Archiv der Kategorie: Steuern & Recht

Tante haftet für Steuerrückstände ihres Neffen und dessen Ehefrau

Mit Urteil vom 22. November 2012 (Az.: 5 K 1186/12) hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz entschieden, dass eine Tante unter bestimmten Umständen Steuerrückstände ihres Neffen und dessen Ehefrau begleichen muss.In dem entschiedenen Fall wehrte sich die Klägerin gegen sog. Duldungsbescheide des Finanzamtes, mit denen sie für Steuerrückstände ihres Neffen und dessen Ehefrau in Anspruch genommen wurde. Die Klägerin hatte sich über viele Jahre bemüht, ihrem Neffen und dessen Ehefrau, die beide als selbständige Handelsvertreter tätig waren, im Rahmen ihrer Möglichkeiten finanziell zu helfen. Dennoch gerieten die finanziellen Verhältnisse des Neffen und seiner Ehefrau immer mehr in Schieflage. Dem Finanzamt schuldeten sie zuletzt fast 300.000 € und sie konnten wegen negativer Schufa-Einträge kein eigenes Konto mehr eröffnen. Daraufhin eröffnete die Klägerin bei der A-Bank ein Konto auf ihren Namen und erteilte ihrem Neffen unbeschränkte Verfügungsvollmacht. Der Neffe und seine Ehefrau wiesen ihre Auftraggeber an, Provisionen und Honorare auf dieses Konto zu überweisen. Da Vollstreckungsversuche des Finanzamtes erfolglos blieben, teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass es sich bei den Anweisungen ihres Neffen und dessen Ehefrau an die Schuldner, auf das Konto der Klägerin zu zahlen, um anfechtbare Rechtshandlungen handle und dass das Finanzamt beabsichtige, diese Rechtshandlungen anzufechten. Da nämlich die Forderungen des Neffen und seiner Ehefrau gegen ihre Auftraggeber mit der Zahlung der Auftraggeber auf das Konto der Klägerin erloschen waren, konnte das Finanzamt diese Forderungen nicht mehr pfänden. Die Klägerin eröffnete sodann bei einer anderen Bank (B-Bank) erneut ein Konto auf ihren Namen mit Verfügungsvollmacht für ihren Neffen.  Das Konto bei der A-Bank löste sie wenig später auf. Dem Konto der Klägerin bei der B-Bank wurden erneut Zahlungen für ihren Neffen bzw. dessen Ehefrau (Provisionen und Lebensversicherungen) gutgeschrieben, die der Neffe und seine Ehefrau für ihre Lebensführung verwendeten.

Das Finanzamt nahm die Klägerin – wie angekündigt – in Anspruch (mit sog. Anfechtungs- und Duldungsbescheiden) und verlangte von ihr Wertersatz. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Klägerin habe Kenntnis davon gehabt, dass ihr Neffe bzw. dessen Ehefrau in der Absicht gehandelt hätten, die Gläubiger zu benachteiligen.

Einspruch und Klage der Klägerin blieben erfolglos. Auch das FG vertrat die Auffassung, dass es sich bei den Anweisungen des Neffen und seiner Ehefrau an ihre Gläubiger, Zahlungen auf das Konto der Klägerin zu leisten, um anfechtbare Rechtshandlungen gehandelt hat. Das FG war auch davon überzeugt, dass die Klägerin ihrem Neffen und dessen Ehefrau wissentlich geholfen hat, Vermögen vor Gläubigern – insbesondere dem Finanzamt – zu schützen.

Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

24.01.2013 Finanzgericht Rheinland-Pfalz

„Dogsitter“ nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen absetzbar

Wann sind Kosten für den „Dogsitter“ absetzbar?
Quelle: Hermann Meinold@Pixelio

Der 14. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem heute veröffentlichten Urteil (14 K 2289/11 E vom 25. Mai 2012) entschieden, dass die Kosten für einen „Dogsitter“ jedenfalls dann nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen absetzbar sind, wenn die Hunde außerhalb der Wohnung und des Gartens des Steuerpflichtigen betreut werden.

Der Kläger hat zwei Hunde, für die er regelmäßig einen Betreuungsservice in Anspruch nimmt. Die Hunde wurden vom „Hundesitter“ abgeholt und auch wieder zum Kläger zurück gebracht. Eine Betreuung der Tiere in der Wohnung des Klägers oder in dessen Garten fand nicht statt. Die hierfür angefallenen Aufwendungen in Höhe von 2.750 EUR (2008) und 4.702 EUR (2009) machte der Kläger als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend. Das Finanzamt lehnte die Anerkennung ab.

Zu Recht, wie der 14. Senat jetzt entschieden hat. Zwar handele es sich bei der Tätigkeit des „Dogsitters“ grundsätzlich um eine haushaltsnahe Dienstleistung im Sinne des § 35a Abs. 2 EStG. Das Gesetz erfasse hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die üblicherweise zur Versorgung der Familie in einem Privathaushalt erbracht würden. Dazu gehörten u.a. Kochen, Wäschepflege, Einkauf von Verbrauchsgütern, Reinigung und Pflege der Räume sowie des Gartens, Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken Haushaltsangehörigen. Auch Leistungen, die für die Versorgung und Betreuung eines in den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgenommenen Hundes erbracht würden, seien demnach grundsätzlich haushaltsnah, denn Tätigkeiten wie Füttern, Fellpflege und das Ausführen des Hundes würden regelmäßig vom Steuerpflichtigen oder sonstigen Haushaltsangehörigen erledigt. Die Gewährung der Steuerermäßigung des § 35a Abs. 2 EStG scheitere im Streitfall jedoch daran, dass die konkreten Dienstleistungen nicht – wie das Gesetz verlange – „im“ Haushalt des Klägers erbracht worden seien.

Zwar hatte der 14. Senat nicht darüber zu entscheiden, ob Aufwendungen für einen „Dogsitter“, der Tiere eines Steuerpflichtigen in dessen Haus und Garten versorgt, pflegt und betreut, anzuerkennen sind – und über diese Frage hat der Senat auch nicht entschieden. Allerdings lassen die Urteilsgründe erahnen, dass ein entsprechendes Verfahren wohl zugunsten des Steuerpflichtigen ausgegangen wäre…

Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten aus sog. Termingeschäften

Hessisches Finanzgericht zur Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten aus sog. Termingeschäften

Kassel, den 18.01.2013

Hessisches Finanzgericht entscheidet zur Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten aus sog. Termingeschäften.

Alt-Verluste aus Termingeschäften, die im zeitlichen Anwendungsbereich des mittlerweile ausgelaufenen Gesetzes über die Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) entstanden sind, können nicht ohne weiteres mit Erträgen verrechnet werden, die im zeitlichen Anwendungsbereich des nunmehr gültigen Investmentsteuergesetzes (InvStG) erzielt wurden. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az. 4 K 1902/08).

Im entschiedenen Streitfall waren bei dem klagenden Sondervermögen zum Ende des Geschäftsjahres 2004/2005 Verlustvorträge in Höhe von ca. 1 Million Euro vorhanden, welche als sog. steuerlicher Merkposten intern weitergeführt worden waren. Der Verlustvortrag resultierte aus Verlusten aus Termingeschäften gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes. Diese Verluste waren im zeitlichen Anwendungsbereich des Gesetzes über die Kapitalanlagegesellschaften erzielt worden. In dem Geschäftsjahr 2004/2005 erwirtschaftete der Kläger Zinserträge in Höhe von ca. 4 Millionen Euro und beantragte die Verrechnung der oben genannten Verluste aus Termingeschäften mit Zinsen, inländischen Mieterträgen und sonstigen Erträgen gemäß § 3 Abs. 1 des Investmentsteuergesetzes.

Das Hessische Finanzgericht lehnte – wie bereits zuvor das Finanzamt – die beantragte Verlustverrechnung ab. Eine solche Verlustverrechnung komme nur auf der Grundlage des § 3 Abs. 4 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes, der eine abschließende Regelung hinsichtlich der Verlustverrechnung auf der Ebene des Fonds darstelle, in Betracht. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes seien vorliegend jedoch nicht erfüllt, weil die sich insoweit gegenüberstehenden Verluste und Erträge nach den konkreten Verhältnissen keine negativen bzw. positiven Erträge „gleicher Art“ im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes seien. Zudem enthalte das Investmentsteuergesetzes keine weitere oder darüber hinaus gehende Regelung zur Verlustverrechnung. Damit habe der Gesetzgeber die Praxis der Fondgesellschaften aufgegriffen, Einnahmen und Ausgaben bereits auf der Ebene des Sondervermögens unmittelbar miteinander zu verrechnen und insoweit auf den komplizierten Transfer der Verluste auf die Ebene des Anlegers zu verzichten.

Der Gesetzgeber habe auch nicht eine besondere Übergangsregelung hinsichtlich der Berücksichtigung von Alt-Verlusten aus Termingeschäften geschaffen, die unter dem Geltungsbereich des ausgelaufenen Gesetzes über die Kapitalanlagegesellschaften entstanden sind. Schließlich verstoße der Umstand, dass § 3 Abs. 4 des Investmentsteuergesetzes eine Verrechnung mit Alt-Verlusten aus Termingeschäften mit positiven Erträgen aus Zinsen, inländischen Mieterträgen oder sonstigen Erträgen im Sinne des Investmentsteuergesetzes nicht zulasse, auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).

Gegen das Urteil vom 14.11.2012 wurde Revision eingelegt (Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs: IX R 49/12).

Steuerliche Gestaltung mit Goldhandel

Hessisches Finanzgericht entscheidet zu einer steuerlichen Gestaltung mit Goldhandel (sog. Goldfingerfall)

Kassel, den 05.02.2013

Der steuerlichen Berücksichtigung von Verlusten aus einer Beteiligung an einem vom Steuerpflichtigen selbst gegründeten britischen Unternehmen scheidet nur dann nach § 15 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus, wenn auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, gezielt zeitweilig Verluste zu nutzen. Das hat das Hessische Finanzgericht klargestellt (Az. 11 K 3175/09).

Der Kläger hatte in Großbritannien ein Unternehmen gegründet, das sich nach seiner Satzung mit dem Handel von Edelmetallen, Rohstoffen und Wertpapieren beschäftigte. Das Unternehmen erwarb im ersten Jahr seiner Tätigkeit in erheblichem Umfang Goldbarren. In der Einkommensteuererklärung begehrte der Kläger erfolglos die Berücksichtigung eines Verlustanteils aus der Unternehmensbeteiligung im Wege des sog. negativen Progressionsvorbehalts nach § 32 b EStG. Der Verlust ergab sich dabei insbesondere aus dem vom Kläger angesetzten sofortigen Betriebsausgabenabzug der Anschaffungskosten der erworbenen Goldbarren als Umlaufvermögen nach § 4 Abs. 3 EStG.

Das Hessische Finanzgericht entschied, dass das Besteuerungsrecht der Einkünfte des Klägers aus seiner Beteiligung an dem britischen Unternehmen bei der Bundesrepublik Deutschland liege. Denn nach den konkreten Verhältnissen liege im Streitjahr lediglich eine vermögensverwaltende Tätigkeit vor. Aufgrund der gewerblichen Prägung des ausländischen Unternehmens erziele der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb und sei dabei auch nicht an der Ausübung eines Wahlrechts zur Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG gehindert. Denn die Pflicht zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich habe nur nach britischem Recht, nicht aber nach deutschem Recht bestanden.

Der zutreffenden Verlustermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG stehe auch das Abzugsverbot für sog. Steuerstundungsmodelle nach § 15 b EStG nicht entgegen. Vorliegend handele es sich nämlich nicht um eine modellhafte Gestaltung aufgrund eines vorgefertigten Vertragskonzepts. Vielmehr habe die Gründung des britischen Unternehmens auf einer hinreichend individuellen Gestaltung des Klägers beruht. Zwar habe sich der Kläger jeweils im Vorfeld durch Rechtsanwälte, Steuerberater und Banken beraten lassen. Jedoch liege in einer beratungsbegleiteten, eigenen Umsetzung einer die steuerliche Belastung minimierenden Idee noch keine Nutzung eines in den wesentlichen Strukturen vorhandenen Konzeptes eines Dritten.

Gegen das Urteil vom 15.11.2012 wurde Revision eingelegt (Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs: I R 3/13).

Beginn der Dreimonatsfrist für pauschale Verpflegungsmehraufwendungen in den sog. Wegverlegungsfällen

Beginn der Dreimonatsfrist für pauschale Verpflegungsmehraufwendungen in den sog. Wegverlegungsfällen. Die Beteiligten stritten über die Frage, ob im Fall der Wegverlegung des Lebensmittelpunkts vom Beschäftigungsort unter Beibehaltung der Wohnung am Beschäftigungsort für die ersten drei Monate der doppelten Haushaltsführung pauschale Verpflegungsmehraufwendungen geltend gemacht werden können. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf – entgegen den Lohnsteuerrichtlinien der Finanzverwaltung – bejaht. Die Dreimonatsfrist für längerfristige vorübergehende Tätigkeiten an derselben Tätigkeitsstätte habe erst mit der Umwidmung der Wohnung am Beschäftigungsort in eine Zweitwohnung zu laufen begonnen, so dass sie der Inanspruchnahme von Verpflegungsmehraufwendungen nicht entgegenstehe. Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof ebenfalls zugelassen.

 

Finanzgericht Düsseldorf, 15 K 318/12 E

Datum:
09.01.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 318/12 E
Tenor:

Der Bescheid für 2008 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 22.12.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.12.2011 wird dergestalt geändert, dass weitere Werbungskosten in Höhe von EUR 1.272 berücksichtigt werden.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand

2Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger während der ersten drei Monate einer unstreitig vorliegenden doppelten Haushaltsführung Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand zustehen.

3Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

4Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Angestellter Z-Stadt. Er hatte bereits vor dem Streitjahr mehrere Jahre am Beschäftigungsort Z-Stadt in der Z-Straße gewohnt. Nach ihrer Eheschließung am 08.05.2008 begründeten die Kläger ihren Familienwohnsitz in der Y-Straße in Y-Stadt. Die Wohnung am Beschäftigungsort behielt der Kläger als Zweitwohnung bei.

5In der Einkommensteuererklärung 2008 machte er für den Zeitraum vom 09.06. (Tag der polizeilichen Meldung in Y-Stadt) bis zum 31.12.2008 Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Er begehrte insbesondere den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von 24 Stunden für 53 Tage i.H.v. EUR 1.272.

6Der Beklagte verweigerte insoweit den Werbungskostenabzug unter Hinweis auf die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Sätze 5 und 6 des Einkommensteuergesetzes -EStG- (Einkommensteuerbescheid vom 27.01.2010). Mehraufwendungen für Verpflegung dürften zwar grundsätzlich für die ersten drei Monate nach Begründung einer doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden. Da der Kläger aber bereits vorher länger als drei Monate am Beschäftigungsort gewohnt habe, sei die Dreimonatsfrist zum Zeitpunkt der Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits abgelaufen gewesen.

7Hiergegen wandten sich die Kläger mit dem Einspruch. Sie vertraten die Auffassung, die Regelung in R 9.11 Abs. 7 Satz 5 der Lohnsteuer-Richtlinien -LStR- widerspreche den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH- zu den sog. Wegverlegungsfällen. Danach liege eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer nach der Eheschließung seinen Haupthausstand vom Beschäftigungsort wegverlege und seine Wohnung am Beschäftigungsort als Zweitwohnung beibehalte. Auch in diesen Fällen zähle der BFH den Verpflegungsmehraufwand zu den typischen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung.

8Nachdem der Beklagte am 02.03.2010, 05.08.2011 und 22.12.2011 andere Streitpunkte betreffende Änderungsbescheide erlassen hatte, wies er den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 22.12.2011 als unbegründet zurück. Entstehe die doppelte Haushaltsführung durch die Wegverlegung des Lebensmittelpunktes vom Beschäftigungsort unter Beibehaltung der Wohnung am Beschäftigungsort, könnten auch während der ersten drei Monate nach Begründung der doppelten Haushaltsführung keine Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt werden. Denn der Zweck des Werbungskostenabzugs würde dadurch verfehlt. Durch die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen solle dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der Steuerpflichtige mit dem Einzug in eine neue Wohnung auf eine geänderte Verpflegungssituation einstellen müsse und ihm erfahrungsgemäß deshalb vorübergehend zusätzliche Kosten entstünden. Dies treffe jedoch nicht auf Steuerpflichtige zu, die bereits vor Begründung der doppelten Haushaltsführung am Beschäftigungsort gewohnt hätten. Die Dreimonatsfrist beginne nicht mit der Wegverlegung des Lebensmittelpunktes vom Beschäftigungsort, sondern mit dem Einzug in die Wohnung am Beschäftigungsort.

9Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und wiederholen ihre im Verwaltungsverfahren vertretene Rechtsauffassung. Ergänzend verweisen sie auf die Entscheidung des BFH vom 08.07.2010 VI R 15/09, -Bundessteuerblatt- BStBl II 2011, 47, gemäß der es für die Abziehbarkeit von Verpflegungsmehraufwendungen nicht darauf ankomme, ob dem Steuerpflichtigen die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort bekannt gewesen sei.

10Die Kläger beantragen,

11den Bescheid für 2008 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 22.12.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.12.2011 zu ändern und dem Beklagten aufzugeben, die Einkommensteuer um EUR 602 herabzusetzen sowie die Festsetzung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer entsprechend anzupassen,

12hilfsweise, die Revision zuzulassen.

13Der Beklagte beantragt,

14die Klage abzuweisen,

15hilfsweise, die Revision zuzulassen.

16Er verweist auf die Begründung der Einspruchsentscheidung.

17Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Klagevorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.

18Entscheidungsgründe

19Die Klage ist begründet.

20Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-), denn der Beklagte hat zu Unrecht die von den Klägern geltend gemachten Mehraufwendungen für Verpflegung innerhalb der ersten drei Monate der doppelten Haushaltsführung i.H.v. EUR 1.272 nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

21Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG i. d. F. des Streitjahres 2008 grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Wird der Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig (sog. Dienstreise), so ist nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzuziehen. Nach Satz 5 beschränkt sich bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug auf die ersten drei Monate (sog. Dreimonatsfrist). Gemäß Satz 6 gelten die Abzugsbeschränkungen nach Satz 1, die Pauschbeträge nach Satz 2 sowie die Dreimonatsfrist nach Satz 5 auch für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung. Nach § 9 Abs. 5 EStG sind die aufgeführten Regelungen bei der Ermittlung der Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit sinngemäß anzuwenden.

22§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 1. Hs. EStG legt der Höhe nach für die Abzugsfähigkeit der Mehraufwendungen für Verpflegung Pauschbeträge fest;wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, ist für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt

23a) 24 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von EUR 24,

24b) weniger als 24 Stunden, aber mindestens 14 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von EUR 12,

25c) weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von EUR 6

26abzuziehen.

27Dem Kläger standen danach für die ersten drei Monate seiner doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach Mehraufwendungen für Verpflegung zu,und zwar in Höhe der geltend gemachten Pauschbeträge von EUR 1.272.

28Dass der Kläger im Streitjahr 2008 in Z-Stadt eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung hatte, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.

29Die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG hat mit der Umwidmung der bisherigen Wohnung des Klägers in Z-Stadt in eine – neben der Ehewohnung in Y-Stadt bestehende – Zweitwohnung am 09.06.2008 zu laufen begonnen. Dem Kläger stehen daher für 53 Tage mit Abwesenheitszeiten von seiner Wohnung in Y-Stadt von 24 Stunden die geltend gemachten Pauschbeträge i.H.v. jeweils EUR 24 zu.

30Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger unmittelbar vor dem 09.06.2008 bereits mehrere Jahre in der Zweitwohnung in Z-Stadt gewohnt hatte. Denn die Dauer eines unmittelbar der Begründung des Zweithaushaltes am Beschäftigungsort vorausgegangenen Aufenthalts am Ort des Zweithaushalts ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf die Dreimonatsfrist anzurechnen.

31Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG. Die Regelung beschränkt den pauschalen Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte auf die ersten drei Monate der aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung. Begründet wird eine doppelte Haushaltsführung in der Regel mit Bezug der Zweitwohnung am Beschäftigungsort. Dies gilt jedoch nicht für die sog. Wegverlegungsfälle, in denen die doppelte Haushaltsführung dadurch entsteht, dass ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand vom Beschäftigungsort wegverlegt und darauf – durch Umwidmung seiner bisherigen Hauptwohnung – einen Zweithaushalt am Beschäftigungsort errichtet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können. In diesen Fällen wird die doppelte Haushaltsführung mit der Umwidmung der bisherigen Hauptwohnung des Steuerpflichtigen in eine Zweitwohnung begründet (vgl. BFH-Urteil vom 05.03.2009 VI R 58/06, BStBl II 2009, 1012). Mit dem Zeitpunkt der Umwidmung beginnt die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG zu laufen.

32Die Ansicht des Beklagten, die Dreimonatsfrist beginne in Wegverlegungsfällen mit dem – zum Teil weit vor der Begründung der doppelten Haushaltsführung liegenden – Bezug der Zweitwohnung am Beschäftigungsort, widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes, denn die ersten drei Monate nach Bezug der Zweitwohnung sind gerade nicht mit den ersten drei Monaten der doppelten Haushaltsführung identisch. Der Inhalt der Richtlinie 9.11 Abs. 7 Satz 5 LStR, gemäß dem in Wegverlegungsfällen notwendige Verpflegungsmehraufwendungen nur vorliegen, wenn und soweit der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort vor Begründung des Zweithaushaltes nicht bereits drei Monate gewohnt habe und die Dauer eines unmittelbar der Begründung des Zweithaushaltes vorausgegangenen Aufenthalts an diesem Ort auf die Dreimonatsfrist anzurechnen sei, hat keinen Eingang ins Gesetz gefunden.

33Die Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG nach dem Gesetzeszweck, wie er in den Gesetzesmaterialien niedergelegt ist, bestätigt das Ergebnis der Wortlautauslegung.

34Die Vorschrift ist durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I Seite 1250) umfassend neu gestaltet worden. Dabei verfolgte der Gesetzgeber erklärtermaßen das Ziel, allen Steuerpflichtigen mit Auswärtstätigkeiten die gleichen Pauschalen zuzumessen und dadurch zur steuerlichen Gleichbehandlung und zur Vereinfachung des Steuerrechts beizutragen. Zuvor bestehende Abgrenzungsprobleme zwischen Dienstreise, Einsatzwechseltätigkeit, Fahrtätigkeit und doppelter Haushaltsführung sollten beseitigt und allgemein die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nach Ablauf eines Dreimonatszeitraums ausgeschlossen werden (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs in den Bundestagsdrucksachen -BT-Drucks.- 13/901, S. 129, und 13/1558, S. 143). Die Regelung der Dreimonatsfrist beruht auf der allgemeinen Unterstellung des Gesetzgebers, dass die Steuerpflichtigen nach der typisierten Übergangszeit regelmäßig eine Verpflegungssituation vorfinden, die keine beruflich veranlassten Mehraufwendungen mehr verursacht (BT-Drucks. 13/901, S. 129).

35Nach diesen Gesetzesmaterialien geht das Argument des Beklagten, die Berücksichtigung pauschalen Verpflegungsmehraufwands sei zu versagen, weil sich der Kläger nicht auf eine geänderte Verpflegungssituation habe einstellen und keine zusätzlichen Kosten habe tragen müssen, fehl. Denn der Gesetzgeber hat mit der Bestimmung in § 4 Abs. 5 Nr. Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG nicht nur – in verfassungsgemäßer Weise(BFH-Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32) – eine Typisierung dahin gehend vorgenommen, dassnach Ablauf der Dreimonatsfrist ein weiterer Abzug von Verpflegungsmehraufwand ausscheiden soll, da nach dieser Frist dem Steuerpflichtigen typischerweise kein Mehraufwand dieser Art mehr entstehe, weil er die Verpflegungssituation kenne, die Höhe der Kosten beeinflussen und damit einen „Mehr“-Aufwand minimieren oder sogar vermeiden könne. Er hat vielmehr zugleich zum Ausdruck gebracht, dass generell bei Begründung einer jeden Auswärtstätigkeit – also auch bei Begründung einer doppelten Haushaltsführung durch Wegverlegung des Haupthausstandes vom Beschäftigungsort und Umwidmung der bisherigen Hauptwohnung in einen Zweithaushalt – typisierend die Pauschbeträge je nach konkreter Abwesenheitszeitzu gewähren sind, ohne dass insoweit auf die jeweilige konkrete Verpflegungssituation des einzelnen Steuerpflichtigen abzustellen wäre. Eine Prüfung, ob im Einzelfall tatsächlich Verpflegungsmehraufwendungen entstanden sind, soll gerade nicht stattfinden. Dass von dem Abzug der Pauschbeträge damit ausnahmsweise auch Steuerpflichtige profitieren, denen die Verpflegungssituation am Zweitwohnort bei Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits bekannt war, hat der Gesetzgeber zugunsten der steuerlichen Gleichbehandlung aller Auswärtstätigkeiten und der Vereinfachung des Steuerrechts in Kauf genommen. Denn eine den Abzug von Verpflegungsmehraufwand ausnahmsweise einschränkende Regelung wie in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 6 EStG a. E., gemäß der die Dauer einer Dienstreise an den Beschäftigungsort auf die Dreimonatsfrist anzurechnen ist, wenn die Dienstreise der doppelten Haushaltsführung unmittelbar vorausgegangen ist, hat er für die Wegverlegungsfälle nicht getroffen.

36Von den vorgenannten Erwägungen hat sich auch der BFH in einem Fall leiten lassen, in dem ein Steuerpflichtiger, der nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung erneut eine doppelte Haushaltsführung am früheren Beschäftigungsort in der früheren Zweitwohnung begründet hatte, Verpflegungsmehraufwendungen geltend machte. Der BFH ließ den wiederholten Abzug der Pauschbeträge mit der Begründung zu, dass es für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen nicht darauf ankomme, ob dem Kläger die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort bekannt gewesen sei; der Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung während der Dreimonatsfrist sei generell von der konkreten Verpflegungssituation unabhängig (BFH-Urteil vom 08.07.2010 VI R 15/09, BStBl II 2011, 47 mit Verweis auf BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 12/04, BStBl II 2006, 267; so auch Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 9 Rn. 1100). Diese Überlegungen, denen sich der Senat anschließt, sind auf Wegverlegungsfälle uneingeschränkt übertragbar. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung des Beklagten steht dem nicht entgegen, dass in dem vom BFH (Urteil vom 08.07.2010 VI R 15/09, a. a. O.) entschiedenen Fall der Beendigung und Neubegründung einer doppelten Haushaltsführung die Zweitwohnung einige Monate (zehn) ungenutzt geblieben war. Denn dies ändert nichts an der mit den Wegverlegungssachverhalten vergleichbaren Situation, dass dem Steuerpflichtigen die Verpflegungssituation am Zweitwohnort bei der erneuten Begründung der doppelten Haushaltsführung bestens bekannt war.

37Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§151 Abs.3, 155 FGO i.V.m. §§708 Nr.10, 711 der Zivilprozessordnung.

39Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.

Abgrenzung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit eines EDV-Beraters

Zur Abgrenzung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit, hier: Tätigkeit eines EDV-Beraters

Finanzgericht Düsseldorf, 13 K 856/09 G

Datum:
30.08.2011
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 856/09 G
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

 

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

1Gründe:

2I.

3Streitig ist, ob der Kläger mit seinen Einkünften der Gewerbesteuer unterliegt.

4Der Kläger ist als selbständiger EDV – Berater tätig. Er hat weder einen Hochschulabschluss noch einen Fachhochschulabschluss. Der Beklagte sah die Tätigkeit als gewerblich an. Er setzte wegen dieser Einkünfte Gewerbesteuermessbeträge entsprechend der vom Kläger eingereichten Gewerbesteuererklärungen fest. Gegen den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2006 vom 21.2.2008 legte der Kläger am 26.2.2008 Einspruch ein. Er trug zur Begründung vor, er übe seine Tätigkeit auch weiterhin unverändert aus, es handele sich aber nicht um eine gewerbliche, sondern um eine selbständige Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Es sei eine der Tätigkeit eines Ingenieurs oder Diplominformatikers vergleichbare Tätigkeit. Er verfüge über theoretische Kenntnisse, die mit denen eines

5Diplom- Ingenieurs, Diplom- Wirtschaftsinformatikers oder Diplom- Informatikers vergleichbar seien.

6Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 5.2.2009) trägt der Kläger zur Begründung seiner Klage vor:

7Aus dem von ihm vorgelegten Gutachten des „C“ ergebe sich, dass er über theoretische Kenntnisse verfüge, die in ihrer Breite und Tiefe denjenigen entsprächen, die ein an einer Hochschule oder Fachhochschule ausgebildeter Diplom – Informatiker oder Ingenieur habe. Das Gutachten bestätige zudem, dass die ausgeübte Tätigkeit in wesentlichen Elementen und ganz überwiegend mit der Tätigkeit eines Ingenieurs vergleichbar sei.

8Der Kläger beantragt,

9den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2006 vom 21.2.2008 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.

10Der Beklagte beantragt,

11die Klage abzuweisen.

12Zur Begründung trägt er vor:

13Das vorgelegte Gutachten des „C“ sei nicht von einem gerichtlich bestellten, unabhängigen Sachverständigen gefertigt worden. Es sei zweifelhaft, ob die dem Kläger ausweislich des Gutachtens von „C“ (Seite 22) attestierten Mängel in den Kenntnissen der theoretischen Grundlagen der Informatik und der Mathematik tatsächlich nur geringfügige Abweichungen von dem Wissen eines Diplominformatikers oder Ingenieurs darstellten.

14Nach Anhörung der Beteiligten hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, das am 16.7.2010 vorgelegt worden ist und auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. In dem Gutachten haben die Sachverständigen im Wesentlichen die Ausbildungsinhalte der in Frage kommenden Studiengänge zum Diplom- Informatiker (FH), zum Diplom- Wirtschaftsinformatiker (FH) oder zum Diplom- Ingenieur Elektrotechnik (FH) aufgefächert und überprüft, ob und wenn ja welche dieser Inhalte durch die vom Kläger dargelegten praktischen Tätigkeiten und Aus- und Fortbildungen als abgedeckt angesehen werden können. Sie sind zu dem Ergebnis gelangt, dass Kenntnisse in den mathematisch – technischen sowie den wirtschaftswissenschaftlichen Grundlagen durch die vorgelegten Unterlagen nicht nachgewiesen seien. Zudem fehle in Gänze der Nachweis der Befähigung zu wissenschaftlichem Arbeiten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.11.2010 haben die Sachverständigen ihr Gutachten gegenüber den Beteiligten weiter erläutert, wegen der Erläuterungen im Einzelnen wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin beantragt, den Kläger einer Wissensprüfung durch die Gutachter unterziehen zu lassen. Mit Beweisbeschluss vom 30.11.2010 sind die Gutachter mit der Durchführung der Wissensprüfung beauftragt worden. Die Wissensprüfung ist am 17.5.2011 durchgeführt worden und hat zu dem Ergebnis geführt, dass der Kläger auch weiterhin die erforderlichen theoretischen Kenntnisse nicht hat nachweisen können.

15Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

16II.

17Die Klage ist unbegründet.

18Der angefochtene Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO–). Der Kläger übt keine freiberufliche Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 EStG aus, sondern ist gewerblich tätig.

19Freiberufliche Einkünfte erzielt unter anderem, wer selbständig einen der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aufgeführten sog. “Katalogberufe“ oder eine einem Katalogberuf ähnliche Tätigkeit ausübt. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht. Er übt weder den Beruf eines Ingenieurs noch eine diesem Beruf ähnliche Tätigkeit aus.

20Wie der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, ist „Ingenieur“ nur derjenige, der wegen der Prägung des Berufsbildes des Ingenieurs durch die Ingenieurgesetze der Bundesländer aufgrund eines Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule, einer Ingenieurschule oder eines Betriebsführerlehrganges an einer Bergschule befugt ist, die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ zu führen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Februar 2006 IV R 27/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2006, 1270 und BFH- Urteil vom 18. April 2007 XI R 29/06, Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFHE – 218, 65, Bundessteuerblatt – BStBl II 2007, 781, beide mit weiteren Nachweisen). Der Kläger gehört nicht zu diesem Personenkreis, weil er über keinen der oben genannten Berufsabschlüsse verfügt.

21Der Kläger übt keine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit aus.

22Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, kann ein Diplom-Informatiker eine dem Ingenieur ähnliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausüben. Das Studium der Informatik an einer (Fach-)Hochschule ist dem der traditionellen Ingenieurwissenschaften gleichwertig, auch wenn das Ingenieurstudium im Grundsatz allgemeiner sein kann (BFH-Urteil vom 28. Januar 1993 IV R 105/92, BFH/NV 1994, 613; BFH- Urteil vom 4. August 1983 IV R 6/80, BFHE 139, 84, BStBl II 1983, 677; BFH- Urteil vom 7. Dezember 1989 IV R 115/87, BFHE 159, 171, BStBl II 1990, 337; BFH-Urteil vom 4. Mai 2004 XI R 9/03, BFHE 206, 233, BStBl II 2004, 989; BFH- Urteil vom 18. April 2007 XI R 29/06, BFHE 218 65, BStBl II 2007, 781). Die vorstehenden Grundsätze sind zur Überzeugung des Senates auf den Abschluss eines Diplom – Wirtschaftsinformatikers übertragbar.

23Nach der vorzitierten Rechtsprechung des BFH kann aber nur der eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit ausüben, der entweder über einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss als Diplom- Informatiker oder Diplom – Wirtschaftsinformatiker verfügt oder Kenntnisse nachweist, die in Tiefe und Breite mit dem Wissen eines Fachhochschul- oder Hochschulabsolventen der vorgenannten Studiengänge vergleichbar sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 31. August 2005 XI R 62/04, BFH/NV 2006, 505; BFH- Urteil vom 9. Februar 2006 IV R 27/05, BFH/NV 2006, 1270 und BFH- Urteil vom 18. April 2007 XI R 29/06, BFHE 218 65, BStBl II 2007, 781, jeweils mit weiteren Nachweisen).

24Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.

25Er hat kein abgeschlossenes Studium. Er hat den Senat auch nicht davon überzeugen (vgl. § 96 FGO) können, dass er sich das Wissen eines Diplom-Informatikers/Diplom – Wirtschaftsinformatikers in vergleichbarer Breite und Tiefe auf andere Weise angeeignet hat.

26Der Senat hat ein Gutachten erstellen lassen. Darin haben die Sachverständigen ausgeführt, dass aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen nur auf das Vorhandensein eines Teils der erforderlichen theoretischen Kenntnisse geschlossen werden könne, ein erheblicher Teil (zwischen 42% und 75% je nach Vergleichsabschluss) aber als nicht nachgewiesen anzusehen sei. Sie haben dieses Ergebnis methodisch gut nachvollziehbar hergeleitet, indem sie die im Studium zum Diplom- Informatiker / Diplom – Wirtschaftsinformatiker und zum Ingenieur für Elektrotechnik zu absolvierenden Pflichtveranstaltungen aufgelistet und anschließend überprüft haben, ob und in welchem Umfang aus den vorgelegten Unterlagen des Klägers auf Kenntnisse geschlossen werden kann, die den in den einzelnen Veranstaltungen vermittelten Studieninhalten vergleichbar sind. Hierbei sind sie zu dem Ergebnis gelangt, dass für den Studiengang Wirtschaftsinformatik je nach dem, welcher der drei exemplarischen Studienverläufe ausgewählt wird, zwischen ca. 42 % bis ca. 57,5 % der im Studium vermittelten theoretischen Grundlagen durch die Unterlagen des Klägers nicht belegt sind. Für den Studiengang Diplom – Informatik sind sie zu dem Ergebnis gelangt, dass mindestens ca. 50 % der im Studium vermittelten theoretischen Grundlagen durch die Unterlagen des Klägers nicht belegt sind. Für den Studiengang Diplom – Elektrotechnik sind sie sogar zu dem Ergebnis gelangt, dass mindestens ca. 75 % der im Studium vermittelten theoretischen Grundlagen durch die Unterlagen des Klägers nicht belegt sind.

27Besonderer Bedeutung kommt aus Sicht des Senates in diesem Zusammenhang der Feststellung im Gutachten zu, dass aus den vorgelegten Unterlagen auf mathematisch – technische Grundkenntnisse nicht geschlossen werden könne. Solche Kenntnisse müssen aber, wie die Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.10.2010 ergänzend erläutert haben, in allen vom Kläger genannten Studiengängen zumindest in einem mit “ausreichend“ zu bewertenden Umfang vorhanden sein, um die jeweiligen Berufsabschlüsse erreichen zu können. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Einschätzung der Relevanz solchen Wissens seitens der Sachverständigen zutreffend ist, da sie als Fachhochschulprofessoren in den entsprechenden Studiengängen unterrichten und auch der Kläger dieser Einschätzung nicht entgegengetreten ist, sondern eine Wissensprüfung beantragt hat.

28Dem Einwand des Klägers im Schriftsatz vom 25.10.2010, das Gutachten sei teilweise nicht nachvollziehbar, teilweise unvollständig und teilweise unzutreffend, tritt das Gericht nicht bei. Dass das Gutachten nachvollziehbar und folgerichtig ist, wurde bereits ausgeführt (siehe oben). Die auf Antrag des Klägers durchgeführte Wissensprüfung hat die Feststellung der Sachverständigen, dass der Kläger die erforderlichen theoretischen Kenntnisse nicht darlegen und nachweisen kann, nicht widerlegt, sondern bestätigt.

29Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 FGO.

Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung

Finanzgericht Düsseldorf erweitert Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung

01. Februar 2013
Das Finanzgericht Düsseldorf (Az.: 15 K 318/12 E) widerspricht bei der Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nach Begründung einer doppelten Haushaltsführungin den sogenannten „Wegverlegungsfällen“ der Auffassung der Finanzverwaltung. 

Der Kläger des Verfahrens wohnte und arbeitete zunächst mit Hauptwohnsitz in Düsseldorf. Nachdem er seine jetzige Frau kennenlernte, zog er in eine Kleinstadt am Niederrhein und verlegte dorthin seinen Hauptwohnsitz. Die Wohnung am Beschäftigungsort behielt er als Zweitwohnung bei. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger u.a. für die ersten drei Monate nach seinem Umzug Verpflegungsmehraufwendungen geltend. Das Finanzamt verweigerte den Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen, weil der Kläger bereits vor dem Umzug länger als drei Monate in Düsseldorf gewohnt und seinen Wohnsitz von dort „wegverlegt“ habe.

 

Mehraufwendungen für die Verpflegung können im Fall der Begründung einer doppelten Haushaltsführung in den ersten drei Monaten geltend gemacht werden (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 1, 2, 5 und 6 EStG). Dem steht nach Ansicht des Finanzgerichts Düsseldorf nicht entgegen, dass ein Steuerpflichtiger vor der Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits länger am Beschäftigungsort gewohnt hat. Die Ansicht der Finanzverwaltung (Richtlinie 9.11 Abs. 7 Satz 5 Lohnsteuerrichtlinien 2011), wonach die Dauer eines der doppelten Haushaltsführung vorausgegangenen Aufenthalts am Beschäftigungsort auf die Dreimonatsfrist anzurechnen sei, widerspreche dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Gesetzes. In den gesetzlichen Regelungen zum Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen habe der Gesetzgeber eine typisierende Regelung getroffen, dass generell bei Begründung einer Auswärtstätigkeit – also auch bei Begründung einer doppelten Haushaltsführung durch Wegverlegung des Hauptwohnsitzes vom Beschäftigungsort und Umwidmung der bisherigen Erstwohnung in einen Zweithaushalt – die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen zu gewähren sind.

Der vollständige Entscheidungstext kann in neutralisierter Form abgerufen werden in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE.

 

Finanzgericht Düsseldorf, 15 K 318/12 E

Datum:
09.01.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 318/12 E
Tenor:

Der Bescheid für 2008 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 22.12.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.12.2011 wird dergestalt geändert, dass weitere Werbungskosten in Höhe von EUR 1.272 berücksichtigt werden.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand

2Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger während der ersten drei Monate einer unstreitig vorliegenden doppelten Haushaltsführung Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand zustehen.

3Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

4Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Angestellter Z-Stadt. Er hatte bereits vor dem Streitjahr mehrere Jahre am Beschäftigungsort Z-Stadt in der Z-Straße gewohnt. Nach ihrer Eheschließung am 08.05.2008 begründeten die Kläger ihren Familienwohnsitz in der Y-Straße in Y-Stadt. Die Wohnung am Beschäftigungsort behielt der Kläger als Zweitwohnung bei.

5In der Einkommensteuererklärung 2008 machte er für den Zeitraum vom 09.06. (Tag der polizeilichen Meldung in Y-Stadt) bis zum 31.12.2008 Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung geltend. Er begehrte insbesondere den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer Abwesenheit von 24 Stunden für 53 Tage i.H.v. EUR 1.272.

6Der Beklagte verweigerte insoweit den Werbungskostenabzug unter Hinweis auf die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Nr. 5 Sätze 5 und 6 des Einkommensteuergesetzes -EStG- (Einkommensteuerbescheid vom 27.01.2010). Mehraufwendungen für Verpflegung dürften zwar grundsätzlich für die ersten drei Monate nach Begründung einer doppelten Haushaltsführung berücksichtigt werden. Da der Kläger aber bereits vorher länger als drei Monate am Beschäftigungsort gewohnt habe, sei die Dreimonatsfrist zum Zeitpunkt der Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits abgelaufen gewesen.

7Hiergegen wandten sich die Kläger mit dem Einspruch. Sie vertraten die Auffassung, die Regelung in R 9.11 Abs. 7 Satz 5 der Lohnsteuer-Richtlinien -LStR- widerspreche den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH- zu den sog. Wegverlegungsfällen. Danach liege eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer nach der Eheschließung seinen Haupthausstand vom Beschäftigungsort wegverlege und seine Wohnung am Beschäftigungsort als Zweitwohnung beibehalte. Auch in diesen Fällen zähle der BFH den Verpflegungsmehraufwand zu den typischen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung.

8Nachdem der Beklagte am 02.03.2010, 05.08.2011 und 22.12.2011 andere Streitpunkte betreffende Änderungsbescheide erlassen hatte, wies er den Einspruch der Kläger mit Einspruchsentscheidung vom 22.12.2011 als unbegründet zurück. Entstehe die doppelte Haushaltsführung durch die Wegverlegung des Lebensmittelpunktes vom Beschäftigungsort unter Beibehaltung der Wohnung am Beschäftigungsort, könnten auch während der ersten drei Monate nach Begründung der doppelten Haushaltsführung keine Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt werden. Denn der Zweck des Werbungskostenabzugs würde dadurch verfehlt. Durch die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen solle dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich der Steuerpflichtige mit dem Einzug in eine neue Wohnung auf eine geänderte Verpflegungssituation einstellen müsse und ihm erfahrungsgemäß deshalb vorübergehend zusätzliche Kosten entstünden. Dies treffe jedoch nicht auf Steuerpflichtige zu, die bereits vor Begründung der doppelten Haushaltsführung am Beschäftigungsort gewohnt hätten. Die Dreimonatsfrist beginne nicht mit der Wegverlegung des Lebensmittelpunktes vom Beschäftigungsort, sondern mit dem Einzug in die Wohnung am Beschäftigungsort.

9Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und wiederholen ihre im Verwaltungsverfahren vertretene Rechtsauffassung. Ergänzend verweisen sie auf die Entscheidung des BFH vom 08.07.2010 VI R 15/09, -Bundessteuerblatt- BStBl II 2011, 47, gemäß der es für die Abziehbarkeit von Verpflegungsmehraufwendungen nicht darauf ankomme, ob dem Steuerpflichtigen die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort bekannt gewesen sei.

10Die Kläger beantragen,

11den Bescheid für 2008 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 22.12.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.12.2011 zu ändern und dem Beklagten aufzugeben, die Einkommensteuer um EUR 602 herabzusetzen sowie die Festsetzung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer entsprechend anzupassen,

12hilfsweise, die Revision zuzulassen.

13Der Beklagte beantragt,

14die Klage abzuweisen,

15hilfsweise, die Revision zuzulassen.

16Er verweist auf die Begründung der Einspruchsentscheidung.

17Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Klagevorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.

18Entscheidungsgründe

19Die Klage ist begründet.

20Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-), denn der Beklagte hat zu Unrecht die von den Klägern geltend gemachten Mehraufwendungen für Verpflegung innerhalb der ersten drei Monate der doppelten Haushaltsführung i.H.v. EUR 1.272 nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

21Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen sind nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG i. d. F. des Streitjahres 2008 grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Wird der Steuerpflichtige jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig (sog. Dienstreise), so ist nach Satz 2 der Vorschrift für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter Pauschbetrag abzuziehen. Nach Satz 5 beschränkt sich bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug auf die ersten drei Monate (sog. Dreimonatsfrist). Gemäß Satz 6 gelten die Abzugsbeschränkungen nach Satz 1, die Pauschbeträge nach Satz 2 sowie die Dreimonatsfrist nach Satz 5 auch für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer aus betrieblichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung. Nach § 9 Abs. 5 EStG sind die aufgeführten Regelungen bei der Ermittlung der Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit sinngemäß anzuwenden.

22§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 1. Hs. EStG legt der Höhe nach für die Abzugsfähigkeit der Mehraufwendungen für Verpflegung Pauschbeträge fest;wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, ist für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt

23a) 24 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von EUR 24,

24b) weniger als 24 Stunden, aber mindestens 14 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von EUR 12,

25c) weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von EUR 6

26abzuziehen.

27Dem Kläger standen danach für die ersten drei Monate seiner doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach Mehraufwendungen für Verpflegung zu,und zwar in Höhe der geltend gemachten Pauschbeträge von EUR 1.272.

28Dass der Kläger im Streitjahr 2008 in Z-Stadt eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung hatte, ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.

29Die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG hat mit der Umwidmung der bisherigen Wohnung des Klägers in Z-Stadt in eine – neben der Ehewohnung in Y-Stadt bestehende – Zweitwohnung am 09.06.2008 zu laufen begonnen. Dem Kläger stehen daher für 53 Tage mit Abwesenheitszeiten von seiner Wohnung in Y-Stadt von 24 Stunden die geltend gemachten Pauschbeträge i.H.v. jeweils EUR 24 zu.

30Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger unmittelbar vor dem 09.06.2008 bereits mehrere Jahre in der Zweitwohnung in Z-Stadt gewohnt hatte. Denn die Dauer eines unmittelbar der Begründung des Zweithaushaltes am Beschäftigungsort vorausgegangenen Aufenthalts am Ort des Zweithaushalts ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf die Dreimonatsfrist anzurechnen.

31Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG. Die Regelung beschränkt den pauschalen Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte auf die ersten drei Monate der aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung. Begründet wird eine doppelte Haushaltsführung in der Regel mit Bezug der Zweitwohnung am Beschäftigungsort. Dies gilt jedoch nicht für die sog. Wegverlegungsfälle, in denen die doppelte Haushaltsführung dadurch entsteht, dass ein Steuerpflichtiger seinen Haupthausstand vom Beschäftigungsort wegverlegt und darauf – durch Umwidmung seiner bisherigen Hauptwohnung – einen Zweithaushalt am Beschäftigungsort errichtet, um von dort seiner bisherigen Beschäftigung weiter nachgehen zu können. In diesen Fällen wird die doppelte Haushaltsführung mit der Umwidmung der bisherigen Hauptwohnung des Steuerpflichtigen in eine Zweitwohnung begründet (vgl. BFH-Urteil vom 05.03.2009 VI R 58/06, BStBl II 2009, 1012). Mit dem Zeitpunkt der Umwidmung beginnt die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG zu laufen.

32Die Ansicht des Beklagten, die Dreimonatsfrist beginne in Wegverlegungsfällen mit dem – zum Teil weit vor der Begründung der doppelten Haushaltsführung liegenden – Bezug der Zweitwohnung am Beschäftigungsort, widerspricht dem Wortlaut des Gesetzes, denn die ersten drei Monate nach Bezug der Zweitwohnung sind gerade nicht mit den ersten drei Monaten der doppelten Haushaltsführung identisch. Der Inhalt der Richtlinie 9.11 Abs. 7 Satz 5 LStR, gemäß dem in Wegverlegungsfällen notwendige Verpflegungsmehraufwendungen nur vorliegen, wenn und soweit der Arbeitnehmer am Beschäftigungsort vor Begründung des Zweithaushaltes nicht bereits drei Monate gewohnt habe und die Dauer eines unmittelbar der Begründung des Zweithaushaltes vorausgegangenen Aufenthalts an diesem Ort auf die Dreimonatsfrist anzurechnen sei, hat keinen Eingang ins Gesetz gefunden.

33Die Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG nach dem Gesetzeszweck, wie er in den Gesetzesmaterialien niedergelegt ist, bestätigt das Ergebnis der Wortlautauslegung.

34Die Vorschrift ist durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I Seite 1250) umfassend neu gestaltet worden. Dabei verfolgte der Gesetzgeber erklärtermaßen das Ziel, allen Steuerpflichtigen mit Auswärtstätigkeiten die gleichen Pauschalen zuzumessen und dadurch zur steuerlichen Gleichbehandlung und zur Vereinfachung des Steuerrechts beizutragen. Zuvor bestehende Abgrenzungsprobleme zwischen Dienstreise, Einsatzwechseltätigkeit, Fahrtätigkeit und doppelter Haushaltsführung sollten beseitigt und allgemein die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nach Ablauf eines Dreimonatszeitraums ausgeschlossen werden (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs in den Bundestagsdrucksachen -BT-Drucks.- 13/901, S. 129, und 13/1558, S. 143). Die Regelung der Dreimonatsfrist beruht auf der allgemeinen Unterstellung des Gesetzgebers, dass die Steuerpflichtigen nach der typisierten Übergangszeit regelmäßig eine Verpflegungssituation vorfinden, die keine beruflich veranlassten Mehraufwendungen mehr verursacht (BT-Drucks. 13/901, S. 129).

35Nach diesen Gesetzesmaterialien geht das Argument des Beklagten, die Berücksichtigung pauschalen Verpflegungsmehraufwands sei zu versagen, weil sich der Kläger nicht auf eine geänderte Verpflegungssituation habe einstellen und keine zusätzlichen Kosten habe tragen müssen, fehl. Denn der Gesetzgeber hat mit der Bestimmung in § 4 Abs. 5 Nr. Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG nicht nur – in verfassungsgemäßer Weise(BFH-Urteil vom 08.07.2010 VI R 10/08, BStBl II 2011, 32) – eine Typisierung dahin gehend vorgenommen, dassnach Ablauf der Dreimonatsfrist ein weiterer Abzug von Verpflegungsmehraufwand ausscheiden soll, da nach dieser Frist dem Steuerpflichtigen typischerweise kein Mehraufwand dieser Art mehr entstehe, weil er die Verpflegungssituation kenne, die Höhe der Kosten beeinflussen und damit einen „Mehr“-Aufwand minimieren oder sogar vermeiden könne. Er hat vielmehr zugleich zum Ausdruck gebracht, dass generell bei Begründung einer jeden Auswärtstätigkeit – also auch bei Begründung einer doppelten Haushaltsführung durch Wegverlegung des Haupthausstandes vom Beschäftigungsort und Umwidmung der bisherigen Hauptwohnung in einen Zweithaushalt – typisierend die Pauschbeträge je nach konkreter Abwesenheitszeitzu gewähren sind, ohne dass insoweit auf die jeweilige konkrete Verpflegungssituation des einzelnen Steuerpflichtigen abzustellen wäre. Eine Prüfung, ob im Einzelfall tatsächlich Verpflegungsmehraufwendungen entstanden sind, soll gerade nicht stattfinden. Dass von dem Abzug der Pauschbeträge damit ausnahmsweise auch Steuerpflichtige profitieren, denen die Verpflegungssituation am Zweitwohnort bei Begründung der doppelten Haushaltsführung bereits bekannt war, hat der Gesetzgeber zugunsten der steuerlichen Gleichbehandlung aller Auswärtstätigkeiten und der Vereinfachung des Steuerrechts in Kauf genommen. Denn eine den Abzug von Verpflegungsmehraufwand ausnahmsweise einschränkende Regelung wie in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 6 EStG a. E., gemäß der die Dauer einer Dienstreise an den Beschäftigungsort auf die Dreimonatsfrist anzurechnen ist, wenn die Dienstreise der doppelten Haushaltsführung unmittelbar vorausgegangen ist, hat er für die Wegverlegungsfälle nicht getroffen.

36Von den vorgenannten Erwägungen hat sich auch der BFH in einem Fall leiten lassen, in dem ein Steuerpflichtiger, der nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung erneut eine doppelte Haushaltsführung am früheren Beschäftigungsort in der früheren Zweitwohnung begründet hatte, Verpflegungsmehraufwendungen geltend machte. Der BFH ließ den wiederholten Abzug der Pauschbeträge mit der Begründung zu, dass es für den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen nicht darauf ankomme, ob dem Kläger die Verpflegungssituation am Beschäftigungsort bekannt gewesen sei; der Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung während der Dreimonatsfrist sei generell von der konkreten Verpflegungssituation unabhängig (BFH-Urteil vom 08.07.2010 VI R 15/09, BStBl II 2011, 47 mit Verweis auf BFH-Urteil vom 16.11.2005 VI R 12/04, BStBl II 2006, 267; so auch Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 9 Rn. 1100). Diese Überlegungen, denen sich der Senat anschließt, sind auf Wegverlegungsfälle uneingeschränkt übertragbar. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung des Beklagten steht dem nicht entgegen, dass in dem vom BFH (Urteil vom 08.07.2010 VI R 15/09, a. a. O.) entschiedenen Fall der Beendigung und Neubegründung einer doppelten Haushaltsführung die Zweitwohnung einige Monate (zehn) ungenutzt geblieben war. Denn dies ändert nichts an der mit den Wegverlegungssachverhalten vergleichbaren Situation, dass dem Steuerpflichtigen die Verpflegungssituation am Zweitwohnort bei der erneuten Begründung der doppelten Haushaltsführung bestens bekannt war.

37Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§151 Abs.3, 155 FGO i.V.m. §§708 Nr.10, 711 der Zivilprozessordnung.

39Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO.

Steuerliche Behandlung von „Expatriates“

Finanzgericht Düsseldorf entscheidet über steuerliche Behandlung von „Expatriates“

13. Februar 2013
Mit Urteil vom 14.01.2013 hat das Finanzgericht Düsseldorf (Az.: 11 K 3180/11 E) über Einzelfragen der steuerlichen Behandlung von längerfristig in das Ausland entsandten Arbeitnehmern („Expatriates“) entschieden.Ein in einem inländischen Konzern beschäftigter Arbeitnehmer war zunächst für drei Jahre, später für insgesamt sechs Jahre im Ausland für eine dort ansässige Tochtergesellschaft tätig. Sein Gehalt bezog er von der ausländischen Tochtergesellschaft und zum Teil auch unter Anrechnung des ausländischen Gehalts von der inländischen Muttergesellschaft. Der Arbeitnehmer zog mitsamt seiner Familie für den Entsendungszeitraum ins Ausland, behielt im Inland aber die bisherige Wohnung bei. Es kam mit dem Finanzamt zum Streit darüber, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer die Mietaufwendungen für die ausländische Wohnung und die Aufwendungen für die arbeitstäglichen Fahrten zwischen der Wohnung und der Tätigkeitsstätte im Ausland steuerlich absetzen kann.

Das Finanzgericht hielt die Mietaufwendungen im Ausland für steuerlich nicht berücksichtigungsfähig. Da der Arbeitnehmer mitsamt der Familie ins Ausland verzogen sei, liege weder eine Auswärtstätigkeit noch eine doppelte Haushaltsführung vor. Der Lebensmittelpunkt des Arbeitnehmers habe am Beschäftigungsort gelegen. Aus diesem Grund könnten auch die im Ausland durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur nach den Grundsätzen der sogenannten Entfernungspauschale mit 0,30 € je Entfernungskilometer steuerlich geltend gemacht werden. Die Anwendung der Dienstreisepauschale von 0,30 € je gefahrenen Kilometer sei nicht möglich.

-> tax return for expatriates

Änderung des Steuerrechts muss im Vermittlungsausschuss nachverhandelt werden

Bundesrat, Pressemitteilung vom 22.03.2013

Der Bundesrat hat das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz, das unter anderem Rechtsänderungen zur Anpassung des Steuerrechts enthält, in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Die Länder bemängeln, dass in dem Gesetz wichtige Regelungen zur Verhinderung von ungewollten Steuergestaltungen fehlen, zum Beispiel im Zusammenhang mit hybriden Finanzierungen und den so genannten Cash-GmbHs bei der Erbschaftsteuer. Im Ergebnis sei das Gesetz daher so zu fassen, wie es der Vermittlungsausschuss – ohne die Vorschläge zur steuerlichen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften – bereits am 12. Dezember 2012 vorgeschlagen hatte.

Das Gesetz enthält zahlreiche Rechtsänderungen, die das deutsche Steuerrecht insbesondere an Recht und Rechtsprechung der Europäischen Union anpassen sollen. Weitere Maßnahmen dienen der Sicherung des Steueraufkommens oder der Funktionsfähigkeit des Besteuerungsverfahrens. Es handelt sich um eine „abgespeckte“ Version des Jahressteuergesetzes 2013, dem der Bundesrat am 1. Februar des Jahres die erforderliche Zustimmung verweigerte. Zuvor hatte der Bundestag den vom Vermittlungsausschuss vorgelegten Einigungsvorschlag abgelehnt.

Das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) finden Sie auf den Seiten des Bundesrats.

Quelle: Bundesrat

Umsatzsteuergesetz: Zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs; kein Vorsteuerabzug bei Scheinrechnungen und bei Scheingeschäften

Umsatzsteuer: Zu den formellen Voraussetzungen für eine Rechnung gemäß § 14 Abs. 4 UStG gehören insbesondere Angaben zu Umfang und Art der Leistung, die eine leichte und eindeutige Identifizierung der Leistung ermöglichen. Kein Vorsteuerabzug ist möglich, wenn für den geltend gemachten Vorsteuerabzug Scheinrechnungen zugrunde liegen, Eilbe-schluss des 2. Senats vom 20.11.2012, 2 V 264/12, rechtskräftig.

 

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 2 V 264/12
Beschluss des Senats vom 20.11.2012
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: UStG § 14, UStG § 15
Leitsatz: Ein Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehen, wenn die formellen Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllt sind und die Rechnungen insbesondere Angaben zu Umfang und Art der Leistung enthalten, die eine leichte und eindeutige Identifizierung der Leistung ermöglichen. Auch ist die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nur dann als Vorsteuer abziehbar, wenn das andere Unternehmen tatsächlich eine Leistung für sein Unternehmen erbracht hat. Ein Vorsteuerabzug bleibt versagt, wenn für den geltend gemachten Vorsteuerabzug Scheinrechnungen zugrunde liegen.
Überschrift: Umsatzsteuergesetz: Zu den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs; kein Vorsteuerabzug bei Scheinrechnungen und bei Scheingeschäften
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist eine 2009 gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand sich auf das Be- und Entladen von Containern sowie Lagerarbeiten aller Art erstreckt. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist A.
In dem Streitzeitraum 2010 und Januar bis Juli 2011 führte die Antragstellerin u. a. auch Kommissionierungsarbeiten und Qualitätskontrollen für den Fruchthandel durch. Die Antragstellerin beschäftigte für die übernommenen Aufträge keine eigenen Mitarbeiter, sondern bediente sich der Hilfe von Subunternehmern.
Gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin wurde in diesem Zusammenhang ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet.
Für den Streitzeitraum führte der Antragsgegner bei der Antragstellerin eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Auf Grund der Prüfungsergebnisse erkannte der Antragsgegner u. a. einen Vorsteuerabzug aus Rechnungen der B GmbH (im Folgenden B), der C GmbH (im Folgenden C), der D GmbH (im Folgenden D), der E GmbH (im Folgenden E) und des Einzelunternehmers F nicht an. Auf die zu diesen Unternehmen eingereichten Unterlagen und geschlossenen Verträge sowie den Betriebsprüfungsbericht wird für weitere Einzelheiten Bezug genommen.
Mit geändertem Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 23.08.2012 setzte der Antragsgegner die Umsatzsteuer für 2010 auf 72.686,91 € fest. Ebenfalls änderte er am 23.08.2012 die Vorauszahlungsbescheide für Januar bis Juli 2011 und setzte die USt-Vorauszahlung für Januar 2011 auf 11.976,63 €, für Februar 2011 auf 4.298,11 €, für März 2011 auf 3.453,44 €, für April 2011 auf 3.362,79 €, für Mai 2011 auf 11.859,50 €, für Juni 2011 auf 13.529,31 € und für Juli 2011 auf 13.054,66 € fest.
Gegen diese Bescheide legte die Antragstellerin am 30.08.2012 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30.08.2012 ab. Über den dagegen am 12.09.2012 eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner bisher ebenso wenig entschieden wie über den Einspruch vom 30.08.2012.
Am 01.10.2012 beantragte die Antragstellerin bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide. Zur Begründung führt sie aus, dass sie sich nicht mit dem Ziel der Steuerverkürzung an so genannten Dienstleistungsketten beteiligt habe. Sie habe sich vielmehr stets von der Unternehmereigenschaft der von ihr beauftragten Subunternehmer vergewissert. So habe sie sich auch bei den hier betroffenen Subunternehmern nach einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung erkundigt, die Gewerbeerlaubnis sowie weitere Unterlagen angefordert, bevor sie dann den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten erteilt habe. Die Arbeiten seien – wie auch der Antragsgegner wohl einräume – tatsächlich erbracht und die Rechnungen der Subunternehmer in bar oder durch Überweisung bezahlt worden. Zudem sei ein Schaden nicht eingetreten, denn ihres Wissens seien die betroffenen Unternehmen ihren steuerlichen Pflichten nachgekommen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides 2010 und der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide Januar 2011 bis Juli 2011 auszusetzen, soweit darin ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen B GmbH, der C GmbH, der D GmbH, der E GmbH und des F nicht berücksichtigt worden ist.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht ernstlich zweifelhaft sei. Es seien bereits die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 Nr. 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht gegeben. Die Leistungsbeschreibung mit „Qualitätskontrolle“ und einer Auflistung von Containernummern sei nicht ausreichend, insbesondere wenn sich die Vergütung für die entladenden Container nach deren Größe, der Anzahl der enthaltenen Collies und Sorten richte. Auch eine Leistungsbeschreibung „Container Be- und Entladen“, „Lagereinheiten“ oder „Lagerarbeiten“ sei nicht ausreichend konkret. Die Rechnungen der E enthielten jeweils auf der zweiten Seite einen unzutreffenden Briefkopf. Bei vielen Rechnungen sei ein Leistungsort nicht angegeben, so dass nicht erkennbar sei, bei welchem Endkunden die Leistungen durchgeführt worden seien. Insoweit nimmt der Antragsgegner auf den Betriebsprüfungsbericht Bezug.
Darüber hinaus ergäben sich aus den eingereichten Vermerken der Steuerfahndung, dass es sich bei den genannten Firmen um solche handle, die Schein- bzw. Abdeckrechnungen zur Verfügung stellten.
Dem Gericht haben drei Bände Bp-Arbeitsakten, die Rechtsbehelfsakte und die Umsatzsteuerakte zu der Steuer Nr. …/…/… vorgelegen.
II.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide ist zulässig. Der Antrag nach § 69 Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) setzt nicht die Durchführung eines Vorverfahrens voraus, so dass es für die Zulässigkeit nicht darauf ankommt, dass der Antragsgegner über den Einspruch gegen die ablehnende Entscheidung vom 30.08.2012 nicht entschieden hat.
Der Antrag hat jedoch keinen Erfolg.
Nach § 69 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Danach soll seitens des Gerichts eine Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Solche sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen und/oder Unklarheiten in der Beurteilung einer Tatfrage bewirken (st. Rspr., vgl. BFH, Beschluss vom 03.02.2005 – I B 208/04, BStBl II 2005, 351; Beschluss vom 03.02.1993 – I B 90/92, BStBl II 1993, 426). Die Entscheidung ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage sowie aufgrund von präsenten Beweismitteln (§ 155 FGO i. V. m. § 294 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO) ergibt. Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschluss vom 20.03.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809 m. w. N.).
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Der Antraggegner hat zu Recht einen Vorsteuerabzug aus den streitigen Rechnungen versagt.
1. Die streitigen Rechnungen erfüllen ganz überwiegend bereits nicht die formellen gesetzlichen Voraussetzungen für einen Abzug der Vorsteuer.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.02.2005 kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14 a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u. a. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit den Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie – vgl. BFH-Urteil vom 02.09.2010, V R 55/09, BStBl II 2011, 235 zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG). Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Die den Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Es ist jedoch zulässig, zur Identifizierung der abgerechneten Leistungen über die im Abrechnungspapier enthaltenen Angaben tatsächlicher Art hinaus weitere Erkenntnismittel heranzuziehen. Sofern auf andere Erkenntnismittel verwiesen wird, ist es erforderlich, dass die in Bezug genommenen Unterlagen in der Rechnung eindeutig bezeichnet werden (BFH, Urteil vom 10.11.1994 – V R 45/93, BStBl II 1995, 395; Urteil vom 21.01.1993 – V R 30/88, BStBl II 1993, 385; Urteil vom 24.09.1987 – V R 50/85, BStBl II 1988, 688, 691f.; Beschluss vom 29.11.2002 – V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; Beschluss vom 14.10.2002 – V B 9/02, BFH/NV 2003, 213;. Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16.09.2005 – 6 V 2616/05, juris).
a) Rechnungen der B
Den Anforderungen an eine eindeutige und leicht nachprüfbare Leistungsbeschreibung werden die Rechnungen der B vom 06.04.2010, 17.05.2010 (Nr. …/05/2010), 17.05.2010 (Nr. …/05/2010), 30.05.2010 und 30.06.2010 nicht gerecht. Soweit die Rechnungen vom 06.04.2010 und 30.05.2010 lediglich die Angabe „Qualitätskontrollen“ enthalten, ist diese Bezeichnung so allgemein, dass eine mehrfache Abrechnung derselben Leistung nicht kontrolliert werden könnte. Auch wird durch weitere Angaben keine Konkretisierung der abgerechneten Leistung vorgenommen, denn weder die Angabe der Firma „…, Hbg“, nach dem Vortrag der Antragstellerin einer der Hauptauftraggeber, noch das unter der „Art.-Nr.“ aufgeführte Datum oder die Menge, ohne Angabe der Mengeneinheit, ermöglichen eine eindeutige Zuordnung der abgerechneten Leistung.
Die Rechnungen vom 17.05.2010 bezeichnen unter „Bauvorhaben“ offenbar einen Auftraggeber der Antragstellerin (G bzw. H), unter der Rechnungsposition „Bezeichnung“ werden offenbar Containernummern angegeben, ohne dass dies eindeutig festgestellt werden kann. Soweit keine solche Kombination aus Buchstaben und Zahlen angegeben ist, wird die Leistung mit „Paletten kommissioniert“, „Paletten umpacken“ oder „Entladen von Wechselbrücken und Verteilung der Waren und Halle A + B“ angegeben. Auch diese Leistungsbeschreibung lässt eine leichte und eindeutige Kontrolle der abgerechneten Leistung nicht zu, denn bei einer Mehrheit der abgerechneten Positionen ist die Art der erbrachten Leistung nicht im Ansatz bezeichnet. Auch der mit der B geschlossene Rahmenvertrag kann nicht zur Konkretisierung herangezogen werden, denn nach § 1 Abs. 1 des Vertrages könnten unterschiedliche Leistungen (entladen, beladen, kommissionieren, allgemeine lagermäßige Arbeiten) mit den Einzelrechnungen abgerechnet worden sein. Im Übrigen ist in den Rechnungen kein Bezug auf die Regelung des Rahmenvertrags genommen worden.
Die Rechnung vom 30.06.2010 nimmt nur scheinbar eine konkretere Leistungsbeschreibung vor, in dem die Art der Leistung mit „Entladen und Verteilung der Waren in Halle D“ abgerechnet wird. Die Angaben der Rechnung sind jedoch in sich nicht stimmig, denn die Art der Waren wird mit „Brücken“ bezeichnet, die Mengenangabe weist jedoch drei Stellen hinter dem Komma aus. Zudem passt auch der Stückpreis von 35 € nicht zu der Einheit „Brücken“, so dass aus diesem Grunde nicht von einer ausreichend eindeutigen Leistungsbeschreibung ausgegangen werden kann.
Die weiteren Rechnungen vom 28.03.2010, 14.03.2010 und 10.04.2010 nehmen mit der Bezeichnung der erbrachten Arbeit und mit der Bezeichnung der (be- oder entladenen oder kommissionierten) Container eine Leistungsbeschreibung vor, die gerade noch eine Kontrolle der erbrachten Leistung ermöglichen könnte. Im Ergebnis kann dies jedoch dahinstehen, denn auch aus anderen Gründen ist der Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen zu versagen (hierzu unter 2.).
b) Rechnungen der C
Die hier streitigen Rechnungen der C enthalten bis auf die Rechnung vom 09.07.2010 keine den formellen Anforderungen genügende Leistungsbeschreibung. Art und Umfang der Leistung wird in ganz allgemein gehaltenen Bezeichnungen wie „40′ Entladen von Waren“, „Lagereinheiten“ oder „Container be- und entladen + kommissionieren“ umschrieben, die eine Kontrolle im Hinblick auf Mehrfachabrechnungen nicht ermöglicht. Eine Konkretisierung erfolgt auch nicht dadurch, dass in Einzelfällen ein Firmenname in der Rechnung angegeben ist, denn auch dadurch kann eine eindeutige Bestimmung der abgerechneten Leistung nicht erfolgen.
Soweit die Rechnung vom 09.07.2010 Containernummern ausweist und es an anderer Stelle (unter Ort der Ausführung) heißt „Container Be- und Entladen“, kann es dahin stehen, ob darin eine ausreichende Leistungsbeschreibung zu sehen ist, denn der Vorsteuerabzug ist aus anderen Gründen zu versagen (hierzu unter 2.).
c) Rechnungen der D
Soweit die Rechnungen der D als Leistungsbeschreibung lediglich Angaben wie „Lagerarbeiten“ oder „Lagerarbeiten, Qualitätskontrolle“ enthalten, genügt dies nicht den formellen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG. Eine Konkretisierung der Art der Leistung erfolgt auch nicht in einem ausreichenden Maße durch Angabe einer Stundenanzahl und einem Preis pro Stunde, denn auch dadurch wird eine Kontrolle im Hinblick auf Mehrfachabrechnungen nicht möglich. Nachweise über die abgerechneten Arbeitsstunden sind den Rechnungen nicht beigefügt und auch der Betriebsprüfung nicht vorgelegt worden.
Soweit die übrigen Rechnungen neben der Bezeichnung der Leistung mit „Container Be- und Entladen“ die einzelnen Container mit Nummern bezeichnen, kann es auch hier offen bleiben, ob die Rechnungen den gesetzlichen Anforderungen genügen, denn der Vorsteuerabzug ist auf Grund eines fehlenden Leistungsaustauschs zu versagen (hierzu unter 2.).
d) Rechnungen der E
Ebenfalls enthalten die Rechnungen der E zu einem großen Teil keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Leistungsbeschreibung. Art und Umfang der Leistung werden in allgemeiner Form mit „Qualitätskontrollen“, „Containerentladung“, „Umpackarbeiten“, „Grobreinigung“, „Treppenhausreinigung“ oder mit „40′ Entladen von Waren“ bezeichnet, ohne dass darüber hinaus eine Konkretisierung erfolgt, die eine Kontrolle im Hinblick auf Mehrfachabrechnungen ermöglicht. Soweit in Rechnungen unter der Bezeichnung der Leistung Auftragsnummern aufgeführt werden, ergibt sich auch daraus nicht eine Konkretisierung der Art der Leistung, denn die Aufträge sind den Rechnungen nicht als Anlage beigefügt. Im Übrigen wurde von der Betriebsprüfung festgestellt, dass die Antragstellerin über keinerlei schriftlichen Unterlagen über Auftragsvergaben oder weiteren Schriftverkehr mit ihren Subunternehmern verfügte. Insoweit hat die Antragstellerin selbst darauf hingewiesen, dass sie alles telefonisch erledigen würde.
Soweit in einigen Rechnungen neben der Leistungsbeschreibung „Be- und Entladen“ durch Angabe von Containernummern eine gewisse Konkretisierung ermöglicht wird, kann es offen bleiben, ob sie den gesetzlichen Anforderungen genügen, denn der Vorsteuerabzug ist auch aus anderen Gründen zu versagen (hierzu unter 2.).
Darüber hinaus enthalten die Rechnungen aus Dezember 2010 nicht die Steuernummer des leistenden Unternehmers oder dessen USt-ID-Nummer, so dass auch insoweit die notwendigen Angaben der Rechnung nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG nicht vorliegen.
e) Rechnungen des F
Sämtliche Rechnungen des F erfüllen nicht die Anforderungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 Nr. 4 UStG. Die Rechnungen bezeichnen die Art der Leistung nur ganz allgemein mit „Qualitätskontrollen“. Daneben wird die Menge in Collies angegebenen sowie ein Datum. Aber auch diese weiteren Angaben führen nicht zu einer Konkretisierung der Leistungsbeschreibung, die eine leichte und eindeutige Kontrolle im Hinblick auf Mehrfachabrechnungen ermöglicht würde. Vielmehr bleibt die Bezeichnung der abgerechneten Leistung insgesamt derart im Allgemeinen, dass eine Nachprüfung, ob die Leistung überhaupt erbracht worden ist und ob sie schon einmal abgerechnet wurde, nicht ermöglicht wird.
Der Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen ist demnach schon aus formellen Gründen zu versagen.
2. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für eine sonstige Leistung nur dann als Vorsteuer abziehen, wenn das andere Unternehmen auch tatsächlich eine Leistung für sein Unternehmen erbracht hat. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin nicht darlegen können, dass den Rechnungen auch tatsächlich ein Leistungsaustausch zugrunde gelegen hat. Die von der Umsatzsteuer-Sonderprüfung dargelegten Hinweise, dass den geltend gemachten Vorsteuerabzug Scheinrechnungen zugrunde liegen, hat die Antragstellerin nicht widerlegen können. Sie trägt jedoch für den geltend gemachten Vorsteuerabzug die Darlegungslast.
Alle Subunternehmer der Antragstellerin, aus deren Rechnungen der Antragsgegner einen Vorsteuerabzug abgelehnt hat, beschäftigten nach den Feststellungen der USt-Sonderprüfung (vgl. Tz. 5 bis 9 des USt-Sonderprüfungsberichts vom 03.08.2012) keine eigenen Mitarbeiter, die die abgerechneten Leistungen hätten erbringen können. Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin konnten die Subunternehmer ihre Arbeitsleistung nicht ohne weiteres durch weitere Subunternehmer erbringen, denn dazu hätten sie der schriftlichen Zustimmung ihrer Auftraggeberin bedurft. Die Antragstellerin hat mit den betroffenen Subunternehmern B, C, E und F jeweils inhaltlich gleich lautende Rahmenvereinbarungen geschlossen, in denen u. a. vereinbart worden war, dass der Auftragnehmer nur mit schriftlicher Zustimmung des Auftragsgebers Subunternehmer einschalten darf (vgl. § 7 Abs. 2 des Rahmenvertrags). Solche schriftlichen Zustimmungen gibt es jedoch nicht. Vielmehr gibt es nach den – unbestrittenen – Feststellungen der Betriebsprüfung überhaupt keine schriftlichen Unterlagen über Geschäftskontakte, insbesondere keine schriftlichen Aufträge, Unterlagen im Zusammenhang mit der Abwicklung der übernommenen Aufträge, wie z. B. Arbeitsnachweise oder Entladeberichte, oder sonstigen Schriftverkehr, so dass es neben dem Rahmenvertrag und den Rechnungen keine Hinweise auf ein Auftragsverhältnis gibt.
Entgegen der Vereinbarung im Rahmenvertrag hat die Antragstellerin sich nicht regelmäßig vor einer Auftragserteilung Unterlagen über die Existenz und Zuverlässigkeit der Subunternehmer vorlegen lassen, wie die Gewerbeanmeldung, den Handelsregisterauszug, Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkasse und der Berufsgenossenschaft, eine Steuerbescheinigung u. a. m. (vgl. § 12 Abs. 2 des Rahmenvertrags). Entsprechende Unterlagen, soweit sie der Antragstellerin vorgelegt wurden, wurden häufig erst nach einer Auftragserteilung und Abrechnung von Leistungen vorgelegt, teilweise erst, nachdem die Geschäftsbeziehungen bereits wieder beendet waren.
Auffällig ist des Weiteren, dass die Subunternehmer nacheinander der Antragstellerin immer nur für wenige Monate sonstige Leistungen in Rechnung stellten. Ein Subunternehmer löste den vorherigen vollständig ab, wobei es nur geringfügige zeitliche Überschneidungen gab. Auch zu einem späteren Zeitpunkt trat ein Subunternehmer nicht wieder als Vertragspartner auf, wie es sonst im Geschäftsverkehr durchaus üblich ist.
Aus den vorgelegten Unterlagen betreffend die Subunternehmer, den Rechnungen und der Art der vorgetragenen Bezahlung ergeben sich weitere Ungereimtheiten, die den Eindruck verstärken, dass die hier betroffenen Subunternehmer der Antragstellerin gegenüber keine Leistungen erbracht haben.
So hat die B der Antragstellerin bereits seit Februar 2010 Leistungen in Rechnung gestellt, obwohl die GmbH erst durch Gesellschaftsvertrag vom 12.03.2010 gegründet wurde und eine Gewerbeanmeldung erst im April 2010 erfolgte. Die Rechnungen enthielten bereits im Februar 2010 den Ausweis der Handelsregisternummer und die Angabe der USt-ID-Nummer, obwohl das Unternehmen erst im Mai 2010 ins Handelsregister eingetragen wurde und das Bundeszentralamt für Steuern der B erst mit Bescheid vom … 06.2010 eine USt-ID-Nummer mitgeteilt hatte. Die Rechnungen müssen demnach rückdatiert worden sein. Ein Grund hierfür ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Scheincharakter der Rechnungen wird darüber hinaus auch daran deutlich, dass die Rechnungen ausweislich der vorgelegten Quittungen angeblich alle am Tag der
Rechnungserstellung in bar bezahlt worden sein sollen, was angesichts der Rückdatierung schon nicht möglich ist. Vor diesem Hintergrund fallen weitere Ungereimtheiten, wie fehlender Abzug des eingeräumten Skontos, kaum mehr ins Gewicht.
Bei der E hat die Antragstellerin sich entgegen der Vereinbarung im Rahmenvertrag Unterlagen nach § 12 Abs. 2 nicht vorlegen lassen. Für den Scheinrechnungscharakter dieser Rechnungen spricht des Weiteren, dass zum Teil nur die erste Seite der Rechnung die E als Rechnungsausteller aufführt, während auf den weiteren Seiten der Rechnung eine „E GmbH“ als Rechnungsaussteller aufgeführt ist. Einem tatsächlich am Markt auftretenden Unternehmen würde kaum der Fehler unterlaufen, dass unter einer unzutreffenden Firma Teile der Rechnung erstellt werden, zumal es sich dabei nicht um versehentliche Ausdrucke auf falschem Briefpapier handelt. Bei der E GmbH handelte es sich nach Ermittlungen der Steuerfahndung um ein Scheinunternehmen.
Die Rechnungen der D sollen ausweislich der vorgelegten Quittungen alle in bar bezahlt worden sein. Die Bar-Bezahlung von Rechnungen bei Beträgen im vier- und fünfstelligen Bereich ist jedoch unüblich und bedürfte zumindest einer Begründung. Gründe für dieses ungewöhnliche Geschäftsverhalten sind jedoch weder ersichtlich noch vorgetragen, so dass die Vermutung naheliegt, dass tatsächlich eine Bezahlung nicht erfolgt ist.
Die Antragstellerin hat die von der USt-Sonderprüfung im Prüfungsbericht bereits aufgezeigten Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten nicht wiederlegen oder erklären können. Es sind keine ergänzenden Nachweise vorgelegt worden, dass die genannten Subunternehmen tatsächlich gegenüber der Antragstellerin Leistungen erbracht haben. Hierbei kommt es nicht darauf an, dass möglicherweise auch der Antragsgegner davon ausgeht, dass die Antragstellerin ihrerseits die Leistungen gegenüber ihren Auftraggebern erbracht hat. Die Antragstellerin kann ihre Aufträge auch in anderer Weise erfüllt haben. Die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin, dass ihm die Unternehmen namentlich bekannt seien und er alle Rechnungen bezahlt habe, ist so allgemein, dass sie nicht geeignet ist, die konkreten Anhaltspunkte auf das Vorliegen von Scheinrechnungen zu widerlegen.
Nach allem bestehen nach der in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Versagung eines Vorsteuerabzugs aus den streitgegenständlichen Rechnungen.
3. Die Antragstellerin hat nach § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beschwerde ist nach § 128 Abs. 3, § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.