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BFH: Teilweise Nichtberücksichtigung von Anschaffungskosten nach Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

“Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12. Juli 2012 IV R 39/09 entschieden, dass die Anschaffungskosten einer nicht wesentlichen GmbH-Beteiligung bei einer späteren Veräußerung der Anteile nicht zu berücksichtigen sind, nachdem die GmbH zuvor formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt worden ist.

Der Rechtsformwechsel einer GmbH in eine Personengesellschaft ist auf Grund des Regimewechsels von der Besteuerung der Körperschaft zur Besteuerung der Gesellschafter mit erheblichen steuerlichen Übergangsproblemen behaftet. Diese resultieren insbesondere aus den unterschiedlichen Beteiligungsformen der Gesellschafter. So können die Beteiligungen im steuerverstrickten Betriebsvermögen und je nach Beteiligungshöhe im steuerverstrickten oder nicht steuerverstrickten (sog. nicht wesentliche Beteiligung) Privatvermögen gehalten werden. Der Gesetzgeber hat im Umwandlungssteuergesetz an die unterschiedlichen Beteiligungsverhältnisse unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft.Für den Fall der nicht wesentlichen Beteiligung sieht das Umwandlungssteuergesetz vor, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten der Beteiligung nach der formwechselnden Umwandlung der GmbH in eine Personengesellschaft nicht mehr zu berücksichtigen sind. Dies hat zur Folge, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten den Gewinn einer späteren Veräußerung der Mitunternehmeranteile nicht mindern. Insbesondere bei einer zeitnahen Veräußerung der Mitunternehmeranteile nach dem Formwechsel ergeben sich Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Grundsatz, dass Anschaffungskosten bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns abgezogen werden können.

Der BFH hat dies vom Gesetzgeber erkannte und ausdrücklich gewollte Ergebnis gleichwohl auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten bestätigt. Dabei hat er sich maßgeblich davon leiten lassen, dass der nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter zivilrechtlich die Möglichkeit hatte, dem Formwechsel zu widersprechen und die Anteile zum Verkehrswert an die Gesellschaft zu veräußern.”

Presseerklärung Nr. 61 des Bundesfinanzhofs (BFH)

BFH-Urteil vom 12.07.2012 – IV R 39/09

 

Gewinn aus der Veräußerung des nach Formwechsel entstandenen Mitunternehmeranteils eines zuvor nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters

 Leitsatz

Die ursprünglichen Anschaffungskosten eines nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters für den Erwerb der Gesellschaftsanteile einer GmbH mindern, nachdem die GmbH formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt worden ist, nicht den Gewinn aus einer späteren Veräußerung des Mitunternehmeranteils.

 Gesetze

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5
EStG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Sätze 1 und 2
EStG § 17 Abs. 1
UmwG § 207
UmwStG 1995 § 3
UmwStG 1995 § 4 Abs. 4 und 6
UmwStG 1995 § 5 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3
UmwStG 1995 § 7
UmwStG 1995 § 13 Abs. 2 Satz 3
UmwStG 1995 § 14
GG Art. 3 Abs. 1

 Instanzenzug

Niedersächsisches FG vom 5. Juni 2008 10 K 426/05BFH IV R 39/09

 Gründe

I.

1  Streitig ist die Höhe eines Veräußerungsgewinns i.S. von § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus der Veräußerung einer Kommanditbeteiligung.

2  Die Beigeladenen zu 2. und 3., R und S, sowie HW —der verstorbene Ehemann der Beigeladenen zu 1., W,— erwarben in 1998 mit notariellen Kauf- und Abtretungsverträgen von dem sich auf 100.000 DM belaufenden und voll eingezahlten Stammkapital der X GmbH (im Folgenden: GmbH) Gesellschaftsanteile von jeweils 3.000 DM zu Kaufpreisen in Höhe von je 100.000 DM. Die Gesellschaftsanteile hielten sie im Privatvermögen.

3  Mit notariellem Umwandlungsbeschluss vom 22. August 2000 beschlossen die Gesellschafter der GmbH (im Rahmen einer Gesellschaftervollversammlung) einstimmig, diese formwechselnd in eine Personengesellschaft, die X GmbH & Co. KG, die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), umzuwandeln (§§ 190 ff. des Umwandlungsgesetzes —UmwG —).

4  Nach dem Umwandlungsbeschluss entsprachen die (Haft-)Einlagen der Beigeladenen wie auch der anderen Gesellschafter betragsmäßig ihren Stammeinlagen an der GmbH. Die Kapital- und Kommanditeinlagen sollten durch das den Gesellschaftern zuzurechnende Eigenkapital der GmbH gedeckt werden. Soweit das Eigenkapital der GmbH (gezeichnetes Kapital zuzüglich Kapital- und Gewinnrücklagen, Jahresüberschuss und Gewinnvortrag, abzüglich Jahresfehlbetrag und Verlustvortrag) die Summe der Kapitaleinlage der Komplementärin und der Kommanditeinlagen der Kommanditisten überstieg, wurde der überschießende Teil des Eigenkapitals den Darlehenskonten der Gesellschafter nach einem im Einzelnen festgelegten Maßstab gutgebracht. Im „Innenverhältnis” sollte der Formwechsel zum 31. Dezember 1999 (Umwandlungsstichtag = steuerlicher Übertragungsstichtag) als erfolgt gelten. Die GmbH setzte die übergehenden Wirtschaftsgüter in ihrer steuerlichen Schlussbilanz mit den Buchwerten an.

5  Für den im März 2002 verstorbenen Kommanditisten HW wurde seine Ehefrau, die Beigeladene zu 1. (W), Kommanditistin der Klägerin.

6  Die Beigeladenen veräußerten mit Wirkung zum 1. Januar 2004 ihre Kommanditbeteiligungen in Höhe von nominell je 3.000 DM für 25.000 € (Beigeladene W) bzw. jeweils 51.129,19 € (Beigeladene R und S). Die Forderungen bzw. Verbindlichkeiten aus den Darlehenskonten waren nicht Gegenstand der Veräußerung und von den Vertragsparteien auszugleichen.

7  In dem Bescheid für 2004 (Streitjahr) über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (im Weiteren Gewinnfeststellungsbescheid) stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) in Abweichung von der Feststellungserklärung der Klägerin für die zum 1. Januar 2004 ausgeschiedenen Gesellschafter —die Beigeladenen— aus der Veräußerung von deren Kommanditbeteiligungen Veräußerungsgewinne fest. Diese ermittelte das FA in der Weise, dass es von dem für die Veräußerung des Kommanditanteils vereinnahmten Kaufpreis die nominelle Beteiligung (= Wert des anteiligen Kapitalkontos) abzog.

8  Hiergegen wandte sich die Klägerin nach erfolglos gebliebenem Vorverfahren mit der Klage, mit der sie begehrte, die Veräußerungsgewinne der Beigeladenen R und S auf 0 DM und für die Beigeladene W als Rechtsnachfolgerin des HW einen Veräußerungsverlust in Höhe von 26.129,19 € festzustellen. Zur Begründung führte die Klägerin im Wesentlichen aus, dass die von den Beigeladenen getragenen Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns bzw. des Veräußerungsverlustes zu berücksichtigen seien. Denn diese Anschaffungskosten seien im Rahmen der Umwandlung der GmbH auf die Klägerin nicht berücksichtigt worden, weil die Beigeladenen an der GmbH nicht wesentlich i.S. des § 17 EStG in der im Jahr der Umwandlung geltenden Fassung beteiligt gewesen seien.

9  Die Klage hatte keinen Erfolg. Zur Begründung hat das Finanzgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass das FA die jeweiligen Veräußerungsgewinne gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Höhe nach zutreffend ermittelt habe. Eine Berücksichtigung der früheren Aufwendungen für die Anschaffung der GmbH-Anteile komme nicht in Betracht. Dies ergebe sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 16 EStG und dem Fehlen einer entsprechenden Regelung im Umwandlungssteuergesetz in der im Jahr der Umwandlung geltend Fassung (UmwStG 1995 ). Die Beigeladenen könnten den Veräußerungsgewinn auch nicht durch die Aufstellung einer Ergänzungsbilanz neutralisieren. Mit Ablauf der sechsmonatigen Spekulationsfrist nach § 23 EStG a.F. seien die Anschaffungskosten für die Gesellschaftsanteile endgültig verloren. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere Art. 3 des Grundgesetzes (GG) , liege ebenfalls nicht vor. Die Ungleichbehandlung der Beigeladenen mit den Kommanditisten, die i.S. des § 17 EStG wesentlich an der GmbH beteiligt gewesen seien, oder deren Beteiligung zum Betriebsvermögen gehört habe, sei sachlich gerechtfertigt. Denn solche Beteiligungen seien auch vor der Umwandlung der GmbH auf die Klägerin auf der Gesellschafterebene steuerverstrickt gewesen.

10  Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Im Rahmen der Umwandlung der GmbH sei bei den Beigeladenen ein Übernahmeverlust entstanden, da die Anschaffungskosten der Beteiligung von je 100.000 DM (51.129,19 €) über den jeweiligen Übernahmewerten von je 11.518 € (Wert des anteilig auf die Beigeladenen entfallenden Betriebsvermögens zum Umwandlungsstichtag) gelegen hätten. Die Übernahmeverluste seien aber weder bei den nicht wesentlich beteiligten Beigeladenen im Zeitpunkt der Umwandlung steuerlich berücksichtigt, noch seien sie in einer Ergänzungsbilanz oder in ihrer Gesamthandsbilanz erfasst worden. Im Ergebnis würden die stillen Reserven, die bereits vom (ursprünglichen) Veräußerer der Gesellschaftsanteile nach § 17 EStG versteuert worden seien, noch einmal versteuert.

11  Der Einbeziehung der Anschaffungskosten in die Ermittlung eines eventuellen Veräußerungsgewinns stehe § 5 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 7 UmwStG 1995 nicht entgegen. Aus dieser Regelung ergebe sich nur, dass die Anteile der Gesellschafter, die nicht wesentlich i.S. des § 17 EStG an der umgewandelten GmbH beteiligt seien, in deren Privatvermögen gehalten würden.

12  Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid für 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen in der zuletzt geänderten Fassung vom 14. April 2008 dahin abzuändern, dass die Veräußerungsgewinne der Beigeladenen zu 2. und 3. in Höhe von jeweils 0 € und für die Beigeladene zu 1. als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen HW ein Veräußerungsverlust in Höhe von 26.129,19 € festgestellt werden.

13  Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

14  Die Revision ist unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

15  Der angefochtene Gewinnfeststellungsbescheid ist rechtmäßig. Das FA hat zu Recht die ursprünglichen Anschaffungskosten der Beigeladenen für den Erwerb der Gesellschaftsanteile an der GmbH bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile (Kommanditanteile) an der Klägerin nicht abgezogen.

16  1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören auch Gewinne, die bei der Veräußerung des gesamten Anteils eines Gesellschafters erzielt werden, der als Mitunternehmer des Betriebes i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ). Veräußerungsgewinn ist in diesen Fällen gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Maßgeblich ist daher die Differenz zwischen den dem Ausscheidenden aus diesem Anlass zugewandten Leistungen und seinem Kapitalkonto (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 9. Juni 2004 IV B 167/03 , BFH/NV 2004, 1526 ). Der Wert des Anteils am Betriebsvermögen (Kapitalkonto) ist für den Zeitpunkt des Ausscheidens nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG ).

17  a) Dementsprechend ist von den an die Beigeladenen für die Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile gezahlten Kaufpreisen in Höhe von 25.000 € (Beigeladene zu 1.) bzw. je 51.129,19 € (Beigeladene zu 2. und 3.) lediglich der Wert der anteiligen Kapitalkonten in zwischen den Beteiligten unstreitiger Höhe von jeweils 3.000 DM abzuziehen, da die Forderungen bzw. Verbindlichkeiten aus den ihnen des Weiteren zuzurechnenden variablen Darlehenskonten entsprechend den Bestimmungen in den notariellen Übertragungsverträgen aus Juni 2004 gesondert auszugleichen waren und, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, auch tatsächlich ausgeglichen wurden.

18  b) Die ursprünglichen Anschaffungskosten der Beigeladenen für den Erwerb der Gesellschaftsanteile an der formwechselnd umgewandelten GmbH sind bei der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile (Kommanditanteile) an der Klägerin nicht abzuziehen (anderer Ansicht Haritz, Betriebs-Berater 1996, 1409, 1414; Schwetlik, GmbH-Rundschau 1998, 817, 823). Diese Anschaffungskosten haben nach den hier einschlägigen Vorschriften des UmwStG 1995 keinen Eingang in das anteilige Kapitalkonto der Beigeladenen bei der Personengesellschaft —hier der Klägerin— gefunden. Ebenso wenig können die Anschaffungskosten durch die Aufstellung einer positiven Ergänzungsbilanz berücksichtigt und bei der Veräußerung der Mitunternehmeranteile (Kommanditanteile) in Abzug gebracht werden (anderer Ansicht Schultz, Deutsches Steuerrecht —DStR— 1996, 854, 859; Parczyk, DStR 1997, 1195).

19  aa) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beigeladenen im Zeitpunkt der formwechselnden Umwandlung der GmbH in die Personengesellschaft, die Klägerin, nicht wesentlich i.S. des § 17 EStG beteiligt waren und die Beigeladenen die Anteile im Privatvermögen gehalten haben. Der Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

20  bb) Der nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter, der seine Beteiligung an der umgewandelten Kapitalgesellschaft im Privatvermögen hält, nimmt nach § 4 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 1995 nicht an der Ermittlung des Übernahmeergebnisses der Personengesellschaft teil. Der Wert seines Anteils an den Wirtschaftsgütern bleibt bei der Ermittlung des Übernahmegewinns oder des Übernahmeverlustes außer Ansatz. Ungeachtet dessen nimmt der nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter insoweit an der formwechselnden Umwandlung teil, als er Gesellschafter der Personengesellschaft wird. Sein Anteil an der Personengesellschaft bestimmt das Kapitalkonto seines Mitunternehmeranteils zum steuerlichen Übertragungsstichtag. Werden die von der Kapitalgesellschaft übertragenen Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden Personengesellschaft —wie vorliegend— mit dem Buchwert fortgeführt, bestimmt sich der Anteil des vormals nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters an der Personengesellschaft nunmehr ausschließlich nach dem anteiligen Buchwert der (Mitunternehmer-)Beteiligung. Die ursprünglichen Anschaffungskosten der Beteiligung an der GmbH fließen mithin nicht in seinen Kapitalanteil ein. Auch eine Aufstockung des Buchwerts um einen etwaigen Übernahmeverlust gemäß § 4 Abs. 6 UmwStG 1995 kommt für den vormals nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter der GmbH nicht in Betracht.

21  Insoweit ist der Klägerin zuzugeben, dass ein vormals nicht wesentlich beteiligter Gesellschafter bei der Veräußerung seines Mitunternehmeranteils auch die vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entstandenen stillen Reserven zu versteuern hat, die er, soweit sie auf den Zeitraum vor der Anschaffung der Gesellschaftsanteile (hier: an der GmbH) entfallen, möglicherweise bereits im Rahmen dieser Anschaffung dem Veräußerer der Gesellschaftsanteile vergütet hatte.

22  cc) Gleichwohl können die ursprünglichen Anschaffungskosten für die nicht wesentliche Beteiligung an der GmbH nicht durch die Bildung einer Ergänzungsbilanz berücksichtigt und bei der Veräußerung des Mitunternehmeranteils abgezogen werden. Eine Ergänzungsbilanz ist sowohl nach dem Wortlaut als auch nach der Systematik und dem Zweck der Regelung der §§ 3 ff. UmwStG 1995 i.V.m. § 14 UmwStG 1995 ausgeschlossen.

23  (1) Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 3 UmwStG 1995 bleibt der Wert der übergegangenen Wirtschaftsgüter bei der Ermittlung eines Übernahmegewinns oder eines Übernahmeverlustes außer Ansatz, soweit er auf Anteile an der übertragenden Körperschaft entfällt, die am steuerlichen Übertragungsstichtag nicht zum Betriebsvermögen der übernehmenden Personengesellschaft gehören. Die Aufstockung der Wirtschaftsgüter im Wege einer Ergänzungsbilanz ist gemäß § 4 Abs. 6 UmwStG 1995 nur für den Fall vorgesehen, dass ein Übernahmeverlust verbleibt. Ein Übernahmeverlust kann aber gemäß § 4 Abs. 4 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 und Abs. 3 UmwStG 1995 nur insoweit entstehen, als er auf bisher steuerverstrickte Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft entfällt. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass eine Ergänzungsbilanz nicht aufzustellen ist, soweit ein Übernahmeverlust auf bisher nicht steuerverstrickte Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft entfällt.

24  (2) Die Bildung einer positiven Ergänzungsbilanz für den nicht wesentlich beteiligten Gesellschafter der Kapitalgesellschaft würde zudem dem erkennbaren Gesetzeszweck widersprechen. Ergänzungsbilanzen sind zu bilden, um Wertansätze in der Steuerbilanz (= Gesamthandsbilanz) der Personengesellschaft für den einzelnen Mitunternehmer zu korrigieren (vgl. zur Bildung einer Ergänzungsbilanz: BFH-Urteil vom 18. Februar 1993 IV R 40/92 , BFHE 171, 422 , BStBl II 1994, 224, m.w.N.). Bezugsgröße sind einerseits das anteilige Eigenkapital an der Mitunternehmerschaft und andererseits die Anschaffungskosten bzw. die Tauschwerte der in die Mitunternehmerschaft eingebrachten Wirtschaftsgüter (Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 3. Aufl., § 246 Rz 376 ff.). Aufwendungen für den Erwerb der Beteiligung an der umgewandelten GmbH sind Anschaffungskosten der GmbH-Beteiligung. Die Aufwendungen können daher nicht auch noch als Anschaffungskosten für die neu entstandenen Kommanditanteile an der Personengesellschaft, hier der Klägerin, berücksichtigt werden. Die Bildung einer Ergänzungsbilanz käme im Streitfall daher nur in Betracht, wenn die formwechselnde Umwandlung als ein Anschaffungsvorgang in Form eines Tausches zu verstehen wäre. In diesem Fall wäre der gemeine Wert der „tauschweise” hingegebenen GmbH-Anteile zum steuerlichen Übertragungsstichtag, soweit dieser den Betrag des übergehenden Kapitalkontos in der Steuerbilanz der Personengesellschaft überstiege, in einer steuerlichen Ergänzungsbilanz zu aktivieren. Nur soweit der gemeine Wert der GmbH-Anteile zum steuerlichen Übertragungsstichtag den ursprünglichen Anschaffungskosten der GmbH-Anteile entsprochen hätte, wären Letztere weiterhin steuerlich relevant; denn ein bis zum Übertragungsstichtag eingetretener Wertverlust der GmbH-Anteile wäre der steuerlich nicht relevanten Privatsphäre zuzuordnen.

25  Die formwechselnde Umwandlung basiert jedoch —insbesondere im Hinblick auf den nicht wesentlich beteiligten Anteilseigner— nicht auf der Annahme eines Anschaffungsvorgangs; ihr liegt vielmehr der Gedanke der privilegierten Liquidationsbesteuerung zu Grunde. So hat der nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter gemäß § 7 UmwStG 1995 das anteilige verwendbare Eigenkapital mit Ausnahme des EK 04, also die offenen Reserven, einschließlich der anzurechnenden Körperschaftsteuer (Körperschaftsteuerguthaben) als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Der nicht wesentlich Beteiligte wird mithin, so auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung (BTDrucks 12/6885, S. 19), im Ergebnis derselben Rechtsfolge unterworfen, die § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG für die Fälle der Liquidation einer Kapitalgesellschaft enthält. Der Grundsatz der Buchwertfortführung in §§ 3 ff. UmwStG 1995 führt allerdings dazu, dass nur die offenen Reserven und nicht auch die stillen Reserven als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet werden. Gleichwohl wollte der Gesetzgeber nicht auf die Besteuerung der stillen Reserven verzichten. Nach der Gesetzesbegründung hat der nicht wesentlich beteiligte Anteilseigner als Mitunternehmer die stillen Reserven erst zu versteuern, wenn sie bei der übernehmenden Personengesellschaft aufgelöst werden (BTDrucks 12/6885, S. 19). Daraus folgt aber zugleich, dass die Besteuerung der im Buchwert nicht repräsentierten und im Zuge der Umwandlung nicht aufgedeckten stillen Reserven, auf die im Fall einer Liquidation zu gemeinen Werten zugegriffen würde, nicht durch die Bildung einer Ergänzungsbilanz unterlaufen werden darf.

26  c) Die ursprünglichen Anschaffungskosten der Beigeladenen können auch nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG berücksichtigt werden. Diese Regelung ist auf den vorliegenden Sachverhalt weder unmittelbar noch analog anwendbar.

27  § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG setzt als Bewertungsvorschrift die Einlage eines Wirtschaftsgutes in das Betriebsvermögen, hier der Klägerin, voraus. Die nicht wesentlich an der GmbH beteiligten Beigeladenen haben ihre Kapitalbeteiligung aber nicht in das Gesellschaftsvermögen der Klägerin eingelegt. Mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister sind die Beigeladenen vielmehr kraft Gesetzes an dem neuen Rechtsträger, hier der Klägerin, beteiligt (§ 202 Abs. 1 Nr. 2 UmwG ). Allein der Umstand, dass die ehemals nicht steuerverstrickte Kapitalbeteiligung der Beigeladenen durch den Formwechsel zu einer steuerverstrickten Mitunternehmerbeteiligung erstarkt ist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Beteiligung in das Betriebsvermögen der Klägerin eingelegt worden ist.

28  Eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG scheidet schon deshalb aus, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Gemäß § 5 Abs. 2 UmwStG 1995 gelten zum Zwecke der Ermittlung des Übernahmegewinns die Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 EStG , die am Übertragungsstichtag nicht zum Betriebsvermögen gehörten, als in das Betriebsvermögen der neuen Personengesellschaft mit den Anschaffungskosten eingelegt. Aus dieser Regelungsfiktion folgt zum einen, dass der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der formwechselnden Umwandlung grundsätzlich nicht von einer Einlage der Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft ausgeht, und zum anderen, dass er die Annahme einer „fiktiven” Einlage nur auf die bisher steuerverstrickte Kapitalbeteiligung und nicht auch auf die bisher nicht steuerverstrickte Kapitalbeteiligung der nicht wesentlich beteiligten Anteilseigner erstrecken wollte.

29  d) Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht aus der Regelung des § 13 Abs. 2 Satz 3 UmwStG 1995 ableiten (so aber Börst in Haritz/Menner, Umwandlungssteuergesetz , 3. Aufl., § 7 Rz 53, und wohl auch Crezelius, Der Betrieb 1997, 195, 199). Diese Vorschrift erfasst den Fall, dass anlässlich einer Verschmelzung bislang nicht wesentliche Beteiligungen bei der übertragenden Kapitalgesellschaft zu wesentlichen i.S. des § 17 Abs. 1 EStG bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft werden. Für diese Anteile gilt der gemeine Wert am steuerlichen Übertragungsstichtag als Anschaffungskosten. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass die in der Zeit der Nicht-Verstrickung angesammelten stillen Reserven nicht in die Besteuerung einbezogen werden. Diese Wertung kann indes nicht auf den vorliegenden Fall einer formwechselnden Umwandlung übertragen werden. Der Verschmelzung oder Vermögensübertragung gemäß §§ 11 ff. UmwStG 1995 liegt nämlich —jedenfalls im Hinblick auf den nicht wesentlich beteiligten Anteilseigner— der Gedanke eines Anteilstausches und damit einer Anschaffung zu Grunde. Entsprechend der Bewertungsregelung in § 6 Abs. 6 EStG sind daher die nunmehr steuerverstrickten Anteile durch den Verschmelzungsvorgang vom nunmehr wesentlich beteiligten Anteilseigner angeschafft worden und daher mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Diese Anschaffungskosten sind im Fall einer Veräußerung der neuen Beteiligung nach § 17 Abs. 2 EStG gewinnmindernd zu berücksichtigen. Demgegenüber liegt der formwechselnden Umwandlung, wie dargelegt (II.1.b cc (2)), der Gedanke der Liquidationsbesteuerung zu Grunde.

30  e) Die Nichtberücksichtigung der ursprünglichen Anschaffungskosten eines nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere liegt insoweit kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.

31  Zwar wird die Gruppe der nicht wesentlich beteiligten Anteilseigner gegenüber der Gruppe der Anteilseigner, deren Kapitalbeteiligung steuerverstrickt war, insoweit ungleich behandelt, als bei Letzteren die Anschaffungskosten der Kapitalbeteiligung durch den Ansatz des Buchwerts bzw. der Einlagefiktion bei der Ermittlung des Übernahmegewinns bzw. -verlustes nach § 4 Abs. 4 und Abs. 6 , § 5 Abs. 2 und Abs. 3 UmwStG 1995 berücksichtigt werden. Soweit sich danach ein Übernahmeverlust ergibt, ist dieser auf die im Buchwert bzw. den Anschaffungskosten enthaltenen gekauften stillen Reserven zurückzuführen (s. auch BTDrucks 12/6885, S. 18). Ein Übernahmeverlust wird sodann —gekürzt um die anzurechnende Körperschaftsteuer— durch die Aufstockung der Wirtschaftsgüter in den Ergänzungsbilanzen der vormals wesentlich i.S. des § 17 EStG beteiligten Gesellschafter steuerlich berücksichtigt (§ 4 Abs. 5 und Abs. 6 UmwStG 1995). Diese unterschiedliche Behandlung ist jedoch zum einen dadurch gerechtfertigt, dass die Beteiligungen bereits vor dem Formwechsel steuerverstrickt waren, und zum anderen dadurch, dass auch nur für diese Gesellschafter ein Übernahmegewinn gemäß § 4 Abs. 4 UmwStG 1995 festgestellt werden kann. Des Weiteren kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung letztlich Folge des noch von den Gesellschaftern der formwechselnden Kapitalgesellschaft gewählten Buchwertansatzes der übergehenden Wirtschaftsgüter in deren steuerlicher Schlussbilanz ist. Dem haben ersichtlich auch die Beigeladenen zugestimmt. Den mit dem Formwechsel verbundenen steuerlichen Rechtsfolgen hätten die Beigeladenen zudem ausweichen können, indem sie dem Umwandlungsbeschluss gemäß § 207 UmwG widersprochen und gegen eine angemessene Abfindung ihre Kapitalbeteiligung vor dem erfolgten Formwechsel an den formwechselnden Rechtsträger, hier die GmbH, hätten veräußern können. In diesem Fall hätten sie die in den Kapitalanteilen enthaltenen stillen Reserven steuerfrei realisieren können. Alternativ hätten sie neben dem in § 207 UmwG eingeräumten Widerspruchsrecht die Möglichkeit gehabt, die Anteile an der GmbH vor deren Umwandlung „freihändig” zu veräußern und sodann die Mitunternehmeranteile an der formwechselnd errichteten KG zurück zu erwerben (vgl. dazu die Rechtsprechung zur Realisierung von Spekulationsverlusten bei der Veräußerung von Wertpapieren: BFH-Urteil vom 25. August 2009 IX R 60/07 , BFHE 226, 252 , BStBl II 2009, 999, und zur Anteilsrotation: BFH-Urteil vom 7. Dezember 2010 IX R 40/09 , BFHE 232, 1 , BStBl II 2011, 427). Soweit die Anschaffungskosten das anteilige Kapital bei der Mitunternehmerschaft überstiegen hätten, wäre der Differenzbetrag in einer positiven Ergänzungsbilanz zu erfassen gewesen.

32  Insbesondere unter Berücksichtigung der zivilrechtlich nicht zwingenden Mitwirkung der Beigeladenen an der durchgeführten Umwandlung und der bestehenden Möglichkeit einer Ausweichgestaltung wäre auch ein im Einzelfall etwa vorliegender Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht von einem derartigen Gewicht, dass er zur Verfassungswidrigkeit der hier einschlägigen Regelungen des UmwStG 1995 führen oder eine verfassungskonforme, erweiternde Normauslegung erforderlich machen könnte (vgl. insoweit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 2009 1 BvR 2192/05 , BVerfGE 125, 1 , BFH/NV 2010, 803 ).

33  2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 2, 139 Abs. 4 FGO . Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, da die Beigeladenen keinen eigenen Sachantrag gestellt haben (BFH-Beschluss vom 25. Januar 2006 IV R 14/04 , BFHE 212, 231 , BStBl II 2006, 418).

FG Köln: Außenprüfung beim Versicherten wegen Versicherungssteuer zulässig

“Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ist berechtigt, auch beim Versicherungsnehmer die Erhebung und Abführung von Versicherungssteuer zu prüfen. Dies entschied der 2. Senat des Finanzgerichts Köln in mehreren parallel geführten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (u. a. Beschluss vom 11. Juli 2012, 2 V 1565/12).

Das BZSt wollte bei einer Reederei überprüfen, ob und inwieweit sie ihre Schiffe bei Versicherungsunternehmen versichert hatte, die außerhalb der Europäischen Union (EU) ansässig sind. In diesem Fall ist nämlich ausnahmsweise der Versicherungsnehmer selbst verpflichtet, die Versicherungsteuer zu erklären und an den Fiskus abzuführen. Der 2. Senat hat den gegen die Prüfungsanordnung des BZSt gerichteten Antrag der Reederei auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Dabei vertrat er die Auffassung, dass zumindest bei gewerblich tätigen Personen eine Außenprüfung hinsichtlich der Versicherungsteuer ohne weitere Voraussetzungen durchgeführt werden könne. Die Sonderregelungen des Versicherungsteuergesetzes schränkten die allgemeinen Vorschriften zur steuerlichen Außenprüfung (§§ 193 ff. der Abgabenordnung) nicht ein. Grenzen könnten allenfalls bei einer sogenannten “Ermittlung ins Blaue hinein” bestehen, wenn die Prüfungshandlungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zu Erkenntnissen führen könnten, die steuerlich relevant seien.

Den Hintergrund der entschiedenen Verfahren bildeten Erkenntnisse der Finanzverwaltung darüber, dass im Schifffahrtsbereich Versicherungsverträge auf Gesellschaften außerhalb der EU übertragen werden und zwischen verschiedenen Schifffahrtsgesellschaften sogenannte Poolversicherungen abgeschlossen werden. In diesen Fällen sehen die Finanzbehörden Anlass zur Prüfung, welche Personen tatsächlich verpflichtet sind, die Versicherungssteuer zu erklären und an den Fiskus zu zahlen.

Zuständig für Versicherungsteuerfälle ist seit dem 1.7.2010 ausschließlich das BZSt mit Sitz in Bonn. Für Klagen und Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz gegen Maßnahmen des BZSt ist bundesweit das Finanzgericht Köln zuständig.”

FG Köln Beschluss vom 11.07.2012 – 2 V 1565/12

Pressemitteilung des Gerichts: Finanzgericht Köln

BFH: Vom Erblasser herrührende Steuerschulden für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeiten

“Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 4. Juli 2012 II R 15/11 entschieden, dass die vom Erben in seiner Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolger zu leistende, noch vom Erblasser herrührende Einkommensteuer-Abschlusszahlung für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuergesetzes abzugsfähig ist.

Im Streitfall war die Klägerin neben ihrer Schwester Miterbin ihrer Eltern geworden. Die Eltern waren beide kurz nacheinander im Kalenderjahr 2004 verstorben. Für den Einkommensteuer-Veranlagungszeitraum 2004 waren von den Erbinnen als Gesamtrechtsnachfolger ihrer Eltern nach Anrechnung der von den verstorbenen Eltern entrichteten Vorauszahlungen erhebliche Nachzahlungen zu entrichten.

Nach Ansicht des BFH gehören zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten nicht nur die Steuerschulden, die zum Zeitpunkt des Erbfalls (Todeszeitpunkt) in der Person des Erblassers bereits rechtlich entstanden waren, sondern auch solche Steuerverbindlichkeiten, die der Erblasser als Steuerpflichtiger durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen begründet hat und die erst mit dem Ablauf des Todesjahres entstehen. Dies gelte in Übereinstimmung mit der zivilrechtliche Rechtsprechung, wonach sich aus dem Begriff “herrühren” ergibt, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen. Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten ist, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb “für den Erblasser” als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht.

Das Urteil hat weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus praktische Bedeutung. Durch den Abzug der Einkommensteuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten hat die Einkommensteuer für das Todesjahr unmittelbare Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Erbschaftsteuer. Im Falle der Zusammenveranlagung von Eheleuten, von denen ein Ehepartner im Laufe des Jahres verstirbt, ist, so der BFH, entsprechend § 270 der Abgabenordnung zu ermitteln, inwieweit die Einkommensteuernachzahlung auf den Erblasser, d.h. auf den vorverstorbenen Ehegatten entfällt.”

Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs (BFH) Nr. 60

BFH-Urteil vom 04.07.2012 – II R 15/11

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 4.7.2012, II R 15/11

Vom Erblasser herrührende Steuerschulden für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeiten – Aufteilung von Abschlusszahlungen bei Zusammenveranlagung von im selben Jahr verstorbenen Ehegatten

Leitsätze

1. Die auf den Erben entsprechend seiner Erbquote entfallenden Abschlusszahlungen für die vom Erblasser herrührende Einkommensteuer des Todesjahres, einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag, sind als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig (Änderung der Rechtsprechung).

 

2. Bei einer Zusammenveranlagung von im selben Jahr verstorbenen Ehegatten sind Abschlusszahlungen für das Todesjahr analog § 270 AO aufzuteilen und als Nachlassverbindlichkeiten beim jeweiligen Erwerb von Todes wegen abzugsfähig.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist neben ihrer Schwester zu 1/2 Miterbin ihres am 31. Dezember 2004 verstorbenen Vaters (V). Ihre Mutter (M) war bereits am 13. November 2004 vorverstorben. Für 2004 wurden V und M zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für 2004 waren –nach Anrechnung der von V und M entrichteten Vorauszahlungen, des Zinsabschlags und der Kapitalertragsteuer– Abschlusszahlungen in Höhe von insgesamt 1.823.885 EUR zu entrichten.
2
Die Klägerin machte die Hälfte der Abschlusszahlungen als Nachlassverbindlichkeiten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) versagte in dem geänderten Steuerbescheid vom 22. September 2008 einen Abzug und setzte die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin auf 473.936 EUR fest.
3
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, dass die Einkommensteuer des Todesjahres des Erblassers beim Erben nicht als Nachlassverbindlichkeit abgezogen werden könne, weil sie am maßgeblichen Stichtag noch nicht entstanden gewesen sei. Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1342.
4
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).
5
Während des Revisionsverfahrens hat das FA mit Bescheid vom 5. Juni 2012 die Erbschaftsteuer wegen hier nicht streitiger Punkte auf 532.817 EUR erhöht.
6
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, ihre Eltern hätten ein Berliner Testament errichtet. Danach hätten sich die Eltern gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt. Die Erbschaft nach ihrer Mutter sei ausgeschlagen worden.
7
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid vom 5. Juni 2012 dahin zu ändern, dass die von ihr zu tragenden Zahlungen der Einkommensteuer, der Kirchensteuer sowie des Solidaritätszuschlags für V und M für 2004 in Höhe von 911.942,50 EUR als zusätzliche Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden.
8
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision ist begründet. Sie führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung. Da während des Revisionsverfahrens ein Änderungsbescheid ergangen ist, ist das Urteil des FG gegenstandslos geworden (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 17. Januar 2008 VI R 44/07, BFHE 220, 269, BStBl II 2011, 21).
10
Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die vom FG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um den von der Klägerin begehrten Abzug der Nachlassverbindlichkeiten beurteilen zu können. Die anteilig auf die Klägerin als Miterbin entfallenden Abschlusszahlungen für Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für 2004 sind, soweit sie V betreffen, entgegen der Auffassung des FG als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Soweit die Abschlusszahlungen M betreffen, sind sie als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, wenn V Alleinerbe der vorverstorbenen M war. Ist dagegen V wegen einer Ausschlagung der Erbschaft nicht Alleinerbe der M geworden, scheidet ein Abzug der M betreffenden Abschlusszahlungen als Nachlassverbindlichkeiten bei dem hier der Besteuerung zugrunde liegenden Erwerb von Todes wegen nach V aus. Das FG hat –aus seiner Sicht zu Recht– noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob V Alleinerbe der M war oder ob die Erbschaft ausgeschlagen wurde.
11
1. Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sind von dem Erwerb des Erben die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht mit einem zum Erwerb gehörenden Gewerbebetrieb oder Anteil an einem Gewerbebetrieb in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen und bereits nach § 12 Abs. 5 und 6 ErbStG berücksichtigt worden sind, als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Nachlassverbindlichkeiten in diesem Sinne sind auch die vom Erblasser herrührenden persönlichen Steuerschulden, die gemäß § 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), § 45 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) auf den Erben übergegangen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641, m.w.N.).
12
Nach § 1922 Abs. 1 BGB geht mit dem Tod einer Person (Erbfall) deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über. Gemäß § 1967 BGB haften die Erben für die Nachlassverbindlichkeiten. Das hierin für den Erbfall statuierte Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge beschränkt sich nicht auf den Bereich des Zivilrechts, sondern erstreckt sich auch auf das Steuerrecht (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.I.). So ordnet § 45 Abs. 1 Satz 1 AO an, dass bei der Gesamtrechtsnachfolge „die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger über(gehen)“. Ungeachtet des restriktiv gehaltenen Wortlauts des § 45 Abs. 1 Satz 1 AO leitet der BFH in ständiger Rechtsprechung aus dieser Bestimmung her, dass der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger grundsätzlich in einem umfassenden Sinne sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht in die abgabenrechtliche Stellung des Erblassers eintritt (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.I.1., m.w.N.).
13
2. Zu den abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG gehören nicht nur die Steuerschulden, die zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits rechtlich entstanden waren, sondern auch die Steuerverbindlichkeiten, die der Erblasser als Steuerpflichtiger durch die Verwirklichung von Steuertatbeständen begründet hat und die mit dem Ablauf des Todesjahres entstehen.
14
a) Der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG setzt ebenso wie die Erbenhaftung nach § 1967 Abs. 2 BGB voraus, dass Schulden vom Erblasser herrühren. Aus dem Begriff „herrühren“ ergibt sich, dass die Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht voll wirksam entstanden sein müssen. Zivilrechtlich gehen mit dem Erbfall auch „verhaltene“, noch werdende und schwebende Rechtsbeziehungen des Erblassers auf den Erben über (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 7. Juni 1991 V ZR 214/89, Neue Juristische Wochenschrift –NJW– 1991, 2558, m.w.N.). Deshalb sind Erblasserschulden i.S. des § 1967 Abs. 2 BGB auch die erst in der Person des Erben entstehenden Verbindlichkeiten, die als solche schon dem Erblasser entstanden wären, wenn er nicht vor Eintritt der zu ihrer Entstehung nötigen weiteren Voraussetzung verstorben wäre (vgl. BGH-Urteil in NJW 1991, 2558).
15
b) Diese zivilrechtlichen Grundsätze sind auch für die Beurteilung der Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG zu beachten (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juli 1978 II R 64/73, BFHE 126, 55, BStBl II 1979, 23; Weinmann in Moench/Weinmann, § 10 ErbStG Rz 51). Der Abzug der vom Erblasser herrührenden Schulden setzt nicht zwingend voraus, dass beim Tod des Erblassers, also zum maßgeblichen Zeitpunkt der Steuerentstehung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), eine rechtliche Verpflichtung bestanden haben muss (vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1963 II 166/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964, 83, und in BFHE 126, 55, BStBl II 1979, 23). Bei einem Erwerb von Todes wegen wirken sich auch Steuerschulden aus der Veranlagung des Erblassers für das Todesjahr bereicherungsmindernd aus, obwohl sie beim Erbfall noch nicht rechtlich entstanden waren. Denn der Erbe hat diese Steuerschulden zu tragen. Entscheidend für den Abzug der Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten ist, dass der Erblasser in eigener Person und nicht etwa der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger steuerrelevante Tatbestände verwirklicht hat und deshalb „für den Erblasser“ als Steuerpflichtigen eine Steuer entsteht.
16
c) Das für das Erbschaftsteuerrecht maßgebliche Stichtagsprinzip (§ 9 und § 11 ErbStG) steht dem Abzug dieser Steuerverbindlichkeiten nicht entgegen. Bereits zum Zeitpunkt der Steuerentstehung, also beim Tod des Erblassers steht fest, dass die Belastung kraft Gesetzes mit Ablauf des Todesjahres eintreten wird (nachfolgend unter II.2.e). Dabei ist unschädlich, dass zum Zeitpunkt des Erbfalls die Belastung durch Steuerverbindlichkeiten der Höhe nach nicht genau feststeht, weil noch mögliche Wahlrechte ausgeübt werden oder besondere steuerrelevante Ereignisse eintreten können.
17
d) Soweit aus den hauptsächlich zum Erfordernis einer wirtschaftlichen Belastung ergangenen Entscheidungen des BFH entnommen werden könnte bzw. kann, dass der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG „nur“ bei einer zum Zeitpunkt des Erbfalls bestehenden rechtlichen Verpflichtung möglich ist, hält der Senat daran jedenfalls für die kraft Gesetzes aufgrund einer Tatbestandsverwirklichung des Erblassers entstehenden Steueransprüche nicht mehr fest (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 24. März 1999 II R 34/97, BFH/NV 1999, 1339; vom 15. Januar 2003 II R 23/01, BFHE 200, 413, BStBl II 2003, 267; vom 14. Dezember 2004 II R 35/03, BFH/NV 2005, 1093; vom 14. November 2007 II R 3/06, BFH/NV 2008, 574; in BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641; BFH-Beschluss vom 15. Mai 2009 II B 155/08, BFH/NV 2009, 1441; differenzierend BFH-Urteil vom 27. Juni 2007 II R 30/05, BFHE 217, 190, BStBl II 2007, 651, unter II.3.a). Es verbleibt jedoch dabei, dass der Abzug einer Steuerschuld als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG –abweichend vom Zivilrecht– zusätzlich voraussetzt, dass sie eine wirtschaftliche Belastung darstellt (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 2011 II R 5/09, BFH/NV 2011, 1147, unter III.7.c aa aaa).
18
e) Nach diesen Grundsätzen ist die auf den Erben entsprechend seiner Erbquote entfallende Abschlusszahlung für die vom Erblasser herrührende Einkommensteuer des Todesjahres als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig (vgl. Kapp/Ebeling, § 10 ErbStG Rz 82; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 10 Rz 119, 140; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 16. Aufl., § 10 Rz 32, unter a und c; Kämper/Milatz, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge –ZEV– 2011, 70; Billig, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2012, 61; a.A. Weinmann, a.a.O., § 10 ErbStG Rz 54; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke/ Wachter, ErbStG, 4. Aufl., § 10 Rz 134; Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 10 Rz 121; Hartmann, Der Erbschaft-Steuer-Berater 2007, 170, unter 3.c; Gleichlautender Ländererlass vom 18. Januar 2010, ZEV 2010, 107; R E 10.8 Abs. 3 Satz 2 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011, BStBl I Sonder-Nr. 1/2011, 2, 23 f.).
19
aa) Stirbt ein Steuerpflichtiger vor Ablauf des Kalenderjahres, ist zum Zeitpunkt des Erbfalls zwar noch keine Einkommensteuer für das Todesjahr entstanden. Der Steuerpflichtige hat aber bis zu seinem Ableben selbst Steuertatbestände verwirklicht und damit das spätere Entstehen der Steuerverbindlichkeiten begründet. Mit seinem Ableben tritt der Erbe in die Rechtsstellung des Verstorbenen (Erblasser) ein; der durch den Erblasser (Steuerpflichtiger) begründete, mit Ablauf des Todesjahres entstehende Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis geht auf den Erben über.
20
bb) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 38 AO). Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer (§ 2 Abs. 7 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für 2004 maßgeblichen Fassung –EStG–), die nach § 36 Abs. 1 EStG mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht.
21
Sie wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat, soweit nicht nach § 46 EStG eine Veranlagung unterbleibt (§ 25 Abs. 1 EStG). Stirbt der Steuerpflichtige vor Ablauf des Kalenderjahres und endet damit seine persönliche Steuerpflicht, wird der Veranlagung für das Todesjahr (Kalenderjahr) ein abgekürzter Ermittlungszeitraum zugrunde gelegt. Die Veranlagung ist auf das bis zum Tod des Steuerpflichtigen erzielte Einkommen zu beschränken (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.III.1.). Im Hinblick darauf, dass das Einkommen des Erblassers erfasst und damit an die Verwirklichung des Steuertatbestands durch den Erblasser angeknüpft wird, ist die Einkommensteuer des Todesjahres unmittelbar in der Person des Erblassers (Steuerpflichtiger) begründet. Eine etwaige Einkommensteuerschuld für das Todesjahr des Erblassers bleibt trotz des Übergangs auf den Erben eine vom Erblasser herrührende Steuerschuld. Insoweit ist unerheblich, dass der Einkommensteuerbescheid für den Erblasser gegenüber dem Erben als Gesamtrechtsnachfolger ergeht.
22
Soweit der Erbe selbst einkommensteuerrelevante Tatbestände verwirklicht, wie z.B. beim Zufluss nachträglicher Einnahmen aus einer ehemaligen Tätigkeit des Erblassers nach § 24 Nr. 2 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 1996 X R 14/94, BFHE 179, 406, BStBl II 1996, 287, unter 3.), sind die darauf entfallenden Einkommensteuerzahlungen des Erben keine Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG. Obwohl der Erblasser die Grundlage für den Zufluss von Einnahmen gesetzt hat, wird der Steuertatbestand in diesen Fällen erst mit dem Zufluss der Einnahmen durch den Erben als Steuerpflichtigen verwirklicht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 406, BStBl II 1996, 287).
23
cc) Eine bereits am Todestag des Erblassers bestehende rechtliche Verpflichtung als Voraussetzung für den Abzug von Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass nur rechtlich entstandene Steuererstattungsansprüche zum Erwerb i.S. des § 10 Abs. 1 ErbStG zählen.
24
Nach der Rechtsprechung des BFH fallen Einkommensteuererstattungsansprüche, die das Todesjahr des Erblassers betreffen, jedenfalls bei einer Zusammenveranlagung mit dem überlebenden Ehegatten nicht in den steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG, weil sie erst mit Ablauf des Todesjahres entstehen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2008 II R 30/06, BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626). Für Erwerbe ab dem 1. Januar 2009 gilt zudem § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG (i.d.F. des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember 2008, BGBl I 2008, 3018, BStBl I 2009, 140). Danach sind Steuererstattungsansprüche des Erblassers zu berücksichtigen, wenn sie rechtlich entstanden sind (§ 37 Abs. 2 AO).
25
Das Anknüpfen an unterschiedliche Voraussetzungen für den Abzug von Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten einerseits und für den Ansatz von Steuererstattungsansprüchen als Erwerb andererseits beruht auf den unterschiedlichen Regelungen in § 10 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 1 ErbStG. Denn für den Abzug von Schulden als Nachlassverbindlichkeiten kommt es nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG nur darauf an, dass sie vom Erblasser „herrühren“. Für eine einschränkende Auslegung des Begriffs „herrühren“ im Sinne von „rechtlich entstanden“ ist ein zwingender Grund nicht ersichtlich. Eine solche Auslegung würde auch dem im Erbschaftsteuerrecht geltenden Bereicherungsprinzip zuwiderlaufen, weil der Erbe in Höhe der entstehenden und von ihm zu begleichenden Steuerschulden für das Todesjahr des Erblassers nicht bereichert ist.
26
dd) Hat der Erblasser den Steuertatbestand verwirklicht, ist als Nachlassverbindlichkeit die Einkommensteuer-Abschlusszahlung i.S. des § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG, also diejenige Einkommensteuer abzugsfähig, die sich nach Anrechnung der vom Erblasser entrichteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen und der durch Steuerabzug erhobenen anrechenbaren Einkommensteuer (vgl. § 36 Abs. 2 EStG) ergibt. Es kommt dabei allein auf die materielle Rechtslage und nicht auf die Steuerfestsetzungen an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626).
27
f) Zu den vom Erblasser herrührenden Schulden gehören diejenigen Steuerverbindlichkeiten, die durch ihn selbst begründet wurden. Das sind Steuerverbindlichkeiten, die entstehen, weil der Erblasser den Steuertatbestand verwirklicht hat. Bei einer Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer für das Todesjahr eines oder beider Ehegatten sind Steuerverbindlichkeiten grundsätzlich auf die Ehegatten aufzuteilen.
28
aa) Werden Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, werden die Einkünfte, die die Ehegatten erzielt haben, zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt (§ 26b EStG). Aufgrund dieser Zusammenveranlagung sind die Ehegatten Gesamtschuldner der Einkommensteuer (§ 44 Abs. 1 Satz 1 AO). Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO).
29
bb) Stirbt einer der Ehegatten und ergibt sich aufgrund der Zusammenveranlagung der Ehegatten für das Todesjahr eine Abschlusszahlung, ist die vom verstorbenen Ehegatten als Erblasser herrührende Einkommensteuerschuld analog § 270 AO (in der für 2004 maßgeblichen Fassung) zu ermitteln.
30
Gesamtschuldner können für das Vollstreckungsverfahren so gestellt werden, als seien sie Einzelschuldner (§ 268 AO). Hierzu wird nach Maßgabe der §§ 269 ff. AO die Gesamtschuld auf die einzelnen Steuerschuldner aufgeteilt. Zur Bestimmung des Aufteilungsmaßstabs sind grundsätzlich fiktive getrennte Veranlagungen durchzuführen; das Verhältnis der sich daraus ergebenden Steuerbeträge ergibt den Aufteilungsschlüssel für die rückständige Steuer (§ 270 AO in der für 2004 maßgeblichen Fassung). Dadurch wird erreicht, dass jeder der Gesamtschuldner nur noch mit dem Steuerbetrag in Anspruch genommen wird, der seinem Anteil am zusammen veranlagten Einkommen entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 17. Januar 2008 VI R 45/04, BFHE 220, 204, BStBl II 2008, 418; BFH-Beschluss vom 3. November 2010 X S 28/10, BFH/NV 2011, 203).
31
Ebenso ist zu verfahren, wenn die Zusammenveranlagung von Ehegatten für das Jahr, in dem einer der Ehegatten verstorben ist, zu einer Einkommensteuer-Abschlusszahlung (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG) führt und zu klären ist, inwieweit diese zu den Nachlassverbindlichkeiten gehört. Soweit die Abschlusszahlung nach einer Aufteilung analog § 270 AO (in der für 2004 maßgeblichen Fassung) auf den Verstorbenen (Erblasser) entfällt, ist sie beim Erwerb des Erben als eine vom Erblasser herrührende Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.
32
cc) Entsprechendes gilt, wenn zusammen veranlagte Ehegatten im selben Jahr versterben und die Veranlagung zur Einkommensteuer für das Todesjahr zu einer Abschlusszahlung führt. Die Abschlusszahlung ist analog § 270 AO (in der für 2004 maßgeblichen Fassung) auf die Ehegatten aufzuteilen und als Nachlassverbindlichkeit beim jeweiligen Erwerb von Todes wegen abzugsfähig.
33
Ist jedoch bei einem Ableben der Ehegatten im selben Jahr der zweitverstorbene Ehegatte Alleinerbe des zuerst verstorbenen Ehegatten gewesen, ist beim Erwerb der Erben des zweitverstorbenen Ehegatten die gesamte Abschlusszahlung aus der Zusammenveranlagung der verstorbenen Ehegatten für das Todesjahr als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Soweit die Abschlusszahlung auf den zweitverstorbenen Ehegatten entfällt, ist sie eine von diesem als Erblasser herrührende Steuerverbindlichkeit, weil er den Steuertatbestand verwirklicht hat. Soweit die Abschlusszahlung auf den zuerst verstorbenen Ehegatten entfällt, handelt es sich um eine Steuerschuld, die zivil- und steuerrechtlich mit dem Ableben des zuerst verstorbenen Ehegatten als schwebende Rechtsbeziehung auf den zunächst überlebenden Ehegatten und bei dessen Ableben auf seine Erben übergegangen ist. Diese Steuerschuld, die auf einer Verwirklichung des Steuertatbestands durch den zuerst verstorbenen Ehegatten beruht, ist erbschaftsteuerrechtlich als eine vom zweitverstorbenen Ehegatten herrührende Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig, weil sie bereits den Erwerb des zweitverstorbenen Ehegatten minderte und bei seinem Ableben mangels entsprechender Tilgung als schwebende, mit Ablauf des Jahres entstehende Belastung weiterbestand. Sie mindert deshalb auch die Bereicherung der Erben des zweitverstorbenen Ehegatten.
34
g) Nach diesen Grundsätzen ist auch zu entscheiden, ob Abschlusszahlungen, die auf den mit Ablauf des Kalenderjahres entstehenden Solidaritätszuschlag (vgl. § 1 Abs. 2 des Solidaritätszuschlaggesetzes) sowie für die ebenfalls an das Einkommen anknüpfende, nach Landesrecht festzusetzende Kirchensteuer entfallen (vgl. § 51a Abs. 1 EStG), als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sind.
35
3. Die abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten sind mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abzuziehen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Schulden sind mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes –BewG–).
36
Für Steuerverbindlichkeiten, die mit Ablauf des Todesjahres des Erblassers entstehen, verbleibt es beim Ansatz mit dem Nennwert, obwohl die zu einer Abschlusszahlung führende Festsetzung erst nach dem Stichtag für die Entstehung der Erbschaftsteuer erfolgt. Besondere Umstände, die eine Abweichung vom Nennwert rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Eine Abzinsung nach § 12 Abs. 3 BewG scheidet ebenfalls aus, weil es an einem von vornherein bestimmten Zeitpunkt für den Eintritt der Fälligkeit der Einkommensteuer, der Kirchensteuer und des Solidaritätszuschlags fehlt und somit die Berechnungs- oder Schätzungsgrundlagen für eine Abzinsung fehlen (vgl. BFH-Urteile vom 17. Januar 1996 II R 4/93, BFH/NV 1996, 649, unter II.3.b; in BFHE 220, 518, BStBl II 2008, 626, betr. Einkommensteuererstattungsansprüche). Einkommensteuernachforderungen sind im Übrigen nur innerhalb des in § 233a Abs. 2 AO bestimmten Zeitraums unverzinslich.
37
4. Danach mindern im Streitfall die anteilig auf die Klägerin entfallenden Abschlusszahlungen für Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für 2004, soweit sie V betreffen, als Nachlassverbindlichkeiten den Erwerb der Klägerin. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif. Aufgrund der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob die Abschlusszahlungen, soweit sie M betreffen, ebenfalls als Nachlassverbindlichkeiten vom Erwerb der Klägerin aufgrund des Ablebens des V abgezogen werden können. Der von der Klägerin begehrte Abzug der hälftigen Abschlusszahlungen in Höhe von 911.942,50 EUR ist nur dann zu gewähren, wenn V Alleinerbe der M war. Ist dagegen die Erbschaft des V nach M ausgeschlagen worden, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem BFH vorgetragen hat, sind die Abschlusszahlungen nur insoweit abzugsfähig, als sie auf V entfallen. Das FG wird daher noch festzustellen haben, ob V Alleinerbe war und die Erbschaft ausgeschlagen wurde. Im Fall der Ausschlagung ist weiter festzustellen, inwieweit die Abschlusszahlungen entsprechend § 270 AO (in der für 2004 maßgeblichen) Fassung auf V entfallen; in diesem Fall sind die auf M entfallenden Abschlusszahlungen nicht als Nachlassverbindlichkeiten vom Erwerb der Klägerin abzuziehen.

 

Erstattungszinsen bei Kapitalgesellschaften (weiterhin) steuerpflichtig

Erstattungszinsen bei Kapitalgesellschaften (weiterhin) steuerpflichtig

Kernproblem

Für die Rechtslage vor dem Jahressteuergesetz 2010 hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Juni 2010 – abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung – entschieden, dass auf die Einkommensteuer entfallende Erstattungszinsen nicht der Einkommensteuer unterliegen. Fraglich war bislang, ob diese Rechtsgrundsätze auch auf Kapitalgesellschaften übertragbar sind. Die Finanzgerichte hatten daher nunmehr zu klären, ob auch von Kapitalgesellschaften erhaltene Erstattungszinsen auf Körperschaftsteuer steuerfrei sind.

Sachverhalt

Die klagende GmbH hatte im Streitjahr 2002 Erstattungszinsen für zuviel entrichtete Körperschaftsteuer erhalten. Das Finanzamt behandelte diese Erstattungszinsen als steuerpflichtig und erhöhte entsprechend das Einkommen der GmbH. Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg. Auch die gegen die nichtzugelassene Revision eingelegte Beschwerde beim BFH wurde zurückgewiesen.

Entscheidung

Der BFH teilt im Ergebnis die Auffassung der Vorinstanzen. Im Gegensatz zu den der Einkommensteuer unterliegenden steuerpflichtigen natürlichen Personen hat der BFH bei Kapitalgesellschaften keine Zweifel an der Steuerpflicht von Erstattungszinsen. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass Kapitalgesellschaften keine außerbetriebliche Sphäre haben. Demnach ist jede von der Kapitalgesellschaft erzielte Einnahme grundsätzlich steuerpflichtig, wenn und soweit keine entgegenstehende Regelung besteht. Dies ist für Erstattungszinsen auf Körperschaftsteuer indes nicht der Fall. Ebenso sieht es der BFH als verfassungsrechtlich unkritisch an, dass Erstattungszinsen steuerpflichtig zu behandeln sind, während korrespondierende Nachzahlungszinsen nicht abziehbar sind.

Konsequenz

Wenngleich die Entscheidung des BFH wenig erfreulich ist, haben sich Steuerpflichtige hierauf in der Praxis einzustellen. Für den Bereich der Einkommensteuer besteht jedoch weiterhin Hoffnung, dass hierauf entfallende Erstattungszinsen steuerfrei bleiben. So ist im Schrifttum höchst umstritten, ob durch die gesetzliche Änderung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 eine tatsächliche Änderung der Rechtslage herbeigeführt wurde. Ist dies zu bejahen, stellt sich des Weiteren die Frage, ob diese rückwirkende Änderung verfassungskonform ist. Mit beiden Fragen beschäftigt sich der BFH in einem derzeit anhängigen Verfahren.

Steuerpflichtige Beteiligungserträge bei Kapitalgesellschaften

Kernproblem

Erzielt eine Kapitalgesellschaft Erträge aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften oder aus Dividenden, so sind diese grundsätzlich zu 95 % steuerbefreit. Eine Ausnahme normiert das Körperschaftsteuergesetz für den Fall, dass die Kapitalgesellschaft als Finanzunternehmen qualifiziert und die Anteile mit der Absicht eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs erworben wurden. Die Ausnahmevorschrift wurde lange Zeit weitgehend übersehen, ist aber seit einem Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2009, wonach auch normale Familien- und Industrieholdinggesellschaften unter die Norm fallen können, in den Fokus der Beraterschaft gelangt. Nunmehr hat der BFH den Anwendungsbereich der Vorschrift weiter konkretisiert.

Sachverhalt

Die klagende GmbH erwarb unter Stundung des Kaufpreises Aktien einer zunächst nicht börsennotierten AG. Nach zwischenzeitlich erfolgtem Börsengang veräußerte die GmbH die Aktien gut sechs Monate später. Erst im Anschluss an die Veräußerung erfolgte die buchhalterische Erfassung der Anteile unter dem Posten „Beteiligungen“ im Anlagevermögen. Weitere nennenswerte Geschäfte tätigte die GmbH nicht. Das Finanzamt behandelte den Veräußerungsgewinn als voll steuerpflichtig. Klage und Revision der GmbH blieben erfolglos.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH bestehen keine Zweifel, die GmbH als Finanzunternehmen zu qualifizieren, da sie vorliegend ausschließlich finanzunternehmerische Tätigkeiten ausübte. Die Ausnahmevorschrift im Körperschaftsteuergesetz erfasse auch jeglichen Umschlag von Anteilen, also auch Anteile an einer GmbH sowie einer nicht börsennotierten AG. Im Zeitpunkt des Erwerbs lag nach Auffassung der Richter auch die Absicht vor, einen kurzfristigen Handelserfolg zu erzielen. Aus der Erfassung der Anteile im Anlagevermögen ergebe sich tatsächlich keine entgegenstehende (indizielle) Bedeutung, wenn – wie im Streitfall – die Verbuchung nicht zeitnah mit dem Erwerb, sondern zeitlich erst nach der Veräußerung der Anteile erfolge.

Konsequenz

Aufgrund der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des BFH zur Ausnahmebestimmung ist davon auszugehen, dass die Prüfung einer voll steuerpflichtigen Beteiligungsveräußerung zukünftig vermehrt im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgegriffen wird. Dies gilt vor allem in Fällen, in denen zwischen Erwerb und Veräußerung der Anteile ein Zeitraum von weniger als zwölf Monaten liegt. Dem Steuerpflichtigen steht jedoch die Möglichkeit offen, einen entsprechenden Gegenbeweis, z. B. durch Nachweis eines langfristigen Finanzierungskonzepts, anzutreten. In einem weiteren Urteil hat der BFH geklärt, dass generell auch vermögensverwaltende (Familien-)Gesellschaften in den Anwendungsbereich der körperschaftsteuerlichen Ausnahmenorm fallen (können). Damit kann die Vorschrift in der Praxis eine erhebliche Stolperfalle darstellen.

Ambulante Chemotherapien im Krankenhaus sind nicht steuerpflichtig

Der 9. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem heute veröffentlichten Urteil vom 23. Februar 2012 (9 K 4639/10 K, G) entschieden, dass in einem Krankenhaus durchgeführte ambulante Chemotherapien auch insoweit nicht steuerpflichtig sind, als die zur Behandlung eingesetzten Zytostatika durch die Krankenhausapotheke zur Verfügung gestellt werden.

Im Streitfall betrieb die Klägerin verschiedene gemeinnützige Kliniken. Aufgrund einer sog. Institutsermächtigung war es ihr gestattet, ambulante Chemotherapien durchzuführen. Die notwendigen Zytostatika stellte die Krankenhausapotheke her. Ambulant therapiert wurden regelmäßig Krebspatienten, die zuvor stationär behandelt worden waren. Das Finanzamt war der Meinung, dass zwar die Versorgung stationär aufgenommener Patienten mit Zytostatika als allgemeine Krankenhausleistung anzusehen und daher dem steuerfreien Zweckbetrieb zuzuordnen sei. Die Abgabe von Zytostatika im ambulanten Bereich erfolge hingegen im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Daher sei das zu versteuernde Einkommen der Klägerin und der Gewerbeertrag um die aus dieser Tätigkeit resultierenden Gewinne zu erhöhen. Die Klägerin sah dies anders – und bekam jetzt Recht. Die ambulante Versorgung von Patienten mit Zytostatika sei – so der 9. Senat – dem Zweckbetrieb der Klägerin zuzuordnen. Der hieraus erzielte Gewinn unterliege weder der Körperschaft- noch der Gewerbesteuer.

Zwar unterhalte die Klägerin insoweit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO. Dieser unterliege jedoch nicht der Steuerpflicht, da die Abgabe der Zytostatika an ambulant behandelte Patienten dem Zweckbetrieb Krankenhaus (§ 67 Abs. 1 AO) zuzuordnen sei. Die von der Klägerin im Bereich der ambulanten onkologischen Therapien erbrachte Krankenhausbehandlung umfasse auch die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke, die eng in das Behandlungskonzept eingebunden sei. Die Krankenhausbehandlung beschränke sich nicht nur auf ärztliche und pflegerische Leistungen, sondern erstrecke sich auf die Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln. Dementsprechend sei auch die Abgabe von Zytostatika an stationär behandelte Patienten unstreitig dem Zweckbetrieb zuzuordnen. Nicht nachvollziehbar sei, warum – wie das Finanzamt meine – die Abgabe der Zytostatika im Rahmen ambulanter Therapien eine von der ärztlichen und pflegerischen Leistung zu trennende selbständige Leistung sein solle. Dies gelte umso mehr, als die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer bzw. teilstationärer Behandlung fließend bzw. die Behandlungsformen eng miteinander verzahnt seien. Ohne Belang sei es auch, ob die Klägerin bei der Verabreichung der Zytostatika im Rahmen ambulanter Behandlungen im Wettbewerb zu anderen Anbietern von Zytostatika stehe.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Über die umsatzsteuerliche Behandlung  der Abgabe von Krebsmedikamenten im Rahmen ambulanter Therapien hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster bereits mit Urteil vom 12. Mai 2011 (5 K 435/09 U) entschieden.

Pressemitteilung Nr. 9 vom 17.04.2012

Steuererklärungsfristen für 2011

Abgabefrist für Steuererklärungen

Für das Kalenderjahr 2011 sind folgende Erklärungen bis zum 31.5.2012 bei den Finanzämtern abzugeben: die Erklärungen zur Einkommensteuer, einschließlich der Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung sowie zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags. Ferner die Erklärungen zur Körperschaftsteuer, einschließlich der Erklärungen zu gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die in Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerveranlagung durchzuführen sind, sowie für die Zerlegung der Körperschaftsteuer. Ebenfalls bis zu diesem Datum abzugeben sind die Erklärungen zur Gewerbesteuer, einschließlich der Erklärungen zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und zur gesonderten Feststellung des Zuwendungsvortrags sowie für die Zerlegung des Steuermessbetrags. Schließlich auch die Erklärungen zur Umsatzsteuer sowie zur gesonderten oder zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes.

Sonderfrist

Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des fünften Monats, der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres 2011/2012 folgt.

Fristverlängerung

Sofern die vorbezeichneten Steuererklärungen durch Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 StBerG angefertigt werden, wird die Frist allgemein bis zum 31.12.2012 verlängert. Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, tritt an die Stelle des 31.12.2012 der 31.5.2013. Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit soll insbesondere Gebrauch gemacht werden, wenn für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet oder nicht abgegeben wurden. Ferner dann, wenn für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der Karenzzeit nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden oder sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hat. Des Weiteren soll von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, wenn hohe Abschlusszahlungen erwartet werden oder für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich eingereicht werden. Aufgrund begründeter Einzelanträge kann die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen bis zum 28.2.2013 bzw. in den Fällen, in denen die vorbezeichnete Sonderfrist gilt, bis zum 31.7.2013 verlängert werden. Eine weitergehende Fristverlängerung kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Die allgemeine Fristverlängerung gilt nicht für Anträge auf Steuervergütungen. Sie gilt auch nicht für die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit mit Ablauf des 31.12.2011 endete. Hat die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor dem 31.12.2011 geendet, ist die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr einen Monat nach Beendigung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abzugeben.

 

Ausschluss von Sonderausgabenabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht europarechtskonform

Rechtslage

Grundsätzlich dürfen beschränkt Steuerpflichtige Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit abziehen, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Unter bestimmten, vom Einkommensteuergesetz vorgegebenen, Voraussetzungen ist ein Sonderausgabenabzug gänzlich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss ist dann europarechtswidrig, wenn dauernde Lasten für eine Übertragung inländischen Vermögens gezahlt werden.

Sachverhalt

Das Finanzgericht Münster hatte kürzlich zu entscheiden, ob von einem beschränkt Steuerpflichtigen mit Wohnsitz in einem europäischen Nachbarstaat zulässigerweise dauernde Lasten im Zusammenhang mit der Übertragung einer „deutschen“ Einkunftsquelle – konkret ging es um die Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) – geltend gemacht werden dürfen. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob die entsprechende Regelung im Einkommensteuergesetz einen Sonderausgabenabzug wirksam untersagt oder ob die Regelung gegen die durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definierten Grundfreiheiten verstößt und ein Abzug deshalb auch bei einem in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen EU-Bürger zuzulassen ist.

Entscheidung

Das beklagte Finanzamt hatte argumentiert, eine Berufung auf die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit setze voraus, dass der mit der Zahlung belastete beschränkt Steuerpflichtige insoweit Werbungskosten geltend mache, was nach dem Einkommensteuergesetz auch möglich sei. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes vertrat das Finanzgericht die Auffassung, es greife in diesen Fällen die Vorschrift des AEUV zur Kapitalverkehrsfreiheit. Mit Verweis auf die Begründung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einer früheren Entscheidung war das Finanzgericht der Ansicht, es ergäben sich auch in den Fällen Benachteiligungen, in denen es lediglich um die Berücksichtigung von Sonderausgaben gehe. Der EuGH hatte entschieden, es verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, wenn dauernde Lasten, die in ein Inländer für die Übertragung einer inländischen Einkunftsquelle leistet, steuerlich abzugsfähig seien, während ein entsprechender Abzug bei einem gebietsfremden Steuerpflichtigen ausgeschlossen sei.

Konsequenz

Gegen das Urteil ist Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Bis zur Entscheidung des BFH sollten entsprechende Veranlagungen offen gehalten werden.

Nur noch „eine“ Betriebsstätte bei selbstständiger Tätigkeit

Kernproblem

Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Sommer 2011 entschieden, dass ein Arbeitnehmer – wenn überhaupt – nur eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann. Entgegen des bisherigen Rechtsverständnisses sei für die Einordnung als regelmäßige Arbeitsstätte eine zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsstätten erforderlich. Die Frage nach dem Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte stellt sich insbesondere, wenn Arbeitnehmer fortdauernd und immer wieder verschiedene Tätigkeitsstätten des Arbeitgebers aufsuchen. Die Festlegung des Orts und der Anzahl der Arbeitsstätten hat neben der Anwendung des Reisekostenrechts auch Auswirkungen auf die Berechnung des geldwerten Vorteils bei der privaten Nutzung eines Firmen-Pkw. Gegenstand eines Gerichtsverfahrens vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg war nunmehr die Frage, ob diese Grundsätze auch analog für den Bereich der selbstständig Tätigen, die begrifflich keine Arbeitsstätten sondern Betriebsstätten unterhalten, gelten.

Sachverhalt
Ein Ehepaar klagte, weil der Ehemann in den Veranlagungsjahren 2001-2003 sowohl als Personalberater als auch als Dozent bzw. Prüfer an verschiedenen Bildungseinrichtungen tätig war. Die Personalberatertätigkeit übte er im Erdgeschoss des eigenen Hauses aus. Für seine Dozenten- und Prüfertätigkeiten musste er hingegen u. a. verschiedene Hochschulen aufsuchen. Das Finanzamt wertete sämtliche Fahrten zu den Hochschulen als begrenzt abzugsfähige Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte. Hiergegen klagte der Steuerpflichtige, da er diese Fahrten als unbegrenzt abzugsfähige Reisekosten zum Abzug bringen wollte.

Entscheidung

Das Gericht gab der Klage des Steuerpflichtigen statt und ließ die Aufwendungen als Reisekosten in unbegrenztem Umfang zum Abzug zu. In seiner Urteilsbegründung bezieht sich das Gericht maßgeblich auf die o. g. Rechtsprechungsänderung des BFH: Wenn ein Arbeitnehmer nur (maximal) eine Arbeitsstätte haben kann, könne auch ein Selbstständiger nicht mehrere Betriebsstätten haben. Eine andere Auffassung würde der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Selbstständigen entgegenstehen.

Konsequenz

Selbstständig Tätige, die an verschiedenen Orten regelmäßig tätig sind, können ebenfalls (max.) eine regelmäßige Betriebsstätte haben. Dies ist derjenige Standort, an dem sich der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit befindet. Fahrten zwischen der Wohnung und dieser Betriebsstätte sind (weiterhin) nur begrenzt im Rahmen der sog. Pendlerpauschale abzugsfähig. Die Fahrten zu den übrigen Betriebsstätten werden als unbegrenzt abzugsfähige Reisekosten berücksichtigt. Das Finanzamt hat gegen die Entscheidung Revision eingelegt. Es erscheint indes eher unwahrscheinlich, dass der BFH dieser stattgibt.

Erster (ernst zu nehmender) Angriff auf die Erbschaftsteuerreform

Erster (ernst zu nehmender) Angriff auf die Erbschaftsteuerreform

Rechtslage

Die zum 1.1.2009 in Kraft getretene und zum 1.1.2010 (zum Teil rückwirkend) überarbeitete Erbschaftsteuerreform begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies insbesondere im Hinblick auf die steuerliche Behandlung von entfernteren Verwandten, die die Reform durch höhere Steuersätze (besonders im Jahr 2009) zum Teil gegenfinanzieren, und die weiterhin bestehende Ungleichbehandlung unterschiedlicher Vermögensarten. Bisher gab es vereinzelt Versuche, die Erbschaftsteuerreform unmittelbar anzugreifen, die jedoch gescheitert sind. Nunmehr ist beim Bundesfinanzhof (BFH) das erste, durch den Instanzenzug gegangene, Verfahren über verfassungsrechtlich bedenkliche Teile der Erbschaftsteuerreform rechtshängig. Den Rechtsstreit will der BFH offenbar dazu nutzen, die Erbschaftsteuerreform einer verfassungsrechtlichen Überprüfung zuzuführen.

Sachverhalt

Der Erbe war Neffe des Erblassers. Er erwarb 2009 (anteilig) einen Nachlass, der aus Barvermögen und einem Steuererstattungsanspruch bestand. Die Finanzverwaltung bewertete den nur aus Kapitalforderungen bzw. Barvermögen bestehenden Nachlass mit dem Nominalwert und setzte nach der Rechtslage 2009 Erbschaftsteuer mit einem Steuersatz von 30 % in der Steuerklasse II fest. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Erbe geltend, es sei verfassungswidrig, dass das geerbte Vermögen im Vergleich zu beispielsweise Betriebsvermögen erbschaftsteuerlich nicht privilegiert sei und er außerdem einem Steuersatz wie jeder fremde Dritte unterfalle. Er unterlag vor dem Finanzgericht. Aufgrund seiner Revision forderte der BFH das Bundesministerium der Finanzen nunmehr auf, dem Rechtsstreit beizutreten.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat die Aufforderung an das Bundesministerium der Finanzen ausgesprochen, um folgende Fragen durch Stellungnahmen und Erfahrungswerte des Ministeriums zu klären: a) Verfassungsmäßigkeit der Gleichstellung entfernterer Angehöriger der Steuerklasse II mit fremden Dritten der Steuerklasse III im Jahre 2009 und b) Verfassungsmäßigkeit von Betriebsvermögensprivilegierungen der Erbschaftsteuerreform. Denn diese ermöglichen es durch Gestaltungen, die Steuerfreiheit von Vermögenserwerben zu erreichen, und zwar unabhängig von der Zusammensetzung des Vermögens und dessen Bedeutung für das Gemeinwohl. Gleichzeitig hat der BFH angekündigt, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, soweit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit bestünden.

Konsequenz

Während die bisherigen Versuche, die Erbschaftsteuerreform vor Gerichten anzugreifen, von vorneherein ohne große Aussicht auf Erfolg waren, zeigt die Entscheidung des BFH, dass es den Richtern ernst mit der Verfassungsprüfung der Erbschaftsteuerreform ist. Dies bedeutet zugleich, dass Erbschaftsteuerbescheide mit Einspruch und Verweis auf die Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuerreform angegriffen und offen gehalten werden sollten.