Verrechnungspreise: Keine formale verdeckte Gewinnausschüttung in DBA-Fällen

Verrechnungspreise: Keine formale verdeckte Gewinnausschüttung in DBA-Fällen

Kernfrage
International aufgestellte Unternehmensgruppen, in denen die einzelnen rechtlichen Einheiten grenzüberschreitende Leistungsbeziehungen unterhalten, stehen seit Jahren unter verstärkter Beobachtung durch den Fiskus. Weil durch Gestaltung der Verrechnungspreise Besteuerungssubstrat zwischen einzelnen Ländern verlagert werden kann, muss die Preisgestaltung einem Fremdvergleich standhalten, um steuerlich anerkannt zu werden. Die Ermittlung des „richtigen“ Verrechnungspreises ist dabei eine komplexe Herausforderung. Darüber hinaus drohte bisher weiteres Ungemach durch formale Anforderungen.

Sachverhalt
Eine deutsche GmbH erhielt von ihrer 100 %igen Muttergesellschaft, einer niederländischen Kapitalgesellschaft (BV), mit Datum vom31.12.2004 eine Rechnung über Verwaltungskosten in Höhe von 70.000 EUR. Dieser Rechnung lag ein Vertrag über die konzerninterne Erbringung von Dienstleistungen gegen Kostenumlage zugrunde. Der Vertrag war Ende des Jahres 2003 mündlich geschlossen worden und ist am29.12.2004 rückwirkend zum1.1.2004 schriftlich fixiert worden. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Kostenumlage mangels wirksamer vorheriger Vereinbarung in voller Höhe als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu behandeln und das Einkommen der GmbH daher um 70.000 EUR zu erhöhen sei.

Entscheidung
Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof (BFH) haben entschieden, dass im vorliegenden Fall nicht nur nach innerstaatlichen Vorschriften das Vorliegen einer vGA zu prüfen ist, sondern darüber hinaus noch die Vorschriften des zwischen Deutschland und den Niederlanden abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zu berücksichtigen sind. Das DBA Niederlande bestimmt, dass Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen zu den Bedingungen durchgeführt und mit den Preisen (Verrechnungspreisen) abzurechnen sind, die voneinander unabhängige Personen für vergleichbare Leistungen vereinbaren würden. Dieser Fremdvergleichsgrundsatz lässt nach Ansicht der BFH-Richter keinen Raum für zusätzliche Sondervorschriften, wie sie im reinen Inlandsfall im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter bestehen. Da die berechnete Kostenumlage der Höhe nach fremdüblich war, lag im entschiedenen Fall keine vGA vor.

Konsequenz
Das Urteil ist für international aufgestellte Unternehmensgruppen eine gute Nachricht. Nunmehr ist sichergestellt, dass sich die steuerliche Anerkennung von Verrechnungspreisen für derartige Leistungen allein nach dem materiellen Fremdvergleich richtet, also danach, ob das vereinbarte Entgelt angemessen und fremdüblich ist. Da die Vorschrift des DBA Niederlande inhaltlich dem Musterabkommen der OECD entspricht, gelten die Grundsätze für alle Fälle, in denen der konzerninterne Vertragspartner der deutschen Gesellschaft eine Gesellschaft im DBA-Ausland ist.

Erleichterungen bei Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten für Kleinstunternehmen

Erleichterungen bei Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten für Kleinstunternehmen

Ziel des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechsänderungsgesetzes
Mit Beschluss des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechsänderungsgesetzes (MicroBilG) kommen auf Kleinstunternehmen Erleichterungen bei Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten zu. Der Umfang der Daten, die in den Jahresabschluss einbezogen werden müssen, reduziert sich erheblich. Ziel der Gesetzesänderung ist eine Verminderung des mit der Rechnungslegung verbundenen Verwaltungsaufwands für Unternehmen mit sehr geringen Umsätzen und Vermögenswerten. Bislang mussten auch Kleinstbetriebe in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft ohne eine voll haftende natürliche Person umfangreiche Vorgaben für die Rechnungslegung beachten, was für diese Unternehmen eine deutliche Belastung darstellte.

Neue Schwellenwerte
Zur Abgrenzung von den kleinen Unternehmen hat der Gesetzgeber neue Schwellenwerte für Kleinstunternehmen eingeführt. Ein Kleinstunternehmen im Sinne des MicroBilG liegt vor, wenn an 2 aufeinander folgenden Abschlussstichtagen 2 der 3 Schwellenwerte nicht überschritten werden: Umsatzerlöse bis 700.000 EUR, Bilanzsumme bis 350.000 EUR, im Jahresdurchschnitt 10 Arbeitnehmer.

Umfang des Jahresabschlusses bei Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmen können nach der Neuregelung auf die Erstellung eines Anhangs zur Bilanz vollständig verzichten, wenn bestimmte Angaben (u. a. Haftungsverhältnisse, Organkredite) unter der Bilanz gemacht werden. Darüber hinaus besteht nur noch die Pflicht zur Aufstellung einer Minimalbilanz. Die gegenüber der Bilanz von kleinen Kapitalgesellschaften nochmals verringerte Darstellungstiefe sieht nur noch einen Ausweis der mit Buchstaben versehenen Posten vor. Die Gewinn- und Verlustrechnung darf ebenfalls verkürzt mit 8 Zeilen dargestellt werden. Hinsichtlich der Erfüllung der Offenlegungspflicht haben Kleinstunternehmen künftig ein Wahlrecht zwischen der Veröffentlichung und der Hinterlegung der Bilanz. Eine elektronische Einreichung beim Bundesanzeiger ist jedoch in beiden Fällen erforderlich.

Ausgeschlossene Unternehmen
Von den Erleichterungen der Neuregelung ausgeschlossen sind Genossenschaften, Banken, Versicherungen sowie kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften. Die Neuregelungen gelten erstmals für Geschäftsjahre mit dem Abschlussstichtag nach dem 31.12.2012.

Auslegung der Wesentlichkeitsgrenze im Rahmen des § 17 EStG

Auslegung der Wesentlichkeitsgrenze im Rahmen des § 17 EStG

Kernproblem
Gewinne, die aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft entstehen, sind als gewerbliche Einkünfte steuerpflichtig, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre zu mindestens 1 % an der Gesellschaft beteiligt war. Für Veranlagungszeiträume bis 1998 betrug die maßgebende Beteiligungsgrenze indes noch „mehr als ein Viertel“, in 1999 und 2000/2001 immerhin noch mindestens 10 %. Ob die Wesentlichkeitsgrenze beim Übergang auf die 10 %-Quote stichtagsbezogen oder veranlagungsbezogen auszulegen ist, ist umstritten. Nunmehr hatte das Finanzgericht (FG) Düsseldorf die Gelegenheit, seine Auffassung zur Streitfrage darzulegen.

Sachverhalt
Im vereinfacht dargestellten Streitfall veräußerte der Steuerpflichtige (Kläger) im Jahr 2000 seine Anteile an einer börsennotierten AG. Der Kläger war im Zeitpunkt der Beteiligungsveräußerung nach Maßgabe der seit 1999 geltenden Grenze von „mindestens 10 %“ nicht wesentlich beteiligt. In den Jahren zuvor hatte er zwar Beteiligungsquoten von über 10 % erfüllt, nicht aber die bis einschließlich 1998 geltende Wesentlichkeitsgrenze von „mehr als einem Viertel“ überschritten. Das Finanzamt behandelte den Veräußerungsgewinn dennoch als steuerpflichtigen Gewinn. Abzustellen sei allein darauf, ob der Steuerpflichtige in den zurückliegenden 5 Jahren zu mindestens 10 % beteiligt war. Die frühere Wesentlichkeitsgrenze sei insoweit irrelevant. Hiergegen klagte der Steuerpflichtige und gewann.

Entscheidung
Nach Auffassung des FG Düsseldorf kommt es auf die im jeweiligen Veranlagungszeitraum geltende Wesentlichkeitsgrenze an. Die Richter stützten ihr Urteil insbesondere auf eine Entscheidungsbegründung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010, das die Absenkung der Beteiligungsgrenze von 25 % auf 10 % für zum Teil verfassungswidrig erklärt hatte.

Konsequenz
Die Rechtsprechung der Finanzgerichte zur vorstehenden Streitfrage ist bislang uneinheitlich. So haben sich ein anderer Senat des FG Düsseldorf sowie das FG Niedersachsen der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung angeschlossen, während der Bundesfinanzhof (BFH) in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren ebenfalls den Standpunkt der vorliegenden Entscheidung vertritt. Es sind zwischenzeitlich mehrere Revisionen diesbezüglich anhängig, so dass mit einer zeitnahen Entscheidung gerechnet werden kann.

Untergang gewerbesteuerlicher Verlustvorträge bei nur kurzfristigem Ausscheiden aus Personengesellschaft

Untergang gewerbesteuerlicher Verlustvorträge bei nur kurzfristigem Ausscheiden aus Personengesellschaft

Kernproblem
Die Nutzung gewerbesteuerlicher Verlustvorträge bei Personengesellschaften setzt sowohl Unternehmens- als auch Unternehmeridentität voraus. Ist auch nur eine der beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, gehen die Verlustvorträge (ggf. nur anteilig) verloren. Unternehmeridentität bedeutet, dass der Steuerpflichtige sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbevortrags Mitunternehmer der Personengesellschaft sein muss. Im Streitfall ging es um die Frage, ob die Unternehmeridentität bereits bei nur kurzfristigem Ausscheiden aus der Personengesellschaft verloren geht.

Sachverhalt
Klägerin ist die A-KG, die bis Ende 1997 bestand. Alleiniger Kommanditist war eine natürliche Person, die Komplementär-GmbH war am Vermögen der KG nicht beteiligt. Mit Wirkung zum 31.12.1997 brachte der Kommanditist seine Anteile an der A-KG in die B-KG ein, deren Kommanditanteile ebenfalls vollständig von ihm gehalten wurden. Ebenfalls zum 31.12.1997 wurde das Ausscheiden der Komplementär-GmbH aus der A-KG beschlossen, so dass das Vermögen der A-KG im Wege der Anwachsung auf die B-KG überging. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass der zum 31.12.1997 bestehende Gewerbeverlustvortrag der A-KG untergegangen sei. Ursächlich hierfür sei, dass die B-KG im Zuge der Einbringung – wenn auch nur für eine logische Sekunde – Gesellschafterin der A-KG geworden sei und somit die Unternehmeridentität des Kommanditisten nicht gegeben sei. Klage und Revision der A-KG blieben erfolglos.

Entscheidung
Nach Auffassung der Richter setzt das Erfordernis der Unternehmeridentität nicht nur voraus, dass der Steuerpflichtige sowohl im Zeitpunkt der Verlustentstehung als auch im Zeitpunkt der Gewinnerzielung/Verlustnutzung Mitunternehmer der Personengesellschaft ist. Vielmehr muss die Unternehmeridentität ununterbrochen bestanden haben, so dass auch kurzfristige Unterbrechungen zum Wegfall des Verlustabzugs führen können. Dies gelte selbst dann, wenn die Unterbrechung – wie im Streitfall – nur für eine logische Sekunde erfolgt.

Konsequenz
Die steuerlichen Konsequenzen eines nur kurzfristigen Ausscheidens aus einer Mitunternehmerschaft können gravierend sein, so dass in der Praxis stets Vorsicht geboten ist. Im vorliegenden Streitfall hätte sich der Verlustuntergang wohl vermeiden lassen, wenn sowohl der Kommanditist als auch die Komplementär-GmbH ihre Anteile an der A-KG gleichzeitig (!) auf die B-KG übertragen hätten, was ebenfalls einen Anwachsungsvorgang auf die B-KG zur Folge gehabt hätte.

Wer vertritt eine GmbH & Co. KG beim „Insichgeschäft“?

Wer vertritt eine GmbH & Co. KG beim „Insichgeschäft“?

Kernaussage
Bei Vertragsschlüssen zwischen Gesellschaften, respektive zwischen einer Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer, ist stets besonderes Augenmerk auf die Vertretungsbefugnis zu legen. Dies gilt insbesondere, wenn eine GmbH & Co. KG handelt. Eine solche Gesellschaft wird nämlich durch die persönlich haftende GmbH vertreten, die sich ihrerseits ihres Geschäftsführers zur Vertretung bedient. Wird gegen das gesetzliche Verbot von Insichgeschäften verstoßen, weil z. B. die GmbH ihren Geschäftsführer befreit, selbst aber nicht vom Selbstkontrahierungsverbot befreit wurde, ist der geschlossene Vertrag nichtig.

Sachverhalt
2 GmbH & Co. KGs hatten dieselbe persönlich haftende GmbH und wurden von dieser vertreten. Die GmbH ihrerseits wurde durch ihren Geschäftsführer vertreten. Da mithin für die beiden GmbH & Co. KGs dieselbe natürliche Person – nämlich der Geschäftsführer der GmbH – handelte, stellte sich die Frage, ob die beiden GmbH & Co. KGs den Geschäftsführer vom Verbot der Selbstkontrahierung befreien mussten.

Entscheidung
Das Kammergericht Berlin entschied, dass es ausreichend sei, wenn eine jede GmbH & Co. KG ihre jeweilige persönlich haftende GmbH von den Beschränkungen der Selbstkontrahierung befreie. Die GmbH trete dann als Vertreterin der einen GmbH & Co. KG wie auch der anderen GmbH & Co. KG auf und sei insoweit von den beiden GmbH & Co. KGs vom Verbot der Mehrfachvertretung befreit. Anders liege der Fall, wenn nur die GmbH ihren Geschäftsführer vom Verbot des Insichgeschäfts befreie. Die beiden GmbH & Co. KGs hätten dann einer Mehrfachvertretung nicht zugestimmt. Erforderlich sei aber, dass der jeweils Vertretene zulässt, dass der Vertreter auch zugleich einen anderen vertritt.

Konsequenz
Bei Vertretungsreglungen wie auch bei Vollmachten ist stets darauf zu achten, ob sie ausreichende Vertretungsbefugnis zur Durchführung des geplanten Geschäfts gewähren. Insbesondere ist bei mittelbarer Vertretung oder bei Erteilung von Untervollmachten darauf zu achten, dass die Kette von Vollmachten ungebrochen ist und jede Vollmacht ausreichende Rechte gewährt. Insbesondere ist hierbei auf eine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens zu achten.

Absenkung der Beteiligungsquote von 10 % auf 1 % ist verfassungskonform

Absenkung der Beteiligungsquote von 10 % auf 1 % ist verfassungskonform

Kernaussage
Die Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ist nach dem Einkommensteuergesetz steuerpflichtig, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 % beteiligt war. Diese Schwelle wurde zuletzt durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 von 10 % auf 1 % herabgesetzt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aktuell seine Rechtsprechung hierzu bestätigt und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die 1 %-Grenze verworfen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Gründungsgesellschafter einer im Jahr 1993 errichteten, zwischenzeitlich in eine AG umgewandelten GmbH. Seine Beteiligung bewegte sich im Jahr der Anteilsveräußerung (2003) zwischen 4,9 % und 7 %. Aus der Veräußerung erzielte der Kläger einen Veräußerungsgewinn, den das Finanzamt dem Halbeinkünfteverfahren insoweit unterwarf, als er auf den Zeitraum beginnend mit den Tag der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes entfiel. Hiergegen richtet sich die Klage.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht die 1 %-Grenze als verfassungsgemäß an und wies die Klage ab. Insbesondere verstößt die 1 %-Grenze nicht gegen den Gleichheitssatz im Zusammenhang mit der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes steht dem Gesetzgeber ein weitreichender Entscheidungsspielraum zu. Grenzen bilden das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit. Diese Grenzen werden jedoch nicht überschritten. Der Gesetzgeber trifft mit der Einführung der 1 %-Grenze eine politische Entscheidung zur Erschließung von Steuerquellen, die von der Gestaltungsfreiheit und Typisierungsbefugnis umfasst ist. Nicht zu beanstanden ist zudem die steuerliche Erfassung von Wertsteigerungen von der Gesetzesverkündung bis zum Inkrafttreten der 1 %-Grenze.

Konsequenz
Durch die verfassungsgemäße Senkung der Beteiligungsgrenze auf 1 % wachsen zahlreiche Beteiligungen in die Steuerverstrickung hinein. Zulässigerweise kommt es insoweit in zahlreichen weiteren Fällen zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.

Vorsteuervergütung: Zur fristgemäßen Einreichung von Belegen

Vorsteuervergütung: Zur fristgemäßen Einreichung von Belegen

Kernaussage
Ausländische Unternehmer können sich unter bestimmten Voraussetzungen deutsche Vorsteuer vergüten lassen, sofern sie nicht dem allgemeinen Besteuerungsverfahren unterliegen. Hinsichtlich der Formvorschriften wird dabei zwischen Unternehmern aus der EU und aus Drittländern unterschieden.

Sachverhalt
Während früher ein schriftlicher Antrag auf Vergütung der Vorsteuer an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bis zum 30.6. des Folgejahres zu richten war, gilt dies mittlerweile nur noch für Unternehmen aus Drittländern. Unternehmer aus der EU haben ihre Anträge elektronisch an eine Behörde ihres Herkunftslandes zu stellen, welche den Antrag an das BZSt weiterleitet. Weitere Vereinfachungen ergeben sich für Unternehmen aus der EU durch eine verlängerte Antragsfrist (30.9. des Folgejahres) und hinsichtlich der Einreichung der Originalbelege. Diese müssen nur dann in eingescannter Form dem Antrag beigefügt werden, wenn das Entgelt mindestens 1.000 EUR beträgt, bzw. bei Kraftstoffen mindestens 250 EUR.

Pressemitteilung des BZSt
Das BZSt hat nun darauf hingewiesen, dass die Pflicht besteht, die Belege bis zum 30.9. des Folgejahres elektronisch zu übermitteln (Ausschlussfrist). Sofern Belege später übermittelt werden, bleiben diese bei Ermittlung der Vorsteuervergütung unberücksichtigt.

Konsequenz
Unternehmer aus der EU müssen die Vorgaben des BZSt beachten. Um die Frist nicht zu versäumen, sollte der Antrag nicht auf den letzten Drücker gestellt werden. Eine frühzeitige Antragstellung lässt ggf. auch noch spätere Korrekturen vor Ablauf der Frist zu. Fraglich ist allerdings, ob die betroffenen Unternehmer aus der EU überhaupt die Forderungen des BZSt zur Kenntnis nehmen, da sie ihren Antrag in ihrem Herkunftsland stellen. Problematisch ist zudem, dass die Einreichung der Belege in der EU nicht einheitlich geregelt ist. Manche EU-Staaten verzichten komplett auf die Übermittlung der Belege. Verlassen sich Unternehmen aus diesen Ländern darauf, dass dies in Deutschland auch so ist, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn eine Korrektur zeitlich nicht mehr möglich ist. Deutsche Unternehmen hingegen, die sich Vorsteuer in der übrigen EU vergüten lassen wollen, sollten sich ebenfalls rechtzeitig mit den dortigen Vorgaben befassen.

Gerüstbauer: Wo sind die Umsätze zu versteuern?

Gerüstbauer: Wo sind die Umsätze zu versteuern?

Einführung
Dienstleistungen zwischen Unternehmen werden grundsätzlich am Ort des die Leistung empfangenden Unternehmens besteuert. Dienstleistungen in Verbindung mit Grundstücken werden abweichend hiervon allerdings dort umsatzsteuerlich erfasst, wo das Grundstück liegt. Mit Schreiben vom Dezember 2012 hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) die Leistungen, die in Zusammenhang mit Grundstücken stehen, konkreter als in der Vergangenheit von den übrigen Leistungen abgegrenzt.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat nun basierend auf dem Schreiben des BMF die Leistungen von Gerüstbauern unter die Lupe genommen und dargestellt, wo deren Leistungen zu versteuern sind. Die Verfügung behandelt die Vermietung, den Auf- bzw. Abbau von Gerüsten, die Vermietung mit Auf- bzw. Abbau sowie die Verlängerung von Mietverträgen gegen Entgelt.

Konsequenz
Nicht nur Gerüstbauer müssen sich mit der Verfügung auseinandersetzen, sondern auch deren Kunden. Für letztere ist die Ortsbestimmung ebenfalls von Bedeutung, da gegebenenfalls bei grenzüberschreitenden Umsätzen das Reverse-Charge Verfahren greift und sie Schuldner der Umsatzsteuer werden. Übersehen sie dies und rechnet der Gerüstbauer zu Unrecht unter Ausweis der Umsatzsteuer ab, laufen sie Gefahr, hierfür vom Fiskus im In- bzw. Ausland zur Kasse gebeten zu werden. Einziger Nachteil für die Praxis ist, dass die für den internen Gebrauch bestimmte Verfügung für steuerlich unbedarfte Leser schwer verständlich ist, da sie hinsichtlich der Ortsbestimmung ausschließlich auf die betreffenden Paragraphen verweist. Hier muss gegebenenfalls zwecks besserem Verständnis steuerlicher Rat eingeholt werden.

Welche Steuerbefreiung geht vor?

Welche Steuerbefreiung geht vor?

Kernaussage
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) kennt zahlreiche Steuerbefreiungen. Da diese teilweise unsystematisch normiert sind, ist es möglich, dass für einen Umsatz mehrere Steuerbefreiungen in Frage kommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in einem solchen Fall zu klären, ob eine Steuerbefreiung vorrangig zu behandeln ist. Dies ist zwar im Hinblick auf die Befreiung des Umsatzes egal, hat jedoch Bedeutung für den Vorsteuerabzug. In diesem Zusammenhang hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) Ende 2006 entschieden, dass die Lieferung von Zahnersatz auch dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte dieses Urteil erst in 2011 veröffentlicht; beabsichtigte dies aber in allen offenen Fällen anzuwenden.

Sachverhalt
Die Klägerin, eine gemeinnützige GmbH, versandte 2001 und 2002 Blutplasma in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Die Lieferungen waren als innergemeinschaftliche Lieferungen zu qualifizieren, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Allerdings ist die Lieferung von Blutplasma im Inland auch noch nach einer weiteren Vorschrift des Umsatzsteuergesetzes (§ 4 Nr. 17 UStG) befreit. Diese Befreiung lässt keinen Vorsteuerabzug zu. Die Klägerin wandte sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den Lieferungen durch das Finanzamt nach einer Überprüfung in 2009.

Entscheidung
Das Sächsische Finanzgericht verweigert den Vorsteuerabzug. Zur Begründung verweist es auf das Urteil des EuGH, das auch in diesem Fall für anwendbar gehalten wird. Auch sieht das Finanzgericht keinen Grund, der Klägerin Vertrauensschutz zu gewähren, da die Finanzverwaltung bis zur Veröffentlichung des genannten BMF-Schreibens in 2011 in den Umsatzsteuer-Richtlinien noch den Vorsteuerabzug in derartigen Fällen zugelassen hatte.

Konsequenzen
Die Klägerin ist nun vor den BFH gezogen; die endgültige Entscheidung bleibt daher abzuwarten. Ähnliche Fälle sollten offen gehalten werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Urteil des EuGH durchaus zutreffend ist. Der EuGH hatte die Versagung des Vorsteuerabzuges u. a. damit begründet, dass die Neutralität der Umsatzsteuer nicht gegeben sei, wenn der Vorsteuerabzug allein davon abhinge, ob eine Lieferung im Inland oder über die Grenze erfolge. Ob der BFH sich gegen die „rückwirkende“ Anwendung des BMF-Schreibens ausspricht, dürfte ebenfalls fraglich sein. Hier wäre es allerdings zu begrüßen, wenn einer derartigen Praxis ein Riegel vorgeschoben würde. Es ist kaum zumutbar, dass das BMF jahrelang Zeit benötigt, um Stellung zu wichtigen Urteilen zu beziehen (aktuell z. B. zur Organschaft und zum ermäßigten Steuersatz bei der Lieferung von Lebensmitteln).

Änderung eines bestandskräftigen Investitionszulagebescheids?

Änderung eines bestandskräftigen Investitionszulagebescheids?

Kernaussage
Nimmt man für Anschaffungskosten für bewohnte Baudenkmäler zunächst Zulagen nach dem Investitionszulagengesetz in Anspruch, ist es unzulässig, nachfolgend für dieselben Investitionen auch erhöhte Absetzungen in Anspruch zu nehmen.

Sachverhalt
Im Eigentum der Klägerin stand ein Baudenkmal, das sie aufwendig sanierte. Für 3 der 4 im Haus befindlichen Wohnungen beantragte die Klägerin Investitionszulagen. Diese wurden vom Finanzamt gewährt. Im Rahmen ihrer Steuererklärung machte die Klägerin zudem für die vierte Wohnung erhöhte Absetzungen für Baudenkmäler geltend. Diese wurden vom Finanzamt ebenfalls gewährt. Allerdings nahm das Finanzamt die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen zum Anlass, den Bescheid über die Investitionszulage aufzuheben und das bereits ausgekehrte Geld zurückzuverlangen. Die gegen die Bescheidaufhebung gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) war anderer Ansicht und hob das Urteil auf.

Entscheidung
Mit der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzung habe die Klägerin gegen das sogenannte Kumulationsverbot des Investitionszulagengesetzes verstoßen. Danach ist es unzulässig, die Investitionszulage einerseits und erhöhte Absetzungen andererseits für dieselbe Investition in Anspruch zu nehmen. Dieselbe Investition liegt dabei immer dann vor, wenn ein enger räumlicher, zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Baumaßnahmen bautechnisch ineinandergreifen. So sei die Sanierung des Baudenkmals nur in Gänze möglich gewesen. Insofern bejahte der BFH den engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang. Indem die Klägerin beide Vergünstigungen für dieselbe Investition in Anspruch genommen habe, hätte sich der Sachverhalt, der Grundlage der Zulagengewährung gewesen sei, nachträglich und rückwirkend geändert. Die spätere Inanspruchnahme der Absetzungen sei also bezogen auf die Zulagengewährung ein rückwirkendes Ereignis. Daher sei das Finanzamt berechtigt gewesen, den begünstigenden Zulagenbescheid aufzuheben, die Zulage zurückzufordern und sogar Zinsen hierauf festzusetzen.

Konsequenz
Wer Investitionszulagen in Anspruch nimmt, sollte darauf achten, zu keinem Zeitpunkt gegen das Kumulationsverbot zu verstoßen. Selbst wenn der Zulagenbescheid schon bestandskräftig ist, kann er aufgrund eines solchen Verstoßes nämlich geändert werden. Neben der Erstattung erhaltener Zulagen droht dann auch die Verzinsung.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin