Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Berufsrecht: Werbung mit Kurzbezeichnung

Berufsrecht: Werbung mit Kurzbezeichnung

Kernaussage
Auch wenn Rechtsanwälten mittlerweile zahlreiche Rechtsformen für die gemeinschaftliche Berufsausübung zur Verfügung stehen, hat der Verkehr die berechtigte Erwartung, dass sich die unter einer einheitlichen Kurzbezeichnung auftretenden Berufsträger unter Aufgabe ihrer beruflichen und unternehmerischen Selbständigkeit zu gemeinschaftlicher Berufsausübung in einer haftungsrechtlichen Einheit verbunden haben. Eine Bürogemeinschaft oder Kooperation unternehmerisch eigenständiger Berufsträger wird der Verkehr unter einer einheitlichen Kurzbezeichnung nur bei hinreichend deutlichen Hinweisen erkennen.

Sachverhalt
Der beklagte Rechtsanwalt verwendete einen Briefbogen mit dem Titel „HM Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater“. In der Kanzlei arbeiten nur Rechtsanwälte. Klein stand unten auf dem Briefbogen, dass mit den M. Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern kooperiert wird. Hiergegen klagte ein anderer Anwalt und berief sich auf einen Wettbewerbsverstoß. Nachdem das Landgericht (LG) und das Oberlandesgericht (OLG) die Klage abgewiesen hatten ging der Anwalt in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Der BGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und gab dem klagenden Anwalt Recht. Auch wenn Rechtsanwälten mittlerweile zahlreiche Rechtsformen für die gemeinschaftliche Berufsausübung zur Verfügung stehen, hat der Verkehr die berechtigte Erwartung, dass sich die unter einer einheitlichen Kurzbezeichnung auftretenden Berufsträger unter Aufgabe ihrer beruflichen und unternehmerischen Selbständigkeit zu gemeinschaftlicher Berufsausübung in einer haftungsrechtlichen Einheit verbunden haben. Eine Bürogemeinschaft oder Kooperation unternehmerisch eigenständiger Berufsträger wird der Verkehr unter einer einheitlichen Kurzbezeichnung nur bei hinreichend deutlichen Hinweisen erkennen. Da hier nicht der Eindruck einer bloßen Kooperation sondern einer haftungsrechtlichen Einheit erweckt wird, liegt eine Irreführung vor, die als wettbewerbswidrig einzustufen ist. Denn es haftet hier – anders als dem Anschein nach – nur der Handelnde und nicht die Einheit.

Konsequenz
In letzter Zeit ist verstärkt zu beobachten, dass Briefköpfe von Berufskooperationen „aufgebläht“ werden. Hier sollte der Mandant kritisch prüfen, mit wem er es zu tun hat und ob die Angaben stimmen.

Private Nutzung des Dienstwagens: Reichweite des Anscheinsbeweis

Private Nutzung des Dienstwagens: Reichweite des Anscheinsbeweis

Kernproblem
Die Rechtsprechung zur Dienstwagenbesteuerung beim Arbeitnehmer hat im vergangenen Jahr wesentliche Änderungen gebracht. Aufpassen müssen solche Arbeitnehmer, denen die Privatnutzung des Dienstwagens eingeräumt wurde, hiervon aber keinen Gebrauch machen und davon ausgehen, das hätte keine steuerliche Relevanz. Hier sagt der Bundesfinanzhof (BFH), dass allein die Möglichkeit der Privatnutzung zu einem geldwerten Vorteil führt. Dagegen kann sich das Finanzamt nicht mehr darauf berufen, dass der Beweis des ersten Anscheins immer für die Privatnutzung des Dienstwagens spricht. Diese Fälle betrafen vor allen Dingen Gesellschafter-Geschäftsführer oder familienangehörige Angestellte, denen zwar die Privatnutzung des Dienstwagens auf dem Papier untersagt war, hiervon aber nach Vermutung des Finanzamts mangels Überwachung des Nutzungsverbots regelmäßig Gebrauch machten.

Sachverhalt
Dem Sohn des Betriebsinhabers wurde ein Audi A6 Kombi zur dienstlichen Nutzung überlassen. Das Kennzeichen trug die Initialen des Sohnes, der als Privatwagen einen Porsche 911 fuhr. Vertraglich existierten lediglich ein über 20 Jahre alter Ausbildungsvertrag und eine Zusatzvereinbarung aus dem Jahr 1995, in der das private Nutzungsverbot eines Dienstwagens geregelt wurde. Weitere Verträge waren nach Auffassung des Vaters für den Sohn als künftigen Geschäftsinhaber nicht erforderlich. In der Lohnsteuer-Außenprüfung 2007 bis 2009 warf der Prüfer die fehlende Überwachung des Nutzungsverbots vor und setzte einen geldwerten Vorteil an. Der Vater argumentierte, die Einhaltung des Verbots mit dem Blick aus dem Fenster überwacht zu haben. Einspruch und Klage blieben erfolglos, die Revision wurde jedoch zugelassen.

Entscheidung
Der BFH sah die Revision als begründet an. Allein die Möglichkeit des Sohnes, als faktischer Geschäftsführer über das Fahrzeug zu bestimmen und daraus auf eine private Nutzungsbefugnis zu schließen, reiche nicht aus. Arbeitslohn liege nur insoweit vor, wie der Sohn zur Privatnutzung befugt sei. Das Finanzgericht habe daher zu prüfen, ob die Erlaubnis dafür gegebenenfalls aufgrund konkludent geschlossener Vereinbarung erfolgte. Zumindest reiche der Beweis des ersten Anscheins oder die fehlende Überwachung in Ermangelung einer Kontrollinstanz nicht aus. Auch wenn wie im Streitfall bei einer Zuwiderhandlung des Nutzungsverbots keine arbeits- oder strafrechtlichen Konsequenzen zu erwarten seien, rechtfertige dies keinen steuerstrafrechtlichen Generalverdacht.

Konsequenz
In der Beratungspraxis wird man sich darauf einstellen müssen, dass sich der Lohnsteuerprüfer verstärkt auf die Suche nach den Privatfahrten mit dem Dienstwagen machen wird.

Warum Kaffee nicht begünstigt ist, Latte Macchiato aber ggf. doch

Warum Kaffee nicht begünstigt ist, Latte Macchiato aber ggf. doch

Einführung
Die Differenzierung zwischen ermäßigtem und Regelsteuersatz ist regelmäßig Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen. Ursache hierfür ist, dass die Unterscheidung häufig weder logischem Denken zugänglich noch gerecht ist. Ein Paradebeispiel hierfür liefert eine aktuelle Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M., die sich mit der Begünstigung für Kaffee auseinandersetzt. Grund für die Verfügung ist, dass Unternehmer unter Berufung auf die Rechtsprechung zur Abgrenzung von begünstigten Lebensmitteln zu nicht begünstigten Restaurationsleistungen, Kaffee zum ermäßigten Steuersatz anbieten. Dies gilt wohl insbesondere für Kaffee der zur Mitnahme durch den Kunden gedacht ist („coffee-to-go“), da hier definitiv keine Restaurationsleistungen vorliegen.

Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD verweist darauf, dass zubereiteter Kaffee jedoch nicht als begünstigtes Lebensmittel angesehen wird, sondern lediglich Kaffeebohnen oder -pulver. Demnach unterliegt zubereiteter Kaffee, als nichtalkoholisches Getränk, dem Regelsteuersatz. Dagegen kann ein Latte Macchiato als Milchmischgetränk begünstigt sein, sofern der Milchanteil mindestens 75 % beträgt.

Konsequenzen
Wer glaubt er könnte dem Problem entgehen, in dem er Tee trinkt, irrt. Hier gelten die gleichen Grundsätze. Begünstigt ist nur der „Rohstoff“ nicht jedoch die zubereiteten Getränke. Dies soll selbst dann gelten, wenn sich der Kunde das Getränk am Automaten aus Kaffeepulver mit heißem Wasser selbst herstellen muss. Hier führt das Mischen von 2 für sich begünstigten Ingredienzien zur Versagung der Begünstigung, also quasi „7 % und 7 % gleich 19 %“. Wer jedoch unbedingt begünstigt Kaffee trinken möchte, sollte darauf bestehen einen Latte Macchiato mit mindestens 75 % Milchanteil zu erhalten, der dann aber nicht vor Ort getrunken werden darf. Wenn die Verfügung eines verständlich aufzeigt, dann, dass die Abschaffung des ermäßigten Steuersatzes, die oft propagiert, aber nie ernsthaft angegangen wurde, einen wesentlichen Beitrag zu einem einfacheren und „gerechteren“ Umsatzsteuerrecht leisten würde.

Ohne Leistungserbringung gibt es keinen Vorsteuerabzug aus Anzahlungen

Ohne Leistungserbringung gibt es keinen Vorsteuerabzug aus Anzahlungen

Kernfrage
Wer Anzahlungen leistet, kann hieraus grundsätzlich die Vorsteuer ziehen, sofern ihm hierzu eine ordnungsgemäße Anzahlungsrechnung vorliegt. Nach Erbringung der Leistung wird die Anzahlung dann im Rahmen der Schlussrechnung berücksichtigt. Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat nun zu der Frage Stellung bezogen, was passiert, wenn die angezahlte Leistung niemals erbracht wird.

Sachverhalt
Ein bulgarisches Unternehmen leistete eine Anzahlung für eine Lieferung, die tatsächlich aber nie erbracht wurde. Die zuständige Finanzverwaltung versagte den Vorsteuerabzug. Zur Begründung verwies sie auf die Nicht-Erbringung der Leistung, aber auch darauf, dass der Umsatz der Steuerhinterziehung gedient habe. Letztendlich landete der Fall beim EuGH. Dieser sollte über den Vorsteuerabzug entscheiden, wobei er berücksichtigen musste, dass die Anzahlung nicht zurückgezahlt wurde und der vermeintliche Lieferant unverändert zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet war.

Entscheidung
Der EuGH verweist zunächst darauf, dass dem Unternehmen der Vorsteuerabzug zum Zeitpunkt der Zahlung nur dann verweigert werden könnte, wenn objektiv bewiesen wäre, dass das Unternehmen hätte wissen müssen, dass der Umsatz Bestandteil eines Steuerbetruges ist. Allerdings verweist der EuGH auch darauf, dass unabhängig von der Klärung der vorigen Frage durch das nationale Gericht, der Vorsteuerabzug spätestens nach Ausbleiben der Leistung zu korrigieren ist. Dabei sei es unerheblich, ob die Anzahlung zurückgezahlt wird oder ob der Lieferant unverändert zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet ist.

Konsequenzen
Es ist ganz einfach: Werden Anzahlungen geleistet, aber die zugehörige Leistung nicht erbracht, gibt es keinen Vorsteuerabzug bzw. muss eine Korrektur des bis dato vorgenommen Vorsteuerabzuges vorgenommen werden. Auf die Rückzahlung der Anzahlung durch den vermeintlichen Lieferanten oder dessen Verpflichtung, die Umsatzsteuer weiterhin abzuführen, kommt es hierbei nicht an.

Schlachtwertansatz bei Zuchtsauen?

Schlachtwertansatz bei Zuchtsauen?

Kernaussage
Für Tiere des Anlagevermögens, für die die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch genommen wird, ist die Höhe der Gewinnminderung nicht durch einen zu erwartenden Schlachtwert begrenzt, wenn sie vor ihrem Verkauf nicht extra aufgemästet werden.

Sachverhalt
Der Kläger ist Landwirt und betreibt einen Schweinezuchtbetrieb. Er ermittelt den Gewinn des abweichenden Wirtschaftsjahres durch Betriebsvermögensvergleich. Die im Betrieb gehaltenen Sauen werden zunächst zur Zucht eingesetzt. Lässt die Eignung der Sauen für Zuchtzwecke nach und wird die Zucht mit ihnen unwirtschaftlich, werden sie unverzüglich nach dem Absetzen der Ferkel bzw. dem Umrauschen der Schlachtung zugeführt. Der Kläger ergriff keine Maßnahmen zur Förderung der Verkaufsfähigkeit oder der Steigerung des Verkaufswerts der entsprechenden Sauen. Die Tiere wurden bis zur Schlachtung, die regelmäßig nur wenige Tage später erfolgte, auf herkömmliche Weise gefüttert und versorgt. Der Landwirt bewertete in der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2003) zunächst den dem Anlagevermögen zugerechneten Schweinebestand mit den Richtwerten für die Gruppenbewertung. Er unterteilte seine Schweine dabei nach dem jeweiligen Aufzuchtstadium in Zuchteber, Ferkel, Jungsauen und Sauen; den Sauenbestand unterteilte er nochmals in Neuzugänge und Zuchtsauen. Diejenigen Sauen, die im Laufe eines Jahres von Jungsauen zu Sauen versetzt wurden, schrieb er im Jahr ihres Zugangs auf einen Erinnerungswert von 1 EUR ab. Bei einer für die Jahre 1999 bis 2001 durchgeführten Betriebsprüfung nahm das Finanzamt (FA) eine Gewinnkorrektur vor, indem es für die Zuchtsauen einen Schlachtwert von jeweils 150 EUR anstelle des Erinnerungswerts von 1 EUR ansetzte. Der dagegen eingelegte Einspruch des Landwirts hatte keinen Erfolg. Daraufhin erhob der Landwirt Klage beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht (FG), das dem Kläger Recht gab. Die Revision des FA beim Bundesfinanzhof (BFH) blieb erfolglos.

Entscheidung
Der BFH gab dem Kläger Recht. Die Inanspruchnahme des § 6 Abs. 2 EStG bis auf einen Erinnerungswert von jeweils 1 EUR in Höhe der vollen Herstellungskosten sei zulässig und der Betriebsausgabenabzug nicht durch einen zu berücksichtigenden Schlachtwert im Sinne eines Restwerts begrenzt. Eine kurzfristige Fütterung der Sauen vor dem Abverkauf führe zu keinem Umwidmungsakt. Etwas anderes ergab sich nach dem BFH auch nicht daraus, dass der Schlachtwert von 150 EUR pro Tier nicht wesentlich geringer ist als dessen Herstellungskosten von 180 EUR. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die unter den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 2 EStG fallen, sei ausgeschlossen, dass noch ein wesentlicher Restwert im Zeitpunkt der Umwidmung existiert.

Konsequenz
Der BFH stellt in seinem Urteil klar, dass eine Umwidmung von Anlagevermögen in Umlaufvermögen nicht gegeben ist, wenn Zuchtsauen lediglich aus Wirtschaftlichkeitsgründen aus dem Zuchtbetrieb genommen werden und anschließend zeitnah der Schlachtung zugeführt werden. Eine kurzfristige Fütterung habe nicht zur Folge, dass Wirtschaftsgüter anderer Marktgängigkeit entstanden sind.

Rechtsprechungsänderung: Zur Haftung bei Subventionsbetrug

Rechtsprechungsänderung: Zur Haftung bei Subventionsbetrug

Kernaussage
Nach geänderter Rechtsprechung des III. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) wird im Falle der Täterschaft oder Teilnahme an einem Subventionsbetrug keine Haftung aufgrund von Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei ausgelöst.

Sachverhalt
Das Finanzamt nahm den Kläger in einem Bescheid wegen einer der GmbH zu Unrecht gewährten Investitionszulage für das Jahr 1994 in Höhe von 520.000 DM (= 265.871 EUR) als Haftungsschuldner in Anspruch. Der Kläger wurde in dieser Sache mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts wegen Beihilfe zum Subventionsbetrug verurteilt.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage zurück. Der BFH hob die Vorentscheidung und den Haftungsbescheid auf. Die Haftung des Klägers war – im Einklang mit der bisherigen Senatsrechtsprechung – zu Unrecht angenommen worden. Der Senat hält an der Anwendbarkeit der Haftungsnorm in Fällen, in denen sich eine Person als Gehilfe eines Subventionsbetrugs strafbar gemacht hat, nicht fest. Die allgemeine Verweisung auf die Anwendung der Abgabenordnung (AO)erlaubt es nicht, dass ein auf die „Erschleichung“ einer Investitionszulage gerichtetes Verhalten als Steuerhinterziehung zu behandeln ist. Die Investitionszulage ist weder eine Steuer, noch handelt es sich um eine Steuervergütung. Auch durch den Verweis auf die Anwendung der Steuervergütungsvorschriften der AO wird die Investitionszulage abgabenrechtlich nicht in eine Steuervergütung umqualifiziert. Der Verweis dient lediglich der Regelung des Investitionszulageverfahrens. Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Steuerhinterziehungs-Vorschrift lagen ebenfalls nicht vor. Ein gegebenenfalls verwirklichter deliktischer Schadensersatzanspruch kann nicht durch einen Haftungsbescheid geltend gemacht werden.

Konsequenz
Eine steuerliche Haftung wegen der Täterschaft oder Teilnahme an einem Subventionsbetrug scheidet nunmehr aus. Bestehen bleiben aber die weitreichenden strafrechtlichen Sanktionen. Darüber hinaus können erhebliche zivilrechtliche Forderungen ausgelöst werden, welche in der Rückzahlung der Fördermittel begründet sein können.

Vorsteuerabzug: Verweis auf Geschäftsunterlagen in Rechnungen zulässig

Vorsteuerabzug: Verweis auf Geschäftsunterlagen in Rechnungen zulässig

Rechtslage
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist eine ordnungsgemäße Rechnung. In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen Unternehmen der Vorsteuerabzug versagt wird, weil die Beschreibung der abgerechneten Leistung in der Rechnung unzureichend ist. Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kann hier aber Abhilfe schaffen.

Sachverhalt
Strittig war der Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die in der Leistungsbeschreibung auf die „getroffenen Vereinbarungen“ verwies, ohne diese näher zu erläutern. Die Finanzverwaltung und das Finanzgericht in erster Instanz lehnten einen Vorsteuerabzug ab, da die Leistungsbeschreibung keine Identifizierung der erbrachten Leistung ermögliche. Ein Verweis auf die getroffenen Vereinbarungen reiche hierfür schon deshalb nicht aus, da die Vereinbarungen nicht den Rechnungen beigefügt waren.

Entscheidung
Der BFH erteilt der Finanzverwaltung eine klare Absage. Demnach ist es für den Vorsteuerabzug ausreichend, wenn in der Rechnung auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen wird, die die Identifizierung der erbrachten Leistung ermöglichen. Bedingung hierfür ist lediglich, dass der Verweis die entsprechenden Geschäftsunterlagen eindeutig bezeichnet; eine Beifügung der Unterlagen zur Rechnung ist hingegen nicht erforderlich.

Konsequenz
Das Urteil des BFH ist nicht nur sachgerecht, sondern auch praxistauglich. Unternehmen, die komplexe Leistungen erbringen, brauchen nunmehr keine umfangreichen, den Rahmen einer normalen Rechnung sprengenden, Leistungsbeschreibungen in die Rechnungen aufzunehmen. Ein einfacher, aber eindeutiger Verweis auf den zugehörigen Vertrag, Auftrag o. ä. reicht aus. Zu beachten ist lediglich, dass die bezeichnete Unterlage sowohl dem Rechnungsaussteller, als auch dem Leistungsempfänger vorliegen muss.

Fehlender Aufsichtsratsbericht: Verfassungsbeschwerde gegen Ordnungsgeld erfolgreich

Fehlender Aufsichtsratsbericht: Verfassungsbeschwerde gegen Ordnungsgeld erfolgreich

Kernaussage
Haftungsbeschränkte Gesellschaften müssen im Bundesanzeiger ihre Jahresabschlüsse offenlegen. Das Bundesamt für Justiz wacht über diese Verpflichtung und kann bei Verstößen Ordnungsgelder festsetzen. Hat eine Gesellschaft keinen Aufsichtsrat eingerichtet und somit keinen Bericht des Aufsichtsrats zusammen mit dem Jahresabschluss offengelegt, kann kein Ordnungsgeld wegen unvollständiger Offenlegung verhängt werden. Der Ordnungswidrigkeitentatbestand erstreckt sich nur auf Jahresabschlussunterlagen, die nachträglich noch erstellt werden können.

Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, eine GmbH, war nach dem Drittelbeteiligungsgesetz verpflichtet, einen Aufsichtsrat zu bilden. Dieser hätte einen Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses verfassen müssen, der zusammen mit dem Jahresabschluss im elektronischen Bundesanzeiger hätte veröffentlicht werden müssen. Tatsächlich hat die GmbH keinen Aufsichtsrat eingerichtet. Das Bundesamt für Justiz setzte wegen des Verstoßes gegen die Veröffentlichungspflicht ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500 EUR fest und drohte weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 EUR an. Das Landgericht (LG) wies die hiergegen gerichtete Beschwerde zurück. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hob den Beschluss des LG auf und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
Das BVerfG hat die Ordnungsgeldentscheidung für rechtswidrig erklärt, weil ein Verstoß gegen das grundgesetzliche Bestimmtheitsgebot vorliegt. Das Ordnungsgeld hat einen sanktionierenden und erzwingenden Charakter. Vorliegend läuft die Beugefunktion ins Leere, denn mangels bestehenden Aufsichtsrats kann eine Vorlage des Aufsichtsratsberichts nicht mehr rückwirkend nachgeholt werden. Damit kann es nur noch um die Sanktionierung der Vergangenheit gehen, was so im Gesetz keinen Ausdruck gefunden hat. Die GmbH war zwar zur Bildung eines Aufsichtsrats verpflichtet, eine Sanktionierung ist aber weder im Drittelbeteiligungsgesetz noch im Aktiengesetz vorgesehen. Denn um die Bildung eines Aufsichtsrats zu erzwingen, hat sich der Gesetzgeber auf die Durchführung eines Statusverfahrens beschränkt.

Konsequenz
Dem fehlenden Aufsichtsrat vergleichbare Fälle sind kaum denkbar, denn die weiteren Bestandteile zum Offenlegungsabschluss, sei es die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, der Anhang, der Lagebericht, die Entsprechenserklärung oder der Bestätigungsvermerk dürften auch nachträglich noch zu erstellen sein.

Untervertretung: Anforderungen an sittenwidrige Kollision

Untervertretung: Anforderungen an sittenwidrige Kollision

Kernaussage
Handelt ein Vertreter zusammen mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen, verstößt das Geschäft gegen die guten Sitten und ist nichtig. Gleiches gilt, wenn der Vertreter einen arglosen Untervertreter einschaltet oder er aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren, arglosen (Mit-)Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so das Insichgeschäft verschleiert.

Sachverhalt
An der Beklagten zu 1, einer GmbH, waren ursprünglich beteiligt die Klägerin, deren mittlerweile geschiedener Ehemann, als Beklagter zu 3, und eine schweizerische Aktiengesellschaft (AG), die jedenfalls ein von der GmbH abhängiges Unternehmen ist. Im Zusammenhang mit der Trennung der Eheleute übertrug der Beklagte zu 3 seine Anteile an der GmbH auf die AG. Nach Abberufung des Beklagten zu 3 als Geschäftsführer informierte die Klägerin diesen und die AG hierüber und forderte auf, keine weiteren Rechtsgeschäfte mehr vorzunehmen, insbesondere Anteilsübertragungen zu unterlassen. Kurz darauf übertrug die AG ihre Anteile an der GmbH auf die Schwester (Beklagte zu 2) des Beklagten zu 3. Sowohl die Beklagte zu 2 als auch die AG wurden von einer Rechtsanwältin vertreten, die in derselben Kanzlei wie der Beklagte zu 3 tätig war. Auf Seiten der AG handelte diese aufgrund einer Untervollmacht des Beklagten zu 3. Die Klägerin beantragt festzustellen, dass die Beklagte zu 2 nicht Gesellschafterin der GmbH geworden ist. Das Landgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies die Klage ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab im Grunde der Klägerin Recht.

Entscheidung
Unter Annahme des Vortrags der Klägerin, der Beklagte zu 3 habe seine Schwester als Erwerberin nur vorgeschoben und auf Seiten der AG den Anteilskaufvertrag entworfen sowie die Rechtsanwältin veranlasst, von der durch die AG erteilten Vollmacht Gebrauch zu machen, ist der Anteilskauf- und -übertragungsvertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Es liegt ein Fall der sittenwidrigen Kollusion selbst dann vor, wenn der Vertreter nicht selbst handelt, sondern einen arglosen Untervertreter einschaltet oder aufgrund seiner Vertretungsmacht einen weiteren arglosen (Mit-) Vertreter zu dem Geschäft veranlasst und so das Insichgeschäft verschleiert.

Konsequenz
Die Anforderungen an die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts sind sehr hoch. Drängt sich aber der begründete Verdacht eines Treueverstoßes wie im vorliegenden Fall auf, können Umgehungstatbestände die Sittenwidrigkeit richtigerweise nicht hindern.

BMF zur Aufteilung der Vorsteuer bei Gemeinkosten

BMF zur Aufteilung der Vorsteuer bei Gemeinkosten

Einführung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte zuletzt Stellung zur Aufteilung der Vorsteuer bei Gemeinkosten gezogen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat diese Rechtsprechung nun übernommen.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Schreiben des BMF betrifft die Vorsteueraufteilung der „allgemeinen Kosten des Unternehmens“. Dies sind die Kosten, die zwar keinem Umsatz unmittelbar zuzurechnen sind, dennoch aber im Rahmen der Preiskalkulation berücksichtigt werden, also insbesondere die Gemeinkosten. Die Aufteilung hat nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug zulassen, zu den Gesamtumsätzen (Umsatzschlüssel) zu erfolgen. Hierbei sind die gesamten Umsätze des Besteuerungszeitraumes, in der Regel dem Kalenderjahr entsprechend, zu berücksichtigen. Wird in den Voranmeldungen ein vorläufiger Aufteilungsschlüssel verwendet, so kann eine Korrektur der Vorsteuer auf Basis des endgültigen Aufteilungsschlüssels in der Umsatzsteuerjahreserklärung erfolgen.

Konsequenz
Die Auffassung des BMF wird in der Praxis die Aufteilung der Vorsteuerbeträge aus den Gemeinkosten erleichtern, da der Aufteilungsschlüssel nicht für jeden Voranmeldungszeitraum neu zu bestimmen ist.