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Reform des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens

Entlastung für den Mittelstand

Zum vom Kabinett am 17. April 2013 beschlossenen Gesetzentwurf zur Umsetzung der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 29. November 2012 zur Reform des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens erklärt die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Unternehmen dürfen künftig mit mehr Rechtsschutz und abgestuften Ordnungsgeldern bei Verstößen gegen das Bilanzrecht kalkulieren. Mit dem Gesetz zur Reform des Ordnungsgeldverfahrens sollen die Mindestordnungsgelder von 2.500 Euro auf 500 Euro für kleinste Unternehmen und auf 1.000 Euro für kleine Unternehmen gesenkt werden. Außerdem stärken wir die Mittel, damit sich Unternehmen gegen Fristverstöße zur Wehr setzen können. Mehr Flexibilität im Ordnugsgeldverfahren entlastet die Wirtschaft, ohne die inzwischen hohe Offenlegungsbereitschaft der Unternehmen von 90 Prozent zu gefährden. Das heute vom Kabinett beschlossene Gesetz stärkt durch Entlastung nach dem Micro-Bilanzgesetz zum Bürokratieabbau den Standort Deutschland.

Das Bilanzrecht ist Ausdruck von Transparenz und Verlässlichkeit im Wirtschaftsverkehr und deswegen ein unverzichtbares Element der Wirtschaftsordnung. Für Unternehmen mit geringen Betriebsgrößen ist der bürokratische Aufwand ungleich schwerer als für mittlere und große Unternehmen zu erbringen, die auf Bilanzspezialisten im Unternehmen zurückgreifen können. Künftig bewirkt die Reform des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens Erleichterungen gerade für kleinere Unternehmen, wenn diese die Fristen unverschuldet oder nur geringfügig überschreiten. Außerdem wird eine zweite gerichtliche Instanz eingeführt, so dass grundsätzliche Rechtsfragen einheitlich geklärt werden können. Es wird ein Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingeführt, wenn ein Unternehmen die Sechswochenfrist zur Nachholung der Offenlegung unverschuldet nicht einhalten konnte. Zur Nachholung der Offenlegung erhalten die Unternehmen dann noch einmal sechs Wochen Zeit. Damit können Ausnahmesituationen wie etwa eine lange schwere Erkrankung des Alleingeschäftsführers oder die Vorenthaltung aller Buchführungsunterlagen durch entlassene Alleingeschäftsführer besser als bisher bewältigt werden.

Hintergrund:

Am 17. April 2013 hat das Kabinett den vom Bundesministerium der Justiz vorbereiteten Gesetzentwurf zur Umsetzung der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 29. November 2012 zur Reform des handelsrechtlichen Ordnungsgeldverfahrens beschlossen.

Der Entwurf sieht im Anschluss an frühere Entlastungen für Kleinstkapitalgesellschaften (MicroBilG – s. Pressemitteilung) nunmehr auch Änderungen im Verfahren vor, wenn kleinste und kleine Kapitalgesellschaften zwar ihren handelsrechtlichen Publizitätspflichten nachkommen wollen, aber Fristen versäumen.

Das Bundesamt für Justiz leitet Ordnungsgeldverfahren gegen alle Kapitalgesellschaften ein, die ihre Jahresabschlussunterlagen nicht rechtzeitig offenlegen. Es bleibt auch künftig dabei, dass die Unternehmen nach Androhung eines Ordnungsgeldes noch einmal sechs Wochen Zeit erhalten, um ihre gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, bevor das Ordnungsgeld festgesetzt wird. Reagiert ein Unternehmen nicht, setzt das Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeld fest, das mindestens 2.500 Euro beträgt.

Nunmehr wird das Mindestordnungsgeld von 2.500 Euro für Kleinstkapitalgesellschaften bzw. kleine Kapitalgesellschaften auf 500 bzw. 1.000 Euro gesenkt, wenn das Unternehmen verspätet auf die Ordnungsgeldandrohung des Bundesamtes reagiert und die Offenlegung, wenn auch verspätet, nachgeholt hat, bevor das Bundesamt weitere Schritte einleitet.

Gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch das Bundesamt kann das Unternehmen Beschwerde beim Landgericht Bonn einlegen. Bislang entscheidet dieses Gericht als einzige Instanz. Nach der Neuregelung gibt es künftig eine Rechtsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts Bonn in Ordnungsgeldsachen. Damit wird sichergestellt, dass grundsätzliche Rechtsfragen einheitlich entschieden werden und die Rechtssicherheit für die Beteiligten erhöht wird.

Der Entwurf knüpft an die mit dem Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz vom 20. Dezember 2012 (MicroBilG) geschaffenen Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften an. Für kleine und sehr kleine Unternehmen werden die schon vorhandenen und neuen Erleichterungen beim Umfang der Publizitätspflichten zum Anlass genommen, auch im Ordnungsgeldverfahren Erleichterungen einzuführen. Der Entwurf setzt die Forderungen des Deutschen Bundestages um und mildert Härten des Verfahrens. Er stellt zugleich sicher, dass Deutschland auch künftig seinen europäischen Verpflichtungen vollumfänglich nachkommt, Verstöße von Kapitalgesellschaften gegen ihre Publizitätspflichten wirksam durchzusetzen. Die seit mehreren Jahren erreichte hohe Offenlegungsquote von über 90% der Kapitalgesellschaften kann damit auch künftig sichergestellt werden.

BMJ, Pressemitteilung v. 17.4.2013

Steuerfahndung | Rheinland-Pfalz kauft Steuer-CD

Land kauft Steuer-CD – Kühl „konsequent gegen Steuerbetrug“

Finanzminister Carsten Kühl hat heute Meldungen bestätigt, wonach das Land Rheinland-Pfalz eine sogenannte „Steuerdaten-CD“ angekauft hat. Bisher hatte das Finanzministerium entsprechende Meldungen weder bestätigt noch dementiert, aus ermittlungstechnischen Gründen, wie Kühl heute mitteilte.

Nach Angaben aus dem Finanzministerium handelt es sich um ca. 40.000 Datensätze, die nach intensiven Vorermittlungen zum Preis von vier Millionen Euro von den rheinland-pfälzischen Behörden erworben wurden. „Sie sind authentisch und von einer ausgezeichneten Qualität“, sagte der Minister. „Wir erwarten aus den vorliegenden Informationen ein steuerliches Aufkommen in Höhe von rund 500 Millionen Euro bundesweit. Diese Summe ist auch ein Beleg für die hohe kriminelle Energie, mit der hier Kapitalerträge hinterzogen wurden“ betonte Kühl.

„Steuergerechtigkeit ist in einem modernen Rechts- und Sozialstaat unverzichtbar. Deswegen müssen wir konsequent gegen Steuerbetrug vorgehen. Bei ihren Ermittlungen müssen die Behörden jeden Weg gehen, der nach sorgfältiger Abwägung rechtsstaatlich gangbar ist. Dazu gehört auch der Ankauf von Steuer-CDs. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt.“ Kühl bestätigte, dass seit dem 16. April zahlreiche Durchsuchungen bundesweit stattfinden, die durch eine von Rheinland-Pfalz angekaufte Steuer-CD angestoßen wurden.

Quelle: FinMin Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung v. 16.4.2013

 

Ankauf „Steuer-CD“ – Ministerium widerspricht Bund der Steuerzahler

Ein Sprecher des Finanzministeriums ist einer Erklärung des Bundes der Steuerzahler Rheinland-Pfalz entgegengetreten, der den Ankauf einer „Steuer-CD“ kritisierte.

„Zwei Dinge sollten wir gelernt haben. Die Daten der angekauften ‚Steuer-CD‘ zeigen erneut, dass die Abgeltungssätze, die in der Debatte um ein Steuerabkommen mit der Schweiz für die Besteuerung der Vorgänge aus der Vergangenheit vorgesehen waren, viel zu gering angesetzt waren.

Außerdem haben gerade die Diskussionen in den letzten Wochen deutlich gemacht, dass sich Österreich, Luxemburg und die Schweiz darauf einstellen, den automatischen Informationsaustausch nun doch zuzulassen. Genau das war die zentrale Forderung der  rot-grün regierten Länder, und genau dies hätte das von der Bundesregierung verhandelte Abkommen verhindert.“

Durchschnittssatzgewinnermittlung nach § 13a EStG nicht für reinen Weinbaubetrieb

Für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft darf der Gewinn nur dann nach Durchschnittssätzen ermittelt werden, wenn zu ihm selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzflächen gehören. Für Betriebe, deren Tätigkeit sich auf eine Sondernutzung (hier: Weinbau) beschränkt, ist der Gewinn nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln.

BFH-Urteil vom 13.12.2012, IV R 51/10 (veröffentlicht am 17.4.2013)

EStG § 4 Abs. 3, § 13a

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 20.11.2009, 5 K 1593/08 (EFG 2011 S. 791 = SIS 11 04 05)

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) unterhielt im Streitjahr 2005 einen Weinbaubetrieb im Nebenerwerb. Die Eigentumsflächen seines Betriebs bestanden ausschließlich aus 4,55 a Hof- und Gebäudefläche. Die Weinbauflächen von 46,14 a hatte der Kläger zugepachtet.

Im April 2006 gab der Kläger eine „Vereinfachte Einkommensteuererklärung für Arbeitnehmer“ auf dem amtlichen Vordruck ESt 1 V für das Jahr 2005 bei dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt – FA -) ab. Gegen den erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid legte der Kläger rechtzeitig Einspruch ein und machte geltend, es seien noch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu berücksichtigen. Mit Schreiben vom 24.8.2006 legte der Kläger zur Begründung des Einspruchs eine Anlage L zur Einkommensteuererklärung vor, der Einnahmen-Überschussrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2004/2005 „Anteil 2005 (Beginn 01.01.05)“ und 2005/2006 beigefügt waren. In beiden Jahren waren danach keine Betriebseinnahmen entstanden. Die Betriebsausgaben und zugleich Verluste betrugen 2.401,91 € (2004/2005) bzw. 6.410,89 € (2005/2006). Mit Ausnahme der Angaben zum Wirtschaftsjahr in Zeile 1 und der Verluste in Zeilen 2 und 3 des Vordrucks enthielt die Anlage L keine weiteren Eintragungen. Einer weiteren Anlage waren Herstellungskosten einer seit Anfang 2005 errichteten Halle zu entnehmen.

Das FA erbat daraufhin die Vorlage von Pachtverträgen und der EU-Weinbaukartei sowie die Abgabe einer vollständig ausgefüllten Anlage L. Wegen fehlender Flächenangaben sei nicht ersichtlich, ob es sich um einen Antrag nach § 13a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) handele. Unter dem 17.11.2006 antwortete der Kläger und legte eine Anlage L mit Angaben zu den Betriebsflächen vor. Das FA errechnete einen Ausgangswert für eine Sondernutzung i.S. des § 13a EStG von 1.337 DM und kam zu dem Ergebnis, der Gewinn sei nach § 13a EStG zu ermitteln, weil kein wirksamer Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG gestellt worden sei.

Der Kläger vertrat die Ansicht, mit Abgabe der Anlage L einschließlich beigefügter Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sei der Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG fristgemäß gestellt worden, weil zuvor wegen der fehlenden Anlage L noch keine Steuererklärung abgegeben worden sei. Das FA folgte dem nicht und erließ eine Einspruchsentscheidung, aus deren Anlage sich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft von 547 € ergeben, die infolge des Freibetrags nach § 13 Abs. 3 EStG nicht zu einer Erhöhung des Gesamtbetrags der Einkünfte führen.

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, für das der Veranlagung auch zugrunde liegende Wirtschaftsjahr 2005/2006 sei der Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG rechtzeitig gestellt worden. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 791 abgedruckt.

Mit der Revision rügt das FA eine Verletzung des § 13a Abs. 2 Satz 3 EStG. Der Kläger habe bereits im April 2006 eine wirksame Steuererklärung abgegeben und deshalb später einen Antrag nach § 13a Abs. 2 Satz 1 EStG nicht mehr wirksam stellen können.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend nach § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

II. Die Revision ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Wirtschaftsjahrs 2005/2006 auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.

1. Die Voraussetzungen für eine Durchschnittssatzgewinnermittlung nach § 13a EStG sind nicht erfüllt.

a) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Gewinn für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen zu ermitteln, „wenn

  1. der Steuerpflichtige nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und
  2. die selbst bewirtschaftete Fläche der landwirtschaftlichen Nutzung … ohne Sonderkulturen … nicht 20 Hektar überschreitet und
  3. die Tierbestände insgesamt 50 Vieheinheiten … nicht übersteigen und
  4. der Wert der selbst bewirtschafteten Sondernutzungen nach Absatz 5 nicht mehr als 2 000 Deutsche Mark je Sondernutzung beträgt“.

Durchschnittssatzgewinn ist nach Abs. 3 der Vorschrift „die Summe aus

  1. dem Grundbetrag (Absatz 4),
  2. den Zuschlägen für Sondernutzungen (Absatz 5),
  3. den nach Absatz 6 gesondert zu ermittelnden Gewinnen,…“.

Die Höhe des Grundbetrags richtet sich bei der landwirtschaftlichen Nutzung ohne Sonderkulturen nach dem Hektarwert der selbst bewirtschafteten Fläche (Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift). Bei Sondernutzungen, deren Werte jeweils 500 DM übersteigen, ist für jede Sondernutzung ein Zuschlag von 512 € zu machen (§ 13a Abs. 5 Satz 3 EStG).

b) Der erkennende Senat hat daraus geschlossen, dass für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft der Gewinn nur dann nach Durchschnittssätzen ermittelt werden darf, wenn zu ihm selbst bewirtschaftete landwirtschaftliche Nutzflächen gehören (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 14.4.2011 IV R 1/09, BFH/NV 2011, 1336, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 14.4.2011 IV B 57/10, BFH/NV 2011, 1331). Die Durchschnittssatzgewinnermittlung ist damit solchen Kleinbetrieben nicht gestattet, deren Tätigkeit sich auf eine Sondernutzung beschränkt. Für diese Betriebe gelten die allgemeinen Grundsätze, so dass der Gewinn mangels Buchführungspflicht gemäß § 141 der Abgabenordnung nach dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben zu ermitteln ist (§ 4 Abs. 3 EStG), sofern der Steuerpflichtige nicht den Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG ausdrücklich wählt. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen bestehen nicht, auch wenn der allein aus einer Sondernutzung folgende Gewinn nach § 13a Abs. 5 Satz 3 EStG mit einem pauschalen Zuschlag von 512 € abgegolten wäre (BFH-Urteil in BFH/NV 2011, 1331).

c) Nach den Feststellungen des FG bewirtschaftete der Kläger keine landwirtschaftlichen Nutzflächen, sondern ausschließlich Weinbauflächen. Weinbau gilt gemäß § 13a Abs. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c des Bewertungsgesetzes als Sondernutzung i.S. des § 13a EStG. Die Einkünfte aus dem Betrieb des Klägers waren danach nicht nach Durchschnittssätzen zu ermitteln.

2. Da der Kläger nicht zur Führung von Büchern verpflichtet war und auch freiwillig keine Bücher geführt und Abschlüsse aufgestellt hat, sind die Einkünfte im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung zu ermitteln. Nach dieser Methode hat der Kläger den Gewinn des Wirtschaftsjahrs 2005/2006 auch tatsächlich ermittelt. Die Höhe dieses Gewinns beträgt unstreitig und vom FG festgestellt ./. 6.411 €, wovon die Hälfte auf das Streitjahr entfällt. Der Gewinn des Wirtschaftsjahrs 2004/2005 ist vom FG nicht festgestellt worden, weil es seiner Berechnung – von seinem Standpunkt aus zutreffend – den Gewinn nach Durchschnittssätzen von 512 € zugrunde gelegt hat. Im Revisionsverfahren ist nicht zu prüfen, ob der im Wege einer Einnahmen-Überschussrechnung zu ermittelnde Gewinn entsprechend den Angaben in der Steuererklärung niedriger als 512 € war, denn der Kläger hat das Urteil des FG nicht angefochten. Damit sind mindestens Einkünfte in Höhe des vom FG ermittelten Betrags anzusetzen.

3. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Einkommensteuer ist höchstens nach dem vom FG zugrunde gelegten zu versteuernden Einkommen zu bemessen, so dass die Revision des FA zurückzuweisen ist. Auf die bislang allein streitige Frage, ob der Antrag auf Nichtanwendung der Durchschnittssatzgewinnermittlung rechtzeitig gestellt worden ist, kommt es danach nicht an. Der Senat entscheidet deshalb ungeachtet des beiderseitigen Verzichts auf mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 90a Abs. 1 FGO.

Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis

Umsatzsteuer; Vereinnahmung des Entgelts in der vorläufigen Insolvenzverwaltung von bereits vor oder während der vorläufigen Insolvenzverwaltung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG berichtigten Umsätzen

Das BMF-Schreiben vom 12. April 2013 ändert Abschnitt 17.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses:

“Ungeachtet der besonderen Berichtigungspflichten im Insolvenzverfahren wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (vgl. Abschnitt 17.1 Abs. 11 bis 13 UStAE) finden die grundsätzlichen Regelungen des § 17 UStG weiterhin Anwendung. Wie die sich hieraus ergebende Steuerverbindlichkeit im Insolvenzverfahren zu qualifizieren ist, richtet sich nach den Grundsätzen der Insolvenzordnung – InsO – und den hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen. […]“

Umsatzsteuer; Vereinnahmung des Entgelts in der vorläufigen Insolvenzverwaltung von bereits vor oder während der vorläufigen Insolvenzverwaltung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG berichtigten Umsätzen (PDF, 43,2 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

Vereinnahmung des Entgelts von bereits vor oder während der vorläufigen Insolvenzverwaltung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG berichtigten Umsätzen

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 2 – S-7330 / 09 / 10001:001 vom 12.04.2013

Ungeachtet der besonderen Berichtigungspflichten im Insolvenzverfahren wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (vgl. Abschnitt 17.1 Abs. 11 bis 13 UStAE) finden die grundsätzlichen Regelungen des § 17 UStG weiterhin Anwendung. Wie die sich hieraus ergebende Steuerverbindlichkeit im Insolvenzverfahren zu qualifizieren ist, richtet sich nach den Grundsätzen der Insolvenzordnung – InsO – und den hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen.

Nach § 55 Abs. 4 InsO gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten. Es handelt sich insoweit um Verbindlichkeiten, die während der vorläufigen Insolvenzverwaltung begründet wurden. Die neue Regelung ist auf alle Insolvenzverfahren anzuwenden, deren Eröffnung ab dem 1. Januar 2011 beantragt wurde. § 55 Abs. 4 InsO findet ausschließlich auf den sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter Anwendung (vgl. auch Rz. 2 des BMF-Schreibens vom 17. Januar 2012 – IV A 3 – S-0550 / 10 / 10020-05 (2012/0042691), BStBl I S. 120).

Werden im vorläufigen Insolvenzverfahren Entgelte aus Umsätzen durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter oder durch den Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters vereinnahmt, die vor der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch den (späteren) Insolvenzschuldner nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG berichtigt wurden, sind die hierauf entfallenden Steuerbeträge (erneut) zu berichtigen. Diese auf Grund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO. Denn der sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebene Steueranspruch ist erst mit der Vereinnahmung vollständig verwirklicht, mithin im vorläufigen Insolvenzverfahren.

Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO liegen auch dann vor, wenn die Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG während der vorläufigen Insolvenzverwaltung erfolgt und das Entgelt durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter oder durch den Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters vereinnahmt wird.

Von diesen Berichtigungen nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG wegen Uneinbringlichkeit aus sonstigen Gründen (z. B. Zahlungsunfähigkeit des Entgeltschuldners, vgl. auch Abschnitt 17.1 Abs. 16 neu) während der vorläufigen Insolvenzverwaltung sind die Berichtigungen auf Grund der Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (d. h. Insolvenz des Unternehmers) abzugrenzen. Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen tritt (erst) mit Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens (vgl. Abschnitt 17.1 Abs. 11 UStAE) bzw. mit Bestellung des starken vorläufigen Insolvenzverwalters (Abschnitt 17.1 Abs. 12 UStAE) ein.

Die vorstehenden Grundsätze gelten sinngemäß auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 22 Abs. 1 InsO übergegangen ist (sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter). Die sich aus der Berichtigungspflicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebende Umsatzsteuer begründet jedoch eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 InsO (vgl. auch Rz. 5 des BMF-Schreibens vom 17. Januar 2012, a. a. O.). Diese Vorschrift findet – im Gegensatz zu § 55 Abs. 4 InsO – bereits mit Inkrafttreten der InsO zum 1. Januar 1999 Anwendung.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschnitt 17.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 9. April 2013 – IV D 3 – S-7346 / 12 / 10001 (2013/0323753) geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Absatz 13 Sätze 3 und 4 werden wie folgt gefasst:

3Für Steuerbeträge aus Umsätzen, die nach der Bestellung des sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters erbracht worden sind, kommt keine Berichtigung des Umsatzsteuerbetrags nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 UStG in Betracht. 4Diese Steuerbeträge gelten mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO.“

2. Folgender Absatz 14 wird eingefügt:

„(14) 1Ungeachtet der Berichtigungspflichten im Insolvenzverfahren wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (vgl. Absätze 11 bis 13) findet § 17 UStG weiterhin Anwendung, wenn der Steuerbetrag bereits vor der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts aus tatsächlichen Gründen (z. B. wegen Zahlungsunfähigkeit des Entgeltschuldners, vgl. auch Absatz 16) nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigt wurde und der vorläufige Insolvenzverwalter oder der Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters das Entgelt im vorläufigen Insolvenzverfahren vereinnahmt. 2Dann ist der hierauf entfallende Steuerbetrag (erneut) nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen. 3Diese auf Grund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet bei Bestellung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO. 4Wird hingegen vom Insolvenzgericht ein sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 InsO eingesetzt, liegen insoweit sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 InsO vor. 5Denn der sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebende Steueranspruch ist erst mit der Vereinnahmung vollständig verwirklicht, mithin im vorläufigen Insolvenzverfahren. 6Das gilt auch, wenn die Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG während der vorläufigen Insolvenzverwaltung erfolgt und das Entgelt durch den vorläufigen Insolvenzverwalter oder durch den Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters vereinnahmt wird. 7Dieser Steueranspruch ist ebenfalls als sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO oder bei Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 55 Abs. 2 InsO zu qualifizieren.

Beispiel:
1U hat offene Forderungen aus umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen in Höhe von 119.000 Euro gegenüber dem Leistungsempfänger S. 2U hat diese Umsätze in den entsprechenden Voranmeldungszeiträumen angemeldet. 3Über das Vermögen des S wird am 15.07.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet. 4Auf Grund eines zulässigen Insolvenzeröffnungsantrages über das Vermögen des U wird vom Insolvenzgericht mit Wirkung zum 15.08.2000 ein sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. 5U vereinnahmt mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters am 15.09.2000 noch Forderungen gegenüber S (bzw. dem Insolvenzverwalter des S) in Höhe von 59.500 Euro.

6U hat die in den offenen Forderungen enthaltene Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 UStG in Höhe von 19.000 Euro unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe spätestens im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des S zu berichtigen (vgl. Absatz 16 Sätze 1 und 2). 7Die Berichtigung ist für den Voranmeldungszeitraum Juli 2000 durchzuführen. 8Nach Vereinnahmung eines Teils der Forderungen im vorläufigen Insolvenzverfahren ist eine erneute Berichtigung der Steuerbeträge nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG durchzuführen. 9Die Berichtigung ist für den Voranmeldungszeitraum September 2000 vorzunehmen. 10Die hieraus resultierende Umsatzsteuer in Höhe von 9.500 Euro stellt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO dar, da es sich insoweit um Verbindlichkeiten des U aus dem Steuerschuldverhältnis handelt, die von einem schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind.“

3. Die bisherigen Absätze 14 und 15 werden die neuen Absätze 15 und 16.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Quelle: BMF

Anträge auf Aufhebung der Vollziehung

Die besondere Zugangsvoraussetzung in § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO gilt auch für Anträge auf Aufhebung der Vollziehung
Beschluss vom 12.3.2013, XI B 14/13

Die Regelung in § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO, wonach ein beim FG gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung grundsätzlich nur zulässig ist, wenn die Finanzbehörde zuvor einen bei ihr gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder teilweise abgelehnt hat, gilt auch für Anträge auf Aufhebung der Vollziehung.

 

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 12.3.2013, XI B 14/13

Die besondere Zugangsvoraussetzung in § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO gilt auch für Anträge auf Aufhebung der Vollziehung

Leitsätze

Die Regelung in § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO, wonach ein beim FG gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung grundsätzlich nur zulässig ist, wenn die Finanzbehörde zuvor einen bei ihr gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder teilweise abgelehnt hat, gilt auch für Anträge auf Aufhebung der Vollziehung.

Tatbestand

1
I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) führt beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht (FG) ein Klageverfahren, das die Aufhebung eines geänderten Umsatzsteuerbescheides für das Streitjahr 2000 vom 23. Oktober 2008 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung des Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt –FA–) zum Gegenstand hat. Der Antragsteller hat die aus der angefochtenen Änderung resultierende Umsatzsteuernachforderung entrichtet.
2
Am Tag der Klageerhebung beantragte der Antragsteller beim FG die Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides für 2000 ohne Sicherheitsleistung. Das FG verwarf den Antrag mit Beschluss vom 20. November 2012  4 V 184/11 als unzulässig mit der Begründung, dass die besondere Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht erfüllt sei. Denn im Zeitpunkt der Antragstellung beim FG habe das FA einen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides weder ganz noch teilweise zuvor abgelehnt. Auch die in § 69 Abs. 4 Satz 2 FGO vorgesehene Ausnahmeregelung greife nicht ein.
3
Das FG hat nach § 128 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Beschwerde gegen seinen Beschluss zugelassen unter Hinweis darauf, dass § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO insofern eine Gesetzeslücke enthalte, als die darin geregelte besondere Zugangsvoraussetzung nach dem Gesetzeswortlaut nur für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, nicht hingegen für den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung gelte. Die Frage der entsprechenden Anwendung dieser besonderen Zugangsvoraussetzung auf das Instrument der Aufhebung der Vollziehung scheine höchstrichterlich noch ungeklärt zu sein. Das FG half der Beschwerde des Antragstellers nicht ab (Beschluss vom 23. Januar 2013  4 V 184/11).
4
Zur Begründung der Beschwerde trägt der Antragsteller vor, das FG habe den Antrag auf Aufhebung der Vollziehung zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen. Denn das FG nehme in unzutreffender Weise an, dass besondere Zugangsvoraussetzungen für seine unmittelbare Anrufung bestünden. Die Einschränkung des § 69 Abs. 4 FGO sei nach Wortlaut, Systematik und Zweck allein auf das Aussetzungsverfahren, nicht auf das Aufhebungsverfahren zugeschnitten. Auch für verfahrensrechtliche Prinzipien gelte das Prinzip der Tatbestandsmäßigkeit und Vorhersehbarkeit: Belastende Eingriffe in die Rechtsstellung der Steuerbürger seien nur dort gerechtfertigt, wo sie sich mit der gebotenen Eindeutigkeit dem Gesetz entnehmen ließen.
5
Das FA hat sich nicht am Beschwerdeverfahren beteiligt.

Entscheidungsgründe

6
II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
7
1. Die Beschwerde ist zulässig.
8
Insbesondere ist sie fristgerecht innerhalb der insoweit geltenden Zweiwochenfrist des § 129 Abs. 1 FGO eingelegt worden. Dem Antragsteller wurde der Beschluss des FG am 27. November 2012 zugestellt. Er hat die Beschwerde am 6. Dezember 2012 –und damit rechtzeitig– beim Bundesfinanzhof (BFH) erhoben, was nach § 129 Abs. 2 FGO gleichfalls zulässig ist.
9
2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers ein beim FG gestellter Antrag auf Aufhebung der Vollziehung grundsätzlich nur zulässig ist, wenn das FA zuvor einen bei ihm gestellten Antrag auf Aufhebung der Vollziehung abgelehnt hat (vgl. § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO).
10
a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wobei der Antrag schon vor Erhebung der Klage gestellt werden kann (§ 69 Abs. 3 Satz 2 FGO). Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht nach § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Der Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO ist gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Dies gilt nicht, wenn die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat (§ 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 FGO) oder eine Vollstreckung droht (§ 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FGO).
11
b) Der Wortlaut der Bestimmung des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO verbietet entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht die Anwendung dieser Regelung auch auf Anträge zur Aufhebung der Vollziehung.
12
Denn durch die Bezugnahme in § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO auf § 69 Abs. 3 FGO –und somit auch auf den in § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO genannten Antrag auf Aufhebung der Vollziehung– wird dem Rechtsanwender hinreichend deutlich, dass gesetzestechnisch mit dem lediglich so bezeichneten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO auch der Antrag auf Aufhebung der Vollziehung umfasst sein soll.
13
Diese gesetzessystematische Auslegung entspricht auch der Auslegung der Vorschrift nach deren Sinn und Zweck. § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO hat das Ziel, die Gerichte dadurch zu entlasten, dass die Finanzbehörde mit den für die Gewährung bzw. Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung wesentlichen Gründen befasst worden ist und eine Aussetzung der Vollziehung ganz oder teilweise abgelehnt hat (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 13. Dezember 1999 III B 15/99, BFH/NV 2000, 827, unter II.1., sowie Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 70, m.w.N.). Dieser Entlastungszweck gilt nicht nur für Anträge auf Aussetzung der Vollziehung, sondern auch für Anträge auf Aufhebung der Vollziehung. Daher erfasst die besondere Zugangsvoraussetzung nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO nach ständiger Rechtsprechung gleichermaßen auch Anträge auf Aufhebung der Vollziehung (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Dezember 2003 I B 182/02, BFH/NV 2004, 815, unter II.1.; vom 14. März 2001 VI B 279/99, BFH/NV 2001, 1237, sowie vom 23. Februar 1989 V B 60/88, BFHE 155, 503, BStBl II 1989, 396, unter 2.b zur Vorgängerregelung in Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit).
14
Auch in der Literatur wird –soweit ersichtlich– einhellig die Auffassung vertreten, dass die besondere Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO auch für Anträge auf Aufhebung der Vollziehung gilt (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 69 Rz 70; Birkenfeld in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 69 FGO Rz 1071, 1073; Dumke in Schwarz, FGO § 69 Rz 11; Gosch in Beermann/ Gosch, FGO § 69 Rz 272, und Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Rz 70).

Abholung und Entsorgung von Speiseabfällen aus Restaurants und Großküchen ist keine „landwirtschaftliche Dienstleistung“

Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG – Abholung und Entsorgung von Speiseabfällen aus Restaurants und Großküchen ist keine „landwirtschaftliche Dienstleistung“ – Keine Anwendbarkeit von § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO bei Erstbescheiden – Verfassungsmäßigkeit der gesetzmäßigen Besteuerung – Prüfung einer Schätzung durch den BFH
Urteil vom 24.1.2013, V R 34/11

Die Abholung und Entsorgung von Speiseabfällen aus Restaurants und Großküchen stellt keine landwirtschaftliche Dienstleistung dar, die der Pauschalbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG unterliegt.

 

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 24.1.2013, V R 34/11

Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG – Abholung und Entsorgung von Speiseabfällen aus Restaurants und Großküchen ist keine „landwirtschaftliche Dienstleistung“ – Keine Anwendbarkeit von § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO bei Erstbescheiden – Verfassungsmäßigkeit der gesetzmäßigen Besteuerung – Prüfung einer Schätzung durch den BFH

Leitsätze

Die Abholung und Entsorgung von Speiseabfällen aus Restaurants und Großküchen stellt keine landwirtschaftliche Dienstleistung dar, die der Pauschalbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG unterliegt.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Landwirt. Er betrieb in den Streitjahren 2003 bis 2005 auf ca. 19 ha gepachteten Flächen einen Mastbetrieb (Schweine und Rinder), ohne dass die Anzahl der Vieheinheiten (VE) nachhaltig die in § 51 Abs. 1a des Bewertungsgesetzes bezeichnete Grenze überschritt.
2
In den Streitjahren holte er mit einem Spezialfahrzeug von Großküchen und Restaurants gegen Bezahlung organische Abfälle (Speiseabfälle) ab. Diese erhitzte der Kläger und verfütterte sie anschließend ausschließlich an seine eigenen Schweine.
3
Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Auffassung, dass die Entsorgung der Speiseabfälle eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung des Klägers darstelle, und setzte mit Bescheiden vom 29. Oktober 2008 erstmalig Umsatzsteuer für die Jahre 2003, 2004 und 2005 fest. Dabei berücksichtigte das FA die streitbefangenen Umsätze (Speiseresteabholung), in deren Bemessungsgrundlage es neben den Geldzahlungen der Restaurants und Großküchen zusätzlich den Wert der Speiseabfälle einbezog, und die damit zusammenhängenden Vorsteuern.
4
Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit dem in „Entscheidungen der Finanzgerichte“ 2012, 187 veröffentlichten Urteil nur insoweit statt, als das FA die Bemessungsgrundlage für die streitbefangene Leistung des Klägers (Speiseresteabholung) um den Wert der Speisereste erhöht hatte. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
5
Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, die Abholung und Entsorgung der Speiseabfälle sei eine sonstige Leistung, die nicht der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 der in den Streitjahren gültigen Fassung des Umsatzsteuergesetzes 1999 bzw. 2005 (UStG) unterliege. Die Entsorgungsleistungen trügen nicht „normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung“ i.S. von Art. 295 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) bei, da sie der gewerblichen Betätigung der Restaurants und Großküchen dienten. Die Leistungen des Klägers fielen auch nicht unter Anhang VIII Nr. 2 MwStSystRL, denn die dort genannten Betätigungen müssten sich auf „landwirtschaftliche Erzeugnisse“ beziehen. Die Speiseabfälle seien aber keine „landwirtschaftlichen“, sondern gewerbliche (Abfall-) Produkte.
6
Die Speiseresteabholung unterfalle zudem weder als sog. landwirtschaftlicher Hilfsumsatz noch als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb der Besteuerung nach § 24 UStG. Bei restriktiver richtlinienkonformer Auslegung seien landwirtschaftliche Hilfsleistungen nicht von § 24 UStG erfasst. Ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb –dessen Vereinbarkeit mit Art. 295 i.V.m. Anhang VIII MwStSystRL unterstellt– liege nicht vor, da die Umsätze aus der Speiseresteverwertung in erheblichem Umfang die Umsätze aus Landwirtschaft überstiegen hätten, so dass die Speiseresteabholung nicht als Betätigung von untergeordneter Bedeutung beurteilt werden könne. Für die Frage der „Bedeutung“ der Leistungen komme es nicht auf die aufgewendete Arbeitszeit, sondern auf die gegenüber Dritten erbrachten Leistungen an, deren Umfang sich nach dem Entgelt richte.
7
Die Regelbesteuerung der Speiseresteabholung verstoße weder gegen den Gleichheitssatz noch gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte. Es gelte das Prinzip der Abschnittsbesteuerung. Eine Verwaltungsanweisung, auf die der Kläger hätte vertrauen dürfen, habe nicht existiert. Die steuerliche Behandlung der Erzeugung und des Verkaufs von Biogas sei mangels Vergleichbarkeit für den Streitfall unerheblich. Die vom Kläger herangezogenen Vorschriften über die Speiseabfallentsorgung hätten lediglich ordnungspolitische Zwecke und könnten die europaweit harmonisierte Umsatzbesteuerung nicht beeinflussen.
8
Als Bemessungsgrundlage berücksichtigte das FG die in den Jahresabschlüssen zum 30. Juni des dem jeweiligen Streitjahr folgenden Kalenderjahres ausgewiesenen Erlöse abzüglich der Umsatzsteuer. Eine auf das Kalenderjahr bezogene Berechnung sei nicht möglich. Durch die Verschiebung würden sich allenfalls geringe Abweichungen ergeben.
9
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit der vom FG zugelassenen Revision, die er auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Zu Unrecht gehe das FG davon aus, dass die streitbefangenen Umsätze der Regelbesteuerung unterlägen.
10
Das FG lege Art. 295 ff. MwStSystRL zu eng aus. Eine landwirtschaftliche Dienstleistung müsse nicht zwingend gegenüber einem Land- und Forstwirt erbracht werden. Es müsse berücksichtigt werden, dass Speisereste nicht als gewerblicher Abfall entsorgt werden dürften, sondern im Ergebnis landwirtschaftlich verarbeitet werden müssten. Nach der Speiseabfallverordnung erhalte eine Genehmigung zur Entsorgung nur, wer Schweine mäste oder zur Schlachtung führe. Die Beurteilung aus Sicht des Leistungsempfängers sei ursprünglich als Vereinfachungsregelung entwickelt worden und diene landwirtschaftlicher Nachbarschaftshilfe. Sie dürfe nicht zum Dogma erhöht werden.
11
Da die streitigen Umsätze der Futterbeschaffung dienten, handele es sich um Vorbereitungshandlungen zur landwirtschaftlichen Urproduktion (Schweinemast) und nicht um Hilfsumsätze. Der Vorgang sei vergleichbar mit der Beschaffung von Fertigfutter, die der Durchschnittsbesteuerung unterliege. Zudem handele es sich um einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb.
12
Die rückwirkende Änderung der Verwaltungsauffassung verstoße gegen Art. 20 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Zudem sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, soweit die Speiseresteverwertung im Rahmen der Schweinemast anders beurteilt werde als im Rahmen der Verwertung in einer Biogasanlage.
13
Der Kläger beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Klage abgewiesen hat, und die Umsatzsteuerbescheide für 2003, 2004 und 2005 vom 29. Oktober 2008 dahingehend zu ändern, dass die erfassten Leistungen der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterworfen werden.

14
Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

15
Es schließt sich der Auffassung des FG an. Ergänzend weist es darauf hin, dass der Kläger für die Ausführung der streitigen Umsätze spezielle Gerätschaften in Form eines Fahrzeuges und eines Dampfsterilisators benötigt und damit die „normale Ausrüstung“ seines landwirtschaftlichen Betriebs nicht ausgereicht habe.

Entscheidungsgründe

16
II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG geht zutreffend davon aus, dass der Kläger nicht berechtigt ist, für seine sonstigen Leistungen, die in der Entsorgung der Speiseabfälle bestehen, gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG die Durchschnittssatzbesteuerung anzuwenden.
17
1. Für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze wird die Steuer für Dienstleistungen i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9 UStG gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG und die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG auf jeweils neun Prozent der Bemessungsgrundlage festgesetzt.
18
a) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG
19
„1. die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, der Wein-, Garten-, Obst- und Gemüsebau, die Baumschulen, alle Betriebe, die Pflanzen und Pflanzenteile mit Hilfe der Naturkräfte gewinnen, die Binnenfischerei, die Teichwirtschaft, die Fischzucht für die Binnenfischerei und Teichwirtschaft, die Imkerei, die Wanderschäferei sowie die Saatzucht;
20
2. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören“.
21
Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören nach § 24 Abs. 2 Satz 1 UStG auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.
22
b) § 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) richtlinienkonform entsprechend dem geltenden Unionsrecht, in den Streitjahren Art. 25 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), auszulegen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 65/09, BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465, m.w.N.).
23
Nach Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Regelung nach Art. 24 der Richtlinie 77/388/EWG auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung anwenden. Nach Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG gelten als landwirtschaftliche Dienstleistungen die in Anhang B aufgeführten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs vorgenommen werden. Als landwirtschaftliche Dienstleistungen gelten nach Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, wie z.B. „Hüten, Zucht und Mästen von Vieh“ (vierter Gedankenstrich).
24
2. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) gilt Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen, wie sie in Abs. 2 dieser Bestimmung definiert sind; demgegenüber unterliegen die sonstigen Umsätze der Pauschallandwirte der allgemeinen Besteuerungsregelung (EuGH-Urteile vom 15. Juli 2004 C-321/02, Harbs, Slg. 2004, I-7101 Rdnrn. 31 und 36, sowie vom 26. Mai 2005 C-43/04, Stadt Sundern, Slg. 2005, I-4491 Rdnr. 21). Weiter sind die von Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG verwendeten Begriffe in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen (EuGH-Urteil Stadt Sundern in Slg. 2005, I-4491 Rdnr. 24). Dabei ist die Sonderregelung nach Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG eng auszulegen und darüber hinaus nur insoweit anzuwenden, als dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist (EuGH-Urteile Harbs in Slg. 2004, I-7101 Rdnr. 27, und Stadt Sundern in Slg. 2005, I-4491 Rdnr. 27; vom 8. März 2012 C-524/10, Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 685 Rdnr. 49). Dieses Ziel besteht darin, die Belastung durch die Steuer auf die von den Landwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen dadurch auszugleichen, dass den landwirtschaftlichen Erzeugern, die ihre Tätigkeit im Rahmen eines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs ausüben, ein Pauschalausgleich gezahlt wird, wenn sie landwirtschaftliche Erzeugnisse liefern oder landwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen (EuGH-Urteile Harbs in Slg. 2004, I-7101 Rdnr. 29, und Stadt Sundern in Slg. 2005, I-4491 Rdnr. 28). Keine „landwirtschaftlichen Dienstleistungen“ sind daher Leistungen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen (EuGH-Urteile Harbs in Slg. 2004, I-7101 Rdnr. 31, und Stadt Sundern in Slg. 2005, I-4491 Rdnr. 29).
25
Dieser Auslegung folgt die Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465, m.w.N.). Die ertragsteuerrechtliche Beurteilung ist daher ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 13. August 2008 XI R 8/08, BFHE 221, 569, BStBl II 2009, 216, unter II.3.).
26
3. Bei Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei den streitbefangenen Leistungen nicht um landwirtschaftliche Dienstleistungen, die der Pauschalbesteuerung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG unterliegen.
27
a) Eine Ausweitung des Anwendungsbereiches des § 24 UStG auf die von Landwirten durchgeführte Entsorgung von in Restaurants und Großküchen anfallenden Speiseabfällen ist mit Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG nicht vereinbar. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Entsorgung von Speiseresten in der Liste der landwirtschaftlichen Dienstleistungen gemäß Anhang B der Richtlinie 77/388/EWG nicht ausdrücklich aufgeführt ist. Bei der gebotenen engen Auslegung (vgl. EuGH-Urteile Harbs in Slg. 2004, I-7101 Rdnr. 27; Stadt Sundern in Slg. 2005, I-4491 Rdnr. 27; BFH-Urteil in BFHE 233, 72, BStBl II 2011, 465) handelt es sich nicht um das Mästen von Vieh im Sinne von Anhang B vierter Gedankenstrich i.V.m. Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG.
28
b) Entgegen der Auffassung des Klägers kann es dahinstehen, ob die Speiseresteentsorgung innerhalb eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebs erfolgt ist. Die Zuordnung zu einem landwirtschaftlichen Nebenbetrieb ändert nichts daran, dass nur landwirtschaftliche Dienstleistungen der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen. Eine solche liegt hier nicht vor.
29
4. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich eine abweichende Beurteilung auch nicht aufgrund schutzwürdigen Vertrauens.
30
a) Soweit der Vortrag des Klägers dahin zu verstehen ist, dass er aufgrund Abschn. 264 Abs. 1 Satz 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 bzw. 2005 i.V.m. R 135 Abs. 3 und 4 bzw. R 15.5 der in den Streitjahren gültigen Fassung der Einkommensteuer-Richtlinien darauf vertraut habe, dass auch die Entsorgungsleistungen der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen, ist dieses Vertrauen im Streitfall nicht nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) geschützt. Die Vorschrift ist bei Erstbescheiden nicht anwendbar (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juni 2007 IV B 88/06, BFH/NV 2007, 2088; BFH-Urteil vom 19. März 2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662, m.w.N.). Da der Kläger weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Jahressteuererklärungen für die Streitjahre eingereicht hat, die gemäß § 168 Satz 1 AO als Festsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gelten könnten, handelt es sich bei den angegriffenen Bescheiden um Erstbescheide.
31
Ob eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO diesen Aspekt ggf. berücksichtigen könnte, kann im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 1995 VIII R 59/92, BFHE 179, 335, BStBl II 1996, 219).
32
b) Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass der streitige Sachverhalt durch das FA bei vorangegangenen Betriebsprüfungen nicht beanstandet wurde, begründet dies nach ständiger Rechtsprechung keinen Vertrauensschutz. Eine Bindung des FA an eine früher erfolgte rechtliche Beurteilung kann sich nur aufgrund einer verbindlichen Zusage gemäß § 204 AO oder einer nach Treu und Glauben verbindlichen Auskunft ergeben (z.B. BFH-Urteile vom 31. Mai 2007 V R 5/05, BFHE 217, 290, BStBl II 2011, 289, m.w.N.; vom 30. April 2009 V R 3/08, BFHE 226, 144). Dafür ist nichts ersichtlich.
33
c) In einer dem UStG und der Richtlinie 77/388/EWG entsprechenden, d.h. gesetzmäßigen Besteuerung vermag der Senat weder eine Verletzung der in Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verbürgten Grundrechte, noch einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) zu sehen. Unbillige Härten, die aufgrund eines schutzwürdigen Vertrauens in eine fehlerhafte rechtliche Beurteilung entstehen, sind im Wege des § 163 AO geltend zu machen. Dieses Verfahren bietet den Betroffenen ausreichenden Rechtsschutz (vgl. Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 176 Rz 3, m.w.N.).
34
5. Einen vom Kläger behaupteten Verstoß des FG-Urteils gegen Art. 3 Abs. 1 GG im Hinblick auf die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Speiseresteabholung zur Verwertung in einer Biogasanlage vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Speiseresteentsorgung gegen Entgelt stellt unabhängig davon, ob der leistende Unternehmer eine Biogasanlage oder eine Schweinemast betreibt, keine landwirtschaftliche Dienstleistung i.S. von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG dar.
35
Eine möglicherweise unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten ist im Wege der Konkurrentenklage geltend zu machen (vgl. BFH-Urteil vom 26. Januar 2012 VII R 4/11, BFHE 236, 481, BStBl II 2012, 541), in deren Rahmen zu klären ist, ob dem Kläger insoweit ein subjektives Recht auf Schutz gegenüber der Konkurrenz zusteht. Der Gleichheitssatz vermittelt jedenfalls keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf „Gleichheit im Unrecht“ (BFH-Beschluss vom 1. Juli 2010 V B 62/09, BFH/NV 2010, 2136, m.w.N.).
36
Auch der Hinweis des Klägers auf eine vermeintliche „Ungleichbehandlung“ zu einem Betrieb, der Fertigfutter erwirbt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Es fehlt bereits an einem vergleichbaren Sachverhalt, da der Erwerb von Fertigfutter keine Ausgangsleistung ist, die mit den streitigen Leistungen des Klägers verglichen werden könnte.
37
6. Die Schätzung des FG zur Höhe des für die Entsorgungsleistungen gezahlten Entgelts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
38
a) Die Schätzung gehört zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. des § 118 Abs. 2 FGO. Der BFH kann sie nur darauf überprüfen, ob sie zulässig war, ob sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist, und ob das FG anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze beachtet hat, d.h. ob das Ergebnis der Schätzung schlüssig und plausibel ist (vgl. BFH-Urteil vom 17. Oktober 2001 I R 103/00, BFHE 197, 68, BStBl II 2004, 171).
39
Die Schätzungsbefugnis ergibt sich aus § 96 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO i.V.m. § 162 Abs. 2 Satz 1 AO, da der Kläger keine ausreichende Aufklärung über die im jeweiligen Kalenderjahr ausgeführten Umsätze zu geben vermag. Bei der Schätzung der Höhe nach orientiert sich das FG an den in den Jahresabschlüssen der abweichenden Wirtschaftsjahre ausgewiesenen Erlösen. Dies lässt weder Verfahrensfehler erkennen noch ist dies unschlüssig oder unplausibel. Im Übrigen besteht hierüber zwischen den Parteien auch kein Streit.
40
b) Ob darüber hinaus der Wert der Speiseabfälle gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG Bestandteil der Bemessungsgrundlage ist, braucht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht entscheiden, da die Revision bereits aus den oben ausgeführten Gründen keinen Erfolg hat.

Begriff der „Vermietung von Grundstücken“

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Überlassung von Grundstücken im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG – Begriff der „Vermietung von Grundstücken“
Urteil vom 8.11.2012, V R 15/12

1. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG betrifft nur solche Nutzungsrechte, die auch von dem Begriff „Vermietung und Verpachtung“ umfasst werden.

2. Die entgeltliche Bestellung eines unwiderruflich eingeräumten dinglichen Nutzungsrechts zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG ist keine „Vermietung oder Verpachtung“ i.S. des § 4 Nr. 12 UStG.

 

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 8.11.2012, V R 15/12

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Überlassung von Grundstücken im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG – Begriff der „Vermietung von Grundstücken“

Leitsätze

1. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG betrifft nur solche Nutzungsrechte, die auch von dem Begriff „Vermietung und Verpachtung“ umfasst werden.

 

2. Die entgeltliche Bestellung eines unwiderruflich eingeräumten dinglichen Nutzungsrechts zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG ist keine „Vermietung oder Verpachtung“ i.S. des § 4 Nr. 12 UStG.

Tatbestand

1
I. Streitig ist, ob die entgeltliche Zurverfügungstellung eines Grundstücks für Ausgleichsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) der Umsatzsteuer unterliegt.
2
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der im Hauptberuf als Angestellter tätig ist, bewirtschaftet im Nebenerwerb einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Der Betrieb umfasst u.a. eine Pferdezucht; außerdem bietet der Kläger Reitunterricht an.
3
Der Kläger erzielte in den Streitjahren darüber hinaus Einnahmen aufgrund eines Vertrages, mit dem er der Gemeinde M ein Grundstück zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG zur Verfügung stellte. Der Vertrag mit der Bezeichnung „Vereinbarung über Nutzungsbeschränkung nebst Bestellung einer Dienstbarkeit und Ankaufsverpflichtung“ wurde am 27. September 2002 unter notarieller Beurkundung abgeschlossen. In diesem Vertrag war u.a. Folgendes vereinbart:
„§ 1
(…)
4
(2) Der Erschienene zu 1) bewilligt, dass die Gemeinde M diese Grundbesitzungen für das Anlegen von Ausgleichsmaßnahmen in Besitz nimmt und für das Anlegen einer mit der Unteren Landschaftsbehörde abgestimmten Ausgleichsmaßnahme verwendet.
§ 2
5
(1) Der Erschienene zu 1) stimmt der durch die Gemeinde M anzulegenden Ausgleichsmaßnahme unwiderruflich und auf Dauer zu.
6
(2) Die in der Vorbemerkung genannten Grundstücke werden der derzeitigen Nutzung als Acker für immer entzogen.
7
(3) Die erstellte Ausgleichsmaßnahme (extensiv genutztes Grünland und Anlage eines Teiches) ist durch den Eigentümer auf Dauer zu belassen.
§ 3
8
(1) Der Erschienene zu 1) ist damit einverstanden, dass die Gemeinde M die Grundbesitzungen nach formloser Ankündigung zu jeder Zeit, frühestens jedoch am 01.01.2003, für die Anlage der Ausgleichsmaßnahme in Besitz und die Nachbesserung bei evtl. Ausfällen und die Kulturpflege nach der Anlage der Maßnahme vornimmt.
9
(2) Die Ausgleichsmaßnahme soll durchgeführt werden gemäß der Vereinbarung mit der Unteren Landschaftsbehörde.“
10
Gemäß § 4 des Vertrages erhielt der Kläger eine einmalige Entschädigung in Höhe von insgesamt 76.306,20 EUR. Die Entschädigung war in zwei Raten zu zahlen, wobei die erste Rate in Höhe von 48.000 EUR im Dezember 2002, die zweite Rate in Höhe von 28.306,20 EUR im Juni 2003 fällig war. Gemäß § 7 des Vertrages bedurften Nebenabreden der Schriftform. Gemäß § 8 Abs. 3 des Vertrages bewilligte der Kläger der Gemeinde die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zur Sicherung des Rechts zur Durchführung der Ausgleichsmaßnahme.
„§ 8
(…)
11
Auf diesen Grundbesitzungen in der Gesamtgröße von 37.405 qm hat die Gemeinde M das Recht, eine mit der Unteren Landschaftsbehörde abgestimmte Ausgleichsmaßnahme durchzuführen. Die Ausgleichsmaßnahme wird in der Anlage eines extensiv genutzten Grünlandes und Anlage eines Teiches bestehen. Die Gemeinde M ist berechtigt, diese Ausgleichsmaßnahme zu betreiben und die Grundstücke zum Zweck des Betriebs und der Unterhaltung der durchgeführten Ausgleichsmaßnahme zu benutzen und zu betreten. Die Kosten des Unterhaltens gehen zu Lasten der Gemeinde M.
12
Demgemäß bewilligen der Erschienene zu 1) und beantragt die Gemeinde M die Eintragung vorstehender beschränkt persönlicher Dienstbarkeit zu Gunsten der Gemeinde M auf den Grundstücken …
(…)“
13
Nach Anlegung der Ausgleichsmaßnahme nutzte der Kläger das Grundstück, indem er die Wiesenflächen düngte und regelmäßig mähte.
14
Im Anschluss an eine Außenprüfung unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) u.a. auch die Einnahmen des Klägers aus der Grundstücksüberlassung der Umsatzsteuer.
15
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Zur Begründung seines in „Entscheidungen der Finanzgerichte“ 2012, 1500 veröffentlichten Urteils führte das Finanzgericht (FG) im Wesentlichen aus, bei der Zahlung der Gemeinde habe es sich um ein Entgelt für eine steuerbare Leistung des Klägers gehandelt und nicht um eine Entschädigung für eine Wertminderung des Grundstückes. Diese Leistung werde auch weder von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) umfasst noch unterliege sie der Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG.
16
Eine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Grundstücksvermietung liege nicht vor, weil die Gemeinde das Grundstück nicht so in Besitz genommen habe, als ob sie dessen Eigentümer wäre und auch nicht jede andere Person von der Nutzung des Grundstücks habe ausschließen können. Vielmehr habe die Gemeinde das Grundstück nur zeitweise für das Anlegen der Ausgleichsmaßnahmen und eventuelle Nachbesserungen in Besitz genommen. Das Nutzungs- und Betretungsrecht an dem Grundstück sei im Übrigen beim Kläger als dessen Eigentümer verblieben.
17
Dass der Kläger und die Gemeinde keine vollständige Überlassung des Grundstücks, sondern lediglich eine Nutzungsbeschränkung hätten vereinbaren wollen, zeige sich auch an der im Vertrag verwendeten Formulierung „Vereinbarung über Nutzungsbeschränkung nebst Bestellung einer Dienstbarkeit und Ankaufsverpflichtung“.
18
Gegen die Annahme einer Grundstücksvermietung spreche ferner die Verpflichtung des Klägers, die Durchführung der Ausgleichsmaßnahme unwiderruflich und auf Dauer zu dulden. Der damit verbundene endgültige Verlust der teilweisen wirtschaftlichen Herrschaftsmacht über das Grundstück sei mit dem Wesen der Vermietung und Verpachtung als zeitlich beschränkte Gebrauchsüberlassung nicht vereinbar.
19
Eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG komme ebenfalls nicht in Betracht, weil der zugunsten der Gemeinde bestellten Grunddienstbarkeit keine eigenständige umsatzsteuerliche Bedeutung zukomme; sie diene nur der Absicherung der für die Anlage und Erhaltung der Ausgleichsmaßnahmen notwendigen Rechte an dem Grundstück.
20
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision. Zu deren Begründung trägt er vor, die Zahlungen der Gemeinde seien Entschädigungen für eine dauerhafte Wertminderung der betreffenden Grundstücke, auf denen Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt werden. Damit fehle es an der für die Steuerbarkeit erforderlichen Kausalität zwischen Leistung und Gegenleistung.
21
Selbst wenn ganz oder teilweise eine steuerbare Leistung anzunehmen sei, werde diese von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG umfasst, weil der tatsächliche, wirtschaftliche Gehalt des Vertrages darin bestehe, der Gemeinde die Flächen zur Nutzung und Durchführung der ihr auferlegten Ausgleichsmaßnahmen zu gestatten. Seine, des Klägers, Entscheidungsfreiheiten seien derart eingeschränkt, dass sie denen eines Verpächters gleichständen.
22
Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 18. September 2009 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 2002 vom 2. Oktober 2007 und 2003 vom 21. September 2007 mit der Maßgabe zu ändern, dass die mit dem Regelsteuersatz be-steuerten Umsätze 2002 um 48.000 EUR und 2003 um 28.306,20 EUR herabgesetzt werden sowie festzustellen, dass die Hinzuzieh-ung des Bevollmächtigten notwendig war.

23
Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

24
Es trägt vor, die Revisionsbegründung setze sich nicht mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinander, sondern wiederhole lediglich das Vorbringen aus der Klagebegründung. Das FG habe im Übrigen zutreffend entschieden, dass bei der Durchführung nutzungseinschränkender Ausgleichsmaßnahmen nicht das Recht der Grundstücksnutzung wirtschaftlicher Inhalt des abgeschlossenen Vertrages sei, sondern die Durchführung der Ausgleichsmaßnahme.

Entscheidungsgründe

25
II. Die Revision ist entgegen der Auffassung des FA zulässig. Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revisionsbegründung beim Bundesfinanzhof (BFH) einzureichen; dies ist geschehen. Die Revisionsbegründung erfüllt auch die Anforderungen des § 120 Abs. 3 FGO. Die Begründung bezeichnet die Norm, auf die der Kläger die von ihm begehrte Steuerbefreiung stützt, nämlich § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG und die Umstände, aus denen der Kläger die Verwirklichung der Befreiungsvoraussetzungen herleiten zu können meint. Das reicht aus, um für den BFH erkennbar zu machen, aus welchen Gründen und mit welchen rechtlichen Erwägungen die steuerlichen Auswirkungen des angefochtenen FG-Urteils angegriffen werden. Die Revisionsbegründung nimmt ausdrücklich auf das FG-Urteil Bezug und setzt sich mit ihm auseinander. Das genügt, um die Zulässigkeitsanforderungen zu erfüllen.
26
Die Revision ist aber unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
27
Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Überlassung der Grundstücke an die Gemeinde M zwecks Verwendung für eine Ausgleichsmaßnahme der Regelbesteuerung unterliegt und weder von der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG noch von der gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. b UStG erfasst wird.
28
1. Die Grundstücksüberlassung ist nicht als Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei.
29
a) Ob eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts (BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 V R 41/09, BFHE 234, 513 Rdnr. 19). Das grundlegende Merkmal des Begriffs der „Vermietung von Grundstücken“ i.S. von Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) –(seit 1. Januar 2007 Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das ge-meinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG)– besteht darin, dass dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Ver-gütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. in diesem Sinne u.a. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union –EuGH– vom 16. Dezember 2010 C-270/09, MacDonald Resorts Ltd., Slg. 2010, I-13179 Rdnr. 46; vom 6. Dezember 2007 C-451/06, Walderdorff, Slg. 2007, I-10637 Rdnr. 17; vom 12. Juni 2003 C-275/01, Sinclair Collis, Slg. 2003, I-5965 Rdnr. 25; vom 4. Oktober 2001 C-326/99, „Goed Wonen“, Slg. 2001, I-6831 Rdnr. 55; vom 9. Oktober 2001 C-108/99, Cantor Fitzgerald International, Slg. 2001, I-7257 Rdnr. 21; vom 9. Oktober 2001 C-409/98, Mirror Group, Slg. 2001, I-7175 Rdnr. 31). Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung dieser Definition entspricht, sind alle Merkmale des Vorgangs sowie die Umstände zu berücksichtigen, unter denen er erfolgt. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben (EuGH-Urteil MacDonalds Ressort Ltd. in Slg. 2010, I-13179 Rdnr. 46).
30
b) Danach liegt keine Vermietung vor. Zwar hat der Kläger der Gemeinde das Recht zur Inbesitznahme eingeräumt, um die Ausgleichsmaßnahme auf dem Grundstück vornehmen zu können. Dabei ist es den Vertragsparteien aber nicht um eine Inbesitznahme der Grundstücke durch die Gemeinde gegangen, um ihr die Möglichkeit zu verschaffen, Dritte wie ein Eigentümer von der Nutzung ausschließen zu können. Entscheidend war für die Gemeinde, die Grundstücke durch Umgestaltung in einen bestimmten Zustand („extensiv genutztes Grünland und Anlage eines Teiches“) zu versetzen, um damit ihren naturschutzrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Das wird durch die tatsächliche spätere Nutzung bestätigt, in deren Rahmen der Kläger die Grünflächen gemäht und gedüngt hat.
31
c) Eine Vermietung scheidet darüber hinaus auch deshalb aus, weil der Kläger der Gemeinde das Nutzungsrecht nicht für eine bestimmte Zeit überlassen hat. Das würde einen in irgendeiner Form, entweder durch konkrete Bezeichnung oder durch ein Kündigungsrecht, begrenzten Zeitraum voraussetzen. Der Kläger hat der Gemeinde das Nutzungsrecht aber „unwiderruflich und auf Dauer“ eingeräumt und sich damit einverstanden erklärt, dass das Grundstück der „derzeitigen Nutzung als Acker für immer entzogen“ wird. Das Urteil des Senats vom 11. November 2004 V R 30/04 (BFHE 207, 560, BStBl II 2005, 802) steht dem nicht entgegen. Der Senat hat darin entschieden, dass die Einräumung der Berechtigung zur Überspannung eines Grundstücks jedenfalls dann eine als Vermietung und Verpachtung zu beurteilende Nutzungsüberlassung auf Zeit ist, wenn damit nicht der endgültige und vollständige Verlust der wirtschaftlichen Herrschaftsmacht verbunden ist. Bei Grundstücken führe weder die Überlassung einer verhältnismäßig geringfügigen Grundfläche für die Aufstellung von Strommasten noch die Überspannung zu einem endgültigen und vollständigen Verlust der Herrschaftsmacht an den Grundstücken. Im vorliegenden Fall kommt es aber durch die unwiderruflich und dauerhafte Überlassung des Nutzungsrechts, die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen und den umfassenden Entzug von Nutzung als Ackerland zu einem endgültigen und dauerhaften Verlust der wirtschaftlichen Herrschaftsmacht des Klägers über das Grundstück.
32
2. Die Grundstücksüberlassung an die Gemeinde M wird auch nicht von der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG umfasst. Danach ist u.a. die Bestellung von dinglichen Nutzungsrechten, zu denen auch die entgeltliche Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gehört, steuerfrei. Aus der Entstehungsgeschichte des durch Art. 17 Nr. 3 des Steuerbereinigungsgesetzes 1985 (BGBl I 1984, 1493, BStBl I 1984, 659) in das Gesetz aufgenommenen § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG ergibt sich, dass hierdurch „eine gleiche Behandlung aller Grundstücksüberlassungen zur Nutzung erreicht“ werden sollte (so die Gesetzesbegründung in BRDrucks 140/84 zu Art. 19 Nr. 2 des Gesetzentwurfs); die Befreiung sonstiger bislang steuerpflichtiger Umsätze war nicht beabsichtigt.
33
Die Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil B Buchst. b Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG, nach der die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken steuerfrei ist. Aus der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung folgt, dass nur die Bestellung solcher dinglicher Nutzungsrechte unter § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG fällt, die auch von dem Begriff „Vermietung und Verpachtung“ in Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG umfasst werden. Mit der Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sollte aber vorliegend das Recht zur Durchführung einer Ausgleichsmaßnahme gesichert werden, das aus den unter II.1.b) und c) genannten Gründen gerade nicht das Merk-mal „Vermietung und Verpachtung“ erfüllt.
34
3. Das FG hat die Leistungen des Klägers auch zu Recht zum Teil im Streitjahr 2002 und zum Teil im Streitjahr 2003 der Besteuerung unterworfen.
35
Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Da der Kläger der Gemeinde das Recht zur Inbesitznahme und Durchführung der Ausgleichsmaßnahme ab 1. März 2003 eingeräumt hat, hat er seine im Vertrag vom 27. September 2002 vereinbarte Leistung auch zu diesem Zeitpunkt erbracht. Das gesamte Entgelt von insgesamt 76.306,20 EUR wäre danach im Streitjahr 2003 der Besteuerung zu unterwerfen gewesen.
36
Aufgrund von § 4 des Vertrages hat der Kläger aber die erste Rate in Höhe von 48.000 EUR bereits im Dezember 2002 erhalten. Wird –wie hier– ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung ausgeführt worden ist, so entsteht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Teilentgelt vereinnahmt worden ist.
37
4. Für die Entscheidung darüber, ob die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren notwendig war (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist das FG zuständig (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23. Februar 2011 V B 61/10, BFH/NV 2011, 832, m.w.N.).

Nutzung eines fremden Wirtschaftsguts zur Einkunftserzielung, auf das eigene Aufwendungen geleistet worden waren

Ende der Nutzung eines fremden Wirtschaftsguts zur Einkunftserzielung, auf das eigene Aufwendungen geleistet worden waren – Typisierte Verteilung von Aufwendungen – Ausgliederung wesentlicher Betriebsgrundlagen – Anwendung des § 20 UmwStG 1977
Urteil vom 19.12.2012, IV R 29/09

1. Trägt der Steuerpflichtige Kosten zur Herstellung eines im Eigentum seines Ehegatten stehenden Gebäudes, das er zur Erzielung von betrieblichen Einkünften nutzt, sind seine Aufwendungen steuerlich zu aktivieren und nach den für ein Gebäude geltenden Regeln abzuschreiben.

2. Endet die Nutzung des Gebäudes zur Einkunftserzielung durch den Steuerpflichtigen, ergibt sich daraus keine Auswirkung auf seinen Gewinn. Ein noch nicht abgeschriebener Restbetrag der Aufwendungen wird erfolgsneutral ausgebucht

 

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 19.12.2012, IV R 29/09

Ende der Nutzung eines fremden Wirtschaftsguts zur Einkunftserzielung, auf das eigene Aufwendungen geleistet worden waren – Typisierte Verteilung von Aufwendungen – Ausgliederung wesentlicher Betriebsgrundlagen – Anwendung des § 20 UmwStG 1977

Leitsätze

1. Trägt der Steuerpflichtige Kosten zur Herstellung eines im Eigentum seines Ehegatten stehenden Gebäudes, das er zur Erzielung von betrieblichen Einkünften nutzt, sind seine Aufwendungen steuerlich zu aktivieren und nach den für ein Gebäude geltenden Regeln abzuschreiben.

 

2. Endet die Nutzung des Gebäudes zur Einkunftserzielung durch den Steuerpflichtigen, ergibt sich daraus keine Auswirkung auf seinen Gewinn. Ein noch nicht abgeschriebener Restbetrag der Aufwendungen wird erfolgsneutral ausgebucht.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zu 1. war als Einzelunternehmer Inhaber einer Schreinerei (Tischlerei) und Glaserei. Das Unternehmen wurde auf Teilflächen von Grundstücken geführt, die zum einen im Alleineigentum des Klägers zu 1. (Grundstück 1, insgesamt 340 qm, davon aktiviert 331 qm) sowie zum anderen im hälftigen Miteigentum des Klägers zu 1. und seiner Ehefrau (E) standen (Grundstück 2, insgesamt 1 881 qm, betrieblich genutzt: 1 332 qm, davon aktiviert: 666 qm). Auf den Grundstücken hatte der Kläger zu 1. die für den Betrieb der Schreinerei notwendigen Gebäude mit eigenen betrieblichen Mitteln hergestellt. Die Herstellungskosten wurden in vollem Umfang aktiviert und abgeschrieben. Konkrete Vereinbarungen über die Nutzung der Gebäude wurden zwischen den Eheleuten nicht getroffen. In der Schlussbilanz des Einzelunternehmens zum 31. März 1994 wurden für den Grund und Boden ein Buchwert von 66.354 DM und für die Gebäude ein Buchwert von 219.143 DM angesetzt (insgesamt: 285.497 DM).
2
Der Kläger zu 1. hatte die Absicht, unter Zurückbehaltung der Grundstücke wirtschaftlich 50 % des Einzelunternehmens unentgeltlich auf seinen Sohn A (Kläger zu 2.) sowie 10 % auf seinen Sohn B (Kläger zu 3.) zu übertragen. Dazu gründeten die Kläger mit Vertrag vom 31. März 1994 eine GbR, deren Zweck in der Fortführung des bisherigen Einzelunternehmens bestand. Gesellschafter wurden der Kläger zu 1. mit 40 %, der Kläger zu 2. mit 50 % und der Kläger zu 3. mit 10 %, deren Einlagen ausweislich des Gesellschaftsvertrages durch Führung des vormaligen Einzelunternehmens bereits als erbracht galten.
3
Bereits am 20. Januar 1994 hatten die Kläger die am … März 1994 ins Handelsregister eingetragene X-GmbH (GmbH) mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet, an der der Kläger zu 1. mit 40 %, der Kläger zu 2. mit 50 % sowie der Kläger zu 3. mit 10 % beteiligt waren. Alleiniger Geschäftsführer wurde der Kläger zu 2.
4
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 31. März 1994 beschlossen die Kläger unter Aufrechterhaltung ihrer Beteiligungsquoten eine Erhöhung des Kapitals der GmbH um 450.000 DM auf 500.000 DM gegen Sacheinlage des Betriebs der GbR mit allen diesem dienenden und in ihrem Eigentum befindlichen Aktiven und Passiven. Ausgenommen waren insoweit u.a. die Grundstücke 1 und 2.
5
Die Wirtschaftsgüter wurden mit Wirkung zum 1. April 1994 zu Buchwerten eingebracht; in Höhe der die Nennbeträge der Kapitalerhöhung übersteigenden Buchwerte wurden den Gesellschaftern Darlehen gutgeschrieben. Nach dem Protokoll über die gemeinsame Gesellschafterversammlung der GbR und der GmbH vom 31. März 1994 blieb der Geschäftswert, da nicht bilanziert, von der Übertragung auf die GmbH ausgeschlossen. Sein Wert wurde von den Gesellschaftern mit Rücksicht auf den Bekanntheitsgrad des Unternehmens und die bestehenden Kundenverbindungen auf 50.000 DM geschätzt. Nach Abschn. VI. des Protokolls verpachtete die GbR den Geschäftswert an die GmbH auf unbestimmte Zeit, vorläufig für 15 Jahre. Das Entgelt für die pachtweise Überlassung des Geschäftswerts betrug 5.000 DM jährlich.
6
Die Grundstücke 1 und 2 wurden an die GmbH für einen Zeitraum von 15 Jahren vermietet. Der Mietpreis betrug jährlich 60.000 DM; hiervon wurden 82 % als Sonderbetriebseinnahme des Klägers zu 1. bei der GbR behandelt.
7
Die GbR erfasste die Einnahmen aus der Verpachtung des Geschäftswerts in ihrer Gewinnermittlung, die Einnahmen aus der Verpachtung der Grundstücke in der Sondergewinnermittlung des Klägers zu 1. In dessen Sonderbilanz wurden der Grund und Boden und die Gebäude mit den aus der Schlussbilanz des Einzelunternehmens übernommenen Buchwerten (zusammen 285.497 DM) angesetzt.
8
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) folgte den eingereichten Erklärungen zunächst und erließ für die Streitjahre (1994 bis 1996) –jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung –AO–)– entsprechende Bescheide über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung.
9
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das FA allerdings die Ansicht, die GbR sei infolge der Einbringung der Mitunternehmeranteile in die GmbH eine juristische Sekunde nach ihrer Gründung erloschen. Das FA hob deshalb die Feststellungsbescheide für 1995 und 1996 auf. Für 1994 stellte es Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.007.955 DM fest. Diese setzten sich aus einem Verlust der GbR von 2.000 DM (Rechts- und Beratungskosten) und einem Aufgabegewinn des Klägers zu 1. in Höhe von 1.009.955 DM zusammen. In den Aufgabegewinn gingen die stillen Reserven des Grund und Bodens und der Gebäude mit zusammen 934.415 DM sowie 40 % der stillen Reserven des Firmenwerts (20.000 DM) ein.
10
Die Einsprüche hatten insoweit Erfolg, als der Aufgabegewinn mit nur noch 647.138 DM festgestellt wurde. Nunmehr ging das FA von stillen Reserven des Grund und Bodens in Höhe von 53.286 DM und der Gebäude in Höhe von 496.873 DM aus.
11
Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht (FG). Sie machten geltend, die stillen Reserven seien nicht aufzudecken, weil eine Betriebsaufspaltung vorliege; dies folge daraus, dass die GbR den Geschäftswert, der eine wesentliche Betriebsgrundlage darstelle, an die GmbH verpachtet habe. Auch sei die Höhe der stillen Reserven falsch ermittelt worden. Diese betrügen für die Gebäude nur 263.099 DM anstatt der bisher angesetzten 496.873 DM.
12
Das FG gab der Klage mit Urteil vom 19. Mai 2005  10 K 1833/00 (Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2005, 1273) lediglich insofern statt, als es den Aufgabegewinn aufgrund des zwischenzeitlich erzielten Einvernehmens der Beteiligten über einige der anzusetzenden Werte auf 514.519 DM verminderte. Im Übrigen wies es die Klage ab.
13
Mit Urteil vom 5. Juni 2008 IV R 79/05 (BFHE 222, 20, BStBl II 2009, 15) hob der erkennende Senat das vorgenannte FG-Urteil auf und verwies die Sache zur Entscheidung über die Notwendigkeit einer Beiladung der GbR an das FG zurück.
14
Nachdem das FG die GbR beigeladen hatte, gab es der Klage durch sein in EFG 2009, 1534 veröffentlichtes Urteil auch im zweiten Rechtsgang nur teilweise statt.
15
Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die diese auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts stützen.
16
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG Köln vom 30. April 2009  10 K 3457/08 (EFG 2009, 1534) sowie die Änderungsbescheide des FA vom 3. März 1999 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2000 aufzuheben.
17
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

18
II. Die Kläger haben schriftsätzlich angekündigt, in der mündlichen Verhandlung den Antrag stellen zu wollen, das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Sie sind allerdings zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Der Senat geht bei seiner Entscheidung vom angekündigten Antrag der Kläger aus, der aber dahingehend auszulegen ist, dass eine Entscheidung nach den Anträgen in der Vorinstanz begehrt wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 11. April 1991 V R 86/85, BFHE 164, 219, BStBl II 1991, 729). Dort hatten die Kläger die Aufhebung der Änderungsbescheide des FA vom 3. März 1999 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2000 beantragt, wobei allerdings noch zu berücksichtigen war, dass die Beteiligten im Rahmen des FG-Verfahrens Einvernehmen hinsichtlich einzelner bei der Ermittlung des Aufgabegewinns anzusetzender Werte erzielt haben.
III.
19
Die Revision ist betreffend das Streitjahr 1994 begründet. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Insoweit sind das Urteil des FG Köln in EFG 2009, 1534 und die Einspruchsentscheidung des FA vom 15. Februar 2000 aufzuheben. Der Feststellungsbescheid des FA vom 3. März 1999 ist über die im angefochtenen Urteil bereits vorgenommenen Änderungen hinaus dahingehend abzuändern, dass in den Aufgabegewinn des Klägers zu 1. der Teil der stillen Reserven nicht einzubeziehen ist, der auf den zivilrechtlichen Gebäude-Miteigentumsanteil der E entfällt; im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Die Revision der Kläger für die Jahre 1995 und 1996 wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO).
20
Das FG ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Einbringung des ursprünglich vom Kläger zu 1. geführten Einzelunternehmens in die GmbH weder nach § 20 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) 1977 (dazu 1.) noch unter dem Gesichtspunkt einer Betriebsaufspaltung (dazu 2.) zu Buchwerten erfolgen konnte. Es hat aber zu Unrecht entschieden, dass nicht nur die den hälftigen Miteigentumsanteil des Klägers zu 1. an den Gebäuden betreffenden stillen Reserven, sondern darüber hinaus auch die in den zivilrechtlich der E gehörenden Gebäudeteilen ruhenden stillen Reserven aufzudecken und steuerlich zu erfassen sind (dazu 3.).
21
1. Eine Buchwertfortführung nach § 20 UmwStG 1977 ist im Streitfall ausgeschlossen, weil der bis dahin zum Betriebsvermögen gehörende Grundbesitz nicht in die GmbH eingebracht worden ist. Dieser war nach Gründung der GbR zunächst Sonderbetriebsvermögen des Klägers zu 1. bei der GbR geworden und als wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs der GbR anzusehen. Soweit andere Senate des BFH zu Einbringungsvorgängen inzwischen entschieden haben, dass es der Anwendbarkeit der §§ 20 bzw. 24 UmwStG 1995 nicht entgegenstehe, wenn vor der Einbringung eine wesentliche Betriebsgrundlage des einzubringenden Betriebs unter Aufdeckung der stillen Reserven „ausgelagert“ oder veräußert werde, soweit dies auf Dauer angelegt sei und sich deshalb nicht nur als vorgeschoben erweise (vgl. unter dem Aspekt der Anwendung des § 42 AO BFH-Urteil vom 25. November 2009 I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471, unter II.3.d; unter dem Aspekt des § 42 AO und des Gesamtplans BFH-Urteil vom 9. November 2011 X R 60/09, BFHE 236, 29, BStBl II 2012, 638, unter II.2.c und II.2.d), ist diese Rechtsprechung zu einer neueren Rechtslage ergangen. In Bezug auf die im Streitfall noch anzuwendende Regelung des § 20 UmwStG 1977 hält der Senat an der überkommenen Rechtsprechung fest, wonach die Ausgliederung wesentlicher Betriebsgrundlagen der Buchwertfortführung für das eingebrachte Betriebsvermögen entgegensteht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. Februar 1996 I R 183/94, BFHE 180, 97, BStBl II 1996, 342).
22
2. Zwischen der GbR als Besitzunternehmen und der GmbH als Betriebskapitalgesellschaft ist keine Betriebsaufspaltung aufgrund der Überlassung eines Firmenwerts von der GbR an die GmbH begründet worden, denn mit der Einbringung des Betriebs in die GmbH ist auch der Firmen- bzw. Geschäftswert auf die GmbH übergegangen. Er konnte daher nicht von der GbR an die GmbH verpachtet werden (vgl. BFH-Urteile vom 27. März 2001 I R 42/00, BFHE 195, 536, BStBl II 2001, 771; vom 16. Juni 2004 X R 34/03, BFHE 207, 120, BStBl II 2005, 378). Abweichendes ergibt sich nicht aus dem BFH-Beschluss vom 8. April 2011 VIII B 116/10 (BFH/NV 2011, 1135), denn diese Entscheidung betraf die pachtweise Überlassung eines Mandantenstammes. Dieser kann, anders als der Geschäftswert, Gegenstand eines selbständigen Übertragungsgeschäfts sein (z.B. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 I R 128-129/95, BFHE 182, 366, BStBl II 1997, 546).
23
Eine Betriebsaufspaltung kann auch nicht im Zusammenhang mit der Überlassung von Grundbesitz an die GmbH entstanden sein. Denn nicht die GbR, sondern der Kläger zu 1. und E vermieteten die Grundstücke an die GmbH. Der dem Kläger zu 1. zuzurechnende Grundbesitz wurde damit aus dem Sonderbetriebsvermögen bei der GbR entnommen. Die Entnahme hat die Aufdeckung der diesbezüglichen stillen Reserven zur Folge, weil mit der Vermietung an die GmbH mangels personeller Verflechtung keine Betriebsaufspaltung zwischen dem Kläger zu 1. bzw. den Ehegatten und der GmbH entstehen konnte und der Grundbesitz deshalb notwendiges Privatvermögen werden musste.
24
3. Entgegen der Auffassung des FG und der noch im ersten Rechtsgang im BFH-Urteil in BFHE 222, 20, BStBl II 2009, 15 geäußerten vorläufigen Auffassung des Senats sind in den Aufgabegewinn des Klägers zu 1. nicht auch die stillen Reserven einzubeziehen, die auf den zivilrechtlichen Gebäudemiteigentumsanteil der E entfallen.
25
a) Der Kläger zu 1. hat nicht die Stellung eines wirtschaftlichen Miteigentümers an dem zivilrechtlich der E gehörenden Gebäudeanteil erlangt. Für den Fall, dass –wie auch im Streitfall– die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, spricht einiges dafür, dass bereicherungsrechtliche Ansprüche –und damit auch solche nach §§ 951, 812 des Bürgerlichen Gesetzbuchs– durch die Regelungen über den güterrechtlichen Ausgleich verdrängt werden. Ob daraus folgt, dass es in einem solchen Fall von vorneherein an einem realisierbaren Wertersatzanspruch fehlt, der Grundlage für die Annahme einer von den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen abweichenden steuerrechtlichen Vermögenszuordnung sein kann, ist in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt (vgl. BFH-Urteile vom 29. April 2008 VIII R 98/04, BFHE 221, 129, BStBl II 2008, 749; vom 25. Juni 2003 X R 72/98, BFHE 202, 514, BStBl II 2004, 403; vom 14. Mai 2002 VIII R 30/98, BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741). Die Frage bedarf auch im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung, weil nach den dort gegebenen Umständen nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger zu 1. eine tatsächliche Herrschaft über den zivilrechtlich der E gehörenden Gebäude-Miteigentumsanteil erlangt hat, wonach er diese für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich hätte ausschließen können.
26
b) In Übereinstimmung mit dem Urteil des VIII. Senats des BFH in BFHE 221, 129, BStBl II 2008, 749 und entgegen der noch im ersten Rechtsgang im BFH-Urteil in BFHE 222, 20, BStBl II 2009, 15 vertretenen vorläufigen Auffassung des Senats hat sich der Aufgabegewinn des Klägers zu 1. auch nicht mit Rücksicht auf eine Nutzungsbefugnis des Klägers zu 1. an dem im Miteigentum der E stehenden Gebäude erhöht.
27
aa) Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 25. Februar 2010 IV R 2/07 (BFHE 228, 431, BStBl II 2010, 670) ausgeführt hat, setzt die Berechtigung zur Vornahme von Absetzungen für Abnutzung (AfA) nicht voraus, dass der Steuerpflichtige Eigentümer des Wirtschaftsguts ist, für das er Aufwendungen getätigt hat. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob er Aufwendungen im betrieblichen Interesse trägt. Das allen Einkunftsarten zugrundeliegende Nettoprinzip, demzufolge die erwerbssichernden Aufwendungen von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen werden (vgl. § 2 Abs. 2 i.V.m. §§ 4 ff. und 9 des Einkommensteuergesetzes –EStG–), gebietet grundsätzlich den Abzug der vom Steuerpflichtigen zur Einkunftserzielung getätigten Aufwendungen auch dann, wenn und soweit diese Aufwendungen auf in fremdem Eigentum stehende Wirtschaftsgüter erbracht werden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281, unter C.III.). Bei einem bilanzierenden Steuerpflichtigen –wie auch im Streitfall– wird der Aufwand bilanztechnisch „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ behandelt. Das bedeutet, dass die Herstellungskosten für ein fremdes Gebäude als Posten für die Verteilung eigenen Aufwands zu aktivieren und nach den für Gebäude geltenden AfA-Regeln abzuschreiben sind (Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 23. August 1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, unter C.I.2.b, und GrS 5/97, BFHE 189, 174, BStBl II 1999, 774, unter C.3.; in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281, unter C.V.).
28
bb) Die Behandlung von Aufwendungen „wie ein materielles Wirtschaftsgut“ soll die typisierte Verteilung der Aufwendungen in Anlehnung an die Regeln bewirken, die für Aufwendungen auf ein eigenes Wirtschaftsgut derselben Art gelten. Dies dient einerseits der Gleichbehandlung von Eigentümern und nutzungsbefugten Dritten, andererseits der Vereinfachung der Gewinnermittlung. Deshalb werden die Regelungen des EStG für AfA, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen insoweit entsprechend angewendet (so zu § 82i der Einkommensteuer-Duchführungsverordnung Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281, unter C.V.).
29
Die Typisierung der Aufwandsverteilung bewirkt indessen nicht, dass der Aufwandsposten im Übrigen einem Wirtschaftsgut gleichgestellt wird. Die Gleichstellung dient allein der Verwirklichung des objektiven Nettoprinzips und kann nur soweit reichen, wie es zur Verwirklichung dieses Ziels erforderlich ist. Danach ist es nicht möglich, dem Nutzungsbefugten, der nicht wirtschaftlicher Eigentümer ist, Wertsteigerungen des Wirtschaftsguts zuzurechnen, nur weil er Aufwendungen für das ihm nicht gehörende Wirtschaftsgut getragen hat. In der Person des Aufwendenden können auch keine stillen Reserven dadurch entstehen, dass die typisierte Aufwandsverteilung über einen kürzeren Zeitraum erfolgt, als das Wirtschaftsgut von ihm genutzt werden kann oder sich der Wert der Aufwendungen wirtschaftlich verbraucht. Vor diesem Hintergrund darf die Behandlung wie ein Wirtschaftsgut auch nicht dazu führen, dass Gewinne aus der Realisierung von stillen Reserven in eigenen Wirtschaftsgütern auf den Bilanzposten für den Aufwand auf ein fremdes Wirtschaftsgut übertragen werden. Eine Übertragung nach § 6b EStG kommt demzufolge nicht in Betracht. Der erkennende Senat hält daher an seiner im Urteil vom 10. April 1997 IV R 12/96 (BFHE 183, 134, BStBl II 1997, 718) vertretenen Auffassung nicht mehr fest.
30
Endet die Nutzung des Wirtschaftsguts zur Einkunftserzielung des Aufwendenden, bevor die Aufwendungen vollständig von ihm abgezogen werden konnten, geht der verbleibende Betrag nicht unter. Wie der Große Senat des BFH mit Beschluss in BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778, unter C.II.2.c entschieden hat, ist der verbleibende Betrag dem Eigentümer des Wirtschaftsguts als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts zuzurechnen.
31
cc) Im Streitfall waren danach stille Reserven, soweit sie auf den Miteigentumsanteil am Gebäude der E entfallen, nicht in den Gewinn aus der Betriebsaufgabe der GbR einzubeziehen. Inwieweit der Aufwandsposten abgeschrieben war, bedarf keiner Klärung. Denn ein ggf. vorhandener Restbetrag hätte keine Auswirkungen auf den Gewinn der GbR. Der Betrag wäre der E als Anschaffungs- und Herstellungskosten des auf sie entfallenden Gebäudeteils zuzurechnen. Aus der Sonderbilanz des Klägers zu 1. hätte der Restbetrag erfolgsneutral ausgebucht werden müssen.
32
4. Wegen Spruchreife war in der Sache zu entscheiden. Da sich die vorstehenden Ausführungen nur auf die Höhe des Aufgabegewinns im Jahr 1994 auswirken, war die Revision der Kläger nur für dieses Jahr begründet und war ihrer Klage teilweise stattzugeben. Die Übertragung der Berechnung des festzustellenden Betrags auf das FA beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
33
5. Die Kostenentscheidung folgt bezogen auf das Streitjahr 1994 aus § 136 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 FGO, bezogen auf die Streitjahre 1995 und 1996 aus § 135 Abs. 2 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nach Maßgabe des § 139 Abs. 4 FGO nicht zu erstatten. Die Kostenerstattung nach § 139 Abs. 4 FGO entspricht regelmäßig zwar der Billigkeit, wenn Sachanträge gestellt werden oder das Verfahren durch Schriftsätze wesentlich gefördert wird (vgl. BFH-Beschluss vom 29. Mai 2009 IV B 143/08, BFH/NV 2009, 1452). Beides war indessen bezogen auf die Beigeladene nicht der Fall.

Vorsteuerabzug des Gründungsgesellschafters einer GbR

EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug des Gründungsgesellschafters einer GbR

Beschluss vom 20.02.13   XI R 26/10

 

Mit Beschluss vom 20. Februar 2013 XI R 26/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, ob ein Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR einen Teil des Mandantenstammes nur zu dem Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer unter seiner maßgeblichen Beteiligung neu gegründeten Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen, zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes berechtigt sein kann.

 

Der vorlegende XI. Senat des BFH neigt dazu, den Vorsteuerabzug des Gründungsgesellschafters zu bejahen und stützt sich dabei insbesondere auf die Rechtsgrundsätze, die der EuGH in seinem Urteil vom 1. März 2012 C-280/10 – Polski Trawertyn – aufgestellt hat (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union Nr. C 118, 2). Danach darf der Umstand, dass die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft durch deren Gesellschafter ein von der Umsatzsteuer befreiter Umsatz ist, nicht dazu führen, dass die Gesellschafter im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit mit der Umsatzsteuer belastet werden, ohne dass sie diese abziehen oder erstattet bekommen können.

 

Demgegenüber hat der ebenfalls für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat des BFH auf eine vorsorglich gestellte Anfrage des XI. Senats vom 14. November 2012 XI R 26/10 (veröffentlicht in BFH/NV – Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – 2013 S. 417) mitgeteilt, dass er an seiner bisherigen Rechtsprechung festhalten will, wonach ein Gesellschafter, der ein Wirtschaftsgut außerhalb seiner eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit erwirbt und dieses seiner Gesellschaft unentgeltlich zur Nutzung überlässt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (BFH-Beschluss vom 6. Dezember 2012 V ER-S 2/12, veröffentlicht in BFH/NV 2013 S. 418). Der V. Senat hält es für zweifelhaft, ob die Ausführungen des EuGH in seinem Urteil „Polski Trawertyn“ auf den Streitfall übertragbar sind.

 

Da die Auslegung von EuGH-Urteilen in erster Linie dem EuGH obliegt, hat der XI. Senat zur Klärung der verbleibenden Zweifel nunmehr den EuGH angerufen.

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 14.11.2012, XI R 26/10

Divergenz Anfrage zum Vorsteuerabzug eines Gesellschafters

Gründe

1
Der Senat hat im Rahmen eines Gerichtsbescheides entschieden, dass ein Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR einen Teil des Mandantenstamms ausschließlich zu dem Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer von ihm neu gegründeten Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung zu überlassen, zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes berechtigt sein kann. Die Rechtsauffassung des Senats beruht auf einer Übertragung der vom Gerichtshof der Europäischen Union –EuGH– in seinem Urteil vom 1. März 2012 C-280/10 –Polski Trawertyn– (Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2012, 366, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2012, 461 mit Anm. Klenk) aufgestellten Rechtsgrundsätze auf den Streitfall (vgl. dazu auch Stadie, UR 2012, 337)
2
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt) hat nach Ergehen des Gerichtsbescheides fristgerecht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
3
Der Senat geht davon aus, dass die Rechtsauffassung des V. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 6. September 2007 V R 16/06 (BFH/NV 2008, 1710, HFR 2008, 840) nach der bezeichneten EuGH-Entscheidung nicht mehr aufrechterhalten werden kann und insoweit überholt ist. Er fragt deshalb zur Klarstellung vorsorglich an, ob der V. Senat einer Abweichung von dieser Rechtsprechung (BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1710, HFR 2008, 840) zustimmt.
BUNDESFINANZHOF Entscheidung vom 20.2.2013, XI R 26/10EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug des Gründungsgesellschafters einer GbR

Leitsätze

Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

 

Sind Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG unter Berücksichtigung des Neutralitätsprinzips dahingehend auszulegen, dass ein Gesellschafter einer Steuerberatungs-GbR, der von der GbR einen Teil des Mandantenstammes nur zu dem Zweck erwirbt, diesen unmittelbar anschließend einer unter seiner maßgeblichen Beteiligung neu gegründeten Steuerberatungs-GbR unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung zu überlassen, zum Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes berechtigt sein kann?

Tatbestand

1
I. Der Rechtsstreit betrifft den Vorsteuerabzug eines Gesellschafters aus der Übernahme eines Teils des Mandantenstammes bei der Realteilung einer Steuerberatungsgesellschaft.
2
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war bis zum 31. Dezember 1994 zu 60 % als Gesellschafter an der M & Partner Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Alt-GbR) beteiligt. Außer ihm waren die Steuerberater X und Y zu je 20 % Mitgesellschafter. Zum 31. Dezember 1994 wurde die Alt-GbR in der Weise aufgelöst, dass jeder der Gesellschafter einen Teil des Mandantenstammes übernahm. Die beiden Gesellschafter X und Y waren ab dem 1. Januar 1995 jeweils in Einzelkanzleien als Steuerberater freiberuflich tätig.
3
Zum 31. Dezember 1994 wurde unter maßgeblicher Beteiligung des Klägers eine neue GbR gegründet, die ab dem 1. Januar 1995 ebenfalls unter dem Namen M & Partner tätig war (Neu-GbR). An dieser Gesellschaft waren der Kläger zu 95 % und der Steuerberater Z zu 5 % beteiligt. Der Kläger überließ der Neu-GbR den von ihm übernommenen Mandantenstamm nach den –den Senat bindenden– Feststellungen des Finanzgerichts (FG) unentgeltlich zur unternehmerischen Nutzung.
4
Hinsichtlich der Alt-GbR hat das FG mit Urteil vom 24. September 2003  1 K 250/00 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 1776) entschieden, dass diese zum 31. Dezember 1994 durch Realteilung aufgelöst worden sei. Daraufhin setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) gegenüber der Alt-GbR Umsatzsteuer für 1994 für die Übertragung des Mandantenstammes fest. Der Umsatzsteuerbescheid für 1994 wurde bestandskräftig und die Umsatzsteuerschuld wurde beglichen.
5
Dementsprechend stellte die Alt-GbR, vertreten durch den Kläger, gegenüber dem Kläger unter Bezugnahme auf die „Realteilung zum 31.12.1994“ unter dem 16. August 2004 eine Rechnung in Höhe von … DM (= … EUR) mit gesondertem Umsatzsteuerausweis aus.
6
In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat August 2004 machte der Kläger die ihm für den Erwerb des Mandantenstammes in Höhe von … EUR in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Das FA versagte den Vorsteuerabzug. Im Rahmen des anschließenden Einspruchsverfahrens reichte der Kläger eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2004 ein, in der er außer dem geltend gemachten Vorsteuerabzug Umsätze aus der Geschäftsführertätigkeit für die Neu-GbR in Höhe von … EUR erklärte. Das FA wies den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Es vertrat die Auffassung, der Kläger habe zwar den Mandantenstamm aufgrund der Realteilung im Rahmen eines steuerbaren und steuerpflichtigen Leistungsaustauschs erhalten, den übernommenen Mandantenstamm aber nicht in seinem eigenen Unternehmen genutzt. Das Wirtschaftsgut sei vielmehr von der Neu-GbR als vom Kläger zu trennende Unternehmerin für deren unternehmerische Zwecke verwendet worden, so dass dem Kläger insoweit kein Vorsteuerabzug zustehe.
7
Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage statt und ließ die Revision zu. Sein Urteil ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2011, 945 veröffentlicht.
8
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Die Grundsätze des zwischenzeitlich ergangenen Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 1. März 2012 C-280/10 –Polski Trawertyn– (Amtsblatt der Europäischen Union –ABlEU– Nr. C 118, 2, Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 2012, 366, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2012, 461) seien schon deshalb im Streitfall nicht anzuwenden, weil es sich um ganz unterschiedliche Sachverhalte handele. Während der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens über den Vorsteuerabzug einer OHG befunden habe, gehe es im Streitfall um den Vorsteuerabzug eines Gründungsgesellschafters.
9
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
11
Er hält die Vorentscheidung im Ergebnis für zutreffend.

Entscheidungsgründe

12
II. Der Senat legt dem EuGH die im Leitsatz bezeichnete Frage zur Auslegung des Unionsrechts vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
13
1. Die maßgeblichen Vorschriften und Bestimmungen
14
a) Nationales Recht
15
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
16
Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, wobei das Unternehmen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers umfasst. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
17
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sieht vor, dass der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen kann. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.
18
b) Unionsrecht
19
Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) sieht vor, dass Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer unterliegen.
20
Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
21
Die in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.
22
Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige, der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die von ihm im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.
23
Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG ermächtigt die Mitgliedstaaten, Steuerpflichtigen, die in ihrem Hoheitsgebiet die Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen bewirken, Fristen für die Rechnungstellung zu setzen.
24
2. Zur Anrufung des EuGH
25
a) Der Senat neigt zu der Auffassung, dass dem Kläger der begehrte Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandantenstammes zusteht.
26
aa) Der Unternehmer ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) bezieht, die für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden oder verwendet worden sind (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 29. April 2004 C-137/02 –Faxworld–, Slg. 2004, I-5547, UR 2004, 362, Rz 24; vom 15. Dezember 2005 C-63/04 –Centralan Property–, Slg. 2005, I-11087, UR 2006, 418, Rz 52; vom 29. November 2012 C-257/11 –SC Gran Via Moinesti SRL–, HFR 2013, 80, MehrwertSteuerrecht –MwStR– 2013, 33, Rz 23; vom 6. Dezember 2012 C-285/11 –Bonik EOOD–, UR 2013, 195, HFR 2013, 192, MwStR 2013, 37, Rz 29).
27
Nach der Rechtsprechung des EuGH können die wirtschaftlichen Tätigkeiten i.S. von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG mehrere aufeinanderfolgende Handlungen umfassen. Dabei sind vorbereitende Tätigkeiten bereits der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen (vgl. z.B. EuGH-Urteile in ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461, Rz 28, und in HFR 2013, 80, MwStR 2013, 33, Rz 26, jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verlangt, dass schon die ersten Investitionsausgaben, die für die Zwecke eines Unternehmens und zu dessen Verwirklichung getätigt werden, als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen sind (EuGH-Urteil in ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461, Rz 29, m.w.N.).
28
Unabhängig davon, ob die Unternehmereigenschaft des Klägers bei Erwerb und Überlassung des Mandantenstammes sich ggf. auch aus einer Geschäftsführerstellung bei der Neu-GbR –die er lt. der Umsatzsteuererklärung im Streitjahr 2004 ausgeübt hat– ergeben könnte (vgl. zu den Voraussetzungen z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 14. April 2010 XI R 14/09, BFHE 230, 245, BStBl II 2011, 433), war der Kläger mit dem Erwerb des Mandantenstammes, den er anschließend der Neu-GbR unentgeltlich zur Nutzung im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit überließ, nach Auffassung des Senats jedenfalls bereits kraft seiner vorbereitenden Tätigkeit für die Neu-GbR unternehmerisch tätig (vgl. EuGH-Urteil in ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461, Rz 31, und Anmerkung Klenk, HFR 2012, 461, 463).
29
bb) Die Übertragung des Mandantenstammes erfolgte auch an den Kläger als Leistungsempfänger. Denn der Kläger hat den Mandantenstamm im eigenen Namen und für eigene Rechnung von der Alt-GbR im Wege einer Realteilung erworben und erst anschließend der Neu-GbR unentgeltlich zur Nutzung überlassen.
30
cc) Im Streitfall ist ferner das Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG der gesetzlich geschuldeten Steuer für den Eingangsbezug erfüllt. Denn für die Veräußerung des Mandantenstammes an den Kläger hatte das FA gegenüber der Alt-GbR für das Jahr 1994 Umsatzsteuer festgesetzt, die auch bezahlt wurde.
31
b) Der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs steht nach Auffassung des Senats nicht entgegen, dass der Kläger als Gesellschafter der Neu-GbR den erworbenen Mandantenstamm unentgeltlich der Neu-GbR zur Nutzung überlassen hat und insoweit kein steuerbarer Ausgangsumsatz (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 26. Januar 1984 V R 65/76, BFHE 140, 121, BStBl II 1984, 231, und vom 18. März 1988 V R 178/83, BFHE 153, 166, BStBl II 1988, 646; vgl. auch Abschn. 15.20. Abs. 1 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses) gegeben war, so dass es grundsätzlich an dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Eingangsumsatz und einem steuerpflichtigen Ausgangsumsatz fehlte.
32
aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache –Polski Trawertyn– darf der Umstand, dass die Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft durch deren Gesellschafter ein von der Umsatzsteuer befreiter Umsatz ist, nicht dazu führen, dass die Gesellschafter im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit mit der Umsatzsteuer belastet werden, ohne dass sie diese abziehen oder erstattet bekommen können (Urteil in ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461, Rz 31, 32). Die Art. 9, 168 und 169 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach weder die Gesellschafter einer Gesellschaft noch die Gesellschaft selbst ein Recht auf Vorsteuerabzug für Investitionskosten geltend machen dürfen, die vor Gründung und Eintragung dieser Gesellschaft von den Gesellschaftern für die Zwecke und im Hinblick auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft getragen wurden (EuGH-Urteil in ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461).
33
Der EuGH verweist in diesem Zusammenhang auf seine Rechtsprechung, wonach ein Steuerpflichtiger, dessen einziger Geschäftszweck die Vorbereitung der wirtschaftlichen Tätigkeit eines anderen Steuerpflichtigen ist und der keinen steuerbaren Umsatz ausgeführt hat, in Anwendung des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer ein Vorsteuerabzugsrecht im Zusammenhang mit steuerbaren Umsätzen geltend machen kann, die von dem zweiten Steuerpflichtigen bewirkt wurden (Urteil in ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461, Rz 33, 34, unter Hinweis auf EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-5547, UR 2004, 362, Rz 41 und 42).
34
bb) Der Senat hält diese Rechtsprechung für anwendbar, weil seiner Auffassung nach der Streitfall mit den vom EuGH entschiedenen Fällen vergleichbar ist. Insbesondere hätte im Streitfall die Neu-GbR als eigenständiges Unternehmen keinen eigenen Anspruch auf Vorsteuerabzug aus den Kosten für den Erwerb des Mandantenstammes, weil es an einem steuerbaren Eingangsumsatz und einer entsprechend erteilten Rechnung fehlt. Bei der Versagung des Vorsteuerabzugs auch beim Kläger als Gründungsgesellschafter bliebe es andernfalls im Streitfall entgegen dem Neutralitätsprinzip (vgl. dazu auch EuGH-Urteil vom 19. Dezember 2012 C-549/11 –Orfey–, HFR 2013, 188, Rz 33, 34) bei einer Belastung der unternehmerischen Sphäre mit Umsatzsteuer, obwohl die Erwerbskosten im Rahmen einer vorbereitenden unternehmerischen Tätigkeit des Klägers angefallen sind und ein Wirtschaftsgut –hier den Mandantenstamm– betreffen, das ausschließlich für unternehmerische Zwecke der Neu-GbR verwendet werden soll und von vornherein für eine außerunternehmerische Nutzung nicht in Betracht kommt. Auch Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Vorsteuerabzugs (vgl. dazu EuGH-Urteil in ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461, Rz 36) liegen nicht vor.
35
c) Die Auffassung des Senats, die auf einer entsprechenden Auslegung des EuGH-Urteils –Polski Trawertyn– (ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461) beruht (vgl. dazu z.B. Klenk, HFR 2012, 463; Korn, Neue Wirtschafts-Briefe 2013, 416), wird von dem ebenfalls für umsatzsteuerrechtliche Streitfälle zuständigen V. Senat des BFH nicht geteilt.
36
aa) Der V. Senat des BFH hat auf eine vorsorglich gestellte Anfrage des Senats (Beschluss vom 14. November 2012 XI R 26/10, BFH/NV 2013, 417) mitgeteilt, dass er an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält, wonach ein Gesellschafter, der ein Wirtschaftsgut außerhalb einer eigenen wirtschaftlichen (unternehmerischen) Tätigkeit nach § 2 UStG erwirbt und dieses seiner Gesellschaft unentgeltlich zur Nutzung überlässt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (vgl. BFH-Urteile vom 15. Januar 1987 V R 3/77, BFHE 149, 272, BStBl II 1987, 512; in BFHE 153, 166, BStBl II 1988, 646; vom 16. Mai 2002 V R 4/01, BFH/NV 2002, 1347, und vom 6. September 2007 V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710, HFR 2008, 840). Er stimmt einer Abweichung von dieser Rechtsprechung nicht zu (BFH-Beschluss vom 6. Dezember 2012 V ER-S 2/12, BFH/NV 2013, 418).
37
Der V. Senat des BFH hält es für zweifelhaft, ob die Ausführungen des EuGH in seinem Urteil –Polski Trawertyn– (ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461) auf den Streitfall übertragbar sind. So sei schon fraglich, ob hier ein „Investitionsumsatz“ vergleichbar dem dem EuGH-Urteil –Polski Trawertyn– (ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461) zugrunde liegenden Sachverhalt gegeben sei. Denn ein Investitionsumsatz der Gesellschaft setze den Erwerb eines Investitionsguts (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 16. Februar 2012 C-118/11 –Eon Aset Menidjmunt OOD–, ABlEU Nr. C 98, 9, UR 2012, 230, HFR 2012, 454, Rz 33, 34, 45 f. und 53) voraus. Hieran fehle es, wenn ein Investitionsgut der Gesellschaft nur zur Nutzung überlassen werde, wie dies hier bei dem Mandantenstamm der Fall gewesen sei.
38
Zweifelhaft sei ferner, ob die Grundsätze des EuGH-Urteils –Polski Trawertyn– (ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461) nur für gemeinsame Leistungsbezüge durch alle Gesellschafter oder auch für Leistungsbezüge durch einzelne Gesellschafter gelten würden, und außerdem, ob sich bereits aus dem Unionsrecht ein gegenüber dem Vorsteuerabzug der Gesellschaft vorrangiger Anspruch der Gesellschafter auf Vorsteuerabzug ergebe.
39
Schließlich handele es sich im Streitfall bei dem „Ausgangsumsatz“ des Klägers nicht um eine steuerbare, aber von der Steuer befreite Leistung wie in dem dem EuGH-Urteil –Polski Trawertyn– (ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461) zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern schon um einen nicht steuerbaren Vorgang.
40
bb) Der erkennende Senat hält die vom V. Senat genannten Bedenken wegen des vom EuGH in seiner Rechtsprechung hervorgehobenen Neutralitätsprinzips (vgl. Urteile in ABlEU Nr. C 118, 2, UR 2012, 366, HFR 2012, 461, sowie z.B. auch in HFR 2013, 188, Rz 33, 34) nicht für durchgreifend und richtet insoweit das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH.
41
3. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
42
4. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung.

Zuwendungen an eine Unterstützungskasse als Betriebsausgaben

Finanzgericht Köln, 10 K 2448/10

Datum: 01.03.2012
Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 10. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 10 K 2448/10
Nachinstanz:
Bundesfinanzhof, I B 49/12
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

 

 

 

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

1Tatbestand

2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bzw. in welcher Höhe die Klägerin Zuwendungen an eine Unterstützungskasse als Betriebsausgaben abziehen darf.

3Die Klägerin ist eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft.

4Für die Jahre 2004 bis 2006 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Dabei stellte der Prüfer unter anderem fest (wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 2.5 des BP-Berichts vom 30. Januar 2009 Bezug genommen):

5Die Klägerin hat ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer am 01.Oktober 1994 eine rückgedeckte Pensionszusage erteilt. Mit Gesellschafterbeschluss vom 13. November 2006 beschloss sie, die aus der Pensionszusage resultierende Verpflichtung auf den A Unterstützungskasse e.V. (A) zu übertragen. Mit dem A wurde am 20.11.2006 eine entsprechende Vereinbarung getroffen. Nach dieser Vereinbarung sollte die Klägerin als Trägerunternehmen dem A die für die Erbringung der Versorgung erforderlichen Geldmittel innerhalb von 10 Tagen nach entsprechender Aufforderung zahlen. Eine Zuwendung an den A erfolgte jedoch nicht. Vielmehr übernahm die Versorgungskasse B e.V. (B) mit Vertrag vom 15. Dezember 2006 die Verpflichtung zur Erfüllung der Versorgungszusage von dem A und mit Vertrag vom selben Tag trat die Klägerin auch dem B bei. Aufgrund der Übernahme der Versorgungszusage hätte die A einen entsprechenden Geldbetrag an den B zu leisten gehabt. Diesen hat sie jedoch tatsächlich nicht gezahlt. Vielmehr hat die Klägerin die Geldmittel unmittelbar zur Verfügung gestellt. Es sind folgende Zahlungen geleistet worden:

6Einmalprämie in Höhe von 241.000,– € im Jahr 2006 durch Übertragung bestehender Rückdeckungsversicherungen der Klägerin bei der C-Versicherung und bei der D-Versicherung,

7weitere laufende Zuwendungen in den 3 nachfolgenden Jahren von insgesamt 52.851,– €.

8Die Klägerin löste die zum 31.12.2005 bestehende Pensionsrückstellung in Höhe von 241.506,– € gewinnerhöhend in 2006 auf. Der aktivierte Versicherungsanspruch wurde aufgrund der Übertragung auf die Unterstützungskasse gewinnmindernd mit 120.424,08 € ausgebucht.

9Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Gewinnminderung wegen § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG nicht erfolgen durfte und rechnete deshalb den Betrag dem Gewinn wieder hinzu.

10Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ am 18. Februar 2009 einen erstmaligen Körperschaftsteuerbescheid, in dem er als „sonstige nichtabziehbare Aufwendungen“ den Betrag von 120.424,– € erfasste. Daraus ergab sich als Folge, dass ein vortragsfähiger Verlust zum 31.12.2006 nicht mehr bestand. Außerdem zog der Beklagte entsprechende Folgen bei der Gewerbesteuer.

11Während des hiergegen eingelegten Einspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 30. April 2010 einen Änderungsbescheid, in dem die Körperschaftsteuer insgesamt zwar gemindert wurde, die „sonstige nichtabziehbare Aufwendung“ nunmehr aber mit 241.506,– € angesetzt wurden. Bei der Ermittlung des Steuerbilanzgewinns machte der Beklagte sowohl die Gewinnerhöhung aus der Ausbuchung der Rückstellung als auch die Gewinnminderung aus der Ausbuchung des Versicherungsanspruchs rückgängig.

12Anschließend wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2010, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

13Mit der Klage trägt die Klägerin vor:

14Entgegen der Auffassung des Beklagten sei in ihrem Fall nicht Buchstabe c des § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 anzuwenden, sondern vielmehr Buchstabe d. Danach sei der Betrag als Betriebsausgabe abzugsfähig. Im vorliegenden Fall sei in einem ersten Schritt eine Ausgliederung der Versorgungsverpflichtung auf die A vorgenommen worden. Zuwendungen für diesen Vorgang seien nicht vorgenommen worden. Erst im zweiten Schritt sei eine Übernahme der Versorgungsverpflichtung durch den B erfolgt. Hinsichtlich der Höhe der möglichen Zuwendung nach Buchstabe d gebe weder das Gesetz noch irgendeine Verwaltungsanweisung eine Größe vor. Die erstverpflichtete Unterstützungskasse werde dem „anderen Versorgungsträger“ ein Entgelt für die Übernahme der zukünftigen Versorgungsverpflichtung zahlen müssen.

15Die Klägerin beantragt sinngemäß,

16unter Änderung der angefochtenen Bescheide die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer mit der Maßgabe neu festzusetzen, dass die Hinzurechnung von 241.506,– € bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte rückgängig gemacht wird und demensprechend die Bescheide über die Feststellung des vortragsfähigen Verlusts bzw. Gewerbeverlusts zum 31.12.2006 geändert werden.

17Der Beklagte beantragt,

18die Klage abzuweisen,

19hilfsweise die Revision zuzulassen.

20Entscheidungsgründe

21Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

22Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -.

23Die Ausbuchung des Rückdeckungsanspruchs durfte nicht den Gewinn mindern.

24Zwar sind die Voraussetzungen des § 4d Abs. 1 Satz 1 Buchst. d des Einkommensteuergesetzes – EStG – erfüllt. Danach dürfen Zuwendungen an eine Unterstützungskasse abgezogen werden, soweit sie den Betrag nicht übersteigen, den die Kasse an einen anderen Versorgungsträger zahlt, der eine ihr obliegende Versorgungsverpflichtung übernommen hat.

25Diese Vorschrift ist im Streitfall aber wegen § 42 der Abgabenordnung – AO – nicht anzuwenden. Vielmehr ist § 4d Abs. 1 Satz 1 Buchst. c Satz 2 einschlägig, der einen Betriebsausgabenabzug untersagt, wenn nicht jährliche Beträge gezahlt werden, d.h. mit anderen Worten, ein Einmalbetrag ist nicht abzugsfähig.

26Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AO darf durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht umgegangen werden. Nach Absatz 2 der vorgenannten Vorschrift liegt ein Missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt.

27Hätte die Klägerin die Versorgungszusage unmittelbar auf den B übertragen, wäre die Ausbuchung des Rückdeckungsanspruchs nicht erfolgsmindernd zu berücksichtigen gewesen. Dann wäre unzweifelhaft § 4d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG einschlägig gewesen. Nur dadurch, dass zunächst der Umweg über die A gewählt wurde, konnte es zu dem gewinnmindernden Abzug eines Einmalbetrages kommen. Für diese Umweggestalltung sind keine vernünftigen Gründe erkennbar. Vielmehr ist aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs davon auszugehen, dass von Anfang an die Übertragung der Versorgungsansprüche auf den B hin geplant war. Auch hat die Klägerin selber die Mittel für den B zur Verfügung gestellt. Es handelt sich nicht um Zahlungen der A an den B.

28Die Klägerin hat keine Argumente dafür vorgetragen warum nicht unmittelbar die Übertragung auf den B vorgenommen wurde. Ihre Ausführungen beziehen sich nur allgemein und, in diesem Sinne vollkommen richtig, auf die Frage der Auslagerung von Pensionszusagen.

29Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.