Öffentliches Fachgespräch zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen im Finanzausschuss

Mit “grenzüberschreitenden Steuergestaltungen” beschäftigt sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in einem öffentlichen Fachgespräch am Mittwoch, den 20. März, ab 14.00 Uhr im Sitzungssaal E 400 des Paul-Löbe-Hauses. Zu dem auf zwei Stunden angesetzten Fachgespräch werden folgende Sachverständigen erwartet: Prof. Hubertus Baumhoff (Kanzlei Flick Glocke Schaumburg), Deutsche Bank AG, Markus Henn (Tax Justice Network), Nicola LiebertAchim Pross (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD), Starbucks Coffee Deutschland GmbH und Heinz Zourek, Europäische Kommission.

Deutscher Bundestag

Internationale Konzerne sparen Steuern durch Gewinnverlagerung

Durch das geschicktes Ausnutzen des unterschiedlichen Steuerrechts in verschiedenen Ländern und interne Verrechnungen gelingt es internationalen Konzernen, ihre Steuerlast erheblich zu senken. Dies bestätigten mehrere Sachverständige bei einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am gestrigen Mittwoch.

Professor Hubertus Baumhoff von der Kanzlei Flick Glocke Schaumburg zeigte am Beispiel des amerikanischen Suchmaschinenbetreibers Google auf, welche Gestaltungsmöglichkeiten verschachtelte Konzerne haben. So verfüge zum Beispiel Google über Niederlassungen in Irland, den Niederlanden und den Bermudas. In Irland seien etwa 2.000 Personen beschäftigt. Dort würden Lizenzgebühren aus Geschäften in Europa kassiert. Lizenzausgaben in ähnlicher Höhe würden wiederum an die Niederlassung in den Niederlanden gezahlt, und von dort werde das Geld auf die Bermudas transferiert. Es gebe mehrere Gründe, warum das funktioniere: In den Niederlanden falle keine Steuer auf Lizenzgebühren an, und auch in Irland gebe es keine Steuerpflicht. Die USA wiederum könnten nichts wegen Googles Bermuda-Gesellschaft unternehmen, weil diese über ihre irische Tochter einen aktiven Geschäftsbetrieb vorweisen könne. Es werde geschätzt, dass der Konzern 33 Milliarden Dollar steuerfrei gebunkert habe. “In Deutschland wäre diese Gestaltung nicht möglich”, sagte Baumhoff.

Auch Nicola Liebert von Tax Justice Network sagte, die Gewinnverschiebung mit Lizenzgebühren scheine ziemlich verbreitet zu sein. Zum System gehörten zudem Zinszahlungen sowie Finanzinstrumente wie Derivate und Swaps. Verbreitet seien aber auch Manipulationen interner Verrechnungspreise, auch wenn das verboten sei. Achim Proos von der OECD wies darauf hin, dass diese Gestaltungen besonders Finanzierungsfragen und immaterielle Güter betreffen würden. Auch bei den konzerninternen Verrechnungspreisen stellten sich viele Fragen. Die OECD hoffe, im Juni mit den Beratungen über einen Aktionsplan gegen die Steuergestaltungen von internationalen Konzernen beginnen zu können. Man wolle etwas gegen die doppelte Nichtbesteuerung tun, aber keine doppelte Besteuerung herbeiführen.

Von der Deutschen Bank hieß es, bei den geschilderten Fällen handele es sich eher um ein Problem des amerikanischen Gesetzgebers. In Deutschland seien Modelle wie das von Google nicht möglich. Baumhoff bestätigte, wenn Staaten auf Besteuerung verzichten würden, sei das kein Betriebsunfall, sondern geschehe aus Wettbewerbsgründen. Es wäre für die USA leicht, an die auf die Bermudas gebrachten Gewinne heranzukommen. Markus Henn (Tax Justice Network) sagte, aus seiner Sicht seien deutsche Konzerne sauber. Aber man müsse auch sehen, dass viele deutsche Konzerne Tochterfirmen in Steueroasen hätten. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hielt der Deutschen Bank ein Zitat aus dem Geschäftsbericht vor, wonach es eine “vorteilhafte geografische Verteilung des Gewinns” gebe. Die Bank wies dies unter Hinweis auf ihre hohe Steuerquote zurück.

Deutscher Bundestag

Scheidungskosten sind steuerlich absetzbar

Die Kosten, die bei der Scheidung im gerichtlichen Scheidungsverfahren entstehen, können steuerlich abgesetzt werden. Nach dem Urteil des Finanzgerichts in Düsseldorf (Az.: 10 K 2392/ 12 E) können diese als außergewöhnliche Belastung steuerlich angeführt werden.

Die Richter begründeten dies damit, dass eine Scheidung ein gerichtliches Verfahren zwingend mit sich zieht und sich die Ehepartner den Anwaltsgebühren und Gerichtskosten nicht entziehen können. Außerdem zählen zu den steuerlich absetzbaren Ausgaben sogenannte Scheidungsfolgesachen, wie z. B. Unterhaltsansprüche oder der Zugewinnausgleich.

Weiterhin ist zu beachten, dass als Voraussetzung eine gewisse Zumutbarkeitsgrenze überschritten worden sein muss. Diese entsteht jährlich neu und hängt von der Höhe der Einkünfte, dem Familienstand und der Zahl der Kinder ab. Es ist also von Fall zu Fall unterschiedlich, wann die Zumutbarkeitsgrenze erreicht ist und die Belastungen steuerlich absetzbar sind.

Allerdings gibt es weiterhin die Einschränkung, dass bei einer außergerichtlichen Einigung die Anwaltsgebühren nicht steuerlich absetzbar sind, da erst gar keine gerichtlichen Kosten anfallen.

Im obigen Fall wollte der Ehepartner seine angefallen Gerichts- und Anwaltsgebühren sowie die Kosten, die aufgrund des Versorgungsausgleichs, dem Zugewinnausgleich und dem nachehelichen Unterhalt angefallen sind, steuerlich absetzen. Das Finanzamt erkannte aber nur die gerichtlichen Scheidungskosten und die Kosten bezüglich des Versorgungsausgleichs als außergewöhnliche Belastung an.

Allerdings entschied das Finanzgericht Düsseldorf, wie oben erwähnt, anders und es wurden schließlich die gesamten Kosten als außergewöhnliche Belastung angesehen.

Finanzgericht Düsseldorf

Darlehensverzicht gegenüber dem Arbeitgeber als Werbungskosten

Finanzgericht Düsseldorf, 1 K 522/11 E

Datum: 07.12.2012
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 1. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 1 K 522/11 E
Tenor: Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2006 wird dahingehend geändert, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers ein weiterer Betrag von 15.947 DM als Werbungskosten berücksichtigt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 88 % und der Beklagte zu 12 %.
1Tatbestand:2Streitig ist, ob und in welcher Höhe der Verzicht auf eine Forderung aus einem Darlehn, das der Kläger als Arbeitnehmer und zugleich Gesellschafter seines Arbeitgebers diesem gewährt hatte, im Jahr 2001 beim Arbeitnehmer einkünftemindernd zu berücksichtigen ist.

3Der Kläger war seit 1996 Gesellschafter und seitdem auch einer von mehreren Geschäftsführern einer GmbH mit einem Jahresgehalt von anfangs etwa 150.000 DM, später 250.000 DM. Der Kläger hielt zunächst zum Nominalwert von 76.500 DM einen Anteil von 6,95 % des 1.100.000 DM betragenden Stammkapitals der GmbH. Nach Kapitalerhöhungen hielt er Anteile von nominal 94.500 DM. Davon übertrug er im Januar 2000 schenkweise Anteile von 15.800 DM und 15.700 DM auf seine beiden Töchter. Der dem Kläger an der GmbH dann noch verbleibende Anteil betrug 63.000 DM (4,6 %).

4Nachdem die GmbH bereits 1998 von ihren Gesellschaftern Liquiditätshilfedarlehn erhalten hatte, die 1999 samt Zinsen zurückgezahlt worden waren, forderte die GmbH alle Gesellschafter im Hinblick auf einen ihr Anfang 2000 von der Bank empfohlenen Börsengang auf, ihr in Höhe dieser früheren Gesellschafterdarlehn einschließlich Zinsen erneut Darlehn zu gewähren. Die GmbH ging dabei davon aus, dass auch Darlehn von Kleingesellschaftern kapitalersetzend sein könnten und daher während einer Krise nicht zurückverlangt werden dürften, so dass die in 1999 erfolgte Rückzahlung gegen die Kapitalerhaltungsregeln des GmbHG sowie gegen due dilligence verstoßen habe. Eine Gegenvorstellung des Klägers blieb erfolglos.

5Um dem Kläger ‑wie auch den anderen Kleingesellschaftern‑ die geforderte Darlehnsgewährung an die GmbH finanziell zu ermöglichen, boten einer weiteren GmbH und ein weiterer Großgesellschafter an, kleinere Anteile zu einem über dem Nominalbetrag liegenden Kaufpreis zu erwerben. Daraufhin veräußerten am 24.11.2000 der Kläger Anteile von nominal 14.800 DM für 110.367 DM und seine beiden Töchter Anteile von je 2.800 DM für jeweils 27.592 DM (zusammen 165.551 DM) an die GmbH und einen weiteren Großgesellschafter. Dem Kläger verblieb ein Anteil von 48.200 DM (1,6 %). Der Kläger verpflichtete sich, das (ehemals getilgte) Darlehn von 61.400 DM nebst damals erhaltener Zinsen von 6.083 DM erneut der GmbH zur Verfügung zu stellen und in Höhe des übersteigenden Veräußerungserlöses ein weiteres Gesellschafterdarlehn zu gewähren. Dazu vereinbarten der Kläger und die GmbH am 28.11.2000 eine Liquiditätshilfe von 98.068 DM (165.551 DM abzgl. Altdarlehn 61.400 DM nebst Zinsen 6.083 DM). Der Übernehmer der Anteile zahlte den Kaufpreis unmittelbar an die GmbH aus.

6Nachdem die Bank den geplanten Börsengang Ende 2000 abgesagt hatte, musste der GmbH neues Kapital von mindestens 7 Mio. DM zugeführt werden. Dazu waren die Großgesellschafter nur unter der Bedingung bereit, dass die Kleingesellschafter sämtliche (Rest-)Anteile zum Nominalwert abtreten und auf ihre Gesellschafterdarlehn nebst Zinsen verzichten würden. In Gesprächen wurden die Kleingesellschafter mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass bei deren Weigerung eine Kapitalerhöhung ausscheide, die Gesellschaft in Insolvenz gerate und die Arbeitsplätze gefährdet seien. Darauf wurde am 6. März 2001 das Kapital der GmbH von 2.941.900 DM auf 9.941.900 DM erhöht. Mit Vertrag vom selben Tag verkaufte der Kläger seine Restbeteiligung in Höhe von 1,64 % zum Nennbetrag von 48.200 DM an die GmbH sowie einen weiteren Großgesellschafter, zugleich verzichtete er auf seine Darlehnsrückzahlungsansprüche über insgesamt 159.468 DM (61.400 DM und 98.068 DM) sowie auf die Zinsen. Die Großgesellschafter verpflichteten sich, den Verkäufern der Restanteile über den vereinbarten Kaufpreis hinaus weitere Beträge von 13.600 DM und 6.800 DM zu bezahlen, sofern das Unternehmen vor dem 31. Dezember 2001 zu einem Preis von mindestens 20 Mio. DM verkauft werden könne. Der Verzicht des Klägers stand wie der der weiteren Kleingesellschafter unter dem Vorbehalt, dass alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 5. März 2001 und die notariellen Beurkundungen am 6. März 2001 wie geplant erfolgten. Die Versuche, die GmbH zu veräußern, blieben erfolglos.

7Im Januar 2002 (9 Monate nach der Kapitalerhöhung im März 2001) meldete die GmbH, vertreten durch den Kläger als alleinigem alleinvertretungsberechtigtem Geschäftsführer, Insolvenz an; das Verfahren wurde am 01.04.2002 eröffnet. Der Insolvenzverwalter der GmbH vertrat die Auffassung, dass das Geschäftsmodell der GmbH wirtschaftlich nicht geeignet gewesen sei. Die GmbH habe in den Jahren ihres Bestehens nur Verluste erwirtschaftet. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten seien durch regelmäße kurzfristige Liquiditätsprobleme in erheblicher Höhe gekennzeichnet gewesen. Die erzielten Umsätze hätten nicht ausgereicht, die Fixkosten der GmbH zu decken. Das Unternehmenskonzept sei auf einen wesentlich höheren Umsatz ausgelegt gewesen, als es die GmbH jemals habe erzielen können. (Gutachten in dem Insolvenzeröffnungsverfahren vom 09.12.2002, Bl 62 ff). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH dauert bis zum heutigen Tage an, mit einem Abschluss ist erst in den Jahren 2013/2014 zu rechnen. Zwischenausschüttungen an die Gläubiger der GmbH haben nicht stattgefunden, der Insolvenzverwalter rechnet mit einer Quote von 7,5 % – 10 % auf die Insolvenzforderungen.

8Der Kläger und seine mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehefrau, die Klägerin, machten mit der Einkommensteuererklärung 2001 den erklärten Darlehnsverzicht über insgesamt 159.468 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit der Begründung geltend, dass der Kläger den Verzicht auf massiven Druck der Großgesellschafter erklärt habe, um seinen Arbeitsplatz als Geschäftsführer zu sichern.

9Das damals zuständige Finanzamt ‑FA‑ lehnte eine Berücksichtigung ab, weil weder feststehe, dass ein Außenstehender das Darlehn wegen gefährdeten Rückzahlungsanspruchs nicht gewährt hätte, noch, dass der Kläger bei einer Verweigerung der Verzichtserklärung seinen Arbeitsplatz verloren hätte.

10Der erkennende Senat wies die dagegen erhobene Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 172 veröffentlichten Gründen im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Darlehnsgewährung nicht durch das Arbeits-, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei; vorrangiges Ziel des Klägers sei es gewesen, die Gesellschaft wirtschaftlich zu fördern, das Gesellschafterdarlehn sei gesellschafterorientiert gewesen. Es könne dahinstehen, ob der vom Kläger am 06.03.2001 erklärte Verzicht auf die Darlehnsrückzahlung zur Sicherung des Arbeitsplatzes erfolgt sei. Denn dieser spätere Zeitpunkt sei für die Beurteilung rechtlich nicht maßgebend.

11Auf die hiergegen erhobene Revision hob der BFH mit Urteil vom 25. November 2010 (VI R 34/08, BStBl II 2012, 24) das Senatsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Zur Begründung führte er aus, dass das FG im zweiten Rechtsgang die näheren Umstände des Darlehnsverzichts zur Beurteilung der Frage aufzuklären habe, ob der Kläger auf die Darlehnsrückzahlung am 06.03.2001 verzichtet habe, um seinen Arbeitsplatz zu sichern oder ob auch insoweit der gesellschaftsrechtliche Veranlassungszusammenhang im Vordergrund stehe. Bei dieser Würdigung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger an der GmbH nur noch in geringem Umfang beteiligt gewesen sei, und dass die vom Kläger als Geschäftsführer erzielten Einkünfte von etwa 250.000 DM jährlich den noch vorhandenen Wert seiner Beteiligung an der GmbH und die daraus noch erzielbaren Beteiligungserträge deutlich übersteigen dürften. Entsprechendes gelte für die Frage, ob mit der Weigerung, den Verzicht zu erklären, für den Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer negative Folgen für seine Arbeitnehmerstellung verbunden gewesen wären (vgl. dazu BFH, Urteil vom 17. Juli 1992 VI R 125/88, BStBl II 1993, 111).

12Sollte das FG im Hinblick darauf zu der eher nahe liegenden Würdigung gelangen, dass der Kläger den Verzicht ausgesprochen habe, um seinen Arbeitsplatz zu sichern, und daher der Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften überwiege, seien weitere Feststellungen dazu erforderlich, welchen Wert die Darlehnsforderung im Zeitpunkt des Verzichts noch gehabt habe. Denn nur in Höhe des dann noch werthaltigen Teils der Forderung wären dem Kläger Aufwendungen entstanden, die in einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Veranlassungszusammenhang zu seinen Lohneinkünften stünden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des BFH vom 25. November 2010 (VI R 34/08, BStBl II 2012, 24) Bezug genommen.

13Im nun anhängigen Verfahren des zweiten Rechtszuges wiederholen und vertiefen die Kläger ihren bisherigen Vortrag zur Begründung ihres Begehrens auf Berücksichtigung des Darlehnsverzichtes aus März 2001 als Werbungskosten iHv 159.469 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers.

141. Wesentlicher Grund für den Darlehnsverzicht des Klägers sei der Erhalt des Arbeitsplatzes gewesen. Die Geschäftsführerposition des Klägers sei bereits im 1. Halbjahr 2000 „angeschlagen“ gewesen, der Kläger sei von dem operativen Geschäft der GmbH entbunden und nur noch für die Durchführung von Sonderaufgaben zuständig gewesen. Damit sei er seiner Einschätzung nach praktisch seines Amtes enthoben und zum normalen Angestellten der GmbH geworden. Der Kläger habe alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um seinen Arbeitsplatz in seinem Alter zu erhalten. Die Großaktionäre hätten erheblichen Druck auf den Kläger zum Darlehnsverzicht ausgeübt und ihm – wie den anderen Kleinaktionären auch – deutlich gemacht, dass jede einzelne Verweigerung des Verzichts zur Folge gehabt hätte, dass die Großaktionäre die erneute Kapitalerhöhung verweigern würden, obwohl die Kleinaktionäre, der Kläger sowie die weiteren Geschäftsführer, lediglich GmbH-Anteile von insgesamt 5,65 % zusammen besaßen. Wäre die Kapitalerhöhung im März 2001 nicht erfolgt, hätte die GmbH unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Eine gesellschaftsrechtliche Ursache für den Darlehnsverzicht sei nicht anzunehmen, weil der Kläger als Gesellschafter keine Nachschuss- oder Darlehnsgewährungsverpflichtung gehabt habe.

15Die GmbH sei seit ihrem Bestehen immer wieder in Liquiditätsproblemen gewesen, ein Bankkredit der Stadtsparkasse sei nur in unzureichender Höhe für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes gewährt worden.

162. Der Verzicht auf das Darlehn sei mit dem Nennwert von 159.468 DM als Werbungskosten zu berücksichtigen. Das Darlehn sei im Zeitpunkt des Verzichts im März 2001 in voller Höhe werthaltig gewesen. Die GmbH sei zu diesem Zeitpunkt überlebensfähig gewesen. Zwar sei fraglich, ob für die GmbH bei einem Verkauf im Jahr 2000 tatsächlich die derzeit von den Großgesellschaftern im Wege der Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellten 10,7 Mio. DM als Kaufpreis zu erzielen gewesen wären. Bei dem von den Großgesellschaftern investierten Kapital habe es sich jedoch – wie bei der erneuten Zurverfügungstellung von 7 Mio. DM im März 2001 – um reines Risikokapital gehandelt, von dem diese erwartet hätten, dass sie in 5 – 10 Jahren eine Vergütung ihrer Investition erhalten würden.

17Die Annahme, dass das Darlehn wertlos gewesen sei, weil ohne den Darlehnsverzicht die Insolvenz der GmbH gedroht habe, sei unlogisch.

18Das Darlehn des Klägers sei ein Posten in der gesamten Wirtschafts- und Vermögenslage der GmbH als Kapitalgesellschaft gewesen. Damit sei der Wert des Darlehns abhängig vom Wert der GmbH im März 2001. Der Wert der GmbH sei so hoch eingeschätzt worden, dass die Großgesellschafter seit November 2000 insgesamt rund 8,5 Mio. DM investiert hätten. Belaufe sich der Unternehmenswert einer GmbH auf einen zweistelligen Millionenbetrag, sei auch ein Darlehn von 159.000 DM in voller Höhe werthaltig. Der Wert einer GmbH sei davon abhängig, welchen Marktpreis externe Investoren zu zahlen bereit seien. Bei der GmbH habe es sich um ein Unternehmen in der damals neuen Wirtschaftsbranche EDV-Dienstleister gehandelt. Die GmbH habe seit 1998 erhebliche Umsatzzuwächse verzeichnet (1999/2000 gegenüber 1998/1999 ein Plus von 5,6 Mio. DM = 47,5 %; 2000/2001 gegenüber 1999/2000 ein Plus von 5,5 Mio. DM = 31,6 %). Aus diesem Grund hätten die Großgesellschafter bereits rund 10 Wochen vor dem Darlehnsverzicht eine Kapitalerhöhung um 1.501.800 DM zuzüglich Aufgeld iHv 2.312.100 DM, insgesamt 3,8 Mio. DM, vorgenommen, in der Hoffnung, dass sich diese Investition rechnen werde. Zum Verzichtszeitpunkt hätten die Großinvestoren das Kapital der GmbH um weitere 7 Mio. DM erhöht.

19Zum Zeitpunkt des Darlehnsverzichtes seien die Großinvestoren davon ausgegangen, dass die GmbH überlebensfähig und werthaltig sei, ansonsten hätten diese sicherlich nicht innerhalb von 3 Monaten rund 10 Mio. DM in die Kapitalerhöhung gesteckt. Am 06.03.2001 habe ein Junktim zwischen den Großgesellschaftern und den angestellten Darlehnsgebern bestanden: die Großgesellschafter erklärten die Kapitalerhöhung und damit Arbeitsplatzsicherung gegen Darlehnsverzicht des Angestellten. Wäre das Darlehn wertlos gewesen, wäre auch eine Verzichtsforderung unsinnig gewesen. Die Großgesellschafter hätten den Wert des Darlehns für gegeben gehalten und die Gelegenheit genutzt, den Verzicht darauf zu fordern. Zudem habe die GmbH den Darlehnsverzicht auch in vollem Umfange als Ertrag gebucht.

20Dem stehe nicht entgegen, dass die GmbH seit ihrem Bestehen lediglich Verluste erwirtschaftet habe. Hierbei habe es sich um im Wirtschaftsleben übliche Anlaufverluste eines neu gegründeten Unternehmens gehandelt.

21Die GmbH sei zudem zum 30.06.2001 zwar buchmäßig, aber nicht wirtschaftlich überschuldet gewesen. Die GmbH habe den Wert eines im März 2001 abgeschlossenen Vertrages über die Lieferung und Pflege eines Datenbestandes an eine US-Firma aus handelsrechtlichen Gründen nicht bilanziell erfassen dürfen. Lediglich die bereits erhalten Lizenzzahlungen iHv 1.637.317 DM seien von der GmbH als Erlös erfasst worden. Selbst ohne Berücksichtigung dieses Betrages ergebe sich bei einer wirtschaftlichen Betrachtung aufgrund der qualifizierten Rangrücktrittserklärungen der Gesellschafter und einer stillen Beteiligung ein wirtschaftliches Eigenkapital zum 30.6.2001 iHv 4.875.655,33 DM; rechne man den Wert des Vertrages hinzu, erhöhe sich die Vermögensbilanz der GmbH am 06.03.2001 auf positive 10,6 Mio. DM.

22Dass das Darlehn des Klägers in voller Höhe werthaltig gewesen sei, werde auch bestätigt durch die Erhöhung des Wertes der Kapitalanteile der Großgesellschafter durch das Maßnahmebündel am 06.03.2001. Eine echte betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für den von den Großgesellschaftern erzwungenen Darlehnsverzicht der Kleinst-Gesellschafter habe es nicht gegeben; vielmehr habe sich durch den Darlehnsverzicht der angestellten Kleingesellschafter als wesentlicher Effekt die Wertsteigerung der GmbH-Anteile der Großgesellschafter ergeben; diese hätten die Gelegenheit genutzt, sich der kleinen Gesellschafter zu entledigen.

23Auch nach dem Tauschgrundsatz sei das Darlehn des Klägers in voller Höhe werthaltig gewesen. Die Bestimmung des Wertes einer Investition bestimme sich durch den Wert der Gegenleistung. Der Kläger habe auf sein Darlehn iHv 159.000 DM verzichtet und hierfür den Gegenwert in Form des laufenden Einkommens 2001 iHv 294.000 DM erhalten. Wie auch die Förderung der Arbeitsplätze durch das Wirtschaftsministerium NRW iHv 500.000 € pro Arbeitsplatz im Jahr 2001 zeige, habe ein Arbeitsplatz einen bestimmten Wert. Ohne Darlehnsverzicht hätte der Kläger seinen Arbeitsplatz und das FA die auf das Arbeitsentgelt entfallende Lohnsteuer nicht erhalten.

24Nach dem Stichtagsprinzip sei die 9 Monate nach dem Darlehnsverzicht erfolgte Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH nicht zu berücksichtigen, weil es sich hierbei um nachweislich spätere, nach dem Stichtag eingetretene Umstände gehandelt habe, die die Insolvenz veranlasst hätten.

25Das 9 Monate nach dem Darlehnsverzicht beantragte Insolvenzverfahren könne auch nicht zur Wertaufhellung der Forderung herangezogen werden, weil die Großgesellschafter der GmbH dem Geschäftsbetrieb Ende 2001, Anfang 2002 eine neue Richtung gegeben hätten.

26Die Kläger beantragen,

27den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2006 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers ein Betrag von 159.478 DM als Werbungskosten berücksichtigt wird.

28Der Beklagte beantragt,

29die Klage abzuweisen.

30Selbst wenn der Darlehnsverzicht des Klägers im März 2001 erfolgt sei, um den Arbeitsplatz bei der GmbH zu erhalten, sei gleichwohl der Wert der Darlehnsforderung zu diesem Zeitpunkt mit 0 DM anzusetzen.

31Die GmbH sei zum 30.06.2001 buchmäßig überschuldet gewesen. Diese buchmäßige Überschuldung habe bestanden, obwohl das Kapital der Gesellschaft am 19.12.2000 auf 2.942.000 DM und am 06.03.2001 auf 9.942.000 DM erhöht worden sei. Zudem habe der Kläger im erstinstanzlichen Klageverfahren selbst vorgetragen, dass sich die GmbH stets in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und keinesfalls einen objektiven Wert von 10,7 Mio. DM gehabt habe.

32Die Drohung der Großgesellschafter, dass bei einer Weigerung der Kleingesellschafter auf Verzicht der Darlehnsforderung und Übertragung der Anteile zum Nominalwert eine weitere Kapitalerhöhung ausscheide, spreche dafür, dass die vorherige Kapitalerhöhung verbraucht und die Darlehnsforderung zu diesem Zeitpunkt wertlos gewesen sei. Durch den Darlehnsverzicht habe der Kläger zumindest den Nominalbetrag seiner Anteile retten können. Nach den Kapitalerhöhungen im November 2000 und März 2001 sei bereits im Juni 2001 eine weitere Eigenkapitalzuführung für erforderlich gehalten worden und wiederum das Risiko einer Insolvenz bejaht worden.

33Zudem habe die GmbH bereits am 21.02.2002 einen Insolvenzantrag gestellt. Die GmbH sei zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig iSv § 17 InsO und überschuldet iSv § 19 Abs. 2 InsO gewesen, weil sie seit ihrem Bestehen nur Verluste erwirtschaftet habe. Material- und Personalkosten der GmbH seien zu hoch gewesen, um durch den Umsatz aufgefangen zu werden.

34Das Darlehn habe am 06.03.2001 keinen Wert mehr gehabt, weil ohne Darlehnsverzicht die Insolvenz gedroht hätte. Die Großgesellschafter hätten angekündigt, dass bei Verweigerung des Verzichtes eine Kapitalerhöhung ausscheide und die GmbH in die Insolvenz gerate. Der Verkauf des Datenbestandes könne hierbei nicht berücksichtigt werden; dieser Verkauf sei bereits im Februar 2001 erfolgt, gleichwohl hätten die Großgesellschafter im März 2001 mit der Insolvenz der GmbH gedroht.

35Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogene Akte des Senates 1 K 3685/06 E und die Akte des Amtsgerichts Bonns, Aktenzeichen 99 IN 19/02, über die Insolvenz über das Vermögen GmbH Bezug genommen.

36Entscheidungsgründe:

37Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

38Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, als der Verzicht auf die Darlehnsforderung iHv 159.468 DM überhaupt nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers berücksichtigt wurde, § 100 Abs. 1 FGO.

39Zwar hat der Beklagte zu Recht die Berücksichtigung des Verzichtes auf die Darlehnsforderung iHv 159.468 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers im Jahr 2001 zum Nennwert versagt. Die Darlehnsforderung ist jedoch im Zeitpunkt des Verzichtes am 06.03.2001 mit einem wirtschaftlichen Wert von 10 % des Forderungsbetrages (15.947 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen.

40Soweit die Kläger eine darüber hinausgehende Berücksichtigung begehren, ist die Klage unbegründet.

411. Der Verzicht des Klägers im März 2001 auf die Darlehnsforderung gegenüber der GmbH führt zu Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit.

42Gemäß § 9 Abs. 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten und bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten liegen vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kommt es auf eine berufliche Veranlassung an. Eine solche ist anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf (d.h. der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit) besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden (BFH, Beschlüsse vom 27. November 1978 GrS 8/77, BStBl II 1979, 213, 216; vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BStBl II 1978, 105).

43Die näheren Umstände des Darlehnsverzichtes sprechen dafür, dass der Kläger diesen Verzicht aussprach, um seinen Arbeitsplatz zu sichern, der Veranlassungszusammenhang mit den Lohneinkünften überwiegt den gesellschaftsrechtlichen Veranlassungszusammenhang. Der Kläger war im März 2001 mit 48.200 DM und damit lediglich noch mit 1,64 % am Gesamtkapital der GmbH beteiligt. Die vom Kläger im Jahr 2001 als Geschäftsführer erzielten Einkünfte von 299.445 DM überstiegen den Wert seiner Beteiligung an der GmbH sowie die daraus noch erzielbaren Beteiligungseinkünfte.

44Mit einer Weigerung des Klägers, den Verzicht auf die Darlehnsforderung zu erklären, wären negative Folgen für seine Arbeitnehmerstellung als Geschäftsführer verbunden gewesen. Die Großgesellschafter haben dem Kläger und den beiden weiteren Geschäftsführern deutlich gemacht, dass bei einer Weigerung, auf die Darlehnsforderung zu verzichten, die dringend benötigte Kapitalerhöhung von weiteren 7 Mio. DM unterbleiben würde. Ohne diese zusätzlichen liquiden Mittel, die die GmbH nicht aus eigenem Vermögen aufbringen konnte, hätte die GmbH unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Folge für den Kläger wäre nicht nur gewesen, dass sein GmbH-Anteil nahezu wertlos geworden wäre, sondern insbesondere, dass er im Zuge des Insolvenzverfahrens seine Anstellung als Geschäftsführer der GmbH bereits im Frühjahr 2001 verloren hätte. Die Großgesellschafter haben die Kapitalerhöhung und damit die Arbeitsplatzsicherung nach dem Vortrag der Kläger nur unter der Bedingung durchgeführt, dass auch der Kläger auf seine Darlehnsforderung verzichtete.

452. Der Wert der Darlehnsforderung im Zeitpunkt des Verzichts im März 2001 ist mit 10 % des Nennwertes zu berücksichtigen.

46Die Darlehnsforderung hatte im Zeitpunkt des Verzichtes nicht mehr ihren Nennwert iHv 159.468 DM, sondern war mit einem geringeren Teilwert zu berücksichtigen.

47Die Höhe der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen des Klägers durch den Verzicht auf die Darlehnsforderung wird durch den Zeitwert der Forderung bestimmt. Denn nur in Höhe des im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltigen Teils der Darlehnsforderung entstehen Aufwendungen, die in einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Veranlassungszusammenhang mit den Lohneinkünften stehen (vgl. BFH, Urteil vom 25. November 2011 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; Demuth in BB 2011, 677; Schneider in NWB 2011, 604).

48Die Rechtslage bei einem Arbeitnehmerdarlehn, auf das der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber zur Arbeitsplatzsicherung verzichtet, ist vergleichbar mit der von Gesellschafterdarlehn, die in der Krise der Gesellschaft stehen gelassen werden: Auch bei Beurteilung der Frage nach der Höhe des nach § 17 EStG zu berücksichtigenden Wertes der verlorenen Forderung ist die Werthaltigkeit derselben zu schätzen (Schmidt/Krüger EStG 31. Auflage 2012 § 19 Tz 60 „Darlehn“; Meyer-Scharenberg in DStR 1994, 1450). Maßgeblich ist auch hier der Betrag, den der Gesellschafter und Forderungsinhaber bei einer fiktiven Veräußerung der Darlehnsforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte. Dies entspricht dem gemeinen Wert der Forderung, aber auch ihrem Teilwert. Dies wird im Allgemeinen die zu erwartende Insolvenz- oder Vergleichsquote, im Einzelfall auch ein Betrag von 0 € sein (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 10.11.1998 VIII R 6/96, BStBl II 1999, 348).

49Ein fremder Dritter hätte am 06.03.2009 unter Berücksichtigung der Gesamtsituation bestenfalls 10 % des Nennbetrages der Darlehnsforderung des Klägers als Entgelt für deren Abtretung aufgewandt.

50Die Darlehnsforderung des Klägers war in hohem Maße gefährdet, weil der GmbH ohne die Kapitalerhöhung das Insolvenzverfahren bereits im März 2001 gedroht hätte. Ohne Forderungsverzicht hätte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahren beantragen müssen, weil sie im März 2001 einen zwingenden Liquiditätsbedarf von 7 Mio. DM hatte, den sie nicht aus eigenen Mitteln befriedigen konnte. Die GmbH hätte nach dem Vortrag des Klägers bei Aufrechterhaltung seiner Darlehnsforderung mangels Kapitalerhöhung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt und den Betrieb eingestellt.

51Aus seiner Sicht hatte der Kläger somit zwei Möglichkeiten:

52Verzichtete der Kläger nicht auf sein Darlehn, hätten die Großgesellschafter die dringend erforderliche Kapitalerhöhung (7 Mio. DM) nicht durchgeführt und die GmbH wäre bereits im März 2001 in die Insolvenz geraten. Der Kläger hätte seinen Arbeitsplatz verloren und wäre mit seiner Darlehnsforderung in die Insolvenzmasse gefallen, so dass er insoweit bestenfalls mit einer Befriedigung iHd Quote hätte rechnen können.

53Verzichtete der Kläger auf sein Darlehn, hätte er zwar seinen Darlehnsrückzahlungsanspruch verloren, aber er würde zumindest ein Entgelt für seinen Gesellschaftsanteil von 48.200 DM erhalten.

54Mangels anderer Anhaltspunkte geht der Senat davon aus, dass auch bei einer Insolvenzeröffnung über das Vermögen der GmbH bereits im März 2001 wie bei dem tatsächlich durchgeführten Insolvenzverfahren mit einer Quote von 10 % der Forderungen zu rechnen gewesen wäre. Anhaltspunkte dafür, dass ein früheres Insolvenzverfahren zu einer höheren Quote geführt haben könnte, liegen nicht vor.

55Die im Wege der Kapitalerhöhung im März 2001 der GmbH zugeführten 7 Mio. DM waren offenkundig bereits nach 9 Monaten verbraucht, so dass der Kläger als allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer im Januar 2002 tatsächlich die Durchführung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beantragen musste. Das Insolvenzverfahren dauert inzwischen seit mehr 10 Jahren an, ohne dass es zu Teilausschüttungen an die Gläubiger der GmbH gekommen wäre. Der Insolvenzverwalter beziffert die zu erwartende Quote mit 7,5 % bis 10 %.

56Dem Kläger ist zuzustimmen, dass es unlogisch wäre, die Wertminderung der Forderung damit zu begründen, dass ohne den Verzicht auf das Darlehn bereits die Insolvenz der GmbH gedroht hätte. Eine solche Argumentation griffe zu kurz und würde dem tatsächlichen, vielschichtigen Geschehensablauf nicht gerecht. Die Wertminderung der Darlehnsforderung im März 2001 beruht vielmehr auf der Verknüpfung des Darlehnsverzichtes mit der – dringend erforderlichen, erneuten – Kapitalerhöhung durch die Großgesellschafter. Die GmbH hätte nicht ohne den Darlehnsverzicht, sondern ohne die Kapitalerhöhung unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Bedingung für die Kapitalerhöhung, eine sog. „conditio sine qua non“, war jedoch der Forderungsverzicht des Klägers.

57Dementsprechend kommt es auf die Frage, ob die Großgesellschafter die GmbH im März 2001 als rettungswürdig ansahen und weitere Beträge riskieren wollten, für die Beurteilung der Werthaltigkeit des Darlehns im März 2001 nicht an. Nach dem Vortrag der Kläger wäre die Kapitalerhöhung ohne den Darlehnsverzicht nicht durchgeführt worden.

58Auch das Stichtagsprinzip steht einer Bewertung der Darlehnsforderung mit der Insolvenzquote nicht entgegen. Zur Beurteilung des Wertes des Darlehns prüft man den hypothetischen Geschehensverlauf, was geschehen wäre, wenn der Steuerpflichtige nicht verzichtet hätte, und nicht einen gemischten Geschehensablauf daraus, was passiert ist, weil auf das Darlehn verzichtet wurde, nämlich die Kapitalerhöhung, und was geschehen wäre, wenn nicht. Hätte der Kläger nicht verzichtet, hätte die Insolvenz 9 Monate eher beantragt werden müssen.

59Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer für das Jahr 2001 auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 S. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑FGO‑. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Im Streitfall veräußerte die Klägerin im Jahr 2009 vermietete Immobilien und begehrte, die für die vorzeitige Ablösung des Finanzierungsdarlehens im Jahr 2010 angefallene Entschädigung in Höhe von rund 70.000 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Das beklagte Finanzamt lehnte den Abzug mit dem Argument ab, die nachträgliche Vorfälligkeitsentschädigung stehe nicht mehr in Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften, sondern sei der (nicht steuerbaren) Veräußerung zuzuordnen.

Dem ist das Finanzgericht gefolgt. Der Abzug nachträglicher Werbungskosten komme auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen nicht in Betracht. Im Streitfall sei die zehnjährige Veräußerungsfrist nämlich abgelaufen gewesen. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, nach Wegfall der Vermietungsabsicht anfallende Schuldzinsen über die vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fälle hinaus zu berücksichtigen.

Quelle: FG Düsseldorf

 

Finanzgericht Düsseldorf, 7 K 3506/12 F

Datum: 16.01.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 7. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 7 K 3506/12 F
Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
1Tatbestand:2Die Klägerin war seit mindestens 1992 Eigentümerin der vermieteten Immobilien „A“ str. und „B“ str. in „C“ . Diese Immobilien veräußerte die Klägerin mit notariellem Kaufvertrag vom 10.12.2009 für 1.625.000,- € zzgl. Umsatzsteuer.

3Einen Teil des Kaufpreises zahlte die Käuferin dabei abredegemäß direkt an die „D“ bank zur Ablösung eines von der Klägerin zur Finanzierung der Immobilien aufgenommenen Darlehens. Die Klägerin zahlte an die „D“ bank im Streitjahr -2010- eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 69.224.01 €, die die Bank für die vorzeitige Ablösung des Darlehens geltend gemacht hatte. Der Kaufpreis genügte, um alle mit den Immobilien im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten der Klägerin einschließlich der Vorfälligkeitsentschädigung abzulösen.

4In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr begehrte die Klägerin die Berücksichtigung dieser Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

5Im Bescheid vom 12.12.2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 berücksichtigte der Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten, weil eine nachträgliche Vorfälligkeitsentschädigung nicht mit der Erzielung von Einkünften, sondern mit dem Verkauf der Immobilien im Zusammenhang stehe.

6Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 04.01.2012 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21.08.2012 als unbegründet zurückwies.

7Die Klägerin hat am 20.09.2012 Klage erhoben.

8Sie trägt vor, Vorfälligkeitsentschädigungen im Zusammenhang mit der Veräußerung von Objekten, die zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt worden seien, seien nach der neueren Rechtsprechung des BFH abzugsfähig. Mit der Entscheidung des BFH vom 16.03.2010 VIII R 20/08, BStBl II 2010, 787 gebe es keine Überlagerung des ursprünglichen Nutzungszwecks durch einen neuen Zweck mehr. Die ältere Rechtsprechung, nach der die Einkünfteerzielungsabsicht mit der Veräußerung entfalle und damit diese Aufwendungen nicht mehr zum Werbungskostenabzug zugelassen würden, sei damit aufgegeben. Nicht entscheidend für die Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung sei, ob der Kaufpreis zur Ablösung der Verbindlichkeiten ausreiche. Auch in diesem Fall sei mit Wegfall des Überlagerungsgedankens der Grund für eine Nichtanerkennung der Vorfälligkeitsentschädigung entfallen. Denn diese zwangsläufig entstehende Entschädigung sei nichts anderes als künftig entstehende Schuldzinsen.

9Auch nach den Grundsätzen des Urteils des BFH vom 20.06.2012 IX R 67/10, BFHE 237, 368 müsse die Vorfälligkeitsentschädigung abzugsfähig sein. Wenn Schuldzinsen, die nach der Veräußerung einer Immobilie anfallen, anerkannt würden, soweit der Kaufpreis zu einer Tilgung der zu Grunde liegenden Verbindlichkeit nicht ausreiche, müsse auch eine Vorfälligkeitsentschädigung anerkannt werden. Ebenso wie in diesem Fall, in der die Schuldzinsen nicht auf einer freiwilligen Entscheidung des Steuerpflichtigen beruhe, den Kaufpreis nicht zur Rückführung der Verbindlichkeiten einzusetzen, sei der Kläger hier nicht frei gewesen, sich hinsichtlich der Entschädigungsleistung zu entscheiden. Die  Zahlung sei nicht auf Grund seiner privaten, den ursprünglichen Veranlassung überlagernden Motivation erfolgt, sondern gerade deshalb, um mit dem Kaufpreis die bestehenden Darlehen abzulösen.

10Die Klägerin beantragt,

11den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 12.12.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2012 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit ./. Euro 89.619,00 festgestellt werden,

12Der Beklagte beantragt,

13                            die Klage abzuweisen.

14Der Beklagte ist der Ansicht, die geänderte Rechtsprechung des BFH zu der Abzugsfähigkeit von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung habe keine Auswirkung auf den vorliegenden Fall. Sie betreffe nur die Ermittlung eines Veräußerungsverlustes im Rahmen eines Spekulationsgeschäfts, bei dem der Veräußerungserlös nicht zur vollständigen Tilgung des Darlehens ausreiche. Der vom BFH aufgestellte Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung würde nicht gewahrt, wolle man die Vorfälligkeitsentschädigung in Ansatz bringen Die Entscheidung sei bereits deshalb nicht auf den hier zu entscheidenden Fall übertragbar, weil die Spekulationsfrist abgelaufen sei.

15Entscheidungsgründe:

16Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

17Die von der Klägerin gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen stellen auch nach der geänderten Rechtsprechung des BFH zur Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bei den Überschusseinkünften keine (nachträglichen) Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG dar und waren bei der Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2010 nicht als solche zu berücksichtigen.

18Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Darunter fallen alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Schuldzinsen sind dabei „veranlasst“, soweit diese mit  Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG). Maßgebliches Kriterium für einen steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang zwischen Aufwendungen und einer Einkunftsart ist dabei die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“ sowie dessen Zuweisung zu einer einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre ( Beschluss des Großen Senates des BFH v. 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

19Ob die Vorfälligkeitsentschädigung, gem. § 552 I S. 1 BGB ein besonderer Schadensersatz für die dem Kreditinstitut aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung entgangenen Zinsen, wirtschaftlich den Schuldzinsen gleichzustellen ist, kann hier dahinstehen, da sie allenfalls als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig wären.

20Der Abzug nachträglicher Werbungskosten kommt auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen hier nicht in Betracht. In seiner Entscheidung vom 20.06.2012 lässt der BFH den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten in einem größeren Umfang zu als zuvor. Maßgebender Grund für die erweiterte Abzugsfähigkeit ist die Verlängerung der Spekulationsfrist für Grundstücksveräußerungen durch § 23 Abs. 1 S. 1 EStG in seiner seit 1999 geltenden Fassung auf nunmehr 10 Jahre. Vor diesem Hintergrund, so der BFH, sei das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest –) Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Aus diesem Grund könnten nachträgliche Schuldzinsen auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes dienen. Dies würde besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsgutes sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen minderten. Diese Regelung verknüpfe das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Absatz 1 S. 1 EStG steuerbar bewahrten Veräußerungsgeschäfts, strukturell der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen gleichgestellt werde. Hieraus hat der BFH im entschiedenen Fall, in dem die Veräußerungsfrist noch nicht abgelaufen war, für den entschiedenen Fall eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bejaht. Ob darüber hinaus in anderen denkbaren Fallkonstellation, damit auch nach Ablauf der Veräußerungsfrist, eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht nur durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen. Ausgedehnt hat es die Rechtsprechung ausdrücklich nur auf die Fälle, in denen ein bisher zu Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienendes Wohngrundstück steuerbar veräußert wurde und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen.

21Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, über die vom BFH hinaus erfolgte Erweiterung auch im hier zu entscheidenden Fall die nach der Beendigung der Vermietungsabsicht angefallenen Schuldzinsen anzuerkennen. Hier war die Veräußerungsfrist abgelaufen. Die Gründe, die den BFH im angesprochenen Urteil dazu bewogen haben, seine Rechtsprechung zur Anerkennung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszudehnen, greifen hier nicht ein. Denn die Situation des Veräußerers, der nicht unter § 23 EStG fällt, ist der Situation des Veräußerers von Betriebsvermögen gerade nicht zu vergleichen.

22Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

23Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nach Einführung der Abgeltungsteuer

Zwischen den Beteiligten war streitig, ob Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können. Der Kläger hatte seine GmbH-Beteiligung im Jahr 2001 veräußert. In der Folgezeit fielen weiterhin Schuldzinsen an, die auf die Finanzierung eines Gesellschafterdarlehens zurückzuführen waren. Der Kläger begehrte auch für die im Jahr 2009 angefallenen Schuldzinsen den Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies lehnte das Finanzamt unter Hinweis darauf ab, dass seit Einführung der Abgeltungsteuer der Abzug tatsächlicher Werbungskosten ausgeschlossen sei. Eine Option zur Regelbesteuerung komme im Hinblick auf die nicht mehr bestehende Beteiligung nicht in Betracht.

Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat darauf hingewiesen, dass der Bundesfinanzhof den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei im Privatvermögen gehaltenen Gesellschaftsbeteiligungen in seiner neueren Rechtsprechung zugelassen habe. Der im Zuge der Einführung der Abgeltungsteuer ins Gesetz aufgenommene Ausschluss des Abzugs tatsächlicher Werbungskosten stehe dem nicht entgegen. Die Regelung sei erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Im Hinblick auf die Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2001 könne kein Zusammenhang der Aufwendungen mit nach dem 31.12.2008 zufließenden Einnahmen bestehen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf

Finanzgericht Düsseldorf, 2 K 3893/11 E

Datum: 14.11.2012
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 2. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 2 K 3893/11 E
Tenor: Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 09.03.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 wird dahin geändert, dass Werbungskosten in Höhe von 1.248,00 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten übertragen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
1T a t b e s t a n d2Die Beteiligten streiten darüber, ob für das Streitjahr 2009 Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind, wenn die GmbH-Beteiligung vor dem Veranlagungszeitraum 2009 veräußert wurde.

3Die Kläger wurden für das Streitjahr als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hielt ab dem Jahr 1999 einen Anteil von 15.000,00 DM (15 v. H.) am Stammkapital von insgesamt 100.000,00 DM der im Jahr 1993 gegründeten Firma A GmbH (im Folgenden: GmbH). Mit Vertrag vom 26.09.2001 veräußerten er und der Mitgesellschafter ihre Geschäftsanteile zu einem Kaufpreis von je 1,00 DM, wobei ein Eigenkapital der Gesellschaft von 466.000,00 DM garantiert wurde. Hieraus ergab sich ein an den Erwerber zu leistender Ausgleichsbetrag in Höhe von ca. 2,3 Millionen DM, wovon ein Betrag in Höhe von ca. 346.000,00 DM (15 v. H.) auf den Kläger entfiel. Um seiner Ausgleichsverpflichtung nachzukommen, verzichtete der Kläger u. a. auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens aus dem Jahr 1999 im Nennwert von 200.000,00 DM, welches er bei einer Bank refinanziert hatte. Außerdem leistete er eine Sonderzahlung, welche durch ein weiteres Bankdarlehen über 45.000,00 € finanziert wurde. In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2005 und 2006 machten die Kläger die Zinsbeträge für diese Darlehen als nachträgliche Erwerbsaufwendungen des Klägers geltend. Der Beklagte erkannte dies nicht an; das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. In der mündlichen Verhandlung des sich hieran anschließenden Klageverfahrens 2 K 4898/07 E am 05.11.2008 verständigten sich die Beteiligten dahin, dass die auf das Darlehen in Höhe von 45.000,00 € entfallenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen waren. Hinsichtlich der Zinsen aus dem der Gesellschaft gewährten Darlehen erklärte sich der Vertreter des Beklagten bereit, beide Einkommensteuerbescheide im Hinblick auf das Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof mit dem Aktenzeichen VIII R 36/07 für vorläufig zu erklären. Der Rechtsstreit wurde daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt.

4In der Folgezeit, nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in dem o. g. Verfahren, erkannte der Beklagte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen 2005 bis einschließlich 2008 auch die auf die Finanzierung des Gesellschafterdarlehens entfallenden Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an.

5In der Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger weiterhin die dem Kläger entstandenen Schuldzinsen anteilig als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit und – in Höhe von 1.248,00 € – bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der Beklagte erkannte für 2009 aber keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen mehr an.

6Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 09.03.2011 legten die Kläger Einspruch ein. Sie waren der Auffassung, die angefallenen Schuldzinsen seien in vollem Umfang steuermindernd zu berücksichtigen. Die Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sei erst durch eine gravierende Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich geworden. Diese Rechtsprechungsänderung habe nicht im Gesetzesvorhaben bezüglich der Einführung der Kapitalertragsteuer mit Abgeltungswirkung berücksichtigt werden können, da das Gesetz bereits vor Bekanntgabe dieses Urteils verkündet worden sei. Daher könnten die Zinskosten nicht in den Wirkungskreis der Abgeltungsteuer einbezogen werden. Da im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eingeführt worden sei, dass für Kosten aus bestimmten Beteiligungen auf Antrag die Wirkung des Abgeltungsverfahrens ausgeschlossen werden könne, andererseits sowohl in sämtlichen Jahren vor der Einführung des Abgeltungsprinzips als auch im ersten Jahr nach Einführung ein Antrag auf Ansatz dieser Kosten gestellt worden sei, seien sämtliche Voraussetzungen für die Anerkennung der Zinsaufwendungen erfüllt.

7Der Einkommensteuerbescheid für 2009 wurde mit Bescheid vom 16.05.2011 aus anderen Gründen zugunsten der Kläger geändert.

8Mit Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 rechnete der Beklage antragsgemäß zwischenzeitlich nachgewiesene, einbehaltene Kapitalertragsteuer in Höhe von 137,00 € an. Im Übrigen wies er sinngemäß den Einspruch als unbegründet zurück. Er war der Auffassung, dass für 2009 Schuldzinsen nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden könnten. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gelte nämlich die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge. Gemäß § 20 Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei ein Abzug tatsächlicher Werbungskosten ausgeschlossen. Lediglich der Sparer-Pauschbetrag – hier in Höhe von 1.602,00 € – könne gewährt werden. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG, wonach das Prinzip der Abgeltungsteuer für Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG auf Antrag durchbrochen werden könne, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt werde, zu mindestens 1 v. H. an der Kapitalgesellschaft beteiligt sei, sei hier nicht anzuwenden. Der Kläger habe bereits im Jahre 2001 seine Geschäftsanteile an der GmbH veräußert. Im Veranlagungszeitraum 2009, für den der Antrag erstmals gestellt werden könne, sei er nicht mehr an der GmbH beteiligt gewesen.

9Hiergegen richtet sich die Klage, mit welcher die Kläger geltend machen, die Ausnahmevorschrift des § 32 d Abs. 2 Nr. 3 EStG greife zu ihren Gunsten ein. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift habe der Steuerpflichtige nur alle fünf Jahre zu belegen, dass er seinerzeit, und zwar bei der erstmaligen Antragstellung, die Antragsvoraussetzungen erfüllt habe. Nach Ablauf der fünf Jahre habe er keinen neuen Antrag zu stellen, sondern er werde nur bis dahin vom jährlichen Nachweis eines erstmals gestellten Antrags befreit. Hieraus ergebe sich, dass der Kläger unbefristet Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen könnte, wenn er die Beteiligung im Jahr 2009 gehalten und veräußert hätte, da das Halten einer Beteiligung in den Folgejahren grundsätzlich nicht vom Gesetz verlangt werde (nur für das Jahr der erstmaligen Antragstellung). Dem Kläger werde jedoch der Werbungskostenabzug verwehrt, weil es aufgrund der damaligen Gesetzeslage nicht möglich gewesen sei, bereits im Jahr 2001 einen entsprechenden Antrag zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt sei vom Abgeltungsverfahren noch keine Rede gewesen.

10Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass erst mit BFH-Urteil vom 16.03.2010 VIII R 36/07 Schuldzinsen, die auf wesentliche Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG entfielen, auch nach Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden könnten. Diese erhebliche Änderung der Rechtsprechung habe der Gesetzgeber naturgemäß bei der Abfassung eines Gesetzes, das ab dem Veranlagungszeitraum 2009 geltend solle, nicht berücksichtigen können. Insbesondere habe er diesen Sachverhalt nicht im Rahmen der umfangreichen Anpassungen zur erstmaligen Anwendung der neuen Gesetzeslage auf den Schnittpunkt 31.12.2008/01.01.2009 beachten können, wie er es z. B. bei Fondsanteilen, Stückzinsen, bestehenden Verlustvorträgen getan habe. Der Steuerpflichtige habe jedenfalls für die Jahre bis 2008 und auch für das Jahr 2009 als dem erstmaligen Jahr der Abgeltungsteuer stets und folgerichtig die Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erklärt und damit einen vollen Abzug beantragt. Die Veräußerung der Anteile des Klägers habe im Jahr 2001 bei diesem zu steuerpflichtigen Verlusten in vollem Umfang geführt. Eine Veräußerung der Anteile im Jahr 2009 hätte (evtl. mit Ausnahme des Teileinkünfteverfahrens) hier zum gleichen steuerlichen Ergebnis geführt.

11Der Kläger werde bei gleichem Sachverhalt unterschiedlich behandelt, wenn die Veräußerung der Anteile im Jahr 2009 statt im Jahr 2001 stattgefunden hätte. Es handele sich insofern um eine echte Gesetzeslücke, die von den zuständigen Gerichten zu füllen sei. Ein Wille des Gesetzgebers, derartige Sachverhalte zukünftig nicht mehr zu berücksichtigen, sei aus dem Gesetz nicht zu ersehen.

12Die Schuldzinsen seien ungekürzt zu berücksichtigen. Der Kläger habe seine Beteiligung bereits im Jahr 2001 vor Geltung des Halb- und Teileinkünfteverfahrens veräußert.

13Die Kläger beantragen,

14den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 09.03.2011, geändert durch Bescheid vom 16.05.2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 dahin zu ändern, dass die geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 1.248,00 € als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.

15Der Beklagte beantragt,

16              die Klage abzuweisen,

17hilfsweise, die Revision zuzulassen.

18Er ist der Auffassung, ab dem Jahr 2009 sei eine Berücksichtigung der Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nur noch unter den Voraussetzungen des § 32d

19Abs. 2 Nr. 3 EStG für fünf Jahre möglich. Dieses Optionsrecht werde nach derzeitiger Rechtslage aber nur demjenigen eingeräumt, der im betreffenden Jahr auch tatsächlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt sei. Alle Veräußerungen und Auflösungen vor dem Veranlagungszeitraum 2009 (sog. Altfälle) liefen damit faktisch ins Leere. Diese Vorschrift diene der Verwaltungsvereinfachung in Form eines erleichterten Nachweises der Tatbestandsvoraussetzungen und ersetze nicht das Vorliegen einer Beteiligung.

20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

22Die Klage ist begründet.

23Der Einkommensteuerbescheid für 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

24Der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 1.248,00 € nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt.

251. Seit Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die Urteile vom 16.03.2010 VIII R 20/08 (Bundessteuerblatt –BStBl- II 2010, 787) und vom 16.03.2010 VIII R 36/07 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen -BFH/NV- 2010, 1795) können ab dem Veranlagungszeitraum 1999 Schuldzinsen, die durch die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i. S. des § 17 EStG veranlasst sind, unter den gleichen Voraussetzungen wie nachträgliche Betriebsausgaben als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn sie auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen. Durch die Beendigung der Einkünfteerzielung aus Kapitalvermögen ist der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang nicht unterbrochen, weil die nachträglichen Schuldzinsen nach wie vor durch die zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, die bei Veräußerung oder Aufgabe der Beteiligung nicht abgelöst werden konnten. Hiernach sind die von den Klägern geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen für 2009 als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuerkennen. Dies entspricht – bis zur Einführung des Abgeltungsverfahrens – auch der übereinstimmenden Auffassung und Handhabung der Beteiligten.

262. Die geltend gemachten Schuldzinsen sind ungekürzt, also nicht begrenzt durch das Halb- oder Teileinkünfteverfahren, anzusetzen. Denn der Kläger hat lediglich solche durch seine Beteiligung an der GmbH vermittelten Einnahmen erzielt, für die noch das Anrechnungsverfahren galt. Seine Beteiligung hat er bereits im Jahr 2001 veräußert (vgl. BFH-Urteil vom 06.04.2011 IX R 28/10, BStBl II 2011, 814).

273. Der Abzug dieser tatsächlichen Werbungskosten ist nicht ausgeschlossen. § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG, der als Teil des Abgeltungsverfahrens einen solchen Ausschluss vorsieht, ist hier für 2009 nicht anzuwenden.

28Dies folgt aus der eindeutig formulierten Anwendungsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG. Hiernach ist § 20 Abs. 3 bis 9 in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 19.12.2008 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I; 2794, geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 08.12.2010 BGBl I, 1768), erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Der Gesetzgeber hat für die Anwendung des § 20 Abs. 9 EStG nicht auf das Jahr des Abflusses der Aufwendungen beim Steuerpflichtigen abgestellt. Entscheidend ist, in welchem Jahr die den Aufwendungen zuzuordnenden Kapitaleinnahmen zufließen, ggf. ab wann diese zufließen können (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.12.2011 2 K 1176/11, rkr., Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2012, 1146; Findeis/Karlstedt, Betriebsberater –BB- 2011, 2075 unter V.; Eggers, Neue Wirtschaftsbriefe –NWB- 2011, 646; a. A. Jochum in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, Loseblatt, § 20 Rdnr. K 77; Bundesministerium der Finanzen vom 09.10.2012 IV C 1-S 2252/10/10013, 2011/0948384, BStBl I 2012, 953 Rz. 322, wonach in 2009 abgeflossene Ausgaben auch unter das Abzugsverbot fallen, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhängen).

29Hier stehen die geltend gemachten Schuldzinsen nicht im Zusammenhang mit nach dem 31.12.2008 zufließenden Kapitalerträgen. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist hier nicht möglich; er ist aufgrund der Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2001 ausgeschlossen.

30Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Begründung des Ausschlusses des Abzugs von tatsächlichen Aufwendungen durch § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG. Der Gesetzgeber rechtfertigt dieses Abzugsverbot mit der Typisierung hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten in Höhe von 801 € bzw. 1.602 € in den unteren Einkommensgruppen. In den oberen Einkommensgruppen sollen die Werbungskosten durch den relativ niedrigen Proportionalsteuersatz von 25 v. H. mit abgegolten sein (Bundestags-Drucksache 16/4841, 57). Hierdurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass das Abzugsverbot gerechtfertigt ist, wenn Einnahmen zufließen, für welche die Besonderheiten des Abgeltungsverfahrens, nämlich der einheitliche Sparer-Pauschbetrag bzw. die Abgeltungsteuer von 25 v. H., zu beachten sind. Das gilt hier nicht.

31Angesichts dieser Gesetzesbegründung kann auch eine mögliche Gesetzeslücke, welche dadurch entstanden sein könnte, dass der Gesetzgeber bei der Einführung der Abgeltungsteuer die Rechtsprechungsänderung zur Anerkennung von nachträglichen Werbungskosten nicht berücksichtigen konnte, nicht dahin geschlossen werden, dass auf den Zeitpunkt des Abflusses der Aufwendungen beim Steuerpflichtigen abgestellt wird. Einer solchen Auslegung steht zudem der eindeutige Gesetzeswortlaut der besonderen Anwendungsvorschrift für § 20 Abs. 9 EStG entgegen.

324. Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

33Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 135 Abs. 1 FGO.

34Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage wird die Revision zugelassen (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Tätigkeit als Auslandskorrespondent im Inland steuerfrei

Die klagende Journalistin war für einen deutschen Verlag als Auslandskorrespondentin in Österreich tätig. Zu ihren Aufgaben gehörte die Berichterstattung aus Österreich und den angrenzenden Ländern. Die Journalistin arbeitete im Büro der Redaktion in Wien, wo sie auch eine Wohnung unterhielt. Gleichzeitig unternahm sie Dienstreisen in die Nachbarländer. Die betreffenden Einkünfte versteuerte sie in Österreich. Das beklagte Finanzamt wollte die Einkünfte, soweit sie auf Tage entfielen, an denen die Klägerin Dienstreisen außerhalb Österreichs durchgeführt hatte, ebenfalls in Deutschland besteuern. Dagegen wandte sich die Klägerin mit Einspruch und Klage.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Gehälter und Löhne seien ausschließlich in dem Staat zu besteuern, in dem die Arbeit ausgeübt werde. Die journalistischen Leistungen seien ausschließlich in Österreich erbracht worden. Auch wenn – die Journalistentätigkeit prägende – Dienstreisen in andere Länder durchgeführt worden seien, führe dies nicht dazu, dass Deutschland das Besteuerungsrecht zustehe. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich stelle auf einen einheitlichen Tätigkeitsort ab.

Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof auch hier zugelassen.

Die Entscheidung im Volltext: 10 K 2438/11 E

 

Finanzgericht Düsseldorf, 10 K 2438/11 E

Datum:
19.02.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 K 2438/11 E
Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 27. Januar 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 wird dahingehend abgeändert, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 5.211 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.

Der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 wird dahingehend abgeändert, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 10.277 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.

Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerfestsetzungen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnungen unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide mit den geänderten Inhalten nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob die Einkünfte für die berufliche Tätigkeit der Klägerin als Auslandskorrespondentin in Österreich in den Streitjahren 2006 und 2007 in Deutschland nur im Wege des Progressionsvorbehalts bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.

3Die Klägerin wird zusammen mit ihrem Ehemann in Deutschland zur Einkommensteuer veranlagt. Sie unterhält in Deutschland ihren Familienwohnsitz und arbeitete 2006 und 2007 in Österreich als Auslandskorrespondentin. Das Finanzamt hatte dem Arbeitgeber der Klägerin,                             , mit Bescheinigungen vom 16. November 2005 und 7. Dezember 2007 mitgeteilt, dass der Arbeitslohn der Klägerin nach § 39d Abs. 3 Satz 4 i. V. m. § 39b Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Österreich 2000; Bundessteuerblatt – BStBl – I 2002, 584) nicht dem Steuerabzug in Deutschland unterliege. Gemäß Einkommensteuerbescheiden des Finanzamtes in Österreich vom 26. Juli 2007 und vom 7. September 2009 wurde die Klägerin für 2006 und 2007 mit ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Auslandskorrespondentin in Österreich zur Einkommensteuer in Österreich veranlagt. Im Einkommensteuerbescheid des Beklagten für 2006 vom 27. Januar 2009 wurde die für die Tätigkeit der Klägerin in Österreich gezahlte Vergütung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ebenfalls der Einkommensteuer in Deutschland unterworfen. In den Erläuterungen des Steuerbescheids heißt es dazu:

4„Die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit der Ehefrau wurden als steuerpflichtig angesetzt,… Es wurde nicht nachgewiesen, dass…. (die Klägerin) sich länger als 183 Tage in Österreich aufgehalten hat oder der Arbeitslohn von einer österreichischen Betriebsstätte gezahlt worden ist.“

5Die gleiche Handhabung nahm der Beklagte im Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 vor. Dort heißt es in den Erläuterungen:

6„Wie auch für den Veranlagungszeitraum 2006 erläutert, ist noch nicht geklärt, ob Österreich das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn der Ehefrau hat. Da Sie aber auch nach mehrmaliger Aufforderung keinen Versteuerungsnachweis gemäß § 50d Abs. 8 EStG erbracht haben, wird der Arbeitslohn der Ehefrau in Deutschland steuerpflichtig gestellt.“

7Die am 20. Februar 2009 und am 26. Oktober 2009 eingelegten Einsprüche hatten teilweise Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011). Weil die Klägerin in ihren mit den Einkommensteuererklärungen vorgelegten Unterlagen zu ihrer Tätigkeit in Österreich in den Streitjahren Reisekosten für Reisen in Drittstaaten außerhalb von Österreich geltend gemacht hatte, kürzte der Beklagte die nunmehr von ihm von der Besteuerung in Deutschland freigestellten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Österreich um diese Reisetage, und zwar für 2006 um 15/220stel oder anteilmäßig 4.182,21 Euro und für 2007 um 30/220stel oder 11.668,71 Euro. Diese Beträge unterwarf er ebenso wie Unterschiedsbeträge zwischen Arbeitslohnbescheinigungen des Arbeitgebers der Klägerin und den Einkünfteangaben in den österreichischen Steuerbescheiden von 1.948,44 Euro (2006) und 2.074,01 Euro (2007) zusätzlich der Besteuerung in Deutschland.

8Mit der Klage tragen die Kläger vor:

9Zu den Aufgaben der Klägerin als Auslandskorrespondentin in Österreich habe die Berichterstattung über die angrenzenden Länder (z. B. Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Ungarn, Kroatien) gehört. Dazu sei es erforderlich gewesen, im Rahmen der Recherchetätigkeit gelegentlich von Österreich aus Dienstreisen in diese Länder zu unternehmen. Die Heranziehung der auf diese Reisetage entfallenden Einkünfte zur Einkommensteuer in Deutschland und die hier vorgenommene Besteuerung verstoße gegen Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000. Danach sei das Besteuerungsrecht nicht dem Ansässigkeitsstaat Deutschland zugewiesen, wenn die Arbeit wie hier in Österreich als anderem Staat ausgeübt werde. Das Erfordernis des persönlichen Aufenthaltes werde bei geistigen Tätigkeiten durchbrochen. Die Arbeit einer Journalistin lasse sich in gedankliche Vorarbeit, interne und externe Recherche auch vor Ort und das Erbringen der Leistung (Textverfassung) zerlegen. Diese sei als Mittelpunkt der geistigen Arbeit in Österreich geschehen.

10Die Kläger beantragen,

11              die Einkommensteuerbescheide für 2006 vom 27. Januar 2009 und für 2007 vom 5. Oktober 2009 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 dahingehend abzuändern, dass Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit für 2006 in Höhe von 5.211 Euro und für 2007 von 10.227 Euro von der inländischen Besteuerung freizustellen sind und nur nach Maßgabe des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind,

12              hilfsweise, die Revision zuzulassen.

13Der Beklagte beantragt,

14              die Klage abzuweisen,

15              hilfsweise, die Revision zuzulassen.

16Er trägt vor:

17Für die abkommensrechtliche Würdigung des Falles sei von besonderer Bedeutung, wo sich die Klägerin physisch zur Arbeitsausübung aufgehalten habe. Aus dem Arbeitsvertrag und der vorgelegten Zusatzvereinbarung könnten keine Schlüsse für die Bestimmung des abkommensrechtlichen Tätigkeitsstaates gezogen werden. Tätigkeitsstaat sei regelmäßig der Staat, in welchem der Arbeitnehmer körperlich anwesend sei (so Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 14. September 2006 IV B 6 – S 1300-367/06, BStBl I 2006, 532, Tz. 37). In der von der Klägerin vorzunehmenden Einleitung des Verständigungsverfahrens nach Art. 25 DBA Österreich 2000 könne ein erfolgversprechender Ansatz zur Lösung der Angelegenheit im gegenseitigen Einvernehmen liegen. Im Übrigen nimmt der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung Bezug.

18Entscheidungsgründe:

19Die Klage ist begründet.

20Der Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 27. Januar 2009 und der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 5. Oktober 2009 jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, soweit in ihnen Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit für 2006 in Höhe von 5.211 Euro und für 2007 von 10.277 Euro nicht von der inländischen Einkommensteuer freigestellt und nur beim Progressionsvorbehalt berücksichtigt worden sind (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).

21Die Klägerin war in den Streitjahren gemäß § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig; sie unterlag daher mit allen in den Streitjahren erzielten Einkünften der Einkommensteuer. Nach den unwidersprochenen Feststellungen im Besteuerungsverfahren hatte die Klägerin in den Streitjahren einen Wohnsitz im Inland.

22Die Ausübung des hiernach bestehenden Besteuerungsrechts ist aber, soweit es um die hier streitigen Einkünfte geht, durch das DBA Österreich 2000 eingeschränkt (§ 2 der Abgabenordnung – AO -). Die Einkünfte der Klägerin aus ihrer Tätigkeit als Auslandskorrespondentin in Österreich können nach Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000 in Österreich besteuert werden.

23Nach Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich 2000 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in Deutschland ansässige Person (vgl. hierzu Art. 4 Abs. 1 und 2 DBA Österreich 2000) aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat (Deutschland) besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat (Österreich) ausgeübt. In diesem Fall darf die dafür bezogene Vergütung im anderen Staat besteuert werden. Dieses Besteuerungsrecht des Tätigkeitsstaats gilt nur dann, soweit sich der Empfänger der Tätigkeitsvergütung mehr als 183 Tage im Tätigkeitsstaat aufhält (Art. 15 Abs. 2 Buchstabe a DBA Österreich 2000). Letzteres ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

24Nach Art. 15 Abs. 4 DBA Österreich 2000 muss Österreich als der anderer Staat von seinem Besteuerungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht haben. Ausweislich des von der Klägerin im Besteuerungsverfahren beigebrachten Einkommensteuerbescheids 2006 des Finanzamts in Österreich vom 26. Juli 2007 und des Einkommensteuerbescheids 2007 des Finanzamts in Österreich vom 7. September 2009 sind ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Einkommensteuer in Österreich unterworfen worden.

25Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Klägerin 2006 und 2007 ihre Tätigkeit als Auslandskorrespondentin insgesamt im Sinne des DBA Österreich 2000 in Österreich ausgeübt hat. Dies gilt auch, soweit die Klägerin von ihrem Redaktionsbüro in Österreich aus Dienstreisen in die angrenzenden Länder unternommen hat. Soweit der Beklagte sich für seine Rechtsansicht, für diese außerhalb Österreichs unternommenen Dienstreisen falle das Besteuerungsrecht wieder an Deutschland zurück, auf Tz. 37 des BMF-Schreibens vom 14. September 2006 (a.a.O.) berufen hat, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. In dieser Tz. wird nur die geforderte – hier nicht streitige – körperliche Anwesenheit von mehr als 183 Tagen im Tätigkeitsstaat geregelt. Diese Aufenthaltsdauer hat die Klägerin unstreitig in Österreich verbracht.

26Eine Legaldefinition einer Tätigkeit in Österreich enthält das DBA Österreich 2000 nicht. Um eine abkommenskonforme Auslegung des Tätigkeitsbegriffs zu gewährleisten, muss auf die außerhalb Deutschlands ausgeübte Tätigkeit der Klägerin abgestellt werden. Nach dem Redakteursvertrag vom 27. März 2002, der Zusatzvereinbarung vom 29. Juni 2005 sowie der ergänzenden Bescheinigung vom 15. Oktober 2012 war die Klägerin als Auslandskorrespondentin mit Sitz in Österreich tätig. Die Klägerin hat in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend geschildert, wie sie diese Tätigkeit ausgeübt hat (siehe Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2013). Entscheidend war, was die Klägerin von Österreich aus für ihren Arbeitgeber publizierte. In Österreich verfasste sie ihre Texte und vollzog sich die schöpferische Leistung (vgl. zum Ort einer derartigen Tätigkeit Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 28. Februar 1973 I R 145/70, BStBl II 1973, 660). Diese Arbeitsleistung, nicht die dafür notwendigen Vorbereitungen wie Recherchen usw., wurde von ihrem Arbeitgeber in den von ihm herausgegebenen Medien verbreitet. Für die ihre eigentliche Tätigkeit vorbereitenden Recherchen wurden, soweit dazu Dienstreisen außerhalb von Österreich und Österreich erforderlich waren, jeweils keine neuen Arbeitsverträge oder Zusatzvereinbarungen geschlossen. Sie wurden vom Arbeitgeber der Tätigkeit seiner in Österreich ansässigen Auslandskorrespondentin zugerechnet (siehe Arbeitgeberbescheinigung vom 15. Oktober 2012). Anders als bei Montage- oder Werkleistungen, die am Übergabeort der anzufertigenden Sache erbracht werden, hat die Klägerin bei ihren Dienstreisen dort keine von ihrer Redakteurs- und Korrespondententätigkeit in Österreich zu trennende, abgrenzbare und gegenüber ihrer Tätigkeit in Österreich selbständige Tätigkeiten ausgeübt.

27Dieses einheitliche Verständnis des Tätigkeitsortes trägt dem Bedürfnis Rechnung, für die Freistellungsmethode bei außerhalb Deutschlands erzielten Arbeitnehmereinkünften eine praktikable Regelung zu schaffen und Nachweisprobleme zu vermeiden. Denn der Personenkreis journalistisch Tätiger, wie die Klägerin, ist häufig durch eine umfangreiche vorbereitende Reise- und Recherchetätigkeit geprägt. Hinge die Reichweite der Freistellung von der ausschließlichen Verrichtung der Tätigkeit am Aufenthaltsort Österreich ab, so müsste die Klägerin hierfür taggenaue Aufzeichnungen führen. Dem steht textlich bereits der Wortlaut der im DBA Österreich 2000 enthaltenen verbindlichen Protokollerklärung in Absatz 7 Satz 1 zu Art. 15 Abs. 4 entgegen. Dort heißt es: „Es besteht Einverständnis darüber, dass der Begriff „Vergütungen, wenn sie im anderen Vertragsstaat besteuert worden sind“ sich auf jegliche Arbeit bezieht, die im anderen Vertragsstaat steuerlich erfasst worden ist.“ Ebenfalls enthält Art. 15 Abs. 4 DBA Österreich 2000, der die tatsächliche Steuererhebung in Österreich regelt, hinsichtlich der dort erhobenen Steuern die Fiktion der davon insgesamt in Österreich zu erfassenden und erfassten Tätigkeit, wenn es dort heißt: „… gilt die Arbeit im anderen Vertragsstaat… als ausgeübt, …“. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Text des DBA Österreich 2000 und nicht erkennbarer Gründe für eine abweichende örtliche Differenzierung, ist für die abkommensrechliche Zuweisung des Besteuerungsrechtes und die daraus folgende Freistellungsmethode ein Dienstreisen umfassender einheitlicher Begriff des Tätigkeitsortes Österreich anzunehmen. Ausweislich der Steuerakten hat Österreich die Einkünfte der Klägerin für ihre Auslandstätigkeit 2006 und 2007 vollständig, d. h. einschließlich der Dienstreisen, der dortigen Besteuerung unterworfen.

28Auch soweit in den strittigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit „Unterschiedsbeträge“ zwischen dem bescheinigten Arbeitslohn und dem von der Klägerin in Österreich in ihren Steuererklärungen erklärten Arbeitslohn in Höhe von 1.948,44 Euro (2006) bzw. 2.074,01 Euro (2007) enthalten sind, besteht keine Rechtsgrundlage für die Einbeziehung dieser Beträge in die im Inland vorgenommenen Veranlagungen.

29Nach § 50d Abs. 8 EStG, auf den der Beklagte die Besteuerung gestützt hat, wird, wenn Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden. Zwar dürfte diese Vorschrift, soweit es um den letzteren Anwendungsfall geht, nicht nur den Fall erfassen, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, die freigestellten Einkünfte vollständig in seine Steuerfestsetzung einbezieht und der Steuerpflichtige lediglich die darauf festgesetzte Steuer nicht zahlt („entrichtet“), sondern auch den Fall, dass Einkünfte in diesem Staat nicht in vollem Umfang deklariert werden (vgl. BFH-Beschluss vom 16. August 2010 I B 119/09, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2010, 2055). Es lässt sich jedoch nicht feststellen, dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorgelegen haben. Der Arbeitgeber hat den Bruttoarbeitslohn der Klägerin im Jahr 2006 in der Bescheinigung vom 5. Februar 2007 auf 63.287,58 Euro und für 2007 in der Bescheinigung vom 11. Juni 2008 auf 87.644,55 Euro beziffert (Einspruchsvorgang a. E.). Der Beklagte hat in der Einspruchsentscheidung ausgeführt, dass die Klägerin in den österreichischen Steuererklärungen lediglich 61.339,14 Euro (2006) bzw. 85.570,54 Euro (2007) erklärt habe. Abgesehen davon, dass sich dies nicht nachprüfen lässt, weil sich diese Steuererklärungen nicht bei den vom Beklagten vorgelegten Akten befinden, kann darauf auch nicht auf unvollständige Angaben, wie sie nach dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 2055 Anlass für eine Anwendung von § 50d Abs. 8 EStG sein könnten, geschlossen werden. Es sind keine Gründe dafür erkennbar, warum andere Angaben zu den Bezügen der Klägerin vorgelegen haben sollten als der Klägerin selbst oder warum diese in den Steuererklärungen unzutreffende Angaben hätten machen sollen. Zum anderen sind in den österreichischen Steuerbescheiden für 2006 lediglich „Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug“ in Höhe von 54.358,47 Euro und für 2007 solche in Höhe von 76.291,98 Euro angesetzt worden. Steuererklärungen und Steuerbescheide weichen damit ohnehin voneinander ab. In Anbetracht dieser Abweichung kann es auch sachliche Gründe dafür geben, dass es zwischen den bescheinigten und den in den Steuererklärungen ausgewiesenen Bezügen Abweichungen gibt. Die Klägerin durfte sich jedenfalls darauf verlassen, dass ihre in Österreich gemachten Angaben zu ihren Bezügen nicht zu einer Anwendung von § 50d Abs. 8 EStG führen würden.

30Die zusätzlichen Einkünfte der Klägerin in Höhe von 5.211 Euro für 2006 und in Höhe von 10.277 Euro für 2007 (zur Berechnung siehe Anlage zur Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011) für ihre in Österreich ausgeübte Tätigkeit sind gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 1 DBA Österreich 2000 von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer auszunehmen. Die Einkünfte sind im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG bei der Ermittlung des Steuersatzes zu berücksichtigen (vgl. Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Satz 2 DBA Österreich 2000). Gemäß § 100 Abs. 2 FGO überträgt der Senat die Steuerfestsetzung auf den Beklagten.

31Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

32Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Soweit ersichtlich, liegt eine höchstrichterliche Entscheidung zum Ort der ausgeübten Tätigkeit nach dem DBA Österreich 2000 bisher nicht vor.

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse April 2013

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse; Monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013:

Gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 UStG wird die monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013 über die bekannt gegebenen Umsatzsteuer-Umrechnungskurse veröffentlicht.

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse; Monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013 (PDF, 58,6 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

 

Land Währung Januar1 Februar2 März3 April4 Mai5 Juni6 Juli7 August8 September9 Oktober10 November11 Dezember12
Australien 1 Euro 1,2658

AUD

1,2951

AUD

1,2537

AUD

1,2539

AUD

               
Brasilien 1 Euro 2,6993

BRL

2,6354

BRL

2,5694

BRL

2,6060

BRL

               
Bulgarien 1 Euro 1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

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BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

1,9558

BGN

China (VR) 1 Euro 8,2698

CNY

8,3282

CNY

8,0599

CNY

8,0564

CNY

               
Dänemark 1 Euro 7,4614

DKK

7,4598

DKK

7,4553

DKK

7,4553

DKK

               
Großbritannien 1 Euro 0,83271

GBP

0,86250

GBP

0,85996

GBP

0,85076

GBP

               
Hongkong 1 Euro 10,3027

HKD

10,3608

HKD

10,0588

HKD

10,1110

HKD

               
Indien 1 Euro 72,0716

INR

71,9342

INR

70,5579

INR

70,7738

INR

               
Indonesien 1 Euro 12.837,99

IDR

12.933,75

IDR

12.590,61

IDR

12.664,51

IDR

               
Israel 1 Euro 4,9706

ILS

4,9359

ILS

4,7769

ILS

4,7164

ILS

               
Japan 1 Euro 118,34

JPY

124,40

JPY

122,99

JPY

127,54

JPY

               
Kanada 1 Euro 1,3189

CAD

1,3477

CAD

1,3285

CAD

1,3268

CAD

               
Korea, Republik 1 Euro 1.417,69

KRW

1.452,82

KRW

1.430,31

KRW

1.460,89

KRW

               
Kroatien 1 Euro 7,5746

HRK

7,5868

HRK

7,5909

HRK

7,6076

HRK

               
 

Land

Währung Januar1 Februar2 März3 April4 Mai5 Juni6 Juli7 August8 September9 Oktober10 November11 Dezember12  
Lettland 1 Euro 0,6978

LVL

0,6999

LVL

0,7013

LVL

0,7006

LVL

                 
Litauen 1 Euro 3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

3,4528

LTL

 
Malaysia 1 Euro 4,0413

MYR

4,1403

MYR

4,0309

MYR

3,9686

MYR

                 
Mexiko 1 Euro 16,8760

MXN

16,9872

MXN

16,2322

MXN

15,8895

MXN

                 
Neuseeland 1 Euro 1,5877

NZD

1,5929

NZD

1,5657

NZD

1,5348

NZD

                 
Norwegen 1 Euro 7,3821

NOK

7,4232

NOK

7,4863

NOK

7,5444

NOK

                 
Philippinen 1 Euro 54,105

PHP

54,355

PHP

52,813

PHP

53,649

PHP

                 
Polen 1 Euro 4,1424

PLN

4,1700

PLN

4,1565

PLN

4,1359

PLN

                 
Rumänien 1 Euro 4,3835

RON

4,3839

RON

4,3923

RON

4,3780

RON

                 
Russland 1 Euro 40,1847

RUB

40,3342

RUB

39,9332

RUB

40,7995

RUB

                 
Schweden 1 Euro 8,6217

SEK

8,5083

SEK

8,3470

SEK

8,4449

SEK

                 
Schweiz 1 Euro 1,2288

CHF

1,2298

CHF

1,2266

CHF

1,2199

CHF

                 
Singapur 1 Euro 1,6326

SGD

1,6546

SGD

1,6164

SGD

1,6120

SGD

                 
Südafrika 1 Euro 11,6957

ZAR

11,8796

ZAR

11,9169

ZAR

11,8592

ZAR

                 
Thailand 1 Euro 39,924

THB

39,839

THB

38,264

THB

37,857

THB

                 
Tschechien 1 Euro 25,563

CZK

25,475

CZK

25,659

CZK

25,841

CZK

                 
Türkei 1 Euro 2,3543

TRY

2,3738

TRY

2,3453

TRY

2,3406

TRY

                 
 

Land

Währung Januar1 Februar2 März3 April4 Mai5 Juni6 Juli7 August8 September9 Oktober10 November11 Dezember12  
Ungarn 1 Euro 294,01

HUF

292,73

HUF

303,01

HUF

298,67

HUF

                 
USA 1 Euro 1,3288

USD

1,3359

USD

1,2964

USD

1,3026

USD

                 

Untersuchung von Steuerbeihilfen für EDF nach Gerichtsurteil wiederaufgenommen

Die Europäische Kommission hat die beihilferechtliche Prüfung bestimmter steuerlicher Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Stromübertragungsnetz für Electricité de France (EDF) angewendet wurden, wiederaufgenommen, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Juni 2012 die Nichtigerklärung ihrer ursprünglichen Entscheidung (IP/03/1737) bestätigt hatte (Rechtssache C-124/10 P). Der EuGH hatte ebenfalls festgestellt, dass die Kommission hätte prüfen müssen, ob ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber sich wie die französischen Behörden verhalten hätte. Daher hat die Kommission die Untersuchung wiederaufgenommen und ausgeweitet, um nun auch diesen Aspekt zu prüfen. Die Aufnahme eines Verfahrens sagt nichts über dessen Ausgang aus, und bietet allen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Zwischen 1987 und 1996 hatte EDF Rückstellungen für die Erneuerung des Hochspannungsnetzes für die allgemeine Stromversorgung in Frankreich gebildet, für das es die Konzession erhalten hatte. Als die EDF-Bilanz 1997 umstrukturiert wurde, stuften die französischen Behörden einen Teil dieser Rückstellungen als Kapitalerhöhung ein, ohne die entsprechende Körperschaftsteuer zu erheben.

Nach einer eingehenden Prüfung war die Kommission zu der Auffassung gelangt, dass diese Nichterhebung der Körperschaftsteuer auf die Rückstellungen EDF einen selektiven Vorteil verschafft hatte und eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe war (IP/03/1737). Daher hatte sie angeordnet, dass Frankreich diese auf 888,89 Mio. Euro geschätzte Beihilfe mit Zinsen zurückfordern müsse.

Das Gericht der Europäischen Union erklärte diese Entscheidung jedoch im Dezember 2009 (Rechtssache T-156/04) mit der Begründung für nichtig, dass die Kommission bei der Untersuchung der Neueinstufung der Rückstellungen als Kapitalerhöhung nicht geprüft hatte, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber unter vergleichbaren Umständen eine Investition in ähnlicher Höhe getätigt hätte. Dieses Urteil wurde im Juni 2012 vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigt (Rechtssache C-124/10 P).

Folglich muss die Kommission nun ihre Untersuchung wiederaufnehmen und weiterführen, um einen Beschluss zu erlassen, der den in der Rechtsprechung der Europäischen Union festgelegten Kriterien Rechnung trägt. Die Kommission wird die damaligen wirtschaftlichen Überlegungen und Rentabilitätserwartungen in Bezug auf die Neueinstufung der Rückstellungen damit vergleichen, wie sich ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber gegenüber demselben Unternehmen unter ähnlichen Umständen verhalten hätte. Zu diesem Zweck muss die Untersuchung ausgeweitet werden, damit die französischen Behörden oder Beteiligte dazu Stellung nehmen können, ob die Nichtzahlung der Steuer eine Investition darstellen könnte und, falls ja, ob ein umsichtiger privater Investor eine vergleichbare Investition getätigt hätte.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 02.05.2013

Kommission fordert Abschaffung der selektiven Steuerbefreiung für öffentliche Unternehmen in den Niederlanden

Die Europäische Kommission hat den Niederlanden förmlich vorgeschlagen, die geltende Befreiung niederländischer öffentlicher Unternehmen von der Unternehmensteuer abzuschaffen. Nach Auffassung der Kommission sollten öffentliche Unternehmen, die gewerbliche Tätigkeiten ausüben und dabei im Wettbewerb mit Unternehmen der Privatwirtschaft stehen, ebenfalls der Unternehmensteuer unterliegen. Werden bestimmte Unternehmen nur aus dem Grund, dass sie dem Staat gehören, von der Steuer befreit, entsteht ihnen ein Wettbewerbsvorteil, der mit den EU-Beihilfevorschriften nicht vereinbar ist.

Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission Joaquín Almunia erklärte: „Die Vorteile des Binnenmarkts können sich nur dann voll entfalten, wenn fairer Wettbewerb herrscht. Für alle Marktteilnehmer muss Waffengleichheit gelten. Ich bin zuversichtlich, dass die Niederlande ihre Steuergesetzgebung in dieser Hinsicht anpassen werden.“

Nach dem niederländischen Unternehmensteuergesetz sind gewerbliche Tätigkeiten öffentlicher Stellen grundsätzlich von der Unternehmensteuer befreit, gleich ob es sich um einen Teil der öffentlichen Verwaltung oder um staatseigene Unternehmen handelt. Zwar sind manche gewerblichen Tätigkeiten (u. a. Landwirtschaft und Bergbau) und bestimmte staatseigene Unternehmen (wie der Flughafen Schiphol in Amsterdam oder die Nationale Lotterie) von der Befreiung ausgenommen, doch bleiben viele gewerbliche Tätigkeiten öffentlicher Stellen – so z. B. alle Dienstleistungen – und zahlreiche staatseigene Unternehmen von der Unternehmensteuer befreit. Zu den befreiten Unternehmen gehören u. a. der Hafen Rotterdam, Holland Casino, der Flughafen von Maastricht, mehrere Entwicklungsagenturen, die Industriebank LIOF und Twinning Holding. Sie stehen im unmittelbaren Wettbewerb mit Privatunternehmen in den Niederlanden und im EU-Binnenmarkt, denen die Befreiung nicht gewährt wird.

Infolge einer Reihe von Beschwerden machte die Kommission den Niederlanden im Juli 2008 Mitteilung von ihrer vorläufigen Auffassung, dass die Steuerbefreiung den Wettbewerb im Binnenmarkt verfälsche und somit gegen Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoße. Die Prüfung der Kommission hat ergeben, dass die unterschiedliche steuerliche Behandlung öffentlicher und privater Unternehmen mit gewerblicher Tätigkeit den staatseigenen Unternehmen einen selektiven Vorteil verschafft.

Um die Steuergesetzgebung mit dem Binnenmarkt in Einklang zu bringen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Abschaffung der Befreiung von gewerblichen Tätigkeiten aller staatlichen Stellen – gleich ob Teil der öffentlichen Verwaltung oder staatseigene Unternehmen -, so dass öffentliche und private gewerbliche Tätigkeiten in gleicher Weise der Unternehmensteuer unterliegen; diese Option wäre die wirksamste.
  • nur Abschaffung der Befreiung staatseigener Unternehmen, sofern gleichzeitig alle derzeit von der öffentlichen Verwaltung ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten in (staatseigene) Unternehmen ausgegliedert werden, die der Unternehmensteuer unterliegen.

Die Niederlande müssen der Kommission nun innerhalb eines Monats mitteilen, ob sie den vorgeschlagenen Änderungen zustimmen können. Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, kann die Kommission ein förmliches Prüfverfahren einleiten.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.

EU-Kommission, Pressemitteilung vom 02.05.2013

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin