Alle Beiträge von steuerschroeder.de

Steuerberater

Sind Fremdgeschäftsführer und Vorstände unionsrechtlich Arbeitnehmer?

Sind Fremdgeschäftsführer und Vorstände unionsrechtlich Arbeitnehmer?

Rechtslage

Eine Vielzahl arbeitnehmerschützender Regelungen ist europarechtlich kodifiziert. Darunter fallen insbesondere Regelung des Diskriminierungsschutzes und grundlegende Arbeitnehmerschutzvorschriften (hier: Mutterschutz). Dabei gilt, dass sich diese europarechtlichen Regelungen nach dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff richten. Nach deutschem Arbeitnehmerbegriff sind Mitglieder eines Vertretungsorgans einer Kapitalgesellschaft, insbesondere der GmbH-Geschäftsführer, in keinem Fall als Arbeitnehmer anzusehen, weil der Geschäftsführer Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt. Entsprechend kann der Geschäftsführer auch keine Arbeitnehmerschutzrechte in Anspruch nehmen. Für den Bereich des Mutterschutzes hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf eine lettische Vorlagefrage hin darüber zu entscheiden, ob die Kündigung bzw. die Abberufung einer schwangeren Geschäftsführerin aufgrund geltender Mutterschutzvorschriften wirksam sein kann.

Sachverhalt

Die Klägerin war (für 3 Jahre) zur Geschäftsführerin einer Kapitalgesellschaft berufen, ohne an deren Kapital beteiligt zu sein (sogenannte Fremd-Geschäftsführerin). Ob ein schuldrechtlicher Anstellungsvertrag bestand, war zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls erhielt die Geschäftsführerin eine Vergütung und hatte Urlaubsansprüche. Als die Schwangerschaft der Klägerin bekannt wurde, berief das Aufsichtsgremium der Kapitalgesellschaft die Geschäftsführerin ab, was gleichbedeutend mit der Kündigung eines etwaigen Anstellungsvertrages war. Nach lettischem Recht war insbesondere die Abberufung jederzeit uneingeschränkt zulässig. Die Klägerin machte geltend, sie sei alleine wegen ihrer Schwangerschaft in diskriminierender Weise und unter Verstoß gegen unionsrechtlichen Mutterschutz abberufen bzw. gekündigt worden.

Entscheidung

Der EuGH gab der Klägerin Recht. Der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff sei dadurch gekennzeichnet, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringe, für die sie eine Vergütung erhalte. Dass das lettische Recht das Verhältnis zwischen Mitglied der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft und Kapitalgesellschaft nicht als Arbeitsverhältnis einstufe, sei für die unionsrechtliche Einordnung nicht maßgeblich. Vor diesem Hintergrund sei für Zwecke der Gewährung unionsrechtlichen Mutterschutzes die Arbeitnehmereigenschaft eines Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft zu bejahen. Die Arbeitnehmereigenschaft bestehe, wenn das Leitungsmitglied der Gesellschaft gegenüber Leistungen erbringe und in sie eingegliedert sei, wenn es seine Tätigkeit für eine bestimmte Zeit nach der Weisung oder unter der Aufsicht eines anderen Organs dieser Gesellschaft ausübe und als Gegenleistung für die Tätigkeit ein Entgelt erhalte. Zudem wies der EuGH darauf hin, dass eine nationale Regelung, die eine Kündigung eines schwangeren Mitglieds der Unternehmensleitung einer Kapitalgesellschaft erlaube, wegen des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbots selbst dann unzulässig sein könnte, wenn das Mitglied der Unternehmensleitung nicht unter den unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff fiele.

Konsequenz

Die Entscheidung hat auch Auswirkungen für Deutschland, das in seinen nationalen Regelungen mit den im Verfahren vor dem EuGH streitgegenständlichen lettischen Gesetzesregelungen zumindest vergleichbar ist. Konkret bedeutet dies, dass jedenfalls weibliche Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft und Fremdgeschäftsführerinnen einer GmbH unter den Anwendungsbereich des Mutterschutzgesetzes fallen. Ob sie mit allen Konsequenzen als Arbeitnehmerinnen anzusehen sind, ist nicht abschließend festgestellt; allerdings geht die Ansicht des EuGH wohl in diese Richtung.

Nur Wiederverkäufer können die Differenzbesteuerung nutzen

Nur Wiederverkäufer können die Differenzbesteuerung nutzen

Rechtslage

Die Differenzbesteuerung ist ein Sondertatbestand des Umsatzsteuergesetzes (UStG), der es beim Handel mit gebrauchten Gegenständen unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, die Umsatzsteuer aus der erzielten Marge zu ermitteln. Die Umsatzsteuer wird hierbei nicht offen ausgewiesen.

Urteil des Bundesfinanzhofs zur Differenzbesteuerung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte mit Urteil vom 29.6.2011 geklärt, unter welchen Voraussetzungen die Differenzbesteuerung angewendet werden kann. Demnach muss schon der Einkauf des Gegenstandes mit dem Zweck erfolgen, diesen später wieder zu verkaufen. Der Wiederverkauf muss dabei nicht das primäre Ziel der Anschaffung sein, aber zumindest nachrangig verfolgt werden. Daneben muss der Wiederverkauf zur normalen Tätigkeit des Verkäufers gehören. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn ein Unternehmer regelmäßig gebrauchte Kfz für sein Betriebsvermögen erwirbt und diese im Rahmen der Ersatzbeschaffung in Zahlung gibt.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat das Urteil akzeptiert und nun in den Umsatzsteueranwendungserlass (USTAE) integriert.

Konsequenzen

Für den normalen Gebrauchtwagenhändler ändert sich durch die neue Rechtslage nicht viel. Lediglich bei Verkauf seines eigenen betrieblichen Pkws aus dem Anlagevermögen kann ihm nun die Differenzbesteuerung versagt werden, wenn er nicht nachweisen kann, diesen mit der Absicht des Wiederverkaufs erworben zu haben. Unternehmer, die nicht regelmäßig gebrauchte Gegenstände an- und verkaufen, können die Differenzbesteuerung nicht in Anspruch nehmen.

Voraussetzungen der „fehlerhaften Gesellschaft“

Voraussetzungen der „fehlerhaften Gesellschaft“

Kernaussage

Die Lehre von der „fehlerhaften Gesellschaft“ dient der Abwicklung unwirksam geschlossener Gesellschaftsverträge. Die Unwirksamkeit kann z. B. auf einem Formfehler, einer Anfechtung oder auf einem Verstoß gegen zwingendes Recht beruhen. Die Gesellschaft wird dann aber nicht rückwirkend abgewickelt, sondern für die Vergangenheit als wirksam behandelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte nun, dass die Voraussetzung für eine fehlerhafte Gesellschaft, nämlich die auf den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages gerichteten Willenserklärungen der Beteiligten, dann nicht vorliegt, wenn ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht überschreitet.

Sachverhalt

Das Vermögen der Klägerin und deren Schwester wurde von dem Beklagten, ihrem Vater, verwaltet. Wegen Meinungsverschiedenheiten sollte der Beklagte die ihm erteilte Generalvollmacht nur noch nach vorheriger Information der Klägerin und interner Abstimmung der Schwestern nutzen. Sodann schloss der Beklagte unter Nutzung der Vollmacht einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit sich selbst ab und brachte dort das gesamte Vermögen seiner Töchter ein. Er bestimmte sich zum alleinigen Geschäftsführer und schloss alle Verfügungen der Töchter bis zum Jahr 2022 aus. In der Folgezeit änderte der Beklagte die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse, indem er 2 GbR’s gründete, in die er jeweils das Vermögen einer Tochter einbrachte, während die andere Schwester und er selbst nur zu je 0,5 % beteiligt waren. Die auf die Klägerin laufenden Konten ließ er aufgrund der Vollmacht ohne Rücksprache mit der Klägerin umschreiben; so dass dieser jegliche Verfügungsmöglichkeit entzogen war. Sodann veranlasste der Beklagte als Geschäftsführer der GbR die Übertragung sämtlicher Konten auf eine weitere GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er selbst war. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz für die Eingriffe in ihre Verfügungsbefugnis. Der BGH gab der Klägerin Recht, verwies die Sache aber an das OLG zurück.

Entscheidung

Das OLG war zu Unrecht von einer fehlerhaften Gesellschaft und damit von deren Wirksamkeit ausgegangen. Eine solche Gesellschaft setzt einen Gesellschaftsvertrag voraus; hierbei müssen Willenserklärungen der Beteiligten vorliegen, die auf dessen Abschluss gerichtet sind. Ein rechtsgeschäftliches Handeln fehlt aber, wenn ein Mitgesellschafter die ihm erteilte Vollmacht überschreitet. Der Beklagte hatte den Gesellschaftsvertrag nämlich rechtsmissbräuchlich abgeschlossen. Er hatte eigenmächtig und in einem Insichgeschäft gehandelt. Damit handelte es sich vielmehr um eine Scheingesellschaft, die – im Gegensatz zur fehlerhaften Gesellschaft – nicht entstanden ist und auch nicht für die Vergangenheit als wirksam behandelt wird. Das OLG muss daher den klägerseits dargelegten, durch die Verfügungen des Beklagten entstandenen Schaden nochmals prüfen.

Konsequenz

Beim rechtsmissbräuchlichen Abschluss eines Gesellschaftsvertrages durch Überschreiten einer Vollmacht sind die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anzuwenden. Es mangelt dann ebenfalls an einem vom Willen aller Gesellschafter getragenen Vollzug des Gesellschaftsvertrages.

Privater Arbeitgeber muss Besetzung freier Stelle mit Schwerbehinderten prüfen

Privater Arbeitgeber muss Besetzung freier Stelle mit Schwerbehinderten prüfen

Kernaussage

Arbeitgeber sind verpflichtet, zu prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen zu berücksichtigen, müssen sie frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. So bestimmen es die Vorschriften der Sozialgesetzbücher. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied nun, dass diese Pflicht auch für private Arbeitgeber gilt.

Sachverhalt

Der mit einem Grad von 60 schwerbehinderte Kläger hat eine kaufmännische Berufsausbildung, ein Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaft und die Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst absolviert. Er bewarb sich bei der beklagten Gemeinde auf deren ausgeschriebene Stelle für eine Mutterschaftsvertretung in den Bereichen Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt. Die Gemeinde besetzte die Stelle jedoch anderweitig, ohne zuvor zu prüfen, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden konnte. Sie nahm diesbezüglich auch keinen Kontakt zur Agentur für Arbeit auf. Der Kläger verlangte daraufhin eine Entschädigung nach den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), weil er sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sah. Erst vor dem BAG hatte der Kläger Erfolg.

Entscheidung

Die Pflicht zu prüfen, ob schwerbehinderte Menschen bei der Besetzung freier Stellen berücksichtigt werden können, besteht immer und für alle Arbeitgeber. Sie ist unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Mensch beworben hat oder bei seiner Bewerbung diesen Status offenbart hat. Verletzt ein Arbeitgeber diese Prüfpflicht, wird dies als Indiz dafür gewertet, dass er einen abgelehnten schwerbehinderten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat, weil er seine Förderungspflichten unbeachtet gelassen hatte. Da vorliegend die beklagte Gemeinde die Vermutung einer solchen Benachteiligung nicht widerlegen konnte und auch die Einschaltung der Agentur für Arbeit versäumt hatte, verwies das BAG den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurück. Das Gericht hat nun noch über die Höhe der dem Kläger zustehenden Entschädigung zu entscheiden.

Konsequenz

Die gesetzliche Prüfpflicht zur Besetzung freier Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen trifft alle Arbeitgeber, nicht nur die des öffentlichen Dienstes. Ein abgelehnter schwerbehinderter Bewerber kann sich darauf berufen, dass die Verletzung dieser Pflicht seine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lasse.

Rechtswidrigkeit eines unbestimmten Betriebsprüfungsbescheides

Rechtswidrigkeit eines unbestimmten Betriebsprüfungsbescheides

Rechtslage

Die Ergebnisse aus einer Betriebsprüfung müssen, um bestandkräftig und durchsetzbar, insbesondere vollstreckbar, zu werden, in Form ordnungsgemäßer Verwaltungsakte gegenüber dem Betriebsinhaber erlassen werden. Das Bayerische Landessozialgericht hatte nunmehr über die Rechtmäßigkeit eines solchen Verwaltungsaktes zu entscheiden.

Sachverhalt

Im Betrieb des Klägers wurde durch die Deutsche Rentenversicherung eine Beitragsprüfung durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass 2 Arbeitnehmer lediglich scheinselbstständig gewesen waren; für diese mussten folglich Sozialversicherungsbeiträge (nach)entrichtet werden. Die Deutsche Rentenversicherung erließ daraufhin einen Bescheid, aus dem sich insbesondere nicht ergab, in welchem Zeitraum die Scheinselbstständigkeit vorgelegen hatte, welche Beiträge nachzuentrichten waren und welcher Prüfzeitraum erfasst war. Die klage gegen den Bescheid war erfolgreich.

Entscheidung

Das Landessozialgericht kam zu dem Ergebnis, dass der Bescheid, mit dem letztendlich nur die Tatsache festgestellt wurde, dass es zu einer Scheinselbstständigkeit gekommen war, nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz genüge und damit rechtswidrig war. Insbesondere sei auf der Grundlage dieses Bescheides keine Zwangsvollstreckung möglich.

Konsequenz

Auch wenn es sich vorliegend um einen recht offensichtlichen Fall eines fehlerhaften Bescheides handelte, sollten die Folgen einer Betriebsprüfung nicht einfach so hingenommen werden. Gelegentlich lohnt sich auch der Angriff gegen Zahlungsbescheide aus rein formellen Erwägungen; gegebenenfalls reicht schon ein grundlegender Fehler des Bescheides für dessen Rechtswidrigkeit aus.

AG Vorstände sind weitgehend weisungsunabhängig

AG Vorstände sind weitgehend weisungsunabhängig

Kernaussage

Im Rahmen von unternehmerischen Entscheidungen ist dem Vorstand einer Aktiengesellschaft (AG) grundsätzlich ein weiter Beurteilungsspielraum eröffnet. So bestimmt es die sogenannte Business Judgement Rule. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. befasste sich aktuell mit der Frage, ob dieser Ermessensspielraum des AG-Vorstandes im Einzelfall auch ein Handeln gegen die Interessen des (Haupt-)Aktionärs erlaubt.

Sachverhalt

Die klagende AG macht gegen ihren früheren Vorstand und Mitgesellschafter einen auf die Verletzung der ihm gesetzlich obliegenden Sorgfaltspflichten gestützten Schadensersatzanspruch geltend. Der beklagte Vorstand hatte in Kenntnis seiner bevorstehenden Abberufung noch einen Beratungsvertrag mit einem externen Dienstleister abgeschlossen, der auch zuvor schon einen Fonds der Klägerin gemanagt hatte. Die AG war der Ansicht, der Beklagte habe den Beratungsvertrag nicht ohne vorherige informelle Rücksprache mit dem Aufsichtsrat abschließen dürfen. Ihm habe klar sein müssen, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem externen Dienstleister wegen der strukturellen Veränderungen in der Gesellschaft nicht die Zustimmung des den Aufsichtsrat dominierenden Mehrheitsaktionärs finden werde. Ausschlaggebend für den Vertragsabschluss sei allein gewesen, dass der Beklagte eine für die AG negative Pressmitteilung des externen Dienstleisters habe verhindern wollen. Das OLG wies die Klage schließlich ab.

Entscheidung

Der beklagte Vorstand hat keine ihm obliegende Pflicht verletzt. Er nimmt von Gesetzes wegen eigenverantwortlich die Leitungs- und Geschäftsführungsaufgaben einer AG wahr und ist deshalb grundsätzlich, anders als der Geschäftsführer einer GmbH, weisungsfrei. Auch die Satzung einer AG darf dies nicht einschränken. Demgegenüber ist der Aufsichtsrat kein Organ der Geschäftsführung; er überwacht diese, sachliche Grundsatzentscheidungen trifft die Hauptversammlung. Geschäftsführungsmaßnahmen dürfen daher nicht dem Aufsichtsrat übertragen werden. Die unternehmerische Entscheidung des Beklagten war haftungsrechtlich in Ordnung. Der externe Auftragnehmer konnte aufgrund der vorherigen Beauftragung als erfahren, fachlich kompetent und geeignet angesehen werden; ferner konnte eine negative Berichterstattung vermieden werden.

Konsequenz

Der Ermessensspielraum des AG-Vorstands bei der Wahrnehmung seiner Leitungsaufgaben deckt auch ein Handeln gegen die Interessen eines Hauptaktionärs der AG. Ebenfalls eingeschlossen ist die Gefahr von Fehleinschätzungen und -beurteilungen. Letztere rechtfertigen zwar personalpolitische Konsequenzen, nicht aber generell eine Haftung.

Keine Einbringung eigener Aktien der AG als Sacheinlage

Keine Einbringung eigener Aktien der AG als Sacheinlage

Kernaussage

Eigene Aktien der Gesellschaft können nicht als Sacheinlage eingebracht werden. Besteht zwischen einem Wertpapierdarlehen und dem Verzicht auf Rückerstattung ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang, steht der Verzicht dem Einbringen der Aktien als Sacheinlage gleich.

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer Aktiengesellschaft. 2 der Beklagten waren Mitglieder des Vorstands, der weitere Beklagte Mitglied des Aufsichtsrats. Im Jahr 2000 erwarb die AG über ihre 100 %-igen Tochtergesellschaften Unternehmensbeteiligungen an Drittunternehmen, wobei die Kaufpreise jeweils anteilig durch Aktien der AG beglichen werden sollten. Hierzu beschloss der Aufsichtsrat, die für den Erwerb notwendigen Aktien durch Wertpapierdarlehen der Mehrheitsaktionärin zu beschaffen und die Darlehen mit neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung zurückzuführen. Nachdem die Mehrheitsgesellschafterin mit der AG und diese mit ihren Tochtergesellschaften Wertpapierdarlehensverträge über die Aktien abgeschlossen hatte, beschloss der Vorstand eine Sachkapitalerhöhung um 679.133 EUR durch Ausgabe von 679.133 Aktien an die Mehrheitsgesellschafterin zum Ausgabekurs von 43,97 EUR je Aktie. Die Mehrheitsgesellschafterin sollte die Einlage durch Verzicht auf die Rückforderung aus dem Wertpapierdarlehen erbringen. Die Aktien wurden sodann gezeichnet und ein entsprechender Verzicht wurde ausgesprochen. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung eines Teilbetrages von 10 Mio. EUR (von rund 30 Mio. EUR) aus dem Ausgabebetrag für die mit der Kapitalerhöhung geschaffenen Aktien in Anspruch.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gab dem Kläger Recht. Das Untergericht muss nun noch feststellen, ob der AG anrechenbare Vermögensvorteile durch die Verwertung der Aktien zugeflossen sind. Die Beklagten sind der AG zum Ersatz verpflichtet, weil sie Aktien vor Leistung des Ausgabebetrages ausgegeben haben. Der als Sacheinlage festgesetzte Verzicht auf den Rückerstattungsanspruch aus dem Wertpapierdarlehen war kein tauglicher Gegenstand einer Sacheinlage. Denn der Gesellschaft wurde mit der Überlassung der alten Aktien als Teil des Grundkapitals real kein neues Kapital zugeführt. Ferner konnte sie wegen der gesetzlich vorgeschriebenen notwendigen Sonderrückstellung auch keinen Vermögenszuwachs erfahren.

Konsequenz

Das Urteil stellt zutreffend fest, dass eine durch eigene Anteile finanzierte Kapitalerhöhung bereits mit den allgemeinen Grundsätzen zur realen Kapitalaufbringung unvereinbar ist.

Wann sind befristete Arbeitsverhältnisse älterer Arbeitnehmer wirksam?

Wann sind befristete Arbeitsverhältnisse älterer Arbeitnehmer wirksam?

Rechtslage

Nach dem bis zum 30.4.2007 geltenden Teilzeit-und Befristungsgesetz konnten mit älteren Arbeitnehmern (ab dem vollendeten 58. Lebensjahr) sachgrundlos befristete Arbeitsverträge geschlossen werden, es sei denn, es bestand ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit einem zuvor beendeten unbefristeten Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte vor dieser inzwischen geänderten Gesetzeslage in einem Altfall darüber zu entscheiden, ob auch mehrere vorangehende befristete Arbeitsverhältnisse die sachgrundlose Altersbefristung ausschließen konnten.

Sachverhalt

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin als Flugbegleiterin hatte mit Erreichen des 55. Lebensjahres tariflich geendet. Im Anschluss hatte die Klägerin auf dieser Grundlage mehrere befristete Arbeitsverhältnisse mit der Fluggesellschaft geschlossen. Mit ihrer Klage wandte sich die Klägerin gegen die letzte Befristung und klagte auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, wohingegen sich die Fluggesellschaft auf die sachgrundlos mögliche Altersbefristung nach ehemaliger Gesetzeslage berief.

Entscheidung

Das BAG gab der Klägerin Recht. Es mache keinen Unterschied, aus welchem Grund das ursprüngliche unbefristete Arbeitsverhältnis geendet habe. Die befristeten Arbeitsverträge schlossen nahtlos an das aufgrund Tarifvertrags beendete unbefristete Arbeitsverhältnis an. Deswegen bestehe ein unmittelbarer zeitlicher und sachlicher Zusammenhang des letzten – mit der Klage angegriffenen – befristeten Arbeitsverhältnisses mit dem unbefristeten Arbeitsverhältnis, so dass eine sachgrundlose Befristung nicht mehr möglich gewesen sei.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht. Tatsächlich war durch die befristeten Arbeitsverhältnisse im nahtlosen Anschluss an die ursprüngliche Beschäftigung ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben. Inwieweit die Entscheidung angesichts der inzwischen seit 4 Jahren geänderten Gesetzeslage noch Konsequenzen für laufende Arbeitsverhältnisse haben kann, wird für jede bestehende Altersbefristung einzelfallabhängig zu prüfen sein.

Wegfall der Bürgenhaftung bei Wechsel des Hauptschuldners

Wegfall der Bürgenhaftung bei Wechsel des Hauptschuldners

Kernaussage

Ist eine Schuld durch eine Bürgschaft abgesichert, schließt üblicherweise ein Wechsel des Hauptschuldners die Haftung des Bürgen aus. Dies gilt auch in den Fällen, in denen sich der Hauptschuldner mit einem anderen Unternehmen zur Erfüllung seiner (werk)vertraglichen Leistungen in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft zusammenschließt. An die Stelle des im Bürgschaftsvertrag vorgesehenen Hauptschuldners tritt in diesem Fall ein neuer selbstständiger Rechtsträger, bei dem es sich nicht lediglich um einen Rechtsnachfolger handelt.

Sachverhalt

Eine GmbH & Co. KG sollte Auftragnehmerin der von einer Stadt vergebenen Bauleistungen sein. Die Klägerin (Bürgin) übernahm aufgrund eines Kautionsversicherungsvertrages Gewährleistungs- und Vertragserfüllungsbürgschaften für die Verbindlichkeiten der GmbH & Co. KG, resultierend aus dem Werkvertrag. Die Beklagte sicherte die Inanspruchnahme der Klägerin durch eine selbstschuldnerische Rückbürgschaft ab, wobei ein Inhaberwechsel, eine Änderung der Firma oder der Rechtsform auf Seiten des Hauptschuldners den Bestand der Bürgschaftsverpflichtung nicht berühren sollten. Den Bauvertrag schloss die Stadt allerdings mit einer Bietergemeinschaft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft (ARGE), bestehend aus der GmbH & Co. KG und einer weiteren KG ab. Später wurde die Klägerin aufgrund der gewährten Bürgschaften von der Stadt in Anspruch genommen. Diese nimmt nunmehr die Beklagte als Rückbürgin in Regress. Das Oberlandesgericht wies die Klage schließlich ab.

Entscheidung

Die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten erstreckt sich nicht auf die von der Klägerin gegenüber der ARGE übernommene Bürgschaften. Die Person des Hauptschuldners ist wirtschaftlich von so entscheidender Bedeutung, dass im Zweifel nicht unterstellt werden kann, dass sich die Bürgschaftsverpflichtung auch auf eine andere Person erstrecken soll. Eine ARGE stellt keinen Rechtsnachfolger dar. An die Stelle der im Bürgschaftsvertrag vorgesehenen Hauptschuldnerin tritt in diesem Fall ein neuer selbstständiger Rechtsträger. Eine Bürgenhaftung ergibt sich auch nicht aus der akzessorischen Haftung der GmbH & Co. KG als Gesellschafterin der BGB-Gesellschaft, denn hierbei handelt es sich nicht um zu sichernde Ansprüche aus dem Werkvertrag, sondern um eine gesellschaftsrechtlich begründete Verpflichtung.

Konsequenz

Wegen des Einflusses der Person des Hauptschuldners auf die Beurteilung der Bonität und Zuverlässigkeit und damit des Bürgschaftsrisikos ist die Entscheidung zu begrüßen. Liegt kein Fall der Gesamtrechtnachfolge vor, kann sich die Beurteilung des Risikos des Bürgen durchaus anders darstellen.

Pensionsrückstellungen können mit den Anschaffungskosten zu bewerten sein

Pensionsrückstellungen können mit den Anschaffungskosten zu bewerten sein

Kernaussage

Werden im Rahmen eines Betriebsübergangs Pensionsverpflichtungen gegen Entgelt übernommen, sind diese mit ihren Anschaffungskosten und nicht mit dem Teilwert (§ 6a EStG) zu bewerten. Der entgeltliche Erwerb einer Verpflichtung löst grundsätzlich keinen „Erwerbsgewinn“ aus.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, erwarb zum 1.11.1999 mit einem Betriebsveräußerungsvertrag einen Fertigungsbetrieb, führte diesen fort und übernahm auch die aufgrund von Pensionszusagen bestehenden Pensionsverpflichtungen gegenüber den übernommenen Arbeitnehmern. Der Wert der Pensionsverpflichtungen wurde auf den Übertragungsstichtag mit einem Abzinsungssatz von 6 % ermittelt und minderte gemäß Betriebsveräußerungsvertrag den zu zahlenden Kaufpreis. Die GmbH wies diesen Wert in der Eröffnungsbilanz aus. Zum Abschlussstichtag des ersten Geschäftsjahres lag ein Pensionsgutachten vor, in dem ein niedrigerer Teilwert ermittelt wurde, mit einem Hinweis, der in der Eröffnungsbilanz ausgewiesene Wert müsste beibehalten werden, da es sich um Anschaffungskosten handele. Das Finanzamt war der Meinung, in der Folgebilanz sei die Pensionsrückstellung mit dem Teilwert zu bewerten, so dass eine gewinnerhöhende Auflösung vorzunehmen sei.

Entscheidung

Das Finanzgericht Münster war der Ansicht, dass bei einer Bewertung der Pensionsrückstellungen zum Folgestichtag mit dem Teilwert eine Gewinnrealisierung erfolgt, die gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung spricht. Die Rückstellung ist deshalb solange mit den angemessenen Anschaffungskosten zu bewerten, bis der Teilwert höher ist.

Konsequenz

Das Gericht hat in seiner Entscheidung die Grundsätze zur Erfolgsneutralität von Anschaffungskosten auch auf den Erwerb von Pensionsverpflichtungen übertragen. Zu beachten ist, dass Erhöhungen der Pensionsrückstellungen auch erst ab dem Zeitpunkt möglich sind, in dem der Teilwert die Anschaffungskosten übersteigt.