Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Ansprüche nach gescheiterter Umwandlung: LPG in GmbH & Co. KG

Ansprüche nach gescheiterter Umwandlung: LPG in GmbH & Co. KG

Rechtslage

Alle landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), die sich bis zum 31.12.1991 nicht ordnungsgemäß umgewandelt oder wirksam geteilt oder verschmolzen hatten, waren ab diesem Zeitpunkt von Gesetztes wegen aufgelöst. Ist die Umwandlung gescheitert, befindet sich die LPG in unerkannter Liquidation. Die Mitglieder der LPG können aber aus gesellschaftlicher Treuepflicht verpflichtet sein, einer Nachtragsvereinbarung zuzustimmen, mit der eine Heilung der fehlgeschlagenen Umwandlung erwirkt wird.

Sachverhalt 

Die Klägerin ist eine LPG. Im Jahr 1991 beschlossen ihre Genossen einstimmig, das gesamte Vermögen der LPG auf eine neu gegründete GmbH & Co. KG, die Beklagte, als übernehmendes Unternehmen gegen Gewährung von Anteilen an die Genossen der LPG zu übertragen. Die LPG wurde zunächst alleinige Kommanditistin der GmbH & Co. KG und Gesellschafterin der Komplementär-GmbH. Im November 1994 wurde unter Ausscheiden der LPG aus der GmbH & Co. KG der Eintritt der Genossen der LPG im Wege der Sonderrechtsnachfolge im Handelsregister eingetragen. Die LPG wurde im LPG-Register gelöscht. Sie meint, ihre Umwandlung sei fehlgeschlagen und sie sei nach wie vor Inhaberin der Vermögensgegenstände, die sie im Jahr 1991 gehabt habe. Die Klage der LPG scheiterte in der zweiten Instanz wegen Rechtsmissbrauchs ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an die zweite Instanz zurück.

Entscheidung 

Die beschlossene Teilung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) scheitert daran, dass das Vermögen der LPG nicht auf mehrere neue Unternehmen übertragen wurde. Sie ist daher gesetzwidrig. Die gescheiterte Umwandlung wird erst geheilt, wenn eine Übertragung formgerecht in einer Nachtragsvereinbarung vereinbart wird und die Vollversammlung der LPG mit Mehrheit zustimmt, was nicht erfolgt ist. Jedoch muss der Liquidator der LPG zunächst versuchen, diese abzuschließen, denn die Genossen der LPG sind grundsätzlich aus gesellschaftlicher Treuepflicht verpflichtet, einem solchen Nachtrag zuzustimmen. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann jedenfalls dem Anspruch aus Eigentum nicht entgegengehalten werden.

Konsequenz

Dem Ergebnis des BGH ist zuzustimmen. Im Falle eines zunächst jahrelang nicht erkannten Fehlschlags einer Umwandlung könnten sich anderenfalls weitreichende Probleme ergeben. Zumal die regelmäßige Verjährung von 3 Jahren die Entstehung des Anspruchs und Kenntniserlangung voraussetzt. Kenntnisunabhängig beträgt die Frist bis zu 30 Jahre.

Abweichende Festsetzung des GewSt-Messbetrags: Gemeinde ist zuständig

Abweichende Festsetzung des GewSt-Messbetrags: Gemeinde ist zuständig

Kernaussage

Steuern können niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Gewerbesteuermessbeträge und eventuelle Billigkeitsmaßnahmen werden in der Regel durch das Finanzamt festgesetzt, soweit dies im Rahmen der allgemeinen Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung oder der obersten Landesfinanzbehörden geschieht.

Sachverhalt

Die klagende Unternehmerin beantragte beim Finanzamt eine Änderung des Gewerbesteuermessbetrags, da in dem festgesetzten Gewerbeertrag ein steuerfreier Sanierungsgewinn enthalten war. Die Voraussetzungen für einen Steuererlass aus Billigkeitsgründen gemäß dem Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2003 waren unstreitig erfüllt. Das Finanzamt änderte den Gewerbesteuermessbetrag nicht; man war dort der Auffassung, die Änderung müsse durch die zuständige Gemeinde vorgenommen werden. Die hiergegen gerichtete Klage war zwar zunächst erfolgreich; schließlich gab der Bundesfinanzhof (BFH) aber doch dem Finanzamt Recht.

Entscheidung

Da der Sanierungserlass keine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder der obersten Landesfinanzbehörden ist, konnte sich für den Fall auch keine Zuständigkeit des Finanzamts zur abweichenden Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen ergeben.

Konsequenz

Zu der Frage, ob der Sanierungserlass dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt und dem unionsrechtlichen Beihilfeverbot genügt, musste sich der BFH nicht äußern.

Nicht abgeführte Lohnsteuer kann auch angerechnet werden

Nicht abgeführte Lohnsteuer kann auch angerechnet werden

Kernproblem

Auf die Einkommensteuer wird neben den Vorauszahlungen auch die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer angerechnet, soweit sie auf die bei Veranlagung erfassten Einkünfte entfällt. Gängigstes Beispiel des so genannten Korrespondenzprinzips ist die Anrechnung der Lohnsteuer bei der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber weist die Beträge in einer für den Arbeitnehmer bestimmten kalenderjahrbezogenen Lohnsteuerbescheinigung aus und meldet zugleich die Besteuerungsgrundlagen elektronisch an das Finanzamt. Damit liegen bei der Arbeitnehmer-Veranlagung i. d. R. alle für die Besteuerung relevanten Daten vor. Die eigentlich wesentliche Pflicht des Arbeitgebers besteht aber darin, die Lohnsteuern der Arbeitnehmer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Kann der Arbeitgeber Gehalt und Lohnsteuer nicht (komplett) zahlen, stellt sich die Frage nach der Konsequenz für den Arbeitnehmer.

Sachverhalt

Der Leiter des Rechnungswesens eine Unternehmens sollte eine Abfindung von brutto 92.612 EUR erhalten. Nach der Lohnabrechnung ergab sich hieraus nach Steuerabzug von 33.972 EUR ein Nettobetrag von 58.640 EUR. Der Arbeitgeber musste jedoch Insolvenz anmelden, so dass der frühere Leiter nur einen Nettobetrag von 33.000 EUR vereinnahmen konnte. Der Restbetrag fiel aus. In seiner Einkommensteuererklärung deklarierte der Gebeutelte Einkünfte in Höhe des erhaltenen Nettobetrages und der Steuerabzugsbeträge von insgesamt 66.972 EUR. Die rechnerisch auf die gesamte Abfindung entfallenden Steuerabzugsbeträge wollte das Finanzamt aber nicht komplett anrechnen und berief sich auf das Korrespondenzprinzip, das die Anrechnung nur insoweit zulasse, als die Steuerabzugsbeträge anteilig auf die Abfindung entfallen. Zudem sei die Lohnsteuer nur anteilig vom Arbeitgeber abgeführt worden. So musste das Finanzgericht Münster die Klage entscheiden.

Entscheidung

Das Gericht ließ die komplette Anrechnung der Steuerabzugsbeträge zu. Die Richter urteilten, dass zwar keine Bindung an die in der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesenen Beträge bestehe. Das Finanzamt habe sich jedoch durch Ansatz des höheren Lohnsteuerbetrags als steuerpflichtigen Vorteil im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung auch hinsichtlich der Anrechnungsfrage festgelegt und gebunden. Dagegen sei die nicht vollständige Abführung der Lohnsteuer unerheblich, weil der Arbeitnehmer mit der Duldung des Einbehalts der Lohnsteuer und der entsprechenden Minderung des Arbeitslohns seine Zahlungspflicht grundsätzlich erfüllt habe.

Konsequenz

Weil zu der streitigen Rechtsfrage bisher überwiegend Entscheidungen im Zusammenhang mit der Anrechnung in Schätzungsbescheiden ergangen sind, wurde die Revision zugelassen. Diese ist bereits beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig.

Voraussetzungen einer Korrektur nach dem formellen Bilanzzusammenhang

Voraussetzungen einer Korrektur nach dem formellen Bilanzzusammenhang

Kernaussage

Bilanzierungsfehler sind grundsätzlich im Jahr ihrer Entstehung zu korrigieren. Es gilt der Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs. Dieser verlangt, dass die Eröffnungsbilanzwerte den Schlussbilanzwerten des vorangehenden Jahres entsprechen müssen. Die Einhaltung dieses Grundsatzes erfordert, dass fehlerhaft unterbliebene Aktivierungen von Wirtschaftsgütern in der Schlussbilanz des ersten verfahrensrechtlich noch offenen Veranlagungsjahres erfolgswirksam nachaktiviert werden dürfen.

Sachverhalt

Der Kläger betrieb ein Einzelhandelsgeschäft. Im Jahr 1998 erfolgte ein Umbau der angemieteten Geschäftsräume sowie eine Ablösezahlung für Kfz-Stellplätze in Höhe von 49.000 DM. Diese Ablösezahlung verbuchte die Klägerin gegen Aufwand als sonstige Verbindlichkeit. In 2000 veräußerte der Kläger sein Geschäft an seinen Sohn. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns wurde der Kaufpreis den übertragenen Wirtschaftsgütern, einschließlich des Wirtschaftsgutes „Mieterumbau“ aus dem Bauvorhaben 1998, in dem die Ablösezahlung bekanntermaßen nicht eingerechnet war, gegenübergestellt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Ablösezahlung nicht sofort abzugsfähige Betriebsausgabe, sondern Herstellungskosten des Mieterumbaus darstelle. Damit sei der Bilanzansatz für das Wirtschaftsgut „Mieterumbau“ zum 31.12.1999 unrichtig und im ersten verfahrensrechtlich noch offenen Veranlagungsjahr, nämlich in 2000, erfolgswirksam zu berichtigen. Dem folgend erhöhten sich in 2000 die laufenden Einkünfte durch die Nachaktivierung der Herstellungskosten des Mieterumbaus. Andererseits reduzierte sich der mit dem halben Steuersatz begünstigte Veräußerungsgewinn, da dem Kaufpreis nun ein höherer Buchwert des Wirtschaftsgutes „Mieterumbau“ gegenüberstand.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) schloss sich schließlich der Ansicht der Finanzverwaltung an. Bei der Teilbetriebsveräußerung war der Wert des Betriebsvermögens durch Bilanzierung zu schätzen. Der Ablösebetrag aus 1998 stellte Herstellungskosten des Wirtschaftsguts „Mieterumbau“ dar, da ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang der Ablöse mit dem Umbau bestand. Die fehlerhafte Nichtaktivierung des Ablösebetrags konnte nach den Grundsätzen des formellen Bilanzzusammenhangs entsprechend erfolgswirksam nachgeholt werden. Zum 31.12.1998 und 31.12.1999 war Festsetzungsverjährung eingetreten; deshalb erfolgt die erfolgswirksame Nachaktivierung zugunsten des laufenden Gewinnes 2000.

Konsequenz

Der BFH hat die grundsätzliche Gültigkeit des formellen Bilanzzusammenhangs bestätigt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt jedenfalls nicht bei nicht oder falsch aktivierten Wirtschaftsgütern vor, welche anschließend veräußert werden.

Grenzen der finanzgerichtlichen Sachaufklärungspflicht

Grenzen der finanzgerichtlichen Sachaufklärungspflicht

Kernaussage

Bei einem streitigen Prozess muss das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt „unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel“ aufklären und ihn „so vollständig wie nur möglich“ ermitteln. So verlangt es die Rechtsprechung. Begrenzt wird diese Aufklärungspflicht des Gerichts durch die Mitwirkungspflicht der beteiligten Personen (Kläger/Beklagte). Stellen anwaltlich vertretene Beteiligte vor Gericht keine weiteren, auf Sachaufklärung gerichteten Anträge, kommt eine Verletzung der dem Gericht obliegenden Pflicht regelmäßig nur in Betracht, wenn sich den Richtern eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen müssen.

Sachverhalt 

Eine GmbH war vertraglich verpflichtet, für die Klägerin ein aus 8 Maschinen bestehendes Werk zu errichten; im Falle einer verzögerten Erstellung war eine Vertragsstrafe vereinbart worden. Nach einem Test nahm die Klägerin das Werk nicht ab; aus ihrer Sicht fiel die Vertragsstrafe an. Die Beteiligten legten den Streit in 2005 bei, indem die GmbH weitere Maschinen lieferte und die Klägerin das Entgelt zahlte sowie auf weitere Ansprüche verzichtete. Im Folgejahr beantragte die Klägerin u. a. für die zuletzt gelieferten Maschinen Investitionszulage für das Jahr 2005. Das Finanzamt setzte jedoch lediglich eine geringere Investitionszulage fest. Das Finanzgericht folgte der Klägerin, die Investitionszulage wurde erhöht. Das Finanzamt begehrte daraufhin die Zulassung der Revision, blieb aber erfolglos.

Entscheidung 

Soweit das Finanzamt behauptet, das Gericht habe gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen, da es trotz entsprechender Anhaltspunkte in den Akten nicht ermittelt habe, dass die GmbH zu 29,4 % an der Klägerin beteiligt gewesen sei, wird der behauptete Verfahrensmangel nicht ausreichend dargelegt. Denn die Sachaufklärungspflicht des Finanzgerichts wird durch die Mitwirkungspflichten der Beteiligten begrenzt. Wenn rechtskundig vertretene Beteiligte keine weiteren auf Sachaufklärung gerichteten Anträge stellen, kommt eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Finanzgericht regelmäßig nur in Betracht, wenn sich diesem eine weitere Sachaufklärung auch ohne einen Antrag hätte aufdrängen müssen. Vorliegend fehlen dazu aber in Gänze Ausführungen.

Konsequenz

Unabhängig von der materiellrechtlichen Beurteilung des Werts des Wirtschaftsguts konnte hier die unterlassene Mitwirkung des Finanzamts nicht mehr korrigiert werden, da schon der behauptete Verfahrensmangel (Verstoß gegen Sachaufklärungspflicht) nicht ausreichend dargelegt werden konnte.

Nachträgliche Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben

Nachträgliche Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben

Kernproblem

Im Steuerrecht gilt es nicht nur, die jeweiligen Einzelsteuergesetze materiell zu beherrschen, auch das Verfahrensrecht ist zu beachten. Sonst kann es vorkommen, dass auch offensichtlich falsche (rechtswidrige) Bescheide nicht mehr änderbar sind, obwohl die Ungerechtigkeit zum Himmel schreit. Dass es sich hierbei zumeist um Fälle zu Ungunsten des Steuerzahlers handelt, verwundert nicht, denn der Fiskus hat den Finanzämtern ein Hintertürchen ins Gesetz einbauen lassen. So kann das Finanzamt zu seinen Gunsten Bescheide ändern, wenn ihm neue Tatsachen bekanntwerden. Für den Steuerpflichtigen gilt das dagegen nur, wenn ihn kein grobes Verschulden an der nachträglichen Bekanntgabe trifft. Wenn es dabei um steuermindernde Ausgaben geht, die in einem Steuerformular explizit genannt sind, kann ein „Übersehen“ bereits zum groben Verschulden führen. Ist für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ein eigenes Feststellungsverfahren angeordnet, ist höchste Vorsicht geboten, wie folgender Fall zeigt.

Sachverhalt

Ein eingetragener Verein (e. V.) war Kommanditist einer Kommanditgesellschaft (KG) und zugleich an der Komplementär-GmbH beteiligt. Auf die Beteiligung hatte der e. V. in seinem Jahresabschluss eine Teilwertabschreibung von 200.000 DM vorgenommen. Bei einer Betriebsprüfung kam man zu dem Ergebnis, dass die GmbH-Beteiligung notwendiges Sonderbetriebsvermögen bei der KG darstellte und die Abschreibung als Sonderbetriebsausgabe zu erfassen war. In der Feststellungserklärung fehlten Angaben zum Sonderbetriebsvermögen. Der e. V. beantragte einen so genannten Ergänzungsbescheid, der rechtlich zulässig ist, soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist. Das lehnte das Finanzamt ab, weil ein Ergänzungsbescheid nur Lücken vervollständigen, nicht aber Unrichtigkeiten korrigieren dürfe. Das Finanzgericht gab dem e. V. zunächst Recht; aber die Verwaltung zog vor den Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung

Der BFH folgte den Argumenten des Finanzamts und lehnte den Erlass des Ergänzungsbescheids ab. Der Feststellungsbescheid der KG sei nicht unvollständig, sondern unrichtig, und enthielte die negative Feststellung, dass keine Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen seien. Werde die in der Anlage FE 1 der Erklärung vorgesehene Zeile zur Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben nicht ausgefüllt, könne das Finanzamt dieser Erklärung die Aussage entnehmen, Sonderbetriebsausgaben seien nicht zu berücksichtigen. Dem Nichtausfüllen kommt nach Ansicht der Richter insoweit der gleiche Aussagewert zu wie einem in dieser Zeile angebrachten Strich oder dem Eintrag eines Betrags von 0 EUR.

Konsequenz

Der Fall zeigt das in der Praxis durchaus gängige Problem auf, dass Sonderbetriebsausgaben in der persönlichen Steuererklärung deklariert werden. Ein solches Risiko kann eigentlich nur eingegangen werden, wenn der Feststellungsbescheid noch nach anderen Vorschriften änderbar ist.

Keine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Keine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Kernproblem

Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht gebildet werden. Ungeklärt war bislang die Frage, ob das Rückstellungsverbot nur für erstmalige Anschaffungs- und Herstellungskosten gilt oder auch insoweit, als eine Rückstellung für nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten gebildet werden soll.

Sachverhalt

Die klagende GmbH war ihrerseits wiederum an einer Tochtergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH beteiligt. Im Streitjahr 2001 verpflichtete sich die Klägerin über eine sowieso schon bestehende gesellschaftsrechtliche Verpflichtung hinaus zur Übernahme von Jahresfehlbeträgen insoweit, als die Tochtergesellschaft ein zum damaligen Zeitpunkt anhängiges Finanzgerichtsverfahren verliere. Hierfür bildete die klagende GmbH aufwandswirksam eine Rückstellung. Im Rahmen einer Betriebsprüfung erkannte das Finanzamt die Rückstellung steuerlich nicht an, da etwaige daraus drohende Zahlungsverpflichtungen in darauffolgenden Wirtschaftsjahren als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung zu aktivieren seien. Das eingangs erläuterte Rückstellungsverbot umfasse nämlich unterschiedslos sowohl erstmalige als auch nachträgliche Anschaffungskosten.

Entscheidung

Der Auffassung des Finanzamts hat sich das Finanzgericht (FG) Köln im Ergebnis angeschlossen. Entgegen der Auffassung der klagenden GmbH beziehe sich das Rückstellungsverbot nicht nur auf in künftigen Wirtschaftsjahren zu aktivierende Wirtschaftsgüter, sondern seinem eindeutigen Wortlaut nach auch auf Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren seien. Das Wort „künftig“ beziehe sich nur auf „Wirtschaftsjahre“ und nicht auf „künftig zu aktivierende Wirtschaftsgüter“.

Konsequenz

Das Urteil ist rechtskräftig, da die Klägerin trotz mangelnder höchstrichterlicher Klärung der Rechtsfrage auf eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) verzichtet hat. Zwar vermag das Urteil nur bedingt zu überzeugen, gleichwohl hat sich die Praxis darauf einzustellen.

BMF: Einheitliche Regelung bei Pensionsverzicht

BMF: Einheitliche Regelung bei Pensionsverzicht

Kernproblem

Der Verzicht des Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH auf eine ihm erteile Pensionszusage stellt ein in der Praxis häufig gewähltes Sanierungsinstrument für notleidende Kapitalgesellschaften dar. Aus steuerlicher Sicht ist diese Maßnahme jedoch regelmäßig mit Nachteilen verbunden, liegt doch in Höhe des werthaltigen Teils des Pensionsanspruchs eine verdeckte Einlage vor. Die verdeckte Einlage führt in gleicher Höhe zu einem steuerpflichtigen Zufluss von Einnahmen beim Gesellschafter-Geschäftsführer. Unklar war bislang, ob zur Ermittlung des werthaltigen Teils eine Unterscheidung zwischen den bereits erdienten Anwartschaften (sog. Past Service) und den künftig noch zu erdienenden Pensionsanwartschaften (sog. Future Service) zu erfolgen hat. Diese Frage wurde in der Vergangenheit von den einzelnen Oberfinanzdirektionsbezirken zum Teil unterschiedlich behandelt. Nunmehr hat das Bundesfinanzministerium (BMF) eine einheitliche Regelung geschaffen.

BMF: Bundeseinheitliche Regelung

In Schreiben vom 24.8.2012 folgt das BMF der schon in einigen Oberfinanzdirektionsbezirken praktizierten Unterscheidung zwischen dem sog. Past Service und dem sog. Future Service. Eine verdeckte Einlage liegt demnach insoweit vor, als der Barwert der bis zu dem Verzichtszeitpunkt bereits erdienten Versorgungsleistungen den Barwert der nach dem Teilverzicht noch verbleibenden Versorgungsansprüche übersteigt. Unerheblich ist dabei, ob sich die Verzichtsvereinbarung der Bezeichnung nach nur auf den Future Service bezieht oder ob es sich dabei um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Änderung einer Pensionszusage handelt, die mit einer Reduzierung der bisher zugesagten Versorgungsleistung einhergeht.

Vereinfachungsregelung

Aus Vereinfachungsgründen erlaubt es das BMF, den Barwert der bereits erdienten Versorgungsleistungen zeitanteilig (Verhältnis der bis zum Verzicht tatsächlich geleisteten Dienstjahre zu den maximal möglichen Dienstjahren) zu ermitteln. Für den Fall, dass der danach bereits erdiente Wert den nach der Herabsetzung verbleibenden Versorgungsleistungen entspricht, beträgt der Wert der verdeckten Einlage Null. Infolgedessen würden die aus einer verdeckten Einlage resultierenden Folgen beim Gesellschafter-Geschäftsführer (Lohnzufluss und Erhöhung der Anschaffungskosten auf seine Beteiligung) nicht zum Tragen kommen.

Konsequenz

Die Einführung einer bundeseinheitlichen Regelung zur Behandlung des Pensionsverzichts ist zu begrüßen. Der der Finanzverwaltung nunmehr noch zustehende Interpretationsspielraum ist hiermit erheblich eingeschränkt, so dass für die steuergestalterische Praxis ein deutlich höheres Maß an Rechtssicherheit herrscht.

Rechtfertigt Arbeitszeitbetrug eine verhaltensbedingte Kündigung?

Rechtfertigt Arbeitszeitbetrug eine verhaltensbedingte Kündigung?

Kernfrage

Täuscht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über die tatsächlich abgeleistete Arbeitszeit, begeht er einen Arbeitszeitbetrug, also eine Straftat, die den Arbeitgeber in der Regel zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigt. In besonders schweren Fällen kann die Kündigung auch fristlos erfolgen. Dies setzt voraus, dass dem Arbeitgeber durch die Täuschung über die Arbeitszeit ein Schaden entstanden ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte jüngst über die Frage zu entscheiden, unter welchen Umständen ein solcher Schaden entstanden ist.

Sachverhalt

Der langjährig bei dem beklagten Arbeitgeberunternehmen beschäftigte Arbeitnehmer hatte an vier Arbeitstagen das Betriebsgebäude für jeweils eine Viertelstunde verlassen, ohne sich im automatischen elektronischen Zeiterfassungssystem auszuloggen. Der Kläger hatte in diesem Monat eine Überstundenzahl von 6 Stunden erreicht. Sein Arbeitsvertrag sah vor, dass er zur Ableistung von 10 Überstunden verpflichtet war. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis wegen Arbeitszeitbetrugs, unterlag jedoch zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Unabhängig davon, ob im konkreten Fall die weiteren Voraussetzungen für eine Kündigung vorgelegen hätten, sei dem Arbeitgeber jedenfalls kein Schaden entstanden, so die Richter. Da der Kläger verpflichtet gewesen sei, bis zu 10 Überstunden ohne zusätzliche Vergütung zu leisten und diese Anzahl noch nicht erreicht gewesen sei, konnte dem Arbeitgeber kein Schaden in Form einer ungerechtfertigten zusätzlichen Vergütung entstehen. Bei Fehlen einer entsprechenden Überstundenregelung sei zudem lediglich von einem Schaden in Höhe des Bruttolohns für eine Arbeitsstunde auszugehen; auch insoweit sei kein eine Kündigung tragender Schaden entstanden.

Konsequenz

Hat der Arbeitnehmer Überstunden angesammelt, werden diese aber nicht gesondert vergütet, ist eine verhaltensbedingte Kündigung wegen eines Arbeitszeitbetrugs jedenfalls so lange ausgeschlossen, wie die zu viel erfasste Arbeitszeit durch die Überstunden kompensiert wird. Danach muss jedenfalls eine Zuvielerfassung vorliegen, die im Bereich über einer Arbeitsstunde liegt.

Steuerliche Anforderung an die Pensionszusage eines Gesellschafters

Steuerliche Anforderung an die Pensionszusage eines Gesellschafters

Kernproblem

Die steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter-Geschäftsführer oder einer diesem nahe stehende Person ist an eine Vielzahl von Voraussetzungen geknüpft. Dabei ist u. a. zu prüfen, ob die Pensionsverpflichtung auf einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) beruht. Bei dieser Prüfung sind insbesondere die Aspekte Ernsthaftigkeit, Erdienbarkeit und Angemessenheit zu berücksichtigen. An der Ernsthaftigkeit mangelt es z. B., wenn der Pensionsbeginn vor dem 65. Lebensjahr liegt oder wenn die Pensionszusage unmittelbar nach der Anstellung und ohne die unter Fremden übliche Wartezeit erteilt wird. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hatte hierbei zu klären, ob eine konkret vereinbarte Pensionszusage diesen Anforderungen genügte.

Sachverhalt

An der klagenden GmbH waren zunächst vier Genossenschaften zu gleichen Teilen beteiligt. Ein Vorstandsmitglied einer dieser Genossenschaften legte sein Amt nieder, um wenige Monate später Geschäftsführer der GmbH zu werden. Sodann erwarb er eine 25 %ige Beteiligung an der GmbH. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag wurde eine sofort unverfallbare Altersversorgung vereinbart. Für die hierzu an eine Unterstützungskasse geleisteten Beiträge lehnte das Finanzamt einen Betriebsausgabenabzug ab. Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter war der Geschäftsführer als eine den Gesellschaftern der GmbH nahestehende Person anzusehen, da er kurze Zeit zuvor noch Vorstandsmitglied eines der Gesellschafter war. Nach gefestigter Rechtsprechung der Finanzgerichte sei es unter fremden Dritten aber unüblich bzw. unangemessen, einem Geschäftsführer vom ersten Tag seiner Beschäftigung an unverfallbare Anwartschaften zuzugestehen. Fremdüblich und damit zulässig sei es vielmehr, die mit einer lebenslangen Versorgungszusage einhergehende fortlaufende Gewinnbelastung erst nach einer gewissen Arbeitszeit einzugehen.

Konsequenzen

Die von der unterlegenen GmbH beim Bundesfinanzhof (BFH) eingereichte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist zwischenzeitlich abgewiesen worden. Das für die klagende GmbH unerfreuliche Urteil unterstreicht wieder einmal die Notwendigkeit der eingehenden steuerlichen Prüfung im Vorfeld einer Pensionszusage an einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer oder einer den Gesellschaftern nahestehenden Person.