Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Höhe der Werbungskosten bei Übernachtung eines Kraftfahrers im Lkw

Höhe der Werbungskosten bei Übernachtung eines Kraftfahrers im Lkw

Kernproblem
Ist die Höhe pauschaler Werbungskosten eines Arbeitnehmers nicht durch Gesetz oder Verwaltungsanweisung festgelegt, kommt es nicht selten zum Streit mit dem Finanzamt. Zwar reicht es für den Abzug aus, dass das Vorliegen von Aufwendungen „glaubhaft gemacht“ wird. Wenn sich der Finanzbeamte in der Ausübung seiner Ermessensentscheidung aber dazu veranlasst sieht, Belege anzufordern, folgt auf eine Nichtvorlage häufig die Streichung des Werbungskostenabzugs. Dann nutzt auch nicht der Verweis auf eine großzügigere Handhabung anderer Finanzämter. Hoffnung bringt jedoch der Gang zum Finanzgericht, denn in den letzten Jahren ist eine Tendenz der Rechtsprechung zur Schätzung oder Aufteilung von abzugsfähigen Aufwendungen zu erkennen, wo früher ein striktes Abzugsverbot entgegengehalten wurde. Hiervon hat auch ein Kraftfahrer profitiert, der den Abzug von Übernachtungskosten beantragte.

Sachverhalt
Der Lkw-Fahrer war im internationalen Fernverkehr von Skandinavien bis Südeuropa tätig und übernachtete in der Schlafkabine seines Lkw. Hierfür setzte der Kraftfahrer pauschal 5 EUR je Tag für 220 Übernachtungstage an. Doch selbst den nicht übertrieben angesetzten Aufwand von insgesamt 1.100 EUR strich das Finanzamt. Stattdessen verlangte es Belege des Streitjahres oder Aufzeichnungen für einen repräsentativen Zeitraum von 3 Monaten. Es folgten Kostenschätzungen des Lkw-Fahrers, die nichts halfen, beginnend mit dem Toilettengang von je 0,50 EUR und 2-3 EUR täglich sowie der zweimaligen täglichen Dusche von jeweils 2 EUR, bis hin zur wöchentlichen Reinigung von Schlafsack oder Bettwäsche. Das hiermit befasste Finanzgericht (FG) bekam den Fall, nachdem es erst im Sinne des Finanzamts entschieden hatte, vom Bundesfinanzhof zur Schätzung der Aufwendungen zurückverwiesen.

Entscheidung
Das FG ließ nunmehr den beantragten pauschalen Aufwand von 5 EUR täglich für 220 Tage zu. Die Richter führten in ihrer Begründung aus, dass die in den Verwaltungsanweisungen vorgesehenen Pauschbeträge für Übernachtungskosten zwar nicht anwendbar seien, weil die Unterkunft (hier die Schlafkabine) unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Da jedoch davon auszugehen sei, dass typischerweise Kosten für Dusche, Toilette und Reinigung der Schlafgelegenheit anfielen, müssten die Aufwendungen geschätzt werden. Im Ergebnis erschien dem Senat ein Betrag von täglich 5 EUR als glaubhaft.

Konsequenz
Das FG folgte jetzt dem Antrag des LKW-Fahrers, zumal der Aufwand nach eigener Einschätzung eher niedrig gewählt war. Das scheinen auch die Richter so zu sehen, denn nach deren Ausführungen wäre bei der Vorlage von Einzelnachweisen für einen repräsentativen Zeitraum ein höherer Abzug möglich gewesen.

Entkräftung des Anscheinsbeweises bei privater KFZ-Nutzung

Kernproblem

Die private KFZ-Nutzung eines zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Pkw ist nach der 1 %-Regel zu bemessen. Das setzt jedoch voraus, dass eine private KFZ-Nutzung überhaupt stattgefunden hat. Im Normalfall spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine private KFZ-Nutzung, wenn dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge auch für private Zwecke zur Verfügung stehen. Das gilt nur nicht für Fahrzeuge, die typischerweise nicht zum privaten Gebrauch geeignet sind, z. B. ein Werkstattwagen oder Lkw. Eine Entkräftung des ersten Anscheins einer Privatnutzung ist in der Vergangenheit nur selten gelungen, da die Rechtsprechung nur wenige Ausnahmen zugelassen hat. Mittlerweile scheint sich das Blatt zu wenden. Unternehmer, die über vergleichbare Privatfahrzeuge verfügen, können womöglich die Gewinnerhöhung durch Privatanteile umgehen.

