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BMF: Umsatzsteuerliche Behandlung von labordiagnostischen Typisierungsleistungen

Nach Abschnitt 4.14.5 Abs. 7 Satz 4 und 5 UStAE sind labordiagnostische Typisierungs-leistungen, die im Rahmen der Vorbereitung einer Stammzellentransplantation zur Suche nach einem geeigneten Spender für die Behandlung einer lebensbedrohlich erkrankten Person durch Einrichtungen erbracht werden, die durch das Zentrale Knochenmarkspender-Register Deutschland beauftragt werden, gemäß § 4 Nr. 14 Buchstabe b Satz 2 Doppelbuchstabe bb UStG umsatzsteuerfrei.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird in Abschnitt 4.14.5 Abs. 7 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 28. Oktober 2013 – IV D 3 – S-7160-h / 08 / 10002 (2013/0976379), BStBl I S. XXXX, geändert worden ist, nach Satz 5 folgender neuer Satz 6 angefügt:

„6) Die vertragliche Regelung zwischen dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Zentralen Knochenmarkspender-Register Deutschland schließt auch labordiagnostische Typisierungsleistungen von durch zugelassene Spenderdateien beauftragte Labore mit ein.“

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Umsätze, die vor dem 1. Januar 2014 erbracht werden, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von Abschnitt 4.14.5 Abs. 7 Satz 6 UStAE umsatzsteuerpflichtig behandelt.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7170 / 13 / 10002 vom 31.10.2013

Eine Einkommensteuererstattung, die aus einer vom Insolvenzverwalter freigegebenen Tätigkeit resultiert, gehört nicht zur Insolvenzmasse!

Der 14. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem am 04.11.2013 veröffentlichten Urteil vom 27. September 2013 (14 K 1917/12 AO) entschieden, dass der durch eine vom Insolvenzverwalter freigegebene Tätigkeit erworbene Einkommensteuererstattungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse fällt. Er kann daher vom Finanzamt mit vorinsolvenzrechtlichen Steuerschulden verrechnet werden.

Über das Vermögen des Insolvenzschuldners war im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Als Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestellt. Der Insolvenzschuldner war weiterhin als gewerblicher Dienstleister selbständig tätig. Diese Tätigkeit hatte der Kläger noch im Jahr 2009 aus der Insolvenzmasse freigegeben (§ 35 Abs. 2 Satz 1 InsO).

Das beklagte Finanzamt setzte für das Jahr 2010 Einkommensteuervorauszahlungen gegenüber dem Insolvenzschuldner fest, der die Vorauszahlungen aus seinem insolvenzfreien Vermögen leistete. Im Jahr 2011 erließ das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010. Den sich danach zugunsten des Insolvenzschuldners ergebenden Erstattungsanspruch verrechnete das Finanzamt mit dessen Einkommensteuerrückständen aus dem Jahr 2009. Der Kläger sah dies als unzulässig an und begehrte die Auszahlung des Erstattungsanspruchs zur Insolvenzmasse. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Zu Recht, wie jetzt der 14. Senat des Finanzgerichts Münster bestätigt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers stehe § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO der Aufrechnung durch das Finanzamt nicht entgegen. Werde eine selbständige Tätigkeit – wie im Streitfall – vom Insolvenzverwalter ohne Einschränkung freigegeben, gehörten die Forderungen und Verbindlichkeiten, die hierdurch veranlasst seien, nicht zur Insolvenzmasse, sondern zum insolvenzfreien Vermögen. Dies gelte auch für Steuerschulden und Steuererstattungsansprüche. Der Insolvenzschuldner müsse nicht nur die im Zusammenhang mit der freigegebenen Tätigkeit entstehenden Steuern zahlen, sondern habe konsequenterweise auch einen Anspruch auf Erstattung überzahlter Beträge. Die vom Bundesfinanzhof für Umsatzsteuervergütungsansprüche entwickelte Rechtsprechung sei auf Einkommensteuererstattungsansprüche zu übertragen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 04.11.2013 zum Urteil 14 K 1917/12 vom 27.09.2013

Finanzgericht Münster, 14 K 1917/12 AO

Datum:
27.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 1917/12 AO
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob ein Einkommensteuer(ESt)-Erstattungsanspruch zur Insolvenzmasse gehört.

3Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn X   K   (K   ) bestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am 21.12.2009 eröffnet. K   betrieb sowohl vor als auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen gewerblichen Dienstleistungsbetrieb. Mit Schreiben vom 22.12.2009 gab der Kläger die vorgenannte selbstständige Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 Satz 1, 2 InsO aus der Insolvenzmasse frei. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

4″Insolvenzverfahren über das Vermögen des …

5hier: Freigabe selbstständige Tätigkeit

6Sehr geehrter Herr K   ,

7in der vorgenannten Angelegenheit sind Sie unter der Anschrift … selbstständig tätig. Geschäftsgegenstand sind Montagearbeiten, Sonstige Tätigkeiten und Arbeiten für andere Unternehmen. Diese selbstständige Tätigkeit gebe ich hiermit gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO aus der Insolzvenzmasse zu Ihren Gunsten frei. Auf § 295 Abs. 2 InsO weise ich vorsorglich hin.“

8Die Freigabe wurde vom Insolvenzgericht am 23.12.2009 veröffentlicht. Das Unternehmen wurde zum 30.06.2010 abgemeldet.

9Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einkünfte aus der freigegebenen gewerblichen Tätigkeit setzte der Beklagte mit Bescheid vom 09.12.2009, zuletzt geändert am 15.02.2011, für das I. bis III. Quartal 2010 jeweils ESt-Vorauszahlungen i.H.v. 278 € gegenüber K   und seiner mit ihm zusammen zur ESt veranlagten Ehefrau fest. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Vorauszahlungen von dem Girokonto des K   aus dessen insolvenzfreien Vermögen bezahlt wurden.

10Die ESt 2010 für die Eheleute K   wurde mit Bescheid vom 05.05.2011 auf null festgesetzt. Hierbei wurden Einkünfte des K   aus Gewerbebetrieb i.H.v. 10.796 € und aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 8.880 € berücksichtigt. Für die Ehefrau des K    wurden keine Einkünfte angesetzt.

11Unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen i.H.v. 834 € und Säumniszuschlägen i.H.v. 18 € ergab sich ein Steuererstattungsanspruch i.H.v. 816 €. Mit Schreiben vom 09.06.2011, gerichtet an die Eheleute K   , rechnete der Beklagte den Erstattungsanspruch in voller Höhe gegen Einkommensteuerrückstände 2009 auf.

12Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 11.07.2011 die Auszahlung des ESt-Guthabens 2010 begehrt hatte, wurde am 07.03.2012 der streitgegenständliche Abrechnungsbescheid erlassen. Der Beklagte stellte hierin im Ergebnis fest, dass dem Kläger kein Erstattungsanspruch zustehe. Der sich aus der ESt-Veranlagung 2010 ergebende Erstattungsanspruch sei in Höhe von 18 € durch Umbuchung auf Säumniszuschläge zur ESt-Vorauszahlung IV. Quartal 2010 und in Höhe von 816 € durch Aufrechnung mit ESt-Schulden 2009 der Eheleute K   erloschen. Zur Begründung heißt es weiter, der Erstattungsanspruch sei dem insolvenzfreien Vermögen zugerechnet worden, weil aus diesem auch die zur Erstattung führenden Vorauszahlungen geleistet worden seien. Dementsprechend stehe das Guthaben zur Verrechnung mit Insolvenzforderungen zur Verfügung, zumal Aufrechnungsverbote – insbesondere § 96 Abs. 1 Nr. 1-4 InsO – nicht einschlägig seien.

13Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 22.05.2012 als unbegründet zurückgewiesen.

14Der Kläger wandte sich sodann an das Gericht und beantragte Prozesskostenhilfe (PKH) für eine gegen den Abrechnungsbescheid noch zu erhebende Klage, die sich auf die Feststellung eines Erstattungsanspruch i.H.v. 834 € richten sollte. Der Senat gewährte dem Kläger mit Beschluss vom 08.10.2012 lediglich PKH, soweit sich die beabsichtigte Klage auf die Feststellung eines Erstattungsanspruch i.H.v. 417 € beziehen würde. Begründet wurde dies damit, dass der Erstattungsanspruch auf beide Ehegatten je zur Hälfte entfalle und der Kläger allenfalls hinsichtlich der Hälfte des K    anspruchsberechtigt sein könne.

15Der Kläger hat sodann mit dem Ziel der Feststellung eines Erstattungsanspruch von 417 € Klage erhoben und Wiedereinsetzung in die Klagefrist beantragt.

16Er ist der Auffassung, dass der Erstattungsanspruch zur Insolvenzmasse gehöre. Nach § 35 InsO erfasse das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Folglich würden auch Steueransprüche, die ein Insolvenzschuldner während des Insolvenzverfahrens erlange, in die Insolvenzmasse fallen. Zu betonen sei in diesem Zusammenhang, dass etwaige Steuererstattungsansprüche von ihm – dem Kläger – auch nicht freigegeben worden seien. Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 InsO könne der Insolvenzverwalter lediglich Vermögen aus einer Tätigkeit freigegeben. Bei dem ESt-Erstattungsanspruch handele es sich nicht um Vermögen aus einer Tätigkeit des Schuldners, sondern um einen Anspruch aus einem Steuerschuldverhältnis.

17Der Kläger beantragt,

18den Abrechnungsbescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.05.2012 dahingehend zu ändern, dass festgestellt wird, dass er Anspruch auf Erstattung der ESt 2010 in Höhe von 417 € hat,

19hilfsweise, die Revision zuzulassen.

20Der Beklagte beantragt,

21die Klage abzuweisen,

22hilfsweise, die Revision zuzulassen.

23Er verweist darauf, dass die ESt-Vorauszahlungen in keinerlei Zusammenhang mit der „insolvenzverursachenden bisherigen Tätigkeit“ stehen würden. In dem Vorauszahlungsbescheid sei nur der aus der freigegebenen Tätigkeit zu erwartende Gewinn berücksichtigt worden, nicht aber etwaige Gewinne/Verluste aus der insolvenzbehafteten Tätigkeit. Auch habe K   die Vorauszahlungen aus seinem insolvenzfreien Vermögen bezahlt. Würde man den Erstattungsanspruch dennoch der Insolvenzmasse zurechnen, würde sich der Steuerpflichtige schlechter stellen, als wenn er die ESt-Vorauszahlungen gar nicht entrichtete hätte.

24Der Einwand des Klägers, dass keine Freigabe vorliege, weil es sich bei einem ESt-Erstattungsanspruch nicht um „Vermögen aus einer Tätigkeit“ handele, überzeuge nicht. Denn zum einen seien die aufgrund der aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit erworbenen Ansprüche aus dem Insolvenzbeschlag vorbehaltlos freigegeben worden und zum anderen handele es sich auch bei ESt-Erstattungsansprüchen um Forderungen, die auf Geld gerichtet seien und damit Vermögen darstellen würden. Sei dieser Vermögensgegenstand, wie z.B. ein USt-Erstattungsanspruch, eindeutig auf die freigegebene Tätigkeit zurückzuführen, dann gehöre er nicht zur Insolvenzmasse.

25Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegte Finanzamtsakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

26Entscheidungsgründe:

271. Die Klage ist zulässig.

28Insbesondere ist die Klagefrist gewahrt.

29Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist in den Fällen, in denen ein isolierter Antrag auf PKH gestellt worden ist, dem Kläger Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren, wenn dieser bis zum Ablauf der Klagefrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Erhebung der Klage geschaffen hat und er nach der –stattgebenden oder ablehnenden– Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsbehelfsfrist stellt (vgl. BFH, Beschluss vom 09.04.2013 – III B 247/11, BFH/NV 2013, 1112 m.w.N).

30So verhält es sich auch hier. Der Kläger hat innerhalb der Klagefrist das PKH-Gesuch zusammen mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den entsprechenden Belegen eingereicht und die Gründe für die beabsichtigte Klage dargelegt. Außerdem hat er innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des PKH-Beschlusses vom 08.10.2012 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

312. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

32Der Abrechnungsbescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.05.2012 ist rechtmäßig.

33Streitgegenstand sind dabei lediglich die Feststellungen des Abrechnungsbescheids, die sich auf die auf K   entfallende Hälfte des Erstattungsanspruchs beziehen. Der Beklagte hat insoweit zu Recht festgestellt, dass dieser Erstattungsanspruch zum insolvenzfreien Vermögen gehört und durch Aufrechnung mit Steuerschulden des K    erloschen ist.

34Dass K   ein ESt-Erstattungsanspruch für 2010 i.H.v. 417 € zustand, dass diesem Anspruch Steuerforderungen des Beklagten für ESt 2009 und Säumniszuschläge zur ESt IV. Quartal 2010 gegenüberstanden und dass die allgemeinen Voraussetzungen der Aufrechnung (§ 226 Abs. 1 AO, §§ 387 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs) vorlagen, ist weder fraglich noch streitig. Streitig ist vielmehr im Wesentlichen, ob der Erstattungsanspruch zur Insolvenzmasse gehört, mit der Folge, dass das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO zur Anwendung kommt. Dies ist zu verneinen.

35Gem. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist. Zur Insolvenzmasse gehört nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt, also auch eine nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner erworbene Forderung.

36Von der Insolvenzmasse ist zum einen der vorinsolvenzrechtliche Vermögensteil abzugrenzen und zum anderen das nicht zur Insolvenzmasse gehörende insolvenzfreie Vermögen. Letzteres entsteht dann, wenn der Insolvenzverwalter einen zur Masse gehörenden bzw. künftig in diese fallenden Vermögensgegenstand freigibt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO zu beachten, wonach der Insolvenzverwalter in den Fällen, in denen der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt oder auszuüben beabsichtigt, dem Schuldner gegenüber zu erklären hat, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können.

37Im Streitfall hat der Kläger die gewerbliche Tätigkeit des K   unmittelbar nach Insolvenzeröffnung, nämlich am 22.12.2009, freigegeben. Wird eine selbständige Tätigkeit freigegeben, gehören die Forderungen und Verbindlichkeiten, die durch die selbständige Tätigkeit veranlasst sind, nicht zur Insolvenzmasse, sondern zum insolvenzfreien Vermögen. Dies gilt auch für die Steuerschulden und Steuererstattungsansprüche, die in Zusammenhang mit der freigegebenen Tätigkeit stehen. Soweit der Kläger insoweit vorträgt, dass ein Insolvenzverwalter nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 InsO lediglich „Vermögen aus einer Tätigkeit“ freigeben könne und es sich bei einem ESt-Erstattungsanspruch nicht um „Vermögen aus einer Tätigkeit des Schuldners“ handele, sondern um einen Anspruch aus einem Steuerschuldverhältnis, welchen er – der Kläger – gerade nicht frei gegeben habe, verkennt er die Reichweite der Freigabe. Wird die Freigabe – wie hier mit Schreiben vom 22.12.2009 – ohne Einschränkungen ausgesprochen, sind alle Forderungen und Verbindlichkeiten, die durch die selbständige Tätigkeit veranlasst sind, freigegeben. Hierzu gehören zweifelsohne auch die Steuern, die auf die durch eine freigegebene Tätigkeit erzielten Umsätze und Gewinne entfallen, und daher – im Gegenzug – zugleich auch die Steuererstattungsansprüche, die sich durch eine Überzahlung der durch die insolvenzfreie Tätigkeit ausgelösten Steuern ergeben.

38Für den Bereich der Umsatzsteuer hat der BFH bereits mehrfach entschieden, dass ein durch eine freigegebene Tätigkeit erworbener Umsatzsteuervergütungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse fällt und vom Finanzamt mit vorinsolvenzlichen Steuerschulden verrechnet werden kann (BFH, Beschluss vom 01.09.2010 – VII R 35/08, BStBl II 2011, 336; Beschluss vom 23.08.2011 – VII B 8/11, BFH/NV 2011, 2115). Daran, dass diese Grundsätze auch für sonstige Steuerarten – insbesondere für die ESt – gelten, hat der Senat keinen Zweifel. Zu beachten ist in Bezug auf die ESt lediglich, dass der Erstattungsanspruch – je nach der Art der erzielten Einkünfte – ggfs. aufzuteilen ist in einen Teil, der zum insolvenzfreien Vermögen gehört, und einen Teil, der in die  Insolvenzmasse fällt.

39Der ESt-Erstattungsanspruch des K   für das Jahr 2010 gehört in voller Höhe zum insolvenzfreien Vermögen, und zwar schon deshalb, weil die ESt auf null festgesetzt worden ist und die Überzahlung von insgesamt 834 € (davon 417 € für K   ) ausschließlich auf den mit Bescheid vom 09.12.2009 angeforderten Vorauszahlungen zur ESt 2010 beruht, bei deren Berechnung nur die Einkünfte des K   aus Gewerbebetrieb zu Grunde gelegt worden sind. Auf die im ESt-Bescheid 2010 vom 05.05.2011 ebenfalls angesetzten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des K    sind dagegen keine Vorauszahlungen geleistet worden und es sind insoweit auch keine Steuern vom Lohn einbehalten worden.

40Davon abgesehen wurden die Vorauszahlungen auch aus dem insolvenzfreien Vermögen des K   bezahlt. Hier zeigt sich letztlich auch die Widersprüchlichkeit der Argumentation des Klägers. Denn dieser will nur in den Genuss der mit der freigegebenen Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Steuererstattungsansprüche kommen, nicht aber zugleich auch die durch die freigegebene Tätigkeit ausgelösten Steuern zahlen. Es kann jedoch nicht richtig sein, dass der Insolvenzschuldner die in Zusammenhang mit der freigegebenen Tätigkeit festgesetzten Steuern aus seinem eigenen (insolvenzfreien) Vermögen bezahlen muss, er diese im Fall einer Überzahlung jedoch nicht wieder zurückerhält, sondern die überzahlten Beträge der Insolvenzmasse zu Gute kommen. Denn dies würde letztlich bedeuten, dass sich der Steuerpflichtige, der die durch die freigegebene Tätigkeit veranlassten Steuervorauszahlungen pflichtwidrig nicht begleicht (und infolgedessen auch nichts überzahlt), sich im Ergebnis besser stellt als derjenige, der seine Steuerpflichten ordnungsgemäß erfüllt.

41Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Eine ausdrückliche höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob ein ESt-Erstattungsanspruch, der in Zusammenhang mit einer aus dem Insolvenzbeschlag freigegebenen Tätigkeit des Insolvenzschuldners steht, zum insolvenzfreien Vermögen gehört, liegt – soweit ersichtlich – bislang nicht vor.

Kindergeldanspruch für Kinder in dualem Studium nicht eingeschränkt

Der 2. Senat hat in einem heute veröffentlichten Urteil vom 15. Mai 2013 (2 K 2949/12 Kg ) entschieden, dass ein duales Studium als Erstausbildung bzw. Erststudium anzusehen und daher die Erwerbstätigkeit des Kindes unschädlich ist (vgl. § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

Im Streitfall begann der Sohn der Klägerin nach dem Abitur ein duales Studium zum Bachelor im Studiengang Steuerrecht. Neben dem Studium absolvierte er eine studienintegrierte praktische Ausbildung zum Steuerfachangestellten. Beides schloss er erfolgreich ab: Die Prüfung zum Steuerfachangestellten legte der Sohn bereits im Jahr 2011 ab, der „Bachelor“ wurde ihm im März 2013 – noch vor Vollendung des 25. Lebensjahres – verliehen. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2012 auf, weil sie der Auffassung war, dass die Erstausbildung des Sohnes der Klägerin bereits mit der Prüfung zum Steuerfachangestellten im Jahr 2011 beendet gewesen sei. Das (erst später beendete) Studium stelle eine Zweitausbildung dar.

Dem ist der 2. Senat des Finanzgerichts Münster entgegen getreten. Er hat klargestellt, dass sich der Sohn der Klägerin noch bis zum Abschluss seines Studiums in einer Berufsausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG befunden habe. Die seit 2012 geltende gesetzliche Neuregelung des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG, die den Anspruch auf Kindergeld einschränke, wenn das Kind seine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium abgeschlossen habe, stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Ein ausbildungs- und praxisintegrierender Studiengang (Duales Studium) sei als Erstausbildung bzw. Erststudium anzusehen. Dieser sei erst abgeschlossen, wenn der angestrebte akademische Grad erreicht sei bzw. das Studium aus anderen Gründen ende.

Die Familienkasse hat gegen die Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. III B 63/13).

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 04.11.2013 zum Urteil 2 K 2949/12 vom 15.05.2013

Finanzgericht Münster, 2 K 2949/12 Kg

Datum:
15.05.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 K 2949/12 Kg
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Der Aufhebungsbescheid vom 21.02.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2012 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

1T a t b e s t a n d

2Zu entscheiden ist, ob sich der Sohn der Klägerin noch in einer Erstausbildung bzw. in einem Erststudium i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes (StVerG) 2011 (n.F.) befindet.

3Die Klägerin bezog laufend Kindergeld für ihren am xx.yy.1988 geborenen Sohn Q.. Dieser nahm nach dem Abitur am 01.09.2008 eine duales Studium zum Bachelor in dem Studiengang Steuerrecht an der Hochschule für Ökonomie & Management in F-Stadt auf (F). Das Studium sollte enden am 29.02.2012. Parallel absolvierte er eine studienintegrierte praktische Ausbildung zum Steuerfachangestellten. Diese Ausbildung begann er am 01.08.2008. Im Juni 2011 legte er die Prüfung zum Steuerfachangestellten vor der Steuerberaterkammer xxx ab. Im März 2013 bescheinigte ihm die F den erfolgreichen Abschluss des Studiengangs Steuerrecht. Sie verlieh ihm den Titel Bachelor of Arts.

4Bis zum Abschluss seiner Ausbildung zum Steuerfachangestellten war der Kläger in der Steuerberaterpraxis N. GbR (N.) angestellt. Hier war ihm die Möglichkeit der dualen Ausbildung angeboten worden. Seit dem 01.08.2011 ist er bei den Steuerberatern T. und E. beschäftigt. Nach deren Erklärungen vom 12.04. und 12.06.2012 setzt der Sohn der Klägerin seine Ausbildung in dieser Steuerberaterkanzlei fort. Er werde hier studienbegleitend betreut. Ein schriftlicher Vertrag über Inhalt und Umfang der Tätigkeit liegt nicht vor. Der Sohn der Klägerin arbeitet nach eigenen Angaben mehr als 20 Stunden wöchentlich. Seine Entlohnung entspricht der eines Steuerfachangestellten.

5Der Beklagte hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 16.02.2012 ab dem 01.01.2012 auf. Gleichzeitig forderte die Beklagte das überzahlte Kindergeld für die Monate Januar und Februar 2012 zurück. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

6Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Weiterzahlung des Kindergeldes über den 01.01.2012 hinaus. Zur Begründung führt sie aus, ihr Sohn befinde sich bis zum Abschluss des dualen Studiums noch in der Ausbildung. Er habe mit Ablegen der Prüfung zum Steuerfachangestellten seine Erstausbildung noch nicht beendet. Entgegen der Auffassung der Beklagten stellten der Studiengang an der F und die Ausbildung zum Steuerfachangestellten keine zwei verschiedenen Ausbildungen dar. Dem stehe schon entgegen, dass die Aufnahme des Studiums eine Ausbildung zum Steuerfachangestellten zur Bedingung mache. So habe die ausbildende Steuerkanzlei N. damit geworben, dass sie eine dualen Ausbildung durchführe.

7Die Klägerin beantragt,

8den Bescheid vom 16.02.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2012 aufzuheben.

9Die Beklagte beantragt,

10die Klage abzuweisen.

11Zur Begründung verweist sie zunächst auf ihre Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt sie aus, der Sohn der Klägerin habe seine Ausbildung mit Ablegen der Prüfung zum Steuerfachangestellten am 22.06.2011 erfolgreich absolviert. Bei der Ausbildung zum Steuerfachangestellten und dem Studiengang Steuerrecht an der F handele es sich um zwei verschiedene Ausbildungen. Das Studium stelle eine Zweitausbildung dar. Entgegen der Auffassung der Klägerin befinde sich ihr Sohn auch nicht weiter in einem Ausbildungsverhältnis. Mit den Steuerberatern T. und E. bestehe keine entsprechende vertragliche Vereinbarung. Außerdem ergebe sich aus der Höhe der Bezüge und dem auf den Gehaltsmitteilungen ersichtlichen Personalgruppenschlüssel, dass der Sohn der Klägerin nicht als Auszubildender, sondern als Sozialversicherungspflichtiger ohne besondere Merkmale angemeldet sei. Der Sohn der Klägerin gehe nach Abschluss seiner Erstausbildung auch keiner unschädlichen Erwerbstätigkeit nach. Es liege kein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis vor. Die maßgebliche Grenze von 20 Wochenstunden werde ebenfalls überschritten.

12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Rechtsvortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Kindergeldakte der Beklagten verwiesen.

13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

14Die zulässige Klage, über die die Berichterstatterin gem. §§ 79a Abs. 3 und 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist begründet. Der Bescheid vom 16.02.2012 ist rechtswidrig. Die Klägerin wird hierdurch in ihren Rechten verletzt, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

15Zu Unrecht hat die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab dem 01.01.2012 aufgehoben. Denn ihr Sohn befindet sich auch nach 2011 noch in der Erstausbildung bzw. in einem Erststudium.

16Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG berücksichtigt, wenn es noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für eine Beruf ausgebildet wird. Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen der Nr. 2 nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Sozialgesetzbuches sind unschädlich, § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG n.F.

17Der Sohn der Klägerin befindet sich bis zum Abschluss seines Studiums noch in der Berufsausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG.

18Berufsausbildung ist jede ernstlich betriebene Vorbereitung auf einen künftigen Beruf. Es handelt sich um einen eigenständigen Begriff, der grundsätzlich weit auszulegen ist. Auf den deutlich engeren Begriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. darf im Rahmen der Prüfung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG nicht zurückgegriffen werden. Erfasst werden alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Eine neben einer ernsthaft betriebenen Berufsausbildung ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit ist grundsätzlich unschädlich. Zur Ausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG gehört daher auch ein ernsthaft betriebenes Studium bis zu dessen Abschluss, d.h. zumindest bis zur Bekanntgabe der Prüfungsergebnisses (vgl. Schmidt/Loschelder, EStG 32. Aufl. 2013 § 32 Rz. 26, 27, 29, 49 m.w.N.).

19Nach diesen Grundsätzen befand sich der Sohn der Klägerin bis März 2013 (Verleihung des Bachelor of Arts) noch in der Ausbildung i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG. Anhaltspunkte dafür, dass das Studium angesichts der in Vollzeit ausgeübten Berufstätigkeit nicht ernsthaft betrieben wurde, bestehen nicht, da das Studium zeitnah und mit Erfolg abgeschlossen wurde.

20Der Sohn der Klägerin befand sich bis März 2013 auch noch in einer Erstausbildung bzw. in einem Erststudium i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. Ob die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG n.F. vorliegen, kann daher dahinstehen. Im übrigen ist unstreitig, dass der Kläger weder eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt hat noch weniger als 20 Wochenstunden tätig war.

21Die Begrifflichkeiten Erstausbildung und Erststudium sind nach Wortlaut und Zielsetzung der Vorschrift (zugunsten des Kindergeldberechtigten) sehr viel enger auszulegen als das Tatbestandsmerkmal „Berufsausbildung“ in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG. Erstmalig ist die Berufsausbildung, wenn ihr weder eine andere abgeschlossene Berufsausbildung noch ein Erststudium vorausgegangen sind (Schmidt/Loschelder aaO § 32 Rz. 49 m.w.N.). Erststudium ist ein Studium, das zugleich eine erstmalige Berufsausbildung vermittelt (vgl. Schmidt/Loschelder aaO § 12. Rz. 59 m.w.N.).

22Die Begriffe Erstausbildung und Erststudium sind dabei unter systematischen Gesichtspunkten in Abstimmung mit der Vorschrift des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und anderer Gesetze vom 21.07.2004 bzw. dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (n.F.) auszulegen. Denn nach § 12 Nr. 5 EStG n.F. können die Kosten einer Erstausbildung bzw. eines Erststudiums nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden. Als begleitende Maßnahme ist der Höchstbetrag für Berufsausbildungskosten i.R.d. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG n.F von 4.000 EUR auf 6.000 EUR erhöht worden. Darüber hinaus ist mit dem StVerG 2011 die Einkünfte- und Bezügegrenze in § 32 Abs. 4 EStG für volljährige Kinder während einer erstmaligen Berufsausbildung mit Wirkung ab 2012 entfallen. Hintergrund waren befürchtete Steuerausfälle und zusätzliche Verwaltungskosten, wenn die Aufwendungen einer Erstausbildung oder eines Erststudiums als Werbungskosten oder Betriebsausgaben hätten anerkannt werden müssen (vgl. Schmidt/Loschelder aaO § 12. Rz. 56 m.w.N.).

23Durch die Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. hat der Gesetzgeber deshalb weiter geregelt, dass die nach § 12 Nr. 5 EStG n.F. nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähigen Aufwendungen einer Erstausbildung oder eines Erststudiums grundsätzlich über die Eltern i.R.d. Familienleistungsausgleichs Berücksichtigung finden sollen. Nur Ausbildungskosten nach Abschluss einer Erstausbildung oder eines Erststudiums werden als Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei den Einkünften des Kindes berücksichtigt (vgl. Schmidt/Loschelder aaO § 32 Rz. 49 m.w.N.).

24Der BFH hat mit Urteilen vom 18.06.2009 VI R 49/07, BFH/NV 2009, 1799 und VI R 14/07, BStBl. 2010, 816 dazu Stellung genommen, wann Aufwendungen für ein Erststudium vom Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG n.F. erfasst werden. Dabei hat er entschieden, dass Aufwendungen für ein sogenanntes Erststudium dann als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn eine – vorausgegangene – abgeschlossene Berufsausbildung vorliegt. Im Fall des Urteils zu dem Aktenzeichen VI R 49/07 hatte der Kläger nach Abschluss einer Berufsausbildung zum Koch erstmals ein Studium zum Diplom-Betriebswirt im Studiengang Hotelmanagement aufgenommen. Im zweiten Fall hatte die Klägerin nach Abschluss einer Berufsausbildung als Buchhändlerin ein Studium zur Grund, Haupt- und Realschullehrerin aufgenommen. Der BFH hat in beiden Fällen die Auffassung vertreten, dass die Kosten des Studiums als Werbungskosten abgezogen werden können, da sich die Vorschrift des § 12 Nr. 5 EStG nicht auf Umschulungen und Zweitausbildungen beziehe.

25Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass ein zeitgleich mit integrierter Berufsausbildung begonnenes Studium vom Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG erfasst wird. Denn es liegt keine Umschulung oder Zweitausbildung nach abgeschlossener Berufsausbildung vor, wenn Studium und Berufsausbildung parallel und zeitgleich begonnen und durchgeführt werden und wenn sie sich im Sinne einer dualen Ausbildung konzeptionell bedingen und ergänzen. Dabei kann es nicht entscheidend sein, ob die studienbegleitende Berufsausbildung regelmäßig oder auch zufällig vor Abschluss des Studiums abgeschlossen wird. Es liegt vielmehr eine einheitliche Erstausbildung bzw. ein Erststudium vor, die bzw. das nach dem angestrebten Berufsziel erst mit dem Abschluss sowohl der praktischen Ausbildung als auch mit der Erlangung des angestrebten akademischen Grades beendet ist.

26Für die gebotene korrespondierende Auslegung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG n.F. bedeutet dies, dass ausbildungs- und praxisintegrierende Studiengänge (Duales Studium) als Erststudium bzw. Erstausbildung  i.S. dieser Vorschrift anzusehen sind, bis der bei Aufnahme des Studiums mit integrierter Berufsausbildung angestrebte akademische Grad erreicht ist oder das Studium aus anderen Gründen beendet wird.

27Hiernach hat der Sohn der Klägerin seine Erstausbildung bzw. sein Erststudium erst in 2013 beendet. Er hat nach den vorgelegten Unterlagen an der F ein duales Studium im Studiengang Steuerrecht mit integrierter Ausbildung zum Steuerfachangestellten absolviert. Dass er die Prüfung zum Steuerfachangestellten bereits vor Abschluss des Studiums abgelegt und bestanden hat, steht der Annahme einer über das Jahr 2011 hinaus vorliegenden Erstausbildung bzw. eines Erststudiums nicht entgegen.

28Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 und § 155 FGO und § 708 Nr. 10 und § 711 Zivilprozessordnung.

Vorsicht bei Gutschriften

Vorsicht bei Gutschriften

Kernaussage
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) versteht unter einer Gutschrift die Abrechnung einer Leistung durch deren Empfänger. Gutschriften werden z. B. häufig bei Provisionsabrechnungen eingesetzt. Hier erbringen die Vertreter die Leistung an das Unternehmen, welches deren Leistung per Gutschrift abrechnet, da es über die entsprechenden Abrechnungsgrundlagen verfügt. In der Praxis wird jedoch unter einer Gutschrift die Korrektur einer Rechnung verstanden (kaufmännische Gutschrift). Umgangssprachlich mag dies zutreffend sein, umsatzsteuerlich muss jedoch strikt zwischen Gutschrift und Rechnungskorrektur unterschieden werden.

Rechtslage
Seit dem 30.6.2013 muss eine Gutschrift (im umsatzsteuerlichen Sinne) zwingend die Angabe „Gutschrift“ enthalten. In der übrigen EU schon seit dem 1.1.2013.

Rechtsfolgen
Nur Gutschriften i. S. d. Umsatzsteuergesetzes sind als Gutschrift zu bezeichnen. Dies ignorierend werden aber in der Praxis unverändert Rechnungskorrekturen als Gutschriften bezeichnet. Ursache hierfür ist, dass vielen Unternehmern die o. g. Differenzierung nicht bekannt ist, sie diese (verständlicherweise) nicht verstehen oder die Rechtsfolgen nicht kennen. So macht der Leistungsempfänger sich selbst den Vorsteuerabzug zunichte, wenn er die Angabe „Gutschrift“ in einer solchen unterlässt. Werden Rechnungskorrekturen unverändert als „Gutschriften“ bezeichnet, so besteht das Risiko für den Empfänger der Korrektur, dass diese vom Fiskus nicht als das interpretiert werden, was sie tatsächlich sind, nämlich ein Rechnungskorrekturen, sondern als Gutschrift im umsatzsteuerlichen Sinne. Der Empfänger würde dann behandelt, als hätte er selbst eine Rechnung ausgestellt, ohne eine Leistung erbracht zu haben. Folglich würde er die ausgewiesene Umsatzsteuer schulden (§ 14c UStG). Ob diese Rechtsfolge tatsächlich eintritt, ist derzeit noch unklar.

Eingabe der Bundesteuerberaterkammer
Die Bundessteuerberaterkammer hat das Bundesfinanzministerium (BMF) aufgefordert, diesbezüglich eine Klarstellung herbeizuführen. Eine Antwort steht noch (immer) aus. Um diesen Problemen zu begegnen sollten die Unternehmen wie folgt verfahren: Nur Gutschriften im umsatzsteuerlichen Sinne sind noch als Gutschrift zu bezeichnen bzw. mit dieser Bezeichnung zu akzeptieren. In der Praxis werden solche Fälle eher selten sein. Für Rechnungskorrekturen sind andere Begriffe zu verwenden, z. B. „Rechnungskorrektur“ oder „Korrekturbeleg“. Sollten die eigenen Lieferanten noch Rechnungskorrekturen als Gutschrift bezeichnen, so sollte deren Berichtigung gefordert werden.

Welche Beweiskraft kommt einer Postzustellungsurkunde zu?

Welche Beweiskraft kommt einer Postzustellungsurkunde zu?

Kernaussage
Als öffentliche Urkunde begründet die Postzustellungsurkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Die Beweiskraft erstreckt sich auf die Übergabe des Schriftstücks an die in der Zustellungsurkunde genannte Person. Ein Gegenbeweis kann nur durch Nachweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden.

Sachverhalt
Der Kläger wurde vom beklagten Finanzamt für rückständige Umsatzsteuern einer Kommanditgesellschaft als Geschäftsführer der Komplementärin in Haftung genommen. Nachdem das Finanzamt den ersten Haftungsbescheid zurücknahm, erließ es am 31.3.2009 einen neuen Haftungsbescheid, in dem es die Ermessensausübung näher begründete. Der Bescheid erging mittels Postzustellungsurkunde. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 2.6.2010 Einspruch mit Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ein. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass er von dem Bescheid erst in einer mündlichen Verhandlung wegen einer vom Finanzamt erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung gehört habe. Er habe den Bescheid nie erhalten und könne sich an die Zustellung nicht erinnern. Die Klage hatte weder vor dem Finanzgericht noch vor dem Bundesfinanzhof (BFH) Erfolg.

Entscheidung
Die Beweiskraft der Postzustellungsurkunde erstreckt sich auch auf die Übergabe des Schriftstücks an die in der Urkunde genannte Person. Ein Gegenbeweis kann nur durch Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Einen solchen Gegenbeweis hat der Kläger nicht ansatzweise geführt. Eine weitere Sachaufklärung in Form der Zeugenvernehmung des Zustellers musste das Gericht nicht betreiben. Zumal der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls keine Beweisanträge gestellt und damit sein Rügerecht verloren hatte. Der Untersuchungsgrundsatz des finanzgerichtlichen Verfahrens ist eine Verfahrensvorschrift, auf deren Einhaltung ein Beteiligter auch durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann.

Konsequenz
Die revisionsrechtliche Rüge der mangelnden Sachaufklärung greift nicht durch, wenn der Beteiligte in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesend oder fachkundig vertreten war, die mangelhafte Sachaufklärung erkennen musste und den Verfahrensverstoß trotzdem nicht gerügt hat. Der BFH bestätigt damit ein Verzicht auf Verfahrensrechte durch Unterlassen.

Finanzierung von Kfz, Konsumentenkredite etc. in der Umsatzsteuer

Finanzierung von Kfz, Konsumentenkredite etc. in der Umsatzsteuer

Kernaussage
Wer kennt die Werbung nicht: „Finanzierung zu 0 %“. Die günstige Finanzierung soll den Kunden einen Anreiz zum Kauf bieten. Um dies zu erreichen, zahlen die Hersteller bzw. Händler an die finanzierenden Institute einen Ausgleich für die vergünstigten Kredite. Auch wenn die Geschäftsidee immer die gleiche ist, so gibt es Unterschiede in der umsatzsteuerlichen Behandlung der Zuzahlung, auf die ein neues Schreiben des Bundesfinanzministerium (BMF) hinweist.

Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF unterscheidet zunächst zwischen der Finanzierung durch Autobanken sowie durch andere Institute. Autobanken zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit dem Händler bzw. Hersteller verbunden sind. I. d. R. handelt es sich um eine Tochtergesellschaft des Herstellers. Da die Autobank primär den Absatz fördern soll, wird die Zuzahlung des Herstellers/Händlers als Zahlung für eine Werbeleistung der Autobank qualifiziert. Erfolgt die Finanzierung durch andere Institute (i. d. R. Konsumentenkredite) ist zwischen der Vergabe von Krediten und der Finanzierung durch Leasing zu unterscheiden. Im Rahmen der Finanzierung per Kredit stellt die Zahlung des Händlers Entgelt von dritter Seite für die Leistung des Institutes an den Kunden dar. Erfolgt hingegen die Finanzierung per Leasing, so wird die Zahlung des Herstellers/Händlers als Rabatt für die Lieferung des Leasinggegenstandes an den Leasinggeber qualifiziert. Der Hersteller/Händler kann eine Entgeltminderung geltend machen, das Leasinginstitut muss korrespondierend die Vorsteuer korrigieren. Die im Vergleich zur Kreditvergabe unterschiedliche Behandlung beim Leasing resultiert daraus, dass beim Leasing kein Kaufvertrag zwischen Hersteller/Händler und dem Kunden abgeschlossen wird, sondern mit dem späteren Leasinggeber.

Konsequenz
Hersteller bzw. Händler, die derartige Zuzahlungen leisten, um Kunden mit zinsgünstigen Finanzierungen zu ködern, müssen die vom BMF vorgenommene Differenzierung aufgrund der unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Folgen beachten. Soweit die Finanzierung durch andere Institute erfolgt, kann die Zuzahlung allerdings bis zum 31.12.2013 noch als Entgelt für eine Werbeleistung des Instituts angesehen werden, sofern dies schon vor Veröffentlichung des BMF-Schreibens so gehandhabt wurde.

Gelangensbestätigung: BMF veröffentlicht endgültiges Schreiben

Gelangensbestätigung: BMF veröffentlicht endgültiges Schreiben

Kernaussage
Innergemeinschaftliche Lieferungen sind steuerfrei. Der liefernde Unternehmer muss allerdings nachweisen, dass die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Scheitert dies, ergeben sich häufig empfindlich hohe Nachzahlungen für die betroffenen Lieferanten.

Rechtslage
Mit Wirkung vom 1.10.2013 wurden die Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen neu geregelt (§ 17a-c Umsatzsteuerdurchführungsverordnung – UStDV). Hierdurch sollen die Nachweise praktikabler als bisher ausgestaltet werden. Neben der Gelangensbestätigung sind nun auch alternative Nachweise zulässig.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zur Neuregelung Stellung bezogen. Das Schreiben behandelt die Gelangensbestätigung sowie die alternativen Nachweise.

Konsequenz
Zunächst ist festzuhalten, dass das nun veröffentlichte Schreiben noch Abweichungen von dem zuvor in Umlauf gegebenen Entwurf enthält. Neu ist u. a., dass den Unternehmern nochmals eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2013 sowie weitere Vereinfachungen, z. B. bei Einschaltung von Kurierdiensten, zugestanden werden. Die Umstellung auf die Neuregelung muss nun spätestens zum 1.1.2014 erfolgt sein. Die Unternehmen sollten sich aber nicht so viel Zeit lassen. Zum einen ist die Übergangsregelung nicht im Gesetz verankert, so dass die Finanzgerichte nicht hieran gebunden sind, sollte es Streit über die Nachweise geben. Zum anderen zeigt sich schon jetzt in der Praxis, dass trotz des umfangreichen BMF-Schreibens der Teufel im Detail sitzt. Schwierigkeiten können jetzt noch in Ruhe beseitigt werden, kurz vor dem Jahreswechsel dürfte dies schwierig sein. Dies gilt auch für die Überzeugungsarbeit, die bei den Kunden geleistet werden muss, damit diese die neuen Nachweise akzeptieren. So mag die elektronische Gelangensbestätigung aus deutscher Sicht zwar häufig der „einfachste“ Nachweis sein, für die Kunden ist dies hingegen neu, da in anderen EU-Staaten Frachtpapiere als Nachweis dienen. Methodisch sollte der Umstellung eine Analyse der vorhandenen Lieferbeziehungen vorangehen. Hierauf aufbauend ist festzulegen, in welcher Form der Nachweis geführt werden soll. Dies ist mit den Kunden und den eingeschalteten Transportunternehmen abzustimmen. Das eigene Personal (z. B. Fibu, Versand, Auftragsannahme) ist im Hinblick auf die neuen Anforderungen zu schulen, ggf. sind auch Anpassungen der EDV erforderlich.

Keine steuerliche Absetzbarkeit von Verlusten eines Hobbyautors

Keine steuerliche Absetzbarkeit von Verlusten eines Hobbyautors

Kernaussage
Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz entschieden, dass Verluste, die ein (Hobby)Autor wegen der Veröffentlichung eines Buches mit Kurzgeschichten erzielt, steuerlich nicht anzuerkennen sind.

Sachverhalt
Der Kläger, ein selbstständiger Logopäde, machte für die Jahre 2008-2010 Aufwendungen für seine Autorentätigkeit geltend, u. a. Publikationskosten, Fahrtkosten, Kosten für ein Arbeitszimmer und die Geschäftsausstattung (insgesamt rund 11.000 EUR). Einnahmen erklärte er keine. Im Jahr 2011 gab er seine Autorentätigkeit auf. Für die Einkommensteuerveranlagung prüfte das beklagte Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers in Bezug auf seine Autorentätigkeit und forderte entsprechende Angaben und Unterlagen. Eine Antwort blieb aus, so dass die Verluste aus der Autorentätigkeit des Klägers nicht anerkannt wurden. Mit seiner dagegen gerichteten Klage machte der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe mit einem Verlag einen Autorenvertrag geschlossen. Dies belege seine Gewinnerzielungsabsicht. Ohne entsprechende Gewinnerzielungsabsicht hätte er auch keine Publikationskosten in Höhe von 4841 EUR übernommen. Mit der Autorentätigkeit habe er sich ein zweites Standbein aufbauen wollen, da er wegen gesundheitlicher Probleme in der Ausübung seines Hauptberufes zusehends eingeschränkt werde. Im Übrigen sei er vom Verlag getäuscht worden, da dieser nicht die zugesagten Aktivitäten entfaltet habe.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Kläger konnte nicht den Nachweis führen, dass er mit seiner Autorentätigkeit eine Gewinnerzielungsabsicht gehabt habe. Die Gewinnerzielungsabsicht als sog. „innere Tatsache“ (Vorgang, der sich in der Vorstellung von Menschen abspielt) kann nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden. Nach diesen allein maßgeblichen objektiven Umständen war davon auszugehen, dass der Kläger mit seiner Autorentätigkeit keinen Totalgewinn hätte erzielen können. Der Kläger übte die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen aus. Der besondere Charakter des vom Kläger behandelten Themas erlaubte hier den Schluss, dass die Tätigkeit nicht allein auf der Absicht beruhte, sich ein zweites berufliches Standbein zu schaffen. Auch die Bereitschaft zur Übernahme nicht unerheblicher Druckkosten sprach dafür, dass überwiegend private Interessen für die Tätigkeit ursächlich waren.

Konsequenz
Derartige Verluste wie die des Klägers können im Einzelfall nur dann als sog. „Anlaufverluste“ anerkannt werden, wenn bereits zu Beginn der Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept existiert, das den Steuerpflichtigen zu der Annahme veranlassen darf, durch die selbstständige Tätigkeit könne insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden. Der Betrieb muss jedenfalls objektiv geeignet sein, einen Totalgewinn abzuwerfen. Dies war hier nicht der Fall, weil die Druckkosten des Klägers bereits zu Beginn der Tätigkeit einen Verlust auslösten, der in den nachfolgenden Jahren nicht auszugleichen war. Um überhaupt mit Honoraren rechnen zu können, hätte der Kläger mehr als 1000 Stück seines Werkes verkaufen müssen. Derartige Verkaufszahlen sind indes auch bei einem „aktiveren“ Marketing des Verlags bei einem Erstlingswerk schwer zu erreichen.

Zur Ausweitung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft

Zur Ausweitung der Umkehr der Steuerschuldnerschaft

Kernaussage
Für bestimmte Leistungen schuldet nicht der Leistende die Umsatzsteuer, sondern der Leistungsempfänger (Umkehr der Steuerschuldnerschaft bzw. Reverse Charge). Seit dem 1.9.2013 gilt die Umkehr der Steuerschuldnerschaft auch für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz sowie von Elektrizität durch einen im Inland ansässigen Unternehmer. Voraussetzung hierfür ist allerdings bei der Lieferung von Gas, dass der Leistungsempfänger selbst Gas liefert. Bei der Lieferung von Strom müssen sowohl der Lieferant als auch der Leistungsempfänger Wiederverkäufer sein.

Neue Verwaltungsanweisungen
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zu der Neuregelung in 2 Schreiben Stellung genommen. Das erste Schreiben beschäftigt sich inhaltlich im Wesentlichen mit dem Begriff des Wiederverkäufers sowie der Frage, was als Lieferung von Elektrizität zu behandeln ist. Darüber hinaus wird dargestellt, wie in der Übergangsphase abzurechnen ist, z. B. wenn die Schlussrechnung nach dem 1.9.2013 erfolgt, vor diesem Datum aber Abschlagszahlungen vereinnahmt wurden. Das zweite Schreiben beinhaltet ein neues Vordruckmuster (USt 1 TH). Dieses dient als Nachweis, dass der jeweilige Unternehmer Wiederverkäufer ist und wird vom zuständigen Finanzamt ausgestellt.

Konsequenz
Im Inland ansässige Unternehmen, die Gas über das Erdgasnetz oder Elektrizität liefern, sollten mit Hilfe des Schreibens prüfen, ob sie von der Neuregelung betroffen sind. Dies gilt insbesondere für die Leistungsempfänger, da sie das Risiko tragen, wenn sie übersehen, dass sie als Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer sind. Wichtig dürfte insoweit die Aussage des BMF sein, dass die Betreiber von dezentralen Stromgewinnungsanlagen (z. B. Photovoltaik- bzw. Windkraftanlagen) keine Wiederverkäufer sind. Sofern noch nicht geschehen, sind die erforderlichen Nachweise, wie z. B. der o. g. Vordruck USt 1 TH, einzuholen. Ferner ist sicherzustellen, dass die Abrechnungen in der Übergangsphase den Anforderungen des BMF genügen.

Kein Anspruch des (leitenden) Arbeitnehmers auf Einzelbüro

Kein Anspruch des (leitenden) Arbeitnehmers auf Einzelbüro

Kernfrage
Arbeitnehmern kann ein Anspruch auf eine bestimmte Kondition im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses entstehen, wenn der Arbeitgeber ihnen diese Kondition jahrelang ohne Weiteres gewährt hat (sogenannte Betriebliche Übung). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte nunmehr am Fall eines Universitätsprofessors darüber zu befinden, ob sich ein solcher Anspruch auch auf die Gewährung eines Einzelbüros, das bei Arbeitnehmern (gelegentlich) als Statussymbol oder Wertschätzungsmerkmal verstanden wird, beziehen kann.

Sachverhalt
Bei einer Hochschule standen umfangreiche Umbaumaßnahmen an. Im Zuge dieser Arbeiten wurden den Professoren neue Diensträume zugewiesen. Dabei kam es dazu, dass einer der Professoren sein Einzelbüro aufgeben und sich ein Büro mit einem Kollegen teilen musste. Hiergegen wandte sich der betroffene Professor im Rahmen eines einstweiligen Rechtschutzverfahrens, unterlag aber vor Gericht.

Entscheidung
Unabhängig davon, das der Professor nicht eingewandt hatte, er könne aufgrund des Verlustes seines Einzelbüros seine Aufgaben als Hochschullehrer nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen, stellte das Gericht zentral darauf ab, dass dem Dienstherren ein nahezu uneingeschränktes Weisungsrecht im Hinblick auf die Raumzuweisung zustehe, das im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung nur darauf hin zu prüfen sei, ob die Raumzuteilung willkürlich erfolgt sei. Da die neue Raumzuteilung den Professor aber nicht unangemessen beeinträchtige, müsse diese Willkürprüfung zu seinen Ungunsten ausfallen.

Konsequenz
Die Entscheidung, die wohl auch auf das „normale“ Arbeitsrecht übertragbar ist, ist eindeutig. Die Raumzuteilung ist eine Frage des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts, das auch durch eine jahrelange Übung nicht durchbrochen werden kann. Einziger Prüfungsmaßstab bleibt die Willkürgrenze.