Archiv der Kategorie: Steuerrecht

FG Köln: Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer: Finanzgericht Köln weist Klage in der Rechtssache Meilicke ab

“Für die Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer ist es nicht ausreichend, wenn eine Bank die anrechenbare ausländische Steuer lediglich aus dem Körperschaftsteuersatz ableitet und bescheinigt. Denn hieraus ergibt sich nicht, dass die Steuer von dem ausländischen Unternehmen auch tatsächlich entrichtet wurde. Dies entschied der 2. Senat des Finanzgerichts Köln in seinem heute verkündeten Urteil in der sog. “Rechtssache Meilicke” (2 K 2241/02) und wies die Klage mangels entsprechender Nachweise ab.

Der 2. Senat hat gegen das Urteil die Revision beim Bundesfinanzhof in München zugelassen. Das schriftliche Urteil wird den Beteiligten in Kürze zugestellt und auf der Homepage des Finanzgerichts Köln (www.FG-Koeln.NRW.de) veröffentlicht werden.

In dem Klageverfahren hatte der 2. Senat des Finanzgerichts Köln zwei Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH in Luxemburg gestellt. Im Rahmen des bis zum Jahr 2000 geltenden Anrechnungsverfahrens konnte nur die Körperschaftsteuer bei der persönlichen Einkommensteuer des Anteilseigners angerechnet werden, die auf Dividenden einer inländischen Kapitalgesellschaft entfiel. Infolge des ersten Vorlagebeschlusses hielt der EuGH diese Beschränkung für rechtswidrig und schuf damit die Voraussetzung für die Anrechnung ausländischer Körperschaftsteuer (Urteil in der Rechtssache Meilicke vom 6. März 2007 C-292/04). Offen blieb hierbei allerdings, welche formelle Anforderungen an den Nachweis ausländischer Körperschaftsteuer zu stellen sind. Der 2. Senat hatte deshalb den Rechtsstreit im Hinblick auf die praktischen Umsetzungsfragen erneut dem EuGH vorgelegt. Im Urteil vom 30. Juni 2011 (C-262/09, Meilicke II) hat der EuGH hierzu entschieden, dass die Anrechnung der ausländischen Steuer keine Körperschaftsteuerbescheinigung voraussetze, die dem seinerzeit geltenden deutschen Körperschaftsteuergesetz entspreche. Ausreichend aber auch erforderlich seien insoweit Belege, die es den Steuerbehörden erlaubten, klar und genau zu überprüfen, in welcher Höhe die ausländischen Dividenden tatsächlich mit ausländischer Körperschaftsteuer belastet seien.”

FG Köln Urteil vom 28.08.2012 – 2 K 2241/02

Pressemeldung des Gerichts: Finanzgericht Köln

Umsatzsteuer | Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte eines Gesellschafter-Geschäftsführers (FG)

Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte eines Gesellschafter-Geschäftsführers, umsatzsteuerliche Behandlung

 Leitsatz

1. Der Anscheinsbeweis streitet ausschließlich dafür, dass ein vom Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassener Dienstwagen auch tatsächlich privat genutzt wird (BFH-Urteil vom 6. Oktober 2011 VI R 64/10 ).

2. Dieser Anscheinsbeweis kann entkräftet werden, indem substantiierte Einwände vorgebracht werden, aus denen sich die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs ergibt (vgl. nur BFH-Urteil vom 4. April 2008 VI R 68/05 , BStBl II 2008, 890 m.w.N.).

3. Im Streitfall ist der Anscheinsbeweis nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht entkräftet worden.

 Gesetze

EStG § 8 Abs. 2 Satz 2

 Instanzenzug

BFH 20.08.2012 – XI R 3/12

Verfahrensstand:  Revision eingelegt

 Tatbestand

Streitig ist, ob Fahrten des Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin zwischen Wohnung und dem Büro der Klägerin zu versteuern sind. Die insoweit streitige Umsatzsteuer beträgt 755,57 € im Veranlagungszeitraum 2003 und 920,76 € in 2004 (bis Ende September).

Herr F.T. ist Alleingesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin. Daneben ist er zu 90 % Gesellschafter und ebenfalls Geschäftsführer der T.-GmbH (Parallelverfahren 6 K 2515/04).

Die Klägerin hatte ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer, Herrn F.T., gemäß § 5 des Anstellungsvertrages vom 1. September 2000 einen Anspruch auf Nutzung der durch die Gesellschaft angeschafften PKW auch zu privaten Zwecken eingeräumt. Die Versteuerung des geldwerten Vorteils sollte nach dem geschlossenen Vertrag der Geschäftsführer übernehmen, Betriebs- und Unterhaltskosten die Gesellschaft.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin wohnte im streitbefangenen Zeitraum in der …. -straße in C. Der Sitz und das eingerichtete Büro der Klägerin befand sich in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 30. September 2004 in der ……-straße in F.

Der lohnsteuerlich als geldwerter Vorteil behandelte Betrag wurde monatlich als Lohnaufwand gebucht der Lohnsteuer unterworfen. Im Rahmen der Lohnversteuerung wurde die Regelung des § 8 Abs. 2 S. 3 EStG – der pauschale Ansatz von 0,03 % für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte – nicht angewendet.

Im streitbefangenen Zeitraum standen dem Gesellschafter-Geschäftsführer die folgenden betrieblichen PKW zur Verfügung:

  • 01/2003 bis 05/2003: Ford Fiesta Courier
  • 06/2003 bis 09/2003: MB SL 350 Roadster (Saisonkennzeichen)
  • 11/2003 bis 02/2004: MB E 270 CDI
  • 04/2004 bis 09/2004: MB SL 350 Roadster (Saisonkennzeichen)

 

Bei der Klägerin wurde für die Jahre 2003 – 2005 eine Außenprüfung durchgeführt. Durch die Außenprüfung wurden für die Jahre 2003 und 2004 für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zusätzlich 0,03 % des inländischen Listenpreises für Kfz angesetzt (Bericht vom 7. November 2008, Tz. 1.2.1 betreffend Körperschaftsteuer und Tz. 4.1 betreffend die Umsatzsteuer).

Der Beklagte folgte den Prüferfeststellungen. Die entsprechend geänderten Bescheide gingen am 8. Januar 2009 zur Post. Mit ihrem hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch trug die Klägerin zur Begründung vor, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer mit mehreren Gruppen Gräben für die Telekom ausgehoben habe, wobei eine dieser Gruppen von dem Gesellschafter-Geschäftsführer selbst geleitet worden sei. Aus diesem Grund sei Herr F.T. morgens nie ins Büro, sondern mit einem Bautransporter direkt an die jeweiligen Baustellen gefahren. Herr F.T. führe im Übrigen seine Geschäftsführertätigkeit ausschließlich von zu Hause aus durch. Anweisungen seien dort über seine ebenfalls bei der Klägerin beschäftigte Ehefrau – keine Gesellschafterin – weitergegeben worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Zur Besteuerung der privaten Pkw-Nutzung sehe das Gesetz zwei Methoden vor. Zum einen den Ansatz der tatsächlichen Kosten und zum anderen die pauschale Regelung über die so genannte 1 %-Regelung für die rein Privatfahrten und die 0,03 %-Regelung für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Da die Klägerin kein Fahrtenbuch geführt habe, sei die pauschale Regelung anzuwenden. Der geldwerte Vorteil für die reine Privatnutzung sei für jeden Kalendermonat mit einem Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Umsatzsteuer zu bewerten. Gemäß § 8 Abs. 2 S. 3 EStG erhöhe sich dieser Wert für jeden Kalendermonat um 0,03 % des genannten Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Zuschlag), wenn das Fahrzeug hierfür genutzt werden könne. Die Arbeitsstätte sei vorliegend das eingerichtete Büro in der …….-straße in F. Die BFH-Urteile VI R 68/05 und VI R 52/07 seien im Wege der nachträglichen Billigkeitsregelung anzuwenden; diese greife jedoch vorliegend nicht ein, da mit öffentlichen Verkehrsmittel keine Wege zurückgelegt worden seien. Das BFH-Urteil VI R 85/04 sei ebenfalls nicht hier anwendbar. Es handle sich bei der in dem Urteil genannten Person um einen Außendienstmitarbeiter und nicht um einen alleinigen, beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, der auch im Außendienst mitwirke und dessen Aufgaben sich von denen eines Außendienstmitarbeiters unterscheiden würden. Der Geschäftsführer habe die gesetzliche Aufgabe, die GmbH als Ganzes zu leiten und rechtlich zu vertreten. Die Geschäftsführung verlange jedenfalls eine zeitweise Präsenz des Geschäftsführers in der Firma. Eine Übertragung von Arbeiten auf einzelne Mitarbeiter sei teilweise möglich. Allerdings bleibe der Geschäftsführer für die Organisation, Anleitung, Unterschriften und Kontrolle selbst verantwortlich. Solche Kernaufgaben könnten nicht vom Außendienst oder von Zuhause aus vorgenommen werden, sondern in der Regel vom Betriebssitz aus. Eine Bewältigung dieser Aufgaben auf Dauer von Zuhause entspreche nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, stelle vielmehr eine atypische Sachverhaltsschilderung dar, da auch der in dem letztgenannten Urteil aufgeführte Außendienstmitarbeiter zumindest einmal wöchentlich seine Arbeitsstätte aufgesucht habe.

