Dringender Vereinfachungsbedarf bei der Grundsteuer

Die Zeit für eine Neuregelung der Grundsteuer drängt. Das Bundesverfassungsgericht hatte vor fast einem Jahr die Vorgehensweise bei der Bestimmung der Einheitswerte, der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer, für verfassungswidrig erklärt und ein neues Gesetz bis Ende 2019 gefordert. Immerhin haben sich Bund und Länder inzwischen auf Eckwerte für die Reform verständigt. Diese zielen sowohl bei Wohngebäuden als auch bei gewerblich genutzten Immobilien darauf ab, aktuelle (Markt-)Werte zu definieren. Nicht nur der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, auch Bayern und dem Vernehmen nach weitere Länder, kritisieren den aktuellen „Zwischenstand“. Denn die Vorschläge würden im Detail zu einem erheblichen zusätzlichen bürokratischen Aufwand bei Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung führen.

Viel Bürokratie bei aktuellem „Eckwerte-Kompromiss“

Wohnimmobilien sollen anhand der durchschnittlichen Nettokaltmiete und des Bodenrichtwertes bewertet werden. Dabei soll ein Rückgriff auf die tatsächlich vereinbarten Mieten erfolgen, wenn diese geringer sind als die Durchschnittsmieten. Erforderlich wäre also eine „Günstigerprüfung“. Das klingt nicht nur kompliziert, das ist es auch. Für die unternehmerisch genutzten Immobilien soll ein „vereinfachtes“ Sachwertverfahren angewendet werden. Anhand von acht Kriterien will man den aktuellen Marktwert abbilden: Lage/Ort, Flächengröße, Bodenrichtwerte, Nutzung, Baujahr, Bodengrundfläche der Gebäude, Betriebsvorrichtungen und Gebäudeart. Einfach geht anders: Die Angaben des Ortes und der Fläche würden schon für eine verfassungskonforme Neuregelung ausreichen.

Bodenrichtwerte nicht bei Massenverfahren wie der Grundsteuer praktikabel

Vor allem der Bezug auf die Bodenrichtwerte ist problematisch. Als Reaktion auf die Erkenntnis, dass nicht in allen Regionen für sämtliche Grundstücke Bodenrichtwerte vorliegen, sollen nun Bewertungszonen gebildet und entsprechende Durchschnitte verwendet werden können. Es ist schon heute absehbar, dass unzählige Steuerbescheide vor den Finanzgerichten landen würden. Wenn überhaupt Bodenrichtwerte verwendet werden sollen, müsste vor Anwendung des neuen Gesetzes klargestellt werden, anhand welcher Kriterien die Bodenrichtwerte bundesweit einheitlich ermittelt werden. Außerdem müsste die Politik klären, anhand welcher Vorgaben die Gutachterausschüsse zu besetzen sind, in denen diese Richtwerte ermittelt werden. Denn die Festlegung eines Bodenrichtwertes muss letztlich transparent und gerichtlich überprüfbar sein.

Bruttogrundfläche vielfach nicht vorhanden

Die zu ermittelnde Bruttogrundfläche ist zudem bei vielen Unternehmensimmobilien nicht bekannt. Denn bisher war der umbaute Raum der Ausgangspunkt der Baukostenermittlung, die sog. Kubatur der Gebäude. Hieraus kann man jedoch nicht ohne Weiteres auf die Bruttogrundfläche schließen. Weil es keine automatische Transformation der bisherigen Daten in das neue System gibt, müssten viele Unternehmen Gutachten für eine Neubewertung in Auftrag geben. Auch dies würde zu einer erheblichen Belastung der gewerblichen Wirtschaft führen. Wenn nicht wie bisher auf den umbauten Raum abgestellt wird, sollte eine einfache Überleitung von der Kubatur zur Bruttogrundfläche vorgesehen werden.

Weitere Vereinfachungen unbedingt erforderlich

Der aktuelle Zwischenstand ist geprägt von komplizierten Vorhaben zur Feststellung von Grundstücks- und Gebäudewerten. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber einen weiten Spielraum für die Neuregelung eingeräumt. Diesen sollte die Politik nutzen, um eine einfache Erhebung der Grundsteuer auf den Weg zu bringen, die die Belastungen für die Steuerpflichtigen – und die Finanzverwaltung – nicht erhöht und den Gemeinden das bisherige Aufkommen aus der Grundsteuer sichert.

Quelle: DIHK, Mitteilung vom 07.03.2019