Bilanzierungspflicht nach HGB und Steuerrecht
Bilanzierungspflicht Grenzen, GmbH, Einzelunternehmen + Freiberufler
Inhaltsverzeichnis: Buchführungs- + Bilanzierungspflicht
- Gewinnermittlungsart Bilanzierung oder Einnahmenüberschussrechnung?
- Wer ist bilanzierungspflichtig?
- Grenzwerte für die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht
- Bilanzierungspflicht nach Steuerrecht
- Bilanz = Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich
- Wechsel von der Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanzierung
- Übergang von der Bilanzierung zur Einnahmenüberschussrechnung
- Aktuelles + weitere Infos
Gewinnermittlungsart Bilanzierung oder Einnahmenüberschussrechnung?

Unternehmen und Selbstständige haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, ihren Gewinn zu ermitteln:
Wer darf welche Methode nutzen und welche Vor- und Nachteile sind damit verbunden? Hier erfahren Sie im Video mehr ...
Doch wer ist zur Bilanzierung verpflichtet, und wer darf die einfachere EÜR nutzen? In diesem Beitrag klären wir die Unterschiede, die aktuellen Grenzwerte für 2025 sowie die wichtigsten steuerlichen Aspekte.
Prüfen Sie mit dem Rechner schnell & einfach die Grenzwerte nach HGB + Steuerrecht, ob Sie bilnazierungspflichtig sind:
Bilanzierungspflicht
Wer ist bilanzierungspflichtig?
Nach Handels- und Steuerrecht sind grundsätzlich Kaufleute zur Buchführung und Bilanzierung verpflichtet. Die Verpflichtung ergibt sich aus:
-
§ 1 HGB für Kaufleute
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§ 141 AO für steuerliche Buchführungspflicht
Freiberufler hingegen sind nicht bilanzierungspflichtig – unabhängig von ihrer Umsatz- und Gewinnhöhe. Sie können frei zwischen Bilanzierung und EÜR wählen.

Kaufleute i.S.d. § 1 HGB und andere Unternehmer sind nach Handels- und/oder Steuerrecht grundsätzlich buchführungs- und bilanzierungspflichtig. Kaufmann ist jeder, der einen Gewerbebetrieb betreibt, der einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Deshalb ist ein Handelsvertreter z.B.
– Kaufmann i.S.d. HGB, wenn er ein auswärtiges Büro mit Publikumsverkehr unterhält, in dem er und seine Mitarbeiter (Arbeitnehmer oder freie Mitarbeiter) tätig sind,
– kein Kaufmann, wenn er sein Büro in seinem häuslichen Arbeitszimmer betreibt, keine Mitarbeiterbeschäftigt und nur gelegentlich von einem Kunden besucht wird.
Freiberufler sind unabhängig von Umsatz- und Gewinnhöhe nicht verpflichtet, eine Bilanz zu erstellen. Freiberufler haben also immer die freie Wahl zwischen Einnahmenüberschussrechnung und Bilanzierung gem. § 4 Abs. 1 EStG.
Grenzwerte für die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht
Aktuelle Grenzwerte für die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht (Stand 2025)
Für Einzelunternehmen gibt es eine Bagatellgrenze gemäß § 241a HGB :
Ein Unternehmer ist nicht bilanzierungspflichtig, wenn er an zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren:
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einen Jahresüberschuss von nicht mehr als 80.000 € und
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einen Umsatz von nicht mehr als 800.000 €
erzielt hat.
Sobald eine dieser Grenzen überschritten wird, besteht die Pflicht zur Bilanzierung.
Beispiel:
Ein Unternehmer hat 2025 einen Umsatz von 698.000 € und 2026 von 815.000 €. Sein Gewinn lag 2024 bei 68.500 € und 2025 bei 82.300 €. Da er in 2025 die Gewinngrenze überschritten hat, muss er ab 2025 eine Bilanz erstellen.
Sobald einer der Grenzwerte oder beide Grenzwerte wieder überschritten werden, besteht handelsrechtlich sofort wieder Bilanzierungspflicht. Nach Überschreiten von mindestens einem Grenzwert ist demnach eine Handelsbilanz für das Folgejahr aufzustellen, nachdem einer der Grenzwerte oder beide überschritten wurden. Der Zeitpunkt, zu dem eine Handelsbilanz aufzustellen ist, wirkt sich auch steuerlich aus, weil die handelsrechtliche Bilanzierungspflicht gem. § 5 EStG den Unternehmer verpflichtet, auch für steuerliche Zwecke eine Bilanz zu erstellen.
Die steuerlichen Grenzwerte für die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sind inhaltsgleich in § 141 AO übernommen worden, so dass es für die Buchführungspflicht nach Handels- und Steuerrecht keine unterschiedlichen Grenzwerte gibt.
Steuerrecht: Anwendung der neuen Grenzwerte
Bei Unternehmern, die nicht nach HGB buchführungspflichtig sind, richtet sich die Bilanzierungspflicht allein nach den Regeln des Steuerrechts (§ 141 AO). Die neuen steuerlichen Grenzwerte sind erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12. 2015 beginnen.
Wechsel von der Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanzierung
Wechsel von der Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanz
Wer mit einer gewerblichen Tätigkeit beginnt, kann zunächst nur schätzen, wie hoch Umsatz und Gewinn sein werden. Betriebsgründer können – auch wenn sie Kaufleute i.S.d. HGB sind – die Einnahmenüberschussrechnung wählen, wenn sie nach ihrer Schätzung bzw. überschlägigen Berechnung keinen der Grenzwerte überschreiten.
Der Unternehmer kann in den Grenzen seines Wahlrechts zwischen Bilanzierung und Einnahmenüberschussrechnung wechseln. Bei einem freiwilligen Wechsel (also wenn keiner der Grenzwerte überschritten wird) ist der Unternehmer i.d.R. für drei Kalenderjahre an seine Wahl gebunden (BFH, Urt. v. 09.11.2000 – IV R 18/00). Ein beliebiges Hin und Her zwischen den Gewinnermittlungsarten ist unzulässig. Der Unternehmer muss jedoch zur Bilanzierung wechseln, wenn er einen der beiden Grenzwerte überschritten hat bzw. das Finanzamt ihn dazu auffordert.
Wechsel zur Bilanzierung setzt eine zeitnah erstellte Eröffnungsbilanz voraus
Wer berechtigt ist, seinen Gewinn mit einer Einnahmenüberschussrechnung zu ermitteln, hat jederzeit auch die Möglichkeit, freiwillig zur Bilanzierung zu wechseln. Es ist allerdings mehr als nur eine Willenserklärung notwendig. Nach dem BFH-Urteil vom 19.10.2005 (XI R 4/04) setzt der Wechsel von einer Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanzierung voraus, dass zeitnah für Gegenstände und halbfertige Arbeiten eine Bestandsaufnahme gemacht, eine Eröffnungsbilanz erstellt und eine ordnungsgemäße kaufmännische Buchführung eingerichtet wird. Es reicht somit nicht aus, (nachträglich) eine doppelte Buchführung zu erstellen.
Konsequenz ist, dass nur dann ein Wechsel zur Bilanzierung möglich ist, wenn zum Bilanzstichtag die für eine Eröffnungsbilanz erforderlichen Positionen zeitgerecht ermittelt worden sind. Umgekehrt kann das Finanzamt keinen freiwilligen Wechsel zur Bilanzierung unterstellen, wenn eine ordnungsgemäße kaufmännische Buchführung eingerichtet wurde, ohne dass eine Eröffnungsbilanz erstellt worden ist. Der Unternehmer darf also eine doppelte Buchführung erstellen und trotzdem seinen Gewinn mit einer Einnahmenüberschussrechnung ermitteln.
Die Einnahmenüberschussrechnung bleibt steuerlich auch dann zulässig, wenn sich nach Ablauf des Jahres herausstellt, dass entgegen der ursprünglichen Annahme einer der Grenzwerte überschritten wurde. Kaufleute sind allerdings dazu verpflichtet, beim Überschreiten einer der Grenzwerte sofort zur Bilanzierung zu wechseln. Diese Verpflichtung gilt dann über § 5 EStG automatisch auch für das Steuerrecht.
Die steuerliche Buchführungspflicht beginnt nicht automatisch, wenn einer der beiden Grenzwerte überschritten wird. Der Unternehmer darf warten, bis das Finanzamt ihn zur Bilanzierung auffordert. Die Bilanzierungspflicht beginnt dann frühestens mit Beginn des folgenden Jahres nach der Aufforderung. Das bedeutet, dass zunächst zum 01.01. des folgenden Jahres eine Eröffnungsbilanz erstellt werden muss.
Die Finanzverwaltung soll niemanden zur Buchführungspflicht und Bilanzierung auffordern, dessen Umsätze/Gewinne in den Jahren bis 2015 zwar den bisherigen Schwellenwert, nicht aber den neuen Schwellenwert übersteigen (§ 19 Abs. 3, 4, 8 und 9 EG-AO).
Wichtig!
Fordert das Finanzamt jetzt einen Unternehmer auf, von der Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanzierung zu wechseln, dann sollte er dagegen Einspruch einlegen, wenn sein Umsatz 600.000 € und sein Gewinn 60.000 € nicht übersteigen. Der Unternehmer kann dann bei der Einnahmenüberschussrechnung bleiben. Sollte sich das Finanzamt weigern, kann sich der Unternehmer auf § 19 Abs. 3, 4, 8 und 9 EG-AO i.d.F. des Bürokratie-Entlastungsgesetzes berufen. Es macht schließlich keinen Sinn, wenn der Unternehmer nach dem Übergang zur Bilanzierung gleich wieder zur Einnahmenüberschussrechnung wechseln könnte.
Tipp:
Überschreitet der Unternehmer, der kein Kaufmann i.S.d. HGB ist, einen der steuerlichen Grenzwerte, darf er mit dem Wechsel zur Bilanzierung so lange warten, bis ihn das Finanzamt zur Bilanzierung auffordert.
Wichtige steuerliche Aspekte zur Bilanzierungspflicht
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Das Finanzamt kann eine Buchführungspflicht anordnen , wenn der Unternehmer die Grenzwerte überschreitet.
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Die Bilanzierungspflicht beginnt erst nach einer offiziellen Aufforderung durch das Finanzamt .
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Falls ein Unternehmen aufgelöst wird, ist eine Schlussbilanz erforderlich , um den steuerlichen Veräußerungsgewinn zu berechnen.
Tipp:
Falls das Finanzamt eine Bilanzierungspflicht anordnet, obwohl die neuen Grenzwerte nicht überschritten wurden, sollten Sie Einspruch einlegen und sich auf das Bürokratie-Entlastungsgesetz 2025 berufen.
Benötigen Sie eine Beratung zur optimalen Gewinnermittlungsart? Kontaktieren Sie uns gerne für eine Erstberatung!
Übergang von der Bilanzierung zur Einnahmenüberschussrechnung
Unterschiede bei der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben
Bei der doppelten Buchführung, die Grundlage für eine Bilanz ist, wird der Gewinn nach der wirtschaftlichen Zugehörigkeit ermittelt, während bei der Einnahmenüberschussrechnung regelmäßig maßgebend ist, wann die Einnahmen zufließen bzw. die Ausgaben abfließen. Einnahmen und Ausgaben werden also (zumindest teilweise) zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfasst. Das ist auch der Grund, warum bei einem Wechsel von der Einnahmenüberschussrechnung zur Bilanzierung und umgekehrt Gewinnkorrekturen erforderlich sind.
Tipp: Siehe auch Ermittlung des Übergangsgewinns (Zu- und Abschläge als Korrekturposten bei Wechsel der Gewinnermittlung)
Fazit: Bilanz oder EÜR?
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Freiberufler haben immer die Wahl.
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Kaufleute und Gewerbetreibende unterliegen der Bilanzierungspflicht, wenn sie die Umsatz- oder Gewinngrenze überschreiten.
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Kleine Einzelunternehmen profitieren von der Erleichterung nach § 241a HGB und können die EÜR nutzen.
Siehe auch E-Bilanz ...
Noch mehr hilfreiche Steuerrechner
Rechtsgrundlagen zum Thema: Buchführungspflicht
EStGEStG § 13a Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen
EStR
EStR R 4.1 Betriebsvermögensvergleich
EStR R 13a.1 Anwendung der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen
AO
AO § 141 Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger
AO § 144 Aufzeichnung des Warenausgangs
AO § 141 Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger
AO § 144 Aufzeichnung des Warenausgangs
UStAE
UStAE 15a.7. Berichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG
UStAE 20.1. Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten
UStAE 23.4. Verfahren
UStAE 15a.7. Berichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG
UStAE 20.1. Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten
UStAE 23.4. Verfahren
UStR
UStR 217c. Berichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG
UStR 263. Verfahren
KStR 8.2 8.5
AEAO
AEAO Zu § 64 Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe:
AEAO Zu § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts:
AEAO Zu § 140 Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach anderen Gesetzen:
AEAO Zu § 141 Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger:
AEAO Zu § 143 Aufzeichnung des Wareneingangs:
Zu § 144 Aufzeichnung des Warenausgangs:
AEAO Zu § 146 Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen:
AEAO Zu § 173 Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel:
HGB
§ 238 HGB Buchführungspflicht
EStH 4.1 4.5.1 5.1 13a.1 18.2
KStH 8.2
StBerG
§ 21 StBerG Aufzeichnungspflicht
§ 33 StBerG Inhalt der Tätigkeit