Auch wenn er diese Tätigkeit im betrieblichen Büro nicht vollumfänglich wahrgenommen habe, so werde davon ausgegangen, dass er diese nicht vollständig aufgegeben habe und somit Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführt worden seien. Da der BFH lediglich auf die Nutzungsmöglichkeit abstelle, sei der zusätzliche geldwerte Vorteil von 0,03 % unabhängig davon anzusetzen, ob und wie oft im Monat der Arbeitnehmer seinen Firmenwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte nutze.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 13. November 2009 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Beklagte im Anschluss an die Betriebsprüfung zu Unrecht eine Besteuerung der Fahrten zwischen dem Wohnort und dem Büro der Klägerin vorgenommen habe. Der Geschäftsführer der Klägerin habe den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen DÜW nicht dazu verwendet, um von seinem Wohnort in C. zum Büro der Klägerin nach F. zu gelangen. Dies lasse sich auch leicht erklären. Wie bereits ausgeführt, habe der Geschäftsführer der Klägerin aktiv an den Montagearbeiten vor Ort mitgearbeitet. Er habe einer Montagegruppe vorgestanden. Diese Montagegruppe habe sich in den Jahren 2003 und 2004 am Wohnort des Geschäftsführers der Klägerin in C. getroffen und sei von dort mit dem Klein-Lkw zu den jeweiligen Baustellen gefahren. Wenn der Geschäftsführer der Klägerin das Büro der Klägerin in F. aufgesucht habe, welches in damaligen Zeiträumen aus einem Baucontainer bestanden habe, so sei dies mit dem Klein-Lkw der Klägerin erfolgt. Die Ausführungen der Klägerin seien auch insoweit durchaus glaubhaft, wenn man berücksichtige, dass das daneben vorhandene Cabrio mehrere Monate im Jahr abgemeldet gewesen sei. Der Geschäftsführer der Klägerin habe das Cabrio betrieblich für Kundenbesuche und Aufmaß- bzw. Abnahmetermine genutzt.

Sie, die Klägerin, teile zwar die Rechtsauffassung des Beklagten, wonach zunächst der Anscheinsbeweis dafür spreche, dass der Geschäftsführer der Klägerin den Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verwendet habe. Dieser Anscheinsbeweis könne jedoch dadurch entkräftet werden, dass vom Steuerpflichtigen substantiierte Einwände vorgebracht würden, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs ergebe. Die Klägerin habe ausgeführt und unter Beweis gestellt, dass der Geschäftsführer der Klägerin aktiv an den Montagearbeiten vor Ort mitgearbeitet habe und man sich zumeist am Wohnort des Geschäftsführers der Klägerin getroffen habe, um von dort mit dem Klein-Lkw zu den jeweiligen Baustellen zu fahren. Sie habe auch dargetan und unter Beweis gestellt, dass der Geschäftsführer der Klägerin den Klein-Lkw genutzt habe, wenn er das Büro der Beklagten aufgesucht habe. Dieser atypische Geschehensablauf müsse nicht durch ein Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Es seien vielmehr alle zulässigen Beweismittel heranzuziehen. Hierzu gehöre auch die von der Klägerin beantragte Vernehmung der beiden Zeugen T.

Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen DÜW um einen Pkw mit Saisonkennzeichen gehandelt habe. Im Rahmen der Betriebsprüfung habe der Betriebsprüfer die 1 %-Regelung allerdings auch während der Zeiträume der Abmeldung dieses Fahrzeugs angewandt; auch insoweit seien die Umsatzsteuerbescheide zu korrigieren.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 vom 08. Januar 2009 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2009 dahingehend zu ändern, dass keine Fahrten des Geschäftsführers der Klägerin zwischen Wohnort und dem Büro der Klägerin der Umsatzsteuer unterworfen werden und dass für die Zeiträume der Stilllegung des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen DÜW keine Privatnutzung durch den Geschäftsführer der Klägerin der Umsatzsteuer unterworfen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen. Er führt klageerwidernd aus, dass er weiterhin an seiner Auffassung festhalte, dass Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit den dienstlichen Pkw’s durchgeführt worden seien. Insoweit werde Bezug genommen auf die Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Es sei darauf hinzuweisen, dass im Einspruchsverfahren bestritten worden sei, dass überhaupt Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte – unabhängig von der Nutzung eines privaten oder dienstlichen Pkw’s – stattgefunden hätten. Dort sei noch vorgetragen worden, der Geschäftsführer sei immer direkt zu den Baustellen gefahren und seine Tätigkeit als Geschäftsführer habe er von zuhause aus durchgeführt, da seine dort ebenfalls arbeitende Ehefrau die notwendigen Unterlagen mitgebracht habe.

Im Hinblick auf die Klagebegründung sei auszuführen, dass durch die Vertragsgestaltung die Klägerin ihrem Geschäftsführer die Möglichkeit zur privaten Nutzung der Firmenwagen eingeräumt habe. Ein Fahrtenbuch als Nachweis dafür, dass keinerlei Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführt worden seien, sei nicht vorgelegt worden. Bei den beantragten Zeugenaussagen handle es sich nicht um ausreichende Mittel zur Nachweisführung. Die Klägerin habe bei der Gestaltung ihrer Verhältnisse eine Pflicht zur Beweisvorsorge (objektive, nachprüfbare Unterlagen), besonders in Fällen eines behaupteten a/-typischen Geschehensablaufs. Die Nachweise bezögen sich auf einen Zeitraum von 2 Jahren und könnten somit wegen des langen Zeitraumes nicht durch eine Zeugenaussage ersetzt werden; im Übrigen handle es sich um nahe Angehörige. Unter fremden Dritten wäre wegen der Gefahr des Missbrauchs im beiderseitigen Interesse nicht auf Belegnachweise verzichtet worden.

Dass es sich bei dem Pkw DÜW um ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen handle, habe bereits im BP-Bericht Berücksichtigung gefunden (Hinweis auf BP-Akte Bl. 10 und 13 – 14). Aus dem Bericht ergebe sich klar, dass die Klägerin noch weitere Pkw’s im Besitz gehabt habe, die in die Berechnung für Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte einbezogen worden seien. Eine Doppelberücksichtigung für einen Zeitraum sei ebenfalls nicht erfolgt.

Auch stelle es sich als atypischer Geschehensablauf dar, dass die Klägerin ihrem Geschäftsführer ein solches Nutzungsrecht einräume und der Geschäftsführer statt der Nutzung dieser höher klassigen Wagen sein eigenes Fahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ausschließlich genutzt haben wolle. Für Dienstreisen und Kundenbesuche hingegen seien wieder die höher klassigen Wagen genutzt worden. Hierzu hätte der Geschäftsführer immer wieder mit seinem privaten Pkw zur Firma gefahren sein müssen, um für Dienstreisen bzw. Kundenbesuche das Auto zu wechseln.

Mit Beschluss des Senats vom 13. Oktober 2010 ist die Beweiserhebung darüber angeordnet worden, ob in den Streitjahren vom Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit betrieblichen Pkw’s durchgeführt worden sind durch Vernehmung der Frau A.T. und des Herrn V.T..

 Gründe

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht die gesetzliche Pauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zum Ausgangspunkt der Umsatzbesteuerung genommen.

I.

1. In § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung sind die folgenden Regelungen getroffen: Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend (Satz 2). Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der Wert in Satz 2 für jeden Kalendermonat um 0,03 vom Hundert des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Satz 3). Der Wert nach den Sätzen 2 und 3 kann mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (Satz 4).

Da ein Einzelnachweis (Fahrtenbuchmethode) nicht geführt worden ist, kam im Streitfall die sogenannte 1 % – Regelung zur Anwendung. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Kann das Fahrzeug auch zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der 1 %-Betrag um 0,03 % des Listenpreises monatlich für jeden km der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, und zwar unabhängig davon, wie häufig das Fahrzeug für diese Fahrten genutzt wird. Hierbei ist zu beachten, dass der Anscheinsbeweis, der im Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG für die Privatnutzung des Dienstwagens besteht (vgl. hierzu BFH-Urteile in BFHE 215, 256 , BStBl II 2007, 116; vom 15. März 2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302 ), in gleicher Weise auch dafür spricht, dass der Dienstwagen für die gesamte Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt worden ist (vgl. Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 1. Dezember 2006 1 K 81/04 , nicht veröffentlicht – n.v. -; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. November 2007 11 K 2182/04, n.v.; Seifert in Korn, § 4 EStG Rz 1038). Der Anscheinsbeweis kann jedoch dadurch entkräftet werden, dass substantiierte Einwände vorgebracht werden, aus denen sich die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs ergibt (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. nur BFH-Urteil vom 4. April 2008 VI R 68/05 , BStBl II 2008 , 890 m.w.N.).

Die Würdigung, ob im Einzelfall der Anscheinsbeweis als entkräftet angesehen werden kann, obliegt dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz.

2. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht für den erkennenden Senat zur Überzeugung fest (§§ 76 Abs. 1 Satz 1, 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ), dass der Beklagte die streitbefangene Pauschal-Regelung zutreffend angewandt hat. Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Juni 2004 VI B 256/01, BFH/NV 2004, 1416 , m.w.N., vom 27. Oktober 2005 VI B 43/05, BFH/NV 2006, 292 , und vom 25. März 2009 VIII B 209/08, JurisDok) ist der vorliegend einschlägige Beweis des ersten Anscheins nicht erschüttert worden. Auch wenn der Anscheinsbeweis nicht erst durch den Beweis des Gegenteils entkräftet wird, ergab sich für den Senat kein Bild, das einen zwingenden Rückschluss auf die ernstliche Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs erlaubt hätte. Die unstreitige Nutzungsmöglichkeit der für Privatfahrten geeigneten Fahrzeuge als Basis des Anscheinsbeweises erlauben zur Überzeugung des Senats die Schlussfolgerung, dass der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit in den Streitjahren tatsächlich Gebrauch gemacht und die Fahrzeuge auch für Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte genutzt hat.

Es existiert insoweit eine allgemeine Lebenserfahrung des Inhalts, dass ein Arbeitnehmer ein betriebliches Fahrzeug – das ihm von seinem Arbeitgeber zur privaten Nutzung überlassen worden ist – tatsächlich in nicht unerheblichem Umfang zu privaten Zwecken einsetzen wird, auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese Annahme gilt erst recht, wenn es sich wie im Streitfall bei dem Arbeitnehmer um den Gesellschafter-Alleingeschäftsführer handelt. Dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die PKW´s aufgrund der Art der Geschäftsführung in Ansehung der betrieblichen Abläufe und der äußeren Umstände nicht für Fahrten Wohnung – Arbeitsstätte eingesetzt haben könnte, hat die Zeugenvernehmung nicht ergeben. Der Zeuge V.T. hat in nachvollziehbarer und glaubwürdiger Weise zur Nutzung der PKW lediglich ausgesagt, dass die PKW´s in der Regel vor dem Privatanwesen des Gesellschafter-Geschäftsführers in C. gestanden hätten; über deren Nutzung könne er keine konkreteren Ausführungen mache, da er ab frühmorgens auf den von ihm selbst betreuten Baustellen gewesen sei. Der Bruder habe jeweils seine eigene Kolonne begleitet.

Soweit die Zeugin A.T. bekundet hat, dass die streitbefangenen PKW´s vom Ehemann nur für Kundenbesuche und nicht für Fahrten von C. nach F. eingesetzt worden sind, hält der Senat diese Aussage nicht für glaubhaft. Sie gründet zunächst auf der durch die Klägerin im außergerichtlichen Vorverfahren vorgetragenen Annahme, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei immer nur auf den Baustellen und bei Kunden gewesen, nicht aber in F. bzw. später in N.. Schon diese Annahme ist völlig lebensfremd. In seiner Funktion als Geschäftsführer war er zur Vertretung der Gesellschaft verpflichtet, § 35 GmbHG . Auch ein „draußen” mitarbeitender Geschäftsführer kann sich nicht derjenigen Aufgaben entziehen, die gemeinhin als „Bürotätigkeit” bezeichnet werden. Er kann einzelne Aufgaben delegieren – etwa an die im Büro arbeitende Ehefrau, bleibt aber in der Gesamtverantwortung. So hat er beispielsweise die steuerlichen Pflichten der GmbH zu erfüllen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten § 34 Abs. 1 AO ). Seine regelmäßige Anwesenheit am Firmensitz, wo sich auch Büro nebst Ausstattung befinden, ist damit unerlässlich. Die Klägerin und die Zeugen haben nicht einmal ansatzweise vorgetragen bzw. ausgesagt, dass der Geschäftsführer im Streitfall die ihm obliegenden Aufgaben vernachlässigt habe. Der Senat ist damit zur Überzeugung gelangt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig den Firmensitz, an dem sich auch die Büroeinrichtung befand, aufgesucht hat.

Weiterhin besteht für den Senat auch kein Zweifel daran, dass die vorgenannten Fahrten jedenfalls auch mit den streitbefangenen PKW´s durchgeführt worden sind. Die Zeugin hat nämlich auch – insoweit durchaus glaubhaft – bekundet, dass beispielsweise das Mercedes-Cabriolet mal in F. und mal in C. gestanden habe. Das sei abhängig gewesen „von der jeweiligen Situation”. Das Gericht hält diese Darstellung in Anbetracht der Gesamtumstände für nachvollziehbar und wahrscheinlich. Der Tagesablauf des „draußen” mitarbeitenden Gesellschafter-Geschäftsführers ist nicht in der Weise vom immergleichen äußeren Ablauf geprägt, wie er für viele andere Arbeitnehmer gilt. Der Gesellschafter-Geschäftsführer kann nicht nur auf der Baustelle präsent sein. Die dargestellte Vielfältigkeit seiner Obliegenheiten macht im Streitfall u.a. auch das Aufsuchen des Firmensitzes und der (potentiellen) Kunden erforderlich. Die Wahl des dabei jeweils genutzten Fahrzeugs hängt auch von Faktoren ab, auf die er selbst keinen Einfluss hat: Welches Fahrzeug steht überhaupt zur Verfügung, wie ist die Wetterlage, wie schnell muss ich sein, welcher Anschlusstermin ist noch wahrzunehmen, etc. Dass bei dieser Ausgangssituation auch die streitbefangenen PKW´s für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eingesetzt worden sind, steht für den Senat damit außer Frage.

II.

Die Klage ist weiterhin unbegründet, soweit die Klägerin beantragt hat, dass für die Zeiträume der Stilllegung des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen DÜW keine Privatnutzung durch den Geschäftsführer der Klägerin der Umsatzsteuer unterworfen wird. Dass es sich bei dem Mercedes Cabriolet um ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen handelte, hat Eingang in den BP-Bericht vom 7. November 2008 gefunden und zwar sowohl bei der 1 % – Regelung als auch bei der 0,03 % – Regelung. Unter C. 1.2.1 (dort Seite 13) heißt es im Rahmen der Berechnung bezüglich dieses PKW: „genutzt in Monaten … 4 (2003) … 6 (2004)”. Die Veranlagungsstelle des Beklagten ist dieser Berechnung gefolgt.

III.

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.

Umsatzsteuer | Ehrenamt – Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens liegt vor (DStV)

Entwurf eines BMF-Schreibens zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26b UStG; Angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis

S 11/12 | 24.08.2012

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Sehr geehrter Herr Ministerialdirigent Dr. Hofmann,

wir bedanken uns für die Gelegenheit zum vorbezeichneten Entwurf des überarbeiteten BMF-Schreibens zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG – Angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis Stellung nehmen zu können und möchten diese Möglichkeit hiermit gern wahrnehmen.

Vorbemerkungen

Bereits mit Schreiben vom 15.2.2012 hatte sich der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) gegenüber Herrn Bundesminister Dr. Schäuble zum BMF-Schreiben vom 2.1.2012 zur Umsatzsteuerbefreiung von ehrenamtlichen Tätigkeiten nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG kritisch geäußert. Insbesondere die darin geregelte Nichtanwendbarkeit der Befreiungsvorschrift bei Zahlung pauschaler Vergütungen, die Ausführungen zur Behandlung von Auslagenersatz sowie die kurzfristig geplante Umsetzung des BMF-Schreibens stellten zentrale Kritikpunkte unserer Stellungnahme dar.

Die anschließende, mit BMF-Schreiben vom 21.3.2012 veröffentlichte zeitliche Verschiebung des Inkrafttretens der Neuregelungen auf Umsätze, die nach dem 31.12.2012 ausgeführt werden, wurde und wird seitens des DStV ausdrücklich begrüßt. Auch war die erneute Überarbeitung des Abschnitts 4.26.1 UStAE unserer Auffassung nach unerlässlich und ist absolut zu befürworten. Der nunmehr vorliegende Entwurf des überarbeiteten BMF-Schreibens stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber der zu Beginn dieses Jahres veröffentlichten Fassung dar. Wir möchten in diesem Zusammenhang anregen, auch künftig wieder bei wesentlichen Änderungen des UStAE den Berufsstand der Steuerberater vorab einzubinden und die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Allein auf diesem Wege können Anregungen und Erfahrungen der Praxis frühzeitig Berücksichtigung finden und umfangreicher Änderungsbedarf bei bereits veröffentlichten BMF-Schreiben vermieden werden.

Dies vorausgeschickt, möchten wir zu den Neuregelungen der Umsatzsteuerbefreiung bei ehrenamtlichen Tätigkeiten im vorbezeichneten Entwurf des überarbeiten BMF-Schreibens folgende Anmerkungen machen:

Auslagenersatz

Der DStV begrüßt, dass nach Überarbeitung des BMF-Schreibens die Erstattungen tatsächlich entstandener Kosten nicht länger in die Berechnung der Betragshöchstgrenzen von EUR 50,00 pro Tätigkeitsstunde / EUR 17.500,00 pro Jahr einfließen. Auch die im BMF-Schreiben vorgenommene beispielhafte Definition des Begriffs ʺAuslagenersatz“ ist notwendig und richtig. Dennoch möchten wir anmerken, dass die derzeitige Ausführung

  • „Als Auslagenersatz im Sinne des Satzes 4 wird auch ein Fahrtkostenersatz nach den pauschalen Kilometersätzen anerkannt, die lohnsteuerlich als Reisekosten angesetzt werden können (R 9.5 Abs. 1 Satz 5 LStR)“

tatsächlich nur ein Beispiel für Auslagenersatz darstellt. Neben dem Ersatz von Fahrtkosten und Kilometer-Geldern zählen aber beispielsweise auch Verpflegungsmehraufwendungen, etwaige Telefonkosten sowie Übernachtungskosten zum Auslagenersatz (vgl. Heinrichshofen, Rz. 114 zu § 4 Nr. 26 UStG in Rau/Dürrwächter/ Flick/Geist: Umsatzsteuergesetz Kommentar). Diese Auslagen sind im gegenwärtig vorliegenden Entwurf nicht angeführt. Es ist daher nicht ersichtlich, ob der Ansatz pauschaler Beträge ausschließlich für den Ersatz von Fahrtkosten gilt oder auch Mehraufwendungen für Verpflegung etc. Berücksichtigung finden.
Der DStV regt daher an, eine allgemeingültigere Definition zur Begrifflichkeit „Auslagenersatz“ im BMF-Schreiben aufzunehmen und neben dem Beispiel des Fahrtkostenersatzes weitere Beispiele anzuführen. Gegebenenfalls sollte zudem der Hinweis erfolgen, dass die vorbezeichneten Beispiele keine abschließende Aufzählung darstellen.

Die nunmehr im BMF-Schreiben geregelte Orientierung an lohnsteuerrechtlichen Beträgen bei pauschal zu ersetzenden Kosten ist grundsätzlich nachvollziehbar. Dennoch möchten wir darauf aufmerksam machen, dass – sofern vertraglich oder mittels Gremienbeschluss geregelt – auch höhere angemessene Beträge anerkannt werden sollten. Beispielsweise ist eine Fahrtkostenerstattung i. H. v. 0,50 EUR / km in Anbetracht der derzeitigen Kraftstoffpreise nicht unverhältnismäßig, sondern entspricht vielmehr den tatsächlichen Kosten, obgleich diese über der gesetzlich geregelten Entfernungspauschale i. H. v. 0,30 EUR / km (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 2 i. V. m. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG) liegt. Ähnlich verhält es sich mit dem Beispiel der Verpflegungsmehraufwendungen.

Zur Vermeidung unnötiger Bürokratie, die beispielsweise bei Zahlung einer Fahrtkostenerstattung i. H. v. 0,50 EUR / km aus der unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Behandlung (0,30 EUR / km umsatzsteuerfrei, 0,20 EUR / km umsatzsteuerpflichtig) resultiert, möchte der DStV deshalb vorschlagen, dass dort, wo Auslagenersatz in der Regel pauschaliert wird, auch höhere angemessene Beträge ersetzt werden können. In allen weiteren Fällen sind, wie bereits festgehalten, die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Aufwendungen entsprechend anzuerkennen.

Pauschal gezahlte Aufwandsentschädigung

Die im Rahmen des überarbeiteten BMF-Schreibens nunmehr eingefügten Ergänzungen zur Zahlung pauschaler Vergütungen sind in jedem Fall zu begrüßen, da pauschale Erstattungen durchaus eine weit verbreitete Praxis darstellen. Eine Umsetzung der bislang beabsichtigten Nichtanwendbarkeit der Befreiungsvorschrift bei Leistung pauschaler Vergütungen wäre unseres Erachtens nicht vertretbar, insbesondere sofern die Entschädigungen sich im Bereich der Angemessenheit bewegen.

In diesem Zusammenhang regelt der Entwurf außerdem, dass der tatsächliche Zeitaufwand glaubhaft zu machen ist (vgl. Absatz 5 Satz 3 des BMF-Schreibens). Fraglich ist hierbei, ob dieser Nachweis im Einzelnen über das gesamte Jahr zu erfolgen hat oder eine vereinfachte Nachweisführung für einen repräsentativen Zeitraum von beispielsweise drei Monaten genügt. Wie bereits im Schreiben vom 15.2.2012 gegenüber Herrn Bundesfinanzminister Dr. Schäuble dargelegt, führt die Dokumentation des Zeitaufwands ehrenamtlich Tätiger in den Vereinen, Verbänden und Organisationen zu einem erheblichen Arbeitsmehraufwand. Diese Gegebenheit nimmt den zahlreich betroffenen Institutionen jede Chance, die finanzielle Anerkennung ihrer ehrenamtlich Engagierten bei angemessenem Verwaltungsaufwand zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund regt der DStV an, zur Dokumentation des tatsächlichen Zeitaufwands die Möglichkeit der vereinfachten Nachweisführung über einen repräsentativen Drei-Monats-Zeitraum zu gewähren und für die restlichen Monate des Kalenderjahres sowie darüber hinaus auch für die folgenden Jahre – sofern sich die Verhältnisse nicht wesentlich ändern – keine weiteren Dokumentationspflichten an die Zahlung einer Pauschale zu knüpfen.

Auch die Formulierung in Absatz 5 Satz 4

  • „Aus Vereinfachungsgründen kann die Steuerbefreiung auch ohne weitere Prüfung gewährt werden, wenn der Jahresgesamtbetrag der Entschädigungen den Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nummer 26 bzw. § 3 Nummer 26a Einkommensteuergesetz nicht übersteigt“

führt zu Unsicherheiten und offenen Fragen. Diese resultieren daher, dass bereits vorweg in den einführenden Bemerkungen dargelegt wird, „[dass] es sich bei den genannten Grenzen [EUR 50,00 pro Tätigkeitsstunde / EUR 17.500,00 pro Jahr] um so genannte Nichtbeanstandungsgrenzen handelt, bis zu deren Höhe seitens der Finanzverwaltung grundsätzlich auf eine Angemessenheitsprüfung der Entschädigungen verzichtet wird …“ Die in Absatz 5 Satz 4 verwendete Formulierung relativiert diese Aussage hingegen wieder. Auch der Bezug auf § 3 Nr. 26a EStG erscheint unseres Erachtens an dieser Stelle überflüssig, da das BMF-Schreiben zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26b UStG Stellung nimmt und somit eine ausdrückliche Trennung zur Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeiten für juristische Personen des öffentlichen Rechts gemäß § 4 Nr. 26a UStG beachtet werden sollte. Zur Vermeidung etwaiger Unsicherheiten und Streitigkeiten möchte der DStV folgenden Formulierungsvorschlag unterbreiten:

  • „Aus Vereinfachungsgründen wird die Steuerbefreiung auch ohne weitere Prüfung gewährt, wenn der Jahresgesamtbetrag der Entschädigungen den Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nummer 26 Einkommensteuergesetz nicht übersteigt.“

Beispielhafte Unterlegung

Die im vorliegenden Entwurf erfolgte Aufnahme von Beispielen findet unsere volle Befürwortung, da dem ehrenamtlich Tätigen die Möglichkeit eröffnet wird, den tatsächlich vorliegenden Sachverhalt unter einen der Beispielfälle zu subsumieren. Hierdurch können Vereine, Verbände und Organisationen künftig mitunter schneller entscheiden, ob die Regelungen des § 4 Nr. 26b UStG entsprechend Anwendung finden. Fraglich ist, ob unter Berücksichtigung der vorbezeichneten Anregungen weitere Beispiele sachdienlich wären.

Für ergänzende Konsultationen stehen wir jederzeit gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
StB/WP Dipl.-Kfm. Hans-Christoph Seewald

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BFH: “Praxisgebühr” nicht als Sonderausgabe abziehbar

BFH-Urteil vom 18.07.2012 – X R 41/11

Presseerklärung des Bundesfinanzhofs (BFH) Nr. 58:

“Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18. Juli 2012 X R 41/11 entschieden, dass die Zuzahlungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung nach § 28 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch, die sog. “Praxisgebühren”, nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können.

Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) können Steuerpflichtige “Beiträge zu Krankenversicherungen” als Sonderausgaben abziehen. Darunter fallen jedoch nur solche Ausgaben, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen, also letztlich der Vorsorge dienen.

Bei der “Praxisgebühr” ist dies nicht der Fall, da der Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Krankenversicherung unabhängig von der Zahlung der “Praxisgebühr” gewährt wird. Sie stellt vielmehr eine Form der Selbstbeteiligung der Versicherten an ihren Krankheitskosten dar.

Ob “Praxisgebühren” als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG in Form von Krankheitskosten geltend gemacht werden können, konnte der BFH offenlassen. Im Streitfall wurde die dem Kläger zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) nicht erreicht. Die Zahlungen hätten sich schon aus diesem Grund bei ihm steuerlich nicht auswirken können.”

Bundesfinanzhof (BFH)

Güterichter beim Finanzgericht Münster

Das Präsidium des Finanzgerichts Münster hat Prof. Dr. Alfons Brune, Vorsitzender Richter am Finanzgericht, und Dr. Sabine Haunhorst, Richterin am Finanzgericht, zu Güterichtern bestellt. Beide nehmen künftig neben ihrer originären richterlichen Tätigkeit auch die Aufgaben eines Güterichters wahr.

Das Finanzgericht Münster hat damit von der durch das Mediationsgesetz vom 25. Juli 2012 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und sein Angebot im Bereich der einvernehmlichen Streitbeilegung erweitert. Neben dem von den Verfahrensbeteiligten seit vielen Jahren geschätzten Erörterungstermin steht nunmehr für konfliktbehaftete Streitfälle zwischen Steuerpflichtigem und Finanzbehörde auch ein Güteverfahren zur Verfügung. Beantragen die Verfahrensbeteiligten ein entsprechendes Güteverfahren, so kann das Gericht sie für die Güteverhandlung sowie weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter – den Güterichter – verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen, wie es im Gesetz heißt (§ 278 Abs. 5 ZPO, § 155 FGO).

Die Güteverhandlung ersetzt jedoch keinesfalls den im finanzgerichtlichen Verfahren – insbesondere von den Richtern des Finanzgerichts Münster – seit vielen Jahren sehr erfolgreich praktizierten Erörterungstermin, in dem der für den Rechtsstreit zuständige Richter mit den Verfahrensbeteiligten die Sach- und Rechtslage diskutiert und dabei auch die Möglichkeiten einer einvernehmlichen Streitbeilegung prüft (siehe Pressemitteilung Nr. 3 vom 9. Februar 2011).

Die Güteverhandlung ist vielmehr ein ergänzendes Angebot für “spezielle Fälle”. Gemeint sind damit Streitfälle, in denen besondere Konflikte zwischen den Beteiligten bestehen, die über das eigentliche Rechtsproblem hinausgehen. Ist z.B. in “emotionsgeladenen” und “festgefahren” wirkenden Rechtsstreitigkeiten neben steuerlicher Fachkompetenz auch der Einsatz besonderer Konfliktlösungsmethoden “gefragt”, kann der Güterichter eingeschaltet werden. Dieser versucht dann eine Versachlichung des Rechtsstreites zu erreichen und mit den Beteiligten eine einvernehmliche, interessen- und sachgerechte Streitlösung zu finden, so dass der Rechtsfrieden wieder hergestellt wird.

Finanzgericht Münster

Steuerliche Behandlung von Erstattungszinsen

OFD Magdeburg v. 10.08.2012 – S 2252 – 117 – St 214

Steuerliche Behandlung von Erstattungszinsen; § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010

Zinsen i. S. v. § 233a AO, die das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zahlt (Erstattungszinsen), gehören bislang unabhängig von der Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen gem. § 12 Nr. 3 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

Mit Urteil vom 15.06.2010 – VIII R 33/07 , BStBl 2011 II S. 503, ist der BFH von seiner langjährigen Rechtsprechung abgewichen und hat festgestellt, dass Erstattungszinsen beim Empfänger nicht der Besteuerung unterliegen, soweit sie auf Steuern entfallen, die gemäß § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind.

Der BFH hält zwar an seiner Rechtsprechung fest, dass der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch eine ‚sonstige Kapitalforderung jeder Art’ i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist und die Erstattungszinsen nach § 233a AO auch als Gegenleistung dafür gezahlt werden, dass der Steuerpflichtige dem Fiskus Kapital zur Nutzung überlassen hat, zu dessen Leistung er letztlich nicht verpflichtet war. Damit können Erstattungszinsen beim Empfänger grundsätzlich der Besteuerung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG unterliegen.

