Höhe der Pensionsrückstellung bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer

Für die Berechnung einer Pensionsrückstellung aufgrund einer vor Erlass der Einkommensteuerrichtlinien 2008 erteilten Pensionszusage ist grundsätzlich der vertraglich vorgesehene Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles, d. h. das vertraglich festgelegte Pensionseintrittsalter (hier: 65 Jahre bzw. 60 Jahre), zu berücksichtigen. Die Annahme eines Pensionseintrittsalters von 67 Jahren aufgrund der Einkommensteuerrichtlinien 2008 der Finanzverwaltung kommt dagegen nicht in Betracht.

Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az. 4 K 3070/11). Es wurde Revision eingelegt (Az. des BFH: I R 50/13).

FG Hessen, Pressemitteilung vom 12.09.2013 zum Urteil 4 K 3070/11 vom 22.05.2013

 

Anzusetzende Altersgrenze bei der Berechnung von Pensionsrückstellungen für beherrschende Gesellschaftergeschäftsführer

Leitsatz

  1. 1.            Bei einer vor Erlass des EStÄR 2008 erteilten Pensionszusage kann zur Berechnung einer Pensionsrückstellung für den beherrschenden Gesellschaftergeschäftsführer einer Kapitalgesellschaft davon ausgegangen werden, dass er mit Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand tritt.
  2. 2.            Die Aufhebung der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung hat insoweit keine Auswirkung auf bestehende privatrechtliche vereinbarte Pensionszusagen.

Gesetze

EStG § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

Tatbestand

Die Klägerin wurde mit notariellem Vertrag vom 01.06.1990 gegründet und zum 18.08.1990 in das Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, die Herstellung und der Handel mit Industriemaschinen verschiedener Art, die Durchführung von Reparaturen und die

Lieferung von Ersatzteilen sowie alle mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängenden Hilfs- und Nebengeschäfte der Herstellung, des Vertriebs und des Handels. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist der am 1962 geborene Herr A.

Zwischen der Klägerin und Herrn A war am 01.06.1990 ein Geschäftsführervertrag abgeschlossen worden, der durch Vereinbarungen vom 26.12.1991 und am 07.11.1996 ergänzt worden war. Darüber hinaus war ihm am 25.03.1993 eine Pensionszusage erteilt worden, derzufolge er mit Vollendung des 65. Lebensjahres bis zum Ableben eine jährliche Altersrente in Höhe von 240.000 DM erhalten sollte. In dem geänderten Geschäftsführervertrag vom 07.11.1996 wurde dann unter § 6 eine geänderte Pensionszusage vereinbart, nach der bereits mit Erreichen des 60. Lebensjahres Anspruch auf eine Altersrente bestand. Auf der Grundlage dieser Pensionszusage bildete die Klägerin in ihren Jahresabschlüssen Pensionsrückstellungen für deren Berechnung sie jedoch weiter von einer Altersrente nach dem 65. Lebensjahr ausging. Diese Rückstellungen wurden im Rahmen einer für die Jahre 2006 bis 2008 durchgeführten Außenprüfung geprüft und nicht beanstandet. Die Berechnung und Bewertung der gebildeten Pensionsrückstellung erfolgten bis zu dem Veranlagungszeitraum 2008 durchgängig unter Berücksichtigung eines Pensionseintrittsalters von 65 Jahren.

In den für das Streitjahr (2009) erstellten Steuererklärungen bzw. den diesen Steuererklärungen zugrundeliegenden Jahresabschluss berücksichtigte die Klägerin eine Pensionsrückstellung in Höhe von 360.223 € und legte bei der Berechnung der Altersgrenze die neue Richtlinienregelung gemäß R 6a Abs. 8 der Einkommensteuerrichtlinien 2008 (EStR ) zugrunde und ging deshalb von einem Pensionseinrittsalter von 67 Jahren aus. Das Finanzamt folgte der Steuererklärung in seinen am 18.04.2011 erlassenen Steuerbescheiden, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung des § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) stehen.

Die Klägerin legte dann gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2009 und gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2009 Einspruch ein und vertrat die Ansicht, dass auf der Grundlage der ergangenen Rechtsprechung des Bundesfinanzhof (BFH) und der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer für die Pensionsrückstellung ein Pensionseinrittsalter von 65 Jahren zugrunde zu legen sei, was zu einer Erhöhung der für das Streitjahr gebildeten Rückstellungen in Höhe von 75.814 € führe (Höhe der zu berücksichtigenden Rückstellung zum 31.12.2009: 436.037 €). Die in den EStR 2008 vorgenommene Erhöhung sei willkürlich und werde durch die gesetzlichen Vorgaben wie auch die BFH-Rechtsprechung nicht gedeckt. Das Finanzamt wies den Einspruch durch Entscheidung vom 18.11.2011 als unbegründet zurück.

Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage bringt die Klägerin vor, die Erhöhung des Mindesteintrittsalters von dem 65. auf das 67. Lebensjahr durch die Einkommensteueränderungsrichtlinie 2008 sei als Anpassung an die Anhebung der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Rentenversicherungs-Altersgrenzen-Anpassungsgesetz erfolgt. Mit diesen nach Jahrgängen gestaffelten Erhöhungen der Altersgrenze bis zum 67. Lebensjahr setze sich die Finanzverwaltung in ihren Einkommensteuerrichtlinien über die bisher ergangene Rechtsprechung des BFH hinweg, indem sie die Anhebung der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ohne weitere neue statistische Kenntnisse, typisierend, auch für das Pensionseintrittsalter beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführern berücksichtige. Dieses Vorgehen sei willkürlich, habe keine gesetzliche Grundlage und widerspreche der ständigen Rechtsprechung.

Die Klägerin habe bis zum Jahr 2008 die seitens des BFH entwickelten Kriterien bei der Bewertung der zu bildenden Pensionsrückstellung berücksichtigt. Danach richte sich die Höhe der zu bildenden Pensionsrückstellung zunächst nach der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme für die aufgrund der Pensionszusage zu erbringende Leistung. Folglich müsse für die Berechnung der Pensionsrückstellung das Pensionsalter berücksichtigt werden, für das der Eintritt des Pensionseintritts und damit die Inanspruchnahme der Kapitalgesellschaft hinreichend wahrscheinlich sei. Insoweit lasse der BFH unter Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung eine typisierende Betrachtungsweise auf Basis statistischer Erkenntnisse zu (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 25.09.1968 I 195/65 , BStBl II 1968, 810 ). Diese Leitlinie des BFH liege auch einer Entscheidung vom 28.04.1982 I R 51/76 (BStBl II 1982, 612 ) zugrunde, in welcher der erkennende Senat zunächst auf den in der Pensionszusage vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles abstelle, sodann jedoch nach der typisierenden Betrachtung den Zeitpunkt des Pensionseintritts für Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften auf 65 Jahre gemäß gesicherter statistischer Erkenntnisse der obersten Finanzbehörden festlege. Dies sei auch durch ein Urteil vom 23.01.1991 I R 113/88 (BStBl II 1991, 379 ) bestätigt worden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Körperschaftsteuerbescheid 2009 und den Gewerbesteuermessbescheid 2009, jeweils vom 18.04.2011, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.11.2011 dahingehend zu ändern, dass das zugrunde gelegte Einkommen und der zugrunde gelegte Gewerbeertrag um 75.814 € herabgesetzt werden,

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

und, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Finanzamt vertritt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung die Ansicht, für die gebildete Pensionsrückstellung sei als Pensionseintrittsalter das 67. Lebensjahr entsprechend der Einkommensteuerrichtlinien (R 6a EStR ) zugrunde zu legen. Im Rahmen der allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Änderung der Einkommensteuerrichtlinien 2005 seien die Mindestpensionsalter, die bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften zu berücksichtigen seien, neu geregelt worden. Die geänderten Richtlinien würden grundsätzlich im Veranlagungszeitraum 2008 und damit für Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31.12.2007 enden würden.

Bei den EStR handele es sich um Anweisungen des Bundesministeriums der Finanzen. Sie hätten nicht den Rang einer Rechtsnorm, würden jedoch sicherstellen, dass die Finanzämter in Zweifelsfragen nach einheitlichen Grundsätzen verfahren würden und dass es zu einer einheitlichen Anwendung des Steuerrechts komme. Damit sollten unbillige Härten und Ungleichbehandlungen vermieden werden. Die Anweisungen könnten von einem Bundesorgan an Organe der Länder gerichtet werden, weil dies von Artikel 108 Abs. 7 des Grundgesetzes grundsätzlich zugelassen werde. Das Finanzamt sei somit an R 6a Abs. 8 EStR in der Fassung der Einkommensteueränderungsrichtlinien 2008 gebunden (unter Hinweis auf BMF-Schreiben vom 03.07.2009 , BStBl I 2009, 712 ).

Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die in dem gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Die Beteiligten haben sich durch Schriftsätze vom 13.03.2013 und 20.03.2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Dem Gericht haben 4 Bände Steuerakten vorgelegen.

Gründe

1. Die Klage ist begründet, weil die Klägerin bei der Bildung und Berechnung der für den Gesellschafter-Geschäftsführer A gebildeten Pensionsrückstellung davon ausgehen durfte, dass Herr A nach Vollendung des 65. Lebensjahres in Ruhestand gehen wird.

Da die Klägerin verpflichtet ist, aufgrund gesetzlicher Vorschriften Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen, hat sie für den Schluss des Wirtschaftsjahres grundsätzlich das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG – i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung –KStG -). Dabei sind grundsätzlich Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden (§ 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs –HGB -), wobei insbesondere auch in den Grenzen des § 6a EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen gebildet werden dürfen.

Im vorliegenden Falle war es auf der Grundlage des § 6a EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG zulässig, für den Gesellschafter-Geschäftsführers A eine Pensionsrückstellung zu bilden – und durch jährlichen Zuführungen zu erhöhen – bei deren Berechnung davon auszugehen ist, dass Herr A mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Ruhestand gehen wird. Insoweit sind im vorliegenden Falle -zwischen den Beteiligten unstreitig- die formalen Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 und 2 EStG gegeben, darüber hinaus ist auf den 31.12.2009 die Bildung einer Pensionsrückstellung in Höhe von 436.037 € gerechtfertigt, weil insoweit für eine Pensionsrückstellung in dieser Höhe die Voraussetzungen des § 6a Abs. 3 EStG erfüllt sind.

Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung angesetzt werden. Für dessen Berechnung und der der Pensionsrückstellung zuzuführenden Jahresbeträge enthalten die Sätze 2 und 3 des § 6a Abs. 3 einzelne Berechnungsvorgaben. Nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG sind die bei der Pensionsrückstellung zu berücksichtigenden Jahresbeträge zugrunde zu legen, die vom Beginn des Wirtschaftsjahres, in dem das Dienstverhältnis begonnen hat, bis zu dem in der Pensionszusage vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles rechnungsmäßig aufzubringen sind.

Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Vorgaben ist im vorliegenden Falle von dem Eintritt des Versorgungsfalles mit Vollendung des 65. Lebensjahres von Herrn A auszugehen, weil die zugesagte Altersrente nach der Pensionszusage vom 25.03.1993 mit Vollendung des 65. Lebensjahres gezahlt werden soll. Nach dem am 07.11.1996 geänderten Geschäftsführervertrag unter „§ 6 Pensionszusage” soll Herr A die Altersrente sogar nach Erreichen des 60. Lebensjahres ausgezahlt bekommen. Ob eine Rückstellungsbildung und Berücksichtigung dieses geänderten Pensionseintrittalters zulässig wäre, kann dahinstehen, weil die Klägerin im Veranlagungsverfahren für das Jahr 2009 wie auch in dem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren lediglich eine Rückstellungsbildung auf der Grundlage eines Pensionseintrittsalters von 65 Jahren begehrt.

Soweit das Finanzamt unter Bezugnahme auf die geänderten Einkommensteuerrichtlinien 2008 (hier Abs. 8 der Einkommensteuerrichtlinien) und auf das BMF-Schreiben vom 03.07.2009 , BStBl I 2009, 712, für den am 02.06.1962 geborenen Gesellschafter-Geschäftsführer eine Rückstellungsberechnung lediglich auf der Grundlage eines Pensionseintrittsalters von 67. Jahren zulassen möchte, kann dem schon aufgrund der gesetzlichen Regelungen nicht gefolgt werden. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG ist bei der Berechnung der Pensionsrückstellungen auf den in der Pensionszusage vorgesehnen Zeitpunkt des Eintritts der Versorgungsfalles abzustellen. Die würde nach dem Wortlaut des § 6a EStG (und ohne Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung zu beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern) im vorliegenden Falle sogar die Berechnung einer Pensionsrückstellung unter Zugrundelegung eines Pensionseintrittsalters von 60 Jahren rechtfertigen.

Darüber hinaus besteht auch kein Anlass, aufgrund der besonderen für Gesellschafter-Geschäftsführer entwickelten steuerlichen Vorgaben, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Gewinnausschüttung, im vorliegenden Falle von einem Pensionseintrittsalter von 67 Jahren auszugehen. Vielmehr hat es der BFH in seiner ständigen Rechtsprechung, der das erkennende Gericht folgt, für gerechtfertigt gehalten, bei der Bemessung der Pensionsrückstellungen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften grundsätzlich den in der Pensionszusage vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Grundsätzen bestimmt sich die Höhe einer zu bildenden Rückstellung nach der wahrscheinlich zu erbringenden Leistung. Bezogen auf das in der jeweiligen Pensionszusage vorgesehenen Pensionsalter muss es deshalb hinreichend wahrscheinlich sein, dass die Kapitalgesellschaft nach Maßgabe der Pensionsrückstellung in Anspruch genommen wird. Zur Vereinfachung hat der BFH dazu eine typisierende Betrachtung zugelassen, bei welcher die statistischen Erkenntnisse darüber zu berücksichtigen sind, ob die beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zu den vertraglichen vorgesehenen Zeiten in den Ruhestand getreten sind. Insoweit geht der BFH bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern grundsätzlich von einem Ruhestandsalter von 65. Jahren aus, und zwar auch dann, wenn dem Begünstigten in der Pensionszusage die Möglichkeit eingeräumt wird, von der gesetzlich flexiblen Altersgrenze Gebrauch zu machen (vgl. insoweit nur BFH-Urteile vom 23.01.1991, I R 113/88 , BStBl II 1991, 379 und vom 29.10.1997, I R 52/97, BStBl II 1999, 318 ). Die Aufhebung der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung führt zu keiner anderen Beurteilung, da diese Aufhebung nicht für privatrechtlich vereinbarte Pensionszusagen gilt und daher keine Auswirkung auf bestehende Pensionszusagen hat.

Vor diesem Hintergrund hat das Gericht keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin spätestens mit Vollendung seines 65. Lebensjahres in den Ruhestand tritt. Dem Gericht liegen insoweit keine abweichenden statistischen Untersuchungen oder Erkenntnisse vor und solche werden auch von dem Finanzamt bzw. von der Finanzverwaltung nicht vorgetragen oder geltend gemacht. Darüber hinaus ist das Gericht auch aufgrund des klaren Gesetzeswortlautes des § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 EStG weder an die EStR noch an das BMF-Schreiben vom 03.07.2009 gebunden. Bei den zitierten Richtlinien handelt es sich auch nicht um typisierende Richtlinien, die unbestimmte Gesetzesbegriffe weiter ausfüllen sollen. Das Gericht kann es dahingestellt sein lassen, ob ggf. eine andere Beurteilung bei solchen Pensionsrückstellungen gerechtfertigt sein kann, denen eine Pensionszusage zugrunde liegt, die erst nach Erlass der EStÄR 2008 erteilt worden ist.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

3. Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten ergeht auf der Grundlage des § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO .

4. Die Revision war auf der Grundlage des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 , 711 Zivilprozessordnung.

 

Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern eines Mitglieds und Vorsitzenden einer Gemeindevertretung

Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder, die ein ehrenamtliches Mitglied einer Gemeindevertretung, das auch gleichzeitig deren Vorsitzender ist, aufgrund der gemeindlichen Entschädigungssatzung in einer jährlichen Höhe von 2.792 Euro bis zu 2.942 Euro erhält, sind in Hessen nicht in voller Höhe nach § 3 Nr. 12 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei. Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Aktenzeichen: 3 K 2837/11).

Der Kläger war in den Streitjahren 2007 bis 2009 ehrenamtliches Mitglied und gleichzeitig Vorsitzender einer Gemeindevertretung. Hierfür hatte er von der Gemeinde nach deren Entschädigungssatzung jährlich Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder in Höhe von 2.792 Euro, 2.942 Euro und 2.842 Euro erhalten. Nach seiner Auffassung sind die Beträge insgesamt nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei.

Nach Durchführung einer Lohnsteueraußenprüfung bei der Gemeinde änderte das Finanzamt die Einkommensteuerbescheide 2007 bis 2009, wobei es die Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder lediglich teilweise, nämlich nur in Höhe von 2.160 Euro (für 2007 und 2008) sowie in Höhe von 2.496 Euro (für 2009) gemäß § 3 Nr. 12 EStG als steuerfrei ansah. Den darüber hinausgehenden Differenzbetrag zu den tatsächlich erhaltenen Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern setzte das Finanzamt als steuerpflichtige Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit des Klägers an.

Das Hessische Finanzgericht urteilte, dass dies nicht zu beanstanden ist. Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder seien zwar als Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig, jedoch grundsätzlich nach § 3 Nr. 12 EStG steuerfrei. Bei der hier streitentscheidenden Frage, in welcher konkreten Höhe diese Steuerfreiheit bestehe, habe sich das Finanzamt in nicht zu beanstandender Weise an die entsprechenden, wortgleichen Erlasse des Hessischen Ministeriums der Finanzen vom 21.12.2007 (betreffend 2007 und 2008) und vom 09.06.2009 (betreffend 2009) gehalten. Danach solle, wenn wie im Streitfall eine höhere Entschädigung als 90 Euro bzw. 104 Euro pro Monat gezahlt werde, diese bis zu 175 Euro monatlich steuerfrei belassen werden. Dies entspreche auf das Kalenderjahr hochgerechnet einem Betrag von 2.100 Euro. Damit werde mindestens der Betrag steuerfrei gestellt, der im Übrigen auch nach § 3 Nr. 26 EStG für die dort aufgezählten nebenberuflichen Tätigkeiten im Dienste einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer gemeinnützigen juristischen Person des Privatrechts steuerbefreit sei.

Die vom Kläger geforderte Verdoppelung des Betrags von monatlich 175 Euro sei abzulehnen, obwohl dieser nicht nur Gemeinderatsmitglied sondern auch gleichzeitig Vorsitzender der Gemeindevertretung sei. Dies entspreche im Übrigen auch einem Erlass des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 01.07.2009, der im Wesentlichen mit den hessischen Erlassen wortgleich sei und darüber hinaus klarstelle, dass sich eine etwaige Verdoppelung nicht auf den Mindestbetrag in Höhe von 175 Euro beziehe. Im Übrigen handele es sich auch bei dem Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG um einen Höchstbetrag. Dies bedeute, dass selbst bei Ausübung mehrerer der aufgezählten Tätigkeiten der Steuerfreibetrag auf 2.100 Euro jährlich gedeckelt sei.

Dem Kläger sei es allerdings unbenommen, die ihm entstandenen Betriebsausgaben nachzuweisen, wenn er der Meinung sei, dass die nur teilweise Anerkennung der ihm gewährten Aufwandsentschädigung als steuerfrei nach Maßgabe der jeweils festgelegten pauschalen Sätze nicht ausreichend sei.

Das Urteil vom 24.06.2013 ist rechtskräftig.

Quelle: FG Hessen, Pressemitteilung vom 13.09.2013 zum Urteil 3 K 2837/11 vom 24.06.2013

Steuerliche Absetzbarkeit von Aufwendungen für ein Wertgutachten bei Scheidung

Gutachterkosten für die Wertermittlung einer Immobilie, die im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens wegen Auskunftserteilung und Zahlung von Zugewinn anfallen, sind mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) abziehbar.

Das hat das Hessische Finanzgericht entschieden (Az. 13 K 985/13).

Die ehemalige Ehefrau des Klägers hatte im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens wegen Auskunftserteilung und Zahlung von Zugewinn Auskunft über das Endvermögen des Klägers durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses und durch Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen gefordert. Daraufhin beauftragte der Kläger einen Sachverständigen, der ein kostenpflichtiges Wertgutachten bezüglich des Grundbesitzes erstellte.

Das Finanzamt verweigerte die steuerliche Berücksichtigung der Kosten für das Wertgutachten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG. Der Kläger meinte hingegen, dass er sich den Gutachterkosten aus rechtlichen Gründen nicht habe entziehen können, da die Wertermittlung von seiner damaligen Ehefrau im Scheidungsverfahren per Auskunftsklage eingefordert worden sei.

Dem folgte das Hessische Finanzgericht nicht und wies die Klage ab. Der Kläger sei zur Erstellung des Wertgutachtens nämlich nicht verpflichtet gewesen. Denn das Auskunftsverlangen der Ehefrau sei lediglich auf Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen und nicht auf die Vorlage eines Sachverständigengutachtens gerichtet gewesen. Dies entspreche im Übrigen auch der zivilrechtlichen Rechtslage (§ 1379 BGB), wonach lediglich die Verpflichtung bestehe, dem anderen Ehegatten über den Bestand seines Endvermögens Auskunft zu erteilen. Auch der über den Auskunftsanspruch hinaus bestehende Wertermittlungsanspruch richte sich nur auf die zuverlässige Ermittlung durch den Auskunftsverpflichteten selbst, erforderlichenfalls durch Einholung von Auskünften oder Einschaltung von Hilfskräften. Ein Sachverständiger müsse insoweit aber nicht beauftragt werden, da der Anspruch auf Wertfeststellung durch einen Sachverständigen im Gesetz nicht vorgesehen sei. So habe auch die Ehefrau die Ermittlung des Immobilienwertes durch einen Sachverständigen im Auskunftsverlangen lediglich als sinnvoll und damit nicht als zwingend erachtet. Das Gutachten sei vom Kläger damit in eigener Verantwortung und nicht zwangsläufig in Auftrag gegeben worden. Folgerichtig habe auch das Familiengericht die Gutachterkosten im Kostenfestsetzungsverfahren nicht als erstattungsfähig angesehen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 12.05.2011, Az. VI R 42/10), mit der dieser die bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Kosten eines Zivilprozesses aufgegeben habe und nunmehr darauf abstelle, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe. Denn die neue Rechtsprechung des BFH sei dahingehend zu verstehen, dass lediglich Zivilprozesskosten im engeren Sinne, das heißt lediglich Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und außergerichtliche Kosten (Vergütungsansprüche eines eigenen Prozessbevollmächtigten sowie der Kostenerstattungsanspruch des Gegners) abzugsfähig seien. Hierzu gehörten aber nicht die Aufwendungen für ein Wertgutachten, das – wie im Streitfall – in eigener Verantwortung in Auftrag gegeben worden sei.

Das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 02.07.2013 ist rechtskräftig.

Quelle: FG Hessen, Pressemitteilung vom 16.09.2013 zum Urteil 13 K 985/13 vom 02.07.2013

Fünfjährige Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 ErbStG läuft nach dem Tod des Erben weiter

Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2013 (Az. 3 K 204/11 Erb) entschieden, dass die Begünstigung nach § 13a ErbStG bei einer Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch die Rechtsnachfolger des verstorbenen Erben innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist rückwirkend zu versagen ist.

Die Erblasserin hatte von ihrer Mutter Anteile an einer GmbH geerbt, die wiederum auf die Kläger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergingen. Diese veräußerten die Anteile innerhalb von fünf Jahren nach dem Tod der Mutter der Erblasserin.

Das beklagte Finanzamt versagte im Rahmen der Erbschaftssteuerfestsetzung nach der Mutter der Erblasserin die Begünstigung nach § 13a ErbStG (Freibetrag und Bewertungsabschlag), weil die Behaltensfrist nicht eingehalten worden sei. Die Kläger sind demgegenüber der Auffassung, dass diese Frist allein den Erben als Erwerber treffe. Dies ergebe sich aus der Formulierung des § 13a Abs. 5 ErbStG, wonach „der Erwerber“ die Veräußerung vornehmen müsse. Nach dem Tod des Erwerbers sei auch der Zweck der Vorschrift, der in der Missbrauchsverhinderung liege, nicht mehr erfüllt.

Das Gericht wies die Klage ab. Das Gesetz enthalte keine ausdrückliche Regelung, dass die fünfjährige Frist vorzeitig durch den Tod des ersten Erwerbers ende. Zweck der Steuerbegünstigung sei die sachliche Fortführung des Betriebs. Die Behaltensfrist solle als Missbrauchsverhinderungsklausel zur Erfüllung dieses Zwecks beitragen. Vor diesem Hintergrund sei es unerheblich, ob der Erst- oder der Zweiterwerber eine schädliche Veräußerung vornehme. Das von den Klägern im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommene Vermögen sei mit der laufenden Frist „belastet“. Gegen den Gerichtsbescheid wurde beim Bundesfinanzhof Revision eingelegt (Az. II R 25/13).

 

Finanzgericht Münster, 3 K 204/11 Erb

Datum:
12.06.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsart:
Gerichtsbescheid
Aktenzeichen:
3 K 204/11 Erb
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand

2Die Beteiligten streiten darüber, ob die fünfjährige Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 Nr. 4 Erbschaftsteuergesetz a. F. (ErbStG) vorzeitig mit dem Tod des Erwerbers endet.

3Am 29. Juli 2003 starb J   I   . Durch Testament vom 22. Juli 2003 (Urkunden-Rolle Nr. xxx/2003 des Notars N   aus L   ) war ihre Tochter N   I    als Alleinerbin eingesetzt. Zum Nachlass gehörten unter anderem auch Anteile an der B   I   GmbH.

4Am 31. März 2004 starb N   I   , die von den Klägern zu gleichen Teilen beerbt wurde. Die zum Nachlass gehörigen Anteile an der B   I   GmbH veräußerten die Kläger mit Vertrag vom 8. Juni 2004.

5Nach Abgabe der Erbschaftsteuererklärung nach J   I   setzte der Beklagte gegenüber jedem Kläger als Gesamtschuldner mit jeweiligem Bescheid vom 7. April 2008 Erbschaftsteuer in Höhe von xxx € fest. Die Bescheide ergingen nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Begünstigung nach § 13a Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG für die Anteile an der B   I   GmbH berücksichtigte der Beklagte hierbei nicht. In seiner Anlage zum Erbschaftsteuerbescheid führte der Beklagte dazu aus, dass eine Begünstigung wegen der bereits 2004 erfolgten Anteilsveräußerung nicht gewährt werden könne.

6Gegen die Bescheide legten die Kläger am 24. April 2008 Einspruch ein. Sie verwiesen auf den Wortlaut des § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG, nach dem lediglich eine Steuerschädlichkeit für den Erwerber definiert sei. Im vorliegenden Fall seien die Anteile an der GmbH aber durch die Gesamtrechtsnachfolger der Erwerberin N   I   und nicht durch diese selbst veräußert worden. Die Frist des § 13a Abs. 5 ErbStG sei somit durch die Erwerberin N   I   eingehalten worden bzw. sei sie in diesem Zeitraum verstorben. Im Rahmen der Erbschaftssteuererklärung seien lediglich die Besteuerungsgrundlagen der Erwerberin N   I   zu Grunde zu legen.

7Die Kläger verwiesen hierzu auf den Fall der Vor- und Nacherbschaft. Dort stehe der Freibetrag nach § 13a ErbStG sowohl dem Vorerben bei Eintritt des Erbfalls und danach dem Nacherben wiederum bei Eintritt des Nacherbfalls zu. Gleiches gelte auch im vorliegenden Fall, da hier ebenfalls zwei Erbfälle vorlägen. Die Steuervergünstigung nach § 13a ErbStG komme für beide Erbfälle in Betracht. Eine gemeinsame Sperrfrist bestehe nicht.

8Zur Vertiefung ihrer Rechtsauffassung trugen die Kläger weiter vor, dass nach dem Sinn und Zweck des § 13a Abs. 5 ErbStG die Veräußerung von demjenigen vorgenommen werden müsse, der die Steuerbegünstigung in Anspruch genommen habe. Werde das Vermögen durch den Zuwendungsempfänger nach dem (unentgeltlichen) Erwerb vom Ersterwerber veräußert, könne die Veräußerung steuerlich dem Ersterwerber nur in Fällen eines Missbrauchs zugerechnet werden. Im vorliegenden Fall sei aber die Veräußerung nicht willentlich, sondern durch den Eintritt des Erbfalls erfolgt.

9Mit der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2010 – dem Prozessbevollmächtigten am 15. Dezember 2010 gegen Empfangsbekenntnis zugegangen – wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück. Nach § 1922 BGB seien die Kläger in alle Rechte und Pflichten der Erblasserin N   I    eingetreten, so auch in die Behaltensverpflichtung gem. § 13a Abs. 5 ErbStG. Weder aus den Erlassen zu § 13a ErbStG noch aus dem ErbStG selbst ergebe sich, dass die Behaltensfrist des § 13a Abs. 5 ErbStG vorzeitig mit dem Tod des Ersterwerbers ende. Auch aus den Änderungen der Textpassage von der bis zum 27.12.1996 anzuwendenden Fassung des § 13 Abs. 2a ErbStG zu dem § 13a Abs. 5 ErbStG jetziger Fassung ergebe sich nichts anderes. So gelte § 13a Abs. 5 ErbStG nicht nur, wenn die Veräußerung der Anteile durch den Erwerber erfolge, sondern auch durch seine Gesamtrechtsnachfolger. Der Beklagte verwies zu diesem Zweck auf die Rechtsprechung des FG Berlin (Urteil vom 4. Juni 2002 – 5 K 5042/00, EFG 2002, 1466), welches noch zu § 13 Abs. 2a ErbStG ergangen ist.

10Mit ihrer Klage vom 12. Januar 2011 – dem Beklagten per Fax am 17. Januar 2011 übermittelt und beim Finanzgericht eingegangen am 18. Januar 2011 – verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Gewährung der Steuervergünstigung gem. § 13a ErbStG weiter. Sie vertiefen ihre Rechtsauffassung mit einem Verweis auf § 13 Abs. 2a ErbStG, der in der passiven Form formuliert gewesen sei („soweit innerhalb von fünf Jahren nach Erwerb … veräußert wird“). Nach der Gesetzesänderung sei in § 13a Abs. 5 ErbStG die passive Form durch die aktive Form ersetzt worden („soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren … veräußert“). Daraus ergebe sich, dass die Veräußerung durch die Erwerberin der Anteile der GmbH – also Frau N   I   – habe stattfinden müssen und nicht durch deren Gesamtrechtsnachfolger. Auch sei § 13a Abs. 5 ErbStG nach der Rechtsprechung eine Missbrauchsverhinderungsklausel. Hiernach möge die Behaltenszeit im Rahmen einer Weiterschenkung von Betriebsvermögen auch von dem Erwerber einzuhalten sein. Das gelte aber nicht im Falle des Todes des Ersterwerbers.

11Die angefochtenen Bescheide vom 7. April 2008 hat der Beklagte aus hier nicht streitigen Gründen am 29. Mai 2008 und zuletzt am 20. November 2011 geändert .

12Die Kläger beantragen sinngemäß,

13die angefochtenen Erbschaftsteuerfestsetzungen in der Fassung der Bescheide vom 20. November 2011 zu ändern und die Steuerbefreiung gem. § 13a ErbStG für den Erwerb der Anteile an der B   I    GmbH zu gewähren.

14Der Beklagte beantragt,

15die Klage abzuweisen.

16Er hält bezüglich der Begründung an seiner Auffassung aus der Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2010 fest.

17Der Senat hält es für sachgerecht, gemäß § 90a Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

18Entscheidungsgründe

19Die zulässige, insbesondere gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 FGO fristgemäß am 17. Januar 2011 per Fax an den Beklagten erhobene Klage ist nicht begründet.

20Die angefochtenen Erbschaftsteuerfestsetzungen und die Einspruchsentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

21Der Freibetrag und der verminderte Wertansatz nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 ErbStG werden gewährt, wenn beim Erwerb von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden u. a. Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 13a Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) auf den Erwerber übergehen. Nach § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG fallen der Freibetrag und der verminderte Wertansatz rückwirkend weg, soweit der Erwerber den erworbenen Anteil innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb veräußert. § 13a Abs. 5 ErbStG normiert damit eine Nachsteuerregelung, die bei einer Veräußerung innerhalb der Behaltensfrist nachträglich die Nachversteuerung des bisher begünstigten Vermögens auslöst. Die Frist beginnt mit dem Erbfall und endet mit dem Tag genau fünf Jahre später.

22Im vorliegenden Fall begann die Fünf-Jahres-Frist mit dem Tod der Erblasserin J    I    am 29. Juli 2003 und endete am 29. Juli 2008.

23Die Behaltensfrist hat auch nicht früher durch den Tod der N   I    , der Erbin nach J    I    und damit der Erwerberin i.S.d. § 13a Abs. 5 ErbStG geendet. Nach Auffassung des Senats war die Behaltensfrist vielmehr von den Klägern als Gesamtrechtsnachfolgern der Erwerberin einzuhalten.

24Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG fällt die begünstigende Wirkung des § 13a Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG rückwirkend weg, „soweit der Erwerber innerhalb von fünf Jahren (…) veräußert“. Soweit hier auf den Erwerber als Veräußerer abgestellt wird, unterscheidet die Regelung jedoch nicht zwischen Erst- und Zweiterwerber des Vermögens. Dass die Frist durch den Tod des Ersterwerbers endet, regelt § 13a Abs. 5 ErbStG ausdrücklich nicht. Eine teleologische Reduktion dahingehend, nur den Ersterwerber zum Halten des Betriebsvermögens zu verpflichten, ist dabei nicht im Wortlaut der Vorschrift angelegt. Sie würde nach Auffassung des Senats auch dem Sinn und Zweck der Behaltensregelung zuwider laufen.

25Das Bundesverfassungsgericht hat aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) abgeleitet, dass eine verminderte Leistungsfähigkeit des Erwerbers von Betriebsvermögen, die sich u. a. aus der Sozialgebundenheit und der mangelnden Fungibilität des Vermögens ergeben kann, bei der Erbschaftbesteuerung zu berücksichtigen ist (BVerfG, Beschluss vom 22.06.1995 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165; vgl. auch BFH, Beschluss vom 22.05.2002 II R 61/99, BStBl. II 2002, 598). Der Gesetzgeber hat in der Folge die zunächst in § 13 Abs. 2a ErbStG a. F. geregelten und durch die Nachfolgevorschrift des § 13a ErbStG weiter ausgestalteten steuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen auch damit begründet, dass die Betriebsfortführung erleichtert und Arbeitsplätze erhalten werden sollten (Begründung zum Entwurf des Standortsicherungsgesetzes vom 04.01.1993, BR-Drucksache 1/93, 49 und vom 20.01.1993, BT-Drucksache 12/4158, 47; Begründung zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 1997 vom 11.06.1996, BT-Drucksache 13/4839, 64 ff).

26Daran anknüpfend hat sich die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs konsequent am Wortlaut der Begünstigungsnorm orientiert und für das Eingreifen der Nachsteuerregelung allein auf den Tatbestand einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe – unabhängig von deren Motiv – abgestellt (vgl. BFH, Urteile vom 16.02.2005 II R 39/03, BStBl. II 2005, 571; vom 04.02.2010 II R 35/09, BFH/NV 2010, 1601 für die insolvenzbedingte Aufgabe; vom 17.03.2010 II R 3/09, BStBl. II 2010, 749 für die Veräußerung aufgrund gesetzlicher Anordnung). Diese mittlerweile gefestigte Rechtsprechung zeigt, dass maßgeblich für die Gewährung und den dauerhaften Erhalt der Begünstigung die sachliche Fortführung des Betriebes ist. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm ist es dabei ohne Belang, ob die Fortführung durch einen Erst- oder einen Folgeerwerber erfolgt. So sieht auch die Finanzverwaltung keinen die Nachversteuerung auslösenden Sachverhalt, wenn z.B. begünstigt erworbenes Vermögen vom Erwerber im Wege der Schenkung weitergegeben wird (vgl. R 62 Abs. 2 Nr. 1 ErbStR sowie die weiteren Fallgruppen, Erbschaftsteuerhandbuch 2003). Dann macht es nach Auffassung des Senats aber auch für die Auslösung der Nachsteuerregelung keinen Unterschied, ob der Erst- oder der Zweiterwerber eine begünstigungsschädliche Veräußerung gem. § 13a Abs. 5 ErbStG vornimmt. Denn die Behaltensvorschrift ist eine Missbrauchsverhinderungsklausel und soll dazu beitragen, dass der Betrieb in seiner Gesamtheit erhalten bleibt und auf die nächste Generation unentgeltlich übergeht, ohne Anreize dafür zu schaffen, zum Beispiel an finanzkräftige Investoren zu veräußern.

27Diesem gesetzlichen Regelungszweck würde es zuwider laufen, nur dem Ersterwerber eine Behaltensverpflichtung aufzuerlegen, zumal auch der Erbe das Vermögen des Erb-lassers gem. § 1922 BGB in dem Zustand übernimmt, in dem es sich beim Erblasser befindet – im vorliegenden Fall also die Anteile an der B   I    GmbH „belastet“ mit der laufenden Behaltensfrist nach § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG.

28So hat bereits das Finanzgericht Berlin zu dem inhaltsgleichen § 13 Abs. 2a ErbStG a. F. entschieden, dass von einem freibetragsschädlichen Verstoß gegen die Behaltensvorschriften auszugehen ist, wenn das vom Erben im Wege vorweggenommener Erbfolge an die Kinder übertragene Betriebsvermögen von diesen innerhalb der Fünf-Jahres-Frist an Dritte weiterveräußert werde (FG Berlin in EFG 2002, 1466; kritisch: Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Kommentar, § 13a n. F. Rz. 169).

29Auch die Auffassung der Kläger, dass der Gesetzgeber im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung des § 13 Abs. 2a ErbStG a. F. in § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG die passive Form durch die aktive Form ersetzt habe, ändert nichts an der Auffassung des Senats. Insoweit hat das Finanzgericht Berlin (in EFG 2002, 1466) aus Sicht des Senats zutreffend dargelegt, dass die aktive Form nur gewählt wurde, da § 13a Abs. 5 ErbStG um weitere Tatbestände (Land- und Forstwirtschaft) ergänzt wurde, die eine aktive Formulierung notwendig werden ließen.

30Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

31Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, da eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, auf welche Person es für die Anwendung des § 13a Abs. 5 ErbStG a. F. ankommt, nicht ersichtlich ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Diese Frage stellt sich unverändert auch nach Inkrafttreten des ErbStG 2009.

Voller Betriebsausgabenabzug für Fahrten eines Steuerberaters zu seinem Hauptauftraggeber

Mit Urteil vom 10. Juli 2013 (Az. 10 K 1769/11 E) hat der 10. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass Fahrten eines selbstständigen Steuerberaters zu seinem Hauptauftraggeber nicht dem beschränkten Betriebsausgabenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte unterliegen.

Der Kläger erzielt mehr als 60 % seiner Einnahmen als selbstständiger Steuerberater aus Tätigkeiten für eine andere Steuerberaterpraxis. Diese stellte ihm für die Tätigkeiten einen Arbeitsplatz in ihren Räumlichkeiten zur Verfügung, die er im Streitjahr an 181 Tagen aufsuchte. Für seine übrigen Mandanten wurde der Kläger von zu Hause aus tätig.

Der Kläger machte Betriebsausgaben für ein geleastes betriebliches Fahrzeug geltend. Das beklagte Finanzamt kürzte die Betriebsausgaben, weil es die Steuerberaterpraxis des Hauptauftraggebers als regelmäßige Betriebsstätte des Klägers ansah. Deshalb seien diese Fahrten nur mit 0,30 EUR pro Entfernungskilometer zu berücksichtigen. Demgegenüber ist der Kläger der Ansicht, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden keine regelmäßige Betriebsstätte eines Selbstständigen darstelle.

Der Senat folgte der Ansicht des Klägers und gab der Klage statt. Die BFH-Rechtsprechung, nach der Arbeitnehmer bei einem Kunden ihres Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte haben, selbst wenn sie dort länger eingesetzt sind, sei auf selbstständig Tätige zu übertragen. Die Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs sei nicht gerechtfertigt, da der Steuerpflichtige nicht die Möglichkeit habe, sich auf die Tätigkeitsstätte einzustellen. Dies gelte für den Kläger insbesondere deshalb, weil er lediglich als freier Mitarbeiter für seinen Hauptauftraggeber tätig gewesen sei und jederzeit hätte gekündigt werden können. Eine gleichartige Auslegung der Begriffe der Arbeitsstätte und der Betriebsstätte sei auch aus Gründen der Gleichbehandlung geboten. Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster

 

Finanzgericht Münster, 10 K 1769/11 E

Datum: 10.07.2013
Gericht: Finanzgericht Münster
Spruchkörper: 10. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 10 K 1769/11 E
Sachgebiet: Finanz- und Abgaberecht
Tenor: Der geänderte Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 15.12.2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.4.2011 wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

1G r ü n d e:2I.

3Streitig ist, ob Aufwendungen des Klägers für Fahrten mit seinem überwiegend betrieblich genutzten Fahrzeug zu seinem Hauptauftraggeber in vollem Umfang oder nur mit einer Entfernungspauschale von 0,30 Euro für jeden vollen Kilometer als Betriebsausgaben abziehbar sind.

4Der in E wohnhafte Kläger ist seit 1998 Steuerberater und hat sich mit dem Schwerpunkt internationale Rechnungslegung spezialisiert. Er war bis Oktober 2006 bei einem Steuerberater im C angestellt und ist seitdem selbstständig tätig, ohne mit einem eigenen Telefoneintrag oder anderen Werbemaßnahmen an die Öffentlichkeit zu treten.

5Im Streitjahr 2009 war sein Hauptauftraggeber, von dem der Kläger als freier Mitarbeiter rund 61 % seiner Nettoeinnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit erzielte, die in S ansässige Steuerberaterpraxis T & Partner (im Folgenden: Steuerberaterpraxis), für die der Kläger seit etwa 2006 tätig ist.

6Die hierzu mündlich getroffene Vereinbarung sieht die Erstellung von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen sowie vergleichbare Leistungen für Mandanten der Steuerberaterpraxis vor, für die der Kläger zwischen 40% (z.B. für die Fertigung von Jahresabschlüssen etc.) und 80% (z.B. für intensive Beratungsgespräche) der gegenüber den Mandanten der Steuerberaterpraxis abgerechneten Nettohonorare, Stundensätze bzw. direkt anfallenden Sonderkosten erhält. Der Umfang der Tätigkeit des Klägers richtet sich nach dem Arbeitsanfall der Steuerberaterpraxis. Absprachen über die Dauer und die Länge der Zusammenarbeit wurden nicht getroffen. Seine Leistungen für die Steuerberaterpraxis hat der Kläger an deren Sitz in S zu erbringen, den er im Streitjahr an insgesamt 181 Tagen aufsuchte. Er konnte dabei über seine Arbeitszeiten frei bestimmen und regelmäßig den gleichen Arbeitsplatz und das Equipment der Steuerberaterpraxis nutzen.

7Neben der Tätigkeit für die Steuerberaterpraxis war der Kläger für einen international tätigen Konzern und weitere Mandanten aus dem Raum E und L tätig. Diese Mandate beruhten noch auf Bekanntschaften aus der Zeit seiner Angestelltentätigkeit sowie nachfolgender Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Tätigkeit für diese Mandanten übte der Kläger nach seinen Angaben in bzw. von seiner aus 2 Zimmern und Bad bestehenden Wohnung in E aus, in der das dafür notwendige Equipment (2 Computer, 2 Monitore, 1 Laptop, 1 Drucker, 1 Reisedrucker, 1 Multifunktionsgerät, 1 Reißwolf und 1 Telefonanlage, Regale und Schränke, Ordner und Archivboxen, Akten, Fachliteratur) vorhanden war und dessen vorderes Zimmer er (auch) beruflich nutzte.

8In seiner Gewinnermittlung für 2009 berücksichtigte der Kläger als Betriebsausgaben Kosten in Höhe von netto € 10.801,11 für einen geleasten betrieblichen Pkw, mit dem er im Jahre 2009 insgesamt 35.604 Kilometer zurücklegte.

9Als Entnahme für die private Pkw-Nutzung des Pkw setzte er einen an Hand seiner Aufzeichnungen im Fahrtenbuch ermittelten Betrag in Höhe von insgesamt netto € 1.672,01 (15,48 % der Gesamtkosten für 5.513 Kilometern privat gefahrene Kilometer) an.

10Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 2009 zunächst erklärungsgemäß fest.

11Nach Überprüfung des Fahrtenbuchs des Klägers vertrat er die Ansicht, die Steuerberaterpraxis in S stelle die regelmäßige Betriebsstätte des Klägers dar. Insoweit dürften die Aufwendungen für die Fahrten nach S gemäß

12§ 4 Absatz 5 Nr. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe des positiven Unterschiedsbetrages zwischen dem auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen und dem sich nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ergebenen Betrag den Gewinn nicht mindern.

13Er erhöhte dementsprechend den Gewinn um –der Höhe nach unstreitige- € 3.595,35 und setzte mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 15.12.2010 die Einkommensteuer für 2009 auf € 6.235,- fest. Gleichzeitig hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

14Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage vertritt der Kläger weiterhin in die Ansicht, die Aufwendungen für seine Fahrten nach S seien in voller Höhe als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

15Die Steuerberaterpraxis in S stelle nicht seine Betriebsstätte oder regelmäßige Arbeitsstätte dar. Hierfür sei erforderlich, dass die Geschäftseinrichtung der Verfügungsmacht des Unternehmers unterliegen. Dies sei bei ihm nicht der Fall.

16Die Steuerberaterpraxis sei aus seiner Sicht ein Kunde wie alle seine anderen Mandanten. Er habe dort im Jahre 2009 lediglich 61,7% seiner Einnahmen erzielt. Dieser Anteil sei im Jahre 2010 auf unter 45% gesunken und habe sich auch 2011 weiter reduziert. Der Umfang und die Dauer der freien Mitarbeit seien nicht abzusehen bzw. geplant gewesen. Hinzu komme, dass er an keinerlei bestimmte Arbeitszeiten gebunden sei, so dass seine persönliche Anwesenheit in S jederzeit in seinem freien Ermessen gelegen habe.

17In der Steuerberaterpraxis habe zunächst das Freie-Platz-Prinzip geherrscht. Im Streitjahr 2009 habe er aber die Möglichkeit gehabt, regelmäßig den gleichen Arbeitsplatz zu nutzen. Eine Tätigkeit für eigene Mandanten sei ihm zwar nicht ausdrücklich untersagt gewesen, da es keine Überschneidungen gegeben habe. Wegen bestehender Platzprobleme hätte sich die Steuerberaterpraxis aber „bedankt“, wenn er die dortigen Räumlichkeiten mit seinem Material vollgestopft hätte. Zudem sei eine Abwicklung eigener Angelegenheiten organisatorisch nur schwer möglich gewesen, da sich sämtliche Akten seiner sonstigen Mandanten, seine Fachliteratur, sein Archivmaterial und sein Equipment in E befunden hätten. Insbesondere habe er in E erheblich umfangreichere Fachliteratur zum internationalen Steuerrecht, als sie in der Steuerberatungspraxis vorhanden sei. Faktisch habe es sich so eingespielt, dass er in E auch Angelegenheiten der Steuerberaterpraxis erledigt habe, insbesondere wenn er auf seine Literatur habe zurückgreifen müssen.

18Zudem sei nach dem BFH-Urteil vom 9.7.2009 VI R 21/08, BStBl II 2009, 822 die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte. Diese Rechtsprechung sei auch bei Gewinneinkünften entsprechend anzuwenden.

19Der Kläger beantragt,

20den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 15.12.2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.4.2011 ersatzlos aufzuheben.

21Der Beklagte beantragt,

22die Klage abzuweisen.

23Er trägt vor, in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteile vom 9.6.11 VI R 36/10, BStBl II 2012, 36 und VI R 55/10, BStBl II 2012, 38), wonach ein Arbeitnehmer nur noch eine regelmäßige Arbeitsstätte haben könne, sei auch bei Selbstständigen nur noch eine regelmäßige Betriebsstätte anzunehmen.

24Regelmäßige Betriebsstätte des Klägers sei aber die Steuerberaterpraxis in S, die der Kläger an 181 Arbeitstagen aufgesucht und in der er einen nicht unerheblichen Teil seiner Betriebseinnahmen erwirtschaftet habe.

25Die mit der Begrenzung des Fahrtkostenabzugs in § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG angestrebte Gleichbehandlung des Werbungskostenabzugs bei Arbeitnehmern und des Betriebsausgabenabzugs bei Selbstständigen verlange eine deutliche Grenzziehung zwischen dem privaten Bereich des Wohnens und dem der beruflichen oder betrieblichen Betätigung. Räumlichkeiten, die wie üblicherweise ein häusliches Arbeitszimmer nur einen Teil der Wohnung oder des Wohnhauses bildeten, könnten ungeachtet ihrer beruflichen oder betrieblichen Nutzung nicht als Betriebsstätte qualifiziert werden.

26Insoweit sei die Kürzung der Fahrtkosten zu Recht erfolgt.

27Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und de Steuerakten Bezug genommen.

28II.

29Die Klage ist begründet.

30Der geänderte Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 15.12.2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 21.4.2011 ist rechtwidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung –FGO-), da der Beklagte hierin die auf die Fahrten nach S entfallenden Fahrzeugkosten nicht in voller Höhe als Betriebsausgaben berücksichtigt, sondern unter Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG um € 3.595,- gekürzt hat. Er war deshalb aufzuheben.

311. Bei den dem Kläger im Streitjahr für seinen Pkw entstandenen Aufwendungen handelt es sich um Betriebsausgaben i. S. von § 4 Abs. 4 EStG, weil dieses Fahrzeug weit überwiegend betrieblich genutzt wurde und deshalb zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers gehörte. Die Fahrten nach S sind auch betrieblich veranlasst. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

32Zu Unrecht geht der Beklagte jedoch davon aus, dass diese Aufwendungen teilweise einem Abzugsverbot gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Sätze 1 und 2 EStG unterliegen. Nach dieser Regelung dürfen Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte den Gewinn nur in dem durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG bestimmten Umfang mindern. Danach sind Fahrten eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte mit der Entfernungspauschale von € 0,30 für jeden vollen Entfernungskilometer, höchstens € 4.500,- im Kalenderjahr, abgegolten; ein höherer Betrag als € 4.500,- ist anzusetzen, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zu Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt.

33Diese Vorschrift ist im Streitfall nicht anzuwenden, weil der Kläger bei der aus Gründen der Gleichbehandlung gebotenen Anwendung der neueren BFH-Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte von Arbeitnehmern auch auf die übrigen Steuerpflichtigen im Streitjahr 2009 am Sitz der Steuerberaterpraxis keine Betriebsstätte im Sinne des

34§ 12 AO oder des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG unterhielt und damit auch keine Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte vorlagen.

35a. Eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 S. 1 AO liegt nicht vor. Diese erfordert, dass der Unternehmer eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die von ihm genutzte Geschäftseinrichtung oder Anlage hat. Das bloße Tätigwerden in den Räumlichkeiten des Vertragspartners genügt für sich genommen selbst dann nicht zur Begründung der erforderlichen Verfügungsmacht, wenn die Tätigkeit über mehrere Jahre hinweg erbracht wird (BFH-Urteil vom 4.6.2008 I R 30/07, BStBl II 2008, 922 m.w.N.). Im Streitfall war dem Kläger die Nutzung seines Arbeitsplatzes in S nur im Rahmen seiner Tätigkeit für die Steuerberaterpraxis eingeräumt. Ein eigenständiges Nutzungsrecht bestand nicht. Insbesondere konnte ihm die Nutzungsmöglichkeit jederzeit entzogen werden.

36b. Der Senat verkennt nicht, dass die bisherige BFH-Rechtsprechung den Begriff der Betriebsstätte im Sinne des § 6 Abs. 5 Nr. 6 Satz 1 EStG abweichend von § 12 AO definiert und unter „Betriebsstätte“ jede (von der Wohnung getrennte) Beschäftigungsstätte des Steuerpflichtigen versteht. Als regelmäßige Betriebstätte war danach der Ort zu verstehen, an dem der Unternehmer die geschuldete Leistung mit einer gewissen Nachhaltigkeit zu erbringen hatte; anders als in § 12 AO war eine abgrenzbare Fläche oder Räumlichkeit und eine hierauf bezogene Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 19.9.1990 X R 44/89, BStBl II 1991, 97 m.w.N.). Demgegenüber konnten im eigenen Wohnhaus belegene oder in die private Sphäre eingebundene Räumlichkeiten nicht als Betriebsstätte im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG qualifiziert werden (BFH-Beschlüsse vom 18.5.2005 X B 42/04, Juris; vom 28.6.2006 IV B 75/05, BFH/NV 2006, 2243 und vom 26.6.2007 V B 197/05, BFH/NV 2007, 1897). Damit wurden entsprechend dem Regelungszweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG, Unternehmer und Arbeitnehmer hinsichtlich der Kosten für Fahrten

37zwischen Wohnung und Arbeits- bzw. Betriebsstätte gleich behandelt und die tatbe-standlichen Voraussetzungen für Arbeitsstätte und Betriebsstätte gleich interpretiert. Nach dieser bisherigen Rechtsprechung ist das Bürogebäude eines Auftraggebers, das ein Selbständiger im Rahmen seiner Tätigkeit praktisch jeden Arbeitstag regelmäßig aufsuchte, als Betriebsstätte anzusehen, da der Selbstständige einem Arbeitnehmer vergleichbar war, der täglich zu seiner Arbeitsstätte fährt. Sein häusliches Arbeitszimmer ist keine Betriebsstätte (vgl. BFH-Beschluss vom 21.3.2001 IV B 29/00, Juris).

38Bei Anwendung dieser bisherigen Rechtsprechung unterlägen die 181 Fahrten des Kläger dem begrenzten Betriebskostenabzug, da er –wie ein Arbeitnehmer seine regelmäßige Arbeitsstelle- seine Beschäftigungsstelle in S praktisch jeden Arbeitstag von seiner Wohnung aus aufgesucht hat.

39b. Der BFH hat allerdings seine die regelmäßige Arbeitsstätte von Arbeitnehmern betreffende Rechtsprechung inzwischen aufgegeben bzw. modifiziert.

40Regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist nach der neueren BFH-Rechtsprechung nur noch jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsucht; dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein Zweigbetrieb.

41Dagegen ist die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Die Vorschrift kommt demnach auch dann nicht zur Anwendung, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Kunden des Arbeitgebers längerfristig eingesetzt ist (BFH-Urteile vom 10.7.2008 VI R 21/07, BStBl II 2009, 818; vom 9.7.2009 VI R 21/08, BStBl II 2009, 822).

42Zur Begründung führt der BFH an, dass gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG alle beruflich veranlassten Aufwendungen, zu denen grundsätzlich auch Fahrt- bzw. Mobilitätskosten gehören, regelmäßig in tatsächlicher Höhe abziehbar seien. Dieser Grundsatz erfahre zwar durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG insoweit eine Einschränkung, als die Fahrtkosten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte nicht im tatsächlichen Umfang steuerlich abziehbar seien, sondern nur nach Maßgabe einer Entfernungspauschale. Diese Durchbrechung des Prinzips des Begrenzung sei im Grundsatz sachlich gerecht-fertigt (BFH-Urteil vom 11.5.2005 VI R 7/02, BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782), da sich ein Arbeitnehmer bei einer auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegten (regelmäßigen) Arbeitsstätte in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken könne. Dies könne etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften und Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ggf. durch eine entsprechende Wohnsitznahme geschehen. Für diesen Fall erweise sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip.

43Dagegen sei die Durchbrechung der vollen Abziehbarkeit beruflich veranlasster Mobilitätskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sachlich nicht gerechtfertigt, wenn keine auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte (regelmäßige) Arbeitsstätte vorliege, auf die sich der Arbeitnehmer typischerweise in der aufgezeigten Weise einstellen könne. Dies sei insbesondere bei Auswärtstätigkeiten der Fall (BFH-Urteile vom 11.5.2005 VI R 7/02, BStBl II 2005, 782 und VI R 70/03, BFHE 209, 508, BStBl II 2005, 785; vgl. auch BFH-Urteil vom 10.4.2008 VI R 66/05, BStBl II 2008, 825). Ein auswärts tätiger Arbeitnehmer habe typischerweise nicht die vorgezeichneten Möglichkeiten, seine Wegekosten gering zu halten, insbesondere scheide ein Familienumzug an die Tätigkeitsstätte aus. Entsprechendes treffe auch auf einen Arbeitnehmer zu, der vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden für seinen Arbeitgeber tätig ist.

44Dementsprechend ist der BFH in seinem Urteil vom 10.7.2008 VI R 21/07, BStBl II 2009, 818 auch bei einem Arbeitnehmer, der vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden für seinen Arbeitgeber tätig ist, davon ausgegangen, dass dieser typischerweise nicht die Möglichkeit hat, sich auf diese Tätigkeitsstätte einzustellen. Hieraus hat der BFH geschlossen, dass die betriebliche Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist, und insoweit ausgeführt, dass diese Vorschrift auch dann nicht zur Anwendung kommt, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Kunden längerfristig eingesetzt wird. Denn die Beurteilung, ob sich ein Arbeitnehmer in der genannten Weise auf eine bestimmte Tätigkeitsstätte einstellen kann, habe stets aus der Sicht zum Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Tätigkeit („ex ante“) zu erfolgen. Solle ein Arbeitnehmer in der betrieblichen Einrichtung eines Kunden seines Arbeitgebers eingesetzt werden, so sei prägend für diese Sicht des Arbeitnehmers allein das Arbeitsverhältnis und nicht die Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Kunde. Auf die konkrete Ausgestaltung und die Dauer jener vertraglichen Beziehung könne und müsse sich der Arbeitnehmer typischerweise weder rechtlich noch faktisch mit dem Ergebnis der Minderung der Wegekosten einstellen. Vielmehr sei es gerade Ausdruck des Arbeitsverhältnisses, dass der beim Kunden eingesetzte Arbeitnehmer hinsichtlich des Orts, an dem er seine Arbeitsleistung zu erbringen hat, in besonderer Weise dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliege. Auch bei längerfristigem Einsatz beim Kunden stehe die dortige Tätigkeit unter einem dem Einfluss des Arbeitnehmers entzogenen Vorbehalt, dass die vom Arbeitsverhältnis unabhängige Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Kunde Bestand hat.

45d. Der Senat ist der Auffassung, dass die geänderte Rechtsprechung des BFH zur regelmäßigen Arbeitsstätte in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG entsprechend auch hinsicht-lich der Auslegung des Begriffs der Betriebsstätte in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG anzuwenden ist.

46Das Erfordernis einer entsprechenden Auslegung ergibt sich insbesondere aus der bereits nach der bisherigen Rechtsprechung zum Betriebsstättenbegriff verfassungsrecht-lich gebotenen Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Unternehmern in Bezug auf den Abzug von Fahrtkosten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeits- bzw. Betriebsstätte (vgl. BVerfG-Beschluss vom 2.10.1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58; so auch Urteile des Finanzgerichts Münster vom 22.3.2013 4 K 4834/10 E, EFG 2013, 839; des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27.10.2011 3 K 1849/09, EFG 2012, 310). Ebenso wie ein Arbeitnehmer, der an wechselnden Arbeitsstellen oder in der betrieblichen Einrichtung eines Kunden des Arbeitsgebers eingesetzt ist, kann auch ein in einer betrieblichen Einrichtung eines Kunden tätiger selbstständiger Unternehmer regelmäßig nicht durch Bildung von Fahrgemeinschaften oder die Verlegung seines Wohnsitzes die Fahrtkosten minimieren. Denn auch für ihn ist es –ebenso wie für einem Arbeitnehmer, der in der Einrichtung eines Kunden tätig ist- typischerweise ungewiss, wie lange die vertragliche Beziehung zu seinem Kunden erhalten bleibt, da –soweit nicht ausnahmsweise langfristige Verträge abgeschlossen sind– das Auftragsverhältnis üblicherweise jederzeit kurzfristig beendet werden kann. Insoweit kann auch ein Unternehmer aus der maßgeblichen Sicht zum Zeitpunkt des Beginns der jeweiligen Tätigkeit regelmäßig nicht beurteilen, wie lange seine Tätigkeit in der betrieblichen Einrichtung seines Auftraggebers fortdauern wird. Selbst wenn er –anders als hier der Kläger- lediglich für einen Kunden tätig ist, ist es ihm daher regelmäßig nicht zumutbar, seinen Fahrtaufwand dadurch zu reduzieren, dass er seinen Wohnsitz in die Nähe der betrieblichen Einrichtung des Kunden verlegt. Dies gilt erst recht, wenn ein Unternehmer nicht nur für einen einzigen Kunden in dessen betrieblicher Einrichtung, sondern daneben für weitere Kunden tätig ist.

47Im Übrigen spricht auch der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 2 EStG enthaltene Verweis, wonach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 insgesamt und nicht nur in Bezug auf seine Rechtsfolgen anzuwenden ist, für eine gleichartige Auslegung beider Vorschriften

48e. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze und der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände des Streitfalls hatte der Kläger im Streitjahr 2009 keine Betriebsstätte im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG in S, sodass die streitigen Fahrtkosten dorthin in vollem Umfang als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.

49Es war dem Kläger –ähnlich einem Arbeitnehmer, der in der Einrichtung eines Kunden seines Arbeitgebers tätig ist- nicht möglich und zumutbar, etwa durch Verlegung seines Wohnsitzes seine Fahrtkosten zu minimieren, da er nicht von einer dauerhaften und regelmäßigen Tätigkeit in der betrieblichen Einrichtung der Steuerberaterpraxis in S ausgehen konnte.

50Gegen eine von vornherein langfristig angelegte Tätigkeitsstätte in S spricht bereits, dass der Kläger lediglich als freier Mitarbeiter für die Steuerberaterpraxis tätig war und Absprachen über die Dauer und die Länge der Zusammenarbeit nicht getroffen waren. Insoweit war das Auftragsverhältnis jederzeit kündbar. Zudem richtete sich der Umfang der Tätigkeit nach dem Arbeitsanfall der Steuerberaterpraxis, sodass der Kläger nicht nur vom Bestehen des Auftragsverhältnisses mit der Steuerberaterpraxis, sondern auch von den nicht in seinem Einflussbereich liegenden weiteren Vertragsverhältnissen zwischen der Steuerberaterpraxis und deren Mandanten abhängig war.

51Dagegen sind Umstände, nach denen der Kläger von vorneherein von einem über lange Jahre gesichertem Auftragsverhältnis hätte ausgehen können, weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Hiergegen spricht auch, dass der mit der Steuerberaterpraxis erzielte Umsatzanteil nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Klägers von im Streitjahr rund 61% auf im Jahre 2010 unter 45% gesunken ist und sich 2011 noch weiter reduziert hat.

523. Da nach alledem die Räume der Steuerberaterpraxis keine regelmäßige Betriebsstätte des Klägers darstellen, ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG nicht anwendbar. Die Fahrzeugkosten für seine Fahrten nach S sind daher ohne Beschränkung abziehbar.

53Die Ermittlung des Betrags, mit dem die Nutzungsentnahme durch den Gebrauch des Pkw für Privatfahrten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 1 und 3 EStG angesetzt wurde, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Das vom Kläger vorgelegte Fahrtenbuch ist ordnungsgemäß. Danach betrug der Anteil der privaten Kfz-Nutzung nicht mehr 15,48 %. Die dafür angesetzte Entnahme kann wie vom Kläger ermittelt angesetzt werden. Dies ist nicht streitig

544. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

555. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, um dem BFH Gelegenheit zu geben, die Maßgeblichkeit der Rechtsprechung des VI. Senats auch für die Anwendung von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG zu bestätigen.

Doppelte Haushaltsführung bei Zweitwohnung in der Nähe des Familienwohnsitzes

Eine beruflich begründete doppelte Haushaltsführung kann auch dann vorliegen, wenn die Zweitwohnung näher am Familienwohnsitz als an der Arbeitsstätte liegt. Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 27. Juni 2013 (Az. 3 K 4315/12 E) entschieden.

Der Kläger ist als Professor an einer Universität beschäftigt. Der Ort, an dem er mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern lebt, liegt etwa 2 Stunden von seiner Arbeitsstätte entfernt. Aus diesem Grund hatte der Kläger ursprünglich eine Zweitwohnung in der Nähe der Universität. Diese gab er jedoch auf und bezog eine neue Zweitwohnung, die 83 km von der Universität, aber nur 47 km vom Familienwohnsitz entfernt liegt.

Das beklagte Finanzamt erkannte keine Kosten für eine doppelte Haushaltsführung an, da die Zweitwohnung aufgrund der zu großen Entfernung nicht als Wohnung am Beschäftigungsort des Klägers angesehen werden könne. Die Entfernung zur Familienwohnung sei für die Wahl der Zweitwohnung zumindest mitbestimmend gewesen. Hiergegen wandte der Kläger ein, dass die Zweitwohnung besonders verkehrsgünstig gelegen sei und er die Universität innerhalb von 50 Minuten erreichen könne. Darüber hinaus verfüge der Ort der Zweitwohnung auch über in seinem Fachbereich sehr gut ausgestattete Bibliotheken, die er 3 bis 5 Mal pro Monat aufsuche.

Das Gericht gab der Klage statt. Für eine aus beruflichem Anlass begründete doppelte Haushaltsführung sei es erforderlich, dass der Arbeitnehmer „am Beschäftigungsort“ wohne. Hierfür sei nicht eine Wohnung in der politischen Gemeinde der Arbeitsstätte erforderlich; es reiche vielmehr aus, dass die Wohnung in deren Einzugsgebiet liege. Maßgeblich sei, dass die Arbeitsstätte von dort aus in zumutbarer Weise täglich aufgesucht werden könne, was bei einer Fahrzeit von 50 Minuten pro Strecke trotz der Entfernung von 83 km der Fall sei. Da der Kläger überdies auch die vor Ort liegenden Bibliotheken beruflich nutze, komme dem Umstand der günstigen Lage zum Familienwohnsitz kein überlagerndes Gewicht mehr zu. Das Revisionsverfahren ist beim Bundesfinanzhof anhängig (Az. VI R 59/13).

 

Finanzgericht Münster, 3 K 4315/12 E

Datum:
27.06.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
3. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 K 4315/12 E
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Die Einkommensteuerfestsetzungen 2010 vom 23.07.2012 und 2011 vom 05.07.2012, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.10.2012, werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert. Die Berechnung der Steuer obliegt dem Beklagten.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 1/9 und der Beklagte 8/9.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand

2Die Beteiligten streiten, ob die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung bei der Steuerfestsetzung der Veranlagungszeiträume 2010 und 2011 als Werbungskosten bei den Einkünften aus § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigt werden können.

3Die Kläger sind Eheleute und wurden für die Streitjahre 2010 und 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Professor für … an der … in B    und bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG. Die Klägerin bezieht als angestellte Buchhändlerin im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Beschäftigungsort der Klägerin und Familienwohnsitz der Kläger mit den beiden gemeinsamen Kindern ist H   .

4Bereits im Jahr 2007 wechselte der Kläger von P    an die Universität nach B   , als er dort die Möglichkeit erhielt, vertretungsweise einen Lehrstuhl zu übernehmen. Um sich mit den Gepflogenheiten in B    und der Universität vertraut machen zu können, nahm er eine Wohnung in der Nähe der Universität. Parallel zur Lehrstuhlvertretung durchlief der Kläger ein Berufungsverfahren für eine andere Professur an der Universität in B   , die er dann im Herbst 2007 erhielt. Bereits im Spätsommer 2007 kündigte der Kläger seine Wohnung in B    und suchte nach einer für sich geeigneten Wohnung in E   . Er entschied sich für E    deshalb, weil dort die …bibliothek und auch die …bibliothek ansässig sind, die im Fachbereich des Klägers sehr gut ausgestattet sind. In seinem Fachgebiet „…“ besteht die Arbeit des Klägers im Wesentlichen im Literaturstudium. Die Bibliotheken sucht er dabei im Schnitt drei bis fünf mal im Monat auf, wobei die Nutzung entsprechend seines Arbeitsfortschritts unterschiedlich intensiv ist. Maßgeblich ist aus Sicht des Klägers der schnell mögliche Zugriff.

5Die Lehrverpflichtungen des Klägers belaufen sich im Schnitt auf fünf Veranstaltungen pro Woche. Außerdem ist er geschäftsführender Direktor eines Instituts und somit bestimmten Verwaltungsaufgaben und Verpflichtungen, z. B. an Fachbereichssitzungen teilzunehmen, betraut.

6In den Einkommensteuererklärungen 2010 und 2011 machte der Kläger Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend. Für 2010 beliefen sich die Aufwendungen auf insgesamt 9.164 Euro und für 2011 auf 8.078 Euro. Im Wesentlichen handelte es sich um die Kosten der Unterkunft des Klägers in E   , diverse Einrichtungsgegenstände und die Aufwendungen für die Heimfahrten nach H   . Die Aufwendungen für die in E    angemietete Garage betragen 480 Euro jährlich. Zu den Einzelheiten wird auf die Angaben in den Steuererklärungen 2010 und 2011 (Blatt 15/16 und Blatt 84/85 der Steuerakte) Bezug genommen.

7Die Entfernung der vom Kläger bewohnten Wohnung in E    zum Familienwohnsitz nach H    beträgt 47 km, die Entfernung zur Arbeitsstätte in B    83 km.

8Die Wohnung in E   , A-Straße 44, ist in einer Entfernung von ca. 4 Kilometern zur …bibliothek belegen. Die Autobahn nach B    ist schnell zu erreichen.

9Bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2010 durch Bescheid vom 03.08.2011 und für 2011 durch Bescheid vom 29.06.2012 berücksichtigte der Beklagte die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen zur doppelten Haushaltsführung nicht als Werbungskosten, da der Wohnsitz in E    zu weit vom Arbeitsort entfernt liege und deshalb nicht als Wohnung am Beschäftigungsort des Klägers angesehen werden könne.

10Die Einkommensteuerfestsetzung 2011 änderte der Beklagte aus hier nicht streitigen Gründen durch Einkommensteuerbescheid vom 05.07.2012.

11Gegen die Einkommensteuerfestsetzungen erhoben die Kläger Einspruch am 31.08.2011 (2010) und am 30.07.2012 (2011). Sie verwiesen darauf, dass der Beschäftigungsort sich begrifflich nicht auf die politische Gemeinde beschränke, in der sich die Arbeitsstätte des Steuerpflichtigen befinde, sondern auch das Einzugsgebiet umfasse. Soweit sich die Zweitwohnung in der Nähe des Beschäftigungsortes befinden müsse, könne diese Nähe auch zeitlich begründet sein. Dies gelte im Fall des Klägers deshalb, weil er seine Arbeitsstätte von der besonders verkehrsgünstig gelegenen Wohnung in E    innerhalb von 50 Minuten erreichen könne. Diese Fahrtzeit werde ausweislich der Rechtsprechung für eine Strecke zwischen Wohnung und Beschäftigungsort für Pendler als zumutbar erachtet. Gegenüber einer Fahrt zum Arbeitsort von seinem Familienwohnsitz aus ergebe sich eine tägliche Fahrzeitersparnis von mindestens zwei Stunden. Darüber hinaus eröffne ihm die Wohnung in E    den unproblematischen Zugang zu dort vorhandenen Bibliotheken, die einen für seine Tätigkeit unerlässlichen Literaturbestand auswiesen. Natürlich ermögliche es die Wohnung in E    auch, den familiären Kontakt nach H    über die Woche unkomplizierter zu halten. Dies sei jedoch nicht der für die Wohnungswahl ausschlagende Grund gewesen.

12Den Einkommensteuerbescheid 2010 änderte der Beklagte durch Bescheide vom 05. und 23.07.2012 aus hier nicht streitigen Gründen.

13Durch Einspruchsentscheidung vom 16.10.2012, bekannt gegeben durch einfachen Brief, wies er die Einsprüche als unbegründet zurück. Es treffe zwar zu, dass der Begriff der Wohnung am Beschäftigungsort weit auszulegen sei. Sei jedoch, wie im vorliegenden Fall, die Entfernung zwischen Zweitwohnsitz und Beschäftigungsort wesentlich höher als die zwischen Zweitwohnsitz und Familienwohnsitz, komme nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) ebenfalls die private Lebensführung als Ursache der doppelten Haushaltsführung in Betracht. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass die Entfernung zwischen dem Zweitwohnsitz in E    und dem Familienwohnsitz in H    für den Bezug der Zweitwohnung mitbestimmend gewesen und die doppelte Haushaltsführung deshalb nicht ausschließlich beruflich veranlasst sei. Soweit sich der BFH in seinem Urteil vom 19.04.2012 (VI R 59/11, BFH/NV 2012, 1378) dahingehend geäußert habe, dass auch bei einer Entfernung von 141 km zwischen Zweitwohnsitz und Beschäftigungsort eine doppelte Haushaltsführung gegeben sein könne, liege dem vom BFH entschiedenen Fall ein anderer Sachverhalt zu Grunde, da dort der Arbeitgeber seinen Firmensitz vom Ort des beruflich bedingten Zweitwohnsitzes wegverlegt habe.

14Mit der dagegen am 14.12.2012 erhobenen Klage beantragen die Kläger gleichzeitig Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist.

15Sie tragen dazu vor, die den Klägern am 22.10.2012 zugegangene Einspruchsentscheidung sei per E-Mail an den Klägervertreter weitergeleitet worden. Dieser habe am 07.11.2012 auf Wunsch der Kläger, trotz Ablehnung einer Deckungszusage durch die Rechtsschutzversicherung am 29.10.2012, die Klage gefertigt und per Post an das Finanzgericht Münster versandt. Dies sei ausreichend gewesen, da das Fristende auf den 19.11.2012 berechnet worden sei. Da entgegen der sonstigen Erfahrungen eine Eingangsbestätigung für diese Klage nicht eingegangen sei, habe das Büro des Klägervertreters auf Nachfrage beim Finanzgericht Münster am 05.12.2012 erfahren, dass ein Klageeingang nicht zu verzeichnen gewesen sei. Davon habe der Klägervertreter persönlich am 11.12.2012 nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub erfahren. Dass die Klageschrift rechtzeitig gefertigt und versandt worden sei, ergebe sich aus dem Postausgangsbuch und der eidesstattlichen Versicherung der absendenden Bearbeiterin. Auf die in Kopie vorgelegten Dokumente (Blatt 6 und 5 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

16Die Kläger beantragen,

17unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verständigung bzgl. der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Einkommensteuerfestsetzung 2010 gemäß Bescheid vom 23.07.2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.10.2012 zu ändern und Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung in Höhe von 9.164 Euro zu berücksichtigen,

18unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verständigung bzgl. der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Einkommensteuerfestsetzung 2011 gemäß Bescheid vom 05.07.2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 16.10.2012 zu ändern und Werbungkosten wegen doppelter Haushaltsführung in Höhe von 8.078 Euro zu berücksichtigen,

19hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

20Der Beklagte beantragt,

21die Klage abzuweisen,

22hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

23Unabhängig von der rechtzeitigen Erhebung der Klage hält er an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung fest.

24Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 18.04.2013 erörtert. Der Klägervertreter hat im Termin das Fristenkontroll- und das Postausgangsbuch im Original vorgelegt. Zu den Einzelheiten wird auf das Terminsprotokoll (Blatt 75/76 der Gerichtsakte) hingewiesen.

25Der Senat hat in der Sache am 27.06.2013 mündlich verhandelt. Zu den Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

26Entscheidungsgründe

27I.

28Die Klage ist zulässig.

29Sie ist insbesondere fristgemäß erhoben, da bezüglich der versäumten Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

30Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt gemäß § 47 Finanzgerichtsordnung (FGO) einen Monat und beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Einspruchsentscheidung dem Kläger bekannt gegeben worden ist. Gemäß § 122 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) gilt die Einspruchsentscheidung bei Übersendung mit einfachem Brief mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Danach hätte im vorliegenden Fall die Klagefrist mit Ablauf des 19.11.2012 geendet, und die am 14.12.2012 erhobene Klage ist verfristet. Jedoch sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben. Gemäß § 56 FGO kann einem Kläger, der die Klagefrist unverschuldet versäumt hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses einen entsprechenden Antrag stellt, die zur Begründung dienenden Tatsachen glaubhaft macht und die versäumte Rechtshandlung nachholt.

31Im vorliegenden Fall geht der Senat davon aus, dass die Klagerhebung unverschuldet nicht fristgemäß erfolgte. Denn der Klägervertreter hat im Erörterungstermin durch die Vorlage des Fristenkontrollbuchs und des Postausgangsbuchs im Original sowie durch die Schilderung des Arbeitsablaufs in seiner Kanzlei glaubhaft dargelegt, dass die maßgebliche Klageschrift bereits am 07.11.2012 gefertigt und auch tatsächlich versandt wurde. Dass die Klage das Gericht nicht erreicht hat, ist den Klägern nicht als von ihnen zu vertretender Umstand zuzurechnen. Vielmehr ist von einem Verlust der Klageschrift auf dem Postweg auszugehen. Wiedereinsetzungsantrag und Nachholung der Klageerhebung als maßgeblicher Rechtshandlung sind auch innerhalb der 14tägigen Frist nach Wegfall des Hindernisses, das ist hier das Telefonat vom 05.12.2012 mit dem Finanzgericht Münster, erfolgt.

32II.

33Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

34Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt dabei nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch „am Beschäftigungsort wohnt“. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, dass die letztgenannte Voraussetzung nicht nur dann erfüllt ist, wenn der Arbeitnehmer sich in der politischen Gemeinde seiner Arbeitsstätte eine Wohnung nimmt, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer in der Umgebung, d. h. im Einzugsgebiet der politischen Gemeinde wohnt (vgl. BFH, Beschluss vom 02.10.2008 VI B 33/08, zitiert nach juris, mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Von diesen Grundsätzen ist der BFH bereits in seinem Urteil vom 09.11.1971 (VI R 96/70, BStBl II 1972, 134) ausgegangen. In der gleichen Entscheidung hat der BFH aber auch betont, ein Wohnen am Beschäftigungsort sei nicht mehr anzunehmen, wenn bei der Wahl des Wohnortes offenbar die Lage der Familienwohnung eine maßgebende Rolle gespielt habe, so wenn sich die Zweitwohnung des Arbeitnehmers an einem Ort befinde, der näher zum Ort der Familienwohnung als zur Arbeitsstätte gelegen sei und an dem andere Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsstätte in der gleichen politischen Gemeinde hätten wie der einen doppelten Haushalt führende Arbeitnehmer, üblicherweise nicht wohnten. In einem derartigen Fall schließe § 12 Nr. 1 EStG unter Umständen eine Anerkennung von Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung aus. In seinem Urteil vom 19.04.2012 (VI R 59/11, BStBl II 2012, 833) geht der BFH davon aus, dass ein Arbeitnehmer in einer Wohnung am Beschäftigungsort jedenfalls dann wohnt, wenn er von dort aus ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen seine Arbeitsstätte täglich aufsuchen kann. Maßgeblich sei dabei, dass die fragliche Wohnung in der Weise am Beschäftigungsort, nämlich so zur Arbeitsstätte gelegen sei, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen könne. Ob dies der Fall sei, sei aufgrund der Berücksichtigung und Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu prüfen, wobei insbesondere die individuellen Verkehrsverbindungen zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte maßgeblich seien. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sei zwar ein wesentliches, allerdings nicht allein entscheidungserhebliches Merkmal.

35Ausgehend von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen hat der Senat im vorliegenden Fall die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger mit der Wohnung in E    eine Wohnung am Beschäftigungsort inne hat.

36Ausgangspunkt der Überlegungen des Senats ist dabei die Tatsache, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz in B    nicht in zumutbarer Weise von seinem Familienwohnsitz in H    aus arbeitstäglich – wie dies angesichts des Vorlesungsplans des Klägers zumindest in der Vorlesungszeit erforderlich ist – erreichen kann. Denn sowohl der Weg über … als auch über … war und ist in erheblicher Weise baustellen- und staubelastet, sodass ein arbeitstägliches Pendeln mit Fahrzeiten von bis zu zwei Stunden pro Strecke nicht zumutbar und damit die Nutzung einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort angezeigt ist.

37Die vom Kläger in E    genommene Zweitwohnung ist auch als Wohnung am Beschäftigungsort anzusehen, da sie unter Zugrundelegung der Grundsätze des Urteils des BFH, vom 19.04.2012 (VI R 59/11, BStBl II 2012, 833) noch als im Einzugsbereich von B    belegen anzusehen ist. Denn die Anforderung des BFH, dass der Arbeitsplatz von der Zweitwohnung aus in zumutbarer Weise zu erreichen sein muss, erfüllt die vom Kläger in E    genommene Wohnung. Der Kläger kann nämlich von dieser Wohnung aus – vom Beklagten unbestritten – seinen Arbeitsplatz trotz der Entfernung von 83 Kilometern in unter einer Stunde Fahrzeit erreichen. Im übrigen handelt es sich nach Auffassung des Senats um eine heutzutage durchaus übliche Pendelstrecke und Pendelzeit. Hinzu kommt, dass E    mit den dort ansässigen Bibliotheken, zu denen die Wohnung des Klägers ebenfalls günstig gelegen ist, einen weiteren für den Beruf des Klägers gewichtigen Standortvorteil bietet, ohne dass es nach Auffassung des Senats letztlich ausschlaggebend ist, wie häufig der Kläger diese Bibliotheken nutzt. Dass der Kläger sie tatsächlich nutzt, steht aufgrund des differenzierten Vortrags des Klägers zur Ausstattung der Bibliotheken in seinem Fachgebiet in B    und E    und zur nur geringen Digitalisierungsquote hinsichtlich der Literaturbestände seines Fachbereichs zur Überzeugung des Senats fest und wird im Übrigen vom Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen. Ein diesbezüglich gleichwertiger Standort für eine Zweitwohnung im Einzugsbereich von B    ist nicht ersichtlich.

38Bei dieser Sachlage kommt dem Umstand, dass E    auch zur Familienwohnung des Klägers günstig gelegen ist und so den familiären Kontakt unter der Woche erleichtert, kein die vorrangig berufliche Veranlassung überlagerndes Gewicht mehr zu.

39Entsprechend der tatsächlichen Verständigung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung sind der Besteuerung nunmehr 180 Tage für die Fahrten von der Zweitwohnung in E    zum Arbeitsplatz nach B    zugrunde zu legen. Zu den Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung gehören auch die Kosten für die Anmietung einer Garage am Beschäftigungsort (vgl. BFH, Urteil vom 13.11.2012 VI R 50/11, BStBl. II 2013, 286), wie sie der Kläger geltend gemacht hat.

40Die Steuerberechnung obliegt dem Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

41Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

42Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 155 FGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

43Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Leistungsort bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer (BMF)

Postanschrift Berlin: Bundesministeriu m der Finanzen, 11016 Berlin
www.bundesfinanzministerium.de
POSTANSCHRIFT Bundesministerium der Finanzen, 11016 Berlin
Vorab per E-Mail
Oberste Finanzbehörden
der Länder
HAUSANSCHRIFT Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin
TEL +49 (0) 30 18 682-0
FAX
E-MAIL poststelle@bmf.bund.de
DATUM 12. September 2013
– Verteiler U 1 –
– E-Mail-Verteiler U 2 –
BETREFF Umsatzsteuer;
Leistungsort bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer
BEZUG
GZ IV D 3 – S 7117-e/13/10001
DOK 2013/0849487
(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)
Durch Artikel 10 Nr. 2 Buchstabe b des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz –
AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) wurde der Leistungsort bei der
langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an Nichtunternehmer in § 3a Abs. 3 Nr. 2
UStG an Artikel 56 Abs. 2 MwStSystRL in der Fassung von Artikel 4 der Richtlinie
2008/8/EG (ABl. EU 2008 Nr. L 44 S. 11) angepasst. Der Leistungsort befindet sich danach
an dem Ort, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem
Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt,
an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich
auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus
diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet. Dadurch soll insoweit eine
Besteuerung am Verbrauchsort erreicht werden. Die Regelung ist nach Art. 31 Abs. 1
AmtshilfeRLUmsG zum 30. Juni 2013 in Kraft getreten. Insbesondere Abschnitt 3a.5 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) ist entsprechend anzupassen.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der
Länder wird deshalb der Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) vom 1. Oktober 2010,

BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 26. August 2013
– IV D 3 – S 7359/07/10009 (2013/0800354), BStBl I S. xxx, geändert worden ist, wie folgt
geändert:
1. In Abschnitt 3a.1 Abs. 4 werden im sechsten Gedankenstrich das Semikolon am Ende
durch einen Punkt ersetzt und der siebente Gedankenstrich gestrichen.
2. In Abschnitt 3a.2 Abs. 19 wird im Klammerzusatz des zweiten Gedankenstrichs die Angabe „Abschnitte 3a.5“ durch die Angabe „Abschnitte 3a.5 Abs. 1 bis 6“ ersetzt.
3. Abschnitt 3a.5 wird wie folgt gefasst:
„3a.5. Ort der Vermietung eines Beförderungsmittels
Allgemeines
(1) 1
Der Ort der Vermietung eines Beförderungsmittels ist insbesondere von der Dauer der Vermietung abhängig. 2
Dabei richtet sich die Dauer der Vermietung nach der tatsächlichen Dauer der Nutzungs-
überlassung; wird der Zeitraum der Vermietung auf Grund höherer Gewalt verlängert, ist dieser Zeitraum bei
der Abgrenzung einer kurzfristigen von einer langfristigen Vermietung nicht zu berücksichtigen (vgl. Artikel
39 Abs. 1 Unterabs. 3 der MwStVO). 3
Wird ein Beförderungsmittel mehrfach unmittelbar hintereinander an
denselben Leistungsempfänger für einen Zeitraum vermietet, liegt eine kurzfristige Vermietung grundsätzlich
nur dann vor, wenn der ununterbrochene Vermietungszeitraum von nicht mehr als 90 Tagen bzw. 30 Tagen
insgesamt nicht überschritten wird (vgl. Artikel 39 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 und Abs. 2 Unterabs. 1 und 2
der MwStVO). 4
Wird ein Beförderungsmittel zunächst kurzfristig und anschließend über einen als langfristig
geltenden Zeitraum an denselben Leistungsempfänger vermietet, sind die beiden Vermietungszeiträume abweichend von Satz 3 getrennt voneinander zu betrachten, sofern diese vertraglichen Regelungen nicht zur Erlangung steuerrechtlicher Vorteile erfolgten (vgl. Artikel 39 Abs. 2 Unterabs. 3 der MwStVO). 5
Werden aufeinander folgende Verträge über die Vermietung von Beförderungsmitteln geschlossen, die tatsächlich unterschiedliche Beförderungsmittel betreffen, sind die jeweiligen Vermietungen gesondert zu betrachten, sofern
diese vertraglichen Regelungen nicht zur Erlangung steuerrechtlicher Vorteile erfolgten (vgl. Artikel 39
Abs. 3 der MwStVO).
(2)
1
Als Beförderungsmittel sind Gegenstände anzusehen, deren Hauptzweck auf die Beförderung von
Personen und Gütern zu Lande, zu Wasser oder in der Luft gerichtet ist und die sich auch tatsächlich fortbewegen (vgl. Artikel 38 Abs. 1 der MwStVO). 2
Zu den Beförderungsmitteln gehören auch Auflieger, Sattelanhänger, Fahrzeuganhänger, Eisenbahnwaggons, Elektro-Caddywagen, Transportbetonmischer, Segelboote,
Ruderboote, Paddelboote, Motorboote, Sportflugzeuge, Segelflugzeuge, Wohnmobile, Wohnwagen (vgl. jedoch Abschnitt 3a.3 Abs. 5) sowie landwirtschaftliche Zugmaschinen und andere landwirtschaftliche Fahrzeuge, Fahrzeuge, die speziell für den Transport von kranken oder verletzten Menschen konzipiert sind, und
Rollstühle und ähnliche Fahrzeuge für kranke und körperbehinderte Menschen, mit mechanischen oder elektronischen Vorrichtungen zur Fortbewegung (vgl. Artikel 38 Abs. 2 der MwStVO). 3
Keine Beförderungsmittel sind z.B. Bagger, Planierraupen, Bergungskräne, Schwertransportkräne, Transportbänder, Gabelstapler, Elektrokarren, Rohrleitungen, Ladekräne, Schwimmkräne, Schwimmrammen, Container, militärische
Kampffahrzeuge, z.B. Kriegsschiffe – ausgenommen Versorgungsfahrzeuge –, Kampfflugzeuge, Panzer, und
Fahrzeuge, die dauerhaft stillgelegt worden sind (vgl. Artikel 38 Abs. 3 der MwStVO). 4
Unabhängig hiervon
kann jedoch mit diesen Gegenständen eine Beförderungsleistung ausgeführt werden. 5
Als Vermietung von
Beförderungsmitteln gilt auch die Überlassung von betrieblichen Kraftfahrzeugen durch Arbeitgeber an ihre
Arbeitnehmer zur privaten Nutzung sowie die Überlassung eines Rundfunk- oder Fernsehübertragungswagens oder eines sonstigen Beförderungsmittels inländischer und ausländischer Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts untereinander.
(3)
1
Wird eine Segel- oder Motoryacht oder ein Luftfahrzeug ohne Besatzung verchartert, ist eine Vermietung eines Beförderungsmittels anzunehmen. 2
Bei einer Vercharterung mit Besatzung ohne im Chartervertrag festgelegte Reiseroute ist ebenfalls eine Vermietung eines Beförderungsmittels anzunehmen. 3
Das gilt
auch, wenn die Yacht oder das Luftfahrzeug mit Besatzung an eine geschlossene Gruppe vermietet wird, die
mit dem Vercharterer vorher die Reiseroute festgelegt hat, diese Reiseroute aber im Verlauf der Reise ändern
oder in anderer Weise auf den Ablauf der Reise Einfluss nehmen kann. 4
Eine Beförderungsleistung ist dage-

gen anzunehmen, wenn nach dem Chartervertrag eine bestimmte Beförderung geschuldet wird und der Unternehmer diese unter eigener Verantwortung vornimmt, z.B. bei einer vom Vercharterer organisierten Rundreise mit Teilnehmern, die auf Ablauf und nähere Ausgestaltung der Reise keinen Einfluss haben.
(4) 1
Überlässt der Unternehmer (Arbeitgeber) seinem Personal (Arbeitnehmer) ein erworbenes
Fahrzeug auch zur privaten Nutzung (Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
sowie Familienheimfahrten aus Anlass einer doppelten Haushaltsführung) ist dies regelmäßig als entgeltliche Vermietung eines Beförderungsmittels anzusehen (vgl. Tz. 4.1 des BMF-Schreibens vom
27. 8. 2004, BStBlI S. 864). 2
Der Leistungsort dieser Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 Nr. 2
UStG. 3
Liegt dagegen eine unentgeltliche Überlassung im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vor (vgl.
Tz. 4.2.2.1 des BMF-Schreibens vom 27. 8. 2004, BStBlI S. 864), bestimmt sich deren Leistungsort
nach § 3f UStG.
Kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels
(5)
1
Die Ortsbestimmung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 und 2 UStG gilt für die kurzfristige Vermietungsleistung von Beförderungsmitteln sowohl an Nichtunternehmer (siehe Abschnitt 3a.1 Abs. 1) als auch an Unternehmer und diesen gleichgestellte juristische Personen (siehe Abschnitt 3a.2 Abs. 1). 2
Zum Ort der kurzfristigen Fahrzeugvermietung zur Nutzung im Drittlandsgebiet vgl. Abschnitt 3a.14 Abs. 4; zum Ort der
kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels durch einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer zur Nutzung im Inland vgl. Abschnitt 3a.14 Abs. 1 und 2.
(6)
1
Leistungsort bei der kurzfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels ist regelmäßig der Ort, an
dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, das ist der
Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger übergeben wird (vgl. Artikel 40 der MwStVO). 2
Eine kurzfristige Vermietung liegt vor, wenn die Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen und von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln erfolgt.
Beispiel:
1
Das Bootsvermietungsunternehmen B mit Sitz in Düsseldorf vermietet an den Unternehmer U eine
Yacht für drei Wochen. 2
Die Übergabe der Yacht erfolgt an der Betriebsstätte des B in einem italienischen Adriahafen.
3
Der Leistungsort für die Vermietungsleistung des B an U ist in Italien, dem Ort, an dem das vermietete
Boot tatsächlich von B an U übergeben wird.
Langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels
(7) Die Ortsbestimmung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG gilt nur für sonstige Leistungen an
Nichtunternehmer (siehe Abschnitt 3a.1 Abs. 1).
(8)
1
Leistungsort bei der langfristigen Vermietung eines Beförderungsmittels ist regelmäßig der Ort,
an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. 2
Zur Definition des Wohnsitzes vgl.
Abschnitt 3a.1 Abs. 1 Satz 9. 3
Eine langfristige Vermietung liegt vor, wenn die Vermietung über einen
ununterbrochenen Zeitraum von mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen und von mehr als 30 Tagen
bei anderen Beförderungsmitteln erfolgt.
Beispiel:
1
Ein österreichischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Salzburg tritt eine private Deutschlandreise in
München an und mietet ein Kraftfahrzeug bei einem Unternehmer mit Sitz in München für zwei
Monate. 2
Das Fahrzeug soll ausschließlich im Inland genutzt werden.
3
Es handelt sich um eine langfristige Vermietung. 4
Der Leistungsort ist deshalb nach § 3a Abs. 3
Nr. 2 Satz 3 UStG zu bestimmen. 5
Die Vermietung des Kraftfahrzeugs durch einen im Inland ansässigen Unternehmer ist insgesamt in Österreich am Wohnsitz des Leistungsempfängers steuerbar, auch wenn das vermietete Beförderungsmittel während der Vermietung nicht in Österreich,
sondern ausschließlich im Inland genutzt wird.
(9)
1
Werden Beförderungsmittel langfristig durch einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer
an Nichtunternehmer zur Nutzung im Inland vermietet, bestimmt sich der Leistungsort bei der Vermietung
nach § 3a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 UStG vgl. hierzu Abschnitt 3a.14 Abs. 1 und 2.
2
Der Ort der langfristigen
Vermietung von Beförderungsmitteln an Unternehmer für deren Unternehmen oder an eine einem Unternehmer gleichgestellte juristische Person (siehe Abschnitt 3a.2 Abs. 1) richtet sich nach § 3a Abs. 2 UStG.
Langfristige Vermietung eines Sportbootes
(10) Die Ortsbestimmung des § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 UStG gilt nur für sonstige Leistungen an
Nichtunternehmer (siehe Abschnitt 3a.1 Abs. 1).

(11)
1
Der Leistungsort bei der langfristigen Vermietung von Sportbooten an Nichtunternehmer
richtet sich grundsätzlich nach dem Ort, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz oder Sitz
hat; die Absätze 7 bis 9 sind anzuwenden. Abweichend hiervon richtet sich der Leistungsort aber nach
dem Ort, an dem das Sportboot dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt, d. h. es
ihm übergeben wird (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 UStG), wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des leistenden Unternehmers an diesem Ort befindet.
Beispiel:
1
Das Bootsvermietungsunternehmen B mit Sitz in Düsseldorf vermietet an den Nichtunternehmer
N mit Wohnsitz in Köln eine Yacht für vier Monate. 2
Die Übergabe der Yacht erfolgt an der Betriebsstätte des B in einem italienischen Adriahafen.
3
Der Leistungsort für die Vermietungsleistung des B an N ist in Italien, dem Ort, an dem das vermietete Boot tatsächlich von B an N übergeben wird, da sich an dem Übergabeort auch eine Betriebsstätte des B befindet.
(12) Sportboote im Sinne des § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 4 UStG sind unabhängig von der Antriebsart
sämtliche Boote mit einer Rumpflänge von 2,5 bis 24 Metern, die ihrer Bauart nach für Sport- und
Freizeitzwecke bestimmt sind, insbesondere Segelyachten, Motoryachten, Segelboote, Ruderboote,
Paddelboote oder Motorboote.“
4. Abschnitt 3a.14 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 2 werden die Sätze 1 und 2 des Beispiels wie folgt gefasst:

1
Der Privatmann P mit Wohnsitz in der Schweiz mietet bei einem in der Schweiz ansässigen Autovermieter S einen Personenkraftwagen für ein Jahr; das Fahrzeug soll ausschließlich im Inland genutzt
werden.
2
Der Ort der Leistung bei der langfristigen Vermietung des Beförderungsmittels richtet sich nach § 3a
Abs. 3 Nr. 2 Satz 3 UStG (vgl. Abschnitt 3a.5 Abs. 7 bis 9).“
b) In Absatz 4 wird Satz 4 des Beispiels wie folgt gefasst:

4
Der Ort der Leistung bei der kurzfristigen Vermietung des Beförderungsmittels richtet sich grundsätzlich nach § 3a Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 und 2 UStG (vgl. Abschnitt 3a.5 Abs. 1 bis 6).“
Diese Regelungen sind auf nach dem 29.Juni 2013 ausgeführte Umsätze anzuwenden. Ist die
Festlegung des Leistungsortes bei der langfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln an
Nichtunternehmer (§ 3a Abs. 3 Nr. 2 Sätze 3 und 4 UStG) auf Grund des Rechts eines anderen Mitgliedstaates für nach dem 31. Dezember 2012 und vor dem 30.Juni 2013 inhaltlich
entsprechend der Regelung in § 3a Abs. 3 Nr. 2 Sätze 3 und 4 UStG in der Fassung von Artikel 10 Nr. 2 Buchstabe b des AmtshilfeRLUmsG vorgenommen worden, ist es nicht zu beanstanden, wenn dieser Ortsregelung gefolgt wird.

BMF zur Nichtanwendung mehrerer BFH-Urteile – Bilanzierung

1. Anwendung des § 6 Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 EStG bei Übertragung eines einzelnen Wirtschaftsguts und Übernahme von Verbindlichkeiten innerhalb einer Mitunternehmerschaft;
2. Unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils nach § 6 Absatz 3 EStG bei gleichzeitiger Ausgliederung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens nach § 6 Absatz 5 EStG;
Anwendung der BFH-Urteile vom 21. Juni 2012 -IV R 1/08 -,
vom 19. September 2012 – IV R 11/12 – und
vom 2. August 2012 -IV R 41/11
BEZUG BMF-Schreiben vom 8. August 2013
– IV C 6 – S 2241/10/10002, DOK 2013/07487777 –
Schreiben des Staatsministeriums des Freistaates Sachsen vom 30. August 2013
– 32 – S 2241 – 103/40-33604 –
GZ IV C 6 – S 2241/10/10002
DOK 2013/0837216
(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)
I. Urteile des BFH zur Übertragung von Mitunternehmeranteilen und von
Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nach § 6 Absatz 3 und 5 EStG
1. Teilentgeltliche Übertragungen und Übernahme von Verbindlichkeiten
a) BFH-Urteil vom 19. September 2012 – IV R 11/12 –
Der IV. Senat des BFH hat mit Urteil vom 19. September 2012 – IV R 11/12 – entschieden,
dass die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen
in das Gesamthandsvermögen derselben Personengesellschaft nicht zur Realisierung eines
Gewinns führe, wenn das Entgelt den Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts nicht übersteige. Er ist der Auffassung, dass bei Annahme einer teilentgeltlichen Übertragung eines

Wirtschaftsguts der entstandene Veräußerungsgewinn in der Weise zu ermitteln sei, dass dem
erbrachten Teilentgelt der gesamte Buchwert des Wirtschaftsguts gegenübergestellt werden
müsse. Erreiche das Teilentgelt den Buchwert des Wirtschaftsguts nicht, so sei von einem
insgesamt unentgeltlichen Vorgang auszugehen.
b) BFH-Urteil vom 21. Juni 2012 -IV R 1/08 –
In dem zu § 6 Absatz 5 EStG i. d. F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 ergangenen Urteil vom 21. Juni 2012 – IV R 1/08 – hat der IV. Senat des BFH zur teilentgeltlichen
Übertragung eines Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft im Streitjahr 1999 Stellung genommen. Er ist
dabei der Auffassung des Finanzamts gefolgt, dass diese Übertragung nach der damaligen
Gesetzeslage gemäß dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 zur Aufdeckung der
gesamten stillen Reserven des Grundstücks geführt habe. In der Urteilsbegründung führt der
IV. Senat des BFH aus, dass es hinsichtlich des entgeltlich übertragenen Teils zu keinem
Gewinn komme, weil ein Entgelt (eine Forderung) genau in Höhe des Buchwerts des Grundstücks eingeräumt worden sei (Rdnr. 22). Soweit die Übertragung unentgeltlich durchgeführt
worden sei, habe sie zu einem Entnahmegewinn geführt (Rdnr. 23).
2. Übertragungen auf Grund eines „Gesamtplans“ -BFH-Urteil vom 2. August 2012
-IV R 41/11 –
Ferner hat der BFH mit Urteil vom 2. August 2012 – IV R 41/11 – entschieden, dass der
Gesellschafter einer Personengesellschaft seinen Gesellschaftsanteil steuerneutral übertragen
könne, auch wenn er ein in seinem Sonderbetriebsvermögen befindliches Grundstück zeitgleich und ebenfalls steuerneutral auf eine zweite (neugegründete) Personengesellschaft
übertrage. Im entschiedenen Fall war der Steuerpflichtige alleiniger Kommanditist einer
GmbH & Co.KG sowie alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Der Steuerpflichtige vermietete der KG das in seinem Eigentum stehende Betriebsgrundstück. Am
1. Oktober 2002 schenkte er seiner Tochter zunächst 80 % seines Anteils an der KG sowie die
gesamten Anteile an der GmbH. Anschließend gründete er eine zweite GmbH & Co. KG, auf
die er dann am 19. Dezember 2002 das Betriebsgrundstück übertrug. Am selben Tag wurde
auch der restliche KG-Anteil auf die Tochter übertragen. Der Stpfl. ging davon aus, dass alle
Übertragungen zum Buchwert und damit steuerneutral erfolgen könnten. Das Finanzamt
stimmte dem nur in Bezug auf die Übertragung des Grundstücks zu. Wegen dessen steuerneutraler Ausgliederung nach § 6 Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 EStG sei nicht der gesamte
Mitunternehmeranteil übertragen worden mit der Folge, dass die stillen Reserven im Mitunternehmeranteil aufzudecken seien. Nach Tz. 7 des BMF-Schreibens zu § 6 Absatz 3 EStG
vom 3. März 2005 (BStBl I Seite 458) bewirke die steuerneutrale Ausgliederung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens (hier das Grundstück) in ein anderes Betriebs-

vermögen, dass der Anteil am Gesamthandsvermögen nicht nach § 6 Absatz 3 EStG zum
Buchwert übertragen werden könne. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme („Kumulation“) von
Steuervergünstigungen nach § 6 Absatz 3 EStG einerseits und nach § 6 Absatz 5 EStG andererseits sei nicht möglich.
Von dieser Ansicht der Finanzverwaltung ist der IV. Senat des BFH mit Urteil vom 2. August
2012 – IV R 41/11 – abgewichen. In der Urteilsbegründung führt er aus, dass der gleichzeitige
Eintritt der Rechtsfolgen beider Normen (Buchwerttransfer) dem Sinn und Zweck des Gesetzes regelmäßig nicht zuwiderlaufe. Der Zweck der Regelungen des § 6 Absatz 3 EStG und
des § 6 Absatz 5 EStG gebiete keine Auslegung beider Vorschriften dahingehend, dass bei
gleichzeitigem Vorliegen ihrer Tatbestandsvoraussetzungen § 6 Absatz 3 Satz 1 EStG stets
nur eingeschränkt nach Maßgabe einer anders lautenden Zweckbestimmung des -im Streitfall
einschlägigen – § 6 Absatz 5 Satz 3 EStG verstanden werden und zur Anwendung gelangen
dürfe. Bei der gleichzeitigen (auch taggleichen) Anwendung beider Normen komme es auch
nicht zu einer Kumulation von Steuervergünstigungen. Denn die durch ein nach § 6 Absatz 5
EStG begünstigtes Einzelwirtschaftsgut verkörperten stillen Reserven wären anlässlich der
Übertragung einer nach § 6 Absatz 3 EStG begünstigten Sachgesamtheit gleichfalls nicht
aufzudecken gewesen, wenn das betreffende Wirtschaftsgut weiterhin dieser Sachgesamtheit
zugehörig gewesen wäre. Zugleich blieben die stillen Reserven dieses Wirtschaftsguts in
beiden Fällen gleichermaßen steuerverhaftet. Soweit durch die parallele Anwendung beider
Vorschriften missbräuchliche Gestaltungen zu befürchten seien, werde dem durch die Regelung von Sperrfristen in beiden Vorschriften vorgebeugt. Das Gesetz gestatte somit beide
Buchwertübertragungen nebeneinander und räume keiner der beiden Regelungen einen
Vorrang ein.
II. Auffassung der Finanzverwaltung
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der
Länder in der Sitzung ESt II/2013 zu TOP 15 wird zur Anwendung der o. g. BFH-Urteile
durch die Finanzverwaltung wie folgt Stellung genommen:
1. Teilentgeltliche Übertragungen und Übernahme von Verbindlichkeiten
a) BFH-Urteil vom 19. September 2012 -IV R 11/12 –
Der IV. Senat des BFH lehnt in dieser Entscheidung die von der Finanzverwaltung in Tz. 15
des BMF-Schreibens vom 8. Dezember 2011 (BStBl I Seite 1279) vertretene Rechtsauffassung ab. Danach ist die Frage, ob eine teilentgeltliche Übertragung vorliegt, nach den
Grundsätzen der „Trennungstheorie“ anhand der erbrachten Gegenleistung im Verhältnis zum
Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts zu prüfen. Liegt die Gegenleistung unter dem

Verkehrswert, handelt es sich um eine teilentgeltliche Übertragung, bei der der unentgeltliche
Teil nach § 6 Absatz 5 Satz 3 EStG zum Buchwert zu übertragen ist. Hinsichtlich des entgeltlichen Teils der Übertragung liegt eine Veräußerung des Wirtschaftsguts vor und es kommt
insoweit zur Aufdeckung der stillen Reserven des Wirtschaftsguts. Nach Auffassung des
IV. Senats des BFH ist bei einer teilentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsguts zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns dem erbrachten Teilentgelt der gesamte Buchwert des
Wirtschaftsguts gegenüber zu stellen. Eine Gewinnrealisierung ist nicht gegeben, soweit das
Entgelt den Buchwert nicht übersteigt.
Zur Frage der Gewinnrealisation bei teilentgeltlichen und mischentgeltlichen (d. h. gegen
Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstiges Entgelt) Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern ist ein Revisionsverfahren beim X. Senat des BFH anhängig – X R 28/12 -. Die
noch ausstehende Entscheidung des X. Senats des BFH bleibt abzuwarten. Daher wird die
Entscheidung über die Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 19. September 2012 – IV R
11/12 -im Bundessteuerblatt Teil II zunächst zurückgestellt. In einschlägigen Fällen ist vorerst weiterhin uneingeschränkt die in Tz. 15 des BMF-Schreibens zu § 6 Absatz 5 EStG vom
8. Dezember 2011 (BStBl I Seite 1279) vertretene Rechtsauffassung anzuwenden. Einsprüche
von Steuerpflichtigen, die gegen entsprechende Steuerbescheide unter Berufung auf das BFHUrteil vom 19. September 2012 – IV R 11/12 – eingelegt werden, ruhen gemäß § 363 Absatz 2
Satz 2 AO kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung der Problematik.
b) BFH-Urteil vom 21. Juni 2012 -IV R 1/08 –
Mit den Aussagen des IV. Senats des BFH in seinen Entscheidungsgründen zeichnete sich
bereits in diesem Urteil ab, dass er bei einer teilentgeltlichen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern nicht dem Verständnis der Finanzverwaltung zur Behandlung von teilentgeltlichen Übertragungsvorgängen gemäß Tz. 15 des BMF-Schreibens zu § 6 Absatz 5 EStG vom
8. Dezember 2011 (BStBl I Seite 1279) folgen will. Deshalb wird die Entscheidung über die
Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 21. Juni 2012 – IV R 1/08 -im Bundessteuerblatt
Teil II gleichfalls vorerst zurückgestellt.
2. Übertragungen auf Grund eines „Gesamtplans“ -BFH-Urteil
vom 2. August 2012 -IV R 41/11 –
Das BFH-Urteil vom 2. August 2012 – IV R 41/11 – weicht nicht nur von Tz. 7 des BMFSchreibens zu § 6 Absatz 3 EStG vom 3. März 2005 (BStBl I Seite 458) ab, sondern berücksichtigt auch nicht in ausreichendem Maß den historischen Willen des Gesetzgebers. Bis
einschließlich VZ 1998 regelte § 7 Absatz 1 EStDV in den Fällen der unentgeltlichen Übertragung von betrieblichen Sachgesamtheiten, wie Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, die Buchwertfortführung durch den Rechtsnachfolger. Nach der Gesetzesbe-

gründung zu § 6 Absatz 3 EStG im Rahmen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002
sollen mit dem neu eingefügten Absatz 3 in den Fällen der unentgeltlichen Übertragung von
Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen die bisherigen Regelungen des § 7
Absatz 1 EStDV übernommen werden. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass die bisherige Regelung des § 7 Absatz 1 EStDV beizubehalten und insbesondere eine Einschränkung des bisherigen Anwendungsbereichs der Vorschrift nicht beabsichtigt ist (BT-Drucks. 14/6882, Seite 32; BT-Drucks. 14/7344, Seite 7). Der im Rahmen des
Vermittlungsverfahrens zum Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz 2001 neu eingefügte
§ 6 Absatz 3 Satz 2 EStG geht auf eine Prüfbitte des Bundesrates zurück. Der Bundesrat hatte
um eine gesetzliche Klarstellung gebeten, dass die Zurückbehaltung von Sonderbetriebsvermögen für die Anwendung des § 6 Absatz 3 EStG unschädlich sein soll. Dabei ging es
dem Bundesrat aber nur um eine Öffnung des gleitenden Generationenübergangs, wobei er
davon ausging, dass der Übernehmer letztlich ebenfalls das im Sonderbetriebsvermögen zurückbehaltene funktional wesentliche Wirtschaftsgut erhält. Das BFH-Urteil vom 2. August
2012 – IV R 41/11 – widerspricht dieser Zielsetzung des Gesetzgebers und eröffnet unter
Außerachtlassung der „Gesamtplanrechtsprechung“ in bestimmten Fallkonstellationen die
Möglichkeit einer schrittweisen steuerneutralen Übertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen
auf mehrere verschiedene Rechtsträger.
Zur Frage der Anwendung der „Gesamtplanrechtsprechung“ ist ein Revisionsverfahren beim
BFH anhängig – I R 80/12 -. Im Verfahren I R 80/12 geht es zwar im Schwerpunkt um eine
Einbringung zum Buchwert nach § 20 UmwStG. Allerdings besteht im Verfahren I R 80/12
insofern eine gewisse Ähnlichkeit mit dem vom IV. Senat des BFH in seinem Urteil vom
2. August 2012 – IV R 41/11 – entschiedenen Fall, als hier kurz vor der Einbringung die
beiden Grundstücke als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen in ein anderes Betriebsvermögen ausgegliedert wurden. Es stellt sich demzufolge auch im Verfahren I R 80/12 die
Frage, ob unter Berücksichtigung der „Gesamtplanrechtsprechung“ ein vollständiger, nach
§ 20 Absatz 1 UmwStG begünstigter Betrieb eingebracht worden ist. Das Vorliegen eines
Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils als Buchwertfortführungsgegenstand ist
nämlich sowohl bei § 6 Absatz 3 EStG als auch bei den §§ 20 und 24 UmwStG erforderlich
und grundsätzlich nach denselben Kriterien zu beurteilen. Die noch ausstehende Entscheidung
des I. Senats des BFH ist deshalb abzuwarten. Daher wird die Entscheidung über die Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 2. August 2012 – IV R 41/11 -im Bundessteuerblatt Teil II
gleichfalls vorerst zurückgestellt. In einschlägigen Fällen ist weiterhin uneingeschränkt die
Tz. 7 des BMF-Schreibens zu § 6 Absatz 3 EStG vom 3. März 2005 (BStBl I Seite 458) anzuwenden. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen nach § 6 Absatz 3
EStG einerseits und nach § 6 Absatz 5 EStG andererseits ist danach nicht möglich. Einsprüche von Steuerpflichtigen, die gegen entsprechende Steuerbescheide unter Berufung auf
das BFH-Urteil vom 2. August 2012 – IV R 41/11 – eingelegt werden, ruhen gemäß § 363
Absatz 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes bis zur endgültigen Klärung der Problematik.

Die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie sieht die Anwendung eines „globalen Pro-rata-Satzes“ nicht vor

Eine Gesellschaft, deren Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat ansässig ist, kann in die Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug nicht die Umsätze ihrer ausländischen Zweigniederlassungen einbeziehen.

Nach einer Steuerprüfung erhielt Le Crédit Lyonnais (LCL), ein Kreditinstitut mit Hauptniederlassung in Frankreich und Zweigniederlassungen im Ausland, zwei Nachforderungsbescheide. Die französische Steuerverwaltung verlangte von ihr nämlich Nachzahlungen insbesondere der Mehrwertsteuer für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989, denn sie beanstandete, dass LCL bei der Berechnung des für die Bank anzuwendenden Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug Zinsbeträge von Darlehen berücksichtigt habe, die sie ihren außerhalb Frankreichs ansässigen Zweigniederlassungen gewährt habe.

LCL legte wegen der Mehrwertsteuer, die sie ihrer Meinung nach in den Jahren 1988 bis 1990 zu viel gezahlt hatte (etwa 31,7 Mio. Euro), drei Einsprüche ein und verlangte die Erstattung dieser Steuer. Nachdem die Steuerverwaltung diese Einsprüche zurückgewiesen hatte, erhob LCL Klage vor dem zuständigen französischen Verwaltungsgericht mit der Begründung, dass, wenn die von der Hauptniederlassung den Zweigniederlassungen in Rechnung gestellten Zinsen nicht berücksichtigt werden könnten, weil die Hauptniederlassung und ihre ausländischen Zweigniederlassungen eine Einheit bildeten, die Einnahmen aus den Umsätzen, die Letztere mit Dritten erzielten, als ihre Einnahmen anzusehen und bei der Berechnung des auf sie angewandten Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs zu berücksichtigen seien („globaler Pro-rata-Satz“).

Nachdem sie mit ihrer Klage und auch mit ihrer Berufung gescheitert war, wandte sich LCL an den Conseil d’État (Frankreich), der beschlossen hat, den Gerichtshof um die Auslegung der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie zu ersuchen. Es geht um die Frage, ob eine Gesellschaft, die in einem Mitgliedstaat ihre Hauptniederlassung und im Ausland Zweigniederlassungen hat, bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten gegenüber dem Staat ihrer Hauptniederlassung – soweit sie sowohl Umsätze, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, tätigt -, ihren Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs unter Berücksichtigung ihres Gesamtumsatzes berechnen muss, d. h. unter Einbeziehung sowohl des Umsatzes der Hauptniederlassung als auch des Umsatzes ihrer einzelnen Zweigniederlassungen.

Der Gerichtshof weist in seinem Urteil vom 12.09.2013 erstens darauf hin, dass der in der Richtlinie vorgesehene Vorsteuerabzug den Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlasten soll. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten der Mehrwertsteuer unterliegen. Insbesondere ist, wenn sich die Mehrwertsteuer auf Gegenstände oder Dienstleistungen bezieht, die vom Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten besteuerten Umsätze entfällt. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug ist auf der Grundlage eines Pro-rata-Satzes zu berechnen, der anhand der Sechsten Richtlinie ermittelt wird. Da die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs Teil der Regelung über den Vorsteuerabzug ist, fallen die Modalitäten dieser Berechnung in den Geltungsbereich des nationalen Mehrwertsteuerrechts, dem eine Tätigkeit oder ein Umsatz steuerlich zuzuordnen ist (Territorialitätsprinzip). Es ist daher Sache der nationalen Steuerbehörden, die Methode für die Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug festzulegen, da sie durch die Sechste Richtlinie ermächtigt sind, für jeden Tätigkeitsbereich einen besonderen Pro-rata-Satz, einen Vorsteuerabzug nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände und Dienstleistungen zu einer bestimmten Tätigkeit oder unter bestimmten Voraussetzungen sogar den Ausschluss des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen.

Im Übrigen hebt der Gerichtshof hervor, dass sich die Art der Rückzahlung der Mehrwertsteuer (durch Abzug oder durch Erstattung) ausschließlich danach richtet, wo der Steuerpflichtige ansässig ist (Hauptniederlassung, aber auch feste Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat). So ist eine Gesellschaft, die ihre Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat und eine feste Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat hat, aufgrund dieser Tatsache im Hinblick auf die im letztgenannten Staat durchgeführten Tätigkeiten als dort niedergelassen anzusehen und hat keinen Anspruch mehr auf eine Erstattung der dort entrichteten Mehrwertsteuer. Es ist Sache der festen Niederlassung, bei den Steuerbehörden dieses Staates für dort getätigte Anschaffungen den Vorsteuerabzug geltend zu machen.

Da der Gerichtshof entschieden hat, dass eine in einem Mitgliedstaat ansässige feste Niederlassung und die in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Hauptniederlassung im Hinblick auf die Mehrwertsteuer als ein einziger Steuerpflichtiger anzusehen sind, folgt daraus, dass ein einziger Steuerpflichtiger außer der in seinem Sitzstaat geltenden Regelung so vielen nationalen Regelungen über den Vorsteuerabzug unterliegt, wie es Mitgliedstaaten gibt, in denen er feste Niederlassungen hat.

Da die Modalitäten der Berechnung des Pro-rata-Satzes ein wesentlicher Bestandteil der Vorsteuerabzugsregelung sind, kann bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes, der für die in einem Mitgliedstaat ansässige Hauptniederlassung eines Steuerpflichtigen gilt, der Umsatz, der von allen festen Niederlassungen des genannten Steuerpflichtigen in anderen Mitgliedstaaten erzielt wurde, nicht berücksichtigt werden.

Zweitens stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Gesellschaft, deren Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat ansässig ist, für die Bestimmung des für sie geltenden Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs nicht den Umsatz berücksichtigen kann, den ihre in Drittstaaten ansässigen Zweigniederlassungen erzielt haben.

Die Richtlinie enthält nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass es Auswirkungen auf die Vorsteuerabzugsregelung, der ein Steuerpflichtiger in dem Mitgliedstaat seiner Hauptniederlassung unterliegt, haben könnte, wenn er außerhalb der Europäischen Union eine feste Niederlassung hat. Der Gerichtshof weist somit das Vorbringen von LCL zurück, dass eine Gesellschaft, die eine Zweigniederlassung in einem Drittstaat habe, im Hinblick auf die Mehrwertsteuer dieselbe steuerliche Behandlung erfahren müsse wie eine Gesellschaft, die in dem Drittstaat eine Tochtergesellschaft habe. Diese unterschiedlichen Möglichkeiten spiegeln nämlich klar unterschiedliche Sachverhalte wider und können deshalb nicht dieselbe steuerliche Behandlung erfahren.

Drittens stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie es einem Mitgliedstaat nicht erlaubt, für die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs für jeden Tätigkeitsbereich einer steuerpflichtigen Gesellschaft eine Regelung vorzusehen, nach der die Gesellschaft den Umsatz berücksichtigen darf, den eine in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat ansässige Zweigniederlassung erzielt hat.

Der Begriff „Tätigkeitsbereiche“ bezieht sich nämlich nicht auf geografische Gebiete, sondern auf verschiedene Arten wirtschaftlicher Tätigkeiten, wie Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 12.09.2013 zum Urteil C-388/11 vom 12.09.2013

Steuer zur Wahl – immer noch unentschlossen?

Hier ein paar Gedanken zur Steuerpolitik der Parteien:

Ganz ehrlich, bis vor kurzem war ich noch unentschlossen. Was soll ich wählen: „Stinkefinger“ oder „Raute“?

Oder besser nicht wählen gehen, weil man Politik verdrossen ist? Keine Partei und erst recht nicht irgendein Politiker ist perfekt! Kann man nur zwischen „Pest“ und „Cholera“ wählen? Die Parteien unterscheiden sich kaum, oder? So dachte ich lange Zeit und so denken sicherlich viele andere auch! Aber mitnichten. Je länger der Wahlkampf dauert umso klarer wird das Bild:

Was will die Opposition?

Ja, das was die Opposition verspricht hört sich gut an. Soziale Gerechtigkeit, Investition in Bildung usw. Das verspricht aber auch die Regierungspartei. Mit einem wichtigen Unterschied: Die einen mussten nicht nur durch eine schwere, sondern gleich durch mehrere schwere Wirtschafts- und Finanzkrisen und dafür stehen wir (DE) verdammt gut da! Die Opposition hat es immer leichter: Sie kann mehr versprechen, weil sie keinen Sachzwängen unterliegt. Sobald es etwas besser geht, erscheint das auch im Bereich des Möglichen. Aber hier wird das aufs Spiel gesetzt, was eine Regierungspartei in Zeiten der Krise gut gemeistert und aufgebaut hat. Leider verkauft sich so etwas aber nicht so gut.

Und wie will das die Opposition finanzieren?

Nicht besonders kreativ: durch Steuererhöhungen! Obwohl wir die höchsten Steuereinnahmen des Staates verzeichnen, die es je gegeben hat!!!! Die Opposition kommt selbst in Zeiten der höchsten Einnahmen nicht mit den Steuern zurecht und will diese noch erhöhen!  Die Wahlversprechen von heute, sind die Steuern von Morgen. Und eins muss man der Opposition lassen, sie ist ehrlich. Sie verspricht Steuererhöhungen und macht keinen Hehl daraus. Wer uns in besten Zeiten schon mit Steuererhöhungen beschert, was können wir von dem noch erwarten? Was will die Opposition aber machen, wenn wir tatsächlich eine Krise bekommen? Klar: Konjunkturprogramme (wie für Griechenland gefordert, obwohl dort die Steuern nicht eingefordert werden, wie von unseren Finanzämtern. Wer Steuern zahlt, weiß wovon ich rede.). Woher wird das Geld für die Konjunkturprogramme kommen? Klar, von Steuererhöhungen! Aber gut schauen wir uns doch mal an, wer soll es bezahlen? Vielleicht trifft es ja die „Richtigen“?

Wer soll überhaupt mehr besteuert werden?

Das kann man bei den Grünen gleich online berechnen: http://www.gruene.de/themen/wirtschaft-arbeit/das-steuerkonzept-der-gruenen-mit-rechenbeispielen.html

Beispiel: Ein Ehepaar mit einem Kind und einem Einkommen 10.000 Euro pro Monat

Ergebnis: „Du gehörst zu den obersten 10% der SteuerzahlerInnen und musst durch die grüne Steuerreform etwas mehr bezahlen. Im Jahr 2010 haben 99% aller ArbeitnehmerInnen weniger verdient als Du. Wir verlangen von Menschen mit hohen Einkommen deswegen einen höheren Beitrag zum Gemeinwesen, weil sie es sich am ehesten leisten können und weil auch sie auf eine gute öffentliche Infrastruktur angewiesen sind. Unseren finanziellen Spielraum werden wir hauptsächlich dort investieren.  Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 104.296 Euro musst du insgesamt 5.342,12 Euro mehr Steuern im Jahr zahlen. Dein Steuersatz steigt von 24,1% auf 28,6%.“

Noch ein Wort zum Ehegattensplitting: Rot-Rot-Grün will das Ehegattensplitting abschaffen. Damit ist die Linke ist die einzige Partei, die Geringverdiener steuerlich mehr belasten möchte! Und tatsächlich sind vor allem Arbeitnehmer betroffen. Denn Unternehmer können durch steuerliche Gestaltungsmaßnahmen das Einkommen und die Steuerlast auf den Ehepartner umverteilen.

 

Mein Fazit

Der Oppositionsführer ist der Meinung, dass Politiker zu wenig verdienen und wir mehr Steuern zahlen sollen. Mal ganz ehrlich, wofür rackern wir uns eigentlich ab. Wir zahlen nicht nur mehr Steuern, sondern überall zahlen wir mehr , bei der Krankenversicherung, beim Kindergarten usw. Durch die sog. Bürgerversicherung soll die Abgabenlast auch noch erhöht werden.  Auch bei niedrigeren Einkommen lohnt sich die Arbeit oft nicht (Familie mit 2 Kindern und 3.000 Euro Einkommen hat gerade mal 200 Euro als bei Hartz 4). Wer soll denn da überhaupt noch einen Anreiz haben, um arbeiten zu gehen? Wenn sich Leistung nicht mehr lohnt, dann funktioniert die Leistungsgesellschaft nicht mehr. Wenn wir über Steuern für „Super-Reiche“ sprechen würden, denen sollte es nicht wirklich weh tun, wenn Sie etwas mehr Steuern zahlen müssten. Ab ca. 70.000 Euro Jahreseinkommen (pro Person) soll der Nutzen des Geldes bekanntlich abnehmen. Aber die Opposition will eine Schicht zu Kasse bitten, die der Leistungsträger der Gesellschaft ist. Mit ist jedenfalls jetzt wirklich klar geworden, dass ich wählen gehe und wen ich wähle. Nicht weil ich alles gut finde, was die Regierung gemacht hat, aber das ist das kleinere Übel!

Rot-Rot-Grün verhindern und wählen gehen!

PS: Mir ist aber auch klar geworden, was ich mache, wenn die Opposition mich noch höher besteuern will: Dann mache ich mehr Urlaub!

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin