Archiv der Kategorie: Einkommen- und Lohnsteuer

Kindergeld für im Inland lebende Ausländer

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat am 19. August 2013 in den Klageverfahren 7 K 111/13, 7 K 113/13, 7 K 112/13 und 7 K 9/10 entschieden, dass die Verfahren ausgesetzt und Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt werden, ob § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verfassungswidrig ist.

§ 62 Abs. 2 EStG regelt den Anspruch von im Inland lebenden Ausländern auf Kindergeld. Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts ist davon überzeugt, dass § 62 Abs. 2 EStG gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt. Die vom Gesetzgeber gewählten Differenzierungskriterien in § 62 Abs. 2 EStG halten nach Auffassung des Finanzgerichts einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand.

Die Begründung der Vorlagen und die Aktenzeichen des BVerfG werden demnächst auf der Internetseite des Niedersächsischen Finanzgerichts veröffentlicht.

Quelle: FG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 20.08.2013 zu den Beschlüssen 7 K 111/13, 7 K 113/13, 7 K 112/13 und 7 K 9/10 vom 19.08.2013

Rente im Ausland + Steuererklärung

Grundsätzlich gilt, dass jeder Steuerpflichtige der Einkünfte nach § 49 Absatz 1 Nummer 7 oder Nummer 10 Einkommensteuergesetz bezieht, verpflichtet ist, eine Steuererklärung in Deutschland einzureichen.

Muss auch dann eine Steuererklärung eingereicht werden, wenn aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Deutschland kein Besteuerungsrecht für die deutsche Rente zusteht?

Besteht zwischen Deutschland und Ihrem Wohnsitzstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und steht demnach Deutschland kein Besteuerungsrecht für die deutschen Renteneinkünfte zu, wird auf die Abgabe einer Einkommensteuererklärung in Deutschland verzichtet, wenn Sie Ihren Wohnsitz ausschließlich in einem der folgenden Länder haben:

  • Armenien
  • Aserbeidschan
  • Bolivien
  • Bosnien-Herzegowina
  • Bulgarien
  • Ecuador
  • Estland
  • Griechenland
  • Indien
  • Iran
  • Island
  • Japan
  • Kuwait
  • Lettland
  • Litauen
  • Luxemburg
  • Mauritius
  • Moldau
  • Mongolei
  • Russische Föderation
  • Serbien
  • Slowakei
  • Spanien
  • Sri-Lanka
  • Tschechien
  • Tunesien
  • Turkmenistan
  • Venezuela
  • Vereinigte Staaten von Amerika
  • Vietnam
  • Zypern

Achtung: Ungeachtet dessen ist das Finanzamt berechtigt, zur Abgabe einer Steuererklärung aufzufordern. Wenn Sie eine Aufforderung erhalten, sind Sie verpflichtet der Aufforderung nachzukommen und die Steuererklärung einzureichen.

Haben Sie Ihren Wohnsitz nicht in den hier genannten Staaten, sind Sie verpflichtet für alle Veranlagungszeiträume ab 2005 eine Einkommensteuererklärung einzureichen. Haben Sie ausschließlich Renteneinkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 7 und/oder Nummer 10 EStG, ist das Finanzamt Neubrandenburg für Sie zuständig (andernfalls sehen Sie hier, welches Finanzamt für sie zuständig ist).

Aus Vereinfachungsgründen können Sie zunächst auch nur eine Einkommensteuererklärung für einen Veranlagungszeitraum abgeben. Das Finanzamt wird dann im Rahmen der Veranlagung unter Berücksichtigung der mit Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen feststellen, ob und in welcher Höhe tatsächlich eine Steuerschuld entstanden ist und inwieweit weitere Steuererklärungen einzureichen sind. Sollte der Einkommensteuerbescheid keine Steuerschuld ausweisen und steht fest, dass sich Ihre Einkünfte in den Folgejahren nicht wesentlich ändern werden, besteht die Möglichkeit, von der Pflicht zur Abgabe für weitere Jahre befreit zu werden. Diese Feststellung obliegt dem Finanzamt und gilt vorbehaltlich der Änderungen der steuerlichen Bestimmungen (Einkommensteuergesetz, DBA, etc.). Sofern eine Einkommensteuer festzusetzen ist, wird vorsorglich auf die Entstehung von Zinsen gemäß § 233a Abgabenordnung hingewiesen.

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Beschränkt steuerpflichtig oder unbeschränkt steuerpflichtig auf Antrag?

Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht dargelegt und die Voraussetzungen für die Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger erläutert.

Beschränkte Steuerpflicht:

Beschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Absatz 4 EStG sind Personen, die in Deutschland weder einen Wohnsitz haben, noch sich länger als 183 Tage in Deutschland aufhalten, jedoch bestimmte inländische Einkünfte gemäß § 49 EStG beziehen. Wenn Sie darüber hinaus ausländische Einkünfte erzielen oder inländische Einkünfte, die nicht in § 49 EStG genannt sind, bleiben diese bei der Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger außer Ansatz.

Die Einkommensteuer bemisst sich bei beschränkt steuerpflichtigen Rentenbeziehern nach dem Grundtarif ohne Berücksichtigung des Grundfreibetrages (§ 50 Absatz 1 Satz 2 EStG). In der Grundtarif-Tabelle ist der Grundfreibetrag bereits für alle Steuerpflichtigen eingearbeitet. Für beschränkt Steuerpflichtige wird daher zur rechnerischen Ermittlung der zutreffenden Einkommensteuer zunächst das zu versteuernde Einkommen um den Grundfreibetrag erhöht und dann auf dieses erhöhte zu versteuernde Einkommen der Grundtarif nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG angewandt.

Zahlreiche persönliche und familienbezogene Vergünstigungen werden bei der Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht nicht berücksichtigt. So sind beispielsweise außergewöhnliche Belastungen steuerlich nicht absetzbar und das Ehegattensplitting kann nicht in Anspruch genommen werden.

Spenden und Mitgliedsbeiträge an politische Parteien und an unabhängige Wählervereinigungen werden jeweils zur Hälfte direkt von der Steuerschuld abgezogen, höchstens jedoch bis zu 825 Euro. Soweit die Zuwendungen an Parteien höher sind, werden sie bis zu 1.650 Euro als Sonderausgaben berücksichtigt.

Freibeträge für Kinder, einschließlich Betreuungs- und Ausbildungskosten, sowie der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende können ebenfalls nicht gewährt werden.

Werbungskosten sind in nachgewiesener Höhe nur absetzbar, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit inländischen Einkünften stehen. Bei Renteneinkünften wird ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mindestens der Werbungskostenpauschbetrag berücksichtigt, wenn keine höheren mit den Einkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Werbungskosten nachgewiesen werden.

Zu verwenden ist der Vordruck ESt1C sowie die Anlage R für die Renteneinkünfte.

Unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag:

Sofern Ihr gesamtes Welteinkommen im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegt, können Sie nach § 1 Absatz 3 EStG einen Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger stellen. Dies gilt auch, wenn Ihre Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, nicht mehr als 6.136 Euro betragen. Dieser Betrag ist ab dem Jahr 2008 auf 7.664 Euro, ab 2009 auf 7.834 Euro und ab dem Jahr 2010 auf 8.004 Euro erhöht worden. Diese Beträge sind zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.

Aufgrund der Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger können unter Berücksichtigung der einzelnen Voraussetzungen – anders als bei beschränkter Steuerpflicht – personenbezogene Steuervergünstigungen sowie eine Reihe von familienbezogenen Vergünstigungen in Anspruch genommen werden, so dass diese Veranlagungsart zu einer geringeren Einkommensteuer führen kann.

Insbesondere können grundsätzlich Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse bzw. haushaltsnahe Dienstleistungen steuermindernd geltend gemacht werden. Des Weiteren kommen Steuerermäßigungen für Kinder und der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an Angehörige in Betracht.

Im Gegensatz zur beschränkten Steuerpflicht müssen bei der unbeschränkten Steuerpflicht auch die ausländischen Einkünfte erklärt werden. Diese werden zwar nicht besteuert, aber zur Berechnung des Steuersatzes für die inländischen Einkünfte einbezogen (§ 32b Absatz 1 Nummer 5 EStG).

Die Einkommensteuer bemisst sich bei unbeschränkter Steuerpflicht nach dem Einkommensteuertarif. Einkünfte bis zur Höhe des Grundfreibetrages werden nicht besteuert (§ 32a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG)

Nach § 1 a EStG besteht die Möglichkeit mit dem Ehegatten zusammen veranlagt zu werden und von dem günstigeren Splittingtarif zu profitieren, wenn einer der beiden Ehegatten die Voraussetzungen zur Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger erfüllt. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der antragstellende Ehegatte Staatsangehöriger eines EU oder EWR Staates ist, dass der jeweils andere Ehegatte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU oder EWR-Staat inne hat und dass die gemeinsamen Einkünfte die doppelten Grenzen des § 1 Absatz 3 Satz 2 EStG nicht überschreiten (§ 1a Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 EStG).

Falls die Voraussetzungen für den Antrag nach § 1 Absatz 3 EStG erfüllt sind und ein entsprechender Antrag gestellt wurde, ist eine Einkommensteuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige abzugeben (Vordruck ESt1A), und zur Angabe der ausländischen Einkünfte eine ausgefüllte “Bescheinigung EU/EWR” beizufügen, wenn Sie Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR sind, oder eine ausgefüllte “Bescheinigung außerhalb EU/EWR”, wenn Sie nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR sind.

Rentenbesteuerung

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2002 dem Gesetzgeber aufgegeben, spätestens mit Wirkung ab 1.1.2005 die Besteuerung von Renten zu reformieren. Insbesondere müsse eine weitgehende steuerliche Gleichbehandlung von Altersrenten und Beamtenpensionen erfolgen.

Diesem Auftrag ist der Gesetzgeber mit dem Alterseinkünftegesetz nachgekommen. Danach steigt der Rentenbesteuerungsanteil schrittweise von 50 % (bei Rentenbeginn 2005 oder früher) auf 100 % (bei Rentenbeginn im Jahr 2040). Zum Ausgleich wird der Sonderausgabenabzug für entsprechende Beitragszahlungen nach und nach erhöht. Ab 2025 können diese dann zu 100 % steuerlich geltend gemacht werden.

Darüber hinaus sieht das Alterseinkünftegesetz vor, dass die Rentenversicherungsträger den Finanzämtern die Höhe der Rentenbezüge jährlich mitteilen. Diese Rentenbezugsmitteilungen sollen sicherstellen, dass tatsächlich auch alle Rentner mit steuerpflichtigen Renteneinkünften steuerlich erfasst werden. Dies ist ein Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, dessen Beachtung das Bundesverfassungsgericht – wie zuvor schon bei den Kapitaleinkünften und den Spekulationseinkünften – eingefordert hat.

Die Rentenbezugsmitteilungen sind zwar schon seit dem Jahr 2005 vorgeschrieben, konnten aber erst versandt werden, als allen Bürgerinnen und Bürgern die Steueridentifikationsnummer zugeteilt wurde.

Rentner, die bisher noch keine Einkommensteuererklärung abgegeben haben, aber steuerpflichtige Einkünfte beziehen, müssen daher damit rechnen, dass sie das Finanzamt im Laufe des Jahres 2011 zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen auffordern wird. Dies betrifft jedoch nicht alle Rentner, sondern nur solche, die mit ihren steuerpflichtigen Einkünften (zu denen neben den Rentenbezügen auch Mieteinnahmen, Kapitalerträge und dgl. gehören) den Grundfreibetrag überschreiten.

Der Grundfreibetrag, der das Existenzminimum verkörpert, betrug bis einschließlich des Jahres 2008 7.664 Euro und wurde für 2009 auf 7.834 Euro und ab 2010 auf 8.004 Euro angehoben. Er verdoppelt sich für Ehepaare (2008: 15.328 Euro, 2009: 15.668 Euro und ab 2010: 16.008 Euro). Rentner, die seit 2005 oder früher Rente beziehen und über keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte verfügen, müssen daher mit keiner Einkommensteuerbelastung rechnen, wenn der steuerpflichtige Teil ihrer Rente diese Beträge nicht übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Gesamtrente nicht mehr als 19.000 Euro (38.000 Euro bei Rentner-Ehepaaren) beträgt. Bei späterem Rentenbeginn setzt die Steuerpflicht (wegen des höheren steuerpflichtigen Anteils) entsprechend früher ein.

Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Finanzen müssen etwa 1,3 Millionen Rentner mehr als bisher, d. h. insgesamt 3,3 Millionen Rentner, Einkommensteuer bezahlen. Danach hätten nur ca. 22 % aller Rentner eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Allerdings erhöht sich dieser Prozentsatz von Jahr zu Jahr wegen des stetig steigenden Besteuerungsanteils.

Im Zweifel hilft ihnen das zuständige Finanzamt bei der Feststellung, ob eine Einkommensteuererklärungspflicht besteht.

Hessisches Ministerium der Finanzen. Friedrich-Ebert-Allee 8, 65185 Wiesbaden

Anwendungsschreiben zum Lohnsteuerabzug ab dem Kalenderjahr 2013 im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale

Das BMF-Schreiben zum Lohnsteuerabzug ab dem Kalenderjahr 2013 regelt Einzelheiten zur dauerhaften Anwendung des Verfahrens der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM). Das aktuelle Schreiben ersetzt das bisher in der Entwurfsfassung mit Stand 11.10.2012 veröffentlichte Schreiben zum „Lohnsteuerabzug ab dem Kalenderjahr 2013 im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale“.

Das BMF-Schreiben hat folgenden Inhalt:

  1. Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale
  2. Bildung und Inhalt der ELStAM
    1. ELStAM-Verfahren ab 2013
    2. Lohnsteuerabzugsmerkmale
    3. Bildung und Änderung der (elektronischen) Lohnsteuerabzugsmerkmale
    4. Zuständigkeit
    5. Steuerklassenbildung bei Ehegatten/Lebenspartnern
    6. Berücksichtigung von Kindern
  3. Durchführung des Lohnsteuerabzugs
    1. Elektronisches Verfahren
    2. Arbeitgeberpflichten
    3. Arbeitgeberwechsel
    4. Weiteres Dienstverhältnis
    5. Pflichten des Arbeitnehmers
    6. Rechte des Arbeitnehmers
    7. Im Inland nicht meldepflichtige Arbeitnehmer
    8. Durchführung des Lohnsteuerabzugs ohne ELStAM
    9. ELStAM bei verschiedenen Lohnarten
    10. Schutzvorschriften für die (elektronischen) Lohnsteuerabzugsmerkmale
  4. Verfahrensrecht
  5. Härtefallregelung
  6. Betrieblicher Lohnsteuer-Jahresausgleich (§ 42b EStG)
  7. Lohnsteuerermäßigungsverfahren ab 2013
  8. Sonstiges

Das Anwendungsschreiben finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2363 / 13 / 10003 vom 07.08.2013

Rentner sind auch dann zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet, wenn ihnen das Finanzamt vor 2005 mitgeteilt hat, dass sie dazu nicht mehr verpflichtet seien

Mit Beschluss vom 24. Juli 2013 (Az. 4 V 1522/13) hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz in einem Eilverfahren (= Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung eines Einkommensteuerbescheides) entschieden, dass Rentner nach Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes zum 01.01.2005 (= Neuregelung zur Besteuerung der Renten und Pensionen) auch dann zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind, wenn ihnen das Finanzamt in dem vor Inkrafttreten der Neuregelung ergangenen (letzten) Einkommensteuerbescheid mitgeteilt hat, dass sie nicht mehr zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet seien.

Die verheirateten Antragsteller sind Rentner bzw. Pensionäre und erzielen seit mehreren Jahren Einkünfte aus Rentenzahlungen und aus Versorgungsbezügen. Die letzte Einkommensteuererklärung reichten sie für das Jahr 2000 ein. Die Einkommensteuer wurde seinerzeit auf 0 DM festgesetzt.

Im August 2012 wurden sie vom Finanzamt aufgefordert, für den Veranlagungszeitraum 2010 eine Einkommensteuererklärung einzureichen. Anlass war eine Verfügung der Oberfinanzdirektion, wonach Steuerpflichtige, bei denen anhand maschinell gesteuerter überschlägiger Ermittlung voraussichtlich Einkommensteuer anfallen wird, zur Einreichung von Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2010 aufzufordern sind. Hintergrund dieser OFD-Verfügung ist das zum 01.01.2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz, wonach Renten nicht mehr (wie früher) nur mit ihrem Ertragsanteil, sondern mit mindestens 50 Prozent der Jahresbruttorente steuerlich erfasst werden.

Die Antragsteller wandten ein, zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung nicht verpflichtet zu sein, weil dies in den Erläuterungen zum (letzten) Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 entsprechend mitgeteilt worden sei. Das Finanzamt setzte sodann auf der Grundlage der dem Amt vorliegenden Rentenbezugsmitteilungen und sonstigen elektronischen Daten (u. a. Krankenversicherungsbeiträge) die Einkommensteuer für 2010 fest. Die steuerlichen Pauschbeträge wurden ebenfalls berücksichtigt.

Mit ihrem dagegen eingelegten Einspruch machten die Antragsteller geltend, dass das Finanzamt mit der Mitteilung in dem Steuerbescheid für 2000, dass sie für die Folgejahre keine Steuererklärungen mehr einreichen bräuchten, einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, an den das Amt nun gebunden sei. Im Vertrauen auf diesen Bescheid hätten sie auch alle für eine Steuererklärung relevanten Unterlagen vernichtet.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Antragsteller beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz Klage (über die noch nicht entschieden ist) und stellten einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für 2010.

Dieser Eilantrag wurde mit Beschluss des Gerichts vom 24. Juli 2013 (Az. 4 V 1522/13) abgelehnt. Zur Begründung wurde (u. a.) ausgeführt, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides. Die Antragsteller seien aus zwei Gründen zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung für 2010 verpflichtet gewesen: Zum Einen, weil sie vom Finanzamt dazu aufgefordert worden seien, und zum Anderen, weil der Gesamtbetrag ihrer Einkünfte mehr als 16.009 Euro – also mehr als das Zweifache des Grundfreibetrages nach § 32a des Einkommensteuergesetzes – betragen habe. Die Antragsteller könnten sich auch nicht auf den Hinweis des Finanzamtes im Einkommensteuerbescheid für 2000 berufen. Bei diesem Hinweis handele es sich nicht um einen sog. Freistellungsbescheid. Ein Freistellungsbescheid liege nur dann vor, wenn das Finanzamt den Steuerpflichtigen davon unterrichten wolle, dass von ihm keine Steuer gefordert werde. Einen derartigen Regelungsgehalt habe die Mitteilung des Finanzamtes im Einkommensteuerbescheid für 2000 nicht gehabt, denn sie habe sich nur auf die Abgabe von Steuererklärungen bezogen. Das Finanzamt habe auch keine sog. verbindliche Zusage erteilt. Die Antragsteller hätten nur bei einem gleichbleibenden Sachverhalt und einer unveränderten Rechtslage auf die künftige Abgabe von Steuererklärungen verzichten dürfen. Daran fehle es allerdings angesichts des zwischenzeitlich in Kraft getretenen Alterseinkünftegesetzes. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben stehe der Steuerfestsetzung nicht entgegen, zumal die Antragsteller nicht konkret dargelegt hätten, welche steuerlich relevanten Unterlagen sie vernichtet hätten.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 14.08.2013 zum Beschluss 4 V 1522/13 vom 24.07.2013

 

Sparer-Pauschbetrag anheben

Forderung des BdSt und des Verbandes Freier Berufe NRW würde „Kalte Enteignung“ privater Sparer verhindern

Das mühsam Ersparte wird gerade durch die steigende Inflationsrate bei gleichzeitig niedrigen Zinsen aufgefressen. Hinzu kommt: Zinseinnahmen, die über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehen, müssen voll versteuert werden, was zu einem beschleunigten Vermögensverzehr durch den Staat führt. Das muss sich ändern meinen der Bund der Steuerzahler NRW und der Verband Freier Berufe NRW. Ihr gemeinsamer Vorschlag, um die Enteignung zu verhindern: Der Sparer-Pauschbetrag muss erhöht werden.

Der Sparer-Pauschbetrag muss dringend angehoben werden. Das fordern der Bund der Steuerzahler NRW e.V. und der Verband Freier Berufe im Lande Nordrhein-Westfalen e.V. angesichts der steigenden Inflationsrate, der dauerhaft niedrigen Zinsen und der zwingenden Notwendigkeit, privat fürs Alter vorzusorgen.

Im Gegensatz zum Staat gehören die privaten Sparer nicht zu den Gewinnern der aktuellen Niedrigzinspolitik. Sie sind mit einer grundlegend veränderten Situation konfrontiert: Bereits das zweite Jahr in Folge liegen der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) und die durchschnittliche Umlaufrendite deutlich unter der Inflationsrate. Die Zinsen können daher im Regelfall nicht einmal mehr die Geldentwertung ausgleichen. Gleichwohl sind Zinseinnahmen, die über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehen, in ihrer vollen nominalen Höhe steuerpflichtig. Durch diese Zinsbesteuerung kommt es zu einem beschleunigten Vermögensverzehr. Die „Kalte Enteignung“ der Sparer durch niedrige Nominalzinsen und eine relativ hohe Inflation wird somit durch den Steuerzugriff des Staates noch verschärft.

Wenn die nominalen Zinseinnahmen, die über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehen, trotzdem in voller Höhe besteuert werden, beschleunigt der Staat den privaten Vermögensverzehr und verstößt gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Zur Lösung dieses Problems ist mittel- und längerfristig anzustreben, eine Belastung rein nominaler Zinseinnahmen bei ausbleibender oder negativer Realverzinsung zu vermeiden. Dies kann entweder durch eine Indexierung bzw. Inflationsbereinigung der Nominalzinsen oder einen steuerlichen Abzugsbetrag für den inflationsbedingten Substanzverlust erreicht werden. Kurzfristig sind drei Maßnahmen zur Entlastung der Sparer geboten:

  • Die Werbungskosten bei Kapitaleinkünften sollten wieder in tatsächlicher Höhe geltend gemacht werden können.
  • Der Sparer-Freibetrag, der seit 2007 nur noch 750 Euro beträgt, ist zum Ausgleich der zwischenzeitlichen und bis zum Jahr 2014 noch zu erwartenden Geldentwertung auf mindestens 900 Euro anzuheben.
  • Der ursprünglich aus dem Jahr 1975 stammende Werbungskosten-Pauschbetrag von 100 DM bzw. 51 Euro sollte entsprechend der seitherigen Geldentwertung auf 150 Euro erhöht werden.

Mit dieser Anpassung wäre auch ein gewisser Vorhalteeffekt für die nächsten Jahre sichergestellt. Insgesamt wären Kapitaleinkünfte künftig in Höhe von insgesamt mindestens 1.050 Euro steuerfrei. Schließlich sind der Sparer-Freibetrag und der Werbungkosten-Pauschbetrag grundsätzlich „auf Räder“ zu stellen und in einem 2-Jahres-Rhythmus an die Geldentwertung anzupassen.

Quelle: Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 08.09.2013

Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des BVerfG vom 7. Mai 2013

Änderung des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2012 (BStBl I 2013 Seite 36) und vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953) mit Anpassung Muster „Freistellungsauftrag für Kapitalerträge und Antrag auf ehegattenübergreifende Verlustverrechnung“

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-1910 / 13 / 10065 :001 vom 31.07.2013

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2012 (BStBl 2013 Seite 36) und vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953) wie folgt geändert:

1. Änderung des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2012

  1. Die Angabe zu Randziffer 23 wird wie folgt gefasst:

    „Rz. 23 (weggefallen)“.

  2. Nach Randziffer 57 wird folgende Randziffer 58 eingefügt:

    „Die Bestimmungen der Randziffern dieses Schreibens zu Ehegatten finden ab dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 auf Lebenspartner Anwendung.“

2. Änderung des BMF-Schreibens vom 9. Oktober 2012

Nach Randziffer 325 wird folgende Randziffer 326 eingefügt:

„Die Bestimmungen der Randziffern dieses Schreibens zu Ehegatten finden ab dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 auf Lebenspartner Anwendung.

Es ist nicht zu beanstanden, wenn ab diesem Zeitpunkt erteilte gemeinsame Freistellungsaufträge aus automationstechnischen Gründen erst mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014 berücksichtigt werden.“

Das nachfolgend als Anlage beigefügte Muster ersetzt das Muster im BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2012. Bereits gedruckte Muster der Freistellungsaufträge können noch bis zum 30. Juni 2014 weiter verwendet werden.

Quelle: BMF

Ertragsteuerliche Folgen der Veräußerung von Dividendenansprüchen durch Steuerausländer an Dritte

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung der Veräußerung von Dividendenansprüchen durch Steuerausländer an Dritte Folgendes:

Der Anspruch des Aktionärs auf Auszahlung des auf seine Beteiligung entfallenden Gewinns auf Grund des Gewinnverwendungsbeschlusses der Hauptversammlung kann veräußert und übertragen werden, auch wenn die den Gewinnanspruch vermittelnde Aktie nicht mitveräußert wird. Der Anspruch kann auch bereits vor seiner Entstehung durch den Gewinnverwendungsbeschluss als künftiger Anspruch übertragen werden.

Wurden Dividendenscheine ausgegeben, ist der Anspruch des Aktionärs auf die Dividende durch Einigung und Übergabe des Dividendenscheines übertragbar, denn der Dividenden-schein verkörpert den Dividendenzahlungsanspruch.

Eine wirksame Veräußerung der Dividendenscheine im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG erste Alternative liegt nur vor, wenn die Dividendenscheine dem Erwerber übergeben werden.

Wurden die Dividendenansprüche nicht verbrieft, liegt eine wirksame Veräußerung eines sonstigen Anspruchs im Sinne der zweiten Alternative des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG vor, wenn der Anspruch durch eine wirksame Forderungsabtretung auf den Erwerber übertragen wurde.

Gewinne aus der Veräußerung von Dividendenansprüchen im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG begründen keine beschränkte Steuerpflicht des Veräußerers nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) Satz 2 EStG schließt jedoch die beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG nicht aus. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) Satz 2 EStG ist dieser Ausschluss auf Fälle der tatsächlichen Besteuerung des Veräußerungserlöses beschränkt.

Die Sperrwirkung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) Satz 2 EStG findet keine Anwendung, wenn die tatsächliche Besteuerung des Veräußerungserlöses unterbleibt. Der Wortlaut des Satzes 2 stellt klar, dass § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG an die Stelle der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 EStG tritt. Dadurch wird eine Doppelbesteuerung der Dividendenzahlung und zusätzlich des Veräußerungserlöses aus der Übertragung des Gewinnanspruchs vermieden. Nur in Fällen, in denen vom Inhaber des Stammrechtes der Veräußerungserlös nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG zu versteuern ist, wird die Dividendenzahlung nicht mehr besteuert.

Sofern der Gewinn aus der Veräußerung eines Dividendenanspruchs beim Veräußerer nicht zu einer tatsächlichen Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG führt, verbleibt es daher bei der an der Auszahlung der Dividende anknüpfenden Besteuerung und bei der Auszahlung der Dividende ist in jedem Fall Kapitalertragsteuer einzubehalten.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-2410 / 11 / 10001 :003 vom 26.07.2013

Aufteilung Arbeitszimmer bei teilweiser Liebhaberei

Finanzgericht Köln, 4 K 1242/13

Datum:
15.05.2013
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
4. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 K 1242/13
Nachinstanz:
Bundesfinanzhof, IX R 21/13
Tenor:

Die Einspruchsentscheidung vom 1.4.2010 wird für die Jahre 2007 und 2008 dergestalt geändert, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2007 i. H. v. 562 € und für 2008 i. H. v. 766 € gemindert werden. Die Berechnung der Einkommensteuer 2007 und 2008 wird dem Beklagten übertragen.

Bis zum 14.05.2013 werden die Kosten des Verfahrens zu 89 v. H. dem Kläger und zu 11 v. H. dem Beklagten auferlegt. Danach trägt der Beklagte die Kosten des Verfahrens in vollem Umfang.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

1Tatbestand

2Umstritten war ursprünglich auch, ob eine wissenschaftliche Tätigkeit des Klägers nach seiner Versetzung in den Ruhestand einkommensteuerrechtlich beachtlich oder als Liebhaberei zu beurteilen war. Nachdem der Kläger dieses Begehren im Termin der mündlichen Verhandlung nicht mehr weiterverfolgt hat, ist nunmehr nur noch streitig, ob dem Kläger ein Abzug eines Teils der auf sein Arbeitszimmer entfallenden Kosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung deswegen versagt werden kann, weil er das Arbeitszimmer auch für eine Tätigkeit nutzte, die vom Finanzamt (FA) als einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei eingestuft wurde.

3Der im Jahr … geborene Kläger ist Universitätsprofessor im Ruhestand. Er wurde für die Streitjahre (2007 und 2008) mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

4Aus dem Objekt E-Straße … (14 Wohneinheiten) erklärte der Kläger Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 97.200 € (2007) und 88.848 € (2008), Werbungskosten i.H.v. 78.229 € (2007) und 61.543 € (2008) und Einkünfte i. H. v. 18.977 € (2007) und 27.305 € (2008).

5In seinen Einkommensteuererklärungen für 2007 und 2008 machte der Kläger u. a. Aufwendungen in Höhe von insgesamt 2.751 € (2007) und 1.936 € (2008) für ein häusliches Arbeitszimmer geltend.

6Diese Kosten berechneten sich wie folgt:

7

für das Jahr 2007
AfA für im Jahr 2001 für 831,36 € gekaufte Leuchten i.H.v. 83,14 € (1/10)
Regal gekauft im Jahr 2007 451,00 €
Betriebskosten des Hauses, 6489,65 € x 17,63 % 1.144,13 €
Schuldzinsen, 158 € x 17,63 % 27,86 €
AfA Gebäude, 5.928,82 € x 17,63 % 1.045,25 €
Gesamtaufwendungen 2.751,37 €

8

für das Jahr 2008
AfA für im Jahr 2001 für 831,36 € gekaufte Leuchten i.H.v. 83,14 € (1/10)
Betriebskosten des Hauses, 4.437,93 € x 17,63 % 782,41 €
Schuldzinsen, 141 € x 17,63 % 24,86 €
AfA Gebäude, 5.928,82 € x 17,63 % 1.045,25 €
Gesamtaufwendungen 1.935,65 €

9Den Anteil von 17,63% (Betriebskosten, Schuldzinsen, AfA) errechnete der Kläger in dem er die Fläche des Arbeitszimmers von 32,36 qm in ein Verhältnis zur Gesamtfläche der Wohnung (Erdgeschoss und Dachgeschoss) von 183,51 qm setze. Er legte hierzu eine Wohnflächenberechnung des Dipl. Ing. D vor. Außerdem legte er Grundrisspläne des von ihm und seiner Ehefrau bewohnten, und entweder ihm alleine oder den Ehegatten jeweils zur Hälfte, gehörenden Ein- oder Zweifamilienhauses vor. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass das vom Kläger genutzte Arbeitszimmer aus zwei im Dachgeschoss liegenden Räumen bestand.

10Der Kläger nutzte das Arbeitszimmer in den Streitjahren (2007 und 2008) zeitanteilig zu 30% für seine wissenschaftliche Tätigkeit, zu 45% für die Hausverwaltung E-Straße (14 Wohneinheiten) und zu 25% für die Hausverwaltung C-Straße … (5 Wohneinheiten). Die Einkünfte aus dem Objekt E-Straße wurden in den Einkommensteuererklärungen des Klägers, diejenigen für das Objekt C-Straße … in den Feststellungserklärungen der Grundstücksgemeinschaft A (bestehend aus dem Kläger und seinem Sohn B) erklärt.

11Die Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer teilte der Kläger demzufolge wie folgt auf:

12

für das Jahr 2007
Aufteilung der Kosten Gesamt Anteil (%) Anteil (€)
beruflich 2.751,37 € 30 % 825,00 €
Hausverwaltung
E-Straße 2.751,37 € 45 % 1.238,00 €
Hausverwaltung
C-Straße … 2.751,37 € 25 % 688,00 €
Gesamtaufwendungen 2.751,37 €

13

für das Jahr 2008
Aufteilung der Kosten Gesamt Anteil (%) Anteil (€)
beruflich 1.935,65 € 30 % 581,00 €
Hausverwaltung
E-Straße 1.935,65 € 45 % 871,00 €
Hausverwaltung
C-Straße … 1.935,65 € 25 % 484,00 €
Gesamtaufwendungen 1.935,65 €

14Mit teilweise vorläufigen und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheiden für 2007 vom 7.8.2008 und für 2008 vom 16.9.2009 setzte das FA die Einkommensteuer 2007 auf 3.408,00 und 2008 € auf 1.287,00 € fest, wobei es die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer mit der Begründung außer Ansatz ließ, dass dieses nicht Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers sei.

15Hiergegen wandte sich der Kläger mit seinen Einsprüchen vom 13.8.2008 und 2.12.2009.

16Das FA wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Es versagte in der Einspruchsentscheidung den bisher berücksichtigten Verlusten des Klägers aus selbständiger Arbeit erstmalig eine Anerkennung. Außerdem erkannte es auch weiterhin die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten an. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.

17Während der Kläger ursprünglich die Ansicht vertreten hatte, das Arbeitszimmer bilde den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, vertritt er nunmehr nur noch die Ansicht, ihm stünde ein zumindest begrenzter Werbungskostenabzug zu, weil ihm für seine Verwaltungstätigkeit für die Vermietung des Objekts E-Straße … (und im Rahmen der Grundstücksgemeinschaft für seine Verwaltungstätigkeit für die Vermietung des Objekts C-Straße …) kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe.

18Der Kläger beantragt,

19die in der Einspruchsentscheidung vom 1.4.2010 festgesetzte Einkommensteuer 2007 und 2008 dergestalt zu ändern, dass die erklärten Aufwendungen für sein Arbeitszimmer, soweit sie auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entfallen, unter Einschluss des Feststellungsergebnisses für die Grundstücksgemeinschaft bis zu einer Höhe von jeweils 1.250 € Einkünfte mindernd berücksichtigt werden.

20Der Beklagte beantragt,

21die Klage abzuweisen.

22Der Beklagte vertritt die Ansicht, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gehörten grundsätzlich zu den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung und dürften gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) den Gewinn nicht mindern. Dies gelte nach § 9 Abs. 5 EStG auch für die so genannten Überschusseinkunftsarten, zu denen auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zählten.

23Das Abzugsverbot gelte zwar nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

24Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setze die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer aber voraus, dass das Zimmer ausschließlich oder so gut wie ausschließlich betrieblich bzw. beruflich oder auch anderweitig zur Erzielung steuerrelevante Einkünfte und jedenfalls nicht privat genutzt werde. Eine private Mitbenutzung sei nach der Rechtsprechung des BFH nur dann unerheblich, wenn sie von untergeordneter Bedeutung sei. Ansonsten sei ein Abzug der Aufwendungen nach § 12 Nr. 1 EStG ausgeschlossen (vgl. hierzu FG Hamburg Urteil vom 8.12.2004, II 120/04).

25Das Arbeitszimmer des Klägers sei seinen Angaben nach in den Streitjahren zu 30 % für seine selbstständig ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit genutzt worden. Diese werde jedoch mangels Gewinnerzielungsabsicht als Liebhaberei dem nicht steuerrelevanten und damit dem Privatbereich des Klägers zugerechnet.

26Hier liege die Nutzung für eine nicht der Einkünfteerzielung im Sinne des Einkommensteuergesetzes dienende und damit in die Privatsphäre fallende Tätigkeit bei vom Kläger geschätzten 30 % und sei damit, unabhängig von der Feststellung, wo sich letztlich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit befinde und ob dem Kläger für seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, nicht mehr von untergeordneter Bedeutung. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers seien daher nach § 12 EStG in vollem Umfang dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen und damit nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

27Entscheidungsgründe

28Die Klage ist begründet.

29Das FA hat einen Abzug in Höhe von 45 % (zuzüglich von 25% im Rahmen der Feststellungsbescheide der Grundstücksgemeinschaft A) der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zu einer Höhe von insgesamt 1.250 € jährlich zu Unrecht versagt. Der Senat schließt sich bei seiner Beurteilung den überzeugenden Ausführungen des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG), welches einen vergleichbaren Fall zu beurteilen hatte, im Urteil vom 24.04.2012 – 8 K 254/11, EFG 2012, 2100, an.

30Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer waren in Höhe von 45 % der entstandenen Raumkosten als Werbungskosten des Klägers im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, weil der Kläger zu diesem Zeitanteil das Arbeitszimmer für Verwaltungstätigkeiten für das Haus E-Straße … genutzt hatte.

311. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG bestimmt, dass die folgenden Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung. Dies gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 EStG). Diese Vorschrift gilt nach § 9 Abs. 5 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprechend.

322. Im Streitfall bildete das Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr.

33Dem Kläger stand in den Streitjahren für seine Verwaltungstätigkeit für das Haus E-Straße … aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Auch dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

34Der Kläger kann daher 45 % der entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung im Rahmen des Höchstbetrags von 1.250 € geltend machen.

35a) Einem Abzug steht nicht entgegen, dass das Arbeitszimmer nicht nahezu ausschließlich für Einkunftszwecke genutzt wurde. Eine Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer setzte zwar nach bisheriger Auffassung des BFH grundsätzlich voraus (vgl. Niedersächsisches FG Urteil vom 24.04.2012 – 8 K 254/11, EFG 2012, 2100 m.w.N.), dass das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wurde. Denn nach der Rechtsprechung des BFH konnten Aufwendungen für die eigene Wohnung bei der Einkommensteuer grundsätzlich nicht abgezogen werden, weil es sich bei diesen Aufwendungen regelmäßig um solche der privaten Lebensführung handele, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbar seien (vgl. BFH-Urteil v. 18.10.1983 VI R 180/82, BFHE 139, 518, BStBl II 1984, 110, betr. Durchgangszimmer). Etwas anderes galt nur dann, wenn die Aufwendungen gleichwohl ausnahmsweise nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich veranlasst waren (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, und BFH-Urteil vom 21.7.1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37). Eine solche Veranlassung wurde nur angenommen, wenn – unabhängig davon, ob dem Steuerpflichtigen außerhalb seiner Wohnung ein ausreichender Arbeitsplatz zur Verfügung stand und unabhängig davon, ob ein häusliches Arbeitszimmer erforderlich war – feststand, dass der Raum so gut wie ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wurde. Eine private Mitbenutzung war lediglich dann als unschädlich zu bewerten, wenn sie von untergeordneter Bedeutung war (BFH-Urteile vom 28.10.1964 IV 168/63 S, BFHE 81, 45, BStBl III 1965, 16 und vom 28.09.1967 – IV R 120/66, BStBl II 1968, 77 und BFH-Beschlüsse vom 19.10.1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 und vom 19.10.1970 GrS 3/70, BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21). War die private Mitbenutzung nicht von nur untergeordneter Bedeutung, so stand die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG der Abziehbarkeit auch nur eines Teils der Aufwendungen entgegen.

36b) Indes ist die Rechtfertigung für ein solch grundsätzliches Aufteilungsverbot durch den BFH-Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 entfallen, so dass nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls dann, wenn der Charakter als „Arbeitszimmer” trotz der privaten Mitbenutzung zu bejahen ist, eine Aufteilung nach den Grundsätzen dieses Beschlusses geboten ist.

37aa) Das FG Baden-Württemberg hat mit rechtskräftigem Urteil vom 2.2.2011 (7 K 2005/08, EFG 2011, 1055) allerdings die Verwaltungsauffassung bestätigt, wonach Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann abgezogen werden können, wenn das fragliche Zimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009, GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672, ergebe sich nichts anderes. Wohnungskosten gehörten, anders als die vom Großen Senat beurteilten Reisekosten, zu den grundsätzlich nicht aufteilbaren Kosten für die Lebensführung, die bereits durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten seien (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 2.2.2011, 7 K 2005/08, EFG 2011, 1055 und auch OFD Koblenz v. 19.9.2011 – S 2354 A-St 32 2). Dem hat sich das Sächsische FG in der Entscheidung vom 11.1.2012 (2 K 1854/11, EFG 2012, 1125) im Wesentlichen angeschlossen.

38bb) Das FG Köln hat demgegenüber im Urteil vom 19.5.2011 (10 K 4126/09, EFG 2011, 1410) bei teils privater, teils betrieblicher Raumnutzung eine schätzungsweise 50/50-Aufteilung „unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände” vorgenommen. Der von ihm angewendete Aufteilungsmaßstab ergebe sich unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 24.2.2011, VI R 12/10, BFHE 233, 123, BStBl II 2011, 796, wonach eine Aufteilung grundsätzlich im Verhältnis 50:50 geboten sei.

39c) Im Streitfall war ein anteiliger Abzug in Höhe von 45 % der durch die Vermietungstätigkeit für das Grundstück E-Straße … veranlassten Raumaufwendungen geboten.

40Der Große Senat des BFH hat am 21.9.2009 (GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010) in Bezug auf Reisekosten entschieden, dass die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegenstehe. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG normiere danach kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Bestünden keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil von Aufwendungen beruflich veranlasst sei, bereite seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so sei dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen. Griffen jedoch die – für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden – beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich sei, fehle es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so komme ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht. Nach diesen Maßstäben war ein anteiliger Abzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer vorzunehmen.

41Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig zu welchen Zeitanteilen der Kläger sein Arbeitszimmer für welche Zwecke nutzte. Der Kläger hat im Termin der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert, dass er sich bemüht habe, diese Zeitanteile sachgerecht zu schätzen. Der Senat hat keinen Anlass, diesen unstreitigen Sachverhalt in Zweifel zu ziehen. Die zeitanteilige Nutzung des Arbeitszimmers ist ein sachgerechter Schlüssel, um die für das Arbeitszimmer entstanden Aufwendungen aufzuteilen.

42d) Weitere Bedenken gegen eine Anerkennung eines Teils der für das Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen bestehen nicht.

43aa) Dies gilt zunächst nicht wegen der Anforderungen, die an ein häusliches Arbeitszimmer zu stellen sind.

44Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum mit einer inneren Beziehung zum Wohnen, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient. Der typische Fall eines „häuslichen Arbeitszimmers” ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das häusliche Büro, wobei das zentrale Möbelstück des jeweiligen Raumes der Schreibtisch sein sollte (Urteil des BFH vom 9.8.2011, VIII R 4/09, BFH/NV 2012, 200). Darüber hinaus sollte das häusliche Arbeitszimmer mit Bücher- und Aktenschränken bzw. -regalen, Aktenbock und ähnlichen „Büromöbeln” sowie mit Büchern, Aktenordnern, Schreibmaschinen, Computern und ähnlichen Arbeitsmitteln ausgestattet sein (vgl. Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 6.4.2011, EFG 2011, 1416 m.w.N.).

45Das Arbeitszimmer des Klägers erfüllte die von der Rechtsprechung geforderten Anforderungen an ein Arbeitszimmer. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Unterlagen bestand das Arbeitszimmer aus zwei Räumen im Dachgeschoss, die gegenüber den übrigen Wohnräumen abgeschlossen waren. Nach diesen Unterlagen war das größere dieser beiden Zimmer mit Regalen an allen Wänden und 2 Schreibtischen ausgestattet. Über die Einrichtung des kleineren Zimmers ergibt sich zwar aus den vorgelegten Unterlagen nichts. Indes ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass auch das kleinere der beiden Zimmer einrichtungsgemäß den Anforderungen an ein Arbeitszimmer entsprach.

46bb) Auch der Höhe nach war die Ermittlung der Aufwendungen nicht zu beanstanden.

47Denn der Kläger hat die ermittelten Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer glaubhaft dargelegt.

48Ein Abzug lediglich der hälftigen Anschaffungskosten im Rahmen der Absetzung für Abnutzung war auch nicht vor dem Hintergrund des sog. Drittaufwandes für den Fall geboten, dass der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau lediglich Miteigentümer des von ihm bewohnten Hauses gewesen sein sollte.

49Nutzt ein Miteigentümer im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil des Wirtschaftsguts (Arbeitszimmer) zur Einkunftserzielung alleine, dann ist davon auszugehen, dass er Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen. In diesem Fall wird der den anderen Miteigentümern gehörende Anteil grundsätzlich nicht wechselseitig gemietet und vermietet (vgl. Urteil des BGH vom 28.11.1963 II ZR 41/62, NJW 1964, 648, zu III.), d.h. der Miteigentümer nutzt den Raum zivilrechtlich nicht teils aus eigenem Recht und teils durch Überlassung zur Nutzung durch den oder die Miteigentümer, sondern er nutzt ihn insgesamt in Ausübung seines Rechts als Miteigentümer (§ 743 Abs. 2 BGB). Das gilt auch einkommensteuerrechtlich (vgl. BFH-Urteil vom 7.12. 1993 IX R 169/88, BStBl II 1994, 325, zu I. 1.b; Trzaskalik in Festschrift für L. Schmidt, 1993, S. 51, 72). Anders als sein Miteigentumsrecht bezieht sich sein Nutzungsrecht auf den ganzen Raum (vgl. auch BFH-Urteil vom 12.2.1988 VI R 141/85, BFHE 173, 131, BStBl II 1988, 764, zu I. 3., und BFH Beschluss vom 23.08.1999 – GrS 5/97, BFHE 189, 174, BStBl II 1999, 774). Nutzt der Kläger das Arbeitszimmer in vollem Umfang aus eigenem Recht, sind auch seine eigenen anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als im Interesse dieser Nutzung aufgewendet anzusehen, so dass eine Aufteilung nach Miteigentumsanteilen nicht vorzunehmen war. Davon ist im Falle der beruflichen oder betrieblichen Nutzung eines Gebäudes auch dann auszugehen, wenn es im Übrigen vom Steuerpflichtigen und seinem Ehegatten gemeinsam bewohnt wird (§ 1353 BGB).

503. Die Minderung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung laut Einspruchsentscheidung berechnet sich wie folgt:

51

2007
Kosten Arbeitszimmer gesamt 2.751,37 €
./. Anteil Liebhaberei ./.                            825,00 €
verbleiben 1.926,37 €
Höchstbetrag 1.250,00 €
davon Grundstücksgemeinschaft ./.                            688,00 €
verbleiben 562,00 €

52

2008
Kosten Arbeitszimmer gesamt 1.935,65€
./. Anteil Liebhaberei ./.                            581,00 €
verbleiben 1.354,65 €
Höchstbetrag 1.250,00 €
davon Grundstücksgemeinschaft ./.                            484,00 €
verbleiben 766,00 €

53Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer 2007 und 2008 wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.

54Die Kostenfolge beruht auf den §§ 135, 136 Abs. 2 FGO.

55Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

56Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Frage, ob ein häusliches Arbeitszimmer eine (nahezu) ausschließliche Nutzung zu beruflichen (betrieblichen) Zwecken voraussetzt, zuzulassen.