung und ließ eine Schätzung der Arbeitskosten aus dem Kostenbescheid zu (Az.: 7 K 1356/14). Der Bundesfinanzhof erlaubt ebenfalls eine Schätzung der Arbeitskosten (Az.: VI R 56/12), entschied aber nur einen Fall zum Wasseranschluss, sodass die Rechtsfrage zu Straßenausbaubeiträgen noch nicht höchstrichterlich geklärt ist.

Das empfehlen wir betroffenen Grundstückseigentümern!

Ebenfalls betroffenen Grundstückseigentümern empfiehlt der Bund der Steuerzahler, die Kosten für die Erschließung der Straße auch dann in der Einkommensteuererklärung anzugeben, wenn der Straßenausbau von der Gemeinde durchgeführt wird. Akzeptiert das Finanzamt die Ausgaben nicht, sollte gegen den eigenen Steuerbescheid Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Zur Begründung kann auf die Musterklage des Steuerzahlerbundes und zusätzlich auf das Verfahren des Bundesfinanzhofs zur Abwasserversorgung (Az.: VI R 18/16) hingewiesen werden.


Quelle: Bund der Steuerzahler Deutschland e.V., Presseinformation Nr. 33 vom 3.8.2017

Bundeskabinett beschließt Sozialversicherungsrechengrößen 2018

Das Kabinett hat heute die Verordnung über die Sozialversicherungs­rechengrößen 2018 beschlossen. Dazu erklärt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:Mit der Verordnung werden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozial­versicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr (2016) turnusgemäß angepasst. Die Werte werden – wie jedes Jahr – auf Grundlage klarer, unveränderter gesetzlicher Bestimmungen mittels Verordnung festgelegt.

Die den Sozialversicherungsrechengrößen 2018 zugrundeliegende Einkommensentwicklung im Jahr 2016 betrug im Bundesgebiet 2,42 Prozent, in den alten Bundesländern 2,33 Prozent und in den neuen Bundesländern 3,11 Prozent. Bei der Ermittlung der jeweiligen Einkommensentwicklung wird auf die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer ohne Personen in Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwen­dungen („Ein-Euro-Jobs“) abgestellt.

Die wichtigsten Rechengrößen für das Jahr 2018 im Überblick

Die Bezugsgröße, die für viele Werte in der Sozialversicherung Bedeutung hat (unter anderem für die Festsetzung der Mindestbeitragsbemessungs­grundlagen für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung und für die Beitragsberechnung von versicherungspflichtigen Selbständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung), erhöht sich auf 3.045 Euro/Monat (2017: 2.975 Euro/Monat). Die Bezugsgröße (Ost) steigt auf 2.695 Euro/Monat (2017: 2.660 Euro/Monat).

Die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung steigt auf 6.500 Euro/Monat (2017: 6.350 Euro/Monat) und die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) auf 5.800 Euro/Monat (2017: 5.700 Euro/Monat).

Die bundesweit einheitliche Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung (Jahresarbeitsentgeltgrenze) steigt auf 59.400 Euro (2017: 57.600 Euro). Die ebenfalls bundesweit einheitliche Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2018 in der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 53.100 Euro jährlich (2017: 52.200 Euro) bzw. 4.425 Euro monatlich (2017: 4.350 Euro).

Die Rechengrößen für die neuen Länder werden mit dieser Rechengrößenverordnung letztmalig anhand der Lohnentwicklung Ost festgesetzt. Ab dem kommenden Jahr erfolgt die Festlegung nach den im Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz festgelegten Schritten.

Rechengrößen der Sozialversicherung 2018
(vorbehaltlich Zustimmung Bundesrat):
* In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gilt dieser Wert bundeseinheitlich.
West Ost
Monat Jahr Monat Jahr
Beitragsbemessungsgrenze: allgemeine Rentenversicherung 6.500€ 78.000€ 5.800€ 69.600€
Beitragsbemessungsgrenze: knappschaftliche Rentenversicherung 8.000€ 96.000€ 7.150€ 85.800€
Beitragsbemessungsgrenze: Arbeitslosenversicherung 6.500€ 78.000€ 5.800€ 69.600€
Versicherungspflichtgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung 4.950€ 59.400€ 4.950€ 59.400€
Beitragsbemessungsgrenze: Kranken- u. Pflegeversicherung 4.425€ 53.100€ 4.425€ 53.100€
Bezugsgröße in der Sozialversicherung 3.045€* 36.540€* 2.695€ 32.340€
vorläufiges Durchschnittsentgelt/Jahr in der Rentenversicherung 37.873€

Die Verordnung bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats.

Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Pressemitteilung vom 27. September 2017

Einkommensteuer: Besteuerung von Zeitwertkonten

Der 12. Senat hat mit Urteil vom 22. Juni 2017 (Az. 12 K 1044/15) entschieden, dass auf einem Zeitwertkonto eingestellter Arbeitslohn nicht bereits bei Einzahlung zu besteuern ist, sondern dem Arbeitnehmer erst in der Auszahlungsphase zufließt. Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesfinanzhof anhängig (Az. VI R 39/17).

Der Kläger war angestellter Fremdgeschäftsführer einer GmbH. Er und die GmbH hatten im Jahr 2005 eine Vereinbarung zur Einführung von Zeitwertkonten geschlossen (Wertguthabenvereinbarung nach § 7b Sozialgesetzbuch IV). Diese Vereinbarung sollte es ihm ermöglichen, durch die Einzahlung eines Teiles des Gehalts eine spätere Freistellung von der Arbeitsleistung, z. B. für eine Vorruhestandsregelung, eingehen zu können. Für den Fall eines Arbeitgeberwechsels war vereinbart, dass das Wertguthaben auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden kann. Zur Rückdeckung schloss die GmbH bei einer Lebensversicherung einen Vertrag über die Zeitkontenrückdeckung mit Garantie ab (sog. Zeitarbeitskonto). In der Folgezeit zahlte die GmbH Teile des Gehalts des Klägers direkt in das Zeitarbeitskonto bei der Lebensversicherung ein. Der Kläger war nach einer fristlosen Kündigung im Februar 2014 nicht mehr Geschäftsführer der GmbH. Er arbeitet seit 2015 bei einem anderen Arbeitgeber, der sich bereit erklärte, das bei der Lebensversicherung abgeschlossene Zeitarbeitskonto vom bisherigen Arbeitgeber zu übernehmen und hieraus entsprechende monatliche Auszahlungen an den Arbeitnehmer zu leisten. Die GmbH übertrug hierzu das Wertguthaben der Zeitwertkonten des Klägers auf dessen neuen Arbeitgeber, der mit dem Kläger im Juni 2015 einen Auszahlungsplan vereinbarte. Die laufenden Auszahlungen werden vom Kläger versteuert.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass bereits die im Streitjahr 2012 geleisteten Einzahlungen von 39.000 Euro in die Zeitkontenrückdeckungsversicherung bei einem GmbH-Geschäftsführer als Arbeitslohn zu qualifizieren seien. Des Weiteren sei die Verzinsung der eingezahlten Beträge bei Gutschrift der Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, weil der Arbeitnehmer insoweit eine Forderung gegenüber dem Arbeitgeber habe. Die Zinsen betrugen laut Auskunft der Versicherung im Streitjahr 2012 4.803,63 Euro.

Im Laufe des Klageverfahrens änderte das Finanzamt seine Rechtsauffassung. Es half der Klage ab, soweit die Verzinsung des Zeitkontenrückdeckungsvertrages im Jahr 2012 als Kapitaleinkünfte des Klägers erfasst worden war. Streitig blieb aber, ob bereits die Einzahlungen des Arbeitgebers auf das Zeitwertkonto als Arbeitslohn zu versteuern seien.

Der 12. Senat entschied zu Gunsten des Klägers, dass der aufgrund einer wirksamen Vereinbarung auf dem Zeitwertkonto im Streitjahr 2012 eingestellte Arbeitslohn bei einem GmbH-Geschäftsführer wie dem Kläger nicht als Arbeitslohn zugeflossen sei. Als Arbeitslohn zu versteuern sei (noch) nicht die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto, sondern erst die Auszahlung aus diesem. Im Streitjahr 2012 habe weder eine Barauszahlung an den Kläger noch eine Gutschrift auf einem seiner Konten stattgefunden. Ein Zufluss könne zwar auch in der Zuwendung eines Anspruchs gegen einen Dritten liegen, wenn gerade diese Leistung geschuldet sei. Im Streitfall habe der Kläger aber noch keinen Anspruch gehabt. Der (frühere) Arbeitgeber habe in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bei einem Dritten, der Lebensversicherung, die Beträge aus der Entgeltumwandlung angelegt. Der Kläger habe nach den versicherungsvertraglichen Bestimmungen zunächst keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme gehabt. Er hätte ohne Zustimmung seines Arbeitgebers nicht über die eingezahlten Beträge wirtschaftlich verfügen können. Dies war nach den Vereinbarungen grundsätzlich erst in der Freistellungsphase möglich und damit nach der Vereinbarung eines Auszahlungsplans mit dem (neuen) Arbeitgeber. Infolgedessen sei noch nicht die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto, sondern erst die Auszahlung aus diesem zu versteuern. Es komme dadurch zu einem Besteuerungsaufschub. Dies gelte auch für die Zinsen. Bei Verzinsung des Zeitwertkontos seien die Zinsen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern durch das Dienstverhältnis veranlasste Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, die ebenfalls im Zeitpunkt der Auszahlung und nicht schon im Moment der Gutschrift auf dem Konto zu versteuern seien.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 06.10.2017 zum Urteil 12 K 1044/15 vom 22.06.2017 (nrkr – BFH-Az.: VI R 39/17)

Gewerbesteuer: Gewerbesteuerlicher Verlustabzug bei Einbringung eines Betriebs von einer Kapital- in eine Personengesellschaft

Mit Urteil vom 30. Januar 2017 (Az. 10 K 3703/14) hat der 10. Senat des Finanzgerichts entschieden, dass bei Einbringung eines Betriebes von einer Kapital- in eine Personengesellschaft der bei der Kapitalgesellschaft vor Einbringung entstandene Verlustvortrag auf Ebene der Personengesellschaft weiterhin zu berücksichtigen ist. Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (Az. I R 35/17).

Die W-AG und die W-KG hatten im Streitjahr 2009 einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag abgeschlossen, mit dem der gesamte Geschäftsbetrieb der W-AG auf die W-KG übertragen wurde. Die W-AG war einzige Kommanditistin der W-KG und alleinige Gesellschafterin der nicht am Vermögen beteiligten Komplementär-GmbH. Die W-AG agierte in der Folgezeit nur noch als Holdinggesellschaft. Sie wurde 2011 formwechselnd in eine GmbH, die Klägerin, umgewandelt, die hierdurch als Kommanditistin in die W-KG eintrat. Die W-KG wurde schließlich im Jahr 2013 aufgelöst. Im Klageverfahren wandte sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der W-KG und der W-AG dagegen, dass es das Finanzamt abgelehnt hatte, den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag der W-AG bei der W-KG zu berücksichtigten. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass im Fall der Einbringung eines Betriebs durch eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft der Gewerbeverlust nicht auf die Personengesellschaft übertragen werden könne, weil die sachliche Gewerbesteuerpflicht der Kapitalgesellschaft kraft ihrer Rechtsform bestehen bleibe, auch wenn sich durch den Betriebsübergang deren Tätigkeit nur noch auf das Halten des Mitunternehmeranteils beschränke.

Der 10. Senat folgte dieser Auffassung nicht. Die Kürzung des Gewerbeertrags um Verluste aus früheren Erhebungszeiträumen setze Unternehmens- und Unternehmeridentität voraus. Die Unternehmeridentität sei gewahrt. Bei einer Personengesellschaft seien die Gesellschafter, die unternehmerisches Risiko tragen und unternehmerische Initiative ausüben können, (Mit-)Unternehmer des Betriebs. Das Recht zum Verlustabzug stehe daher sachlich nicht der Personengesellschaft, sondern den an ihr beteiligten Mitunternehmern zu. Für die Einbringung eines Betriebes in eine Personengesellschaft bedeute dies, dass der in dem Unternehmen vor Einbringung entstandene Fehlbetrag auf Ebene der Personengesellschaft auch weiterhin insgesamt, jedoch nur von dem Betrag abgezogen werden könne, der vom gesamten Gewerbeertrag entsprechend dem Gewinnverteilungsschlüssel auf den oder die einbringenden Mitunternehmer entfalle. Im Streitfall hätten der W-AG als alleiniger Mitunternehmerin aufgrund des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels 100 % des Gewinns der W-KG zugestanden.

Die erforderliche Unternehmensidentität vor und nach Einbringung beim Übergang des Geschäftsbetriebes der W-AG in die W-KG sei ebenfalls erhalten geblieben. Im Streitfall sei der gesamte operative Geschäftsbetrieb der W-AG eingebracht und von der W-KG unverändert fortgeführt worden. Entgegen der einseitig auf die Ebene der Kapitalgesellschaft verengten Sichtweise der Finanzverwaltung bleibe das Merkmal der Unternehmensidentität bei der Einbringung eines Betriebes in eine Personengesellschaft auch dann von Bedeutung, wenn Einbringender eine Kapitalgesellschaft sei. Zwar sei es richtig, dass eine Kapitalgesellschaft schon wegen ihrer Rechtsform immer ein Gewerbesteuersubjekt sei, sodass bei ihr auch nach der Einbringung ein Gewerbebetrieb vorliege. Daraus zu schließen, dass das Merkmal der Unternehmensidentität grundsätzlich bedeutungslos sei, betrachte das Problem jedoch nur aus der Sicht der Kapitalgesellschaft und lasse die Ebene der aufnehmenden Personengesellschaft – bei der sich die Frage der Verlustübernahme stelle – außer Betracht. Für die Personengesellschaft habe es keine Relevanz, dass auf Ebene der Kapitalgesellschaft weiterhin ein Gewerbebetrieb angenommen wird, der von dem eingebrachten völlig verschieden ist.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 06.10.2017 zum Urteil 10 K 3703/14 vom 30.01.2017 (nrkr – BFH-Az.: I R 35/17)

 

Abgabenordnung: Rechtzeitiger Einspruch trotz unzuständigem Finanzamt

Der 3. Senat hat mit Urteil vom 4. Mai 2017 (Az. 3 K 3046/14) entschieden, dass die Einspruchsfrist nach der „Unschädlichkeitsklausel“ des § 357 Abs. 2 Satz 4 der Abgabenordnung (AO) gewahrt wird, wenn das unzuständige Finanzamt den Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist an das zuständige Finanzamt absendet. „Übermittelt“ im Sinne der Vorschrift werde ein Einspruch bereits im Zeitpunkt der Vornahme der Übermittlungshandlung (Absenden durch das unzuständige Finanzamt an das zuständige Finanzamt) und nicht erst im Zeitpunkt des Übermittlungserfolgs (Eingang beim zuständigen Finanzamt). Die Revision gegen das Urteil ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 41/17 anhängig.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts, die in Deutschland beschränkt steuerpflichtig ist. Sie behält für ihre im Inland beschäftigten Arbeitnehmer Lohnsteuer ein und führt diese an das Finanzamt ab. Aufgrund einer Lohnsteuer-Außenprüfung kam es zu einem materiell rechtswidrigen Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid. Gegen den Nachforderungsbescheid legte die Klägerin ohne Einschaltung eines Rechts- oder Steuerberaters versehentlich beim unzuständigen Finanzamt Y wenige Tage vor Ablauf der Einspruchsfrist Einspruch ein. Das unzuständige Finanzamt Y bemerkte den Fehler und leitete den Original-Einspruch am 4. Dezember 2013, dem letzten Tag der Einspruchsfrist, per Kurier zuständigkeitshalber an das beklagte Finanzamt weiter, wo er zwei Tage nach Fristablauf ankam. Das beklagte Finanzamt verwarf den Einspruch als unzulässig, weil er verfristet erhoben worden sei und die Klägerin keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand habe.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht statt. Entgegen der Auffassung des Finanzamts habe die Klägerin die Einspruchsfrist nicht versäumt. Vielmehr sei die Anbringung des Einspruchs bei dem örtlich unzuständigen Finanzamt Y nach § 357 Abs. 2 Satz 4 AO verfahrensrechtlich unschädlich, weil er dem beklagten Finanzamt als der zuständigen Behörde noch vor Ablauf der Einspruchsfrist im Sinne der Vorschrift übermittelt worden sei. Auf die Frage der Wiedereinsetzung komme es nicht mehr an. Nach § 357 Abs. 2 Satz 1 AO ist der Einspruch im Normalfall bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Sonderfälle werden in § 357 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO geregelt. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

Das unzuständige Finanzamt Y habe den Einspruch im Streitfall im Sinne des Gesetzes bereits am 4. Dezember 2013 an das zuständige beklagte Finanzamt „übermittelt“. Übermittelt werde ein Einspruch nämlich nicht erst bei Eintritt des Übermittlungserfolgs (Eingang bei der zuständigen Behörde), sondern nach Wortlaut, Historie, Systematik und Zweck der Vorschrift sowie jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung bereits bei Vornahme der Übermittlungshandlung (Absendung durch die unzuständige Behörde). Aufgrund der am letzten Tag der Einspruchsfrist vorgenommenen Übermittlung des Einspruchsschreibens an das zuständige beklagte Finanzamt sei die Einspruchsfrist daher gemäß der „Unschädlichkeitsklausel“ des § 357 Abs. 2 Satz 4 AO gewahrt worden. Ansonsten würde in Fällen wie dem vorliegenden nur ein „glücklicher“ Steuerpflichtiger von der Unschädlichkeit gemäß § 357 Abs. 2 Satz 4 AO profitieren können, bei dem die unzuständige Finanzbehörde bewirkt, dass der fehlerhaft angebrachte Einspruch beschleunigt und bei Bedarf sogar taggleich in den Machtbereich der zuständigen Behörde gelangt. Sinnvollerweise sollte es auf derartiges im Leben eher zufällig verteiltes Glück oder Pech eines Steuerpflichtigen im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht ankommen.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 06.10.2017 zum Urteil 3 K 3046/14 vom 04.05.2017 (nrkr -BFH-Az.: VI R 41/17)

 

Krankenkasse muss nicht für Gesundheitstourismus in der Türkei aufkommen

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass eine Borreliose in Deutschland gut behandelbar ist. Hierfür ist es nicht erforderlich, zu Ärzten in die Türkei zu reisen.

Geklagt hatte ein 40-jähiger, türkischstämmiger Mann aus dem Landkreis Vechta, der vor vielen Jahren von einer Zecke gebissen wurde. Kurz vor Weihnachten 2014 reiste er in die Türkei und ließ dort die schmerzhafte Borreliose-Symptomatik behandeln. Nach seiner Rückkehr im Januar legte er bei seiner Krankenkasse zahlreiche Rechnungen (umgerechnet ca. 860 Euro) zur Erstattung vor. Diese lehnte eine Zahlung ab, da die Behandlung auch im Inland möglich gewesen wäre und kein Notfall vorgelegen habe. Außerdem habe der Kläger keine vorherige Zustimmung der Kasse zur Auslandsbehandlung beantragt.

Hiergegen brachte der Kläger vor, dass die Ärzte in Deutschland keinen Rat mehr zu seinen Schmerzen gehabt und ihm eine psychiatrische Behandlung empfohlen hätten. Erst durch die Behandlung in der Türkei sei er halbwegs schmerzfrei geworden. Die entstandenen Kosten seien relativ gering und er mache schließlich auch keine weiteren Auslagen geltend, wie z. B. Fahrt- und Flugkosten.

Dem ist das LSG nicht gefolgt. Eine Kostenerstattung sei grundsätzlich nur möglich für Behandlungen, die im Inland nicht leistbar seien oder für Notfälle. Eine Borreliose könne in Deutschland jedoch gut behandelt werden. Der Kläger sei auch keinesfalls in Deutschland erfolglos austherapiert, da er bisher nur Ärzte in seiner unmittelbaren Wohnortnähe aufgesucht und keinerlei Fachärzte konsultiert habe. Lediglich der subjektive Erfolg einer nicht näher spezifizierten Behandlung könne keinen Anspruch auf Kostenerstattung auslösen. Ferner liege bei einer geplanten Behandlung auch kein medizinischer Notfall vor.

Die vorherige Antragstellung bei der Krankenkasse hat das Gericht auch nicht – wie der Kläger meint – als unnötige Förmelei bewertet, sondern als notwendige Grundvoraussetzung der Leistungsgewährung. Denn ein vorheriger Antrag hätte insbesondere eine Beratung zu weiterführenden Facharztbehandlungen im Inland erst ermöglicht.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Pressemitteilung vom 09.10.2017 zum Urteil L 16 KR 284/17 vom 21.09.2017

 

Meldungen zum Transparenzregister nach dem neuen Geldwäschegesetz

Am 26.06.2017 ist das neue Geldwäschegesetz (GwG) in Kraft getreten. Es weitet in Umsetzung europäischer Maßgaben die bisherigen geldwäscherechtlichen Vorgaben aus. Zum Kreis der nach dem Gesetz Verpflichteten gehören wie bisher auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (§ 2 Abs. 1 Nr. 12 GwG).

Das neue Transparenzregister

Das GwG sieht nunmehr unter anderem die Einrichtung eines zentralen Transparenzregisters vor (§§ 18-26 GwG). Bis zum 01.10.2017 waren erstmals Daten über die natürlichen Personen, die als sog. wirtschaftliche Berechtigte hinter juristischen Personen des Privatrechts, eingetragenen Personengesellschaften, Trusts oder speziellen Treuhandgestaltungen agieren, an das Register zu melden. Wirtschaftlich Berechtigte von Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (GbR) fallen hingegen nicht unter die Registrierungspflicht. Ein Abruf von Daten aus dem Transparenzregister ist allerdings erst ab dem 27.12.2017 möglich.

Wirtschaftlich Berechtigte sind nach § 3 Abs. 1 GwG natürliche Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich steht, oder auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung begründet wird, sowie nach § 3 Abs. 2 GwG jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile einer juristischen Person hält, mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise, etwa durch Absprachen, Kontrolle ausübt. Kann keine natürliche Person trotz umfassender Prüfungen ermittelt werden, gilt als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter, geschäftsführende Gesellschafter oder Partner des Mandanten (§ 3 Abs. 2 Satz 5 GwG).

Die Meldung im Transparenzregister muss nach § 19 GwG folgende Daten über den wirtschaftlich Berechtigten umfassen:

  1. Vor- und Zuname
  2. Geburtsdatum
  3. Anschrift
  4. Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses.

Laut § 20 Abs. 2 GwG gilt die Meldung als erfolgt, wenn die geforderten Angaben bereits in anderen öffentlichen Registern elektronisch zugänglich sind. Nicht börsennotierte Aktiengesellschaften müssen daher grundsätzlich ihre wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister melden. Gleiches gilt für Stiftungen bürgerlichen Rechts, da die notwendigen Angaben zum Stifter oder Vorstand nicht in den Stiftungsverzeichnissen der Länder enthalten sind. Im Falle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), haftungsbeschränkten Unternehmensgesellschaften (UG), offenen Handelsgesellschaften (oHG), Kommanditgesellschaften (KG) und Partnerschaftsgesellschaften (PartG) ist Sorgfalt angeraten: zwar ergeben sich die Vertretungsmacht und Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten aus dem Handels- oder Partnerschaftsregister. Dies allerdings nur insoweit, wie keine weiteren Formen der Kontrolle bestehen. Bestehen solche weiteren Kontrollformen, ist eine Meldung an das Transparenzregister verpflichtend. Eingetragene Vereine (e.V.), Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG), eingetragene Genossenschaften (eG) und Europäische Genossenschaften haben regelmäßig so viele Mitglieder, dass wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des GwG der Vorstand ist. Da sich dessen Identität bereits aus dem Vereins- bzw. Genossenschaftsregister ergibt, dürfte die Verpflichtung zur Meldung an das Transparenzregister in der Regel entfallen. Ebenfalls als stets erfüllt kann die Meldepflicht von Angaben zu börsennotierten Aktiengesellschaften angesehen werden, da diese an organisierten Märkten nach international anerkannten Standards registriert sind.

Weitere Regelungen zum Transparenzregister finden sich in der Transparenzregisterbeleihungsverordnung (TBelV) vom 27.06.2017. Sie legt unter anderem fest, dass der Bundesanzeiger-Verlag das Transparenzregister führt. Die Transparenzregisterdatenübermittlungsverordnung (TrDüV) vom 30.06.2017 regelt die Registrierung beim Transparenzregister unter www.transparenzregister.de und bestimmt die Maßgaben zur Übertragung der Daten. So können Meldungen nach § 3 TrDüV nur über das Internet erfolgen.

Auch für Berufsgesellschaften kann sich ggf. eine entsprechende Mitteilungspflicht ergeben. Berufsangehörige sollten daher prüfen, ob aufgrund der konkreten gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Transparenzregister besteht.

Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sollten darüber hinaus – soweit noch nicht geschehen – auch ihre Mandanten darauf hinweisen, zu prüfen, ob deren Gesellschaften bereits in öffentlichen Registern ausreichend erfasst sind, und falls nötig, unverzüglich eine Meldung beim Transparenzregister vorzunehmen. Über die Erstregistrierung hinaus ist die Einführung des Transparenzregisters ein Compliance Thema für die Mandanten. Alle Rechtsvorgänge, welche die Kontrollverhältnisse verändern, müssen künftig zuverlässig dem Transparenzregister gemeldet werden.

Weitere Pflichten nach dem GwG

Für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sind im Weiteren auch die allgemeinen Sorgfaltspflichten (§§ 10-17 GwG) maßgeblich. Im Vordergrund steht dabei weiterhin das Gebot der Identifizierung. Dieses wurde durch das neue GwG erweitert und umfasst neben der Identifizierung des Vertragspartners und der gegebenenfalls für ihn auftretenden Personen eine zusätzliche Risikobewertung, die beispielsweise erfassen soll, ob es sich um politisch exponierte Personen (sog. PEPs), deren Angehörige und ihnen nahestehende Personen handelt, da diese als Risikogruppe für die Geldwäsche betrachtet werden. Ist eine Identifizierung nach diesen Maßgaben nicht möglich, ist das Eingehen einer Geschäftsbeziehung ein Verstoß gegen das GwG.

Daneben bestehen für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer weitere Meldepflichten bei besonderen Sachverhalten (§§ 43-49 GwG). Nach § 43 Abs. 1 GwG müssen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer melden,

  1. wenn Vermögensgegenstände mit einer strafbaren Handlung, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte, in Zusammenhang stehen,
  2. wenn Geschäftsvorfälle im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen oder
  3. wenn der Vertragspartner (Mandant) seine Pflichten zur Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten nicht erfüllt.

Die Meldung muss laut § 43 Abs. 2 GwG nicht erfolgen, wenn sich der meldepflichtige Sachverhalt auf Informationen bezieht, die im Rahmen eines der Schweigepflicht unterliegenden Mandatsverhältnisses erlangt wurden. Zu beachten ist hierbei, dass regelmäßig bereits die Mandatsanbahnungsphase von dieser Schweigepflicht betroffen ist. Diese Regelung verliert jedoch ihre Wirkkraft, wenn der Berufsangehörige weiß, dass der Vertragspartner das Mandatsverhältnis für den Zweck der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung oder einer anderen Straftat genutzt hat oder nutzt.

Ist eine Meldung erforderlich, hat diese auf elektronischem Weg (§ 45 Abs. 1 GwG) an die durch § 27 ff. GwG geschaffene Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (auch Financial Intelligence Unit, FIU) zu erfolgen, die der Generalzolldirektion beigeordnet ist. Die Zentralstelle soll geldwäscherechtliche Meldungen analysieren und sie bei einem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung an die zuständigen Stellen weiterleiten.

Neben diesen zentralen Verpflichtungen verlangt das GwG von den Verpflichteten zudem ein wirksames Risikomanagement (§ 4 GwG). Dieses umfasst die Implementierung und Dokumentation einer nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit angemessenen Risikoanalyse (§ 5 GwG) sowie in Kanzleien mit mehr als 10 Berufsangehörigen die Ausarbeitung interner Sicherungsmaßnahmen (§ 6 GwG) wie etwa von internen Grundsätzen, Verfahren und Kontrollen. Weitere Hinweise zum Risikomanagement können den Anlagen 1 und 2 des GwG entnommen werden. Ergibt sich durch die Risikoanalyse ein erhöhtes Risikoprofil, hat der Steuerberater verstärkte Sorgfaltspflichten nach § 15 GwG etwa bei der Ermittlung der Herkunft der Vermögenswerte zu beachten.

Darüber hinaus muss auch ein internes Whistleblowing-System eingerichtet werden, welches es Mitarbeitern ermöglicht, Verstöße gegen geldwäscherechtliche Vorschriften vertraulich zu melden (§ 6 Abs. 5 GwG). Die Bestellung eines Geldwäschebeauftragten nebst Stellvertreter (§ 7 GwG) ist nach Maßgabe der zuständigen Aufsichtsbehörde (Steuerberaterkammern bzw. Wirtschaftsprüferkammer) für Kanzleien mit mehr als 30 Berufsangehörigen vorgeschrieben. Schließlich besteht die Pflicht zur Aufzeichnung und Aufbewahrung relevanter Daten, die zur Überprüfung der Identität benötigt werden (§ 8 GwG). Sie können digital gespeichert werden und sind 5 Jahre aufzubewahren.

Zu beachten sind zudem die Verschärfungen bei den gesetzlichen Grenzwerten. So wurde der Schwellenwert für Bargeldgeschäfte, ab dem Güterhändler die gesetzlichen Sorgfaltspflichten nach § 10 GwG zu erfüllen haben, von bisher 15.000 Euro auf nunmehr 10.000 Euro gesenkt.

Rechtsfolgen bei Verstößen

Mit dem neuen GwG hat Deutschland nunmehr die Regelungen aus der bereits im Jahr 2015 erlassenen Vierten EU-Geldwäsche-Richtlinie (Geldwäsche-Richtlinie) umgesetzt. Die Geldwäsche-Richtlinie zielt auf die Vereinheitlichung von Überwachungs- und Sanktionsmechanismen innerhalb der EU ab, mit der unter anderem das Einschleusen illegaler Einnahmen in den legalen Wirtschaftskreislauf erschwert werden soll. Dies ist besonders für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, aber auch des Terrorismus ein wichtiges Anliegen. Zuvor war Deutschland wiederholt von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für zu laxe Regelungen im Kampf gegen Geldwäsche kritisiert worden.

Wer nunmehr den Maßgaben des neuen GwG nicht nachkommt, handelt ordnungswidrig. Die Einhaltung der Vorschriften wird dabei nach § 51 Abs. 3 GwG unter anderem durch verdachtsunabhängige Kontrollen sichergestellt. Diese werden durch die regionalen Steuerberaterkammern als zuständige Aufsichtsbehörden erfolgen. Dem Vernehmen nach werden die Kammern allerdings noch einen gewissen zeitlichen Vorlauf benötigen, um die erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen und sicherzustellen.

Die Sanktionsvoraussetzungen nach § 20 Abs. 1 GwG sind erfüllt, wenn Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten nicht eingeholt oder nicht ordnungsgemäß aufbewahrt werden, nicht auf aktuellem Stand sind oder dem Transparenzregister nicht rechtzeitig mitgeteilt werden (§ 56 Abs. 1 Nr. 53 GwG). Dabei sind empfindliche Strafen vorgesehen, die sowohl Bußgelder als auch die Veröffentlichung der Bußgeldbescheide umfassen. Der allgemeine Bußgeldrahmen beträgt bis zu 100.000 Euro. In schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Fällen wurde der Bußgeldrahmen von bislang 100.000 Euro auf bis zu 1 Mio. Euro oder das Zweifache des gezogenen Vorteils erhöht. Nicht zu unterschätzen ist auch die schädigende Wirkung der Publikation von bestandskräftigen Maßnahmen und unanfechtbaren Bußgeldbescheiden. Diese Veröffentlichungen müssen laut § 57 Abs. 1 GwG unter Nennung des Verstoßes und der verantwortlichen natürlichen und juristischen Person auf den Internetseiten der Aufsichtsbehörden erfolgen. Daneben können bei Verstößen gegen das GwG zusätzlich auch weitere berufsrechtliche Sanktionen durch die Steuerberaterkammern in Betracht kommen. Umso wichtiger ist es, die geldwäscherechtlichen Vorgaben in der Praxis künftig sorgfältig zu beachten.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 05.10.2017

 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin