Den Ersatz des dem Kläger durch den Unfall entstandenen Schadens in Höhe von ca. 7.640 Euro hat das Landgericht dem Kläger in vollem Umfang zuerkannt. Der Beklagte habe den Unfall verschuldet, so das Landgericht, weil er den Fahrstreifenwechsel nicht rechtzeitig und deutlich angekündigt und auch nicht so ausgeführt habe, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen gewesen sei. Dass der Sohn des Klägers den Unfall durch das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit mitverursacht habe, rechtfertige aufgrund des groben Verschuldens des Beklagten keine Mithaftung des Klägers.
Mit ihrer gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegten Berufung haben die Beklagten geltend gemacht, das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit durch den Sohn des Klägers habe die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs so erhöht, dass eine Mithaftung des Klägers in Höhe 25 % gerechtfertigt sei.
Der Argumentation der Beklagten hat sich der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm nicht angeschlossen. Nach seinem Hinweisbeschluss vom 21.12.2017 hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 08.02.2018 zurückgewiesen.
Das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit begründe im vorliegenden Fall keine Mithaftung des Klägers, so der Senat. Dies folge aus der gebotenen Haftungsabwägung.
Den Beklagten treffe ein erhebliches Verschulden. Aus Unachtsamkeit und ohne den rückwärtigen Verkehr zu beobachten habe er sein Fahrzeug auf die linke Fahrspur herübergezogen.
Ein schuldhafter, den Unfall mitverursachender Verkehrsverstoß des Sohnes des Klägers sei demgegenüber nicht bewiesen. Bei der vor den beiden Fahrzeugen freien Autobahn habe er nicht mit einem plötzlichen Spurwechsel des Beklagten rechnen müssen. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung sei auf dem Streckenabschnitt der BAB nicht angeordnet, die nach den Angaben des Sohnes des Klägers gefahrene Geschwindigkeit von 150 km/h sei mit den Straßen- und Sichtverhältnissen vereinbar gewesen. Eine höhere Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeugs sei nicht feststellbar.
Die damit auf Seiten des Klägers zu berücksichtigende Betriebsgefahr seines Fahrzeugs falle aufgrund des erheblichen Verschuldens des Beklagten im Abwägungsverhältnis nicht mehr ins Gewicht. Aus der maßvollen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um 20 km/h habe sich keine Gefahrensituation für den vorausfahrenden Beklagten ergeben. Im Unfall habe sich die mit der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit für einen vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer häufig verbundene Gefahr, dass die Annäherungsgeschwindigkeit des rückwärtigen Verkehrs unterschätzt werde, nicht verwirklicht. Der Beklagte habe aus Unachtsamkeit und ohne den rückwärtigen Verkehr überhaupt zu beobachten einen ungewollten Fahrstreifenwechsel ausgeführt. In diesem Fall habe das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit für den Beklagten nicht gefahrerhöhend gewirkt. Davon habe auch der Sohn des Klägers ausgehen dürfen. Er habe aufgrund der freien Autobahn darauf vertrauen dürfen, dass der Beklagte den rechten Fahrstreifen nicht grundlos verlasse.
Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung vom 08.03.2018 zu den Beschlüssen 7 U 39/17 vom 21.12.2017 und 08.02.2018