Das gilt jedoch nicht, wenn die (Einkommen-)Steuer und darauf entfallende Nachzahlungszinsen gem. § 12 Nr. 3 EStG vom Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeschlossen und damit dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen sind. Diese gesetzgeberische Entscheidung strahlt auf den umgekehrten Vorgang der Erstattung solcher Steuern in der Weise aus, dass sie dem Steuerpflichtigen nicht im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG zufließen. Erstattungszinsen teilen als steuerliche Nebenleistungen das ‚Schicksal’ der Hauptforderung mit der Folge, dass sie von § 12 Nr. 3 EStG ebenfalls dem nicht steuerbaren Bereich zugewiesen werden.

Mit dem Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 08.12.2010 (Verkündung am 14.12.2010 im BGBl. 2010 Teil 1 Nr. 62, S. 1768) ist der § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG neu in das Gesetz aufgenommen worden. Danach stellen nunmehr Erstattungszinsen nach § 233a AO Erträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG dar (klarstellende Gesetzesänderung). Die Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG ist in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuerfestsetzung noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist (§ 52a Abs. 8 ESG).

Die vorgenannte Anwendungsvorschrift hat somit zur Folge, dass die Gesetzesänderung nicht nur für zukünftige Kalenderjahre, sondern auch für vorangegangene Kalenderjahre zu beachten ist. Erstattungszinsen sind daher wie bislang bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Die Gesetzesänderung bewirkt quasi, dass das o. g. Urteil des BFH über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewendet werden kann.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass Nachzahlungszinsen, die vom Steuerpflichtigen an das Finanzamt zu zahlen sind, nach wie vor nicht steuerlich geltend gemacht werden können.

Zur Frage der – generellen – Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen ist beim BFH unter dem Az. VIII R 36/10 ein Revisionsverfahren anhängig.

Des Weiteren hat das FG Münster entschieden, dass die durch das JStG 2010 rückwirkend angeordnete Besteuerung von Zinsen verfassungsgemäß sei ( Urteil vom 16.12.2010 – 5 K 3626/03 E ). Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Revision beim BFH eingelegt. Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Az. VIII R 1/11 geführt.

Mit zwei weiteren Urteilen vom 10.05.2012 – 2 K 1947/00 E und 2 K 1950/00 E . hat das FG Münster (jedoch der 2. Senat) entgegen der Verwaltungsauffassung entschieden, dass Erstattungszinsen ungeachtet der durch das JStG 2010 eingefügten Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG nicht steuerbar sind. Dies gilt nach Auffassung des FG auch dann, wenn die Erstattungszinsen in Zeiträumen angefallen sind. in denen vom Steuerpflichtigen gezahlte Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben abziehbar waren.

Zur Begründung führt das FG in Anlehnung an das BFH-Urteil vom 15.06.2010 – VIII R 33/07 . a. a. O.. aus, dass Erstattungszinsen zur Einkommensteuer nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 12 Nr. 3 EStG dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen würden.

Auf die Frage, ob die durch das JStG 2010 als Reaktion auf die Rechtsprechung des BFH neu eingefügte Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG, die Erstattungszinsen ausdrücklich den Einkünften aus Kapitalvermögen zuordne, auch rückwirkend auf die Streitjahre Anwendung finde, komme es nicht an. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG sei keine Spezialregelung gegenüber § 12 Nr. 3 EStG. Vielmehr gehe § 12 Nr. 3 EStG als eine den einzelnen Einkunftsarten systematisch vorangestellte Vorschrift § 20 Abs. 1 EStG vor.

Die Revisionsverfahren werden beim BFH unter den Aktenzeichen VIII R 28/12 und VIII R 29/12 geführt.

Einsprüche, die in vergleichbaren Fällen auf die vorgenannten Verfahren gestützt werden, ruhen kraft Gesetzes gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

Mit Beschluss vom 22.12.2011 – VIII B 190/11 , hat der BFH entschieden, dass es ernstlich zweifelhaft ist, ob 2008 zugeflossene Erstattungszinsen zur Einkommensteuer der Jahre 2001 bis 2003 als Einnahmen aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i. d. F. des JStG 2010 der Steuer unterliegen. In einem weiteren Verfahren zu im Kalenderjahr 2009 zugeflossene Erstattungszinsen hat der BFH seine Rechtsauffassung bestätigt ( Beschluss vom 09.01.2012 – VIII B 95/11 ). Die Zweifel bestehen nach Auffassung des BFH insbesondere wegen der rückwirkenden Anwendung der Vorschrift (§ 52a Abs. 8 Satz 2 EStG), sodass diese auf alle Fälle anzuwenden ist, in denen die Steuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. In vergleichbaren Fällen ist daher auf Antrag Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

 

FG Berlin-Brandenburg zum Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft

“Unternehmer, die grundsätzlich verpflichtet sind, die in ihren Lieferungen und Leistungen enthaltene Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen, können ihrerseits Umsatzsteuerbeträge, die sie an andere Unternehmer für Lieferungen oder Leistungen für ihr eigenes Unternehmen zu zahlen haben, als sog. Vorsteuern von der eigenen Umsatzsteuerzahllast abziehen. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte nun zu entscheiden, inwieweit dieser Vorsteuerabzug auch einer Holdinggesellschaft zusteht, die selbst kein operatives Geschäft betreibt, sondern administrative Leistungen an ihre Beteiligungsgesellschaften erbringt (Urteil vom 10. Mai 2012, Aktenzeichen 5 K 5264/09). Die klagende Holdinggesellschaft machte den Vorsteuerabzug aus Kapitalbeschaffungsleistungen geltend, die der Verbesserung der Handelbarkeit ihrer eigenen Anteile dienten. Das Finanzamt versagte dies mit dem Argument, die Aufwendungen für Kapitalbeschaffungsleistungen stünden in keinem Zusammenhang mit den eigenen steuerpflichtigen Leistungen der Gesellschaft an ihre Beteiligungsgesellschaften. Die Richter des Finanzgerichts gaben der Klägerin Recht. Bei den Kosten handelt es sich ihrer Auffassung nach um sog. Allgemeinkosten, die direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit der Holdinggesellschaft zusammenhängen. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass die Aufwendungen für die Kapitalbeschaffungskosten im Verhältnis zu den durch die Beratung der Beteiligungsgesellschaften erzielten Dienstleistungsentgelten relativ hoch waren.

Die Finanzverwaltung hat bei dem Bundesfinanzhof in München Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil eingereicht, die dort unter dem Aktenzeichen V 73/12 anhängig ist.”

Pressemeldung des Gerichts: Finanzgericht Berlin-Brandenburg

 

Vorsteuerabzug einer – für die 100%-ige Tochter administrative Tätigkeiten ausführendeHolding aus Kapitalbeschaffungsleistungen

 Leitsatz

Bezieht eine Holdinggesellschaft für administrative Tätigkeiten von ihrer 100%-igen Tochter-GmbH, mit der eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht, eine monatliche Dienstleistungspauschale, so dass sie (eigene) ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, ist der uneingeschränkte Vorsteuerabzug der Aufwendungen für Dienstleistungen, die der Kapitalbeschaffung dienen, nicht dadurch ausgeschlossen, dass die – gegenüber der Dienstleistungspauschale deutlich höheren – Aufwendungen nicht allein der umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit der Holding dienen, sondern im Besonderen der Kapitalausstattung der Tochter-Organgesellschaft und damit ggf. auch dem Bezug nicht steuerbarer Dividenden.

 Gesetze

UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
UStG § 2 Abs. 1

 Instanzenzug

BFH 19.10.2012 – V B 73/12

 Tatbestand:

Die Klägerin ist eine Holdinggesellschaft, die mit Einbringungsvertrag vom 5.5.2006 sämtliche Anteile an der H…E…GmbH erwarb. Das operative Geschäft – die Entwicklung und Produktion von Anlagen im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie – betreibt die GmbH. Die Klägerin erbringt aufgrund Kooperationsvertrags vom 1.9.2006 administrative Tätigkeiten für die GmbH, die der Klägerin hierfür eine monatliche Dienstleistungspauschale von 11.000 EUR zahlt. Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einer umsatzsteuerlichen Organschaft aus.

Im Zuge einer Betriebsprüfung betreffend die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 stellte der Beklagte fest, dass die Klägerin den Vorsteuerabzug aus Rechnungen über sog. Kapitalbeschaffungsleistungen in Anspruch genommen hatte. Diese laufenden wie auch einmaligen Leistungen dienten der Verbesserung der Handelbarkeit der Aktie. Das erworbene Kapitel wurde weitgehend an die GmbH durch Zuführung in die Kapitalrücklage weitergereicht. Der Beklagte versagte den Vorsteuerabzug – wie schon im Vorauszahlungsbescheid über Umsatzsteuer Juli 2007, in dem eine Vorsteuerkürzung von 3.562,50 EUR vorgenommen wurde – mit der Begründung, eine unternehmerische Veranlassung für diese Leistungen sei nicht erkennbar. Die Klägerin erziele als Holdinggesellschaft lediglich Erlöse aus Miete und überlassener Arbeitsleistung an die GmbH sowie Zinserträge. Mangels eines operativen Geschäfts könnten die Aufwendungen für Kapitalbeschaffung nicht zu Preisbestandteilen von Ausgangsumsätzen der Klägerin werden. Für das Streitjahr 2007 wurde eine Vorsteuerkürzung von 86.582,83 EUR errechnet, die mit Bescheid vom 13.1.2012 umgesetzt wurde. Auf Tz. 21 und 22 des Prüfungsberichts vom 19.8.2011 wird Bezug genommen. Den bereits gegen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid Juli 2007 erhobenen Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 15.9.2009 als unbegründet zurück.

Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, die unternehmerische Veranlassung der streitigen Kosten sei gegeben, da bei allgemeinen Kosten niemals ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen bestehe. Zudem bestehe aufgrund der Organschaft mit der H… E…GmbH als Organgesellschaft ein Unternehmen, bei dem die Ausgangsleistungen der Organgesellschaft dem Organträger – also ihr, der Klägerin – zuzurechnen seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides vom 13.1.2012 die Umsatzsteuer 2007 dahingehend neu festzusetzen, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 90.144,83 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

Er macht geltend, die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aktie stünden weder in einem direkten Zusammenhang mit den Ausgangsumsätzen noch gehörten sie zu den Allgemeinkosten. Dies verdeutliche nicht zuletzt das Verhältnis der in Rede stehenden Aufwendungen zur Höhe der von der Klägerin erzielten Erlöse. Die Aufwendungen seien insgesamt dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen. Auf das Urteil des BFH vom 9.2.2012 (V R 40/10 ; BFH/NV 2012, 681 ) werde verwiesen.

Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung neben den Verfahrensakten ein Band Umsatzsteuerakten, ein Aktenband „Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen”, ein Ordner „Arbeitsbogen Band II”, ein Aktenband „Gesellschaftsverträge” und eine Heftung „Rechtsbehelf” vorgelegen.

 Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, soweit Vorsteuern aus Kapitalbeschaffungsaufwendungen in Höhe von 90.144,83 EUR außer Ansatz gelassen worden sind.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen, wenn er eine nach den §§ 14 , 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG , wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG dann nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Aus diesem Regelungszusammenhang folgt zum Einen, dass die Klägerin als Holdinggesellschaft selbst Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein muss und zum Anderen, das diese Unternehmereigenschaft nicht erst durch ein Organschaftsverhältnis begründet werden kann, sondern bereits bestehen muss. Nach der Rechtsprechung des BFH im Anschluss an die Holding-Rechtsprechung des EuGH sind lediglich der Erwerb, das Halten oder der Verkauf von Aktien als solche nichtwirtschaftliche (nichtunternehmerische) Tätigkeiten, da sie Ausdruck der bloßen Eigentumsposition sind und nicht die Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten (Urteil des BFH vom 9.2.2012 V R 40/0 a.a.O. unter Hinweis auf Rechtsprechung des EuGH). Eine wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit setzt demgegenüber voraus, dass der Organträger eigene entgeltliche Leistungen erbringt, wobei Leistungen ausschließlich an die Organgesellschaft ausreichen (vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG , § 2 Rz. 830 ff.; Stapperfend, UR 2006, 112 , jeweils unter Hinweis auf die Entscheidungen des EuGH vom 14.11.2000 C-142/99 – Floridienne, EuGHE 2000, I-9567 und vom 27.9.2001 C-16/00 – Cibo Participations, EuGHE 2001, I-6663 sowie des BFH vom 9.10.2002 V R 64/99 , BStBl II 2003, 375).

Die Klägerin hat aufgrund des Kooperationsvertrags vom 1.9.2006 unstreitig entgeltliche Leistungen in Form von dort näher bezeichneten administrativen Tätigkeiten ihrer Gesellschafter und Mitarbeiter an die H… E… GmbH erbracht. Nach der dargestellten Rechtsprechung ist sie somit unternehmerisch tätig mit der Folge, dass sie zum Vorsteuerabzug auch aus solchen Dienstleistungen berechtigt ist, die der Kapitalbeschaffung dienen. Entscheidend ist insoweit, dass die Dienstleistungen als allgemeine Kosten des Unternehmens direkt und unmittelbar mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers zusammenhängen (Urteil des BFH vom 1.7.2004 V R 32/00 , BStBl II 2004, 1022; Urteil des EuGH vom 27.9.2001 C-16/00 Cibo Participations a.a.O.). Der uneingeschränkte Vorsteuerabzug ist demnach entgegen der Auffassung des Beklagten nicht dadurch ausgeschlossen, dass die aktienbezogenen Aufwendungen nicht allein der umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit der Klägerin dienten, sondern im Besonderen der Kapitalausstattung der Organgesellschaft und damit ggf. auch dem Bezug nicht steuerbarer Dividenden.

Denn eine Zuordnung dieser Kosten zum nichtunternehmerischen Bereich kommt nach der zitierten Rechtsprechung von EuGH und BFH deshalb nicht in Betracht, weil es sich um Allgemeinkosten handelt, die mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammenhängen. Da die Klägerin nur steuerpflichtige und nicht auch steuerfreie Umsätze ausführte, ist der Vorsteuerabzug insgesamt zu gewähren (vgl. Urteil des BFH vom 1.7.2004 V R 32/00 , BStBl II 2004, 1022). Die von dem Beklagten in Bezug genommene Entscheidung des BFH vom 9.2.2012 (V R 40/10 a.a.O) lässt keine andere Beurteilung zu. Denn der diesem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt liegt insoweit entscheidend anders als derjenige im Streitfall, als dort die Holdinggesellschaft an ca. 50 Gesellschaften beteiligt war, Umsätze aber lediglich aus Beratungsleistungen für zwei dieser Gesellschaften erzielte. Deshalb ist im Streitfall – anders als dort – auch für eine Aufteilung der Gesamttätigkeit in eine nichtwirtschaftliche Haupt- und eine wirtschaftliche Nebentätigkeit kein Raum. Allein das Verhältnis der Dienstleistungsentgelte zu den deutlich höheren Aufwendungen vermag eine Aufteilung – wie auch sonst – nicht zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO – . Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung – ZPO – .

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung auf der zu dieser Rechtsfrage ergangenen Rechtsprechung des BFH beruht.

FG Köln: Keine Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuermessbescheiden wegen möglicher Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung von Zinsen und Mieten

“Das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren zur verfassungsrechtlichen Überprüfung der ab dem Jahr 2008 teilweise erheblich geänderten gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinsen und Mieten (1 BvL 8/12) rechtfertigt nur dann eine Aussetzung der Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheides, wenn dem Steuerpflichtigen irreparable Nachteile drohen. Dies entschied der 13. Senat des Finanzgerichts Köln in zwei Beschlüssen vom 4. Juli 2012 (13 V 1292/12 und 13 V 1408/12).

Die Antragstellerinnen begehrten unter Berufung auf den Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 29.2.2012 (1 K 138/10) die Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuermessbescheiden für die Jahre 2009 bzw. 2010. Sie machten geltend, dass die Neuregelung der Hinzurechnungsvorschriften durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 in § 8 Nr. 1 GewStG das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verletze. Das gelte insbesondere bei den von ihnen betriebenen Unternehmensmodellen, wonach die benötigten Wirtschaftsgüter und Immobilien zum Betrieb von Hotels bzw. Altenheimen ausschließlich von Dritten angepachtet würden. Trotz tatsächlich erzielter Verluste habe die gewerbesteuerliche Hinzurechnung eine erhebliche Steuerbelastung zur Folge und gefährde damit ihre wirtschaftliche Existenz.

Der 13. Senat lehnte wie das Finanzamt eine Aussetzung der Vollziehung ab. Zwar bestünden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelungen. Da die Gewährung der beantragten Aussetzung der Vollziehung aber einem einstweiligen Außerkraftsetzen der Neufassung des Gewerbesteuergesetzes gleich käme, komme eine Aussetzung nur dann in Betracht, wenn das Interesse der Antragstellerinnen an der begehrten Aussetzung dem öffentlichen Interesse an der Vollziehung der angefochtenen Gewerbesteuerbescheide überwiege. Die Antragstellerinnen hätten hierfür glaubhaft machen müssen, dass ihnen durch die Vollziehung der Gewerbesteuerbescheide irreparable Nachteile drohten, die ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machten. Derartige Nachteile konnte der Senat nicht feststellen, so dass die Interessenabwägung zu Lasten der Steuerpflichtigen ausfiel.

Die Antragstellerinnen haben die vom Finanzgericht zugelassenen Beschwerden zum Bundesfinanzhof in München eingelegt.”

FG Köln Beschluss vom 04.07.2012 – 13 V 1292/12 und

FG Köln Beschluss vom 04.07.2012 –  13 V 1408/12

Pressemeldung des Gerichts: Finanzgericht Köln

Weitere Entscheidungen des BFH (01.08.2012)

Folgende weiteren Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Datum von heute (01.08.2012) veröffentlicht:

– BFH-Urteil vom 25.04.2012 – I R 24/11 (Sanierungserlass: Zuständigkeit für die abweichende Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags);

– BFH-Beschluss vom 15.05.2012 – VI B 111/11 (Trennungsbedingte Umgangskosten des barunterhaltspflichtigen Elternteils sind keine außergewöhnliche Belastung- Gleichklang von Steuer- und Sozialrecht);

– BFH-Beschluss vom 04.06.2012 – VI B 10/12 (Verfahrensmangel wegen unvollständiger Sachverhaltsaufklärung – Beteiligtenvernehmung);

– BFH-Urteil vom 26.01.2012 – VII R 77/10 (Einfuhrumsatzsteuerfreiheit bei innergemeinschaftlicher Weiterlieferung);

– BFH-Urteil vom 28.02.2012 – VII R 23/10 (Vermittler eines Schmuggelgeschäfts als Zollschuldner);- BFH-Beschluss vom 29.05.2012 – III S 19/11 (Vollstreckung aus durch das FG abgeänderten Bescheiden – Dauer der Wirksamkeit teils erfolgsreich angefochtener Bescheide – Formlose Mitteilung über neuberechnete Steuer kein Verwaltungsakt);

– BFH-Urteil vom 14.03.2012 – XI R 28/09 (Keine abweichende Festsetzung der USt aus Billigkeitsgründen, wenn der Organträger von der Organgesellschaft keine Mittel zur Entrichtung der Steuer erhalten hat – Organträger und Organgesellschaften als ein Unternehmer);

– BFH-Urteil vom 22.02.2012 – X R 27/10 (Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 22.02.2012 X R 12/09 – Berücksichtigung von Verlusten bei § 4 Abs. 4a EStG – Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen);

– BFH-Urteil vom 22.02.2012 – X R 12/09 (Berücksichtigung von Verlusten bei § 4 Abs. 4a EStG – Betriebsbezogene Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen – Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 4a EStG);

– BFH-Beschluss vom 25.11.2011 – III B 179/10 (Verfristung der Klage bei fehlendem Absendevermerk auf der Einspruchsentscheidung – Umdeutung eines Einspruchs gegen eine Einspruchsentscheidung in eine Klage – Verfahrensmangel bei Prozessurteil statt Sachurteil);

– BFH-Beschluss vom 16.04.2012 – VI B 136/11 (Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG);

– BFH-Beschluss vom 11.05.2012 – II B 63/11 (Feststellung einer Steuerhinterziehung durch das FG – Keine Prüfung materiellen Rechts im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde – Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Abgabe einer Steuererklärung nach § 31 Abs. 5 ErbStG);

– BFH-Beschluss vom 24.05.2012 – VI B 120/11 (Grundsätzliche Bedeutung: Unterhaltsaufwendungen bei einer bestehenden Ehe bzw. Unterhaltsaufwendungen für ein Kind – Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht – Greifbare Gesetzeswidrigkeit);

– BFH-Urteil vom 28.03.2012 – II R 37/10 (Bewertung eines ehemals landwirtschaftlich genutzten Eindachhofs, bestehend aus einer Wohnung und Stallungen).

Bundesfinanzhof (BFH)

Zuzahlungen des Arbeitnehmers zum Pkw sind (meistens) Werbungskosten

Kernproblem

Der Arbeitslohn aus der unentgeltlichen oder verbilligten Überlassung eines Dienstwagens ist entweder pauschal nach der sog. 1 %-Methode oder individuell nach der Fahrtenbuchmethode zu ermitteln (-> Firmenwagenrechner). Leistet der Arbeitnehmer Zuzahlungen, können sich je nach Anlass und Bewertungsmethode unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben. Dabei geht die Verwaltungsauffassung nicht unbedingt mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhof (BFH) konform, wie der folgende Fall zeigt.

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer leistete Zuzahlungen von ca. 2.000 EUR zu den Leasingraten des Arbeitgebers für das ihm auch für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellte Fahrzeug. Diesen Betrag zog er von dem durch ein Fahrtenbuch ermittelten Privatnutzungsanteil (ca. 7.000 EUR) ab, d. h. versteuerte unterm Strich ca. 5.000 EUR. Das Finanzamt dagegen minderte bereits die Gesamtkosten des Pkw um die Zuzahlung und gelangte zu einem Privatnutzungsanteil von ca. 6.100 EUR. Diesen Betrag wollte es ungekürzt der Besteuerung unterwerfen. Der BFH hatte bereits einen ähnlichen Sachverhalt im Jahr 2007 zugunsten der Arbeitnehmer entschieden. Da die Finanzverwaltung diese Entscheidung jedoch mit einem Nichtanwendungserlass belegt hatte, konnte man jetzt gespannt sein, wie das angerufene Finanzgericht Münster entscheiden würde.

Entscheidung

Die Richter gab dem Arbeitnehmer Recht und folgte damit der BFH-Entscheidung aus dem Jahr 2007. Der geldwerte Vorteil ermittele sich aus den insgesamt durch das Fahrzeug entstehenden Kosten, die unabhängig von den Zuzahlungen zu ermitteln seien. Der Gesetzeswortlaut zur Bestimmung der Kfz-Aufwendungen unterscheide nicht danach, wer die Fahrzeugkosten getragen habe. Weil die Zuzahlungen des Arbeitnehmers zum Erwerb von Einkünften, nämlich des Privatnutzungsvorteils, erfolgten, lägen hierin abzugsfähige Werbungskosten vor.

Konsequenz

Die Rechtsfolgen bei Pkw-Zuzahlungen des Arbeitnehmers lassen sich wie folgt zusammenfassen: Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten des Pkw sind unabhängig von der Berechnungsmethode (1 % oder Fahrtenbuch) steuerlich abzugsfähig (gegebenenfalls unter Verteilung auf die Nutzungsjahre). Gleiches gilt für Leasingsonderzahlungen oder sonstige pauschale Nutzungsentgelte. Dagegen ist bei individuellen Zuzahlungen (z. B. Benzin) zu unterscheiden: Bei der Fahrtenbuchmethode ist (wie im o. g. Streitfall) ein Werbungskostenabzug möglich. Dagegen scheitert bei Bewertung nach der 1 %-Methode der Werbungskostenabzug, weil der BFH dies systembedingt ausschließt.