BFH, Urteil VI R 23/22 vom 01.08.2024
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 1. August 2024 (Az. VI R 23/22) entschieden, dass das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit während der Freistellungsphase eines Arbeitsverhältnisses nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und der Schweiz von 1971/2010 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zusteht. Diese Regelung gilt, wenn der Arbeitnehmer unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt wurde, das Arbeitsverhältnis jedoch weiterhin besteht und das Gehalt fortgezahlt wird.
Leitsätze des BFH
- Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates
Während eines Zeitraums, in dem ein Arbeitnehmer, der sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz tätig war, unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt ist, steht das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zu. Im konkreten Fall war dies die Bundesrepublik Deutschland. - Freistellungsphase
Auch wenn der Arbeitnehmer während der Freistellungsphase weiterhin sein Gehalt bezieht, ist er nicht mehr in der Schweiz tätig. Da die Arbeitsleistung nicht mehr in der Schweiz erbracht wird, entfällt das Besteuerungsrecht der Schweiz. Das Recht zur Besteuerung der Einkünfte liegt ausschließlich bei dem Staat, in dem der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat – in diesem Fall Deutschland.
Hintergrund
Der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall war sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz tätig und wurde im Rahmen einer Freistellungsphase unwiderruflich von der Arbeitsleistung befreit, wobei ihm weiterhin Gehalt gezahlt wurde. Der Streit bestand darin, welches Land während dieser Freistellungsphase das Besteuerungsrecht über die Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit hat.
Entscheidung des BFH
Der BFH entschied, dass während der Freistellungsphase, in der der Arbeitnehmer nicht mehr in der Schweiz arbeitet, das Besteuerungsrecht gemäß dem DBA-Schweiz ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat – in diesem Fall Deutschland – zusteht. Da der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung in der Schweiz mehr erbringt, entfällt das Besteuerungsrecht der Schweiz.
Bedeutung für die Praxis
Dieses Urteil hat bedeutende Auswirkungen für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer, die sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz tätig sind und während ihrer Freistellungsphase weiterhin Gehalt beziehen. Unternehmen und Arbeitnehmer sollten sich der steuerlichen Konsequenzen bewusst sein, da in der Freistellungsphase das Besteuerungsrecht ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zufällt.
Fazit
Der BFH hat klargestellt, dass in der Freistellungsphase eines grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmers das Besteuerungsrecht gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/2010 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat zusteht. In diesem Fall war das Deutschland, da der Arbeitnehmer dort ansässig war. Die Schweiz verliert in dieser Phase das Besteuerungsrecht, da keine Arbeitsleistung mehr in der Schweiz erbracht wird.
Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil VI R 23/22 vom 01.08.2024.