Vergünstigung für Arbeitnehmer-Erfindungen ist kein begünstigter Arbeitslohn

Vergünstigung für Arbeitnehmer-Erfindungen ist kein begünstigter Arbeitslohn

Kernproblem
Für außerordentliche Einkünfte sind Steuervergünstigungen zur Einkommensteuer möglich. Bei Arbeitnehmern findet man u. a. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten (z. B. Jubiläumszuwendungen) oder Entschädigungen (leider häufig verbunden mit dem Verlust des Arbeitsplatzes) vor. Die durch den zusammengeballten Zufluss entstehenden Progressionsnachteile sollen durch die so genannte Fünftelregelung abgemildert werden. Vereinfacht ausgedrückt wird hierbei die fiktive Einkommensteuerbelastung von 1/5 der Vergütung oder Entschädigung ermittelt, um diese dann anschließend mit 5 zu multiplizieren. Dadurch kommt es zu Progressionsvorteilen, wenn man sich nicht ohnehin im Spitzensteuersatz befindet. Ob eine Vergütung für eine Arbeitnehmererfindung hierunter fallen kann, war Gegenstand einer Klage beim Finanzgericht Münster.

Sachverhalt
Der angestellte Ingenieur eines Herstellers von Sicherheitsgläsern für gepanzerte Militärfahrzeuge hatte ein „Aluminium Silicon Tape“ zur Verbesserung der Produktion entwickelt. Nach der Eintragung eines Patents zugunsten des Arbeitgebers erhielt er nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz zur Abgeltung aller Ansprüche eine einmalige Zahlung von 268.000 EUR. Hierfür begehrte er in seiner Steuererklärung die Fünftelregelung, weil ihm die Vergütung für eine mehrjährige Erfindungstätigkeit zusammengeballt zugeflossen sei. Das Finanzamt lehnte den Progressionsvorteil ab.

Entscheidung
Das Finanzgericht folgte der Ansicht des Finanzamts. Der Vergütungsanspruch des Ingenieurs habe sich nicht an der Dauer der Erfindungstätigkeit orientiert, sondern am Wert der Nutzungs- und Verwertungsrechte. Damit sei das Entgelt als Ausgleich für den Rechtsübergang und nicht für eine mehrjährige Tätigkeit gezahlt worden. Eine Entschädigung könne nicht vorliegen, weil ein erstmaliger Vergütungsanspruch festgestellt und abgegolten wurde, und nicht bereits vorher feststehende Ansprüche.

Konsequenz
Das Finanzgericht steht mit seiner Meinung nicht alleine da, denn auch der Bundesfinanzhof (BFH) hat vor einigen Jahren einem Erfinder keine Tarifvergünstigung gewährt. Auf der anderen Seite würde aber unter dem Aspekt der „Zusammenballung“ einiges dafür sprechen. Zumindest ist der aktuelle Fall nochmal beim BFH anhängig geworden.

Kirchlicher Kindergarten kann Betrieb gewerblicher Art sein

Kirchlicher Kindergarten kann Betrieb gewerblicher Art sein

Kernproblem
Kindertagesstätten (Kitas) werden vielfach von Kirchen als Ausfluss ihrer hoheitlichen Tätigkeit betrieben. Aufgrund des Wettbewerbs mit privat betriebenen Kitas ist fraglich, ob kirchliche – wie auch kommunale – Kitas weiterhin dem hoheitlichen Bereich der Kommunen zuzuordnen sind.

Sachverhalt
Ein evangelisch-lutherischer Kirchenkreis unterhält als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe eine eigene Kita, die sie als steuerlich nicht relevanten Hoheitsbetrieb behandelte. Sie erwarb ein Grundstück; Grunderwerbsteuer sollte aufgrund der hoheitlichen Tätigkeit nicht anfallen. Das Finanzamt sah in der Tätigkeit einen Betrieb gewerblicher Art und setzte insoweit Grunderwerbsteuer fest. Hiergegen klagte der Kirchenkreis und verlor.

Entscheidung
Nach Ansicht des Finanzgerichts Hamburg unterhält der Kirchenkreis mit der Kita einen Betrieb gewerblicher Art. Unabhängig vom sozialpolitischen und –rechtlichen Förderungsauftrag ist maßgeblich darauf abzustellen, dass die kirchlichen Kitas in einem Anbieter- und Nachfragewettbewerb zu anderen Kitas stehen. Die notwendige Einnahmeerzielungsabsicht ist durch die eingeforderten Elternbeiträge gegeben; der kirchliche Verkündigungsauftrag trete gegenüber der Tagesbetreuung zurück.

Konsequenzen
Aufgrund des zentralen Wettbewerbsgedankens im Steuerrecht ist die Behandlung als Betrieb gewerblicher Art sachgerecht. Umfassende Steuerzahlungen sind für diese Betriebe aber nicht zu befürchten. Regelmäßig ist der Kita-Betrieb gewerblicher Art von der Umsatzsteuer befreit; ertragsteuerlich liegt ein Zweckbetrieb vor, sofern der Kita-Betrieb gewerblicher Art eine gemeinnützige Satzung erhält. Kirchliche Träger werden auf das Urteil reagieren müssen, auch wenn die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen worden ist. Diese hatte bei kommunalen Kitas ebenfalls bereits Betriebe gewerblicher Art angenommen. Zielführend kann eine gemeinnützige Satzung für die Kita-Betriebe sein.

Steuerpflichtige Mitgliedsbeiträge bei Sportvereinen: Vorsteueraufteilung

Steuerpflichtige Mitgliedsbeiträge bei Sportvereinen: Vorsteueraufteilung

Kernproblem
Werden Mitgliedsbeiträge entrichtet, um den Verein allgemein in die Lage zu versetzen, seine satzungsmäßigen Zwecke zu verfolgen, handelt es sich um nicht steuerbare Entgelte. Insbesondere bei Sportvereinen stellt sich die Frage, ob sie nicht ein umsatzsteuerbares Entgelt darstellen, soweit das Mitglied dadurch die Berechtigung erhält, die Sportanlagen zu nutzen.

Sachverhalt
Ein gemeinnütziger Sportverein hat die Umsatzsteuerbarkeit seiner Mitgliedsbeiträge begehrt. Diese seien Entgelt für umsatzsteuerbare Leistungen des Vereins, denn es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Bereitstellung der Sportanlagen und dem Mitgliedsbeitrag.

Entscheidung
Das Finanzgericht Brandenburg hat die Klage als begründet angesehen. Es beruft sich auf das so genannte „Kenmener Golf & Country Club-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2002. Danach ist ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben; nicht entscheidungserheblich ist, dass die Mitglieder die Vorteile tatsächlich in Anspruch nehmen.

Konsequenz
Die obige Thematik resultiert aus einer unzureichenden Umsetzung der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Danach sind derartige Mitgliedsbeiträge umsatzsteuerbar, aber nach Art. 132 Abs. 1 m) MwStSysRL von der Umsatzsteuer befreit. Die Umsatzsteuerbarkeit ist nunmehr vom Finanzgericht Brandenburg festgestellt worden. Die entsprechende europäische Umsatzsteuerbefreiung wurde aber nicht in das deutsche Recht umgesetzt. Damit haben Sportvereine bei größeren Investitionen z. B. in Sportanlagen die Möglichkeit, aufgrund der Umsatzsteuerpflicht ihrer Mitgliedsbeiträge den ihnen dann zustehenden Vorsteuerabzug als Finanzierungshilfe einzusetzen.

Rückstellungsbildung für Mehrsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung

Rückstellungsbildung für Mehrsteuern aufgrund einer Betriebsprüfung

Kernaussage
Eine Rückstellung kann den Grundsätzen ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zufolge steuerlich nur anerkannt werden, wenn am Bilanzstichtag oder am Tag der Bilanzaufstellung erkennbar ist, dass Ereignisse eingetreten sind, aufgrund derer der Steuerpflichtige ernsthaft mit einer Inanspruchnahme rechnen muss. Rückstellungen für Steuernachforderungen nach Betriebsprüfungen sind grundsätzlich dem Jahr zu belasten, in dem sie wirtschaftlich verursacht wurden. Dagegen sind Rückstellungen für Mehrsteuern in Folge einer Steuerfahndungsprüfung erst im Jahr der Beanstandung einer bestimmten Sachbehandlung durch den Betriebsprüfer als Rückstellungen in der Bilanz auszuweisen.

Sachverhalt
Abweichend von dieser Verwaltungsmeinung hatte der BFH in der Begründung einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 angeführt, dass Rückstellungen für Mehrsteuern erst in dem Jahr zu berücksichtigen sind, in dem der Steuerpflichtige erstmals von der Beurteilung der Finanzverwaltung Kenntnis erlangt. Aufgrund dieses Urteils war fraglich, zu welchem Zeitpunkt die Bildung von Rückstellungen für Mehrsteuern nach Betriebsprüfungen zulässig ist.

Entscheidung
Sowohl das Finanzministerium Schleswig-Holstein mit Erlass vom 6.3.2013 als auch der BHF mit seinem Urteil aus dem Jahr 2012 bestätigen die Verwaltungsmeinung über den Zeitpunkt der Bildung von Rückstellungen für Mehrsteuern. Rückstellungen für Mehrsteuern aufgrund Betriebsprüfung sind grundsätzlich dem Jahr zu belasten, in dem sie wirtschaftlich verursacht wurden. Dagegen sind Rückstellungen für hinterzogene Mehrsteuern erst in dem Jahr zu bilden, in dem mit der Aufdeckung der Hinterziehung durch den Prüfer zu rechnen ist.

Konsequenz
Es besteht kein Widerspruch zwischen Verwaltungsmeinung und BFH-Rechtsprechung; somit profitiert der Steuerpflichtige von einer einheitlichen Regelung.

Steuerminderung in BRD durch endgültige Verluste im EU-Ausland

Steuerminderung in BRD durch endgültige Verluste im EU-Ausland

Kernaussage
Finale Betriebsstättenverluste sind im Staat des Stammhauses zu berücksichtigen.

Sachverhalt
Klägerin war eine im Inland ansässige GmbH, die eine Anzahlung für ein beabsichtigtes Ferienhausprojekt in Belgien geleistet hatte. Da das Projekt später nicht umgesetzt wurde und die Anzahlung in Höhe von 300.000 EUR nicht zurückgefordert werden konnte, entstand bei der Klägerin ein Verlust in Höhe dieses Betrags. Das Finanzamt erkannte den sich hieraus ergebenden Abzug nicht an, weil es die Auffassung vertrat, es handele sich um einen ausländischen Betriebsstättenverlust, der gemäß der so genannten Symmetriethese bei der Besteuerung in Deutschland nicht berücksichtigt werden könne.

Entscheidung
Das Finanzgericht Köln vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Auffassung, dass es sich bei den in Rede stehenden Verlusten um finale Verluste aus einer Betriebsstätte handelt. Finalitätsjahr soll das Jahr sein, in dem die geleistete Anzahlung „verfallen“ ist und der Steuerpflichtige einen Verlust hinnehmen musste. Nach Auffassung des Gerichts dürfen an die Frage, wann ein finaler Verlust vorliegt, keine nicht erfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Allein die theoretische Möglichkeit, dass später erneut eine Betriebsstätte in dem ausländischen Staat gegründet wird und in dieser die früheren Verluste berücksichtigt werden könnten, kann nicht dazu führen, die Verluste nicht zu berücksichtigen. Nicht explizit erläutert werden die Ausführungen des Gerichts zum Vorliegen einer Betriebsstätte und damit zur Abgrenzung gegenüber Einkünften aus einer unternehmerischen Tätigkeit (Art. 7 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit dem Staat Belgien). Nach Auffassung des Gerichts liegt eine Betriebsstätte vor, die zu Einkünften nach aus unbeweglichem Vermögen (Art. 6 Abs. 1 DBA Belgien) führt. Fragen hinsichtlich der „Abwicklung“ oder Beendigung der Betriebsstätte stellen sich insoweit nicht.

Konsequenz
Liegen Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen (Art. 6 OECD-Musterabkommen) vor, sind die Anforderungen an die Beendigung einer Betriebsstätte mit Verlusten nach Auffassung des Finanzgerichts leichter zu erfüllen als bei einer unternehmerischen Tätigkeit der Betriebsstätte (Art. 7 OECD-Musterabkommen). Das Finanzgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.

Gelangensbestätigung: BMF legt Entwurf vor

Gelangensbestätigung: BMF legt Entwurf vor

Einführung
Innergemeinschaftliche Lieferungen sind steuerfrei. Allerdings muss der liefernde Unternehmer nachweisen, dass die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Häufig scheitert dies und die Unternehmen werden mit empfindlichen Nachzahlungen konfrontiert.

Rechtslage
Mit Wirkung vom 1.10.2013 wurden die Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen neu geregelt (§ 17a-c UStDV). Hierdurch sollen die Nachweise für die Praxis praktikabler als bisher ausgestaltet werden. Neben der Gelangensbestätigung sind nun auch alternative Nachweise zulässig.

Entwurf eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun einen Entwurf eines Schreibens zur Neuregelung zur Stellungnahme in Umlauf gegeben. Das Schreiben behandelt die Gelangensbestätigung sowie die alternativen Nachweise.

Konsequenzen
Bis zum 1.10.2013 verbleibt nicht mehr viel Zeit. Der Entwurf des Schreibens sollte, auch wenn er noch vorläufig ist, zum Anlass genommen werden, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Hierzu bietet sich zunächst eine Analyse der vorhandenen Lieferbeziehungen an, um basierend hierauf zu entscheiden, welche Form des Nachweises für welche Lieferbeziehung in Frage kommt. Kommen mehrere Alternativen als Nachweis in Frage, so ist unter Beachtung der Vorgaben der UStDV sowie den Anforderungen des BMF zu prüfen, welche Alternative geeigneter ist. Erfolgen z. B. Lieferungen per Kurierdienst, so kann es praktikabler sein, den Nachweis durch sog. track-and-tracing-Protokolle des Kurierdienstes zu führen als über die Gelangensbestätigung. Auch ist zu prüfen, ob aufgrund der Neuregelungen die Auslieferung künftig in anderer Form als bisher erfolgen sollte. Dies gilt z. B. in Fällen in denen der Kunde die Ware abholt (Abholfall). Diese waren schon bisher problematisch. Die Neuregelung lässt hier nur die Gelangensbestätigung als Nachweis zu, sofern der Kunde keinen Spediteur einschaltet. Hierdurch ergibt sich das Risiko für den Lieferanten, dass er die Ware aushändigen muss, bevor er die Gelangensbestätigung erhält. Er muss sich dann anderweitig absichern, damit er nicht auf der Umsatzsteuer sitzen bleibt oder er lässt solche Abholfälle nicht mehr zu. Ferner sollten die Unternehmen die Vorgehensweise mit ihren Kunden sowie ihren Spediteuren, Kurierdiensten etc. im Vorfeld abstimmen. Das eigene Personal (z. B. Finanzbuchhaltung, Versand, Auftragsannahme) ist ebenfalls zu schulen. Nach Ergehen des endgültigen BMF-Schreibens ist dann nochmals zu prüfen, ob sich relevante Änderungen gegenüber dem Entwurf ergeben haben.

Steuerabzug auf Einkünfte ausländischer Künstleragentur ist zulässig

Steuerabzug auf Einkünfte ausländischer Künstleragentur ist zulässig

Kernaussage
Die Einbehaltung und Abführung einer Abzugsteuer nach § 50a EStG für die Darbietungen ausländischer Künstler, die von einer ausländischen Konzertdirektion organisiert werden, verstößt nicht gegen EU-Recht (Dienstleistungsfreiheit). Dies gilt selbst dann, wenn bei der Berechnung der Abzugsteuer Betriebsausgaben oder Werbungskosten deshalb nicht berücksichtigt werden, weil sie dem Vergütungsschuldner nicht mitgeteilt wurden. Die Berücksichtigung geschätzter Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist jedenfalls nicht zulässig. Die nachträgliche Berücksichtigung nachgewiesener Betriebsausgaben oder Werbungskosten kann der Vergütungsgläubiger nur in dem in § 50d Abs. 1 EStG geregelten Erstattungsverfahren erreichen.

Sachverhalt
Kläger war eine in Österreich ansässige Konzertdirektion, die in Deutschland den Auftritt von Künstlergruppen organisiert hatte. Die hierfür von den deutschen Vergütungschuldnern angemeldeten Steuerabzugsbeträge (§ 50a Abs. 1 und 2 EStG) wurden von der Klägerin mit Einspruch gegen einen abgelehnten Antrag der Vergütungsschuldnerin auf Aufhebung der Steueranmeldung zurückgefordert, weil nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit dem Staat Österreich kein Besteuerungsrecht Deutschlands bestehe. Darüber hinaus vertrat die Klägerin die Ansicht, dass das angewandte Abzugsverfahren gegen Gemeinschaftsrecht verstoße, weil bei der Berechnung der Steuer nicht auf den mit den Darbietungen erzielten Gewinn, sondern auf die Umsätze abgestellt worden sei.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf hat sich in seiner Entscheidung zunächst mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Vergütungsschuldnerin zur Anmeldung und Abführung der Steuer verpflichtet war. Eine solche Pflicht besteht nach Auffassung des Gerichts schon dann, wenn die Möglichkeit einer Steuerpflicht besteht. Jedenfalls kann nur dann von der Abgabe abgesehen werden, wenn der Vergütungsgläubiger eine vom Bundeszentralamt ausgestellten Freistellungsbescheinigung vorlegt. Der Antrag auf Aufhebung der Steueranmeldung konnte ebenfalls nicht zum Erfolg führen, weil die Steueranmeldung gegenüber dem Vergütungsgläubiger nur die Wirkung entfaltet, dass er den Steuerabzug dulden muss. Die weiteren Ausführungen im Urteil setzten sich mit der Frage der Berücksichtigung der Betriebsausgaben der Klägerin auseinander. Hier ist das Gericht der Ansicht, dass die Gemeinschaftsrechtskonformität dadurch gewahrt wird, dass der Vergütungsgläubiger bei ihm angefallene Betriebsausgaben bis zur Anmeldung der Steuer durch den Vergütungsschuldner mitteilen kann. Hierzu reicht es nicht aus, auf das „Bilanzergebnis“ der Vergütungsgläubigerin zu verweisen. Die angefallenen Betriebsausgaben müssen „mitgeteilt“ werden. Erfolgt keine Berücksichtigung bei der Anmeldung, kann der Vergütungsgläubiger eine Berücksichtigung der Betriebsausgaben nur im Erstattungsverfahren nach § 50d Abs. 1 EStG erreichen.

Konsequenz
Zur Vermeidung der Abzugsteuer nach § 50a EStG sollte – soweit möglich – bereits im Zuge des Vertragsabschlusses eine Freistellungsbescheinigung beim Bundeszentralamt für Steuern angefordert werden. Sollte sich ein Steuerabzug nicht vermeiden lassen, sollten die angefallenen Betriebsausgaben dem Vergütungsschuldner vor Durchführung des Meldeverfahrens mitgeteilt werden.

Kein ermäßigter Steuersatz für Dorffeste

Kein ermäßigter Steuersatz für Dorffeste

Kernaussage
Konzerte, Theateraufführungen und Leistungen von Schaustellern unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Doch nicht jeder, der Musik macht oder auftritt, kann die Ermäßigung für sich beanspruchen.

Sachverhalt
Eine Gemeinde veranstaltete im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art ein Dorffest. Von den Besuchern des Festes wurde Eintritt verlangt. Hierbei trat die Gemeinde als Gesamtveranstalter auf und verkaufte die Eintrittskarten auf eigene Rechnung. Den Besuchern wurde Einiges geboten. Das Belustigungsprogramm umfasste Vorführungen örtlicher Vereine, das Angebot von Fahrgeschäften, Feuerwerk, Cheerleader etc. Daneben wurden Stimmungsmusik auf der Festwiese sowie Live-Musikveranstaltungen im Festzelt dargeboten. Streitig war, ob die Einnahmen aus den Verkäufen der Eintrittskarten dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Die Gemeinde vertrat die Ansicht, dass sie begünstigte Konzertveranstaltungen sowie begünstigte Leistungen als Schausteller erbringe. Die übrigen Programmpunkte subsumierte sie ebenfalls unter die Schaustellerei, da es sich um „übrige Lustbarkeiten“ handele (§ 30 UStDV).

Entscheidung
Dem Thüringer Finanzgericht nach unterliegen die Umsätze der Gemeinde aus dem Dorffest dem Regelsteuersatz. Die Konzerte seien nicht begünstigt, da sie nur einen Teil des Programmes und nicht den Hauptzweck des Dorffestes ausmachten. Auch sah das Finanzgericht die Gemeinde nicht als Schausteller an. Charakteristisch für Schausteller sei das Auftreten an verschiedenen Orten, nicht jedoch ein einmal jährlich stattfindendes Dorffest.

Konsequenz
Die Auffassung des Finanzgerichts ist umstritten. Im Gegensatz zum vorliegenden Urteil, hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg einer Gemeinde die Schaustellereigenschaft für ein jährlich stattfindendes Dorffest zugestanden und auch die dargebotene Live-Musik als Konzert qualifiziert. Das Thüringer Finanzgericht hält die Fälle zwar für nicht vergleichbar, die letzte Entscheidung hierüber wird aber der Bundesfinanzhof (BFH) treffen, da Revision eingelegt wurde. Gemeinden sollten bis zur Klärung der Rechtslage zur Sicherheit mit dem Regelsteuersatz (19 %) kalkulieren und entsprechend die Umsatzsteuer deklarieren. Die betreffenden Veranlagungen müssen dann aber offen gehalten werden, um von einem positiven Ausgang des Verfahrens profitieren zu können. Soweit zulässig, sollte die Umsatzsteuer aber nicht offen mit 19 % ausgewiesen werden, da die Umsatzsteuer dann aufgrund des unrichtigen Ausweises geschuldet wird, falls der BFH in solchen Fällen den Ansatz des ermäßigten Steuersatzes präferieren würde.

Innergemeinschaftliche Lieferungen: Steuerpflicht für Bösgläubige

Innergemeinschaftliche Lieferungen: Steuerpflicht für Bösgläubige

Kernaussage
Immer wieder werden in der EU in hohem Umfang Umsatzsteuern hinterzogen, u. a. durch so genannte „Umsatzsteuerkarusselle“. Problematisch sind hierbei nicht nur die Steuerausfälle, sondern auch, dass Unternehmer, die unwissentlich in ein solches „Karussell“ geraten, mit Nachforderungen des Fiskus rechnen müssen. So droht ihnen z. B. der Verlust der Steuerbefreiung für die Lieferungen, die sie aufgrund der falschen Angaben ihrer Kunden als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen deklariert haben. Hier hilft nur der Vertrauensschutz, welcher jedoch nur unter sehr restriktiven Bedingungen gewährt wird.

Sachverhalt
Ein Kfz-Händler verkaufte 2 Pkws an eine GmbH in Luxemburg. Der Kontakt zur GmbH erfolgte ausschließlich über einen in Deutschland ansässigen Beauftragten der GmbH sowie über deutsche Telefon- und Faxnummern. Die Kaufpreiszahlung erfolgte bar. Der Kfz-Händler hatte alle gesetzlich nach der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) geforderten Nachweise eingeholt und behandelte die Verkäufe als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Demgegenüber kam das Finanzamt nach einer Prüfung durch die Steuerfahndung zu dem Ergebnis, dass die Steuerbefreiung zu versagen sei. Die vermeintliche Käuferin, die GmbH, war schon vor 8 Jahren aufgelöst worden. Alle vorgelegten Pässe waren gefälscht. Der Kfz-Händler klagte hiergegen, da ihm Vertrauensschutz zu gewähren sei.

Entscheidung
Entgegen der Vorinstanz versagt der Bundesfinanzhof (BFH) dem Kläger die Steuerbefreiung. Nach Ansicht des BFH fehlt es dem Kläger an der erforderlichen Gutgläubigkeit, da er nicht mit der erforderlichen Sorgfalt sichergestellt hat, dass er sich nicht an einer Steuerhinterziehung beteiligt. Angesichts der deutschen Kontaktadressen hätten dem Kläger Zweifel kommen müssen, ob er tatsächlich mit einer GmbH in Luxemburg verhandelt. Diese Zweifel hätte er durch den Versuch der Kontaktaufnahme mit dem Geschäftssitz in Luxemburg ausräumen können, was er nicht tat. Dies gilt erst recht, wenn der Kaufpreis bar gezahlt wird und hochwertige Waren gehandelt werden.

Konsequenz
Wer aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BFH geglaubt hat, er wäre auf der sicheren Seite, wenn er alle geforderten Beleg- und Buchnachweise erbringt, liegt falsch. Weisen andere Umstände darauf hin, dass an den Angaben des Erwerbers zu zweifeln ist, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die Steuerbefreiung sicherzustellen. Barzahlungen sollten in solchen Fällen vermieden werden, ggf. ist sogar auf das gesamte Geschäft zu verzichten.

Springpferde: Kein höherer Vorsteuerabzug durch EuGH-Rechtsprechung

Springpferde: Kein höherer Vorsteuerabzug durch EuGH-Rechtsprechung

Kernaussage
Die Lieferung von Pferden unterlag nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) bis zum 30.6.2012 dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) in 2011 geurteilt hatte, dass diese Regelung gegen geltendes EU-Recht verstößt, wurde die Begünstigung mit Wirkung vom 1.7.2012 abgeschafft.

Sachverhalt
Der Kläger kaufte in 2011 ein Springpferd für ca. 78.000 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer von ca. 15.000 EUR. Das Finanzamt kürzte den Vorsteuerabzug auf 7 %. Zur Begründung verwies es auf das geltende deutsche Recht, das zu diesem Zeitpunkt noch einen Steuersatz von 7 % vorsah. Demnach seien die restlichen 12 % zu Unrecht vom Lieferanten in Rechnung gestellt worden und somit nicht abzugsfähig. Hiergegen wandte sich der Kläger unter Berufung auf die Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL).

Entscheidung
Das niedersächsische Finanzgericht lehnte die Klage ab. Es sah keine Berechtigung des Klägers, sich direkt auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu berufen. Dieses Recht könne im vorliegenden Fall allenfalls dem Lieferanten zustehen. Allerdings sei auch dies nicht möglich, da das europäische Recht nur dann Vorrang habe, wenn es günstiger sei, was im Fall aufgrund des Ansatzes des höheren Steuersatzes nicht gegeben sei.

Konsequenz
Gegen das Urteil ist die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. Es wird daher zu beobachten sein, ob dieser die Rechtsauffassung des Finanzgerichts teilt. Eine Klärung wäre für die Praxis zu wünschen, da die Entscheidung auch in anderen Fällen von Bedeutung ist. Immer wieder gibt es Urteile des EuGH, die Bestimmungen des UStG in Frage stellen oder sogar als nicht vereinbar mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie darstellen. In solchen Fällen besteht dann durchaus die Unsicherheit in der Praxis, ob die Rechnungen noch nach dem veralteten UStG zu stellen sind oder nicht. So steht zu vermuten, dass der Lieferant des Pferdes mit 19 % fakturiert hat, um auf der „sicheren Seite“ zu stehen. Soweit es bei dem Urteil verbleibt, muss der Leistungsempfänger jedoch auf einer Rechnung nach dem UStG bestehen, um nicht auf der Vorsteuer sitzen zu bleiben.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin