Kein Aufteilungsverbot für ein häusliches Arbeitszimmer (Finanzgericht Köln)

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können bei einer gemischten Nutzung anteilig als Werbungskosten abgezogen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Charakter als „Arbeitszimmer“ trotz der privaten Mitbenutzung zu bejahen ist (FG Köln, Urteile v. 15.5.2013 – 4 K 1384/10 und 4 K 1242/13; jeweils Revision anhängig).

 

Finanzgericht Köln, 4 K 1384/10

Datum: 15.05.2013

Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 4. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 4 K 1384/10
Nachinstanz: Bundesfinanzhof, XI R 20/13
Tenor:

Die Bescheide über die gesonderter Feststellung von Einkünften 2007 und 2008 werden dergestalt geändert, dass weitere Sonderwerbungskosten des Klägers für 2007 in Höhe von 688,00 € und für 2008 in Höhe von 484,00 € berücksichtigt werden. Die Einspruchsentscheidung vom 1.4.2010 wird aufgehoben.

Die Berechnung der Einkünfte 2007 und 2008 wird dem Beklagten übertragen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

1Tatbestand

2Streitig ist, ob dem Kläger ein Abzug eines Teils der auf sein Arbeitszimmer entfallenden Kosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung deswegen versagt werden kann, weil er das Arbeitszimmer auch für eine Tätigkeit nutzte, die vom Finanzamt (FA) als einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei eingestuft wurde.

3Die Grundstücksgemeinschaft A (Beigeladene), an der der Kläger und sein Sohn B jeweils zur Hälfte beteiligt sind, erzielte in den Streitjahren (2007 und 2008) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Grundstück C-Straße ….

4In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Jahr 2007 erklärte die Beigeladene gemeinschaftliche Einnahmen von 35.324 € und gemeinschaftliche Werbungskosten von 43.657 € und damit einen gemeinschaftlichen Verlust von 8.333 €. Darüber hinaus erklärte sie Sonderwerbungskosten für den Kläger i.H.v. 2.885,94 € und für den Sohn B i.H.v. 7.266,69 €.

5In den Sonderwerbungskosten des Klägers war ein Betrag i.H.v. 688 € enthalten, der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer enthielt. Diese Aufwendungen berechneten sich wie folgt:

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AfA für im Jahr 2001 für 831,36 € gekaufte Leuchten i.H.v. 83,14 € (1/10)
Regal gekauft im Jahr 2007 451,00 €
Betriebskosten des Hauses, 6489,65 € x 17,63 % 1.144,13 €
Schuldzinsen, 158 € x 17,63 % 27,86 €
AfA Gebäude, 5.928,82 € x 17,63 % 1.045,25 €
Gesamtaufwendungen 2.751,37 €

7Den Anteil von 17,63% (Betriebskosten, Schuldzinsen, AfA) errechnete der Kläger in dem er die Fläche des Arbeitszimmers von 32,36 qm in ein Verhältnis zur Gesamtfläche der Wohnung (Erdgeschoss und Dachgeschoss) von 183,51 qm setze. Er legt hierzu eine Wohnflächenberechnung des Dipl. Ing. D vor. Außerdem legte er Grundrisspläne des von ihm bewohnten, und entweder ihm alleine oder den Ehegatten jeweils zur Hälfte, gehörenden Ein- oder Zweifamilienhauses vor. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass das vom Kläger genutzte Arbeitszimmer aus zwei im Dachgeschoss liegenden Räumen bestand.

8Der Kläger nutzte das Arbeitszimmer in den Streitjahren (2007 und 2008) zeitanteilig zu 30% für seine wissenschaftliche Tätigkeit, zu 45% für die Hausverwaltung E-Straße … (14 Wohneinheiten) und zu 25% für die Hausverwaltung C-Straße (5 Wohneinheiten).

9Die Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer teilte der Kläger demzufolge für das Jahr 2007 wie folgt auf:

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Aufteilung der Kosten Gesamt Anteil (%) Anteil (€)
beruflich 2.751,37 € 30 % 825,00 €
Hausverwaltung
E-Straße … 2.751,37 € 45 % 1.238,00 €
Hausverwaltung
C-Straße … 2.751,37 € 25 % 688,00 €
Gesamtaufwendungen 2.751,37 €

11In dem Feststellungsbescheid 2007 vom 29.7.2008 wich das Finanzamt (FA) insoweit einer Steuererklärung ab, als es bei den Sonderwerbungskosten des Klägers Aufwendungen für ein Arbeitszimmer i.H.v. 688 € nicht berücksichtigte. Im Übrigen erfolgte die Veranlagung erklärungsgemäß.

12In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das Jahr 2008 erklärte die Beigeladene gemeinschaftliche Einnahmen von 37.685 € und gemeinschaftliche Werbungskosten von 20.170 € und damit einen gemeinschaftlichen Gewinn von 17.515 €. Darüber hinaus erklärte sie Sonderwerbungskosten für den Kläger i.H.v. 2.902,12 € und für den Sohn B i.H.v. 7.156,21 €.

13In den Sonderwerbungskosten des Klägers war ein Betrag i.H.v. 484 € enthalten, der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer enthielt. Diese Aufwendungen berechneten sich wie folgt:

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AfA für im Jahr 2001 für 831,36 € gekaufte Leuchten i.H.v. 83,14 € (1/10)
Betriebskosten des Hauses, 4.437,93 € x 17,63 % 782,41 €
Schuldzinsen, 141 € x 17,63 % 24,86 €
AfA Gebäude, 5.928,82 € x 17,63 % 1.045,25 €
Gesamtaufwendungen 1.935,65 €

15Die Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer teilte der Kläger wie folgt auf:

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Aufteilung der Kosten Gesamt Anteil (%) Anteil (€)
beruflich 1.935,65 € 30 % 581,00 €
Hausverwaltung
E-Straße … 1.935,65 € 45 % 871,00 €
Hausverwaltung
C-Straße … 1.935,65 € 25 % 484,00 €
Gesamtaufwendungen 1.935,65 €

17In dem Feststellungsbescheid 2008 vom 30.10.2009 wich das Finanzamt (FA) insoweit von der Steuererklärung ab, als es bei den Sonderwerbungskosten des Klägers Aufwendungen für ein Arbeitszimmer i.H.v. 484 € nicht berücksichtigte. Im Übrigen erfolgte die Veranlagung erklärungsgemäß.

18Die auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen ließ das FA für beide Jahre zunächst mit der Begründung, das Arbeitszimmer bilde nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen bzw. betrieblichen Tätigkeit des Klägers, außer Ansatz.

19Hiergegen hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben.

20Während der Kläger ursprünglich die Ansicht vertreten hatte, das Arbeitszimmer bilde den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, vertritt er nunmehr die Ansicht, ihm stünde ein zumindest begrenzter Werbungskostenabzug zu, weil ihm für seine Verwaltungstätigkeit für die Vermietung des Objektes C-Straße, bestehend aus fünf Wohneinheiten, kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe.

21Der Kläger beantragt,

22die Feststellungsbescheide 2007 vom 29.7.2008 und 2008 vom 30.10.2009 dergestalt zu ändern, dass bei ihm weitere Sonderwerbungskosten für 2007 in Höhe von 688,00 € und für 2008 in Höhe von 484,00 € berücksichtigt werden und die Einspruchsentscheidung vom 1.4.2010 aufzuheben.

23Der Beklagte beantragt,

24die Klage abzuweisen;

25hilfsweise, die Revision zuzulassen.

26Der Beklagte vertritt die Ansicht, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gehörten grundsätzlich zu den nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung und dürften gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) den Gewinn nicht mindern. Dies gelte nach § 9 Abs. 5 EStG auch für die so genannten Überschusseinkunftsarten, zu denen auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zählten.

27Das Abzugsverbot gelte zwar nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

28Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setze die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer aber voraus, dass das Zimmer ausschließlich oder so gut wie ausschließlich betrieblich bzw. beruflich oder auch anderweitig zur Erzielung steuerrelevante Einkünfte und jedenfalls nicht privat genutzt werde. Eine private Mitbenutzung sei nach der Rechtsprechung des BFH nur dann unerheblich, wenn sie von untergeordneter Bedeutung sei. Ansonsten sei ein Abzug der Aufwendungen nach § 12 Nr. 1 EStG ausgeschlossen (vgl. hierzu FG Hamburg Urteil vom 8.12.2004, II 120/04).

29Das Arbeitszimmer des Klägers sei seinen Angaben nach in den Streitjahren zu 30 % für seine selbstständig ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit genutzt worden. Diese werde jedoch mangels Gewinnerzielungsabsicht als Liebhaberei dem nicht steuerrelevanten und damit dem Privatbereich des Klägers zugerechnet. Insoweit werde auf die zur Einkommensteuer 2007 und 2008 ergangene Einspruchsentscheidung verwiesen.

30Hier liege die Nutzung für eine nicht der Einkünfteerzielung im Sinne des Einkommensteuergesetzes dienende und damit in die Privatsphäre fallende Tätigkeit bei vom Kläger geschätzten 30 % und sei damit, unabhängig von der Feststellung, wo sich letztlich der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit befinde und ob dem Kläger für seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, nicht mehr von untergeordneter Bedeutung. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers seien daher nach § 12 EStG in vollem Umfang dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen und damit nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Grundstücksgemeinschaft zu berücksichtigen.

31Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

32Entscheidungsgründe

33Die Klage ist begründet. Das FA hat einen Abzug in Höhe von 25 % der Aufwendungen für das häusliches Arbeitszimmer zu Unrecht versagt. Der Senat schließt sich bei seiner Beurteilung den überzeugenden Ausführungen des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG), welches einen vergleichbaren Fall zu beurteilen hatte, im Urteil vom 24.04.2012 – 8 K 254/11, EFG 2012, 2100, an.

34Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer waren in Höhe von 25 % der entstandenen Raumkosten als Sonderwerbungskosten des Klägers im Rahmen der Einkünfte der Beigeladenen aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, weil der Kläger zu diesem Zeitanteil das Arbeitszimmer für Verwaltungstätigkeiten für das Haus C-Straße genutzt hatte.

351. § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG bestimmt, dass die folgenden Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung. Dies gilt nach Satz 2 dieser Vorschrift nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 EStG). Diese Vorschrift gilt nach § 9 Abs. 5 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entsprechend.

362. Im Streitfall bildete das Arbeitszimmer zwar nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr.

37Dem Kläger stand in den Streitjahren für seine Verwaltungstätigkeit für das Haus C-Straße aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Auch dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

38Der Kläger kann daher 25 % der entstandenen Aufwendungen als Sonderwerbungskosten im Rahmen der Grundstücksgemeinschaft geltend machen.

39a) Einem Abzug steht nicht entgegen, dass das Arbeitszimmer nicht nahezu ausschließlich für Einkunftszwecke genutzt wurde. Eine Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer setzte zwar nach bisheriger Auffassung des BFH grundsätzlich voraus (vgl. Niedersächsisches FG Urteil vom 24.04.2012 – 8 K 254/11, EFG 2012, 2100 m.w.N.), dass das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Denn nach der Rechtsprechung des BFH konnten Aufwendungen für die eigene Wohnung bei der Einkommensteuer grundsätzlich nicht abgezogen werden, weil es sich bei diesen Aufwendungen regelmäßig um solche der privaten Lebensführung handele, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbar seien (vgl. BFH-Urteil v. 18.10.1983 VI R 180/82, BFHE 139, 518, BStBl II 1984, 110, betr. Durchgangszimmer). Etwas anderes galt nur dann, wenn die Aufwendungen gleichwohl ausnahmsweise nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich veranlasst waren (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, und BFH-Urteil vom 21.7.1981 VIII R 154/76, BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37). Eine solche Veranlassung wurde nur angenommen, wenn – unabhängig davon, ob dem Steuerpflichtigen außerhalb seiner Wohnung ein ausreichender Arbeitsplatz zur Verfügung stand und unabhängig davon, ob ein häusliches Arbeitszimmer erforderlich war – feststand, dass der Raum so gut wie ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wurde. Eine private Mitbenutzung wurde lediglich dann als unschädlich bewertet, wenn sie von untergeordneter Bedeutung war (BFH-Urteile vom 28.10.1964 IV 168/63 S, BFHE 81, 45, BStBl III 1965, 16 und vom 28.09.1967 IV R 120/66, BStBl II 1968, 77 und BFH-Beschlüsse vom 19.10.1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 und vom 19.10.1970 GrS 3/70, BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21). War die private Mitbenutzung nicht von nur untergeordneter Bedeutung, so stand die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG der Abziehbarkeit auch nur eines Teils der Aufwendungen entgegen.

40b) Indes ist die Rechtfertigung für ein solch grundsätzliches Aufteilungsverbot durch den BFH-Beschluss vom 21.09.2009, GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 entfallen, so dass nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls dann, wenn der Charakter als „Arbeitszimmer” trotz der privaten Mitbenutzung zu bejahen ist, eine Aufteilung nach den Grundsätzen dieses Beschlusses geboten ist.

41aa) Das FG Baden-Württemberg hat mit rechtskräftigem Urteil vom 2.2.2011 (7 K 2005/08, EFG 2011, 1055) allerdings die Verwaltungsauffassung bestätigt, wonach Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann abgezogen werden können, wenn das fragliche Zimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl. 2010 II S. 672, ergebe sich nichts anderes. Wohnungskosten gehörten, anders als die vom Großen Senat beurteilten Reisekosten, zu den grundsätzlich nicht aufteilbaren Kosten für die Lebensführung, die bereits durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums pauschal abgegolten seien (vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 2.2.2011, 7 K 2005/08, EFG 2011, 1055), vgl. auch OFD Koblenz v. 19.9.2011 – S 2354 A-St 32 2). Dem hat sich das Sächsische FG in der Entscheidung vom 11.1.2012 (2 K 1854/11, EFG 2012, 1125) im Wesentlichen angeschlossen.

42bb) Das FG Köln hat demgegenüber im Urteil vom 19.5.2011 (10 K 4126/09, EFG 2011, 1410) bei teils privater, teils betrieblicher Raumnutzung eine schätzungsweise 50/50-Aufteilung „unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände” vorgenommen. Der von ihm angewendete Aufteilungsmaßstab ergebe sich unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 24.2.2011 VI R 12/10, BFHE 233, 123, BStBl. II 2011, 796, wonach eine Aufteilung grundsätzlich im Verhältnis 50:50 geboten sei.

43c) Im Streitfall war ein anteiliger Abzug in Höhe von 25 % der durch die Vermietungstätigkeit veranlassten Raumaufwendungen geboten.

44Der Große Senat des BFH hat am 21.9.2009 (GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010) in Bezug auf Reisekosten entschieden, dass die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht entgegenstehe. § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG normiere danach kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot. Bestünden keine Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil von Aufwendungen beruflich veranlasst sei, bereite seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so sei dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen. Griffen jedoch die – für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden – beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich sei, fehle es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so komme ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht. Nach diesen Maß-stäben war ein anteiliger Abzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer vorzunehmen.

45Denn zwischen den Beteiligten ist unstreitig zu welchen Zeitanteilen der Kläger sein Arbeitszimmer für welche Zwecke nutzte. Der Kläger hat im Termin der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert, dass er sich bemüht habe, diese Zeitanteile sachgerecht zu schätzen. Die zeitanteilige Nutzung des Arbeitszimmers ist ein sachgerechter Schlüssel, um die für das Arbeitszimmer entstanden Aufwendungen aufzuteilen.

46d) Weitere Bedenken gegen eine Anerkennung eines Teils der für das Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen bestehen nicht.

47aa) Dies gilt zunächst nicht wegen der Anforderungen, die an ein häusliches Arbeitszimmer zu stellen sind.

48Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum mit einer inneren Beziehung zum Wohnen, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient. Der typische Fall eines „häuslichen Arbeitszimmers” ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das häusliche Büro, wobei das zentrale Möbelstück des jeweiligen Raumes der Schreibtisch sein sollte (Urteil des BFH vom 9.8.2011, VIII R 4/09, BFH/NV 2012, 200). Darüber hinaus sollte das häusliche Arbeitszimmer mit Bücher- und Aktenschränken bzw. -regalen, Aktenbock und ähnlichen „Büromöbeln” sowie mit Büchern, Aktenordnern, Schreibmaschinen, Computern und ähnlichen Arbeitsmitteln ausgestattet sein (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 6.4.2011, EFG 2011, 1416 m.w.N.).

49Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Unterlagen bestand das Arbeitszimmer aus zwei Räumen im Dachgeschoss, die gegenüber den übrigen Wohnräumen abgeschlossen waren. Nach diesen Unterlagen war das größere dieser beiden Zimmer mit Regalen an allen Wänden und 2 Schreibtischen ausgestattet. Über die Einrichtung des kleineren Zimmers ergibt sich zwar aus den vorgelegten Unterlagen nichts. Indes ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass auch das kleinere der beiden Zimmer einrichtungsgemäß den Anforderungen an ein Arbeitszimmer entsprach.

50bb) Auch der Höhe nach war die Ermittlung der Aufwendungen nicht zu beanstanden.

51Denn der Kläger hat die ermittelten Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer glaubhaft gemacht.

52Ein Abzug lediglich der hälftigen Anschaffungskosten im Rahmen der Absetzung für Abnutzung war auch nicht vor dem Hintergrund des sog. Drittaufwandes für den Fall geboten, dass der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau lediglich Miteigentümer des von ihm bewohnten Hauses gewesen sein sollte.

53Nutzt ein Miteigentümer im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil des Wirtschaftsguts (Arbeitszimmer) zur Einkunftserzielung alleine, dann ist davon auszugehen, dass er Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen. In diesem Fall wird der den anderen Miteigentümern gehörende Anteil grundsätzlich nicht wechselseitig gemietet und vermietet (vgl. Urteil des BGH vom 28.11.1963 II ZR 41/62, NJW 1964, 648, zu III.), d.h. der Miteigentümer nutzt den Raum zivilrechtlich nicht teils aus eigenem Recht und teils durch Überlassung zur Nutzung durch den oder die Miteigentümer, sondern er nutzt ihn insgesamt in Ausübung seines Rechts als Miteigentümer (§ 743 Abs. 2 BGB). Das gilt auch einkommensteuerrechtlich (vgl. BFH-Urteil vom 7.12. 1993 IX R 169/88, BStBl II 1994, 325, zu I. 1.b; Trzaskalik in Festschrift für L. Schmidt, 1993, S. 51, 72). Anders als sein Miteigentumsrecht bezieht sich sein Nutzungsrecht auf den ganzen Raum (vgl. auch BFH-Urteil vom 12.2.1988 VI R 141/85, BFHE 173, 131, BStBl II 1988, 764 und BFH-Beschluss vom 23.08.1999 GrS 5/97, BFHE 189, 174, BStBl II 1999, 774). Nutzt der Kläger das Arbeitszimmer in vollem Umfang aus eigenem Recht, sind auch seine eigenen anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als im Interesse dieser Nutzung aufgewendet anzusehen, so dass eine Aufteilung nach Miteigentumsanteilen nicht vorzunehmen war. Davon ist im Falle der beruflichen oder betrieblichen Nutzung eines Gebäudes auch dann auszugehen, wenn es im Übrigen vom Steuerpflichtigen und seinem Ehegatten gemeinsam bewohnt wird (§ 1353 BGB).

543. Die Ausrechnung der festzustellenden Einkünfte wird gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem Beklagten übertragen.

55Die Kostenfolge beruht auf § 135 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

56Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Frage, ob ein häusliches Arbeitszimmer eine (nahezu) ausschließliche Nutzung zu beruflichen (betrieblichen) Zwecken voraussetzt, zuzulassen.

Quelle: FG Köln online

Freistellungsauftrag für Kapitalerträge und Antrag auf ehegattenübergreifende Verlustverrechnung

Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2013;

Änderung des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2012 (BStBlI 2013 Seite 36) und  vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953) mit Anpassung Muster „Freistellungsauftrag für Kapitalerträge und Antrag auf  ehegattenübergreifende Verlustverrechnung“
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder werden die BMF-Schreiben
vom 20. Dezember 2012 (BStBl 2013 Seite 36) und vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953)
wie folgt geändert:
1. Änderung des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2012
a. Die Angabe zu Randziffer 23 wird wie folgt gefasst:
„Rz. 23 (weggefallen)“.
b. Nach Randziffer 57 wird folgende Randziffer 58 eingefügt:
„Die Bestimmungen der Randziffern dieses Schreibens zu Ehegatten finden ab dem
Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in UmsetzungSeite 2
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 auf Lebenspartner
Anwendung.“
2. Änderung des BMF-Schreibens vom 9. Oktober 2012
Nach Randziffer 325 wird folgende Randziffer 326 eingefügt:
„Die Bestimmungen der Randziffern dieses Schreibens zu Ehegatten finden ab dem
Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung
der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 auf Lebenspartner
Anwendung.
Es ist nicht zu beanstanden, wenn ab diesem Zeitpunkt erteilte gemeinsame Freistellungsaufträge aus automationstechnischen Gründen erst mit Wirkung ab dem 1. Januar 2014
berücksichtigt werden.“
Das nachfolgend als Anlage beigefügte Muster ersetzt das Muster im BMF-Schreiben vom
9. Oktober 2012. Bereits gedruckte Muster der Freistellungsaufträge können noch bis zum
30. Juni 2014 weiter verwendet werden.
Dieses BMF-Schreiben wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Es steht ab sofort für eine
Übergangszeit auf den Internet-Seiten des Bundesministeriums der Finanzen unter der Rubrik
– Themen – Steuerarten – Steuern – Abgeltungsteuer –
(http://www.bundesfinanzministerium.de/Einkommensteuer-.479.htm) zum Download bereit.
Im Auftrag

Umsatzsteuer; Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten durch die Angehörigen der freien Berufe (§ 20 Satz 1 Nr. 3 UStG);

Konsequenzen des BFH-Urteils vom 22. Juli 2010, V R 4/09
GZ IV D 2 – S 7368/10/10002
DOK 2013/0719183

Nach § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG kann das Finanzamt auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer, soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausführt, die Umsatzsteuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet. Mit Urteil vom 22.Juli 2010, V R 4/091, hat der BFH entschieden, dass § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG a. F. nicht anwendbar ist, wenn der Unternehmer in Bezug auf die in der Vorschrift genannten Umsätze buchführungspflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer insoweit freiwillig Bücher führt. Die gegen das Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 20. März 2013, 1BvR 3063/10, nicht zur Entscheidung angenommen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der  Länder gilt Folgendes:
1
Das Urteil wird zeitgleich im Bundessteuerblatt II veröffentlicht.

I. Anwendung des BFH-Urteils vom 22.Juli 2010, V R 4/09
Die Genehmigung der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten nach § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG für Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist ab sofort nicht mehr zu erteilen, wenn der Unternehmer für diese Umsätze Bücher führt. Dabei ist es unerheblich, ob die Bücher auf Grund einer
gesetzlichen Verpflichtung oder freiwillig geführt werden. Hat der vom Unternehmer im Kalenderjahr 2012 erzielte Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) allerdings nicht mehr als 500.000 Euro betragen, erfüllt der Unternehmer die Voraussetzungen des § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG; in diesem Fall kann ihm die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten unter dem Vorbehalt desjederzeitigen Widerrufs genehmigt werden.

Sollte im Einzelfall eine bereits auf der Grundlage des § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG oder dessen Vorgängervorschrift unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilte Genehmigung nach § 130 i. V. m. § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO zurückzunehmen sein (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 1982, VIIIR 9/80, BStBl 1983 II S. 187), ist die Wirkung der Rücknahme auf
nach dem 31. Dezember 2013 ausgeführte Umsätze zu beschränken. Zur Behandlung von Umsätzen, die vor dem Wechsel der Berechnungsart ausgeführt wurden, wird auf Abschnitt 13.6 Abs. 3 UStAE hingewiesen. Von einer Rücknahme der Genehmigung ist jedoch abzusehen, wenn der im Kalenderjahr 2012 erzielte Gesamtumsatz des Unternehmers
(§ 19 Abs. 3 UStG) nicht mehr als 500.000 Euro betragen hat und eine Genehmigung nach § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG erteilt werden könnte. In diesem Fall ist der Unternehmer darauf hinzuweisen, dass die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen ist, wenn der Gesamtumsatz des Kalenderjahres 2013 oder eines späteren Kalenderjahres den jeweils maßgeblichen Betrag übersteigt.

II. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Abschnitt 20.1 Abs. 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010, BStBl I
S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 12.Juli 2013
– IV D 3 – S 7179/09/10003-05 (2013/0666997) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„(1) 1
Der Antrag auf Genehmigung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten kann bis
zum Eintritt der formellen Bestandskraft der jeweiligen Umsatzsteuer-Jahresfestsetzung gestellt werden (vgl. BFH-Urteil vom 10. 12. 2008, XI R 1/08, BStBl 2009 II
S. 1026).
2
Dem Antrag kann grundsätzlich entsprochen werden, wenn der Unternehmer eine
der Voraussetzungen des § 20 Satz 1 Nr. 1 bis 3 UStG erfüllt. 3
Eine Genehmigung ist unter
den Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs zu stellen und erstreckt sich wegen des
Prinzips der Abschnittsbesteuerung stets auf das volle Kalenderjahr. 4
Es handelt sich um

einen begünstigenden Verwaltungsakt, der unter den Voraussetzungen der §§ 130, 131 AO
zurückgenommen oder widerrufen werden kann. 5
Die Istversteuerung nach § 20 Satz 1 Nr. 2
UStG kommt nur bei besonderen Härten, wie z.B. dem Überschreiten der nach § 20 Satz 1
Nr. 1 UStG bestehenden Umsatzgrenze aufgrund außergewöhnlicher und einmaliger
Geschäftsvorfälle, nicht aber allgemein auf Grund einer fehlenden Buchführungspflicht in
Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 11. 2. 2010, V R 38/08, BStBl II S. 873). 6
Die Genehmigung der Istversteuerung nach § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG ist nicht zu erteilen, wenn der Unternehmer für die in der Vorschrift genannten Umsätze Bücher führt. 7
Dabei ist es unerheblich, ob die Bücher auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung oder freiwillig
geführt werden (vgl. BFH-Urteil vom 22. 7. 2010, V R 4/09, BStBl 2013 II S. XXX).“
Die Regelungen in Abschnitt I dieses Schreibens sind in allen Fällen anzuwenden. Die Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses in Abschnitt II tritt am 1. August 2013 in Kraft.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht und steht ab sofort für eine
Übergangszeit auf den Internet-Seiten des Bundesministeriums der Finanzen
(http://www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik Themen – Steuern – Steuerarten –
Umsatzsteuer – Umsatzsteuer-Anwendungserlass zum Herunterladen bereit.

Maßgeblichkeit niedrigerer handelsrechtlicher Bilanzwerte im Rahmen der steuerlichen Rückstellungsberechnung

Maßgeblichkeit niedrigerer handelsrechtlicher Bilanzwerte im Rahmen der steuerlichen Rückstellungsberechnung

Ansatz niedrigerer handelsrechtlicher Rückstellungsbeträge in der steuerlichen Gewinnermittlung

Gem. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (Maßgeblichkeitsprinzip). Ein anderer Ansatz ist nur dann zulässig, wenn steuerrechtliche Ansatz- oder Bewertungsvorbehalte bestehen oder im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts ein anderer Ansatz gewählt wurde (§ 5 Abs. 6 EStG, vgl. auch BMF-Schreiben vom 12.03.2010 , BStBl 2010 I S. 239 und vom 22.06.2010, BStBl 2010 I S. 597, EStH 2011 Anhang 9 III).

Insbesondere aufgrund des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) kommt es nunmehr im Bereich der handelsrechtlichen Bewertung von Rückstellungen zu erheblichen Wertveränderungen. So sind nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGBRückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Dabei sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr nach § 253 Abs. 2 Satz 1 HGB mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Für Verpflichtungen, die steuerrechtlich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e S. 2 EStG keiner bzw. einer Abzinsung nur bis zum Beginn der Erfüllung der Verpflichtung (Sachleistungsverpflichtungen) unterliegen, führt dies häufig dazu, dass der handelsrechtliche Wertansatz niedriger ist als der steuerrechtliche, denn handelsrechtlich erstreckt sich der Abzinsungszeitraum über den Zeitpunkt des Beginns der Erfüllung hinaus (IDW RH HFA 1.009 vom 23.06.2010, IDW Fachnachrichten 2010 S. 354, Rn. 9).

Hinsichtlich der Frage, ob nunmehr der handelsrechtlich anzusetzende abgezinste und damit niedrigere Wert über § 5 Abs. 1 S. 1 EStG für die Steuerbilanz die Wertobergrenze bildet, oder ob der nicht abgezinste höhere steuerrechtliche Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung zum Ansatz kommt, bitte ich aufgrund einer bundesweiten Abstimmung folgende Rechtsauffassung zu vertreten:

Entsprechend dem Wortlaut des Einleitungssatzes zu Nummer 3a des § 6 Absatz 1 EStG und der Erläuterung in der Gesetzesbegründung hierzu (BT-Drs. 14/443 S. 23) ist der handelsrechtliche Rückstellungsbetrag für die steuerrechtliche Bewertung der Rückstellung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG auch dann maßgeblich, wenn der Ausweis der Rückstellung in der Handelsbilanz niedriger als der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ergebende Wert ist.

 OFD Münster v. 13.07.2012 – S 2170a – 234 – St 12 – 33

 Stellungnahme des DStV:

 

Sehr geehrter Herr Ministerialdirigent Kraeusel,
mit Verfügung vom 13.7.2012 (Az. S 2170a – 234 – St 12 – 33) hat die Oberfinanzdirektion Münster (OFD Münster) darauf hingewiesen, dass der handelsrechtliche Rückstellungsbetrag maßgeblich für die steuerrechtliche Bewertung der Rückstellung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ist. Zur Begründung verweist die OFD Münster auf folgenden Wortlaut der Gesetzes-begründung zum Gesetzentwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (BT-Drucks. 14/443, S. 23):

    „Ist der Ausweis für die Rückstellung in der Handelsbilanz zulässigerweise niedriger als der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ergebende Ausweis, so ist der Ausweis in der Handelsbilanz für die Steuerbilanz maßgebend.“

Zugleich macht die OFD Münster darauf aufmerksam, dass insbesondere seit Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) erhebliche Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz infolge unterschiedlicher Wertansätze zur Regel geworden sind. Es sei an dieser Stelle jedoch angemerkt, dass die Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz insbesondere den unterschiedlichen Funktionen beider Bilanzen geschuldet sind. Während die Handelsbilanz in erster Linie eine Informationsfunktion gegenüber verschiedenen Interessengruppen erfüllt, obliegt der Zweck der Steuerbilanz in der steuerlichen Gewinnermittlung.

Dennoch sind die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung zweifelsohne gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 EStG für die Steuerbilanz maßgeblich. Zur Erfüllung des Zwecks der Steuerbilanz gilt dies jedoch nur, soweit keine zwingenden steuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsnormen heranzuziehen sind. Diese ergeben sich vorliegend beispielsweise aus § 5 Abs. 6 EStG, wonach die Vorschriften über die Bewertung gemäß § 6 EStG zu befolgen sind. Lediglich subsidiär, das heißt nur soweit die einkommensteuerrechtlichen Bewertungsvorschriften lückenhaft sind, finden dann die allgemeinen Bewertungsgrundsätze und Bewertungsnormen der §§ 252 ff. HGB Anwendung (vgl. Schmidt/Weber-Grellet EStG § 5 Rz. 33). Anderenfalls kommt es – so auch das Bundesministerium der Finanzen – zu einer Durchbrechung der Maßgeblichkeit:

    „Der Grundsatz der Maßgeblichkeit wird durch die steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorbehalte durchbrochen (§ 5 Absatz 1a bis 4b, Absatz 6; §§ 6, 6a und 7 EStG)“ (BMF v. 12.3.2010 – IV C 6 – S 2133/09/10001).

Die steuerrechtliche Bewertung von Rückstellungen ist ausdrücklich und umfassend in § 6 EStG geregelt. Die Abzinsung ergibt sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG. Ausnahmen können lediglich aus der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 EStG resultieren, auf die entsprechend in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e S. 1, 2.HS EStG verwiesen wird. Eine Regelungs-lücke ist nach Auffassung des Deutschen Steuerberaterverbands e. V. (DStV) an dieser Stelle nicht ersichtlich. Die Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG hat für die Steuerbilanz folglich Vorrang vor der handelsrechtlichen Abzinsungsvorschrift des § 253 Abs. 2 HGB (vgl. Schmidt/Kulosa EStG § 6 Rz. 481).

Hieran ändert auch die Einleitungsformel des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG nichts

    „Rückstellungen sind höchstens insbesondere unter Berücksichtigung folgender Grundsätze anzusetzen…“

Unter Berücksichtigung des steuerlichen Bewertungsvorbehalts kann die an dieser Stelle gewählte Formulierung keinesfalls derart ausgelegt werden, dass – sofern gegeben – der niedrigere handelsrechtliche Rückstellungsbetrag für die Steuerbilanz maßgeblich ist. Die Formulierung „höchstens“ verlangt vielmehr, dass kein höherer als der unter Beachtung der in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a – f EStG geregelten Grundsätze ermittelter Rückstellungsbetrag angesetzt wird.

Die nunmehr mit Verfügung vom 13.7.2012 von der OFD Münster vertretene Rechtsauffassung ist unter besonderer Berücksichtigung der vorbezeichneten Ausführungen nicht nachvollziehbar. Sie führt in der Praxis mitunter zu erheblichen Unsicherheiten.

Diese Unsicherheiten ergeben sich beispielsweise im Rahmen der Bilanzierung einer Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen. Aufgrund des sofortigen Beginns der Verpflichtung sind Aufbewahrungsrückstellungen steuerrechtlich nicht abzuzinsen. Dies führt gegenwärtig dazu, dass der handelsrechtlich abgezinste Rückstellungsbetrag regelmäßig niedriger ausfällt als die steuerrechtlich zu bildende Rückstellung. Nach Rechtsauffassung der OFD Münster, die gemäß einer bundesweiten Abstimmung nunmehr entsprechend in den Finanzbehörden umzusetzen ist, ist dieser niedrigere handelsrechtliche Rückstellungsbetrag maßgeblich für die Steuerbilanz.

Ein höherer handelsrechtlicher Rückstellungsbetrag dürfte hingegen aufgrund des Einleitungssatzes zu § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ausdrücklich nicht in der Steuerbilanz angesetzt werden. Das damit infolge der OFD-Verfügung resultierende einseitige Verständnis von handelsrechtlicher Maßgeblichkeit für die steuerliche Gewinnermittlung – zulasten der Steuerpflichtigen – ist daher abzulehnen (vgl. hierzu auch Prinz, DB 35/2012, S. 1).

Wir möchten Sie bitten, zeitnah zu dieser Problematik Stellung zu nehmen.

Für Rückfragen oder ergänzende Konsultationen stehen wir gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
RA/StB Norman Peters
(Geschäftsführer)

gez.
StBin Dipl.-Hdl. Vicky Johrden
(Referentin für Steuerrecht)

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Quelle: DStV, Mitteilung vom 05.08.2013

 

Umsatzsteuer-Voranmeldung authentifizierte Übermittlung

Seit dem 1. Januar 2013 müssen (Vor-) Anmeldungen authentifiziert übermittelt werden. Dies ergibt sich aus der ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung des § 6 Abs. 1 Steuerdaten- Übermittlungsverordnung inVerbindung mit § 150Abs. 6 Abgabenordnung.

Damit ist eine nicht authentifizierte Übermittlung von (Vor-)Anmeldungen nach dem 31. Dezember 2012 grundsätzlich nicht mehr zulässig. Um Ihnen einen reibungslosen Umstieg in das authen tifizierte (Vor-)Anmeldungsverfahren zu ermöglichen, werden nicht authentifiziert übermittelte (Vor-)Anmeldungen noch bis 31. August 2013 angenommen. Danach erfolgt eine Abweisung der nicht authentifiziert übermittelten (Vor-)Anmeldungen; bei dadurch verursachter verspäteter Abgabe von (Vor-)Anmeldungen können Verspätungszuschläge festgesetzt werden.

Für die authentifizierte Übermittlung wird einelektronisches Zertifikat benötigt. Dieses erhalten Sie durch eine Registrierung im ElsterOnline-Portal unter www.eisteronline.de/epoiiai. Arbeitgebern wird im Hinblick auf die Einführung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) zum 01. Januar 2013 die Zertifikatsart „Nicht-persönliches Zertifikat (Organisationszer tifikat)“ empfohlen.

Die Registrierung kann bis zu 2 Wochen in Anspruch nehmen. Bei Problemen technischer Artsteht die ELSTER-Hotline zur Verfügung. Die Kontaktdaten finden Sie unter www.elster.de.

Nähere Informationen zur verpflichtenden Authentifizierung finden Sie unter www.eister.de in der „Benutzergruppe“ Unternehmer bzw. Arbeitgeber.

Bitte informieren Sie ggf. Ihren steuerlichen Berater.

 

Hinweis: Sollten Sie noch keine Zertifikat haben, dann können Sie über www.umsatzsteuer-voranmeldung.de Ihre Voranmeldung auch ohne Zertifikat an das Finanzamt übermitteln.

Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung

Anwendung des BFH-Urteils vom 12.05.2011 (VI R 42/10)

Unter Änderung der bisherigen Rechtsprechung hat der BFH mit Urteil vom 12.05.2011 (VI R 42/10) entschieden, dass Kosten eines Zivilprozesses – unabhängig von dessen Gegenstand – bei den außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG berücksichtigungsfähig sind. Einschränkend weist er darauf hin, dass entsprechende Aufwendungen lediglich dann zwangsläufig seien, wenn die Prozessführung ausreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Davon sei auszugehen, wenn der Erfolg des Prozesses zumindest ebenso wahrscheinlich sei wie der Misserfolg.

Nach dem BMF-Schreiben vom 20.12.2011 ist das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.

Mit dem AmtshilfeRLUmsG vom 26.06.2013 wurde in § 33 Abs. 2 EStG die steuerliche Berücksichtigung von Zivilprozesskosten ab 2013 neu geregelt. Danach sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnissen dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Da§ 33 Abs. 2 EStG n.F. erst ab 2013 Anwendung findet, bleibt es für Zeiträume vor 2013 bei der bisherigen Rechtslage, insbesondere ist das Urteil des BFH vom 12.05.11 (VI R 42/10) weiterhin nicht anzuwenden.
Zurzeit sind beim BFH noch weitere Verfahren zur Berücksichtigung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen Az.: IX R 5/12, VI R 9/13; VI R 70/12; VI R 5/13; VI R 69/12; VI R 65/12; VI R 74/12, VI R 14/13; X R 34/12; VI R 66/12; X R 23/12) anhängig. Einsprüche, die hierauf gestützt werden, ruhen insoweit gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kraft Gesetzes.

Außerdem sind zur Zeit beim FG Rheinland-Pfalz Verfahren zur Frage der Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung anhängig (Az.: 1 K 1921/12, 2 K 1342/12, 3 K 1448/10, 3 K 665/12, 5 K 1843/12, 5 K 1424112, 5 V 1654112 (AdV). Entsprechende Einsprüche können mit Zustimmung des Einspruchsführers gemäß § 363 Abs. 2 Satz l AO aus Zweckmäßigkeitsgründen ruhen.

Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale

Erstmaliger Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale durch den Arbeitgeber und Anwendungsgrundsätze für den Einführungszeitraum 2013  
Nach § 52b EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I Seite 1809) sind im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder für den Lohnsteuerabzug ab dem Kalenderjahr 2013 die folgenden Regelungen zu beachten:
I. Starttermin  
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 – IV C 5 – S 2363/07/0002-03, DOK 2012/1170782 – (BStBl I Seite 1258, ELStAM-Startschreiben) hat das Bundesministerium der Finanzen als Starttermin für das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM- Verfahren) den 1. November 2012 festgelegt. Ab diesem Zeitpunkt können die Arbeitgeber die ELStAM der Arbeitnehmer mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 abrufen. Der Arbeitgeber hat das ELStAM-Verfahren grundsätzlich für laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 31. Dezember 2012 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2012 zufließen, anzuwenden.
II. Einführungszeitraum für das ELStAM-Verfahren
Nach der Regelung in § 52b Absatz 5 Satz 2 EStG ist für die Einführung des ELStAM- Verfahrens ein Zeitraum zu bestimmen (Einführungszeitraum). Auf der Grundlage dieser Vorschrift wird hiermit das Kalenderjahr 2013 als Einführungszeitraum bestimmt. Damit wird insbesondere den Arbeitgebern ein längerer Umstellungszeitraum auf das ELStAM-Verfahren angeboten, um auch eventuelle technische und organisatorische Probleme, die bei einem gleichzeitigen Einstieg aller Arbeitgeber zu einem festen Termin entstehen könnten, zu vermeiden. Daraus folgt auch, dass der Arbeitgeber die ELStAM spätestens für den letzten im Kalenderjahr 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum abzurufen und anzuwenden hat. Ein Abruf mit Wirkung ab 2014 ist verspätet.
 Seite 3  Weil im Einführungszeitraum das Lohnsteuerabzugsverfahren nach Maßgabe der Regelungen für das Papierverfahren oder für das ELStAM-Verfahren durchgeführt werden kann, sind abweichend vom BMF-Schreiben vom 6. August 2013 – IV C 5 – S 2363/13/10003, DOK 2013/0563339 – (BStBl I Seite xxx) die folgenden Regelungen zu beachten.
III. Arbeitgeber
1. Papierverfahren im Einführungszeitraum
Solange der Arbeitgeber im Einführungszeitraum das ELStAM-Verfahren nicht anwendet, sind für den Lohnsteuerabzug folgende Papierbescheinigungen zugrunde zu legen: 1. Die Lohnsteuerkarte 2010 oder  2. eine vom Finanzamt nach § 52b Absatz 3 EStG ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013).
Sind von den unter Nummer 1 und 2 genannten Papierbescheinigungen abweichende Lohn- steuerabzugsmerkmale anzuwenden, kann sie der Arbeitnehmer anhand folgender amtlicher Bescheinigungen nachweisen: 1. Mitteilungsschreiben des Finanzamts zur „Information über die erstmals elektronisch gespeicherten Daten für den Lohnsteuerabzug (Elektronische Lohnsteuerabzugs- merkmale)“ nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012, 2. Ausdruck oder sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts mit den ab dem 1. Januar 2012 oder zu einem späteren Zeitpunkt im Übergangszeitraum 2012 und Einführungs- zeitraum 2013 gültigen ELStAM oder 3. Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (Tz. III. 2) aufgrund abweichender Meldedaten (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG)  bis zur Bereitstellung der ELStAM nach Aufhebung der Abrufsperre, längstens bis zum Ablauf der Gültigkeit (§ 52b Absatz 5a Satz 4 und 5 EStG).
Die in den vor dem 1. Januar 2013 ausgestellten Ausdrucken oder sonstigen Papierbescheini- gungen eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) bleiben weiterhin gültig und sind dem Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum zugrunde zu legen (§ 52b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 EStG). Ein erneuter Antrag des Arbeitnehmers ist hierfür nicht erforderlich.
Das Mitteilungsschreiben des Finanzamts nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012 ist nur dann für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers vorliegt (Steuerklassen I bis V). Hingegen ist der Ausdruck bzw. die sonstige Papierbeschei- nigung des Finanzamts mit den ab dem 1. Januar 2012 oder zu einem späteren Zeitpunkt im Einführungszeitraum 2013 gültigen Lohnsteuerabzugsmerkmalen für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers vorliegt (Steuerklassen I bis V).  
#Legt der Arbeitnehmer ein Mitteilungsschreiben des Finanzamts nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012, einen Ausdruck bzw. eine sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts oder eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug dem Arbeitgeber zum Zweck der Berücksichtigung beim Lohnsteuerabzug vor, sind allein die ausgewiesenen Lohnsteuerabzugsmerkmale auf der zuletzt ausgestellten amtlichen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug maßgebend. Sämtliche auf einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 oder einer anderen zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellten amtlichen Bescheinigung eingetragenen Lohnsteuer- abzugsmerkmale werden überschrieben. Diese vereinfachte Nachweismöglichkeit besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2013 in ein neues erstes Dienstverhältnis wechselt.  
Somit sind die zuletzt eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale – unabhängig von der ein- getragenen Gültigkeit – vom Arbeitgeber zunächst auch noch für das Lohnsteuerabzugsver- fahren im Einführungszeitraum zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber braucht nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die einzelnen Lohnsteuerabzugsmerkmale dem Grunde bzw. der Höhe nach noch vorliegen.
Zur Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgegennahme und Aufbewahrung der vom Finanz- amt ausgestellten Papierbescheinigungen vgl. Tz. III. 9.
Ist auf der Lohnsteuerkarte 2010 eine Lohnsteuerbescheinigung erteilt und die Lohnsteuer- karte an den Arbeitnehmer herausgegeben worden, kann der Arbeitgeber bei fortbestehendem Dienstverhältnis die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 im Einführungs- zeitraum 2013 weiter anwenden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich bestätigt, dass die Lohn- steuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 auch weiterhin für den Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum 2013 zutreffend sind (§ 52b Absatz 1 Satz 5 EStG). Eine amtliche Be- scheinigung ist hierfür nicht vorgesehen, so dass eine formlose Erklärung des Arbeitnehmers als Nachweis ausreicht. Diese schriftliche Bestätigung ist als Beleg zum Lohnkonto zu neh- men.
Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ledige Arbeitnehmer, die im Kalenderjahr 2013 während des Einführungszeitraums ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis beginnen, kann der Arbeitgeber die Vereinfachungsregelung des § 52b Absatz 4 EStG anwen- den. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohn- steuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 nach der Steuerklasse I vorneh- men. Dazu hat der Auszubildende seinem Arbeitgeber die Identifikationsnummer, den Tag der Geburt und ggf. die rechtliche Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemein-
 Seite 5  schaft mitzuteilen und schriftlich zu bestätigen, dass es sich um ein erstes Dienstverhältnis handelt.
Wurde die vorstehende Vereinfachungsregelung bereits im Kalenderjahr 2011 oder 2012 in Anspruch genommen, kann im Einführungszeitraum 2013 die Lohnsteuer weiterhin nach der Steuerklasse I ermittelt werden. Voraussetzung hierfür ist eine schriftliche Bestätigung des Auszubildenden, dass es sich weiterhin um sein erstes Dienstverhältnis handelt.
2. Bescheinigung bei unzutreffenden ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs (Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug)
Bei Einführung des ELStAM-Verfahrens bzw. dem erstmaligen Abruf der ELStAM durch den Arbeitgeber kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzverwaltung für den Arbeitnehmer aufgrund fehlerhafter Meldedaten materiell unzutreffende ELStAM bereitstellt, da die Finanzämter nicht befugt sind, in der ELStAM-Datenbank gespeicherte Meldedaten zu ändern. Es können auch aus anderen Gründen unzutreffende ELStAM gespeichert sein, deren Berichtigung aus technischen Gründen nicht zeitnah möglich ist.
Hat das Finanzamt in diesen Fällen eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausgestellt (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG, Tz. V. 2), wird der Arbeitgeberabruf durch das Finanzamt gesperrt, sog. Vollsperrung. Meldet der Arbeitgeber oder sein Vertreter den Arbeitnehmer trotz erfolgter Sperrung an, erhält er die Mitteilung „Keine Anmelde- berechtigung“. Die Regelungen des § 39e Absatz 6 Satz 8 EStG (Lohnsteuerabzug nach Steuerklasse VI) sind nicht anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat.
Der Arbeitgeber darf die Lohnsteuerabzugsmerkmale dieser Besonderen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug nur dann für den angegebenen Zeitraum anwenden, wenn ihm die Lohnsteuerkarte 2010 oder eine Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 des Arbeitnehmers mit einer der Steuerklassen I bis V (erstes Dienstverhältnis) vorliegt. Zur Anwendung der kalenderjahrbezogen bescheinigten Lohnsteuerabzugsmerkmale vgl. Tz. V. 2.
Erfolgte die Sperrung der ELStAM vor dem erstmaligen Abruf durch den Arbeitgeber, hat der Arbeitnehmer und nicht das Finanzamt dem Arbeitgeber die Aufhebung der Sperrung mitzuteilen (Tz. IV und V. 2). Dazu hat der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber das Infor- mationsschreiben seines Wohnsitzfinanzamts über die Aufhebung der Sperrung auszu- händigen. Aufgrund dieser Mitteilung hat der Arbeitgeber den beschäftigten Arbeitnehmer erstmalig in der ELStAM-Datenbank anzumelden (Tz. III. 4) und die entsprechenden ELStAM abzurufen. Diese Grundsätze gelten auch bei einem Arbeitgeberwechsel während der Dauer der Sperrung. Hat das Finanzamt die ELStAM nach ihrem erstmaligen Abruf gesperrt, wird dem Arbeit- geber die Aufhebung der Sperrung durch Bereitstellung sog. Änderungslisten automatisch
 Seite 6  mitgeteilt. Daraufhin hat der Arbeitgeber die bereitgestellten ELStAM abzurufen und ab der dem Abruf folgenden Lohnabrechnung anzuwenden.
3. Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen
Bei unzutreffenden ELStAM, die auf vom Finanzamt zu bildenden Merkmalen beruhen (z. B. Freibetrag aus dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Steuerklassenkombination bei Ehegat- ten, Beantragung der Steuerklasse II), korrigiert das Finanzamt auf Veranlassung des Arbeit- nehmers die ELStAM in der Datenbank. Daraufhin werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM zur Verfügung gestellt.
Nimmt das Finanzamt die Korrektur vor dem erstmaligen Abruf vor (z. B. bei Feststellung des Fehlers im Rahmen des Ermäßigungsverfahrens), werden dem Arbeitgeber beim erstmali- gen Abruf die zutreffenden ELStAM bereitgestellt. Der vom Finanzamt in diesem Fall aus- gestellte Ausdruck der ELStAM (Tz. V. 2) kann auch vor dem erstmaligen Arbeitgeberabruf nach den Grundsätzen der Tz. III. 1 dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt werden.
Nimmt das Finanzamt die Korrektur nach dem erstmaligen Abruf vor, werden dem Arbeit- geber die zutreffenden ELStAM bereitgestellt (sog. Änderungsmitteilung), die rückwirkend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Abrufs angewendet werden können. Zur Beschleunigung der Korrektur eines unzutreffenden Lohnsteuerabzugs kann der in diesem Fall ausgestellte Ausdruck der ELStAM (Tz. V. 2) vor dem Abruf der korrigierten ELStAM nach den Grundsätzen der Tz. III. 1 dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt werden.
4. Erstmaliger Einsatz des ELStAM-Verfahrens nach dem Starttermin
Nach dem Starttermin hat der Arbeitgeber oder sein Vertreter die beschäftigten Arbeitnehmer im Einführungszeitraum für den Einsatz des ELStAM-Verfahrens in der ELStAM-Datenbank anzumelden. Dazu soll der Arbeitgeber sämtliche Arbeitnehmer einer lohnsteuerlichen Betriebsstätte zeitgleich in das ELStAM-Verfahren einbeziehen. Um den Arbeitgebern den Einstieg in das ELStAM-Verfahren zu erleichtern, bestehen abweichend davon aber keine Bedenken, die Arbeitnehmer im Einführungszeitraum auch stufenweise (zu verschiedenen Zeitpunkten) in das ELStAM-Verfahren zu überführen. Wählt der Arbeitgeber diese Möglich- keit, hat er für den Lohnsteuerabzug – bezogen auf die jeweilige Betriebsstätte – sowohl die Regelungen für das Papierverfahren als auch für das ELStAM-Verfahren zu beachten.
 Seite 7  Der Arbeitgeber soll dem Arbeitnehmer den Zeitpunkt für die erstmalige Anwendung der ELStAM zeitnah mitteilen. Eine Mitteilung des erstmaligen Abrufs der ELStAM gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt ist nicht erforderlich. Bei der Anmeldung in der ELStAM- Datenbank hat der Arbeitgeber auch anzugeben, ob es sich um ein erstes oder ein weiteres Dienstverhältnis des Arbeitnehmers handelt. Diese Angaben sind für die programmgesteuerte Bildung der Lohnsteuerklasse erforderlich.
Ein erstes Dienstverhältnis darf der Arbeitgeber während des Einführungszeitraums nur anmelden, wenn ihm für den betreffenden Arbeitnehmer – die Lohnsteuerkarte 2010 oder – eine vom Finanzamt ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013) mit einer der Steuerklassen I bis V vorliegt oder wenn – er im Rahmen der Vereinfachungsregelung für Auszubildende (§ 52b Absatz 4 EStG) den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer Ersatz- bescheinigung nach der Steuerklasse I vorgenommen hat oder – er die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 nach § 52b Absatz 1 Satz 5 EStG aufgrund einer Erklärung des Arbeitnehmers weiter angewendet hat (§ 52b Absatz 5 Satz 5 EStG). Diese Grundsätze gelten – mit Ausnahme der Fälle des § 52b Absatz 1 Satz 5 EStG (Anwen- dung der Lohnsteuerabzugsmerkmale 2010 ohne Lohnsteuerkarte 2010) – auch bei Begrün- dung eines neuen Dienstverhältnisses im Einführungszeitraum. Für unbeschränkt einkom- mensteuerpflichtige ledige Arbeitnehmer, die im Einführungszeitraum nach Einstieg des Arbeitgebers in das ELStAM-Verfahren ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis beginnen, kann der Arbeitgeber ein erstes Dienstverhältnis ohne Vorlage einer Lohnsteuer- karte 2010 oder einer Ersatzbescheinigung anmelden, wenn der Auszubildende seinem Arbeitgeber dies entsprechend schriftlich bestätigt.
5. ELStAM bei verschiedenen Lohnarten
Auch wenn der Arbeitgeber verschiedenartige Bezüge zahlt, sind diese aufgrund des Grund- satzes eines einheitlichen Dienstverhältnisses zu einem Arbeitgeber zusammenzurechnen. In den folgenden Fällen handelt es sich um ein einheitliches Dienstverhältnis, so dass die Lohn- steuer für die Bezüge einheitlich und nach denselben ELStAM zu erheben ist. Der Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis des Arbeitnehmers durch denselben Arbeitgeber ist nicht möglich.
Beispiele für die Zahlung verschiedenartiger Bezüge:
 Seite 8  • Ein Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber neben einer Betriebsrente noch Arbeitslohn für ein aktives Dienstverhältnis; die Lohnsteuer wird nicht pauschal erhoben. • Ein Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber Hinterbliebenenbezüge und eigene Ver- sorgungsbezüge oder Arbeitslohn für ein aktives Dienstverhältnis. • Ein Arbeitnehmer ist in Elternzeit und arbeitet gleichwohl beim selben Arbeitgeber weiter.
Behandelt der Arbeitgeber solche Bezüge bei der Durchführung des Lohnsteuerabzugs wie Bezüge aus unterschiedlichen Dienstverhältnissen, sind für Lohnabrechnungszeiträume, die vor dem 1. Januar 2015 enden, bzw. für sonstige Bezüge, die vor dem 1. Januar 2015 zu- fließen, die vom Arbeitgeber abgerufenen ELStAM für einen der gezahlten Bezüge anzu- wenden. Für den jeweils anderen Bezug ist die Steuerklasse VI ohne weiteren Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis zu Grunde zu legen. Für den Lohnsteuereinbehalt von Versorgungsbezügen nach der Steuerklasse VI ist § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 1 EStG zu berücksichtigen, wonach kein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag anzusetzen ist. Die Lohnsteuerbescheinigung ist entsprechend den getrennt abgerechneten Bezügen auszustellen und an die Finanzverwaltung zu übermitteln.
6. Anwendung der abgerufenen ELStAM
Nach erfolgreichem Abruf der ELStAM hat der Arbeitgeber für die angemeldeten Arbeitneh- mer die Vorschriften des ELStAM-Verfahrens (§§ 38 bis 39e EStG, Regelverfahren) anzu- wenden. Danach sind die vom Arbeitgeber oder seinem Vertreter abgerufenen ELStAM grundsätzlich für die nächste auf den Abrufzeitpunkt folgende Lohnabrechnung anzuwenden und im Lohnkonto aufzuzeichnen (§§ 52b Absatz 5 Satz 3, 41 Absatz 1 Satz 2 EStG; Ausnahme vgl. Tz. III. 7).
Eine erneute Anwendung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach der Lohnsteuerkarte 2010 und den vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen ist grundsätzlich nicht mehr möglich (§ 52b Absatz 5a Satz 1 und 2 EStG; Ausnahme vgl. Tz. III. 7). Dieser Grundsatz ist auch dann zu beachten, wenn ein späterer Abruf oder eine spätere Anwendung der ELStAM aufgrund technischer Störungen nicht möglich ist. In diesen Fällen sind die Regelungen des § 39c EStG (Einbehaltung der Lohnsteuer ohne Lohnsteuerabzugsmerkmale) anzuwenden.
Scheitert allerdings der erstmalige Abruf der ELStAM während des Einführungszeitraums aufgrund technischer Probleme, kann der Arbeitgeber bis zum vorletzten Lohnzahlungszeit- raum des Einführungszeitraums weiterhin das Papierverfahren und die Regelungen des § 52b EStG anwenden.
Weichen die erstmals abgerufenen ELStAM von den auf der Lohnsteuerkarte 2010, einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und den weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen eingetragenen bzw. im Lohnkonto aufgezeich- neten Lohnsteuerabzugsmerkmalen ab, besteht für den Arbeitgeber weder eine Korrektur- pflicht nach § 41c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG noch eine Anzeigepflicht nach § 41c Absatz 4 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG, da er bei Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer vorgelegten Lohnsteuerkarte 2010, der vom Finanzamt ausgestellten Ersatz- bescheinigung 2011, 2012, 2013 und den weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papier- bescheinigungen vorschriftsmäßig gehandelt hat. Abweichungen können z. B. dann auftreten, wenn der Arbeitnehmer seiner Anzeigeverpflichtung im Papierverfahren bei Änderungen der Lohnsteuerabzugsmerkmale zu seinen Ungunsten nicht nachgekommen ist (z. B. Steuerklasse III oder II anstatt I).
7. Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM
Nichtanwendung der erstmals abgerufenen ELStAM Abweichend von Tz. III. 6 kann der Arbeitgeber nach § 52b Absatz 5a Satz 7 EStG auf eine sofortige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM einmalig verzichten. Statt dessen kann er den Lohnsteuerabzug für die Dauer von bis zu sechs Kalendermonaten weiter nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010, einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen bzw. nach den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen durchführen. Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. Dezember 2013) hinausreicht.
Für eine verzögerte Anwendung der erstmals abgerufenen ELStAM ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, solch eine betriebsinterne Abstimmung lohnsteuerlich zu dokumentieren; es sind keine Aufzeichnungen im Lohnkonto erforderlich.
In diesem 6-Monats-Zeitraum kann der Arbeitgeber insbesondere die Funktionsfähigkeit der eingesetzten Lohnabrechnungsprogramme absichern. Ferner ermöglicht diese Regelung, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die abgerufenen ELStAM zur Überprüfung vorab mitteilt. Hierfür – aber auch für eine spätere Prüfung der ELStAM – stellt die Finanzverwaltung einen Vordruck (Vordruck „Bescheinigung zur Überprüfung der elektronischen Lohnsteuerabzugs- merkmale (ELStAM)“) im Internetangebot der obersten Finanzbehörden der Länder und in einer Formulardatenbank der Bundesfinanzverwaltung unter der Internetadresse https://www.formulare-bfinv.de in der Rubrik Formularcenter/Formularkatalog/Steuerformulare/Lohnsteuer zur Einsicht und zum Abruf bereit.
 Nichtanwendung der erstmals abgerufenen ELStAM nach erstmaligem Lohnsteuerabzug Der Arbeitgeber kann ferner nach § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG und abweichend von Tz. III. 6 auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung des Arbeitnehmers den Lohnsteuerabzug nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010 oder einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papier- bescheinigungen bzw. nach den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen für die Dauer von bis zu sechs Kalendermonaten durchführen, wenn die erstmalige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM zu einem vom bisherigen Verfahren abweichenden Lohnsteuerabzug führt. In diesem Zeitraum kann der Arbeitnehmer mit dem Finanzamt die Abweichungen der ELStAM von den bislang berücksichtigten Lohnsteuerabzugsmerkmalen aufklären. Auch hierzu kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Abweichungen zwischen den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen und den ELStAM durch den Vordruck „Bescheinigung zur Überprüfung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“ mitteilen.
Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. Dezember 2013) hinausreicht.
Lohnsteuerabzug nach Korrektur der ELStAM bzw. nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums Nach Vorlage der Besonderen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (z. B. bei unzu- treffenden Meldedaten) durch den Arbeitnehmer oder nach Eingang einer sog. Änderungs- mitteilung zum Abruf der vom Finanzamt korrigierten ELStAM hat der Arbeitgeber diese Merkmale entsprechend Tz. III. 2 bzw. III. 3 anzuwenden. Spätestens nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums hat der Arbeitgeber die (erstmals) abgerufenen ELStAM anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer keine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat oder keine sog. Änderungsmitteilung zum Abruf der vom Finanzamt korrigierten ELStAM eingeht, z. B. weil die (erstmals) bereitgestellten ELStAM zutreffend sind.
Keine Rückrechnungsverpflichtung des Arbeitgebers Wendet der Arbeitgeber die Regelungen des § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG an, besteht für ihn weder eine Rückrechnungs-/Korrekturpflicht noch eine Anzeigeverpflichtung für den 6-Monats-Zeitraum bzw. auf den 1. Januar 2013 (vgl. Tz. III. 6).
8. Beendigung des Dienstverhältnisses bei Anwendung des ELStAM-Verfahrens
Hat der Arbeitgeber die ELStAM des Arbeitnehmers bereits angewendet, hat der Arbeitgeber den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses (z. B. in Fällen des Arbeitgeberwechsels) der Finanzverwaltung unverzüglich mitzuteilen (sog. Abmeldung, § 39e Absatz 4 Satz 5 EStG). Eine solche elektronische Abmeldung ist auch dann erforderlich, wenn das Finanzamt den Arbeitgeberabruf gesperrt hat (vgl. Tz. III. 2).
9. Entgegennahme und Aufbewahrung der Lohnsteuerkarte 2010/Papier- bescheinigung(en)
Der Arbeitgeber hat auch im Einführungszeitraum die Lohnsteuerkarte 2010, Ersatz- bescheinigung für 2011, 2012, 2013 und die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papier- bescheinigungen entgegenzunehmen, aufzubewahren sowie die darauf eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale in das Lohnkonto zu übernehmen. Die so aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmale sind dem Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum bis zur erstmaligen Anwendung der ELStAM für den jeweiligen Arbeitnehmer zugrunde zu legen.
Auf Anforderung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Einführungszeitraum die vor- gelegten Bescheinigungen (Tz. III. 1) zur Änderung nicht mehr zutreffender Lohnsteuer- abzugsmerkmale durch das Finanzamt vorübergehend zu überlassen oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses vor Ablauf des Kalenderjahres 2014 innerhalb einer angemessenen Frist auszuhändigen (§ 52b Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 EStG).
Die Lohnsteuerkarte 2010, Ersatzbescheinigung für 2011, 2012, 2013 und die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen dürfen erst nach Ablauf des Kalenderjahres 2014 vernichtet werden (§ 52b Absatz 1 Satz 4 EStG).
10. Härtefallregelung
Weil der Einführungszeitraum zum 31. Dezember 2013 endet, können Härtefallanträge auf Nichtteilnahme am ELStAM-Verfahren (§ 39e Absatz 7 EStG) für das Kalenderjahr 2013 frühestens mit Wirkung ab dem letzten Lohnzahlungszeitraum in 2013 gestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt steht das Papierverfahren ohnehin zur Verfügung.
IV. Arbeitnehmer
Papierverfahren vor Einsatz des ELStAM-Verfahrens Bis zum erstmaligen Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum sind für den Nachweis der Lohnsteuerabzugsmerkmale die Regelungen für die Papierbescheinigungen in Tz. III. 1 zu beachten. Die Vereinfachungsregelung für Auszubildende nach § 52b Absatz 4 EStG kann weiterhin angewandt werden (Tz. III. 4).
Sind aufgrund geänderter Lebensverhältnisse für das Kalenderjahr 2013 gegenüber den Verhältnissen des Jahres 2012 abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale (Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) maßgebend, kann das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatz- bescheinigung für 2011 oder 2012, 2013 berichtigen. Weicht die Eintragung der Steuerklasse oder die Zahl der Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte 2010, der Ersatzbescheinigung 2011 oder 2012 oder der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen von den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres 2013 zu Gunsten des Arbeitnehmers ab oder ist die Steuerklasse II bescheinigt und entfallen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) im Laufe des Kalenderjahres 2013, besteht auch im Jahr 2013 – wie bisher – eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Finanzamt (§ 52b Absatz 2 Satz 2 und 3 EStG).
Wechselt der Arbeitnehmer im Einführungszeitraum seinen Arbeitgeber, hat er sich die Lohn- steuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 sowie die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen vom bisherigen Arbeitgeber aushändigen zu lassen und dem neuen Arbeitgeber vorzulegen.
Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2013 Für die Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 bis 8 EStG ist zu beachten, dass die für die Kalenderjahre 2010, 2011 oder 2012 bescheinigten Beträge in 2013 ohne weiteren Antrag nur für den Zeitraum des Papierverfahrens bis zum Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum gelten.
Entspricht ein für das Kalenderjahr 2010, 2011 oder 2012 eingetragener Freibetrag im Kalen- derjahr 2013 nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen, z. B. Minderung des Freibetrags aufgrund geringerer Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeits- stätte als Werbungskosten, ist der Arbeitnehmer zwar nicht verpflichtet, die Anpassung des Freibetrags auf den dem Arbeitgeber vorliegenden Bescheinigungen (Tz. III. 1) zu veran- lassen. Unterbleibt jedoch ein Antrag auf Herabsetzung des Freibetrags, kann dies zu Nachzahlungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung führen.
Sollen Freibeträge auch bei Anwendung der ELStAM durch den Arbeitgeber in 2013 (weiter) berücksichtigt werden, sind diese grundsätzlich im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungs- verfahrens für 2013 neu zu beantragen. Entsprechendes gilt für das Faktorverfahren (§ 39f EStG), die Steuerklasse II bei volljährigen Kindern sowie für antragsgebundene Kinderzähler, sofern nicht bereits für das Kalenderjahr 2012 eine mehrjährige Berücksichtigung des Kindes beantragt worden ist. Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene werden weiterhin in der Regel mehrjährig berücksichtigt.
Korrektur der ELStAM nach Einsatz des ELStAM-Verfahrens Stellt die Finanzverwaltung im Einführungszeitraum dem Arbeitgeber ELStAM bereit, die nach Auffassung des Arbeitnehmers unzutreffend sind, kann er beim Wohnsitzfinanzamt eine Berichtigung der ELStAM beantragen (vgl. Tz. III. 2 und 3). Macht der Arbeitgeber von der Regelung im § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG (Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM) Gebrauch, bedarf dies der Zustimmung des Arbeitnehmers (Tz. III. 7).
Zur Erleichterung der Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Finanzamt in Abwei- chungsfällen kann der Arbeitnehmer den Vordruck „Antrag auf Korrektur der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“ verwenden, der im Internetangebot der obersten Finanzbehörden der Länder und in einer Formulardatenbank der Bundesfinanzverwaltung unter der Internetadresse https://www.formulare-bfinv.de in der Rubrik Formularcenter/Formularkatalog/Steuerformulare/Lohnsteuer zur Einsicht und zum Abruf bereit steht.
Auf die Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber über die vom Finanzamt mit- geteilte Aufhebung einer Abrufsperre zu informieren, wird hingewiesen (Tz. III. 2 und V. 2).
V. Finanzamt
1. Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2013
Sind beim Arbeitnehmer im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens für das Kalen- derjahr 2013 Freibeträge zu berücksichtigen, hat das Finanzamt diese Lohnsteuerabzugs- merkmale in der ELStAM-Datenbank zu speichern. In diesen Antragsfällen ist dem Arbeitnehmer stets ein Ausdruck der ELStAM mit den ab 2013 geltenden Merkmalen zur Vorlage beim Arbeitgeber auszustellen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2013 die Berücksichtigung eines Kinderzählers, der Steuerklasse II, eines Faktors oder einer anderen Steuerklassenkombination bei Ehegatten beantragt hat.
2. Unzutreffende ELStAM
Allgemeines Werden dem Arbeitgeber ELStAM bereitgestellt, die nach Auffassung des Arbeitnehmers unzutreffend sind, hat das Wohnsitzfinanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers die gebildeten ELStAM zu prüfen und sie ggf. zu ändern.
Unzutreffende ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs Entsprechen die programmgesteuert gebildeten ELStAM nicht den tatsächlichen Verhält- nissen des Arbeitnehmers und sind somit unzutreffend (z. B. wegen fehlerhafter Meldedaten), hat das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug auszustellen (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG) und den Arbeitgeberabruf zu sperren, sog. Vollsperrung (vgl. Tz. III. 2). Die Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuer- abzug kann für das Kalenderjahr 2013 und 2014 ausgestellt werden, wobei der Faktor (§ 39f EStG) sowie Freibeträge nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 bis 8 EStG stets nur bezogen auf ein Kalenderjahr zu bescheinigen sind.
Hat das Finanzamt ein sog. Fehlerticket erstellt, wird ihm die Korrektur der Unstimmigkeiten bzw. Fehler in der ELStAM-Datenbank mitgeteilt. Im Anschluss daran hat das Finanzamt die Sperrung aufzuheben. Erfolgte die Sperrung nach dem erstmaligen Abruf der ELStAM, erhält der Arbeitgeber automatisch eine sog. Änderungsmitteilung mit den korrigierten ELStAM. Erfolgte die Sperrung bereits vor dem erstmaligen Abruf, ist deren Aufhebung dem Arbeit- nehmer zur Information des Arbeitgebers mitzuteilen (Informationsschreiben, vgl. Tz. III. 2). In diesem Fall hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erstmalig in der ELStAM-Datenbank anzumelden.
Lebenspartnerschaften Derzeit übermitteln die Meldebehörden lediglich die Information an die Finanzverwaltung, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Lebenspartner handelt. Neben dem Merkmal der Lebenspartnerschaft wird die Identifikationsnummer des anderen Lebenspartners derzeit noch nicht mitgeteilt. Daher ist eine programmgesteuerte Bildung der für Ehegatten möglichen Steuerklassenkombinationen für Lebenspartner im ELStAM-Verfahren noch nicht möglich.
Die Berücksichtigung der für Ehegatten möglichen Steuerklassen und Steuerklassen- kombinationen beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber setzt in diesen Fällen einen Antrag beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt voraus. Da diese Lohnsteuerabzugsmerkmale noch nicht automatisiert gebildet werden können, stellt das Finanzamt nach § 52b Absatz 5a Satz 3 EStG (vgl. Tz. III. 2) eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug aus, die der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs vorzulegen hat. Der Arbeitgeberabruf für die ELStAM ist entsprechend zu sperren.
Nach der technischen Umsetzung der programmgesteuerten Bildung von Steuerklassen- kombinationen für Lebenspartnerschaften gelten die für Ehegatten zu beachtenden Rege- lungen entsprechend. Sollen die automatisch gebildeten Steuerklassen aus Sicht der Lebens- partner nicht zur Anwendung kommen, kann eine abweichende Steuerklassenkombination beim zuständigen Finanzamt beantragt werden; Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“). Ein solcher Antrag gilt nicht als Änderung der Steuerklassen im Sinne des § 39 Absatz 6 Satz 3 EStG. Das Recht, einmal jährlich die Steuerklasse zu
 Seite 15  wechseln, bleibt davon unberührt (§ 39 Absatz 6 Satz 4 EStG). Ebenso gilt eine Änderung der Steuerklassen bei Wiederaufnahme der Lebenspartnerschaft nicht als Steuerklassenwechsel.
Leben die Lebenspartner dauernd getrennt, haben sie dies dem Finanzamt unverzüglich anzuzeigen (Vordruck „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“). Dadurch wird – ungeachtet eines etwaigen Steuerklassenwechsels im Trennungsjahr – ab Beginn des darauf folgenden Jahres die Steuerklasse I gebildet.
Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen Betreffen die für den Arbeitnehmer bereitgestellten unzutreffenden ELStAM vom Finanzamt zu bildende Merkmale (z. B. Freibetrag aus dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Steuer- klassenkombination bei Ehegatten, Beantragung der Steuerklasse II), korrigiert es auf Veran- lassung des Arbeitnehmers die ELStAM, die daraufhin dem Arbeitgeber elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden.
Wird die Korrektur vor dem erstmaligen Abruf der ELStAM durchgeführt, z. B. im Lohn- steuerermäßigungsverfahren, werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM beim erstmaligen Abruf bereitgestellt. Nimmt der Arbeitgeber bereits am ELStAM-Verfahren teil, erhält der Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM mit der nächsten sog. Änderungsmitteilung bereitgestellt.
Dem Arbeitnehmer ist stets ein Ausdruck der ELStAM (ggf. mit Freibetrag) zur Vorlage beim Arbeitgeber auszuhändigen. Nimmt der Arbeitgeber noch nicht am ELStAM-Verfahren teil, hat er den Ausdruck entsprechend den Grundsätzen der Tz. III. 1 und 3 zu berücksichtigen.
3. Keine Rückforderung der Papierbescheinigungen
Das Finanzamt hat die im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens 2013 ausgestellten Bescheinigungen für den Lohnsteuerabzug 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen nicht zurückzufordern.
Dieses Schreiben ist ab dem 1. November 2012 anzuwenden.
Dieses Schreiben steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik – Themen – Steuern – Steuerarten – Lohnsteuer – BMF-Schreiben/Allgemeines – zur Einsicht und zum Abruf bereit. Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Voller Fahrtkostenabzug für „fliegendes“ Personal

FG Münster, Pressemitteilung vom 01.08.2013 zum Urteil 11 K 4527/11 E vom 02.07.2013

Der 11. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem am 01.08.2013 veröffentlichten Urteil vom 2. Juli 2013 (Az. 11 K 4527/11 E) entschieden, dass bei einer Flugbegleiterin der Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzflughafen nicht auf die sog. Entfernungspauschale von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer begrenzt ist, sondern Werbungskosten in Höhe der tatsächlichen Fahrtkosten zu berücksichtigen sind. Die Entscheidung dürfte – ungeachtet der ab 2014 geltenden gesetzlichen Neuregelung des Reisekostenrechts – für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen relevant sein.

Die Klägerin war als Kabinenchefin für eine Fluggesellschaft tätig. Sie hatte in ihrer Einkommensteuererklärung 2010 für die Fahrten von ihrem Wohnort zum Einsatzflughafen in Frankfurt Werbungskosten in Höhe der sog. Entfernungspauschale geltend gemacht. Außerdem hatte sie den Abzug von Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer begehrt. Das Finanzamt erkannte die Fahrtkosten, nicht aber die Aufwendungen für das Arbeitszimmer an. Im Laufe des finanzgerichtlichen Klageverfahrens, das die Klägerin zunächst allein wegen des streitigen Arbeitszimmers angestrengt hatte, beantragte sie die Berücksichtigung von Fahrtkosten in Höhe von 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenem Kilometer. Sie war der Meinung, dass ihr – folge man der neuesten, geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – der volle Fahrtkostenabzug zustehe, weil sie keine regelmäßige Arbeitsstätte habe.

Der 11. Senat des Finanzgerichts Münster gab der Klägerin Recht – sowohl in Bezug auf die Fahrtkosten als auch die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer. Der Senat stellte klar, dass die gesetzlich vorgesehene Beschränkung des Werbungskostenabzuges auf die sog. Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) lediglich Fahrten zwischen Wohnort und „regelmäßiger Arbeitsstätte“ erfasse. „Regelmäßige Arbeitsstätte“ sei nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes jedoch nur noch der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers. Es genüge nicht mehr, dass der Arbeitnehmer den Betrieb seines Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsuche. Erforderlich sei vielmehr auch, dass der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers dort liege. Die Klägerin sei jedoch schwerpunktmäßig nicht im Flughafen in Frankfurt, sondern im Flugzeug tätig. Sie übe somit eine sog. Auswärtstätigkeit aus und könne daher Fahrtkosten in Höhe von 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenem Kilometer in Abzug bringen.

Erfolgreich war die Klägerin auch in Bezug auf die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 Euro. Diese hatte das Finanzamt nicht anerkannt, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass ihr kein „anderer Arbeitsplatz“ im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zur Verfügung stehe. Auch dies sah der 11. Senat des Finanzgerichts Münster anders. Er war davon überzeugt, dass der Klägerin kein „anderer Arbeitsplatz“ für die von ihr zu erledigenden Arbeiten zur Verfügung gestanden habe. Insbesondere der im Rahmen der Flugvorbereitung genutzte, lediglich mit allgemeinen Sitzgelegenheiten und einem kleinen fahrbaren Tisch ausgestattete sog. Briefing-Raum sei kein „anderer Arbeitsplatz“.

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster

Abgrenzung Werkvertrag oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung

Abgrenzung Werkvertrag oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung

Kernfrage
Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, also das Verleihen von Arbeitnehmern, war seit je her genehmigungspflichtig. Seit Ende 2011 haben sich die Zulässigkeitsvoraussetzungen noch verschärft. Gleichzeitig ist das Umgehen einer Arbeitnehmerüberlassung durch den Abschluss von Werkverträgen, nicht zuletzt um Lohnkosten zu senken, ein häufiges Mittel, das in letzter Zeit regelmäßig medial thematisiert worden ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte jetzt über die Abgrenzung zwischen einem zulässigen Werkvertrag und einer unzulässigen, weil ohne Genehmigung ausgeübten, Arbeitnehmerüberlassung zu entscheiden.

Sachverhalt
Die Klägerin war bei einem Unternehmen beschäftigt, das seinerseits mit einem Schlachthof einen Werkvertrag geschlossen hatte, nach der das Unternehmen für den Schlachthof Verpackungsleistungen erbrachte. Dabei erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber einen Lohn der um ein Drittel niedriger lag, als der Lohn der Verpackungsmitarbeiter des Schlachthofs. Mit ihrer Klage machte sie Ansprüche auf Zahlung des Lohns der Schlachthofmitarbeiter geltend. Ihre Klage begründete sie damit, dass der Schlachthof durch seine Mitarbeiter bestimmt habe, wie ihre Arbeit eingeteilt werde, welche Arbeiten sie zu verrichten habe und auch im Übrigen ihr gegenüber weisungsberechtigt gewesen sei.

Entscheidung
Das Gericht gab der Klägerin Recht, weil kein Werkvertrag vorgelegen habe. Vielmehr lag im Verhältnis des Arbeitgebers zum Schlachthof eine Arbeitnehmerüberlassung vor. Maßgeblich für die Abgrenzung sei dabei das Weisungsrecht und die Eingliederung in den Schlachthofbetrieb. Insbesondere die Tatsache, dass die Klägerin nach dem Bedarf und auf Weisung des Schlachthofs eingesetzt worden sei, spreche dagegen, dass der Arbeitgeber der Klägerin ein eigenes Werk gegenüber dem Schlachthof geschuldet habe. Hinzu komme, dass es darüber hinaus so gewesen sei, dass der Schlachthof unmittelbare Weisungskompetenz über die Klägerin gehabt habe, was für eine Eingliederung in den Schlachthofbetrieb spreche und gegen die Annahme eines Werkvertrags, bei dem die Klägerin Weisungen von ihrem eigenen Arbeitgeber erhalten hätte.

Konsequenz
Die Entscheidung macht deutlich, dass die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag nicht in den vertraglichen Abreden zwischen den Unternehmen liegt, sondern in der tatsächlichen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses und dem täglichen Arbeitsleben. Kommt es hier zu Eingliederung bzw. zum Wechsel des Weisungsrechts, dann wird ein Werkvertrag nicht mehr anzunehmen sein.

Welche Beweiskraft hat eine Postzustellungsurkunde?

Welche Beweiskraft hat eine Postzustellungsurkunde?

Kernaussage
Die Postzustellungsurkunde begründet als öffentliche Urkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen, nämlich das Einlegen des Schriftstücks in den zum Wohn- oder Geschäftsraum gehörenden Briefkasten und dass der Postbedienstete unter der angegebenen Anschrift weder den Adressaten persönlich noch eine zur Entgegennahme einer Ersatzzustellung in Betracht kommende Person angetroffen hat. Der Gegenbeweis kann nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Die Möglichkeit, dass die in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen zutreffen, genügt, um von der Richtigkeit dieser Tatsachen auszugehen.

Sachverhalt
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese hatte erhebliche Steuerrückstände und geriet im Jahr 2008 in Insolvenz, weshalb das beklagte Finanzamt den Kläger mit Bescheid vom 9.1.2008 in Haftung nahm. Der Bescheid wurde per Zustellungsurkunde an die Meldeadresse des Klägers versandt. In der Zustellungsurkunde war vermerkt, dass der Postbedienstete das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt hatte. Der Kläger legte am 17.7.2010 gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein und behauptete, der Bescheid sei ihm nie zugegangen. Eine Zustellung sei zudem nicht möglich gewesen, da das Haus, in dem er wohne, über 4 Briefkästen mit identischer Namensbezeichnung verfüge. Der Postbedienstete habe somit keine ordnungsgemäße Zuordnung zwischen Briefkasten und Wohnung des Klägers vornehmen können.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Haftungsbescheid ist bestandskräftig, denn er wurde dem Kläger wirksam per Zustellungsurkunde bekannt gegeben. Der Kläger hat nicht den vollen Gegenbeweis der Unrichtigkeit der Zustellungsurkunde erbracht. Insofern muss die Beweiswirkung der Zustellungsurkunde vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr bezeugten Tatsachen ausgeschlossen sein. Lediglich Zweifel an der Richtigkeit der Zustellungsurkunde reichen nicht aus. Nach Klägervortrag bestand zumindest die Möglichkeit, dass der Postbedienstete von vorhandenen Briefkästen den richtigen Briefkasten auswählte.

Konsequenz
Die Postzustellungsurkunde hat ihre entscheidende Bedeutung in Rechtsbehelfsverfahren, denn der Zeitpunkt der Zustellung ist für die Fristberechnung entscheidend.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin