Absenkung der Beteiligungsquote von 10 % auf 1 % ist verfassungskonform

Absenkung der Beteiligungsquote von 10 % auf 1 % ist verfassungskonform

Kernaussage
Die Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ist nach dem Einkommensteuergesetz steuerpflichtig, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 % beteiligt war. Diese Schwelle wurde zuletzt durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 von 10 % auf 1 % herabgesetzt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aktuell seine Rechtsprechung hierzu bestätigt und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die 1 %-Grenze verworfen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Gründungsgesellschafter einer im Jahr 1993 errichteten, zwischenzeitlich in eine AG umgewandelten GmbH. Seine Beteiligung bewegte sich im Jahr der Anteilsveräußerung (2003) zwischen 4,9 % und 7 %. Aus der Veräußerung erzielte der Kläger einen Veräußerungsgewinn, den das Finanzamt dem Halbeinkünfteverfahren insoweit unterwarf, als er auf den Zeitraum beginnend mit den Tag der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes entfiel. Hiergegen richtet sich die Klage.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht die 1 %-Grenze als verfassungsgemäß an und wies die Klage ab. Insbesondere verstößt die 1 %-Grenze nicht gegen den Gleichheitssatz im Zusammenhang mit der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes steht dem Gesetzgeber ein weitreichender Entscheidungsspielraum zu. Grenzen bilden das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit. Diese Grenzen werden jedoch nicht überschritten. Der Gesetzgeber trifft mit der Einführung der 1 %-Grenze eine politische Entscheidung zur Erschließung von Steuerquellen, die von der Gestaltungsfreiheit und Typisierungsbefugnis umfasst ist. Nicht zu beanstanden ist zudem die steuerliche Erfassung von Wertsteigerungen von der Gesetzesverkündung bis zum Inkrafttreten der 1 %-Grenze.

Konsequenz
Durch die verfassungsgemäße Senkung der Beteiligungsgrenze auf 1 % wachsen zahlreiche Beteiligungen in die Steuerverstrickung hinein. Zulässigerweise kommt es insoweit in zahlreichen weiteren Fällen zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn.

Vorsteuervergütung: Zur fristgemäßen Einreichung von Belegen

Vorsteuervergütung: Zur fristgemäßen Einreichung von Belegen

Kernaussage
Ausländische Unternehmer können sich unter bestimmten Voraussetzungen deutsche Vorsteuer vergüten lassen, sofern sie nicht dem allgemeinen Besteuerungsverfahren unterliegen. Hinsichtlich der Formvorschriften wird dabei zwischen Unternehmern aus der EU und aus Drittländern unterschieden.

Sachverhalt
Während früher ein schriftlicher Antrag auf Vergütung der Vorsteuer an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bis zum 30.6. des Folgejahres zu richten war, gilt dies mittlerweile nur noch für Unternehmen aus Drittländern. Unternehmer aus der EU haben ihre Anträge elektronisch an eine Behörde ihres Herkunftslandes zu stellen, welche den Antrag an das BZSt weiterleitet. Weitere Vereinfachungen ergeben sich für Unternehmen aus der EU durch eine verlängerte Antragsfrist (30.9. des Folgejahres) und hinsichtlich der Einreichung der Originalbelege. Diese müssen nur dann in eingescannter Form dem Antrag beigefügt werden, wenn das Entgelt mindestens 1.000 EUR beträgt, bzw. bei Kraftstoffen mindestens 250 EUR.

Pressemitteilung des BZSt
Das BZSt hat nun darauf hingewiesen, dass die Pflicht besteht, die Belege bis zum 30.9. des Folgejahres elektronisch zu übermitteln (Ausschlussfrist). Sofern Belege später übermittelt werden, bleiben diese bei Ermittlung der Vorsteuervergütung unberücksichtigt.

Konsequenz
Unternehmer aus der EU müssen die Vorgaben des BZSt beachten. Um die Frist nicht zu versäumen, sollte der Antrag nicht auf den letzten Drücker gestellt werden. Eine frühzeitige Antragstellung lässt ggf. auch noch spätere Korrekturen vor Ablauf der Frist zu. Fraglich ist allerdings, ob die betroffenen Unternehmer aus der EU überhaupt die Forderungen des BZSt zur Kenntnis nehmen, da sie ihren Antrag in ihrem Herkunftsland stellen. Problematisch ist zudem, dass die Einreichung der Belege in der EU nicht einheitlich geregelt ist. Manche EU-Staaten verzichten komplett auf die Übermittlung der Belege. Verlassen sich Unternehmen aus diesen Ländern darauf, dass dies in Deutschland auch so ist, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn eine Korrektur zeitlich nicht mehr möglich ist. Deutsche Unternehmen hingegen, die sich Vorsteuer in der übrigen EU vergüten lassen wollen, sollten sich ebenfalls rechtzeitig mit den dortigen Vorgaben befassen.

Gerüstbauer: Wo sind die Umsätze zu versteuern?

Gerüstbauer: Wo sind die Umsätze zu versteuern?

Einführung
Dienstleistungen zwischen Unternehmen werden grundsätzlich am Ort des die Leistung empfangenden Unternehmens besteuert. Dienstleistungen in Verbindung mit Grundstücken werden abweichend hiervon allerdings dort umsatzsteuerlich erfasst, wo das Grundstück liegt. Mit Schreiben vom Dezember 2012 hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) die Leistungen, die in Zusammenhang mit Grundstücken stehen, konkreter als in der Vergangenheit von den übrigen Leistungen abgegrenzt.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat nun basierend auf dem Schreiben des BMF die Leistungen von Gerüstbauern unter die Lupe genommen und dargestellt, wo deren Leistungen zu versteuern sind. Die Verfügung behandelt die Vermietung, den Auf- bzw. Abbau von Gerüsten, die Vermietung mit Auf- bzw. Abbau sowie die Verlängerung von Mietverträgen gegen Entgelt.

Konsequenz
Nicht nur Gerüstbauer müssen sich mit der Verfügung auseinandersetzen, sondern auch deren Kunden. Für letztere ist die Ortsbestimmung ebenfalls von Bedeutung, da gegebenenfalls bei grenzüberschreitenden Umsätzen das Reverse-Charge Verfahren greift und sie Schuldner der Umsatzsteuer werden. Übersehen sie dies und rechnet der Gerüstbauer zu Unrecht unter Ausweis der Umsatzsteuer ab, laufen sie Gefahr, hierfür vom Fiskus im In- bzw. Ausland zur Kasse gebeten zu werden. Einziger Nachteil für die Praxis ist, dass die für den internen Gebrauch bestimmte Verfügung für steuerlich unbedarfte Leser schwer verständlich ist, da sie hinsichtlich der Ortsbestimmung ausschließlich auf die betreffenden Paragraphen verweist. Hier muss gegebenenfalls zwecks besserem Verständnis steuerlicher Rat eingeholt werden.

Welche Steuerbefreiung geht vor?

Welche Steuerbefreiung geht vor?

Kernaussage
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) kennt zahlreiche Steuerbefreiungen. Da diese teilweise unsystematisch normiert sind, ist es möglich, dass für einen Umsatz mehrere Steuerbefreiungen in Frage kommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in einem solchen Fall zu klären, ob eine Steuerbefreiung vorrangig zu behandeln ist. Dies ist zwar im Hinblick auf die Befreiung des Umsatzes egal, hat jedoch Bedeutung für den Vorsteuerabzug. In diesem Zusammenhang hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) Ende 2006 entschieden, dass die Lieferung von Zahnersatz auch dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte dieses Urteil erst in 2011 veröffentlicht; beabsichtigte dies aber in allen offenen Fällen anzuwenden.

Sachverhalt
Die Klägerin, eine gemeinnützige GmbH, versandte 2001 und 2002 Blutplasma in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Die Lieferungen waren als innergemeinschaftliche Lieferungen zu qualifizieren, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Allerdings ist die Lieferung von Blutplasma im Inland auch noch nach einer weiteren Vorschrift des Umsatzsteuergesetzes (§ 4 Nr. 17 UStG) befreit. Diese Befreiung lässt keinen Vorsteuerabzug zu. Die Klägerin wandte sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den Lieferungen durch das Finanzamt nach einer Überprüfung in 2009.

Entscheidung
Das Sächsische Finanzgericht verweigert den Vorsteuerabzug. Zur Begründung verweist es auf das Urteil des EuGH, das auch in diesem Fall für anwendbar gehalten wird. Auch sieht das Finanzgericht keinen Grund, der Klägerin Vertrauensschutz zu gewähren, da die Finanzverwaltung bis zur Veröffentlichung des genannten BMF-Schreibens in 2011 in den Umsatzsteuer-Richtlinien noch den Vorsteuerabzug in derartigen Fällen zugelassen hatte.

Konsequenzen
Die Klägerin ist nun vor den BFH gezogen; die endgültige Entscheidung bleibt daher abzuwarten. Ähnliche Fälle sollten offen gehalten werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Urteil des EuGH durchaus zutreffend ist. Der EuGH hatte die Versagung des Vorsteuerabzuges u. a. damit begründet, dass die Neutralität der Umsatzsteuer nicht gegeben sei, wenn der Vorsteuerabzug allein davon abhinge, ob eine Lieferung im Inland oder über die Grenze erfolge. Ob der BFH sich gegen die „rückwirkende“ Anwendung des BMF-Schreibens ausspricht, dürfte ebenfalls fraglich sein. Hier wäre es allerdings zu begrüßen, wenn einer derartigen Praxis ein Riegel vorgeschoben würde. Es ist kaum zumutbar, dass das BMF jahrelang Zeit benötigt, um Stellung zu wichtigen Urteilen zu beziehen (aktuell z. B. zur Organschaft und zum ermäßigten Steuersatz bei der Lieferung von Lebensmitteln).

Änderung eines bestandskräftigen Investitionszulagebescheids?

Änderung eines bestandskräftigen Investitionszulagebescheids?

Kernaussage
Nimmt man für Anschaffungskosten für bewohnte Baudenkmäler zunächst Zulagen nach dem Investitionszulagengesetz in Anspruch, ist es unzulässig, nachfolgend für dieselben Investitionen auch erhöhte Absetzungen in Anspruch zu nehmen.

Sachverhalt
Im Eigentum der Klägerin stand ein Baudenkmal, das sie aufwendig sanierte. Für 3 der 4 im Haus befindlichen Wohnungen beantragte die Klägerin Investitionszulagen. Diese wurden vom Finanzamt gewährt. Im Rahmen ihrer Steuererklärung machte die Klägerin zudem für die vierte Wohnung erhöhte Absetzungen für Baudenkmäler geltend. Diese wurden vom Finanzamt ebenfalls gewährt. Allerdings nahm das Finanzamt die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen zum Anlass, den Bescheid über die Investitionszulage aufzuheben und das bereits ausgekehrte Geld zurückzuverlangen. Die gegen die Bescheidaufhebung gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg. Der Bundesfinanzhof (BFH) war anderer Ansicht und hob das Urteil auf.

Entscheidung
Mit der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzung habe die Klägerin gegen das sogenannte Kumulationsverbot des Investitionszulagengesetzes verstoßen. Danach ist es unzulässig, die Investitionszulage einerseits und erhöhte Absetzungen andererseits für dieselbe Investition in Anspruch zu nehmen. Dieselbe Investition liegt dabei immer dann vor, wenn ein enger räumlicher, zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Baumaßnahmen bautechnisch ineinandergreifen. So sei die Sanierung des Baudenkmals nur in Gänze möglich gewesen. Insofern bejahte der BFH den engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang. Indem die Klägerin beide Vergünstigungen für dieselbe Investition in Anspruch genommen habe, hätte sich der Sachverhalt, der Grundlage der Zulagengewährung gewesen sei, nachträglich und rückwirkend geändert. Die spätere Inanspruchnahme der Absetzungen sei also bezogen auf die Zulagengewährung ein rückwirkendes Ereignis. Daher sei das Finanzamt berechtigt gewesen, den begünstigenden Zulagenbescheid aufzuheben, die Zulage zurückzufordern und sogar Zinsen hierauf festzusetzen.

Konsequenz
Wer Investitionszulagen in Anspruch nimmt, sollte darauf achten, zu keinem Zeitpunkt gegen das Kumulationsverbot zu verstoßen. Selbst wenn der Zulagenbescheid schon bestandskräftig ist, kann er aufgrund eines solchen Verstoßes nämlich geändert werden. Neben der Erstattung erhaltener Zulagen droht dann auch die Verzinsung.

Einseitig benachteiligende Eheverträge sind nicht immer unwirksam

Einseitig benachteiligende Eheverträge sind nicht immer unwirksam

Kernaussage
Ein Ehevertrag kann nur dann als sittenwidrig und damit nichtig beurteilt werden, wenn konkrete Feststellungen zu einer unterlegenen Verhandlungsposition des benachteiligten Ehegatten getroffen worden sind. Allein aus der Unausgewogenheit des Vertragsinhalts ergibt sich die Sittenwidrigkeit des gesamten Ehevertrags regelmäßig noch nicht. Allerdings kann sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben die Verpflichtung zur Vertragsanpassung ergeben.

Sachverhalt
Die 1949 geborenen Eheleute hatten im Jahr 1977 die Ehe geschlossen. Einige Tage zuvor hatten sie in einem notariell geschlossenen Ehevertrag den Versorgungsausgleich ausgeschlossen und wechselseitig auf jegliche Unterhaltsansprüche verzichtet. Nach der Geburt zweier Kinder reduzierte die Ehefrau ihre berufliche Tätigkeit auf eine Halbtagsstelle und widmete sich im Übrigen dem Haushalt und den Kindern. Im Jahr 2005 trennten sich die Eheleute. 2007 erkrankte die Ehefrau und bezieht seitdem eine Erwerbsminderungsrente. 2009 wurde die Ehe geschieden. Das Amtsgericht führte trotz des Ehevertrags einen begrenzten Versorgungsausgleich durch, nachehelicher Unterhalt wurde jedoch nicht gewährt. Auf die Berufung der Ehefrau sprach das Oberlandesgericht ihr einen monatlichen Unterhalt von 330 EUR zu. Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der Revision.

Entscheidung
Die Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. Allerdings bekommt die Ehefrau nachehelichen Unterhalt. Die Richter stellten klar, dass der Grundsatz der Vertragsfreiheit grundsätzlich auch für Eheverträge gilt. Jedoch kann bei evident einseitigen Regelungen auch eine Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit gegeben sein. Konkret mangelt es jedoch an der Nichtigkeit, da die Risiken bei Vertragsschluss auf beiden Seiten lagen und nicht einseitig verteilt waren. Trotz der Wirksamkeit des Ehevertrags sind konkret die in dem Ehevertrag getroffenen Regelungen anzupassen, da sich die Lebensumstände der Ehefrau durch die Krankheit im Vergleich zum Vertragsschluss verändert haben und die Erwerbsminderungsrente nicht ausreicht. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist daher nachehelicher Unterhalt zuzusprechen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass die Rechtsfolgen fehlerbehafteter Eheverträge einzelfallbezogen und differenziert zu betrachten sind. Insbesondere gibt es jenseits der Extreme Nichtigkeit und volle Wirksamkeit auch Zwischenstufen.

Wann ist Wiedereinsetzung bei Klage per Mail ohne Signatur zulässig?

Wann ist Wiedereinsetzung bei Klage per Mail ohne Signatur zulässig?

Kernaussage
Die Klageerhebung zum Finanzgericht per E-Mail ist ohne qualifizierte elektronische Signatur formunwirksam. Allerdings kann dieser Mangel beseitigt werden, da grundsätzlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist.

Sachverhalt
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung 2008 verschiedene Aufwendungen geltend, die das Finanzamt nicht berücksichtigte. Die Kläger erhoben Einspruch, der mit Datum vom 6.5.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Nach der der Einspruchsentscheidung beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ist die Klage schriftlich einzureichen. Am 4.6.2010 ging die Klage beim zuständigen Finanzgericht Neustadt per E-Mail ohne elektronische Signatur ein. Daraufhin teilte das Gericht mit, die Klage sei nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Anschließend erhoben die Kläger am 14.6.2010 nochmals per unterschriebenem Telefax Klage.

Entscheidung
Das Finanzgericht bejahte daraufhin die Zulässigkeit der Klage. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Mangels elektronischer Signatur war die Klage per E-Mail nicht formgerecht. Die anschließende Klage per Fax erfolgte zu spät. Jedoch ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies bedeutet, dass die Klage im Ergebnis nicht zu spät erfolgte und nun in der Sache über die Berücksichtigung der Aufwendungen entschieden werden kann. Das Finanzgericht gewährte die Wiedereinsetzung, da die Kläger ohne Verschulden die Frist verpassten. Denn als steuerliche Laien konnten sie aus der Rechtsbehelfsbelehrung nicht erkennen, dass das Schriftstück aufgrund der Schriftform mit einer eigenen Unterschrift oder einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein muss. Außerdem akzeptiert die Finanzverwaltung Rheinland-Pfalz bei einer ähnlichen Rechtsbehelfsbelehrung auch Einsprüche per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur. Daher kann der Laie nicht ohne Weiteres erkennen, dass dies bei der anschließenden Klage anders ist.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass man in manchen Fällen ein Fristversäumnis noch retten kann. Entspannter lebt es sich jedoch, wenn man wichtige Angelegenheiten, wie z. B. eine Klage, klassisch per Post einreicht.

Keine Entschädigung für Mobbing am Arbeitsplatz

Keine Entschädigung für Mobbing am Arbeitsplatz

Kernaussage
Mobbing am Arbeitsplatz und die gesundheitlichen Folgen sind weder als Berufskrankheit noch als Arbeitsunfall von der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen.

Sachverhalt
Eine Frau, die als Schreibkraft arbeitete, fühlte sich aufgrund negativer Gerüchte am Arbeitsplatz gemobbt. Sie leidet seither an psychischen Gesundheitsstörungen, die sie auf das Mobbing am Arbeitsplatz zurückführt. Hierfür beantragte sie gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung eine Entschädigung. Die Unfallkasse lehnte den Antrag ab, da eine Berufskrankheit nicht vorliege. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Richter gaben der Unfallkasse Recht. Mobbing und die hierauf beruhenden Gesundheitsbeeinträchtigungen seien keine anerkannte Berufskrankheit. Die Erkrankung könne auch nicht „wie“ eine Berufskrankheit entschädigt werden, weil keine Erkenntnisse vorlägen, dass eine bestimmte Berufsgruppe bei ihrer Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt sei. Vielmehr komme Mobbing in allen Berufsgruppen sowie im privaten Umfeld vor. Da keine zeitlich auf höchstens eine Arbeitsschicht begrenzte Einwirkung vorliege, sei ferner auch kein Arbeitsunfall anzuerkennen.

Konsequenz
Nach dem Gesetz sind Arbeitsunfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Dies ist bei Mobbing in der Regel nicht gegeben, da der betroffene Arbeitnehmer unter wiederholten Beeinträchtigungen leidet. Berufskrankheiten sind Krankheiten, die der Gesetzgeber durch Rechtsverordnung als solche bezeichnet. Das sind im Einzelnen Krankheiten, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Dies ist bei Mobbing ebenfalls nicht gegeben; die Beeinträchtigung kann in allen Berufsgruppen vorkommen, ohne dass bestimmte Berufe besonders gefährdet sind. Die Unfallkasse muss gesundheitliche Folgen eines Mobbings daher nicht entschädigen.

Längerer Weg zur Arbeit ist nicht versichert

Längerer Weg zur Arbeit ist nicht versichert

Kernaussage
Passiert einem Arbeitnehmer auf dem Arbeitsweg ein Unfall, so ist der nicht in jedem Fall durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Nach einem jüngeren Urteil des rheinland-pfälzischen Landessozialgerichts liegt ein versicherter Wegeunfall nämlich dann nicht vor, wenn der von der Wohnung der Freundin angetretene Weg zur Arbeit mehr als achtmal so lang ist, wie der übliche Fahrweg von der eigenen Wohnung.

Sachverhalt
Der Kläger war von der Wohnung seiner Verlobten, die rund 55 km von seiner Arbeitsstelle entfernt war, zur Arbeit gefahren. Der Weg von seiner eigenen Wohnung hätte nur etwa 6,5 km betragen. Auf dem Weg zur Arbeit erlitt er einen Verkehrsunfall mit Wirbelsäulenverletzungen. Die Unfallkasse lehnte die Anerkennung eines Wegeunfalls ab, weil der längere Weg zur Arbeit nicht durch die betriebliche Tätigkeit geprägt sei. Das Sozialgericht Koblenz hatte dies anders gesehen, da auch der Weg von einem anderen Ort als der eigenen Wohnung Ausgangpunkt eines versicherten Weges sein könne, insbesondere, wenn wegen der häufigen Übernachtungen bei der Freundin von einer gespaltenen Wohnung auszugehen sei.

Diese Entscheidung hob das Landessozialgericht auf und wies die Klage ab. Die Richter gingen davon aus, dass der Kläger die Wohnung der Freundin nicht wie eine eigene Wohnung genutzt habe, sondern sich vielmehr dort nur zu Besuch aufgehalten habe. Die Differenz zwischen dem Arbeitsweg von der eigenen Wohnung bzw. dem von der Wohnung der Freundin sei unverhältnismäßig, so dass nicht von einem versicherten Arbeitsweg auszugehen sei.

Konsequenz
Unfälle, die einem Arbeitnehmer auf dem unmittelbaren Weg von seiner Wohnung zur Arbeit passieren, sind durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Der Versicherte kann dabei selbst entscheiden, ob er den kürzesten oder den schnellsten Weg zur Arbeit wählt und muss dies im Falle eines Unfalls auch nicht weiter begründen. Außerdem ist er frei in der Wahl des Transportmittels. Umwege sind grundsätzlich nicht versichert. Ausnahmsweise gilt für die dazugehörigen Umwege ebenfalls der gesetzliche Versicherungsschutz, wenn z. B. eine Fahrgemeinschaft von Arbeitnehmern gebildet wird oder der Angestellte auf dem Weg zur Arbeit noch seine Kinder in die Schule bringen muss. Eine weitere Ausnahme gilt, wenn es sich um Fahrten von einer Familienwohnung handelt. Arbeitet der Angestellte z. B. in einer anderen Stadt und ist Wochenendheimfahrer, sind auch die Fahrten zur Familie und von dort aus wieder zur Arbeit versichert. Die regelmäßig aufgesuchte Wohnung der Freundin gilt im Sinne des Versicherungsrechts allerdings nicht als „Familienwohnung“.

Ab dem 1.3.2013 wird der Grundfreibetrag erhöht

Ab dem 1.3.2013 wird der Grundfreibetrag erhöht

Kernaussage
Der steuerliche Grundfreibetrag stellt sicher, dass das zur Bestreitung des Existenzminimums nötige Einkommen nicht durch Steuern gemindert wird. In Deutschland hat jeder Einkommensteuerpflichtige Anspruch auf einen steuerfreien Grundfreibetrag. Der Grundfreibetrag betrug in 2012 für Alleinstehende 8.004 EUR; für Ehepaare 16.008 EUR. Rückwirkend ab den 1.1.2013 soll der Grundfreibetrag erhöht werden.

Gesetzliche Neuerung
Am 17.1.2013 hat der Bundestag beschlossen, dass ab dem 1.1.2013 rückwirkend der Grundfreibetrag um 126 EUR auf 8.130 EUR erhöht wird. Ab dem Jahr 2014 erfolgt dann eine weitere Erhöhung um 224 EUR auf 8.354 EUR. Der Eingangssteuersatz bleibt unverändert bei 14 %. Ziel des Gesetzes ist es, die so genannte kalte Progression abzubauen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steuerlich zu entlasten. Als kalte Progression wird der Effekt bezeichnet, dass durch die Anhebung des Einkommens die Einkommensteuer überproportional steigt. Hierzu kommt es durch den progressiv ausgestalteten Einkommensteuertarif. Bei einer Lohnerhöhung, z. B. zum Inflationsausgleich, steigt die Steuerlast, obwohl real nicht mehr verdient wird. Durch die Erhöhung des Grundfreibetrags wird diesem Effekt entgegengewirkt. Auch zukünftig soll alle 2 Jahre durch die Vorlage des Steuerprogressionsberichts an den Bundestag der Effekt der kalten Progression beobachtet und bekämpft werden.

Konsequenz
Nach der Entscheidung des Bundestags zur Erhöhung des Grundfreibetrags deutet sich eine notwendige Entlastung der Einkommensteuerpflichtigen an. Erforderlich ist nun jedoch, dass auch der Bundesrat dem Gesetzesvorhaben zustimmt.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin