Bei der steuerlichen Planung für kleine und mittlere Unternehmen ist der Investitionsabzugsbetrag ein wichtiges Werkzeug, um größere Investitionen steuerlich vorteilhaft zu gestalten. Allerdings ist dessen Inanspruchnahme an bestimmte Voraussetzungen gebunden, unter anderem an die Einhaltung der Gewinngrenze nach § 7g Abs. 1 S. 2 EStG. Doch wie genau ist dieser Gewinn zu ermitteln? Ein kürzliches Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 9. Mai 2023 bietet hierzu interessante Einblicke.
Kern des Urteils und seine Bedeutung
Das Finanzgericht Niedersachsen hat entschieden, dass die Gewinngrenze gemäß § 7g Abs. 1 S. 4 EStG nicht allein auf Basis des Steuerbilanzgewinns bestimmt werden kann. Vielmehr müssen auch außerbilanzielle Korrekturen sowie Hinzu- und Abrechnungen berücksichtigt werden. Diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen für die Praxis haben, denn sie erfordert eine detaillierte Betrachtung aller relevanten Gewinnkomponenten.
Verschiedene Sichtweisen in Fachkreisen
Die Finanzverwaltung vertritt die Ansicht, dass der Gewinn im Sinne des § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG der Betrag sei, der ohne Berücksichtigung von Abzügen und Hinzurechnungen gemäß § 7g Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 EStG der Besteuerung zugrunde zu legen sei. Hierbei sind laut BMF-Schreiben vom 15. Juni 2022 auch außerbilanzielle Korrekturen einzubeziehen.
Demgegenüber steht die Auffassung einiger Fachautoren, wie sie beispielsweise von Reddig in der DStR 2021 vertreten wird. Diese gehen davon aus, dass ausschließlich der steuerbilanzielle Gewinn zu berücksichtigen sei und außerbilanzielle Hinzurechnungen und Kürzungen unberücksichtigt bleiben sollten.
Auslegung des Finanzgerichts
Das Finanzgericht Niedersachsen unterstützt die umfassendere Sicht der Finanzverwaltung. Es betont, dass die grammatikalische und teleologische Auslegung des § 7g EStG nahelegt, dass eine breitere Berechnungsgrundlage für den Gewinn verwendet werden sollte. Dies ist bedeutsam für die Praxis, da eine restriktive Auslegung der Gewinngrenze die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags erheblich limitieren könnte.
Was bedeutet das für Unternehmen?
Unternehmen, die den Investitionsabzugsbetrag nutzen wollen, müssen ihre steuerlichen Gewinnermittlungen sorgfältig prüfen und sicherstellen, dass alle relevanten Hinzurechnungen und Kürzungen berücksichtigt werden. Dies gewährleistet, dass sie die Gewinngrenze korrekt anwenden und somit die steuerlichen Vorteile optimal nutzen können.
Die vorherrschende Rechtsunsicherheit und die unterschiedlichen Auslegungen zeigen, wie komplex die steuerliche Landschaft in Deutschland sein kann. Unternehmen wird daher empfohlen, sich eng mit ihrem Steuerberater abzustimmen oder rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzugehen, dass alle steuerlichen Vorgaben eingehalten werden.
Die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen X R 16/23 könnte zukünftig weitere Klarheit bringen. Bis dahin bleibt es spannend zu sehen, wie sich die Auslegung und Anwendung des § 7g EStG weiterentwickeln wird.