Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Wann müssen Arbeitnehmer ihren Dienstwagen nach Kündigung zurückgeben?

Wann müssen Arbeitnehmer ihren Dienstwagen nach Kündigung zurückgeben?

Kernfrage

Wird Arbeitnehmern ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen, stellt der Dienstwagen einen Gehaltsbestandteil dar, den der Arbeitnehmer versteuern muss. Wird das Arbeitsverhältnis gekündigt und ist arbeitsvertraglich nichts geregelt, ist der Dienstwagen erst mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitgeber zurückzugeben. Deshalb sehen Arbeitsverträge Regelungen zur vorzeitigen Rückgabe von Dienstfahrzeugen vor. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr über die Wirksamkeit solcher Rückgabeklauseln, hier in Form des Widerrufs der Gewährung eines Dienstfahrzeugs, sowie die Angemessenheit ihrer Ausübung zu entscheiden.

Sachverhalt

Nachdem ein Arbeitnehmer die Eigenkündigung erklärt hatte, verlangte der Arbeitgeber die unverzügliche Rückgabe eines überlassenen Dienstfahrzeugs (des einzigen Fahrzeugs des Arbeitnehmers). Diese erfolgt am Tag nach der Kündigung; ab diesem Tag war der Arbeitnehmer freigestellt. Grundlage war eine Regelung im Arbeitsvertrag, die vorsah, dass ein Dienstwagen zurückzugeben war, sobald eine Freistellung erfolgte. Gleichzeitig schloss der Arbeitsvertrag Schadensersatzansprüche aus. Dennoch machte der Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche wegen der vorzeitigen Beendigung der Dienstfahrzeugnutzung in Höhe einer Ausfallentschädigung geltend.

Entscheidung

Der Arbeitnehmer bekam vor dem BAG Recht. Zwar urteilte das Gericht, die Klausel, die einen Widerruf der Fahrzeuggestellung mit Beginn der Freistellung ermögliche, sei auch unter den Gesichtspunkten Allgemeiner Geschäftsbedingungen wirksam, weil der Rückgabezeitpunkt klar geregelt sei. Ungeachtet dessen stehe dem Arbeitnehmer der Ersatzanspruch zu, weil der Widerruf der Fahrzeuggestellung im konkreten Fall unangemessen gewesen sei. Zum einen habe der Arbeitgeber den Widerruf nicht begründet, zum anderen habe der Arbeitnehmer kein anderes Fahrzeug gehabt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung für den vollen Monat, in den der Widerruf fiel, habe versteuern müssen.

Konsequenz

Regelungen in Arbeitsverträgen zur sofortigen Rückgabe eines Dienstfahrzeugs sind, wenn sie klar formuliert sind, wirksam. Allerdings wird der Arbeitgeber bei Widerruf nicht umhin kommen, eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen, um sich nicht Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sehen.

Steuerliche Behandlung des Wirtschaftsgutes „Wald“

Steuerliche Behandlung des Wirtschaftsgutes „Wald“

Kernaussage

Mit Schreiben vom 16.5.2012 passt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Bereich der Besteuerung der Forstwirtschaft seine bisherigen Auslegungsregelungen an die Änderungen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 an.

Allgemeines

Unverändert zur bisherigen Rechtslage ist Wald bzw. stehendes Holz dann ein eigenständiges und getrennt vom Grund und Boden zu bewertendes Wirtschaftsgut, wenn der stehende Baumbestand selbstständig nutzbar ist. Innerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes tritt ein Baumbestand nur dann als selbstständiges Wirtschaftsgut hervor, wenn dieser eine zusammenhängende Fläche von mindestens einem Hektar aufweist. Nicht zusammenhängende Baumbestände stellen entsprechend für sich eigenständige Wirtschaftsgüter dar.

Bilanzierung

Ebenfalls im Grunde unverändert bleiben die Regelungen zur Bilanzierung des Wirtschaftsgutes Holz, die sich nach der jeweiligen Nutzungsform richten. Zu bilanziellen und steuerlichen Zwecken ist bei den Nutzungsformen zwischen dem Kahlschlag und so genannten anderen Nutzungsformen zu unterscheiden. Wird ein Baumbestand durch einen Kahlschlag gerodet, so wird dieser aus der Gesamtheit des jeweiligen Waldes herausgelöst. Infolge dieses Eingriffs ist das geschlagene Holz dem Umlaufvermögen zuzurechnen und der Buchwert des verbleibenden Baumbestands ist um den Umfang des Einschlags zu mindern. Wiederaufforstungskosten in Folge des Kahlschlags stellen Herstellungskosten des neu entstehenden Baubestandes dar. Erfolgt die Aufforstung erst im Folgejahr, so darf hierfür keine Rückstellung gebildet werden. In Abgrenzung zu einem Kahlschlag hat die Entnahme einzelner, hiebreifer Bäume in der Regel keine Buchwertminderung des Gesamtbestands zur Folge. Ferner stellen Aufwendungen für Pflege und Wiederaufforstung sofort abziehbare Betriebsausgaben dar und sind als solche nicht zu aktivieren. Besteht eine Verpflichtung zur Wiederaufforstung, so ist gegebenenfalls eine entsprechende Rückstellung zu bilden.

Steuerliche Behandlung

Änderungen aufgrund des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 ergeben sich insbesondere für die Behandlung von Wiederaufforstungskosten bei der pauschalen Gewinnermittlung nach § 51 EStDV sowie bei der zeitlichen Anwendung der Tarifvergünstigung im Falle einer außerordentlichen Holznutzung nach § 34 b EStG.

Pauschale Gewinnermittlung nach § 51 EStDV

Während bis Ende 2011 die mit einer Holznutzung im Zusammenhang stehenden Wiederaufforstungskosten durch die Pauschsätze nach § 51 EStDV (65 % bei Holzeinschlag, 40 % bei Verkauf des stehenden Holzes) abgegolten waren, werden diese ab 2012 gesondert behandelt. So sind die zur Bestimmung des pauschalen Aufwandes angewandten Pauschsätze auf 55 % bei Holzeinschlag bzw. 20 % bei Verkauf des stehenden Holzes vermindert worden, dafür sind die angefallenen Wiederaufforstungskosten zukünftig in ihrer tatsächlichen Höhe im Wirtschaftsjahr ihrer Zahlung abziehbar. Analog hierzu sind im Falle eines Kahlschlages die sich ergebenen Buchwertminderungen und Buchwertabgänge beim Wirtschaftsgut Baumbestand ab 2012 gesondert zu den neuen Pauschsätzen als Betriebsausgaben abzuziehen, während diese bis Ende 2011 ebenfalls mit den Pauschsätzen abgegolten waren. Nicht um die pauschalen Betriebsausgaben vermindert werden dürfen Zuschüsse zu Wiederaufforstungen, da diese Betriebseinnahmen darstellen, die in keinem Zusammenhang mit der Holzverwertung stehen.

Zeitliche Anwendung der Tarifvergünstigung im Falle einer außerordentlichen Holznutzung nach § 34b EStG

Zur Minderung der wirtschaftlichen Folgen in Folge von höherer Gewalt (z. B. Sturm) wird auf den Verkauf von Holz aus einer außerordentlichen Holznutzung ein ermäßigter Steuersatz angewandt. Zur Nutzung der Tarifbegünstigungen müssen entsprechende Schäden der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich mitgeteilt werden. Für nach dem 31.12.2011 beginnende Wirtschaftsjahre sind im Falle einer außerordentlichen Holznutzung bei der Ermittlung der Einkünfte sowohl die Buchwertminderung als auch die Wiederaufforstungskosten zu berücksichtigen. Für das Wirtschaftsjahr 2011/12 gilt § 34 b EStG sowohl in seiner alten als auch in seiner neuen Fassung, so dass an dieser Stelle ein Wahlrecht besteht. Abweichend von der Regel, dass bei abweichenden Wirtschaftsjahren außerordentliche Gewinne vollständig im Veranlagungszeitraum ihres Entstehens zu versteuern sind, darf aus Vereinfachungsgründen im Wirtschaftsjahr 2011/12 die Tarifbegünstigung des § 34 b EStG einmalig auf das gesamte Wirtschaftsjahr angewendet werden.

2-Monats-Frist des AGG gilt auch für andere Schadensersatzklagen

2-Monats-Frist des AGG gilt auch für andere Schadensersatzklagen

Kernfrage

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sieht für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eine Ausschlussfrist von 2 Monaten vor. Werden die Ansprüche später geltend gemacht, sind sie verwirkt. Diese Norm des deutschen Rechts ist vom Europäischen Gerichtshof als europarechtskonform bestätigt worden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nun – ergänzend – darüber zu entscheiden, wann die 2-Monats-Frist beginnt und wie die Reichweite der Norm zu verstehen ist.

Sachverhalt

Gestützt auf verschiedene Anspruchsgrundlagen auch außerhalb des AGG hatte eine abgelehnte Bewerberin auf Schadensersatz geklagt, die sich mit 41 Jahren auf eine Stellenausschreibung für Arbeitnehmer im Alter zwischen 18 und 35 Jahren beworben hatte und nicht eingestellt worden war. Mit ihrer Klage hatte sie eine durch die Stellenanzeige indizierte Diskriminierung wegen Alters geltend gemacht. Ihre Klage hatte sie nach 2 Monaten und 10 Tagen eingereicht.

Entscheidung

Aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der in dieser Sache die 2-monatige Ausschlussfrist im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens für europarechtskonform erklärt hatte, stellte das BAG fest, dass die Klage verfristet war. Die 2-monatige Ausschlussfrist beginne in dem Moment zu laufen, in dem der Arbeitnehmer/Bewerber von der möglichen Diskriminierung Kenntnis erlange (hier: mit Mitteilung der Nichteinstellung). Darüber hinaus erfasse die Ausschlussfrist alle Schadensersatzansprüche, die auf eine Diskriminierungshandlung gestützt wären. Mit anderen Worten, sie gilt auch dann, wenn der Schadensersatzanspruch auf eine Norm gestützt wird, die außerhalb des AGG liegt.

Konsequenz

Die Entscheidung ist zu begrüßen, weil sie klare Grundlagen für die Bestimmung des Fristlaufs im Rahmen der Ausschlussfrist festlegt; auch wenn es im Prozess streitig sein kann, wann Kenntnis von der Diskriminierung vorlag. Darüber hinaus stellt sie klar, dass sich Arbeitnehmer nicht auf sekundäre Anspruchsgrundlagen stützen können, um die Ausschlussfrist zu umgehen.

Wann sind Steuerbescheide nichtig?

Wann sind Steuerbescheide nichtig?

Kernaussage

Erheblich voneinander abweichende Schätzungen des Finanzamtes sind nicht nichtig, solange sich die Ergebnisse nicht in Bescheiden niedergeschlagen haben.

Sachverhalt

Die Kläger betrieben einen Döner-Imbiss. Für die Jahre 2003 bis 2008 führte das Finanzamt eine Betriebsprüfung durch, die eine Verkürzung von Einnahmen und Ausgaben ergab. Nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens fand ein erster Erörterungstermin statt, in dem die zu erwartenden Mehrsteuern auf ca. 800.000 EUR geschätzt wurden. In einem weiteren Termin wurde die Schätzung auf 550.000 EUR reduziert. Ferner bot das Finanzamt bei einer mit weiteren Auflagen verbundenen tatsächlichen Verständigung einen Zahlbetrag von 170.000 EUR an. Schließlich ergingen Steuerbescheide, die aufgrund von Hinzuschätzungen wegen Buchführungsmängel Mehrsteuern von 480.000 EUR festsetzten. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens änderte das Finanzamt nochmals die Höhe der Hinzuschätzungen. Die Kläger sind der Auffassung, dass derart unterschiedliche Schätzungsergebnisse als willkürlich angesehen werden müssen und damit nichtig sind.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zwischen den Schätzergebnissen besteht zwar eine erhebliche Differenz, die Ergebnisse haben sich aber nicht in Bescheiden niedergeschlagen. Diese sind jedoch Voraussetzung dafür, dass eine willkürliche Schätzung anfechtbar wird. Selbst grobe Schätzfehler, die auf Nachlässigkeit oder auf Verkennung der Verhältnisse des Einzelfalls beruhen, machen Bescheide im Übrigen nur rechtswidrig und nicht nichtig. Auch wenn auf die Kläger durch die erste höchste Steuernachforderung im Hinblick auf die strafrechtlichen Folgen Druck ausgeübt wurde, führt dies nicht zur Nichtigkeit der späteren Bescheide. Wegen der von den Klägern zu vertretenden mangelnden Überprüfungsmöglichkeiten war lediglich eine grobe Schätzung geboten, für die verschiedene Schätzungsmethoden zur Verfügung stehen. Das Finanzamt hat zu Recht seiner Schätzung kombinierte Mittelwerte aus der amtlichen Rechtssatzsammlung für Imbisse, Pizzerien und Gaststätten zu Grunde gelegt.

Konsequenz

Die Steuerpflichtigen gaben durch ihren groben Pflichtverstoß Anlass zu einer Schätzung, deren Unsicherheiten nicht zu Lasten des Finanzamtes gehen dürfen, solange sich die Behörde innerhalb des Schätzungsrahmens bewegt.

Wer die falsche USt-IDNr. verwendet, verliert den Vorsteuerabzug

Wer die falsche USt-IDNr. verwendet, verliert den Vorsteuerabzug

Kernaussage

Vielen deutschen Unternehmen, die Waren in der übrigen EU einkaufen ist nicht bekannt, dass sie ein erhebliches Steuerrisiko eingehen, wenn sie den Einkauf unter ihrer deutschen USt-IDNr. abwickeln, die Ware jedoch nicht nach Deutschland geliefert wird.

Rechtslage

Unternehmer, die Waren aus anderen Mitgliedstaaten der EU erwerben, müssen hierfür einen innergemeinschaftlichen Erwerb deklarieren. Dieser wird in dem Mitgliedstaat bewirkt, in dem die Beförderung bzw. Versendung endet. Verwendet der Abnehmer nicht die USt-IDNr. des Staates in dem die Beförderung endet, sondern die eines anderen Mitgliedstaates, so gilt der innergemeinschaftliche Erwerb so lange in dem Staat der verwendeten USt-IDNr. als bewirkt, bis der Abnehmer die Besteuerung im Mitgliedstaat des Endes der Beförderung nachweist (fiktiver innergemeinschaftlicher Erwerb). In diesem Fall wird dem Abnehmer nun, abweichend zur früheren Rechtslage, der Vorsteuerabzug versagt. Ursächlich hierfür ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des Bundesfinanzhofs (BFH), der die deutsche Finanzverwaltung mittlerweile folgt.

Sachverhalt

Ein Unternehmer mit Sitz in Deutschland kauft Ware bei einem Unternehmer in Belgien ein. Der belgische Unternehmer liefert die Ware auf Wunsch des deutschen Unternehmers nach Österreich. Der deutsche Unternehmer verwendet seine deutsche USt-IDNr. Er hat in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern; ein korrespondierender Vorsteuerabzug steht ihm nicht zu. Erst wenn der deutsche Unternehmer die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs in Österreich nachweist, entfällt die Besteuerung in Deutschland.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bayerische Landesamt für Steuern weist ausdrücklich darauf hin, dass im Falle eines fiktiven innergemeinschaftlichen Erwerbs weder durch einen korrespondierenden Vorsteuerabzug noch durch eine Steuerbefreiung eine Entlastung erreicht werden kann.

Konsequenz

Viele Unternehmer verwenden ihre deutsche USt-IDNr. auch dann, wenn ihnen die Ware nicht nach Deutschland, sondern in einen anderen EU-Mitgliedstaat geliefert wird. In der Praxis kommt dies häufig bei Reihengeschäften vor. Oft wird dabei sogar bewusst die deutsche USt-IDNr. verwendet, da die gesetzliche Regelung als Wahlrecht missverstanden wird, der Besteuerung und den damit verbundenen Kosten im EU-Ausland zu entgehen. Dieses Verhalten wird nun, so auch die Intention des EuGH, durch Entzug des Vorsteuerabzuges, sanktioniert. Betroffene Unternehmen sollten diesbezüglich umgehend steuerlichen Rat einholen. So kann bei Reihengeschäften ggf. durch Änderung der Lieferwege bzw. -konditionen, ein innergemeinschaftlicher Erwerb im EU-Ausland verhindert werden.

Festsetzung von Grunderwerbsteuer bei Errichtung einer privatrechtlichen Stiftung

Festsetzung von Grunderwerbsteuer bei Errichtung einer privatrechtlichen Stiftung

Kernaussage

Das Versprechen des Stifters im Stiftungsgeschäft zur Übertragung von Grundstücken, bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Die Grunderwerbsteuer wird schon mit der staatlichen Anerkennung der Stiftung und nicht erst mit der nachfolgenden Übertragung und Auflassung des Grundstücks ausgelöst.

Sachverhalt

2 Stifter errichteten eine Stiftung des bürgerlichen Rechts. Im Rahmen des privatschriftlichen Stiftungsgeschäfts Anfang 2010 erklärten die Stifter, dass der Stiftung als Grundstockvermögen u. a. das Eigentum an Grundstücken übertragen werden solle. Im später notariell beurkundeten Übertragungsvertrag zur Erfüllung des Stiftungsgeschäfts wurde der inzwischen staatlich anerkannten Stiftung sodann das Grundstück übertragen. Unter Bezugnahme auf diesen Übertragungsvertrag unterwarf das beklagte Finanzamt den Vorgang der Grunderwerbsteuer. Die Stiftung ist der Auffassung, die Besteuerung des Übertragungsvertrags sei nichtig. Es hätte – wenn überhaupt – aufgrund der Stiftungserrichtungsurkunde in Verbindung mit der landesrechtlichen Anerkennung Grundsteuer festgesetzt werden dürfen. Das Finanzgericht folgt dieser Auffassung.

Entscheidung

Die Grunderwerbsteuer wird durch das Rechtsgeschäft, das einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums begründet, ausgelöst. Wird dieser Anspruch durch die Auflassung nur erfüllt, unterliegt das dingliche Geschäft nicht mehr der Grunderwerbsteuer. Besteuerungsgegenstand ist vorliegend das Stiftungsgeschäft, denn mit der staatlichen Anerkennung der Stiftung ist diese rechtskräftig entstanden und hat zugleich den im Stiftungsgeschäft fixierten Anspruch auf Eigentumsübertragung gegen den Stifter erworben. Entgegen der überwiegenden Meinung ist das schuldrechtliche Geschäft auch nicht mangels notarieller Beurkundung – resultierend aus der Verpflichtung zur Grundstücksübertragung – formunwirksam. Nach Auffassung der Richter ist diese Regelung nämlich mangels Regelungslücke nicht analog auf einseitige Rechtsgeschäfte und damit auf das Stiftungsgeschäft anwendbar. Dieses bedarf nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur der einfachen Schriftform.

Konsequenz

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) bleibt nun abzuwarten, denn das Finanzamt hat bereits Revision eingelegt. Die Auffassung des Finanzgerichts ist kritisch zu beurteilen, denn das staatliche Anerkennungsverfahren dient allein der Überprüfung der Anerkennungsfähigkeit der Stiftung. Die Schutz,- Beweis-, und Warnfunktion der notariellen Beurkundung wird dadurch nicht ersetzt.

Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen

Ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen

Grundlagen der Besteuerung von Sanierungsgewinnen

Nach der in 1998 erfolgten ersatzlosen Streichung einer einkommensteuerlichen Vorschrift, die eine generelle Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen vorsah, stellt die nunmehrige grundsätzliche Steuerpflicht von Sanierungsgewinnen ein häufiges Sanierungshindernis dar. Solche Sanierungsgewinne entstehen insbesondere beim (teilweisen) Erlass von Schulden seitens Darlehensgebern oder Lieferanten. Da die Besteuerung des Sanierungsgewinns häufig eine erhebliche Härte für den Unternehmer darstellt, lässt die Finanzverwaltung im Wege einer Billigkeitsregelung die Steuerstundung und den Steuererlass für den Unternehmer zu. Die Voraussetzungen hierfür sind dem Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) aus 2003 zu entnehmen. In einem kürzlich aktualisierten Erlass hat das Finanzministerium (FM) Schleswig-Holstein zu verschiedenen Punkten des Sanierungserlasses sowie der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung Stellung genommen.

Begünstigung nur von unternehmensbezogenen Sanierungen

In Übereinstimmung mit dem Sanierungserlass sowie einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus 2010 bestätigt das Finanzministerium Schleswig-Holstein, dass nur unternehmensbezogene Sanierungen, nicht aber unternehmerbezogene Sanierungen begünstigt sind. Erstere liegen vor, wenn die Sanierung darauf gerichtet ist, ein Unternehmen vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen. Eine (nicht begünstigte) unternehmerbezogene Sanierung ist gegeben, soweit die Schulden erlassen werden, um dem Steuerpflichtigen einen schuldenfreien Übergang in sein Privatleben oder den Aufbau einer anderen Existenzgrundlage zu ermöglichen. Eine Ausnahme besteht für letztere nur, soweit sie auf einer erteilten Restschuldbefreiung bzw. einer Verbraucherinsolvenz beruhen. Diese Grundsätze wurden auch vom BFH bestätigt.

Verfahrensrechtliche Bestimmungen

Im Sanierungserlass 2003 wird ausgeführt, dass in denjenigen Fällen, in denen der Gewinn des zu sanierenden Unternehmens gesondert festgestellt wird, das Betriebsstättenfinanzamt den Sanierungsgewinn ermittelt und sodann dem Wohnsitzfinanzamt mitteilt. Letzteres entscheidet sodann über den Stundungs- und/oder Erlassantrag. Das Finanzministerium Schleswig-Holstein stellt hierzu fest, dass die „nachrichtliche“ Mitteilung des Sanierungsgewinns ein innerbehördlicher Vorgang und kein angreifbarer Verwaltungsakt sei. Lediglich die Aufhebung der Mitteilung des Betriebsstättenfinanzamts an den Steuerpflichtigen selbst, dass kein Sanierungsgewinn im Sinne des Sanierungserlasse vorliege, könne der Steuerpflichtige mit einer Klage erstreiten. Eine positive Feststellung eines Sanierungsgewinns sei hingegen nicht erstreitbar.

Empfehlungen für die Praxis

Die Unterscheidung zwischen unternehmens- und unternehmerbezogenen Sanierungen kann im Einzelfall zu erheblichen Schwierigkeiten führen. Die Frage des Steuererlasses in Sanierungsfällen sollte daher grundsätzlich im Wege einer verbindlichen Auskunft mit den Finanzbehörden abgestimmt werden. Alternativ kann auch über steuerneutrale Sanierungsinstrumente (z. B. Rangrücktritte etc.) nachgedacht werden.

Keine Beteiligungsgewinnkorrektur bei vorheriger Seitwärtsverschmelzung

Keine Beteiligungsgewinnkorrektur bei vorheriger Seitwärtsverschmelzung

Kernproblem

Nach altem wie auch neuem Umwandlungssteuergesetz ist bei der Aufwärtsverschmelzung einer Tochter- auf ihre Mutterkapitalgesellschaft ein Beteiligungskorrekturgewinn vorzunehmen, wenn und soweit in früheren Jahren Teilwertabschreibungen sowie Abzüge nach § 6b EStG auf die Beteiligung an der Tochtergesellschaft steuerwirksam vorgenommen wurden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung gilt dies selbst dann, wenn zunächst 2 Schwesterpersonengesellschaften aufeinander und erst anschließend auf die Muttergesellschaft verschmolzen werden. Diese umstrittene Rechtsauffassung war nunmehr Gegenstand eines Finanzgerichtsverfahrens.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine an der Spitze eines Konzerns stehende GmbH, war alleinige Gesellschafterin der B-GmbH und der formgewechselten C-GmbH. Zum 31.12.1996 wurde die B-GmbH auf die C-GmbH verschmolzen. In der Bilanz der Klägerin wurde der Buchwert der B-GmbH dabei auf die Beteiligung an der C-GmbH umgebucht. Zum 31.12.2000 wurde die C-GmbH auf die Muttergesellschaft bzw. Klägerin verschmolzen. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die in den Jahren vor 1996 erfolgten steuerwirksamen Abschreibungen auf die Beteiligung der B-GmbH im Zeitpunkt der Aufwärtsverschmelzung der C-GmbH auf die Klägerin rückgängig zu machen seien. Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht Hamburg war erfolgreich.

Entscheidung

Nach Auffassung des Gerichts besteht für die von der Finanzverwaltung im alten Umwandlungssteuererlass vertretene Rechtsansicht keine gesetzliche Grundlage. Die betreffende Vorschrift des Umwandlungssteuergesetzes (alte Fassung) erfasse nämlich die Verschmelzung zweier Schwestergesellschaften tatbestandlich gerade nicht. In Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung vertritt das Finanzgericht dabei die Auffassung, dass eine steuerbegründende bzw. -verschärfende Analogie nicht statthaft sei.

Konsequenz

Gegen das Urteil wurde Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt, so dass die Rechtsfrage noch nicht endgültig entschieden ist. Ungeachtet dessen ist die praktische Bedeutung der Frage überschaubar: Zum einen waren steuerwirksame Teilwertabschreibungen auf Kapitalgesellschaftsbeteiligungen letztmals im Veranlagungszeitraum 2000 möglich. Zum anderen betrifft der Rechtsstreit eine Vorschrift des alten Umwandlungssteuergesetzes. Aufgrund der nunmehr in der neuen Gesetzesfassung enthaltenen so genannten „Fußstapfentheorie“ dürfte die Verwaltungsauffassung gesetzlich verankert sein.

Vorsteuervergütung: Europäischer Gerichtshof bestätigt Ausschlussfrist

Vorsteuervergütung: Europäischer Gerichtshof bestätigt Ausschlussfrist

Kernaussage

Ausländische Unternehmen, die im Inland keine steuerpflichtigen Umsätze ausführen, können sich auf Antrag, die ihnen im Inland in Rechnung gestellte Vorsteuer erstatten lassen. Die Erstattung erfolgt im Rahmen des Vorsteuervergütungsverfahrens, sofern alle erforderlichen Formalien beachtet werden.

Sachverhalt

Bis Ende 2009 gab es für alle ausländischen Unternehmen ein Vorsteuervergütungsverfahren; hier war der Antrag einheitlich bis zum 30.6. des Folgejahres zu stellen. Seit 2010 ist zwischen dem Verfahren für Unternehmer aus EU-Mitgliedstaaten sowie dem Verfahren für Unternehmer aus Drittstaaten zu unterscheiden. Die Frist zur Abgabe des Antrages für Unternehmer aus der EU endet zum 30.9., die für Unternehmer aus Drittstaaten zum 30.6. des Folgejahres. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte nun in einem Altfall zu entscheiden, ob diese Fristen Ausschlussfristen sind.

Entscheidung

Der EuGH bestätigt die Rechtsauffassung der Finanzverwaltungen. Demnach handelt es sich bei der Abgabefrist um eine Ausschlussfrist.

Konsequenz

Wird der Antrag zu spät, d. h. nach Ablauf der Frist abgegeben, ist der Vorsteuerabzug nicht mehr möglich. Dies gilt auch für die seit 2010 geltenden Fristen. Nur vollständige Anträge sind fristwahrend. Es ist daher unbedingt darauf zu achten, dass die Anträge vollständig ausgefüllt werden und die erforderlichen Belege beigefügt sind. Ferner sind Anträge von Unternehmern aus Drittländern zu unterschreiben. Da der „Teufel bekanntlich im Detail“ steckt, sollte die Antragstellung nicht zum letztmöglichen Zeitpunkt erfolgen.

Bordelle sind keine Herbergen

Bordelle sind keine Herbergen

Rechtslage

Jüngst war der Tagespresse zu entnehmen, dass der Besuch Düsseldorfer Bordelle durchaus Risiken birgt. Ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf zeigt, dass diese auch steuerlicher Natur sein können. Zum 1.1.2010 wurde der Steuersatz für Beherbergungsleistungen von 19 % auf 7 % gesenkt. Schon im Rahmen des damaligen Gesetzgebungsverfahrens wurde diskutiert, ob hierdurch nicht – ungewollt – auch das horizontale Gewerbe bevorzugt werde. Politiker, die sich eingängig mit dieser Materie beschäftigt hatten, teilten diese Auffassung nicht, ebenso nicht das Bundesfinanzministerium (BMF).

Sachverhalt

Die Klägerin, ein Bordellbetrieb in der Rechtsform einer GmbH, vermietete Räumlichkeiten an Prostituierte. Die Räume waren für die Erbringung sexueller Dienstleistungen besonders hergerichtet. Ferner organisierte die Klägerin entsprechend ausgerichtete Veranstaltungen, wie z. B. Betriebs- und Weihnachtsfeiern. Streitig war, ob die Mieten von ca. 1,2 Mio. EUR dem ermäßigten (7 % USt) oder dem Regelsteuersatz (19 % USt) unterliegen.

Entscheidung

Das Finanzgericht Düsseldorf teilt die Ansicht des Finanzamtes. Demnach dienen die Räume nicht der Beherbergung, sondern der Ausübung eines Gewerbes. Die Mieten unterliegen daher dem Regelsteuersatz (19 %). Dies gilt auch, wenn Prostituierte in den Zimmern übernachten.

Konsequenz

Dem Urteil zur Folge gilt die Begünstigung nur für das „normale“ Hotelgewerbe. Allerdings wurde die Revision zugelassen, so dass nun möglicherweise der Bundesfinanzhof (BFH) das letzte Wort hat. In der Praxis werden nun voraussichtlich entweder die Klägerin oder die Prostituierten auf der Umsatzsteuer sitzen bleiben, je nachdem ob die Klägerin berechtigt ist, diese weiterzubelasten. Für die selbstständigen Prostituierten wäre eine Weiterbelastung grundsätzlich kein Problem, da sie unternehmerisch tätig und zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Allerdings steht hier die Besteuerungspraxis entgegen. Viele Prostituierte werden nach dem „Düsseldorfer Verfahren“ besteuert. Bordellbesitzer, die an dem Verfahren teilnehmen, führen einen pauschalierten Tagessatz der erhaltenen Miete an das Finanzamt ab. Dieser Betrag wird als Einkommen- bzw. Umsatzsteuervorauszahlung der Prostituierten gewertet. Im Gegenzug verzichtet das Finanzamt auf häufige Überprüfungen. Dies entbindet die Prostituierten zwar nicht von der Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung, in der die Vorsteuer geltend gemacht werden könnte, die Realität sieht jedoch anders aus.