Sachverhalt

Der Fall klingt klassisch für einen Freiberufler: Im Betriebsvermögen eines Rechtsanwalts befand sich ein 911er Porsche, der etwa ein halbes Jahr ab Mai 1999 auf die Praxis zugelassen war. Das Finanzamt wollte hierfür einen privaten KFZ-Nutzungsanteil ansetzen. Dagegen klagte der Rechtsanwalt, denn er besaß noch weitere Fahrzeuge im Privatvermögen: Einen Porsche 928 (für Autokenner: heute ein Oldtimer, damals noch nicht) und zumindest ab Juli 1999 einen Volvo-Kombi V70 T5 (auch hochmotorisiert). Eher nebensächlich: Auch die Ehefrau besaß noch ein Fahrzeug. Was für die Entscheidung nicht unwichtig war: Der Anwalt war Vater von 5 minderjährigen Kindern (4-11 Jahre), mit denen man gewöhnlich nicht in einem Porsche den Familienausflug antritt. Das Finanzamt sah den Anscheinsbeweis durch das Vorhandensein der anderen Fahrzeuge als nicht widerlegt an, weil für Luxusgüter wirtschaftliche Gründe nur eine untergeordnete Rolle spielten. „Wer Luxusautos fahre, mache das aus Neigung“, war deren Argumentation. Die Richter des Finanzgerichts sahen das weniger emotional und den Anscheinsbeweis als widerlegt an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Revision des Finanzamts zurück. Für die Richter war der Beweis des ersten Anscheins einer Privatnutzung entkräftet, weil für private Fahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung standen, die mit dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar waren. Mit viel (Auto-)Sachverstand stellte der BFH dar, dass der Porsche 928 mit einer Motorleistung von 235 kW, 4898 ccm Hubraum und einer Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h dem im Betriebsvermögen befindlichen Porsche 911 sowohl in Ausstattung, Fahrleistung und unter Prestigegesichtspunkten in etwa vergleichbar war. Auch eine KFZ-Nutzung durch die Ehefrau und Mutter von 5 Kindern sei nach allgemeiner Lebenserfahrung unwahrscheinlich, weil Transportaufgaben oder größere Einkäufe eher mit dem Volvo-Kombi durchgeführt würden, als dem Sportwagen.

Konsequenz

Mit dem 2. hat man´s leichter.

Wann besteht faktische Geschäftsführung gegenüber abhängigen Unternehmen?

Wann besteht faktische Geschäftsführung gegenüber abhängigen Unternehmen?

Kernaussage
Die für eine strafbare Untreue erforderliche Vermögensbetreuungspflicht kann sich aus einer faktischen Geschäftsführerstellung ergeben. Erforderlich ist jedoch, dass der faktische Geschäftsführer nach außen handeln kann, ein hohes Machtpotential hat oder im Einvernehmen mit dem tatsächlichen Geschäftsführer handelt.

Sachverhalt
Der Angeklagte hatte die S-Unternehmensgruppe errichtet und war Geschäftsführer einer GmbH, die als persönlich haftende Gesellschafterin in verschiedenen Bauherrn-KGs fungierte. Die Bauherrn-KGs erteilten einer weiteren GmbH Aufträge für Sanierungsarbeiten. Diese GmbH beauftragte ihrerseits verschiedene Subunternehmer, wobei sie faktisch als „Schutzschild vor den Bauherrn-KGs“ agierte, um Ansprüche aus unbezahlten Leistungen abzufangen. Die Bauherrn-KGs finanzierten sich durch Darlehen, die auf der Grundlage von Abschlagsrechnungen direkt an die Auftraggeber-GmbH ausgezahlt wurden. Von diesen Beträgen überwies die mitangeklagte Geschäftsführerin der Auftraggeber-GmbH auf Veranlassung des Angeklagten größere Summen aufgrund rechtsgrundloser Stornierungen der Abschlagsrechnungen direkt an die Bauherrn-KGs. Durch die Stornierungen konnte die Auftraggeber-GmbH die Rechnungen der Subunternehmer nicht mehr bezahlen und geriet in Insolvenz.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil des Landgerichts, in dem der Angeklagte wegen Untreue verurteilt worden war, auf und verwies die Sache zurück. Zwar kann sich die für eine Untreue erforderliche Vermögensbetreuungspflicht aus einer faktischen Geschäftsführerstellung ergeben. Vorliegend hatte der Angeklagte auch tatsächlich einen erheblichen Einfluss gegenüber der Geschäftsführerin der Auftraggeber-GmbH, was aber nicht ausreicht. Es fehlten dem Angeklagten nach außen die für einen Geschäftsführer typischen Befugnisse. Die Rechtsprechung hat es zwar im Einzelfall ausreichen lassen, wenn der faktische Geschäftsführer den förmlich bestellten Geschäftsführer anweisen kann und die Unternehmenspolitik auch tatsächlich bestimmt. Allerdings bedarf es dazu einer vertieften Begründung, da neben den fehlenden Außenbefugnissen vorliegend die Vermögenspflichten der persönlich haftenden GmbH der Bauherren-KGs und der Auftraggeber-GmbH gegenläufig sind. In einer solchen Situation kann nur dann eine faktische Geschäftsführerstellung angenommen werden, wenn ein solches Machtpotential gegeben ist, dass der tatsächliche Geschäftsführer eindeutig vom faktischen Geschäftsführer abhängig ist oder aus anderen Gründen mit diesem im Einvernehmen handelt.

Konsequenz
Das Urteil zeigt, dass der Nachweis der faktischen Geschäftsführerstellung und die damit einhergehende Eröffnung des Untreuetatbestands schwierig ist.

Anlegern einer Publikums-KG kann Auskunftsanspruch zustehen

Anlegern einer Publikums-KG kann Auskunftsanspruch zustehen

Kernaussage
Anleger, die sich als Treugeber über einen Treuhandgesellschafter an einem Filmfonds in der Form einer Publikums-KG beteiligt haben, können Auskunft über Namen und Anschriften der übrigen an der Gesellschaft beteiligten Anleger verlangen, wenn ihnen im Innenverhältnis die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters eingeräumt wurde.

Sachverhalt
In den Verfahren stritten Anleger von Publikumsgesellschaften in der Form von Kommanditgesellschaften (KGs) mit den Gesellschaftern darüber, ob sie ein Recht auf Auskunftserteilung über Namen, Anschriften und (in einem Fall) Beteiligungshöhe der übrigen Anleger haben. An den Publikums-KGs konnten sich die Anleger entweder direkt als Kommanditist oder indirekt über eine Treuhänderin beteiligen. Bei der direkten Beteiligung als Kommanditist wurden Name, Anschrift und Haftsumme der Anleger in das Handelsregister eingetragen. Bei der indirekten Beteiligung wurde nur die Treuhänderin im Handelsregister eingetragen, nicht jedoch die dahinter stehenden Anleger. Die Namen, Anschriften und Beteiligungshöhen waren bei der indirekten Beteiligung nur der Treuhänderin oder der Publikums-KG bekannt. Die Beteiligungs- und Treuhandverträge enthalten Regelungen, wonach die Anleger keinen Anspruch darauf haben, dass ihnen vom Treuhänder oder der Publikums-KG die dort bekannten Daten der anderen Anleger mitgeteilt werden.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht München gab den Klagen statt, so dass die Informationen über die Anlegeridentität herausgegeben werden mussten. Die hiergegen gerichteten Revisionen zum Bundesgerichtshof (BGH) blieben erfolglos. Zur Begründung führte der BGH aus, dass die indirekt beteiligten Anleger im Innenverhältnis durch die vertragliche Ausgestaltung den direkt beteiligten Anlegern, die eine Kommanditistenstellung innehaben, gleichgestellt sind. Da die Kommanditisten als Gesellschafter aus ihrem Mitgliedschaftsrecht heraus ein Recht darauf haben, die Identität ihres Vertragspartner zu kennen, haben dieses Recht auch die den Kommanditisten gleichgestellten Anleger, die über die Treuhandkonstruktion indirekt beteiligt sind. Ein Ausschluss dieses Rechts in den Beteiligungs- und Treuhandverträgen ist nicht möglich. Anhaltspunkte für die Gefahr eines Missbrauchs der Daten wurden nicht vorgetragen.

Konsequenz
Die Anleger in Publikums-KGs müssen sich darauf einstellen, dass nun nicht mehr die Möglichkeit besteht, durch eine Treuhandkonstruktion anonym zu bleiben.

Aktienkauf: wann ist eine Rückübertragungsklausel nichtig?

Aktienkauf: wann ist eine Rückübertragungsklausel nichtig?

Kernaussage
Ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft (AG) und einem Aktionär, wonach der Aktionär seine Aktien auf die AG unentgeltlich zu übertragen hat, wenn der Vertrag beendet wird, ist nichtig, wenn der Aktionär die Aktien zuvor entgeltlich erworben hat.

Sachverhalt
Die klagende AG betreibt ein Verbundsystem für Versicherungsmakler. Die Beklagte ist selbstständige Versicherungsmaklerin. In einem Vertrag aus dem Jahr 2001, der auch die Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der AG regelte, verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der AG, von dieser 25 vinkulierte Namensaktien zu erwerben. Der Vertrag konnte von beiden Seiten mit einer dreimonatigen Frist gekündigt werden. Eine Vertragsklausel sah vor, dass bei einer Kündigung die 25 Aktien unentgeltlich auf die AG zurückübertragen werden müssen. Im September 2007 kündigte die AG den Vertrag zum Jahresende und klagte anschließend auf Rückübertragung der Aktien.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied als letzte Instanz, dass die Vertragsklausel, wonach die Aktien unentgeltlich zurück auf die AG zu übertragen seien, insgesamt nichtig ist, da sie gegen die guten Sitten verstößt. Zwar können Aktionäre aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit schuldrechtliche Nebenabreden treffen, die in der Satzung einer AG nicht zulässig wären. Hier wurde jedoch eine sittenwidrige Abrede zwischen einem Aktionär und der AG getroffen. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich daraus, dass entschädigungslos in die vermögensmäßige und durch das im deutschen Grundgesetz verankerte Recht auf Eigentum geschützte Rechtsposition des Aktionärs eingegriffen wird. Denn nach der Klausel musste die Beklagte als Aktionärin nach der Kündigung durch die AG ohne Entschädigung die Aktien an die AG zurückgeben. Die Klausel ist insgesamt nichtig, da grundsätzlich sittenwidrige Regelungen nicht auf ein noch soeben zulässiges Maß reduziert werden können und nicht erkennbar ist, was die Parteien gewollt hätten, wenn sie die Nichtigkeit gekannt hätten.

Konsequenz
Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie zeigt, dass der Vertragsfreiheit dort Grenzen gesetzt sind, wo einer Partei aufgrund einer schwachen Position entschädigungslos ihre Vermögensposition genommen wird. Zudem wird deutlich, dass aufgrund der gänzlichen Nichtigkeit der Klausel die Verwendung solcher sittenwidriger Regelungen riskant ist.

Wann ist Wiedereinsetzung bei Klage per Mail ohne Signatur zulässig?

Wann ist Wiedereinsetzung bei Klage per Mail ohne Signatur zulässig?

Kernaussage
Die Klageerhebung zum Finanzgericht per E-Mail ist ohne qualifizierte elektronische Signatur formunwirksam. Allerdings kann dieser Mangel beseitigt werden, da grundsätzlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist.

Sachverhalt
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung 2008 verschiedene Aufwendungen geltend, die das Finanzamt nicht berücksichtigte. Die Kläger erhoben Einspruch, der mit Datum vom 6.5.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Nach der der Einspruchsentscheidung beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ist die Klage schriftlich einzureichen. Am 4.6.2010 ging die Klage beim zuständigen Finanzgericht Neustadt per E-Mail ohne elektronische Signatur ein. Daraufhin teilte das Gericht mit, die Klage sei nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Anschließend erhoben die Kläger am 14.6.2010 nochmals per unterschriebenem Telefax Klage.

Entscheidung
Das Finanzgericht bejahte daraufhin die Zulässigkeit der Klage. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Mangels elektronischer Signatur war die Klage per E-Mail nicht formgerecht. Die anschließende Klage per Fax erfolgte zu spät. Jedoch ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies bedeutet, dass die Klage im Ergebnis nicht zu spät erfolgte und nun in der Sache über die Berücksichtigung der Aufwendungen entschieden werden kann. Das Finanzgericht gewährte die Wiedereinsetzung, da die Kläger ohne Verschulden die Frist verpassten. Denn als steuerliche Laien konnten sie aus der Rechtsbehelfsbelehrung nicht erkennen, dass das Schriftstück aufgrund der Schriftform mit einer eigenen Unterschrift oder einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein muss. Außerdem akzeptiert die Finanzverwaltung Rheinland-Pfalz bei einer ähnlichen Rechtsbehelfsbelehrung auch Einsprüche per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur. Daher kann der Laie nicht ohne Weiteres erkennen, dass dies bei der anschließenden Klage anders ist.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass man in manchen Fällen ein Fristversäumnis noch retten kann. Entspannter lebt es sich jedoch, wenn man wichtige Angelegenheiten, wie z. B. eine Klage, klassisch per Post einreicht.

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Kernproblem
Aufwendungen sind als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie in einem hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Das gilt auch für die Kosten berufsbezogener Bildungsmaßnahmen. Fallen die Aufwendungen bei einem Stipendium im Ausland an, gesellt sich aus steuerlicher Sicht die Problematik des Abzugsverbots solcher Ausgaben hinzu, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Das Finanzgericht Köln hat hierzu im Fall einer promovierten Diplom-Biologin ein rechtskräftiges Urteil gefällt.

Sachverhalt
Die Biologin war bereits während ihrer Promotionszeit mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen an der Universität betraut und hatte sich aufgrund ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen einen Namen gemacht. Sie bewarb sich im Jahr 2008 um eine Forschungsstelle an einer renommierten Universität in Kanada. Den dort lehrenden Forschungsdirektor traf sie auf einem Kongress, wo er ihr die Zusage erteilte. Im Anschluss an einen Vortrag an der kanadischen Universität wurde der Biologin ein dreijähriges Stipendium angeboten, das sie im Jahr 2009 antrat. Der ihr gewährte Unterhaltszuschuss betrug monatlich 1.057 EUR und war in Kanada steuerfrei. In der Steuererklärung 2008 beantragte die Biologin den Abzug der Kongresskosten, der Reisekosten zur Vortragsveranstaltung nach Kanada sowie der Einlagerungskosten ihrer Möbel in Deutschland. Das Finanzamt verwehrte den Abzug wegen des Zusammenhangs mit den ausländischen (steuerfreien) Einkünften. Die Biologin dagegen argumentierte mit der Aussicht auf eine gehobene Stelle an einer inländischen Universität im Anschluss an das Stipendium. Mangels außergerichtlicher Einigung ging es zum Finanzgericht.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Köln ließ den Abzug als vorweggenommene Werbungskosten zu. Nach Überzeugung der Richter waren die getätigten Aufwendungen im entscheidendem Maße dadurch veranlasst, auf Grundlage der Forschungstätigkeit die Hochschulkarriere in Deutschland nachhaltig zu fördern und damit inländische Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Hochschullehrerin und Spitzenforscherin zu erzielen. Dagegen war das Bestreben nach einem steuerfreien Stipendium nach Auffassung des Gerichts eindeutig zurückgetreten. Zudem begründe die Möglichkeit späterer Einnahmeerzielung im Ausland noch keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten Auslandseinkünften.

Konsequenz
Beim Lesen der Urteilsbegründung entsteht der Eindruck, dass es sich bei der Klägerin um eine wissenschaftliche Koryphäe gehandelt haben muss, so dass dem Gericht die Entscheidung offensichtlich leicht viel. Aber auch anderen Berufsgruppen sollte die Entscheidung Mut machen, denn das Finanzgericht hat Teile seiner Begründung der BFH-Rechtsprechung zu Berufsausbildungskosten von Piloten entnommen.

Keine Entschädigung für Mobbing am Arbeitsplatz

Keine Entschädigung für Mobbing am Arbeitsplatz

Kernaussage
Mobbing am Arbeitsplatz und die gesundheitlichen Folgen sind weder als Berufskrankheit noch als Arbeitsunfall von der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen.

Sachverhalt
Eine Frau, die als Schreibkraft arbeitete, fühlte sich aufgrund negativer Gerüchte am Arbeitsplatz gemobbt. Sie leidet seither an psychischen Gesundheitsstörungen, die sie auf das Mobbing am Arbeitsplatz zurückführt. Hierfür beantragte sie gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung eine Entschädigung. Die Unfallkasse lehnte den Antrag ab, da eine Berufskrankheit nicht vorliege. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Richter gaben der Unfallkasse Recht. Mobbing und die hierauf beruhenden Gesundheitsbeeinträchtigungen seien keine anerkannte Berufskrankheit. Die Erkrankung könne auch nicht „wie“ eine Berufskrankheit entschädigt werden, weil keine Erkenntnisse vorlägen, dass eine bestimmte Berufsgruppe bei ihrer Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt sei. Vielmehr komme Mobbing in allen Berufsgruppen sowie im privaten Umfeld vor. Da keine zeitlich auf höchstens eine Arbeitsschicht begrenzte Einwirkung vorliege, sei ferner auch kein Arbeitsunfall anzuerkennen.

Konsequenz
Nach dem Gesetz sind Arbeitsunfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Dies ist bei Mobbing in der Regel nicht gegeben, da der betroffene Arbeitnehmer unter wiederholten Beeinträchtigungen leidet. Berufskrankheiten sind Krankheiten, die der Gesetzgeber durch Rechtsverordnung als solche bezeichnet. Das sind im Einzelnen Krankheiten, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Dies ist bei Mobbing ebenfalls nicht gegeben; die Beeinträchtigung kann in allen Berufsgruppen vorkommen, ohne dass bestimmte Berufe besonders gefährdet sind. Die Unfallkasse muss gesundheitliche Folgen eines Mobbings daher nicht entschädigen.

Vorsteuervergütung: Zur fristgemäßen Einreichung von Belegen

Vorsteuervergütung: Zur fristgemäßen Einreichung von Belegen

Kernaussage
Ausländische Unternehmer können sich unter bestimmten Voraussetzungen deutsche Vorsteuer vergüten lassen, sofern sie nicht dem allgemeinen Besteuerungsverfahren unterliegen. Hinsichtlich der Formvorschriften wird dabei zwischen Unternehmern aus der EU und aus Drittländern unterschieden.

Sachverhalt
Während früher ein schriftlicher Antrag auf Vergütung der Vorsteuer an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bis zum 30.6. des Folgejahres zu richten war, gilt dies mittlerweile nur noch für Unternehmen aus Drittländern. Unternehmer aus der EU haben ihre Anträge elektronisch an eine Behörde ihres Herkunftslandes zu stellen, welche den Antrag an das BZSt weiterleitet. Weitere Vereinfachungen ergeben sich für Unternehmen aus der EU durch eine verlängerte Antragsfrist (30.9. des Folgejahres) und hinsichtlich der Einreichung der Originalbelege. Diese müssen nur dann in eingescannter Form dem Antrag beigefügt werden, wenn das Entgelt mindestens 1.000 EUR beträgt, bzw. bei Kraftstoffen mindestens 250 EUR.

Pressemitteilung des BZSt
Das BZSt hat nun darauf hingewiesen, dass die Pflicht besteht, die Belege bis zum 30.9. des Folgejahres elektronisch zu übermitteln (Ausschlussfrist). Sofern Belege später übermittelt werden, bleiben diese bei Ermittlung der Vorsteuervergütung unberücksichtigt.

