Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Umsatzsteuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeit

Umsatzsteuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeit

Kernaussage
Erhalten ehrenamtliche Helfer ein Entgelt für ihre Tätigkeit, so ist dieses von der Umsatzsteuer befreit, sofern es sich lediglich um Auslagenersatz bzw. angemessene Entschädigungen für den entstandenen Zeitverlust handelt. Um der Praxis die Anwendung zu erleichtern, hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) hierzu schon im vergangenen Jahr Anwendungsgrundsätze veröffentlicht. Das Schreiben erfüllte jedoch nicht die Vorstellungen der Betroffenen, die Nachbesserungen forderten. Das BMF hat nunmehr ein überarbeitetes Schreiben veröffentlicht.

Neue Verwaltungsanweisung
Zunächst grenzt das BMF den Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit von einer hauptberuflichen Tätigkeit ab, die nicht begünstigt ist. Ein mit der Tätigkeit verbundener hoher zeitlicher Aufwand spricht gegen eine ehrenamtliche Tätigkeit, ebenso eine leitungsbezogenes Entgelt. Liegt nun eine ehrenamtliche Tätigkeit vor, so hängt die Befreiung von der Zahlung einer angemessenen Entschädigung ab. Als angemessen sieht das BMF unverändert eine Entschädigung in Höhe von 50 EUR je geleisteter Tätigkeitsstunde an, wobei die Vergütung aber insgesamt im Jahr den Betrag von 17.500 EUR nicht übersteigen darf. Zur Ermittlung der Grenze wird auf die Vergütung des Vorjahres sowie auf die voraussichtliche Höhe des laufenden Jahres abgestellt. Echter Auslagenersatz bleibt hierbei unberücksichtigt. Pauschale Vergütungen stehen zwar noch immer der Befreiung entgegen, das BMF lässt aber nun eine Ausnahme zu. Hierzu muss die Vergütung per Vertrag, in der Satzung oder durch Beschluss eines durch die Satzung legitimierten Gremiums geregelt sein. Aus der Regelung müssen sich die konkreten Tätigkeitsstunden ergeben; ferner sind die zuvor aufgeführten Betragsgrenzen (50 EUR/Std.; 17.500 EUR/Jahr) einzuhalten.

Konsequenz
Aufgrund der Definition des Begriffs der ehrenamtlichen Tätigkeit besteht die Gefahr, dass Personen, die viel Zeit in ihre ehrenamtliche Tätigkeit investieren, die Befreiung nicht in Anspruch nehmen können. Da dies dem Ziel einer Förderung des Ehrenamts widerspricht, will der Deutsche Steuerberaterverband e. V. noch einmal eine klarstellende Änderung anregen. Es ist nicht nur darauf zu achten, dass die Betragsgrenzen eingehalten werden, sondern dies sollte auch in ausreichender Form dokumentiert werden. Sollen pauschale Vergütungen gezahlt werden, müssen diese entsprechend den Vorgaben des Schreibens vertraglich geregelt werden, ansonsten droht die Steuerpflicht für sämtliche erhaltenen Vergütungen.

Besserungsfall ohne schenkungsteuerrechtliche Bedeutung

Besserungsfall ohne schenkungsteuerrechtliche Bedeutung

Kernaussage
Wird ein Besserungsschein vollentgeltlich erworben, kann der Eintritt des Besserungsfalles nicht der Schenkungsteuer unterworfen werden.

Sachverhalt
Der Kläger war an einer GmbH sowie an einer AG beteiligt. Aufgrund einer Krise der GmbH verzichtete die AG auf eine Darlehensforderung. Die AG ließ sich allerdings das Recht einräumen, dass die Forderung wiederauflebe, wenn die Krise der GmbH beseitigt sei. Dieses als Besserungsschein verbriefte Recht verkaufte die AG zum damaligen Verkehrswert von 1 EUR an den Kläger und trat den Besserungsschein ab. Einige Jahre später trat der Besserungsfall ein. Der Kläger erhielt daher von der GmbH rund 2 Mio. EUR. Das Finanzamt beurteilte den Verkauf des Besserungsscheins durch die AG als Schenkung an den Kläger. Diese Schenkung wurde mit dem Zufluss der rund 2 Mio. EUR abzüglich des Kaufpreises von 1 EUR bewertet. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen. Das Finanzgericht sah in der Übertragung einen teilentgeltlichen Vorgang und unterwarf den unentgeltlichen Part der Schenkungsteuer.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das finanzgerichtliche Urteil auf. Entgegen der Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht könne in der Übertragung des Besserungsscheins von der AG auf den Kläger keine Schenkung gesehen werden. Der zwischen Kläger und AG vereinbarte Kaufpreis von 1 EUR habe dem damaligen Verkehrswert des Besserungsscheins entsprochen. Daher habe ein vollentgeltliches Geschäft vorgelegen und für eine Schenkung sei kein Raum. Hieran vermöge auch die später eingetretene Wertsteigerung nichts zu ändern. Die Beurteilung, ob ein Vorgang unentgeltlich, teilentgeltlich oder vollentgeltlich sei, richte sich nach dem Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Da aber der Verkehrswert des Besserungsscheins bei Vertragsschluss dem Kaufpreis entsprach, sei der Vorgang als vollentgeltlich zu beurteilen.

Konsequenz
Der Verkauf einer Chance zu ihrem Marktwert führt nicht dazu, dass im Zeitpunkt der Chancenrealisation eine freigiebige Zuwendung ausgeführt wird. Schenkungssteuer fällt nicht an.

Gründungsmonitor 2013 – Gründungsgeschehen auf dem Tiefpunkt – kein Anstieg in Sicht

Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe, stellte die Hintergründe zu aktuellen Trends im Gründungsgeschehen vor. Die Analysen des diesjährigen Berichts befassen sich unter anderem mit Schwierigkeiten der Gründer in ihrem Gründungsprozess sowie mit der Einkommenssituation der Gründer.

KfW-Gründungsmonitor 2013: Weniger Gründer, aber Chancengründer als Lichtblick – KfW-Pressemitteilung vom 21. Mai 2013

Bericht zum Gründungsmonitor 2013 (PDF, 345 KB)

Tabellen- und Methodenband (PDF, 363 KB)

Präsentation (PDF, 283 KB) vom 21.05.2013

Steckbrief (PDF, 30 KB)

  • Rückgang der Gründungsaktivität setzt sich fort: Im Jahr 2012 haben sich erneut weniger Menschen in Deutschland selbstständig gemacht (-7 % ggü. 2011). Mit 775.000 Gründern wurde der niedrigste Stand seit dem Start der Befragung im Jahr 2000 erreicht. Die schwache Konjunktur, die gute Arbeitsmarktlage und die letzten Änderungen in der Existenzgründungsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) sind die Hauptgründe dafür. Im laufenden Jahr dürfte eine spürbare Belebung der Gründungsaktivität ausbleiben. 
  • Durch den Rückgang der Gründerzahl reduziert sich der direkte Bruttobeschäftigungseffekt durch Neugründungen: Von Neugründern wurden insgesamt 383.000 vollzeitäquivalente Stellen geschaffen (-14 % ggü. 2011). Davon 212.000 Stellen für die Gründer im Vollerwerb selbst und 171.000 für angestellte Mitarbeiter.
  • Es gibt deutlich mehr Chancengründer: Gründer des Jahres 2012 haben mit ihrem Gründungsprojekt also häufiger eine explizite Geschäftsidee umgesetzt als Gründer des Vorjahres (2012: 47 %; 2011: 35 %). 
  • Mehr Gründer in den Freien Berufen: Im Jahr 2012 ist der Anteil von Gründern in den Freien Berufen auf 39 % gestiegen (2011: 36 %). Seit dem Jahr 2005 hat der Anteil fast kontinuierlich zugenommen. Die Zahl der Gründer in den Freien Berufen hat sich somit gegen den Trend entwickelt (2005: 187.000; 2012: 303.000). 
  • Folgende Gründungshemmnisse sind weiter verbreitet als noch vor fünf Jahren: Bürokratische Hürden und Verzögerungen, die Belastung für die Familie, das finanzielle Risiko, Finanzierungsschwierigkeiten sowie der Verzicht auf Vorteile aus abhängiger Beschäftigung (wie Sicherheitsaspekte oder begrenzte Arbeitszeiten). 
  • Zügige Umsetzung von Gründungsplänen: Drei Viertel der Vollerwerbsgründer brauchen meist deutlich weniger als ein Jahr von der ersten Idee bis zur Umsetzung der Gründung. Im Durchschnitt sind es sieben Monate, die Gründer von der Idee bis zum Start der Selbstständigkeit benötigen. Die Hälfte der Gründer braucht weniger als drei Monate. 
  • Gründer arbeiten durchschnittlich mehr als Arbeitnehmer: Vollerwerbsgründer haben im Durchschnitt eine 48-Stunden-Woche, Nebenerwerbsgründer arbeiten durchschnittlich 13 Stunden pro Woche im Rahmen ihrer Selbstständigkeit. Die meisten Nebenerwerbsgründer haben noch eine Vollzeitbeschäftigung. Bei ihnen addiert sich die Arbeitszeit für die Selbstständigkeit und diejenige in abhängiger Beschäftigung daher zu einer mit Vollerwerbsgründern vergleichbaren Arbeitszeit. Gemessen an der Veränderung des Haushaltseinkommens zahlt sich die Selbstständigkeit meist aus. Der rechnerische Stundenlohn von Gründern liegt aufgrund der hohen Arbeitszeit aber häufig auf Niedriglohnniveau. Gründer fallen mit ihrem Haushaltseinkommen häufiger in höhere Einkommenskategorien als Arbeitnehmer. Ein großer Teil der Gründer (42 %) erzielt mit dem Schritt in die Selbstständigkeit ein höheres Haushaltsnettoeinkommen als davor. 
  • Weniger Gründer aus der Arbeitslosigkeit: Infolge der restriktiveren Ausgestaltung der Förderung durch die BA kamen erwartungsgemäß weniger Gründer aus der Arbeitslosigkeit (-32 % ggü. 2011). Viele Menschen wagen aber auch ohne BA-Förderung den Schritt aus der Arbeitslosigkeit in die Selbstständigkeit. Der Anteil der Nebenerwerbsgründer ist dabei auf 41 % gestiegen (+10 % ggü. 2011). 

Umsatzsteuer | Behandlung sog. Spar-Menüs eines Schnellrestaurantbetreibers (BFH)

Aufteilung eines Gesamtkaufpreises

 Leitsatz

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Aufteilung eines Gesamtkaufpreises nach der „einfachstmöglichen” Aufteilungsmethode zu erfolgen hat. Liefert der Unternehmer die im Rahmen eines Gesamtkaufpreises gelieferten Gegenstände auch einzeln, ist der Gesamtkaufpreis grundsätzlich nach Maßgabe der Einzelverkaufspreise aufzuteilen.

 Gesetze

UStG § 10
FGO § 69

 Instanzenzug

Schleswig-Holsteinisches FG vom 4. Oktober 2012 4 V 30/11 (EFG 2013, 172)

 Gründe

I.

1  Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine GmbH, betreibt als Franchisenehmer einer Fast-Food-Kette mehrere Schnellrestaurants. Sie lieferte ihre Produkte —Speisen und Getränke— sowohl zum Verzehr innerhalb der Restaurants, als auch zum Verzehr außer Haus. Dabei lieferte sie auch sog. „Sparmenüs”, bei denen es sich um Produktzusammenstellungen handelte, die neben Speisen wie Sandwiches und Pommes-frites auch Getränke in verschiedenen Größen umfassten. Hierfür hatte der Kunde einen Pauschalpreis zu entrichten, der unter der Summe der Einzelveräußerungspreise der Menübestandteile lag. Für den Kunden war keine Aufschlüsselung der auf die einzelnen Bestandteile des Menüs entfallenen Preise erkennbar. Lediglich aus dem Kassenzettel war für den Kunden ersichtlich, dass ein Bestandteil des Pauschalpreises mit dem ermäßigten Steuersatz und einer mit dem Regelsteuersatz besteuert wurde.

2  Den Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der Einzelpreise und dem Preis des „Sparmenüs” („Rabatt”) berücksichtigte die Antragstellerin ausschließlich bei dem —dem Regelsteuersatz unterliegenden— Getränk. Dies führte im Streitjahr 2002 dazu, dass bei einem sog. mittleren Menü der Preis für das Getränk, dessen Einzelverkaufspreis sich auf ca. 27 % der Summe aller Einzelverkaufspreise des „Sparmenüs” belief, im Rahmen des „Sparmenüs” dagegen nur noch ca. 12,6 % des Menüpreises ausmachte.

3  Grundlage hierfür war insbesondere ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 4. Oktober 2004 (auf eine Anfrage einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft), wonach ”… bei der Lieferung von Menüs, die Getränke einschließen, im Rahmen von Außer-Haus-Verkäufen keine einheitlichen Leistungen vorliegen, sondern mehrere Lieferungen ausgeführt werden. Der jeweilige Unternehmer kann das Gesamtentgelt auf die einzelnen Lieferbestandteile aufteilen. Diese Aufteilung darf jedoch im Hinblick auf die unterschiedlichen Steuersätze nicht missbräuchlich i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO) erfolgen. Damit wird den Unternehmern keine bestimmte Art der Aufteilung des Preisnachlasses vorgeschrieben. Aufgrund der besonders hohen Aufschlagssätze bei den Getränken erscheint eine Rabattgewährung überwiegend bei den Getränken durchaus gerechtfertigt zu sein, wenn die Preisbildung nicht missbräuchlich wird, d.h. das Entgelt kann nach Rabattgewährung noch als angemessen beurteilt werden. Die einzelnen Produkte, aus denen sich das Sparmenü zusammensetzt, können damit zwar unterschiedlich kalkuliert werden, für jedes Produkt des Sparmenüs muss jedoch ein angemessener Gewinnaufschlag verbleiben. Wird das Entgelt für das einzelne Produkt des Sparmenüs aufgrund eines zu geringen Gewinnaufschlags zu niedrig angesetzt, würde sich allerdings die Frage des Gestaltungsmissbrauchs im Sinne von § 42 AO stellen”.

4  Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) davon aus, dass die von der Antragstellerin vorgenommene Kaufpreisaufteilung missbräuchlich sei. Die Entgelte seien nach Einzelproduktpreisen ins Verhältnis zu setzen. Daher sei der Menüpreis in dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise der Menükomponenten „linear” aufzuteilen und so die Bemessungsgrundlagen für die Besteuerung mit dem Regelsteuersatz (Getränk) einerseits und mit dem ermäßigten Steuersatz (Speisen) andererseits zu ermitteln. Das FA erließ am 8. November 2010 entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 2002 bis 2006.

5  Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit Verfügung vom 13. Januar 2011 lehnte das FA den Antrag auf AdV der Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2006 vom 8. November 2010 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG ab.

6  Auch der beim Finanzgericht (FG) gestellte AdV-Antrag hatte keinen Erfolg. Mit dem in „Entscheidungen der Finanzgerichte” 2013, 172 veröffentlichten Beschluss entschied das FG, dass die Umsätze aus der Lieferung der sog. „Sparmenüs”, die zu einem Pauschalpreis angeboten wurden, als „Außer-Haus-Menüs” hinsichtlich der Speisen dem ermäßigten Steuersatz und hinsichtlich des Getränks dem Regelsteuersatz unterlägen. Es sei keine einheitliche Leistung, sondern eine Mehrheit von Leistungen gegeben, die jeweils eigenständig zu beurteilen seien. Der auf die Speisen und auf die Getränke entfallende Teil des Entgelts sei unter Anwendung der einfachst möglichen Berechnungsmethode zu ermitteln. Aus Gründen der Einfachheit und Transparenz bezüglich der Marktpreise sei es sachgerecht, grundsätzlich auf die jeweiligen Einzelveräußerungspreise der Menükomponenten abzustellen. Auf dieser Grundlage sei es unter geringem Ermittlungs- und Berechnungsaufwand auf einfache Weise möglich, das pauschale Entgelt für das Menü in dem Verhältnis, in welchem die Einzelveräußerungspreise der Komponenten zueinander stünden, sachgerecht aufzuteilen. Es bedürfe für diese Form der Ermittlung allein der Heranziehung der im jeweiligen Streitjahr angesetzten Verkaufspreise und des Menüpreises, so dass die Berechnung bei einem aus drei Komponenten bestehenden Menü und gleichbleibenden Verkaufspreisen leicht ermittelbar sei. Dabei entspreche es auch dem Erfordernis der Einfachheit, den Menüpreis im Verhältnis der bekannten Einzelverkaufspreise aufzuteilen und nicht etwa eine oder zwei Komponente(n) mit ihrem Einzelverkaufspreis anzusetzen und den Wert der anderen Komponenten aus der Differenz zwischen diesem Einzelverkaufspreis und dem Pauschalpreis zu ermitteln. Denn bei letzterer Vorgehensweise müsse zudem ein plausibler und sachgerechter Maßstab für die Frage gefunden werden, welche Komponente(n) als Ausgangsgröße(n) heranzuziehen wäre(n) und —wenn nur eine Komponente mit ihrem Einzelverkaufspreis herangezogen werde— wie sich der Restbetrag auf die verbleibenden Menübestandteile verteile. Diese Problematik stelle sich bei einer Aufteilung im Verhältnis der Einzelverkaufspreise nicht.

7  Die Wahl einer Methode auf der Grundlage tatsächlicher Kosten sei dagegen mit einem nicht nur einmaligen Ermittlungs- und Berechnungsaufwand verbunden, sondern wäre bei unterjährig schwankenden Einkaufspreisen ggf. mehrfach anzupassen. Es müsste neben dem Ausgangswert des Einstandspreises zusätzlich die Streitfrage der jeweiligen Marge pro Menübestandteil geklärt werden, um zu einem konkreten Preis für die Einzelleistungen zu gelangen. Die Antragstellerin habe auch keine transparente, nachvollziehbare einheitliche Methode angewendet. Vielmehr schwankten die auf die Menübestandteile entfallenen Preise, Margen bzw. Aufschlagssätze je nach Art des Menüs und über die Streitjahre hinweg nach einem sich nicht erschließenden System. Die hiergegen vorgebrachten Argumente der Antragstellerin, dass lediglich beim Getränk hinreichend Spielraum für eine Rabattgewährung bestünde, und dass eine verhältnismäßige Rabattgewährung zu einem negativen Rohgewinnaufschlagsatz bei den Hamburgern führen könnte, griffen nicht durch. Denn der Rabatt werde ausschließlich auf das Gesamtpaket in seiner jeweiligen —unveränderbaren— Zusammenstellung gewährt. Ob das Anbieten eines solchen Leistungspakets zum jeweiligen Pauschalpreis unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten sinnvoll sei, hänge davon ab, in welchem Verhältnis die gesamten Kosten aller Menübestandteile zum pauschalen Verkaufspreis stünden. Es sei insoweit nicht ersichtlich, dass eine rein interne Zuordnung der Verkaufspreise vornehmlich auf die Speisen wirtschaftliche Vorteile für die Antragstellerin habe. Durch die interne „Verschiebung” der Bemessungsgrundlagen werde weder der Gesamtaufwand für die Menükomponenten noch die Summe des eingenommenen Geldes verändert. Es sei nicht erkennbar, weshalb es sich —bei insgesamt gleichbleibenden Kosten und Einnahmen— als wirtschaftlich ungünstig erweisen sollte, wenn bei der internen Zuordnung der auf einzelne (untrennbare) Menükomponenten entfallene Rohgewinnaufschlag negativ würde.

8  Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der vom FG zugelassenen Beschwerde. Die Kunden hätten die Kaufpreisaufteilung der Antragstellerin akzeptiert. Die Wahl des Aufteilungsmaßstabes unterliege der Privatautonomie. Es bestehe Preisbestimmungsautonomie. Aufgrund der hohen Aufschläge könne eine Rabattgewährung überwiegend bei den Getränken gerechtfertigt sein. Es entspreche betriebswirtschaftlichen und kaufmännischen Grundsätzen der Preisbildung, die Preisermäßigung auf den Produktteil mit dem höchsten Kalkulationsaufschlag zu gewähren. Den Vorgaben des BMF sei zu folgen. Im Hinblick auf die hohen Margen bei den Getränken sei der Rabatt bei deren Lieferung vorrangig zu berücksichtigen gewesen. Es liege kein Gestaltungsmissbrauch vor. Zumindest sei Vertrauensschutz zu gewähren. Zu berücksichtigen sei auch die Rechtsprechung zur Vorsteueraufteilung.

9  Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des FG aufzuheben und die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2006 vom 8. November 2010 auszusetzen.

10  Das FA beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

11  Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

12  1. Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung seit dem Beschluss des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 10. Februar 1967 III B 9/66 , BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182; BFH-Beschluss vom 20. Juli 2012 V B 82/11 , BFHE 237, 545 , BStBl II 2012, 809, unter II.1.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 237, 545 , BStBl II 2012, 809, unter II.1.; vom 7. September 2011 I B 157/10, BFHE 235, 215 , BStBl II 2012, 590, unter II.2.). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (BFH-Beschluss in BFHE 237, 545 , BStBl II 2012, 809, unter II.1.).

13  2. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Antragstellerin im Rahmen des „Sparmenüs” zwei Lieferungen, die des Getränks und die der Speise ausgeführt hat. Offen bleiben kann im Streitfall, ob das FA im Hinblick auf die Lieferung der Speise zu Recht von einer Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Verbindung mit einer in der Anlage zum UStG genannten Position des Zolltarifs ausgegangen ist. Denn wie das FG zutreffend entschieden hat, bestehen keinerlei ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom FA vorgenommenen Rabattaufteilung.

14  a) Im summarischen Verfahren geht der Senat —ohne darüber abschließend zu entscheiden— zugunsten der Antragstellerin davon aus, dass die Speisenlieferung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt und die Antragstellerin Gegenstände geliefert hat, die teils dem ermäßigten Steuersatz und teils —als Getränk— dem Regelsteuersatz unterliegen.

15  Wie das FG zutreffend entschieden hat und im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, kommt es durch die Zusammenfassung von Speise und Getränk im Rahmen eines zum Mitnehmen bestimmten „Sparmenüs” umsatzsteuerrechtlich nicht zu einer einzigen Lieferung; es ist vielmehr bei der gebotenen summarischen Prüfung von zwei selbständigen Lieferungen auszugehen.

16  b) Ist somit im summarischen Verfahren von zwei unterschiedlich zu besteuernden Lieferungen auszugehen, ist der einheitliche Preis für das Menü in zwei Entgeltbestandteile aufzuteilen.

17  aa) Wie der EuGH in seinem Urteil vom 25. Februar 1999 C-349/96, CPP (Slg. 1999, I-973 Rdnr. 31) unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 22. Oktober 1998 C-308/96 und C-94/97, Madgett und Baldwin (Slg. 1998, I-6229) entschieden hat, ist, wenn „Kunden trotz des einheitlichen Preises aus ihrer Sicht zwei gesonderte Dienstleistungen erwerben, nämlich eine Versicherungsdienstleistung und eine Kartenregistrierungsdienstleistung,…der Teil des einheitlichen Preises, der sich auf die Versicherungsdienstleistung bezieht und jedenfalls von der Steuer befreit bliebe, herauszurechnen”. Dabei ist die „einfachstmögliche Berechnung- oder Bewertungsmethode” zu verwenden. Nach dieser Rechtsprechung, der sich der BFH angeschlossen hat (BFH-Urteile vom 31. Mai 2001 V R 97/98 , BFHE 194, 555 , BStBl II 2001, 658, unter II.1.d, und vom 7. Oktober 2010 V R 12/10, BFHE 231, 349 , BStBl II 2011, 303, unter II.4.b), ist ein einheitliches Entgelt, das für zwei unterschiedlich zu besteuernde Leistungen entrichtet wird, zum einen aufzuteilen, wobei zum anderen die Aufteilungsmethode zu verwenden ist, die „einfachstmöglich” ist.

18  bb) Der Senat hat dabei im Streitfall nicht zu entscheiden, ob die danach erforderliche Entgeltaufteilung nach der „einfachstmöglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode” jegliches Ermessen des Unternehmers hinsichtlich der Aufteilung ausschließt oder ob für den Unternehmer entsprechend dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 4 UStG die Befugnis zu einer sachgerechten Schätzung besteht. Denn sachgerecht in diesem Sinne ist die vom FA vorgenommene „lineare” Verteilung des Rabattbetrags für das „Sparmenü” nach dem Verhältnis der Einzelverkaufspreise, nicht aber die von der Antragstellerin erstrebte Aufteilung nach den Kosten der beiden Lieferungen, die bereits nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin zu einer komplexen Berechnung zur Aufteilung des Gesamtpreises zwingt, wie das FG zutreffend —insbesondere unter Hinweis auf unterjährige Kostenschwankungen— entschieden hat.

19  cc) Ob eine hiervon abweichende Beurteilung dann in Betracht kommen könnte, wenn die lineare Aufteilung des Gesamtverkaufspreises nach Maßgabe der Einzelverkaufspreise für eine der im Rahmen des „Sparmenüs” erfolgten Einzellieferungen zu einem Entgelt unter dem Nettoeinkaufspreis führt, ist im Streitfall, dem eine derartige Fallgestaltung weder im Hinblick auf Getränke noch im Hinblick auf die von der Antragstellerin zubereiteten Speisen zugrunde liegt, nicht zu entscheiden.

20  dd) Dem von der Antragstellerin als maßgeblich angesehenen Gesichtspunkt der Preisbestimmungs- und Preisaufteilungsautonomie kommt keine Bedeutung zu. Die Antragstellerin hat ihre Preisbestimmungsautonomie durch die Bildung des von ihr gewählten Gesamtpreises ausgeübt. Eine weiter gehende Preisaufteilungsautonomie im Sinne einer Entscheidungsfreiheit über die sich hieraus ergebenden steuerrechtlichen Rechtsfolgen besteht nicht.

21  ee) Schließlich kann sich die Antragstellerin für die von ihr erstrebte Berücksichtigung des Rabatts bei der Getränkelieferung nicht mit Erfolg auf das von ihr zitierte BMF-Schreiben vom 4. Oktober 2004 berufen, in dem auf einen Beschluss der „Abteilungsleiter” verwiesen wird. Für die dort vertretene Auffassung, wonach aufgrund „der besonders hohen Aufschlagssätze bei den Getränken…eine Rabattgewährung überwiegend bei den Getränken durchaus gerechtfertigt zu sein [erscheint]”, ist eine —mit der EuGH-Rechtsprechung vereinbare— Rechtsgrundlage nicht ersichtlich. Die dort vertretene Rechtsauffassung ist für die Gerichte im finanzgerichtlichen Verfahren zudem ebenso unbeachtlich, wie eine amtlich veröffentlichte Verwaltungsanweisung, der nur norminterpretierender Charakter zukommt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10. November 2011 V R 34/10 , BFH/NV 2012, 803 , m.w.N.). Sie ist daher nicht geeignet, Vertrauensschutz zu begründen.

Bilanzierung | Ausbuchung einer Körperschaftsteuererstattungsforderung (BFH)

Steuerneutralität der berichtigenden Ausbuchung einer Körperschaftsteuererstattungsforderung (sog. Stornierungsgedanke)

 Leitsatz

Die Ausbuchung einer nicht bestehenden Körperschaftsteuererstattungsforderung durch Bilanzberichtigung in einem späteren Wirtschaftsjahr ist auch dann durch außerbilanzielle Hinzurechnung auszugleichen, wenn die erstmalige Aktivierung in dem früheren Wirtschaftsjahr entgegen § 10 Nr. 2 KStG 1991 nicht außerbilanziell neutralisiert worden war (Abgrenzung zum Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2009 I R 43/08, BFHE 227, 469, BStBl II 2012, 688).

 Gesetze

EStG 1990 § 4 Abs. 2 Satz 1
KStG 1991 § 10 Nr. 2

 Instanzenzug

Hessisches FG vom 6. Juli 2011 4 K 1358/10

 Gründe

I.

1  Die Beteiligten streiten darüber, ob die auf die Grundsätze der Bilanzberichtigung und des formellen Bilanzenzusammenhangs gestützte Ausbuchung einer Forderung auf Körperschaftsteuererstattung auf der Grundlage des § 10 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1991) außerbilanziell zu neutralisieren ist. Streitjahr ist 1995.

2  Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, beschloss im Jahr 1993 eine Gewinnausschüttung für das Jahr 1991. Hierdurch ergab sich für 1991 eine Körperschaftsteuerminderung in Höhe von 593.750 DM. Den hieraus resultierenden Körperschaftsteuererstattungsanspruch aktivierte die Klägerin erstmals in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1992. Außerbilanziell zog sie einen Betrag in entsprechender Höhe bei der Ermittlung ihres Einkommens wieder ab.

3  Im Rahmen einer die Jahre 1990 bis 1994 betreffenden Außenprüfung korrigierte der Prüfer diese bilanzielle Behandlung und aktivierte den auf der Ausschüttung beruhenden Erstattungsanspruch unter Hinweis auf § 27 Abs. 3 KStG 1991 bereits zum 31. Dezember 1991. Hieraus folgte eine entsprechende Erhöhung des Steuerbilanzergebnisses für das Jahr 1991. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens für das Jahr 1991 zog der Prüfer dann auf der Grundlage des § 10 Nr. 2 KStG 1991 außerbilanziell einen entsprechenden Betrag wieder ab.

4  Die von der Klägerin in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1992 vorgenommene Aktivierung des Körperschaftsteuererstattungsanspruchs von 593.750 DM, die auf der Grundlage der Bilanz der Klägerin im Jahr 1992 zu einem entsprechenden steuerbilanziellen Ertrag geführt hatte, korrigierte der Prüfer nicht. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens für das Jahr 1992 berücksichtigte er abweichend von der Steuererklärung der Klägerin insoweit auch keinen Korrekturbetrag nach Maßgabe von § 10 Nr. 2 KStG 1991.

5  Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) folgte den Ergebnissen des Prüfers und setzte auf dieser Grundlage die Körperschaftsteuer für 1992 entsprechend fest. Der Bescheid ist —ebenso wie die Körperschaftsteuerbescheide für 1993 und 1994— bestandskräftig geworden.

6  Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses für das Streitjahr kam die Klägerin zu der Erkenntnis, ihr Bilanzgewinn für 1992 sei auf der Grundlage der Berechnungen des Prüfers um 593.750 DM zu hoch ausgewiesen; die Körperschaftsteuererstattungsforderung sei in dieser Höhe sowohl 1991 als auch 1992 gewinnerhöhend berücksichtigt worden. Aufgrund der Bestandskraft der darauf basierenden Steuerfestsetzungen für 1992 bis 1994 korrigierte die Klägerin dies in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 1995 in der Weise, dass sie die sich aus der Außenprüfung für 1990 bis 1994 ergebenden Steuererstattungsansprüche und Steuerschulden in die Bilanz einstellte und das Steuerbilanzergebnis durch Ausbuchung eines Körperschaftsteuererstattungsanspruchs per Saldo um den Betrag von 593.750 DM minderte.

7  Auch nach Auffassung des FA hätte der Erstattungsbetrag in der Bilanz zum 31. Dezember 1992 nicht (nochmals) gewinnerhöhend angesetzt werden dürfen und sei die von der Klägerin für das Streitjahr vorgenommene Bilanzberichtigung nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs zulässig. Jedoch sei die den Fehler beseitigende Korrektur des Bilanzergebnisses bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens durch eine korrigierende Hinzurechnung nach § 10 Nr. 2 KStG 1991 in gleicher Höhe zu neutralisieren.

8  Auf dieser Grundlage änderte das FA die Bescheide über die Festsetzung der Körperschaftsteuer für 1995 und die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG 1991 zum 31. Dezember 1995. Die deswegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das Hessische Finanzgericht (FG) hat die angefochtenen Bescheide dahin geändert, dass das zu versteuernde Einkommen der Klägerin für 1995 um 593.750 DM niedriger angesetzt wird. Sein Urteil vom 6. Juli 2011 4 K 1358/10 ist in Der Konzern 2012, 83 abgedruckt.

9  Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des FA.

10  Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

11  Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

12  Die Revision ist begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FA hat der von der Klägerin in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1995 vorgenommenen Forderungsausbuchung zu Recht keine steuermindernde Wirkung beigemessen.

13  1. Aus den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ergibt sich nicht mit letzter Sicherheit, dass die Ausbuchung der Körperschaftsteuererstattungsforderung in der Schlussbilanz zum 31. Dezember des Streitjahres eine nach § 4 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1990) zulässige Bilanzberichtigung gewesen ist.

14  a) Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 darf der Steuerpflichtige die Bilanz auch nach Einreichung beim FA ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften jenes Gesetzes nicht entspricht. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist, wenn ein fehlerhafter Bilanzansatz in einem bestandskräftig gewordenen Steuerbescheid berücksichtigt worden ist und jener Bescheid aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht geändert werden kann, bei der Steuerfestsetzung für ein nachfolgendes Jahr als „Betriebsvermögen zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres” i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 das der früheren Veranlagung zugrunde gelegte Betriebsvermögen zu berücksichtigen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 29. November 1965 GrS 1/65 S, BFHE 84, 392, BStBl III 1966, 142; BFH-Urteile vom 7. Juni 1988 VIII R 296/82, BFHE 153, 407, BStBl II 1988, 886; vom 28. April 1998 VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443). Die Korrektur ist in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist (Prinzip des formellen Bilanzenzusammenhangs, vgl. z.B. Senatsurteil vom 13. Februar 2008 I R 44/07, BFHE 220, 429, BStBl II 2008, 673, m.w.N.).

15  b) Auf den Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs stützt die Klägerin die Ausbuchung der Forderung auf Steuererstattung in der Bilanz zum 31. Dezember 1995. Sie möchte damit den Fehler korrigieren, der dadurch entstanden ist, dass bei der Steuerfestsetzung des Veranlagungszeitraums 1992 aufgrund eines Versehens des Prüfers die aus der Gewinnausschüttung für 1991 resultierende Körperschaftsteuererstattungsforderung gewinnerhöhend berücksichtigt worden ist, obwohl sie bereits in der der Besteuerung des Vorjahres zugrunde gelegten (Prüfer-)Bilanz zum 31. Dezember 1991 aktiviert worden war.

16  c) Aufgrund der Bestandskraft der Steuerveranlagungen für 1992 bis 1994 ist der Veranlagungszeitraum 1995 im Streitfall zwar der erste verfahrensrechtlich noch „offene” Veranlagungszeitraum, in dem eine Bilanzberichtigung erfolgen könnte. Ob eine Fehlerkorrektur nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 in der Bilanz zum 31. Dezember 1995 möglich ist, hängt jedoch davon ab, ob der der Besteuerung des Jahres 1992 zugrunde liegende Fehler gemäß der Annahme der Vorinstanz und der Beteiligten tatsächlich darin bestanden hat, dass die in der Prüferbilanz zum 31. Dezember 1991 aktivierte Körperschaftsteuererstattungsforderung (die ja auch zum 31. Dezember 1992 noch existiert hat und deshalb weiterhin in der Bilanz auszuweisen war) insgesamt zweimal aktiviert worden war.

17  Anhand der insoweit nicht ganz trennscharfen tatrichterlichen Feststellungen ist aber nicht völlig ausgeschlossen, dass der Fehler letztlich nicht in einer abermaligen Aktivierung des Erstattungsanspruchs, sondern in einer unrichtigen Ermittlung des Unterschiedsbetrages nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1990 bestanden hat: Als Anfangsvermögen des Veranlagungszeitraums 1992 könnte nicht das der Besteuerung des Jahres 1991 tatsächlich zugrunde gelegte Schlussvermögen zum 31. Dezember 1991 angesetzt worden sein, sondern ein um den Betrag der Erstattungsforderung zu geringer Wert, so wie er sich aus der ursprünglichen Bilanzierung der Klägerin für 1991 ergeben hatte. Ein derartiger Fehler bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags wäre kein nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 berichtigungsfähiger Bilanzierungsfehler (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Juni 2010 X B 40/10, BFH/NV 2010, 1632; Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 4 Rz 710). Berichtigt werden kann danach nur die Vermögensübersicht (Bilanz), nicht aber ein außerhalb der Bilanzansätze (bzw. der Verbuchung von Entnahmen und Einlagen, s. BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 IV R 54/05, BFHE 218, 188, BStBl II 2008, 665) liegender Fehler bei der Gewinnermittlung. Dieser kann nur —in den Grenzen der Bestandskraft der betreffenden Steuerbescheide— durch Berichtigung der fehlerhaften Veranlagung beseitigt werden und nicht über die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs in einem späteren Veranlagungszeitraum.

18  2. Die Frage der Zulässigkeit der Korrektur kann jedoch für die Entscheidung des Streitfalls offenbleiben. Denn selbst wenn die von der Klägerin zum Fehlerausgleich in der Bilanz zum 31. Dezember 1995 vorgenommene Ausbuchung einer Körperschaftsteuererstattungsforderung von 593.750 DM als Maßnahme der Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 zulässig gewesen wäre, hätte dies im Ergebnis keine Auswirkungen auf den von der Klägerin für das Streitjahr zu versteuernden Gewinn gehabt. Denn die sich daraus ergebende Minderung des Steuerbilanzgewinns hätte dem Gewinn entsprechend § 10 Nr. 2 KStG 1991 außerbilanziell wieder hinzugerechnet werden müssen.

19  a) Nach § 10 Nr. 2 KStG 1991 sind u.a. die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern —also auch die Körperschaftsteuer— nichtabziehbare Aufwendungen. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Aktivierung eines Anspruchs auf Erstattung derartiger Steuern das zu versteuernde Einkommen nicht erhöhen (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 1991 I R 26/91, BFHE 167, 32, BStBl II 1992, 686; Senatsbeschlüsse vom 20. November 2007 I R 54/05, BFH/NV 2008, 617; vom 15. Juli 2008 I B 16/08, BFHE 222, 396, BStBl II 2008, 886; vom 16. Dezember 2009 I R 43/08, BFHE 227, 469, BStBl II 2012, 688) und dementsprechend die Ausbuchung eines solchen Erstattungsanspruchs im Wege der Bilanzberichtigung das zu versteuernde Einkommen nicht mindern darf.

20  b) Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, bei der zum 31. Dezember 1992 ggf. ein weiteres Mal aktivierten (und zum 31. Dezember 1995 ausgebuchten) Forderung handele es sich im Grunde nicht um eine Körperschaftsteuererstattungsforderung, sondern um ein rechtliches Nullum („Luftposten”), auf welches § 10 Nr. 2 KStG 1991 nicht anwendbar sei. Wird eine Forderung in einer Bilanz versehentlich zweimal aktiviert, fehlt es zwar für eine der Buchungen an einer materiell-rechtlichen Grundlage. Aus bilanzrechtlicher Sicht werden aber gleichwohl zwei Bilanzansätze mit identischem rechtlichem Gehalt abgebildet und nicht einerseits eine „echte” Forderung und andererseits ein rechtliches Nullum. Hiervon ist auch bei Ausbuchung der Posten auszugehen.

21  c) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die Anwendung des § 10 Nr. 2 KStG 1991 im Streitfall nicht deshalb ausgeschlossen, weil eine etwaige doppelte Aktivierung der Erstattungsforderung im Jahr 1992 fehlerhaft nicht durch eine entsprechende doppelte außerbilanzielle Gewinnkürzung neutralisiert worden war. Das FG beruft sich insoweit auf den Senatsbeschluss in BFHE 227, 469, BStBl II 2012, 688, der sich mit der korrigierenden Auflösung von Rückstellungen für nach § 10 Nr. 2 KStG 1996 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) im Korrekturjahr nicht mehr abziehbare Nachzahlungszinsen für Personensteuern befasst. Nach diesem Beschluss folgt aus dem sog. Stornierungsgedanken, dass die spätere Korrektur der Bilanz grundsätzlich erfolgswirksam zu erfolgen hat, wenn auch der Bilanzierungsfehler sich an der Fehlerquelle erfolgswirksam ausgewirkt hatte. Hieraus hat das FG für den Streitfall darauf geschlossen, dass für das Streitjahr eine außerbilanzielle Neutralisierung der Forderungsausbuchung entsprechend § 10 Nr. 2 KStG 1991 zu unterbleiben habe, weil sich der Bilanzierungsfehler im Jahr 1992 erfolgswirksam ausgewirkt habe.

22  Dieser Folgerung schließt sich der Senat nicht an. Denn nach der objektiven Rechtslage hätte die in der Veranlagung für 1992 (fälschlich) zugrunde gelegte Gewinnerhöhung aufgrund des zweifachen Ansatzes der Körperschaftsteuererstattungsforderung entsprechend § 10 Nr. 2 KStG 1991 außerbilanziell neutralisiert werden müssen. Und bei der Anwendung des Stornierungsgedankens ist auf die jeweilige objektive Rechtslage abzustellen: Nur dann, wenn der Bilanzierungsfehler sich nach der im Veranlagungszeitraum der Fehlerquelle bestehenden Rechtslage auf den zu versteuernden Gewinn ausgewirkt hat, ist auch die spätere Korrekturmaßnahme als steuerwirksam zu behandeln. Eine etwaige Falschbehandlung des Fehlers im Hinblick auf die Steuerwirksamkeit nach § 10 Nr. 2 KStG 1991 im Jahr der Fehlerquelle ist nicht durch eine nochmalige —gegenläufige— Falschbehandlung im Jahr der Korrektur auszugleichen. Denn eine solche Handhabung würde zu dem systematisch unzutreffenden Ergebnis führen, dass ein nicht die Steuerbilanz betreffender Fehler bei der Gewinnermittlung —hier die unterlassene außerbilanzielle Gewinnkorrektur für das Jahr 1992— mittels Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1990 noch in späteren Veranlagungszeiträumen ausgeglichen werden könnte.

23  3. Der auch für das Steuerrechtsverhältnis geltende Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. z.B. Senatsurteil vom 24. April 2007 I R 16/06, BFHE 218, 102, BStBl II 2007, 707), auf den sich die Klägerin in erster Instanz berufen hat, erfordert kein abweichendes Ergebnis. Zwar war ein (seinerzeit von allen Beteiligten übersehener) Fehler in der Berechnung des Prüfers Ursache für die Besteuerung eines tatsächlich nicht entstandenen Gewinns im Veranlagungszeitraum 1992. Das FA ist jedoch weder verpflichtet noch befugt, diesen Fehler durch Festsetzung einer gemessen an den gesetzlichen Vorschriften zu geringen Körperschaftsteuer im Veranlagungszeitraum 1995 auszugleichen.

Umsatzsteuer | Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung (EuGH)

Umsatzsteuer: Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung

 Leitsatz

1. Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es nicht verwehrt, dem Verkäufer unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens den Anspruch auf Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung zu versagen, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass der Verkäufer seinen Nachweispflichten nicht nachgekommen ist oder dass er wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers verknüpft war, und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um seine eigene Beteiligung an dieser Steuerhinterziehung zu verhindern.

2. Dem Verkäufer kann die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Sinne von Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht allein deshalb versagt werden, weil die Steuerverwaltung eines anderen Mitgliedstaats eine Löschung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers vorgenommen hat, die zwar nach der Lieferung des Gegenstands erfolgt ist, aber auf einen Zeitpunkt vor der Lieferung zurückwirkt.

 Instanzenzug

Baranya Megyei Bíróság (Ungarn) – 18.5.2011EuGH C-273/11

 Entscheidungsgründe:

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 (ABl. L 326, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2006/112).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mecsek-Gabona Kft (im Folgenden: Mecsek-Gabona) und der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Dél-dunántúli Regionális Adó Fõigazgatósága (Regionalfinanzdirektion Dél-dunántúl, im Folgenden: Fõigazgatóság) wegen Ablehnung des Antrags von Mecsek-Gabona auf Mehrwertsteuerbefreiung eines von ihr als eine innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen eingeordneten Umsatzes durch die Fõigazgatóság.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 2006/112

3 Die Richtlinie 2006/112 hat gemäß ihren Art. 411 und 413 mit Wirkung zum 1. Januar 2007 die auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer bestehenden Unionsvorschriften, insbesondere die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) aufgehoben und ersetzt.

4 Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i der Richtlinie 2006/112 bestimmt:

„(1) Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

b) der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt

i) durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, wenn der Verkäufer ein Steuerpflichtiger ist, der als solcher handelt, …”

5 Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:

„Als ‚Lieferung von Gegenständen‘ gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.”

6 Titel IX der Richtlinie 2006/112 („Steuerbefreiungen”) besteht aus zehn Kapiteln, von denen das erste allgemeine Bestimmungen enthält. Art. 131, der einzige Artikel dieses Kapitels, lautet:

„Die Steuerbefreiungen der Kapitel 2 bis 9 werden unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen.”

7 Art. 138 Abs. 1 in Kapitel 4 („Steuerbefreiungen bei innergemeinschaftlichen Umsätzen”) des Titels IX der Richtlinie 2006/112 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert werden von der Steuer, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt.”

8 Die Art. 131 und 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 entsprechen inhaltlich im Wesentlichen Art. 28c Teil A Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie in der Fassung der Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18).

9 Titel XI der Richtlinie 2006/112 („Pflichten der Steuerpflichtigen und bestimmter nichtsteuerpflichtiger Personen”) enthält u. a. ein Kapitel 2 („Identifikation”) und ein Kapitel 3 („Rechnungstellung”).

10 In Art. 214 in diesem Kapitel 2 heißt es:

„(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit folgende Personen jeweils eine individuelle Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer erhalten:

b) jeder Steuerpflichtige und jede nichtsteuerpflichtige juristische Person, der bzw. die gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Mehrwertsteuer unterliegende innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen bewirkt oder von der Möglichkeit des Artikels 3 Absatz 3, seine bzw. ihre innergemeinschaftlichen Erwerbe der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, Gebrauch gemacht hat;

…”

11 Art. 220 Abs. 1 in Kapitel 3 des genannten Titels bestimmt:

„Jeder Steuerpflichtige stellt in folgenden Fällen eine Rechnung entweder selbst aus oder trägt dafür Sorge, dass eine Rechnung vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder in seinem Namen und für seine Rechnung von einem Dritten ausgestellt wird:

3. Er liefert Gegenstände unter den Voraussetzungen des Artikels 138.

…”

12 Art. 226 in diesem Kapitel 3 sieht vor:

„Unbeschadet der in dieser Richtlinie festgelegten Sonderbestimmungen müssen gemäß den Artikeln 220 und 221 ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke nur die folgenden Angaben enthalten:

4. die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer im Sinne des Artikels 214, unter der der Erwerber oder Dienstleistungsempfänger eine Lieferung von Gegenständen oder eine Dienstleistung, für die er Steuerschuldner ist, oder eine Lieferung von Gegenständen nach Artikel 138 erhalten hat;

…”

Ungarisches Recht

13 Art. 89 Abs. 1 des Gesetzes Nr. CXXVII aus dem Jahr 2007 über die Mehrwertsteuer (Általános forgalmi adóról szóló 2007. évi CXXVII. Törvény, Magyar Közlöny 2007/128) bestimmt:

„Befreit sind – vorbehaltlich der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 – Lieferungen von Gegenständen, die nachweislich von Ungarn aus ins innergemeinschaftliche Ausland versandt oder befördert werden, unabhängig davon, ob der Versand oder die Beförderung durch den Verkäufer, den Erwerber oder einen Dritten erfolgt, der für Rechnung des Verkäufers oder des Erwerbers handelt, an einen anderen Steuerpflichtigen, der als solcher nicht in Ungarn, sondern in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft tätig ist, oder aber an eine juristische Person, die, ohne Steuerpflichtiger zu sein, in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft registriert und zur Steuerzahlung verpflichtet ist.”

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

14 Mecsek-Gabona ist ein ungarisches Unternehmen, zu dessen Kerngeschäft der Großhandel mit Getreide, Tabak, Saatgut und Futtermitteln gehört.

15 Am 28. August 2009 schloss die Klägerin in der Absicht, eine mehrwertsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen vorzunehmen, einen Kaufvertrag mit der in Italien ansässigen Handelsgesellschaft Agro-Trade srl (im Folgenden: Agro-Trade), in dem die Lieferung von 1 000 Tonnen Raps (mit einer Abweichung nach oben oder unten von 10 %) zum Preis von 71 500 HUF/Tonne vereinbart wurde.

16 Im Hinblick auf die Kaufvertragsdurchführung wurde bezüglich der Menge vereinbart, maßgeblich seien das Gewicht der Fracht bei Verladung auf dem Gelände der Verkäuferin in Szentlõrinc (Ungarn), bescheinigt durch Wiegescheine, und die auf Grundlage des ermittelten Gewichts ausgestellten Rechnungen. Die Erwerberin übernahm die Verpflichtung, das Beförderungsmittel bereitzustellen und die Ware in einen anderen Mitgliedstaat zu befördern.

17 Vor der Durchführung der Frachtbeförderung teilte die Erwerberin die amtlichen Kennzeichen der Fahrzeuge mit, die die Ware bei Mecsek-Gabona abholen würden. Nach Verwiegung der Fahrzeuge wurden die Gewichtsbeträge der erworbenen Produkte in den CMR -Frachtbriefen (dies sind Beförderungsdokumente, die auf der Grundlage des am 19. Mai 1956 in Genf unterzeichneten Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr in der Fassung des Protokolls vom 5. Juli 1978 ausgestellt werden) vermerkt, und die Frachtführer führten von ihnen abgestempelte Lieferscheine mit sich. Die Verkäuferin erstellte eine Kopie des ersten Exemplars der ausgefüllten Frachtbriefe, die Originale verblieben im Besitz der Frachtführer. Die fortlaufend durchnummerierten 40 CMR -Frachtbrief-Exemplare wurden der Verkäuferin per Post von der Anschrift der Erwerberin in Italien aus zugesandt.

18 Am 4. September 2009 wurden für den im Ausgangsverfahren fraglichen mehrwertsteuerbefreiten Umsatz zwei Rechnungen über Beträge von 34 638 175 HUF und 34 555 235 HUF ausgestellt, die mengenmäßig 484,45 Tonnen bzw. 483,29 Tonnen Raps entsprachen. Einige Tage nach der Lieferung wurde der Betrag der ersten Rechnung durch eine natürliche Person ungarischer Staatsangehörigkeit bezahlt, die den genannten Geldbetrag auf das Bankkonto von Mecsek-Gabona einzahlte. Die zweite Rechnung, die innerhalb von acht Monaten nach Lieferung zu begleichen war, wurde hingegen nicht bezahlt.

19 Aus einer Anfrage der Klägerin des Ausgangsverfahrens am 7. September 2009 beim Register der Steuerpflichtigen ging hervor, dass Agro-Trade zu diesem Zeitpunkt über eine gültige Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer verfügte.

20 Anlässlich der Überprüfung des Steuerbescheids von Mecsek-Gabona richtete die ungarische Steuerverwaltung ein Auskunftsersuchen nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG ) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 (ABl. L 264, S. 1) an die italienischen Behörden. Diese teilten mit, dass Agro-Trade nicht ausfindig gemacht werden könne und sich unter der Adresse des registrierten Gesellschaftssitzes ein Privathaus befinde. Unter dieser Adresse sei keine Gesellschaft mit diesem Namen registriert worden. Da Agro-Trade nie Mehrwertsteuer abgeführt hatte, war sie der italienischen Steuerverwaltung auch nicht bekannt. Die italienische Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer dieses Unternehmens war am 14. Januar 2010 rückwirkend zum 17. April 2009 im Register gelöscht worden.

21 Auf der Grundlage dieses Sachverhalts vertrat die erstinstanzliche ungarische Steuerbehörde die Auffassung, dass Mecsek-Gabona im Steuerverfahren nicht habe nachweisen können, dass eine mehrwertsteuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen stattgefunden habe, und setzte mit Bescheid vom 7. September 2010 gegen Mecsek-Gabona für die Mehrwertsteuer des Monats September 2009 eine Steuerschuld in Höhe von 17 298 000 HUF nebst einer Geldbuße in Höhe von 1 730 000 HUF und einem Verspätungszuschlag in Höhe von 950 000 HUF fest.

22 Mit Entscheidung vom 18. Januar 2011 bestätigte die Fõigazgatóság den Bescheid der erstinstanzlichen Steuerbehörde. Sie war der Auffassung, dass Mecsek-Gabona über ein Dokument hätte verfügen müssen, mit dem sie die Auslieferung der Ware und ihre Beförderung in einen anderen Mitgliedstaat hätte nachweisen können. Da sie bei der Überprüfung eine solche Urkunde nicht habe beibringen können oder diese nicht als beweiskräftig anzusehen sei, schulde sie Mehrwertsteuer für den im Ausgangsverfahren fraglichen Umsatz, es sei denn, sie habe das Geschäft in gutem Glauben durchgeführt.

23 Nach Ansicht der Fõigazgatóság hätte Mecsek-Gabona größere Sorgfalt walten lassen müssen. So hätte sie sich nicht damit begnügen dürfen, zu überprüfen, ob die Ware abtransportiert worden sei, sondern hätte sich auch vergewissern müssen, dass die Ware an ihrem Zielort angekommen sei.

24 Die Klägerin des Ausgangsverfahrens beantragte beim vorlegenden Gericht die Nichtigerklärung der Entscheidung der Fõigazgatóság und des Bescheids der erstinstanzlichen Steuerbehörde. Sie machte geltend, dass ihr keine Sorgfaltspflichtverletzung anzulasten sei, weder bei Vertragsschluss noch bei Durchführung des Vertrags, denn sie habe sich am 7. September 2009 vergewissert, dass die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer von Agro-Trade gültig sei und ihr die CMR -Frachtbriefe von der italienischen Adresse der Erwerberin aus zugeschickt worden seien. Dass die italienische Steuerverwaltung am 14. Januar 2010 rückwirkend zum 17. April 2009 diese Nummer gelöscht habe, habe ihr nicht bekannt sein können, so dass die Löschung in diesem Zusammenhang keine Bedeutung haben könne.

25 Die Fõigazgatóság beantragte die Abweisung der Klage von Mecsek-Gabona und behielt ihre Argumentation bei, dass diese sich nur dann auf die Mehrwertsteuerbefreiung der im Ausgangsverfahren fraglichen Lieferung berufen könne, wenn sie sich nicht nur des Abtransports der Ware, sondern auch deren Ankunft an ihrem Bestimmungsort vergewissert hätte.

26 Der Baranya Megyei Bíróság hält eine Auslegung des Art. 138 der Richtlinie 2006/112 für erforderlich, um entscheiden zu können, welche Beweise als hinreichend zu erachten seien, um das Vorliegen einer mehrwertsteuerbefreiten Lieferung von Gegenständen nachzuweisen, und in welchem Ausmaß der Verkäufer, wenn er die Beförderung nicht selbst übernehme, für das Handeln des Erwerbers verantwortlich sei. Unter Berufung auf das Urteil vom 27. September 2007, Teleos u. a. (C-409/04, Slg. 2007, I-7797), möchte das vorlegende Gericht außerdem wissen, ob die nach der Auslieferung des Gegenstands erfolgte Löschung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer von Agro-Trade es zulasse, den guten Glauben der Klägerin des Ausgangsverfahrens in Frage zu stellen und eine mehrwertsteuerbefreite Lieferung zu verneinen.

27 Der Baranya Megyei Bíróság hat unter diesen Umständen beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass eine Lieferung von Gegenständen von der Mehrwertsteuer befreit ist, wenn die Gegenstände an einen Erwerber geliefert worden sind, der zur Zeit des Kaufvertragsschlusses zu Mehrwertsteuerzwecken in einem anderen Mitgliedstaat registriert war, in dem Kaufvertrag bestimmt worden ist, dass Verfügungsmacht und Eigentumsrecht mit dem Verladen der Gegenstände auf das Beförderungsmittel auf den Erwerber übergehen und es dem Erwerber obliegt, die Gegenstände in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen?

2. Genügt es zur Durchführung einer mehrwertsteuerbefreiten Lieferung vom Standpunkt des Verkäufers aus, dass er überprüft, dass die veräußerte Ware mit im Ausland zugelassenen Fahrzeugen befördert wird, und er über von dem Erwerber übersandte CMR -Frachtbriefe verfügt, oder hat er sich darüber hinaus zu vergewissern, dass die veräußerten Gegenstände die Grenze überschritten haben und die Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt ist?

3. Kann allein aufgrund der Tatsache, dass die Steuerbehörden eines anderen Mitgliedstaats die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers mit Rückwirkung auf einen vor der Lieferung eines Gegenstands liegenden Zeitpunkt löschen, in Zweifel gezogen werden, dass diese Lieferung mehrwertsteuerbefreit ist?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur zweiten Frage

28 Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er es der Steuerverwaltung eines Mitgliedstaats verwehrt, einem in diesem Mitgliedstaat ansässigen Verkäufer die Mehrwertsteuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung zu versagen, wenn zum einen das Recht, über einen Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats auf einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Erwerber übertragen wird, der zum Zeitpunkt des Umsatzes über eine Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer in diesem anderen Mitgliedstaat verfügt und sich zur Beförderung des Gegenstands an dessen Bestimmungsort verpflichtet, und wenn sich der Verkäufer zum anderen vergewissert, dass der Gegenstand von im Ausland zugelassenen Fahrzeugen von seinem Lager abgeholt wird, und er über CMR -Frachtbriefe, die der Erwerber ihm vom Bestimmungsmitgliedstaat aus übersandt hat, als Nachweis dafür verfügt, dass der Gegenstand an Orte außerhalb des Mitgliedstaats des Verkäufers befördert wurde.

29 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine innergemeinschaftliche Lieferung als logische Folge des innergemeinschaftlichen Erwerbs von der Mehrwertsteuer befreit ist, wenn sie die Voraussetzungen des Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 erfüllt (vgl. in diesem Sinne Urteile Teleos u. a., Randnr. 28, und vom 18. November 2010, X, C-84/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26).

30 Nach dieser Bestimmung befreien die Mitgliedstaaten die Lieferungen von Gegenständen, die durch den Verkäufer, den Erwerber oder für ihre Rechnung nach Orten außerhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der Union versandt oder befördert werden, von der Steuer, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt.

31 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung eines Gegenstands erst dann anwendbar, wenn das Recht, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber übertragen worden ist, wenn der Verkäufer nachweist, dass der Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder befördert worden ist, und wenn der Gegenstand aufgrund dieses Versands oder dieser Beförderung den Liefermitgliedstaat physisch verlassen hat (vgl. Urteile Teleos u. a., Randnr. 42, vom 27. September 2007, Twoh International, C-184/05, Slg. 2007, I-7897, Randnr. 23, vom 7. Dezember 2010, R., C-285/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 41, und vom 16. Dezember 2010, Euro Tyre Holding, C-430/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29).

32 Was erstens die Übertragung des Rechts, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, auf den Erwerber anbelangt, ist festzustellen, dass sie eine wesentliche Voraussetzung für das Vorliegen einer Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 ist und für sich allein nicht den innergemeinschaftlichen Charakter des betreffenden Umsatzes festlegen kann.

33 Hierzu ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass die Voraussetzung der Übertragung des Rechts, wie ein Eigentümer über den Gegenstand zu verfügen, in der Rechtssache des Ausgangsverfahrens unstreitig erfüllt ist, da die Übertragung gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zum Zeitpunkt des Verladens der Waren auf die vom Erwerber zur Verfügung gestellten Transportmittel stattgefunden hat, und dass die ungarische Steuerverwaltung die Verladung nicht in Zweifel gezogen hat.

34 Zweitens ist zu der Verpflichtung des Verkäufers, den Nachweis zu erbringen, dass der Gegenstand an Orte außerhalb des Liefermitgliedstaats versandt oder befördert worden ist, darauf hinzuweisen, dass diese Verpflichtung in den besonderen Kontext der Übergangsregelung für die Besteuerung des Handelsverkehrs innerhalb der Union zu stellen ist, einer Regelung, die wegen der Abschaffung der Binnengrenzen ab dem 1. Januar 1993 durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1) eingeführt wurde (Urteil Teleos u. a., Randnr. 21).

35 Der Gerichtshof hat hierzu festgestellt, dass zwar die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen der objektiven Voraussetzung unterliegt, dass die Gegenstände physisch an Orte außerhalb des Liefermitgliedstaats verbracht worden sind, dass es aber für die Finanzverwaltung seit dem Wegfall der Kontrollen an den Grenzen zwischen den Mitgliedstaaten schwierig ist, sich zu vergewissern, ob die Waren den betreffenden Mitgliedstaat physisch verlassen haben. Diese Prüfung führen die Finanzbehörden daher in erster Linie anhand der von den Steuerpflichtigen vorgelegten Beweise und abgegebenen Erklärungen durch (Urteile Teleos u. a., Randnr. 44, sowie R., Randnr. 42).

36 Der Rechtsprechung ist auch zu entnehmen, dass in Ermangelung einer konkreten Bestimmung in der Richtlinie 2006/12, welche Beweise Steuerpflichtige vorlegen müssen, um in den Genuss der Mehrwertsteuerbefreiung zu gelangen, die Mitgliedstaaten dafür zuständig sind, gemäß Art. 131 der Richtlinie 2006/12 die Bedingungen festzulegen, unter denen sie innergemeinschaftliche Lieferungen befreien, um eine korrekte und einfache Anwendung der Befreiungen zu gewährleisten und um Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch zu verhindern. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch bei der Ausübung ihrer Befugnisse die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachten, die Bestandteil der Rechtsordnung der Union sind und zu denen insbesondere die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit zählen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. September 2007, Collée, C-146/05, Slg. 2007, I-7861, Randnr. 24, Twoh International, Randnr. 25, X, Randnr. 35, und R., Randnrn. 43 und 45).

37 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass in der Vorlageentscheidung keine konkreten Pflichten nach ungarischem Recht erwähnt werden wie etwa eine Liste von Unterlagen, die den zuständigen Behörden für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vorzulegen sind. Nach den Erklärungen der ungarischen Regierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof sieht die ungarische Regelung nur vor, dass die Lieferung zu zertifizieren ist und dass das Niveau der verlangten Nachweise von den konkreten Umständen des betreffenden Umsatzes abhängt.

38 Daher sind die Nachweispflichten eines Steuerpflichtigen nach den im nationalen Recht dafür ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzungen und nach der für ähnliche Geschäfte üblichen Praxis zu bestimmen.

39 Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass Steuerpflichtige ihre steuerlichen Verpflichtungen kennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (Urteil Teleos u. a., Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40 Das vorlegende Gericht möchte insbesondere wissen, ob ein Mitgliedstaat für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vom Steuerpflichtigen verlangen kann, sich zu vergewissern, dass die Ware diesen Mitgliedstaat physisch verlassen hat.

41 Insoweit hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine korrekte und einfache Anwendung der Befreiungen nicht gewährleistet ist, wenn der Steuerpflichtige in einer Situation, in der es offenbar keinen stichhaltigen Beweis gibt, der den Schluss zulässt, dass die betreffenden Gegenstände an Orte außerhalb des Liefermitgliedstaats verbracht wurden, verpflichtet wird, einen solchen Beweis zu erbringen. Vielmehr lässt diese Verpflichtung den Steuerpflichtigen im Ungewissen darüber, ob die innergemeinschaftliche Lieferung von der Steuer befreit werden kann oder ob er die Mehrwertsteuer in den Verkaufspreis mit einbeziehen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil Teleos u. a., Randnrn. 49 und 51).

42 Außerdem hängt, wenn der Erwerber im Liefermitgliedstaat die Befähigung hat, über den betreffenden Gegenstand wie ein Eigentümer zu verfügen, und er sich verpflichtet, den Gegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat zu befördern, der Nachweis, den der Verkäufer gegenüber den Steuerbehörden führen kann, wesentlich von den Angaben ab, die er zu diesem Zweck vom Erwerber erhält (vgl. in diesem Sinne Urteil Euro Tyre Holding, Randnr. 37).

43 Der Gerichtshof hat daher entschieden, dass in dem Fall, dass der Verkäufer seinen Verpflichtungen in Bezug auf den Nachweis einer innergemeinschaftlichen Lieferung nachgekommen ist, während der Erwerber seine vertragliche Verpflichtung, den betreffenden Gegenstand an Orte außerhalb des Liefermitgliedstaats zu versenden oder zu befördern, nicht erfüllt hat, der Erwerber im Liefermitgliedstaat zur Mehrwertsteuer heranzuziehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Teleos u. a., Randnrn. 66 f., sowie Euro Tyre Holding, Randnr. 38).

44 Wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, hat Mecsek-Gabona ihr Recht auf Mehrwertsteuerbefreiung im Ausgangsverfahren auf folgende Punkte gestützt: auf die der Erwerberin von den italienischen Behörden erteilte Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer, auf die Tatsache, dass die veräußerte Ware mit im Ausland zugelassenen Fahrzeugen abtransportiert wurde, und auf die CMR -Frachtbriefe, die ihr von der Erwerberin von deren postalischer Anschrift aus zugeschickt wurden und darauf hindeuteten, dass die Gegenstände nach Italien befördert worden waren.

45 Ob Mecsek-Gabona mit diesem Vorgehen ihren Nachweis- und Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, unterliegt der Würdigung durch das vorlegende Gericht unter Berücksichtigung der in Randnr. 38 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen.

46 Ist aber die betreffende Lieferung mit der vom Erwerber begangenen Steuerhinterziehung verknüpft und hat die Steuerverwaltung keine Gewissheit, dass die Gegenstände tatsächlich den Liefermitgliedstaat verlassen haben, ist drittens zu prüfen, ob die Steuerverwaltung den Verkäufer zu einem späteren Zeitpunkt zu der auf diese Lieferung entfallenden Mehrwertsteuer heranziehen kann.

47 Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch ein von der Richtlinie 2006/112 anerkanntes und gefördertes Ziel (vgl. Urteile vom 29. April 2004, Gemeente Leusden und Holin Groep, C-487/01 und C-7/02, Slg. 2004, I-5337, Randnr. 76, R., Randnr. 36, und vom 21. Juni 2012, Mahagében und Dávid, C-80/11 und C-142/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung), das mitunter hohe Anforderungen an die Verpflichtungen der Verkäufer rechtfertigt (Urteil Teleos u. a., Randnrn. 58 und 61).

48 Somit verstößt es nicht gegen das Unionsrecht, von einem Wirtschaftsteilnehmer zu fordern, dass er in gutem Glauben handelt und alle Maßnahmen ergreift, die vernünftigerweise verlangt werden können, um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt (Urteile Teleos u. a., Randnr. 65, sowie Mahagében und Dávid, Randnr. 54).

49 Diese Gesichtspunkte hat der Gerichtshof als wichtige Kriterien für die Feststellung angesehen, ob der Verkäufer nachträglich zur Mehrwertsteuer herangezogen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Teleos u. a., Randnr. 66).

50 Wenn also im Ausgangsverfahren eine Steuerhinterziehung der Erwerberin vorliegt, ist es gerechtfertigt, das Recht der Verkäuferin auf Mehrwertsteuerbefreiung von ihrer Gutgläubigkeit abhängig zu machen.

51 Der Vorlageentscheidung lässt sich nicht entnehmen, ob Mecsek-Gabona wusste oder hätte wissen müssen, dass die Erwerberin eine Steuerhinterziehung begangen hat.

52 In ihren schriftlichen und mündlichen Ausführungen vor dem Gerichtshof hat die ungarische Regierung jedoch geltend gemacht, dass mehrere nicht in der Vorlageentscheidung aufgeführte Gesichtspunkte die Bösgläubigkeit der Klägerin des Ausgangsverfahrens bewiesen. So habe Mecsek-Gabona, obwohl sie die Erwerberin der im Ausgangsverfahren fraglichen Gegenstände nicht gekannt habe, keinerlei Sicherheit von ihr verlangt, ihre Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer erst nach Bewirkung des Umsatzes überprüft, keine zusätzlichen Erkundigungen über sie eingezogen, ihr das Eigentum an den Gegenständen trotz Stundung der Kaufpreiszahlung übertragen und die von der Erwerberin zurückgesandten CMR -Frachtbriefe vorgelegt, obwohl sie unvollständig gewesen seien.

53 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV nicht befugt ist, den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu überprüfen oder zu würdigen. Daher ist es Sache des nationalen Gerichts, alle Gesichtspunkte und tatsächlichen Umstände der Rechtssache umfassend zu beurteilen, um festzustellen, ob Mecsek-Gabona in gutem Glauben gehandelt und alle Maßnahmen ergriffen hat, die von ihr vernünftigerweise verlangt werden konnten, um sicherzustellen, dass sie sich aufgrund des getätigten Umsatzes nicht an einer Steuerhinterziehung beteiligt hat.

54 Sollte das nationale Gericht zu dem Schluss gelangen, dass die betreffende Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihr bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung der Erwerberin verknüpft war, und sie nicht alle ihr zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um diese zu verhindern, müsste es ihr den Anspruch auf Mehrwertsteuerbefreiung versagen.

55 Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass er es nicht verwehrt, dem Verkäufer unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens den Anspruch auf Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung zu versagen, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass der Verkäufer seinen Nachweispflichten nicht nachgekommen ist oder dass er wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers verknüpft war, und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um seine eigene Beteiligung an dieser Steuerhinterziehung zu verhindern.

Zur dritten Frage

56 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob dem Verkäufer die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Sinne von Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 mit der Begründung versagt werden kann, dass die Steuerverwaltung eines anderen Mitgliedstaats eine Löschung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers vorgenommen hat, die zwar nach der Lieferung des Gegenstands erfolgt ist, aber auf einen Zeitpunkt vor der Lieferung zurückwirkt.

57 Im Rahmen der Übergangsregelung für die Besteuerung des Handelsverkehrs innerhalb der Union, deren Ziel es ist, die Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt (vgl. Urteile Teleos u. a., Randnr. 36, sowie vom 22. April 2010, X und fiscale eenheid Facet-Facet Trading, C-536/08 und C-539/08, Slg. 2010, I-3581, Randnr. 30), soll die Identifizierung der Mehrwertsteuerpflichtigen durch individuelle Nummern die Bestimmung des Mitgliedstaats erleichtern, in dem der Endverbrauch erfolgt.

58 Nach Art. 214 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112 sind die Mitgliedstaaten zum einen verpflichtet, die Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass jeder Steuerpflichtige, der innergemeinschaftliche Erwerbe bewirkt, eine individuelle Nummer erhält. Zum anderen verlangt Art. 226 Nr. 4 dieser Richtlinie, dass die Rechnung, die bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung stets auszustellen ist, die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers, unter der er eine Lieferung von Gegenständen nach Art. 138 dieser Richtlinie erhalten hat, zwingend enthält.

59 Jedoch wird weder in Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 noch in der in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung unter den abschließend aufgezählten materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Verpflichtung erwähnt, über eine Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer zu verfügen.

60 Zwar dient die Zuteilung einer solchen Nummer dem Nachweis des steuerlichen Status des Steuerpflichtigen für die Zwecke der Mehrwertsteuer und erleichtert die steuerliche Kontrolle innergemeinschaftlicher Umsätze. Jedoch handelt es sich dabei um ein formelles Erfordernis, das den Anspruch auf Mehrwertsteuerbefreiung nicht in Frage stellen kann, sofern die materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfüllt sind (vgl. entsprechend zum Vorsteuerabzug Urteile vom 21. Oktober 2010, Nidera Handelscompagnie, C-385/09, Slg. 2010, I-10385, Randnr. 50, und vom 22. Dezember 2010, Dankowski, C-438/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 33 und 47).

61 Der Rechtsprechung ist nämlich zu entnehmen, dass eine nationale Maßnahme, die das Recht auf Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Wesentlichen von der Einhaltung formeller Pflichten abhängig macht, ohne die materiellen Anforderungen zu berücksichtigen, über das hinausgeht, was erforderlich ist, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen (Urteil Collée, Randnr. 29), es sei denn, der Verstoß gegen die formellen Anforderungen verhinderte den sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil Collée, Randnr. 31).

62 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die Identifikationsnummer der Erwerberin zum Zeitpunkt der Bewirkung des Umsatzes gültig war, aber einige Monate nach diesem Umsatz von den italienischen Behörden rückwirkend aus dem Steuerpflichtigen-Register gelöscht wurde.

63 Da die zuständige nationale Behörde den Status eines Steuerpflichtigen zu prüfen hat, bevor sie ihm eine Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer zuteilt, können eventuelle Unregelmäßigkeiten des Registers nicht dazu führen, dem Wirtschaftsteilnehmer, der sich auf die Angaben in diesem Register gestützt hat, die Steuerbefreiung zu nehmen, auf die er einen Anspruch hätte.

64 Wie die Europäische Kommission zutreffend ausführt, widerspräche es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Verkäufer allein deshalb zur Mehrwertsteuer heranzuziehen, weil die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers rückwirkend aus dem Register gelöscht wurde.

65 Daher ist auf die dritte Frage zu antworten, dass dem Verkäufer die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Sinne von Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht allein deshalb versagt werden kann, weil die Steuerverwaltung eines anderen Mitgliedstaats eine Löschung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers vorgenommen hat, die zwar nach der Lieferung des Gegenstands erfolgt ist, aber auf einen Zeitpunkt vor der Lieferung zurückwirkt.

Kosten

66 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1. Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/88/EU des Rates vom 7. Dezember 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es nicht verwehrt, dem Verkäufer unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens den Anspruch auf Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung zu versagen, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass der Verkäufer seinen Nachweispflichten nicht nachgekommen ist oder dass er wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer Steuerhinterziehung des Erwerbers verknüpft war, und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um seine eigene Beteiligung an dieser Steuerhinterziehung zu verhindern.

2. Dem Verkäufer kann die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung im Sinne von Art. 138 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 nicht allein deshalb versagt werden, weil die Steuerverwaltung eines anderen Mitgliedstaats eine Löschung der Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers vorgenommen hat, die zwar nach der Lieferung des Gegenstands erfolgt ist, aber auf einen Zeitpunkt vor der Lieferung zurückwirkt.

OFD Koblenz weist auf drohende Verspätungszuschläge ab 2013 hin

Die rheinland-Pfälzischen Finanzämter bitten Unternehmen, der gesetzlichen Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen mit Sicherheitszertifikat (Authentifizierung im ElsterOnline-Portal) bereits jetzt nachzukommen. Unternehmer müssen bereits jetzt schon neben den Lohnsteueranmeldungen auch ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen elektronisch ans Finanzamt übermitteln.

Diese elektronischen Erklärungen müssen laut Gesetz ab dem 1. Januar 2013 authentifiziert übermittelt werden, um größtmögliche Datensicherheit zu gewährleisten. Hierzu ist eine Registrierung im ElsterOnline-Portal unter www.elsteronline.de erforderlich. Übermittlungen ohne Registrierung sind ab dem 01. Januar 2013 nicht mehr möglich. Mit Hilfe des Sicherheitszertifikats lässt sich die Identität des Datenübermittlers eindeutig feststellen. Papierausdrucke und Unterschriften sind damit überflüssig. Diese papierlose Kommunikation bietet sowohl für die Finanzverwaltung als auch für die Unternehmen einen Vorteil und hilft beiden Seiten Zeit und Kosten zu sparen.

Von der Verpflichtung zur Übermittlung mit Sicherheitszertifikat sind daher auch schon die Steuer(vor)anmeldungen für den Dezember 2012 betroffen, da diese erst nach Ablauf des Monats und somit in 2013 zu übermitteln sind. Sollte die Registrierung bis dahin nicht erfolgt sein und die Steuer(vor)anmeldung aus diesem Grunde erst nach der gesetzlichen Abgabefrist dem Finanzamt übermittelt werden, so muss der Unternehmer mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags rechnen. Dieser kann bis zu 10 % der angemeldeten Steuer betragen.

Das erforderliche Zertifikat – in diesem Fall für Organisationen – gibt es kostenlos nach einer Registrierung unter: www.elsteronline.de. Es ist zu empfehlen, die Registrierung mit der Steuernummer des Unternehmens durchzuführen. Zur Vermeidung von Verspätungsschlägen sollte dies bereits jetzt erfolgen, da der Registrierungsvorgang bis zu 14 Tage dauern kann.

OFD Koblenz

Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter bei der Einnahmenüberschussrechnung

Einnahmenüberschussrechnung:Berücksichtigung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

 Leitsatz

Anschaffungs- oder Herstellungskosten für eine Forderung auf Lieferung und Übereignung von Rundhölzern sind erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschaftsgüter als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

 Gesetze

EStG § 4 Abs 3 Satz 4

 Instanzenzug

BFH X B 172/12

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen der Klägerin als Verluste aus einem Gewerbebetrieb „Holzhandel”.

Die 1957 geborene Klägerin erzielte in den Streitjahren 2006 und 2007 als Diplom-Psychologin Einkünfte aus selbständiger Arbeit sowie aus verschiedenen Beteiligungen als Mitunternehmerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Sie schloss am 18.12.2006 einen als „Rundholz-Kaufvertrag” bezeichneten Vertrag mit der A Anlagen GmbH in C (im Folgenden: A). Danach verkauft und liefert A an die Klägerin in eigenen Pflanzungen erzeugtes Rundholz der Holzart Robinie in einer Länge von mindestens 2,50 Meter zu einem Gesamtkaufpreis von 14.397,86 EUR gemäß den folgenden Angaben:

 

 Nummer der Lieferung

 1a

 1b

 1c

 Lieferjahr

 2014

 2020

 2026

 Holzart

 Robinie

 Robinie

 Robinie

 Liefermenge in m³

   

   

 352

 Baumalter bei Ernte in Jahren

 8

 14

 20

 Durchmesser in cm

 18

 29

 42

 Anteiliger Kaufpreis in %

 7

 14

 30

 

Die Rundholzlieferungen sollen nach Ziff. 2 des Vertrags im o. g. Lieferjahr – also 2026 – erfolgen, wobei der Lieferort CIF im von der Klägerin genannten Bestimmungsort liegt, der in der Europäischen Union und in einer Entfernung (Luftlinie) von nicht mehr als 1.800 Kilometer von D (Bulgarien) liegen muss. Das Eigentum am Holz soll mit Übergabe am Lieferort auf die Käuferin übergehen.

Nach dem ebenfalls am 18.12.2006 – jedenfalls von der Klägerin, nicht von der Vertragspartnerin – unterzeichneten „Rahmenvertrag über Geschäftsbesorgung” mit der A Handels GmbH, C, beabsichtigt die Klägerin, gewerblich im Holzhandel tätig zu werden. Die GmbH erklärt sich bereit, für Rechnung der Klägerin den Verkauf des Holzes gegen eine Provision von 2,5% der Erlöse zu besorgen.

In der Einkommensteuererklärung 2006 erklärte die Klägerin in der Anlage GSE u. a. gewerbliche Einkünfte aus „Holzhandel” von ./. 70.178 EUR. Für 2007 erklärte die Klägerin einen weiteren Verlust aus „Holzhandel” bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 54.529 EUR.

In dem dazu vorgelegten „Rundholz-Kaufvertrag” mit der o.g. L GmbH vom 5./12.12.2007 ist ein Kaufpreis von 54.529,23 EUR vereinbart. Im Übrigen enthält dieser Vertrag grundsätzlich wortidentisch dieselben bereits oben aufgeführten Bedingungen. Hierin sind folgende Lieferungen und Holzarten vereinbart:

 

 Nummer der Lieferung

 1a

 1b

 1c

 2a

 2b

 2c

 Lieferjahr

   2015

   2021

   2026

   2013

   2018

   2023

 Holzart

 Robinie

 Robinie

 Robinie

 Teak

 Teak

 Teak

 Liefermenge in m³

 18,7

 38,8

 84,0

 17,4

 23,1

 63,0

 Baumalter bei Ernte in Jahren

 8

 14

 20

 10

 15

 20

 Durchmesser in cm

 18

 29

 42

 22

 32

 40

 Anteiliger Kaufpreis in %

 7

 14

 30

 8

 11

 29

 

Als Lieferort ist im Vertrag hier zusätzlich hinsichtlich des Teak-Holzes –mit einer Länge von mindestens 2,44 Meter– FOB im Hochseehafen B (Brasilien) vereinbart. Ein – mit dem oben dargestellten Vertrag wortgleicher – „Rahmenvertrag über Geschäftsbesorgung” wiederum mit der schon o. g. A Handels GmbH datiert ebenfalls vom 5./12.12.2007.

Bereits für 2003 hatte die Klägerin unter „Holzhandel” Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit einem Verlust von 46.935 EUR erklärt. Diesen Verlust berücksichtigte der Beklagte in den Einkommensteuerbescheiden für 2005, zuletzt im Änderungsbescheid vom 7.09.2007, in denen er die Einkommensteuer hinsichtlich dieser Einkünfte aus Gewerbebetrieb wegen eventuellerer Liebhaberei teilweise vorläufig festgesetzt hat.

Für die Streitjahre 2006 und 2007 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Verluste bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in den Einkommensteuerbescheiden für 2006 vom 20.03.2008 und für 2007 vom 5.12.2008 jedoch nicht.

Die dagegen fristgerecht eingelegten Einsprüche begründete die Klägerin mit Vorlage der Vertragsunterlagen und führte dazu im Wesentlichen erläuternd aus: Erst nach der Ernte realisiere die Klägerin einen Ertrag. Alle angefallenen Kosten seien im Kaufpreis berücksichtigt; daher sei keine gesonderte Gewinnermittlung erstellt worden.

Der Beklagte erließ am 21.01.2009 aus anderen, hier nicht streitigen Gründen einen Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2007 und wies – nach Einschaltung der OFD Rheinland – die Einsprüche der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 27.03.2009 als unbegründet zurück. Er begründete dies damit, dass die Klägerin sich nicht wie ein Händler verhalte. Sie trete nicht nach außen in Erscheinung, da sie einen Agenten beauftragt habe, den Holzverkauf für sie zu übernehmen. Darüber hinaus sei die Klägerin in den Streitjahren und in den folgenden Jahren selbst nicht tätig geworden. Mit dem Abschluss der Kaufverträge warte sie nur noch darauf, dass die Baumpflanzungen geerntet und von ihrem Agenten zum Verkauf angeboten würden. Auch fehle es an der Nachhaltigkeit der Tätigkeit der Klägerin. Sie habe nur 2 Kaufverträge abgeschlossen und werde in den nächsten – mindestens 8 – Jahren nicht mehr tätig werden bzw. nicht ihren Agenten beauftragen, für sie tätig zu werden. Die Klägerin überschreite mit ihrer Tätigkeit nicht die Grenze der privaten Vermögensverwaltung. Anders als etwa in Fällen gewerblichen Grundstückshandels durch Erschließung erworbener Grundstücke wirke die Klägerin nicht aktiv mit, um eine Wertsteigerung der erworbenen Baumpflanzungen herbeizuführen.

Daraufhin hat die Klägerin am 30.04.2009 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie weiterhin die Berücksichtigung der Verluste aus Holzhandel begehrt.

Sie begründet dies im Wesentlichen wie folgt: Zunächst sei festzuhalten, dass es sich bei den Verträgen nicht um Holzlieferrechte ähnlich wie einer Kapitalanlage handele, also Kauf eines Rechts auf Verschaffung der Verfügungsmacht, sondern um einen Sachkauf ähnlich wie bei den in der Landwirtschaft üblichen Verkäufen über die Ernte auf dem Halm.

Sie – die Klägerin – beteilige sich allgemein am wirtschaftlichen Verkehr dadurch, dass sie von Anfang an eine bestimmte Veräußerung der eingekauften Ware „Rundholz” nach Eintritt der Erntereife vorsehe. Eine Veräußerungsabsicht sei daher von vorneherein gegeben. Bedingt durch das lange Heranwachsen der eingekauften Ware sei eine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr speziell bei diesem Produkt erst bei Erntereife notwendig. Erst kurz davor sei daher ein Auftritt am Markt erforderlich, der dann auch erfolgen werde. Das Einschalten branchenerfahrener Zwischenhändler sei dabei nicht schädlich, sondern üblich. Das Unterhalten eines Geschäftslokals sei hierbei nicht notwendig, schon gar nicht in Zeiten des Internets und Online-Handels.

Sie – die Klägerin – sei auch nachhaltig tätig. Dass sie erst in mehreren Jahren wieder tätig werde, sei eine Unterstellung des Beklagten. Sie habe folgende Käufe getätigt:

 

 2003  für 29.052 EUR,
 2005  für 49.635 EUR,
 2006  für 70.178 EUR,
 2007  für 54.529 EUR.

 

Sie habe sich bereits bei Vertragsabschluss auf bestimmte Erntezeitpunkte festgelegt und damit eine unbedingte Veräußerungsabsicht vor Ablauf der Nutzungsdauer der erworbenen, heranwachsenden Bäume bekundet. Während der Wachstumsperiode könne sie als Holzhändlerin schon natur- und unternehmensbedingt nichts weiter tun, als planmäßig die Erntereife abwarten und dann planmäßig wirtschaftlich handeln. Wann das zur Veräußerung geplante Produkt erworben werde, könne keinen Unterschied machen.

Schließlich liege keine private Vermögensverwaltung vor, weil die von vorneherein geplante Veräußerung eines Wirtschaftsguts nach seinem Erwerb immer eine Umschichtung von Vermögenswerten darstelle, nämlich hier von Ware in Guthaben bei Kreditinstituten.

In anderen Klageverfahren vor den Finanzgerichten sei darauf verwiesen worden, dass auf der aktuellen Website der A der Charakter der Vermögensanlage werblich hervorgehoben werde. Dazu sei zu erläutern: Bereits seit 2002 werde gewerblicher Holzhandel nicht mehr in standardisierter Form mit einem Prospekt angeboten, um die Selbständigkeit des Käufers als Gewerbetreibenden in einem solchen Fall zu unterstreichen. Um den gewerblichen Holzhandel möglichst von der nichtgewerblichen Vertragsgestaltungen A nobilis zu trennen, sei für den gewerblichen Holzhandel die A Anlagen GmbH geschaffen worden, mit der die gewerblichen Holzhändler ihre Verträge schlössen. Für den Bereich des Sachkaufs in Form von Rundholzkaufverträgen sei die A Investitionen AG zuständig. Regelmäßig frage ein zukünftiger Holzhändler bei A an, ob die Möglichkeit bestehe, Holz zu kaufen, ohne dass im Kaufvertrag bereits eine Regelung an der Mitwirkung der späteren Veräußerung enthalten sei. Unabhängig vom Kaufvertrag bestehe die Möglichkeit, mit der A Handels GmbH einen Geschäftsbesorgungsvertrag als Agent einer späteren Veräußerung gegen Provision abzuschließen. Ähnlich wie bei einem Immobilienmakler ohne Alleinvermittlungsvertrag halte sich der Gewerbetreibende zusätzlich eine freihändige Unterstützung beim Verkauf nach der Ernte offen und entscheide später selbst, ob er diese in Anspruch nehmen wolle.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2006 vom 20.03.2008 und für 2007 vom 21.01.2009 und Aufhebung der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 27.03.2009 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines weiteren Verlustes bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 70.178 EUR für 2006 und 54.529 EUR für 2007 niedriger festzusetzen,

hilfsweise im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte – nach Rücksprache mit der OFD Rheinland – zunächst auf seine Einspruchsentscheidung. Zudem trägt er vor, die Klägerin habe keine erkennbare Erfahrung bzw. Kenntnisse im geplanten Edelholzverkauf; dieser werde vielmehr über die A AG abgewickelt. Die Klägerin habe keinen Einfluss auf diese Vermarktung und bestimme diese nicht. Das Holz werde von der A auf Rechnung der Klägerin veräußert und direkt an den Enderwerber geliefert. Der Holzverkauf stelle keine Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung dar, sondern eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung zum Erwerb einer Beteiligung am späteren Verkaufserlös des Holzes. Insgesamt entspreche die Tätigkeit der Klägerin daher nicht dem Bild eines gewerblichen Holzhändlers, sondern dem eines privaten Kapitalanlegers. Ihre Initiative beschränke sich auf die Geldhingabe; typische Merkmale eines Gewerbebetriebes wie Kundenakquisition, kaufmännische Führung, Lagerräume für Holz etc. seien sämtlich nicht erfüllt. Alleine das Risiko des Kapitalverlustes mache die Klägerin nicht zu einer Gewerbetreibenden.

Auch weise die A AG unter www.….de darauf hin, dass die vorliegend zu beurteilende Tätigkeit eine nicht steuerbare sei.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Verfügung vom 9.05.2012 darauf hingewiesen, dass die Norm des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG im Streitfall einschlägig sein könne, wie dies bereits das FG Köln in seinem Urteil vom 1.03.2012 12 K 3259/09 sowie das FG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 25.10.2011 5 K 3460/08 gesehen haben.

Die Klägerin und der Beklagte haben sich mit Schriftsätzen vom 27.04.2012 (Bl. 39 FG-Akte) bzw. vom 4.05.2012 (Bl. 44 FG-Akte) mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Sie haben bestätigt, dass diese Erklärung auch nach dem Hinweis des Berichterstatters weiterhin Gültigkeit hat.

 Entscheidungsgründe

I.

Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO– ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten dazu ihr Einverständnis erklärt haben.

II.

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat – jedenfalls im Ergebnis – zu Recht die geltend gemachten Verluste aus Gewerbebetrieb außer Ansatz gelassen.

1.

Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob die Betätigung der Klägerin die Merkmale eines Gewerbebetriebs erfüllt. Vieles spricht vielmehr dafür, dass die Klägerin mit dem Abschluss der Rundholz-Kaufverträge eine Kapitalanlage getätigt hat, die den steuerlich unbeachtlichen Vermögensbereich betrifft.

Ein Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 EStG eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und Vermögensverwaltung andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsauffassung abzustellen. In Zweifelsfällen ist maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.08.2009 X R 25/06 , BStBl II 2009, 965). Eine vom Steuerpflichtigen vorgenommene Eigenqualifikation ist unbeachtlich, wenn sie nicht durch die tatsächlichen Gegebenheiten gedeckt ist. Rein formale Handlungen wie etwa eine Gewerbeanmeldung sind nicht ausschlaggebend.

Im Streitfall weist der Beklagte mit beachtlichen Argumenten auf ein für einen Holzhändler untypisches Verhalten und fehlende Merkmale eines Holzhandels hin (keine Kundenakquisition, keine kaufmännische Betriebsführung, weder Büro noch Lager, kein kontinuierlicher Geschäftsbetrieb usw.). Die Gegenargumentation der Klägerin erscheint demgegenüber kaum geeignet, die Verkehrsanschauung eines gewerblichen Holzhandels zu begründen.

2.

Letztlich kann jedoch unentschieden bleiben, ob die Tätigkeit der Klägerin in den Streitjahren als Gewerbebetrieb zu qualifizieren sein könnte. Denn selbst dann, wenn die Aufwendungen Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb wären, dürften diese nach § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG nicht in den Streitjahren 2006 und 2007, sondern erst zum Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder der Entnahme berücksichtigt werden.

Nach § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG (in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28. April 2006 <Bundesgesetzblatt – BGBl – I S. 1095>) sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschaftsgüter als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Diese Norm ist im Streifall einschlägig, denn die Klägerin hat eine Forderung auf Lieferung und Übereignung von Rundhölzern erworben, die ein nichtabnutzbares Anlagevermögen darstellt. Forderungen sind bei betrieblich veranlasster Entstehung Betriebsvermögen in Form nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlage- oder Umlaufvermögens (Wied in: Blümich, EStG , § 4 Rz. 180 <Stand: Oktober 2010>). Hier handelt es sich um Forderungen des Anlagevermögens, weil auch beim stehenden Holz selbst die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen erst mit dem Einschlag endet (Kleeberg, Finanzrundschau – FR – 1998,189 und BFH-Beschluss vom 7. Mai 1987, IV R 150/84 , BStBl. II 1987,670, vgl. zuletzt noch BFH-Urteil vom 5.06.2008 IV R 50/07 , BStBl II 2008, 968). Vorliegend mussten die Bäume, mit denen das an die Klägerin zu liefernde Rundholz erzeugt werden soll, erst noch gefällt werden.

Für den Senat besteht insoweit keine Veranlassung, die Forderung der Klägerin auf Lieferung des Holzes anders zu behandeln als das Holz selbst. Zudem handelt es sich um eine langfristige Forderung, wie sich aus den vertraglichen Lieferzeitpunkten ergibt (wie hier auch schon FG Baden Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2011 5 K 3460/08 und FG Köln, Urteil vom 01. März 2012 12 K 3259/09, beide n.v. – juris-Dokumente). Die Frage einer Berücksichtigung der streitigen Aufwendungen stellt sich somit allenfalls in Veranlagungszeiträumen nach den Streitjahren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO nicht gegeben sind.

Doppelbesteuerung | Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte (BFH)

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 13.6.2012, I R 41/11

Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte nach dem DBA-Österreich 2000 – Abkommensrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Veranstalters von Sportveranstaltungen

Leitsätze

1. Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 setzt nicht voraus, dass Vergütungen aus einer im anderen Staat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen werden. Es muss sich jedoch um Vergütungen handeln, die dem Sportler selbst gezahlt werden.

 

2. Bei Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte handelt es sich nicht um Einkünfte des Künstlers oder Sportlers (Anschluss an Senatsurteil vom 4. März 2009 I R 6/07, BFHE 224, 353, BStBl II 2009, 625).

Tatbestand

1
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) für die auf ihre Einkünfte aus der Überlassung von Fernsehübertragungsrechten einbehaltenen und abgeführten Abzugsteuern nach § 50d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) ein Freistellungsbescheid zu erteilen ist.
2
Die Klägerin, eine in Österreich ansässige GmbH, unterhielt in den Streitjahren 2006 und 2007 in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) weder eine Betriebsstätte noch hatte sie einen ständigen Vertreter. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Vermarktung von Rechten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen. Im Rahmen dieser Geschäftstätigkeit schloss sie mit der in Deutschland ansässigen B-GmbH in den Jahren 2005 bis 2007 Verträge über die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten an näher bezeichneten internationalen Sportveranstaltungen ab, die zum Teil in Deutschland stattfanden. Zweck der Überlassung war die Liveübertragung oder Nachverwertung von Aufzeichnungen der bezeichneten Sportveranstaltungen im deutschen Fernsehen. Aufgrund dieser Verträge zahlte die B-GmbH in den Streitjahren die in den Verträgen vereinbarten Brutto-Vergütungen und behielt hiervon gemäß § 50a Abs. 4 EStG 2002 Abzugsbeträge zur Körperschaftsteuer ein, die sie an das zuständige Finanzamt abführte.
3
Mit mehreren seit dem 11. April 2006 gestellten Anträgen beantragte die Klägerin beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Bundeszentralamt für Steuern –BZSt–) nach § 50d Abs. 1 und 2 EStG 2002 i.V.m. § 31 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) zunächst die Freistellung von Abzugsteuern und sodann die Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24. August 2000 (BGBl II 2002, 734, BStBl I 2002, 584) –DBA-Österreich 2000–.
4
Das BZSt lehnte den Erlass einer Freistellungsbescheinigung sowie eines Freistellungsbescheides auf der Grundlage des § 50d Abs. 1 und 2 EStG 2002 ab. Es vertrat die Ansicht, dass nach Art. 17 DBA-Österreich 2000 das Besteuerungsrecht an den Vergütungen Deutschland zustehe. Das Finanzgericht (FG) Köln wies die anschließende Klage, mit der die Klägerin nur noch die Erstattung der abgeführten Beträge begehrte, mit Urteil vom 17. März 2011  2 K 2278/08 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1428) ab. Es war der Auffassung, dass der Klägerin kein Erstattungsanspruch hinsichtlich der einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge zustehe, da nach Art. 17 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 DBA-Österreich 2000 das Besteuerungsrecht an den streitigen Vergütungen Deutschland als Quellenstaat zustehe.
5
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
das FG-Urteil sowie die angefochtenen Bescheide aufzuheben und das BZSt zu verpflichten, in Bezug auf die von der Vergütungsschuldnerin B-GmbH für die Klägerin einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge in Höhe von … einen Freistellungsbescheid zu erlassen.
6
Das BZSt beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7
II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Ausspruch der begehrten Verpflichtung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das BZSt ist verpflichtet, der Klägerin einen Freistellungsbescheid nach § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 2002 in Bezug auf die von der Vergütungsschuldnerin für die Klägerin einbehaltenen und abgeführten Steuerabzugsbeträge in Höhe von … zu erteilen. Die inländische Besteuerung der an die Klägerin gezahlten Vergütungen für die Überlassung von Fernsehübertragungsrechten war nach Maßgabe des DBA-Österreich 2000 ausgeschlossen.
8
1. Auf Einkünfte, die dem Steuerabzug aufgrund des § 50a EStG 2002 –im Streitfall des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 2002 und § 8 Abs. 1, § 2 Nr. 1 und § 31 Abs. 1 KStG 2002– unterliegen, sind nach § 50d Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 die Vorschriften über die Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer –im Streitfall nach § 50a Abs. 5 Satz 1 bis 3 EStG 2002– durch den Schuldner der Vergütungen i.S. des § 50a EStG 2002 auch dann anzuwenden, wenn sie nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung –im Streitfall dem DBA-Österreich 2000– nicht besteuert werden können. Unberührt davon bleibt nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG 2002 der Anspruch des Gläubigers der Vergütungen auf völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer. Die Erstattung erfolgt auf Antrag des Gläubigers der Vergütungen auf der Grundlage eines Freistellungsbescheids nach § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 2002. Voraussetzung für die Erteilung eines Freistellungsbescheids und der nach § 50d Abs. 1 Satz 4 EStG 2002 hieran anknüpfenden Auszahlung des zu erstattenden Betrags ist neben weiteren –im Streitfall unproblematischen– Voraussetzungen, dass die Einkünfte, von der die Abzugsteuer einbehalten und abgeführt worden ist, nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht besteuert werden können. Im Streitfall konnten die Vergütungen nicht nach Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 DBA-Österreich 2000 in Deutschland besteuert werden.
9
a) Nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 dürfen ungeachtet der Art. 7, 14 und 15 Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person u.a. als Sportler aus ihrer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezieht, im anderen Staat besteuert werden. Ungeachtet auch des Art. 12 dürfen nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Österreich 2000 Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung des Namens, des Bildes oder sonstiger Persönlichkeitsrechte dieser Person gezahlt werden, im anderen Vertragsstaat auch dann besteuert werden, wenn dort keine persönliche Tätigkeit ausgeübt wird. Entsprechendes gilt gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 für Einkünfte aus der Duldung von Aufzeichnungen und Übertragungen von künstlerischen und sportlichen Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen. Fließen Einkünfte der in Abs. 1 des Art. 17 DBA-Österreich 2000 genannten Art nicht dem Sportler selbst, sondern einer anderen Person zu, so dürfen nach Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 deren Einkünfte ungeachtet der Art. 7, 12, 14 und 15 in dem Vertragsstaat besteuert werden, aus dem sie stammen.
10
b) Soweit die Klägerin Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte von der B-GmbH bezogen hat, handelt es sich um Einkünfte, die einer „anderen Person“ i.S. des Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 zugeflossen sind. Dies steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit und muss nicht näher ausgeführt werden. Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 setzt jedoch weiter voraus, dass es sich um Einkünfte der in Abs. 1 genannten Art handelt. Soweit die Vorinstanz dies unter Berufung auf den Wortlaut von Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 bejaht hat, kann dem nicht gefolgt werden. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Österreich 2000 setzt zwar ebenso wie Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 –im Unterschied zu Art. 17 Abs. 2 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (OECD-MustAbk) oder Art. 17 Abs. 1 Satz 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) –DBA-Schweiz– nicht voraus, dass die Vergütungen aus einer im anderen Staat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen werden. Es muss sich jedoch um Vergütungen handeln, die dem Sportler gezahlt werden. Dies ist bei Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte, die vom Veranstalter selbst oder über einen Dritten überlassen werden, nicht der Fall.
11
aa) Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte werden geleistet, um die Sportveranstaltung im Fernsehen zeigen zu dürfen. In der Übertragung schlagen sich zwar maßgeblich auch die sportlichen Tätigkeiten der einzelnen Sportler nieder. Letztlich beruht eine solche Veranstaltung aber auf einer Vielzahl von organisatorischen, technischen, kaufmännischen und sonstigen Tätigkeiten (z.B. die Überlassung der Sportstätte, die Organisation des Wettkampfs etc.), die vom Veranstalter, ggf. unter Einschaltung weiterer Personen, erbracht und koordiniert werden. Die verschiedenen Tätigkeiten des Veranstalters stellen sich in ihrer Gesamtheit als eine originär ihm zuzurechnende Leistung dar. Dementsprechend geht auch die zivilgerichtliche Rechtsprechung davon aus, dass die Fernsehübertragungsrechte dem Veranstalter in seiner Eigenschaft als solchem zustehen und er sie nicht aus Rechtspositionen der teilnehmenden Sportler ableitet (z.B. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. März 1990 KVR 4/88, BGHZ 110, 371; Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 19. März 2009  2 U 47/08, Zeitschrift für Sport und Recht 2009, 252; für einen Teil der Einkünfte hierauf abstellend auch Hahn-Joecks, Zur Problematik der Besteuerung ausländischer Künstler und Sportler, 1999, S. 137). Werden die Übertragungsrechte vom Veranstalter des Sportereignisses an einen Dritten überlassen, sind die von dem Dritten dafür vereinnahmten Vergütungen nicht für die persönlich ausgeübte Tätigkeit der an den Veranstaltungen beteiligten einzelnen Sportler gezahlt worden. Vielmehr handelt es sich um Einkünfte, die ihrem Wesen nach der Tätigkeit des jeweiligen Veranstalters entstammen.
12
bb) Für die Tätigkeit eines Veranstalters hat der erkennende Senat in einem Fall zum DBA-Schweiz entschieden, dass dessen Tätigkeit nicht zu den von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz erfassten Tätigkeiten gehört (Senatsurteil vom 4. März 2009 I R 6/07, BFHE 224, 353, BStBl II 2009, 625). Er hat sich dabei maßgebend darauf gestützt, dass die fragliche Regelung im DBA-Schweiz –ebenso wie im OECD-MustAbk– an die persönlich ausgeübte Tätigkeit als Sportler anknüpft. Jedenfalls aus abkommensrechtlicher Sicht stellt sich die Tätigkeit des Veranstalters damit lediglich als Verwertung der durch die einzelnen Sportler persönlich erbrachten Tätigkeiten dar. Die Verwertung wird aber von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz nicht erfasst. Dies gilt für die insoweit wortgleiche Regelung in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 entsprechend. Eine unmittelbar an den Veranstalter gezahlte Vergütung für die (Live-)Fernsehübertragungsrechte fällt somit nicht unter Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000.
13
cc) Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 wird allerdings durch Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 ergänzt. Abweichend von Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 wird nach Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Österreich 2000 für Vergütungen jeder Art, die für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung des Namens, des Bildes oder sonstiger Persönlichkeitsrechte dieser Person gezahlt werden, nicht mehr auf eine persönlich ausgeübte Tätigkeit des Künstlers oder Sportlers im Quellenstaat abgestellt. Entsprechendes gilt nach Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 für Einkünfte aus der Duldung von Aufzeichnungen und Übertragungen von künstlerischen und sportlichen Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen. Das Urteil des Senats in BFHE 224, 353, BStBl II 2009, 625 zur Rechtslage nach dem DBA-Schweiz, in dem vergleichbare Regelungen fehlen, kann daher nicht ohne Weiteres auf die Rechtslage nach dem DBA-Österreich übertragen werden. Entgegen der Vorinstanz ist daraus jedoch nicht der Schluss zu ziehen, nach dem Wortlaut von Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 könnten alle Einkünfte aus der Verwertung einer künstlerischen oder sportlichen Darbietung im Quellenstaat besteuert werden. Die Vergütungen müssen zwar nicht aus einer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezogen werden, es muss sich aber weiterhin um Vergütungen des Künstlers oder Sportlers selbst handeln (vgl. Lang/Stefaner in Debatin/Wassermeyer, Österreich Art. 17 Rz 15; dieselben, Internationales Steuerrecht –IStR– 2003, 829, 830; Stockmann in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 17 Rz 82; unklar Maßbaum in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 17 DBA-Österreich Rz 26 einerseits, Rz 41 andererseits).
14
aaa) Dies folgt in zweifelsfreier Deutlichkeit aus dem Wortlaut von Art. 17 Abs. 1 Satz 2 DBA-Österreich 2000 („dieser Person“) sowie Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000, der Einkünfte erfassen will, die „nicht dem Künstler oder Sportler selbst“ zufließen. Der subjektbezogene Charakter des Art. 17 DBA-Österreich 2000 zeigt sich bereits in der Überschrift der Norm und setzt sich im systematischen Zusammenhang der einzelnen Absätze der Vorschrift fort. Wenn Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 dagegen auf „Einkünfte aus der Duldung von Aufzeichnungen und Übertragungen von künstlerischen und sportlichen Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen“ abstellt, wird der Bezug zu den Einkünften des Künstlers oder Sportlers nicht gelöst. Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 zielt –ebenso wie Satz 2 der Vorschrift– ersichtlich (nur) darauf ab, das Quellenbesteuerungsrecht ohne Rücksicht darauf zu erweitern, ob der betreffende Künstler oder Sportler in diesem Staat auch tatsächlich seine künstlerischen oder sportlichen Aktivitäten erbringt, und zwar –über die Benutzung von Persönlichkeitsrechten des Künstlers oder Sportlers nach Satz 2 hinausgehend– auch für Vergütungen für die Überlassung bestimmter Verwertungsrechte. Die tatbestandlichen Grunderfordernisse der vorangehenden Sätze 1 und 2 der Vorschrift und damit auch jener Bezug zu den Einkünften der Künstler und Sportler selbst bleiben dadurch aber unberührt. Indem Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 über die Worte „Entsprechendes gilt“ an die Regelung in Art. 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 DBA-Österreich 2000 anknüpft, kommt dies hinlänglich klar zum Ausdruck. Bestätigt wird dieses Verständnis nicht zuletzt durch Abs. 2 der Vorschrift. Denn ein anderweitiges Regelungsverständnis, von Art. 17 Abs. 1 Satz 3 DBA-Österreich 2000 dahingehend, dass losgelöst von Einkünften des Künstlers oder Sportlers alle Einkünfte aus Aufzeichnungen und Übertragungen durch Rundfunk und Fernsehen dem Quellenstaat zugeordnet werden, hätte zur Folge, dass für derartige Einkünfte ein Rückgriff auf Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 nicht mehr erforderlich wäre. Eines Durchgriffs auf eine „andere Person“ bedürfte es nicht, wenn bereits über die Grundnorm in Art. 17 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 andere Einkünfte als die Einkünfte des Künstlers oder Sportlers selbst zu erfassen wären. Abs. 2 der Vorschrift nimmt aber unterschiedslos auf (alle) Einkünfte der in Abs. 1 genannten Art Bezug und lässt nicht erkennen, dass ihm bezogen auf Abs. 1 Satz 3 lediglich deklaratorische Bedeutung zukäme. Dass Letzteres ausgeschlossen ist, belegt vielmehr der Abgleich mit Art. 17 Abs. 2 OECD-MustAbk, der das (Quellen-)Besteuerungsrecht im Falle des Künstler- oder Sportlerdurchgriffs wie beschrieben demjenigen Vertragsstaat zuweist, „in dem der Künstler oder Sportler seine Tätigkeit ausübt“; Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 weist das Besteuerungsrecht für diese Fälle demgegenüber dem Vertragsstaat zu, aus dem die Einkünfte „stammen“, was unter den Vorgaben der nach Art. 17 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Österreich 2000 gegenüber Satz 1 erweiterten Einkunftskategorien allein dann „Sinn“ macht, wenn es sich auch auf alle drei dieser Kategorien bezieht (Lang/Stefaner, IStR 2003, 829, 836).
15
bbb) Bei Vergütungen für Fernsehübertragungsrechte handelt es sich nicht um Einkünfte des Künstlers oder Sportlers. Dies hat der Senat in seinem Urteil in BFHE 224, 353, BStBl II 2009, 625 bereits zur Rechtslage nach dem DBA-Schweiz entschieden. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dies für die Rechtslage nach dem DBA-Österreich anders beurteilt werden sollte. Es mag zwar richtig sein, dass die an der Veranstaltung beteiligten Organisationen vom Veranstalter häufig Zahlungen erhalten werden, die sie ihrerseits vollständig oder zum Teil zur Honorierung der für sie tätigen Sportler verwenden. Dadurch werden die hier zu beurteilenden Vergütungen aber nicht zur Gänze oder anteilig zu Entgelten für den Auftritt der Sportler. Denn die Sportler erhalten die ihnen zustehenden Vergütungen aufgrund eigenständiger vertraglicher Beziehungen mit Dritten, und jene Vergütungen können auch bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht im Sinne einer (teilweisen) Weiterleitung der Entgelte für die Übertragungsrechte verstanden werden. Vielmehr vollziehen sich beide Vorgänge auf unterschiedlichen Ebenen und –vor allem– in nur mittelbar zusammenhängenden Geschäftskreisen. Das reicht für die Anwendung des Art. 17 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 auf die an die Klägerin gezahlten Vergütungen nicht aus.
16
c) Eine andere Beurteilung ist auch nicht geboten, wenn man –bezogen auf die Streitjahre rückwirkend– die Konsultationsvereinbarung zwischen dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) der Bundesrepublik Deutschland und dem BMF der Republik Österreich vom 9./12. Juli 2010 in BStBl I 2010, 647, in die Überlegungen einbezieht. Zwar ist es nicht ausgeschlossen, die Abkommenspraxis der Vertragsstaaten, wie sie in einer Verständigungsvereinbarung oder Konsultationsvereinbarung zum Ausdruck kommt, bei der Abkommensauslegung zu berücksichtigen (Grundsatz der Entscheidungsharmonie; vgl. Senatsurteil vom 2. September 2009 I R 90/08, BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394). Ein übereinstimmendes Abkommensverständnis und eine gemeinsame Übung der beteiligten Finanzverwaltungen können weiterhin nach Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 (BGBl II 1985, 927), in innerstaatliches Recht transformiert seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom 3. August 1985 (BGBl II 1985, 926) am 20. August 1987 (BGBl II 1987, 757), für eine Abkommensauslegung bedeutsam sein. Dies aber immer nur insofern, als sie sich aus dem Wortlaut des Abkommens ableiten lassen. Der Abkommenswortlaut, nicht aber eine Verständigungsvereinbarung stellt in abschließender Weise die „Grenzmarke“ für das „richtige“ Abkommensverständnis dar (Senatsurteil in BFHE 226, 267, BStBl II 2010, 394; s. auch Senatsurteile vom 2. September 2009 I R 111/08, BFHE 226, 276, BStBl II 2010, 387; vom 11. November 2009 I R 84/08, BFHE 227, 410, BStBl II 2010, 390; vom 11. November 2009 I R 15/09, BFHE 227, 419, BStBl II 2010, 602, und vom 12. Oktober 2011 I R 15/11, BFH/NV 2012, 640).
17
An dieser Grenze scheitert im Streitfall die vom BZSt verfochtene Zuordnung der Entgelte für die Übertragung und Aufzeichnung u.a. sportlicher Darbietungen durch Rundfunk und Fernsehen zum Quellenstaat, auch wenn diese Vergütungen von einer oder über eine Verwertungsgesellschaft gezahlt werden. Denn dem Wortlaut des Abkommens und dem systematischen Verständnis der Vorschrift des Art. 17 DBA-Österreich 2000 ist zu entnehmen, dass es sich um Einkünfte des Künstlers oder Sportlers selbst handeln muss. Dem wird eine –vom BZSt der Konsultationsvereinbarung entnommene– Zuordnung jeder Art von Entgelten für die Aufzeichnung und Übertragung durch Rundfunk oder Fernsehen nicht gerecht. Den von der Revision formulierten Zweifeln, ob die Konsultationsvereinbarung im Sinne des BZSt zu interpretieren ist, muss daher nicht weiter nachgegangen werden.
18
2. Unter welche andere Bestimmung des DBA-Österreich die in Rede stehenden Vergütungen fallen, kann im Streitfall offenbleiben. Denn keine der in Betracht kommenden Vorschriften gestattet eine Besteuerung in Deutschland. Handelte es sich um Lizenzgebühren i.S. des Art. 12 Abs. 2 DBA-Österreich 2000, wäre gemäß Art. 12 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 nur Österreich als Ansässigkeitsstaat der Klägerin steuerberechtigt. Dasselbe gälte, wenn die Überlassung der Übertragungsrechte aufgrund ihres „verbrauchenden“ Charakters als „Veräußerung“ i.S. des Art. 13 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 anzusehen wäre (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Mai 2001 I R 64/99, BFHE 196, 210, BStBl II 2003, 641). Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 DBA-Österreich 2000 können ausgeschlossen werden, da die Klägerin im Inland keine Betriebsstätte unterhalten hat und auch keinen ständigen Vertreter hatte.
19
3. Die Vorinstanz hat ein abweichendes Rechtsverständnis vertreten. Die Sache ist spruchreif und der Klage stattzugeben. Der Klägerin ist ein Freistellungsbescheid nach § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG 2002 wie beantragt zu erteilen.

Steuerbefreiung für ähnliche heilberufliche Tätigkeiten (OFD)

Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ähnliche heilberufliche Tätigkeiten
Auflistung der anerkannten und nicht anerkannten Tätigkeiten

 1. Allgemeines

Die Umsätze aus der Tätigkeit der in § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG nicht ausdrücklich genannten Heil- und Heilhilfsberufe (Gesundheitsfachberufe) fallen nur dann unter die Steuerbefreiung, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handelt.

Ein Heilberuf wird durch die unmittelbare Arbeit am oder mit dem Patienten, also dem kranken Menschen, gekennzeichnet. Ausübung der Heilkunde liegt vor, wenn es sich um Tätigkeiten zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen handelt (siehe auch § 1 Heilpraktikergesetz ).

Ein Beruf ist nach Abschn. 4.14.4. Abs. 6 UStAE einem der im Gesetz genannten Katalogberufe ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufes mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufes vergleichbar ist. Zu den wesentlichen Merkmalen gehören:

  • die Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit,
  • die Vergleichbarkeit der Ausbildung,
  • die Vergleichbarkeit der berufsrechtlichen Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie der staatlichen Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung.

 

Die Ähnlichkeit eines Heilhilfsberufs ohne staatliche Regelung mit dem Katalogberuf des Krankengymnasten scheitert nicht daran, dass der Steuerpflichtige keine staatliche Erlaubnis zur Führung seiner Berufsbezeichnung besitzt. Vielmehr reicht es aus, wenn er über die Erlaubnis seiner beruflichen Organisation verfügt, die Kenntnisse bescheinigt, die den Anforderungen einer staatlichen Prüfung für die Ausübung der Heilhilfsberufe vergleichbar sind.

Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ist die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben vom 28.02.2000 –   BStBl 2000 I S. 433 und das BFH-Urteil vom 19.12.2002 –   BStBl 2003 II S. 532 ).

Fehlt es an einer solchen Zulassung, obliegt es den Finanzämtern festzustellen, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 28.08.2003 –   BStBl 2004 II S. 954 ).

Auf die Rechtsform des Unternehmers kommt es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG nicht an (Abschn. 4.14.7. UStAE ). So kann auch ein in der Rechtsform einer GmbH oder GmbH & Co. KG betriebenes Unternehmen bei Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG in Anspruch nehmen (vgl. Beschluss des BVerfG vom 10.11.1999 –   BStBl 2000 II S. 160 ).

 2. Ähnliche heilberufliche Tätigkeiten

Außer den in Abschn. 4.14.4. Abs. 11 UStAE genannten ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten können z. B. folgende Tätigkeiten als ähnliche heilberufliche Tätigkeiten angesehen werden:

  • Fachbiologen der Medizin (deren zytologische/histologische Leistungen – Zytologie: Zellenlehre, Histologie: Wissenschaft von den Geweben des Körpers)
  • Fachwissenschaftler der Medizin
  • Hippotherapie, die von einem Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird (BFH-Urteil vom 30.01.2008 – XI R 53/06 , BStBl. 2008, II, S. 647 )

 3. Keine ähnlichen heilberufliche Tätigkeiten

Nicht unter § 4 Nr. 14 UStG fallen neben den in Abschn. 4.14.4. Abs. 12 UStAE genannten Berufen z. B. auch:

  • Augenoptiker (keine Kassenzulassung § 124 SGB V , sondern nach § 126 SGB V ; kein Heilmittelerbringer, sondern Hilfsmittelerbringer)
  • Epilation (Haarentfernung, Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 29.06.1998, 6 K 171/96 , EFG 1998 S. 1365 )
  • Fachkosmetiker/Pharma Cosmetologen
  • Familienhelfer (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27.11.1998, 12 K 158/98 , EFG 1999 S. 508 )
  • Gymnastiklehrer (auch mit staatlicher Prüfung)
  • Haaranalysen (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23.01.1992, V 309/91 , nicht veröffentlicht)
  • Heilmagnetiseure (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12.01.1995, V 99/94 , EFG 1995 S. 735 )
  • Heilpädagogen (sozialpflegerischer Beruf, kein Heilberuf)
  • Kunstpädagogen und -therapeuten (auch mit Diplom)
  • Kurpacker (Beschluss des FG München vom 09.07.1987, XIV 166/86 AusU , EFG 1988 S. 330 )
  • Legasthenie-Therapeuten (Ausnahme: Umsätze aus Legasthenie-Behandlungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII erbracht werden, vgl. Rdvfg. S 7170 A – 80 – St I 2.30, USt-Kartei OFD Ffm. § 4 Nr. 14 – S 7170 -Karte 21)
  • Medizinischer Strahlenschutzphysiker
  • Medizinphysiker (BFH-Urteil vom 15.09.1994, XI R 59/93 , BFH/NV 1995 S. 647 )
  • Musiktherapeuten (BFH-Beschluss vom 26.10.1998, V B 78/98 , BFH/NV 1999 S. 528 ; Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19.03.1998, V R 53/96 , DStRE 2000 S. 312)
  • Orientierungs- und Mobilitätstrainer (Keine Kassenzulassung § 124 SGB V , sondern nach § 126 SGB V ; kein Heilmittelerbringer, sondern Hilfsmittelerbringer; allerdings können die Leistungen unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG steuerfrei sein, vgl. Abschn. 4.16.5. Abs. 20 UStAE )
  • Hippotherapie, die nicht von einem Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird
  • Schwesternhelfer (FG Hamburg, Beschluss vom 23.11.1989, I 167/89 , UR 1990 S. 186 )
  • Sozialpsychiatrische Kinder und- Jugendtherapeuten
  • Tomatis-Therapeuten, z. B. „Tomatis-Hörkur (Urteil des FG Düsseldorf vom 07.10.2012, 1 K 939/10 U . Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch den BFH mit Beschluss vom 11.05.2012, V B 106/11 , als unbegründet zurückgewiesen)
  • Wechseljahresberaterinnen (diese erbringen im Wesentlichen beratende und informierende Tätigkeiten)
  • Yogalehrer
  • Durchführung von Zilgrei-Selbsthilfekursen für gesetzliche Krankenversicherungen (a. A. FG Nds. Urteil vom 16.10.2002, 5 K 56/98 , EFG 2003 S. 348 ; die Revision wurde durch BFH-Urteil vom 24.02.2005 – V R 60/02 – (BFH/NV 2005 S. 1327 ) erledigt, da der Kläger den Rechtsstreit für beendet erklärte, die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG wurde daher nicht mehr vom BFH geprüft)

 4. Ärztliche Verordnung erforderlich

Für Leistungen aus der Tätigkeit von Gesundheitsfachberufen kommt die Steuerbefreiung grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie aufgrund ärztlicher Verordnung bzw. einer Verordnung eines Heilpraktikers oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden. Als ärztliche Verordnung gilt im Allgemeinen sowohl das Kassenrezept als auch das Privatrezept; bei Rezepten von Heilpraktikern handelt es sich durchweg um Privatrezepte. Eine Behandlungsempfehlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker, z. B. bei Antritt des Aufenthalts in einem „Kur”-Hotel, gilt nicht als für die Steuerbefreiung ausreichende Verordnung (vgl. Abschn. 14.1. Abs. 4 und 5 Buchst. a UStAE ).

Die Rundvfg. vom 01.04.2009 wird aufgehoben. Die Änderungen sind durch einen schwarzen Balken auf der rechten Seite gekennzeichnet.