Konsequenz
Unternehmer aus der EU müssen die Vorgaben des BZSt beachten. Um die Frist nicht zu versäumen, sollte der Antrag nicht auf den letzten Drücker gestellt werden. Eine frühzeitige Antragstellung lässt ggf. auch noch spätere Korrekturen vor Ablauf der Frist zu. Fraglich ist allerdings, ob die betroffenen Unternehmer aus der EU überhaupt die Forderungen des BZSt zur Kenntnis nehmen, da sie ihren Antrag in ihrem Herkunftsland stellen. Problematisch ist zudem, dass die Einreichung der Belege in der EU nicht einheitlich geregelt ist. Manche EU-Staaten verzichten komplett auf die Übermittlung der Belege. Verlassen sich Unternehmen aus diesen Ländern darauf, dass dies in Deutschland auch so ist, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn eine Korrektur zeitlich nicht mehr möglich ist. Deutsche Unternehmen hingegen, die sich Vorsteuer in der übrigen EU vergüten lassen wollen, sollten sich ebenfalls rechtzeitig mit den dortigen Vorgaben befassen.

Bundesrechnungshof rügt Reformstau bei der Umsatzsteuer

Bundesrechnungshof rügt Reformstau bei der Umsatzsteuer

Kernaussage
Das Bundesfinanzministerium (BMF) erweckt gerne den Eindruck, mit Hochdruck Steuervereinfachungen anzustreben und Steuerbetrug einzudämmen. Das hier Anspruch und Wirklichkeit oftmals recht weit auseinander liegen, hat der Bundesrechnungshof (BRH) nun aufgezeigt.

Pressemitteilung des Bundesrechnungshofs
Der BRH hatte dem BMF diverse Vorschläge im Hinblick auf ein einfacheres und weniger betrugsanfälliges Umsatzsteuerrecht unterbreitet. U. a. forderte der BRH die schon seit längerem in der Diskussion befindliche Reform der Steuerermäßigungen sowie ein einfaches Kontrollverfahren für innergemeinschaftliche Lieferungen. Wer nun aber denkt, dass diese Forderungen als Vorlage für das BMF dienten, um Vereinfachungen umzusetzen und Mehreinnahmen zu erzielen, der kennt die deutsche Finanzverwaltung nicht. Der BRH stellt u. a. nunmehr fest, dass zwar auf einen Sonderbericht in 2010 hin eine Kommission zur Überarbeitung des ermäßigten Steuersatzes einberufen wurde, diese aber bis heute nicht getagt hat. Soweit Arbeitsgruppen ihre Arbeit beendet haben und Bedarf für Reformen sahen, fehlt es an der abschließenden Entscheidung hierüber. So kam eine Arbeitsgruppe in 2012 zu dem Ergebnis, dass die Besteuerung der öffentlichen Hand nicht dem Unionsrecht entspreche. Hierauf hatte der BRH schon 2004 und 2007 hingewiesen, geändert hat sich bisher noch nichts.

Konsequenz
Das BMF handelt frei nach dem Motto „wer nicht weiter weiß, bildet einen Arbeitskreis“. Entgegen allen Verlautbarungen ist nichts passiert. Soweit es Änderungen gegeben hat, beruhten diese auf dem Druck der EU oder dienten alleine der Eindämmung der Steuerhinterziehung. Eine EU-konforme Überarbeitung des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist offensichtlich nicht gewollt bzw. wird aus Rücksichtnahme auf Lobbyisten nicht angegangen. Dabei wäre gerade in der Umsatzsteuer eine Reform dringend nötig und würde auch auf Akzeptanz stoßen, da das jetzige Recht kaum noch ohne Risiken anwendbar ist. Unternehmen, die ihren umsatzsteuerlichen Pflichten nachkommen wollen, entstehen hohe Kosten, Betrüger haben dagegen leichtes Spiel. Auch wenn die Kritik des BRH massiv ist, ist mit Änderungen nicht zu rechnen. So verweist die Stellungnahme des BMF hierzu auf mangelnden politischen Konsens zur Reform des ermäßigten Steuersatzes, aber zu gegebener Zeit werde wieder darüber diskutiert. Die Ergebnisse der Bund-Länder Arbeitsgruppe zur Besteuerung der öffentlichen Hand werden nun durch übergeordnete Gremien überprüft; alles wie gehabt.