Verletzt Eintrag „–“ auf der LSt-Karte die Religionsfreiheit?

Verletzt Eintrag „–“ auf der LSt-Karte die Religionsfreiheit?

Kernproblem

Die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte dienen dem richtigen Steuerabzug. Ist in der Rubrik „Kirchensteuerabzug“ ein „–“ ausgefüllt, dann bedeutet das in der Sache nichts anderes, als dass für den Arbeitnehmer keine Kirchensteuer einzubehalten ist. Es mag merkwürdig klingen, wenn sich hier ein konfessionsloser Arbeitnehmer in seinen Rechten verletzt fühlt und mit seinem Anliegen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig wird.

Sachverhalt

Ein deutscher Lektor und Rechtsanwalt hatte vergeblich in mehreren Jahren vor dem Finanzgericht geklagt, der Eintrag „–“ verletze ihn in seinem Recht, seine religiösen Überzeugungen nicht preiszugeben. Für ihn als Homosexuellen sei nicht zumutbar, an einem Steuererhebungsverfahren teilzunehmen, das gesellschaftlichen Gruppen – den Kirchen – diene, die erklärtermaßen einen wichtigen Aspekt seiner Persönlichkeit in Frage stellten und herabwürdigten. Er trage mit der Angabe dazu bei, dass das Erhebungsverfahren für die Kirchensteuer reibungslos funktioniere und unterstütze so indirekt die Kirchen, deren Standpunkte er ablehne. Revisionen beim BFH blieben ohne Erfolg und auch das BVerfG nahm eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Entscheidung des EGMR

Die Beschwerde scheiterte. Für das Gericht war die Verpflichtung, die Behörden über eine Nichtzugehörigkeit zu einer kirchensteuererhebungsberechtigten Kirche oder Religionsgemeinschaft zu informieren, zwar ein Eingriff in die negative Religionsfreiheit. Der Eingriff sei aber nach deutschem Recht gesetzlich vorgesehen und verfolgte den legitimen Zweck, die Erhebung der Kirchensteuer zu gewährleisten. Der Eingriff sei auch verhältnismäßig, zumal der Eintrag auf der Lohnsteuerkarte nur einen beschränkten Informationswert habe und darüber informiere, dass der Steuerzahler keiner der Kirchen und Religionsgemeinschaften angehöre, die Kirchensteuer erheben. Zudem erfolge keine öffentliche Verwendung der Lohnsteuerkarte, außer im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer, Arbeitgeber und dem Finanzamt.

Konsequenz

Das Gericht führt aus, dass es in der Vergangenheit durchaus Verletzungen der Religionsfreiheit festgestellt hat. Anders als im Fall des Lohnsteuerkarteneintrags habe hier jedoch ein Verlangen nach einer Erläuterung zur Nichtangehörigkeit einer Religionsgemeinschaft oder die Überprüfung der religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung vorgelegen.

Falsche LSt-Bescheinigung 2010: Angeblich kein Nachteil

Falsche LSt-Bescheinigung 2010: Angeblich kein Nachteil

Fehlerhafte Lohnsteuerbescheinigung 2010: Wer ist betroffen?

Zuletzt erst hat der Boulevard zahlreiche falsche Steuerbescheide zuungunsten der Steuerbürger angekündigt, denn Folgendes war passiert: In einigen Fällen sind die vom Arbeitgeber erstellten Lohnsteuerbescheinigungen 2010 auf Grund eines Programmfehlers der Software-Anbieter fehlerhaft ausgestellt worden. Betroffen sind Arbeitnehmer, die freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind. Hier gilt es schon einmal für einen Großteil der Arbeitnehmer aufzuatmen, denn freiwillig versichert sind überwiegend solche, die in 2010 über ein regelmäßiges Einkommen von mindestens 3.750 EUR monatlich verfügt haben. Darunter ist man in aller Regel gesetzlich versichert.

Wo liegt das Problem?

Die Lohnsteuerbescheinigung wird vom Arbeitgeber an die Finanzverwaltung übermittelt und bildet die Grundlage einer späteren Einkommensteuerveranlagung. Nach einer für den Steuerzahler günstigen Gesetzesänderung sind seit 2010 Krankenversicherungsbeiträge (ohne Wahlleistungen und nach einem Abschlag von 4 %, wenn Anspruch auf Krankengeld besteht) in voller Höhe als Sonderausgabe abzugsfähig. Beim Arbeitnehmer mindern sich die berücksichtigungsfähigen Gesamtbeiträge um die steuerfreien Zuschüsse des Arbeitgebers, so dass sich unterm Strich nur sein „eigener Anteil“ auswirkt (in 2010: allgemeiner Beitragssatz 14,9 %, davon AN-Anteil 7,9 %). Durch den Programmfehler wurde in der Lohnsteuerbescheinigung (Zeilen 25/26) anstatt des kompletten Arbeitnehmeranteils der um den Arbeitgeberanteil geminderte Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ausgewiesen. Weil sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beiträge annähernd zur Hälfte teilen, weist auch die Bescheinigung nicht viel mehr als etwa die Hälfte des Arbeitnehmeranteils aus. Zieht man jetzt in der Steuerveranlagung davon noch die Arbeitgeberanteile ab (berücksichtigt sie also zweimal), bleibt fast nichts mehr übrig.

Was meint das Bundesfinanzministerium?

Nachdem das BMF zunächst die Arbeitgeber verpflichten wollte (soweit wirtschaftlich zumutbar – was immer das heißen mag), korrigierte Lohnsteuerbescheinigungen an die Finanzämter zu übermitteln und dem Arbeitnehmer einen Ausdruck auszuhändigen, erfolgte jetzt ein Rückzieher. Demnach sollen die fehlerhaften Bescheinigungen maschinell erkannt und die Beiträge in zutreffender Höhe bei der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt werden.

Konsequenz

Betroffene sollten ihren Einkommensteuerbescheid 2010 peinlichst genau prüfen.

Gleiche Erbschaftssteuer-Sätze bei Steuerklassen II+III nicht verfassungswidrig

Gleiche ErbSt-Sätze bei Steuerklassen II+III nicht verfassungswidrig

Kernfrage/Rechtslage

Eine Kernänderung der Erbschaftsteuerreform zum 1.1.2009 war, dass die Steuersätze der Erbschaftsteuerklasse II (entferntere Verwandtschaft bspw. Geschwister) und Erbschaftsteuerklasse III (jeder sonstige Dritte) gleichgesetzt wurden. Diese – inzwischen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz rückgängig gemachte – Regelung war Bestandteil der Gegenfinanzierung der weitgehenden Erbschaftsteuerfreistellung von Betriebsvermögen. Die Regelung war seit jeher – wie andere Bestandteile der Erbschaftsteuerreform – im Hinblick auf ihre Verfassungsmäßigkeit umstritten. Das Finanzgericht Düsseldorf hat hierzu nunmehr erstmals entschieden.

Entscheidung

Der Kläger ist Neffe des Erblassers. Er wurde mit dem Steuersatz von 30 % zur Erbschaftsteuer veranlagt. Gegen den Erbschaftsteuerbescheid klagte er und begründete die Klage mit der Verfassungswidrigkeit der Gleichstellung der Personen in Steuerklasse II und III. Das Finanzgericht wies die Klage ab, lies jedoch die Revision zum BFH zu. Die Gleichstellung der Erwerber der Steuerklasse II mit Erwerbern der Steuerklasse III verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz der Verfassung, nach dem wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln sei. Zwar habe der Gesetzgeber Erwerber der Steuerklasse II und Steuerklasse III gleichgestellt, obgleich die erstgenannte Personengruppe im Gegensatz zur letztgenannten Personengruppe regelmäßig eine verwandtschaftliche Nähe zum Erblasser aufweise, diese Gleichstellung lasse sich jedoch mit einer verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung rechtfertigen. Denn beide Erwerberklassen stünden regelmäßig nicht in einer Lebens-, Erziehungs- und Hausgemeinschaft mit dem Erblasser, so dass ein geringerer Schutz bestehe. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Gesetzgeber die Gleichstellung wieder rückgängig gemacht habe. Der Gesetzgeber habe die Rückgängigmachung an einen Stichtag knüpfen können, so dass auf den Kläger zulässigerweise der gleichgestellte Rechtszustand Anwendung finde.

Konsequenz

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, die Revision zum BFH ist ausdrücklich zugelassen worden. Für Übertragungsvorgänge bzw. Erbfälle des Jahres 2009 bedeutet sie, dass Veranlagungen weiterhin offen zu halten sind.

Zahlung festgesetzter ausländischer Schenkungsteuer als rückwirkendes Ereignis

Zahlung festgesetzter ausländischer Schenkungsteuer als rückwirkendes Ereignis

Kernfrage

Bei Erbschaften oder Schenkungen „über die Grenze“ kann es möglich sein, dass in mehreren Ländern Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer anfällt. Besteht mit dem anderen Land ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), ist üblicherweise eine Freistellungs- oder Anrechnungsmethode vereinbart, d. h. das übertragene Vermögen wird in Deutschland komplett von einer Besteuerung freigestellt oder aber die im Ausland gezahlte Steuer wird angerechnet. Das deutsche Erbschaftsteuergesetz (gilt auch für Schenkungen) sieht für die Anrechnung der ausländischen Steuer eine gesetzliche Bestimmung vor. Ärgerlich nur, wenn die ausländische Steuer zum Zeitpunkt des in Deutschland erlassenen Steuerbescheids noch nicht absehbar ist und der Bescheid bestandskräftig wird. Ist dies später noch korrigierbar oder kommt es zu einer echten Doppelbesteuerung?

Sachverhalt

Die in der Schweiz lebende Mutter hatte ihrem Sohn Geld geschenkt, dass dieser ordnungsgemäß in Deutschland deklariert und hierauf die Schenkungsteuer gezahlt hatte. Erst viele Jahre später wurde auch der Kanton Tessin tätig und setzte Schenkungsteuer fest, die der Sohn entrichtete und anschließend zur Anrechnung in Deutschland bringen wollte. Das beklagte Finanzamt sah jedoch keine verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage für eine Änderung des bestandskräftig gewordenen Bescheids, obwohl es materiell keine Zweifel an einer Anrechnung gab. Der klagende Beschenkte war in allen Instanzen erfolgreich.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Zahlung der ausländischen Schenkungsteuer als rückwirkendes Ereignis angesehen, das die Anrechnung zulässt. Beim Erwerb von Todes wegen sei die Erbschaftsteuer so festzusetzen, wie sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entstanden ist. Der Todeszeitpunkt bestimme auch die Wertermittlung. Da eine ausländische Steuer denklogisch erst nach dem Tod des Erblassers festgesetzt und gezahlt werden könne, müsse die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer auf den Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer im Moment des Todes des Erblassers zurückwirken. Für die Schenkungsteuer könne nichts anderes gelten.

Konsequenz

Die Anrechnung hat demnach nach § 175 AO für ein rückwirkendes Ereignis zu erfolgen. Die Zahlung der ausländischen Schenkungsteuer stellt das Ereignis dar, für welches wiederum eine neue Verjährungsfrist von regelmäßig 4 Jahren gilt. Im Übrigen wird auch im Ertragsteuerrecht nach ganz herrschender Meinung in der Zahlung ausländischer Steuer ein rückwirkendes Ereignis gesehen.

Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ist verfassungsgemäß

Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ist verfassungsgemäß

Kernfrage

Mit Wirkung zum 1.1.2005 wurde die ehemalige Arbeitslosenhilfe abgeschafft. Die Arbeitslosenhilfe wurde seinerzeit als Sozialleistung im Anschluss an das Arbeitslosengeld gezahlt und basierte auf dem ehemaligen Einkommen. Sie wurde ersetzt durch das Arbeitslosengeld II, das bedarfsorientiert gewährt wird. Das Bundesverfassungsgericht hatte jetzt über die Verfassungsmäßigkeit der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Kläger hatte bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe erhalten und verlangte ab dem 1.1.2005 die Zahlung von Arbeitslosengeld II. Sein Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, das anzurechnende Einkommen (die Ehefrau war berufstätig) übersteige den Familienbedarf im Rahmen des Arbeitslosengeldes II. Der Kläger klagte darauf hin auf die Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe mit der Begründung, ihre Abschaffung verletze ihn in seiner verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsfreiheit. Er verlor zuletzt vor dem Bundesverfassungsgericht.

Entscheidung

Nach Ansicht der Richter sind die Ansprüche des Klägers auf Sozialleistungen nicht durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes geschützt. Verfassungsrechtlicher Schutz komme nur dort in Frage, wo Existenzsicherung betroffen sei. Insbesondere habe die Arbeitslosenhilfe nicht im Zusammenhang mit den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung gestanden. Diese finanzierten das Arbeitslosengeld; die Arbeitslosenhilfe sei aber steuerfinanziert gewesen. Außerdem sei die Arbeitslosenhilfe stets abschnittsweise gewährt worden, so dass die Abschaffung auch nicht unzulässigerweise in eine vertrauensgeschützte Rechtsposition eingreife.

Konsequenz

Die Entscheidung stellt die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Einführung des Arbeitslosengelds II dar. Darüber hinaus wird man aus ihr aber wohl auch schließen können, dass Sozialleistungen nur im Ausnahmefall verfassungsrechtlich geschützt sind und für die Zukunft in der Regel kein Vertrauen auf ihre Gewährung besteht.

Rückzahlung von Weiterbildungskosten

Rückzahlung von Weiterbildungskosten

Rechtslage

Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen eines Arbeitnehmers, vereinbaren die Parteien regelmäßig die Rückzahlung solcher Weiterbildungskosten für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis während oder in einem bestimmten Zeitrahmen nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme endet. Für die Zulässigkeit solcher Rückzahlungsvereinbarungen haben die Arbeitsgerichte Rahmenbedingungen abgesteckt, die die Zulässigkeit an die Dauer und die Kosten der Fortbildungsmaßnahme und den Zeitraum der Bindung koppeln. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat über diese Zulässigkeitsparameter in einer jüngeren Entscheidung geurteilt.

Sachverhalt

Der klagende Arbeitgeber hatte für einen Mitarbeiter die Kosten eines Aufbaustudiums übernommen und sich verpflichtet, den Mitarbeiter unter Fortzahlung seiner Vergütung für die insgesamt 3 Studienblöcke freizustellen. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien die Rückzahlung der Weiterbildungskosten für den Fall, dass der Mitarbeiter auf eigenen Wunsch vor Ablauf der Fortbildungsmaßnahme das Arbeitsverhältnis beenden würde. Der Mitarbeiter absolvierte 2 Studienblöcke, kündigte sein Anstellungsverhältnis und brach die Fortbildung ab. Der auf Rückzahlung der Fortbildungskosten klagende Arbeitgeber obsiegte in allen Instanzen.

Entscheidung

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist es zulässig, dass die berufliche Bindung durch die Dauer und die Ausgestaltung der Fortbildungsmaßnahme selber bedingt werde, wenn ein entsprechender beruflicher Vorteil in Aussicht steht. Diese Zulässigkeit besteht unabhängig davon, dass Rückzahlungsvereinbarungen nur dann wirksam sind, wenn die berufliche Bindung und der Vorteil aus der Weiterbildung in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Konsequenz

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Sie ergänzt die bisherige Rechtsprechung und stellt klar, dass die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln nicht deshalb gefährdet ist, weil die Dauer einer Fortbildungsmaßnahme bereits zu einer beruflichen Bindung an den Arbeitgeber führt.

Schenkungsteuer bei Verzicht auf Wohnungsrecht

Schenkungsteuer bei Verzicht auf Wohnungsrecht

Rechtslage

Als Schenkung sowohl nach altem (bis 31.12.2008) als auch nach neuem (ab 1.1.2009) Erbschaftsteuerrecht gilt jede freigiebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist. Dieser Definition unterfallen auch regelmäßig Verzichtserklärungen, die eine Person gegenüber einer anderen ausspricht. Das Finanzgericht Niedersachsen hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob auch der Verzicht auf ein dinglich abgesichertes Wohnrecht steuerlich als Schenkung zu betrachten ist.

Sachverhalt

Ein Erblasser hatte seiner Lebensgefährtin an einer Wohnung ein dinglich abgesichertes Wohnrecht vermacht. Die Lebensgefährtin übte dieses Wohnrecht, das alleine ihr höchstpersönlich eingeräumt war, allerdings nur kurze Zeit aus, verzog aus der Wohnung und verzichtete auf das Wohnrecht. Gegen die Veranlagung der vom Wohnrecht befreiten Erben zur Schenkungsteuer wandten diese ein, dass die Wohnung für die Lebensgefährtin eine Belastung gewesen sei; insoweit fehle es am Merkmal „auf Kosten des Zuwendenden“ für die Schenkung. Sie unterlagen vor dem Finanzgericht Niedersachsen.

Entscheidung

Die Voraussetzungen für die Annahme einer Schenkung seien, so das Gericht, erfüllt, wenn objektiv eine Bereicherung und subjektiv das Bewusstsein vorhanden ist, unentgeltlich zu handeln. Beide Kriterien seien erfüllt. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass ein Wille zur Bereicherung bestehe. Ausreichend sei es, wenn der Verfügende in dem Bewusstsein handele, zur Verfügung nicht verpflichtet zu sein.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht und ist im Ergebnis auch zutreffend, nachdem die Erben im konkreten Fall mindestens um den Wegfall des Wohnrechts bereichert worden sind. Allerdings haben die unterlegenen Erben Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt, so dass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

Ausbildungsfreibetrag ist verfassungsgemäß

Ausbildungsfreibetrag ist verfassungsgemäß

Kernaussage

Bis einschließlich 2001 erhielten Eltern, deren volljähriges Kind sich in der Berufsausbildung befand und im Haushalt der Eltern wohnte, einen Ausbildungsfreibetrag von umgerechnet 1.236 EUR. Soweit das Kind auswärtig untergebracht war, erhöhte sich dieser Freibetrag auf 2.148 EUR. Zu Beginn des Jahres 2002 wurde der Ausbildungsfreibetrag auf 924 EUR abgeschmolzen und nur noch dann gewährt, wenn das volljährige Kind auswärtig untergebracht war.

Sachverhalt

Die Eltern einer auswärts studierenden Tochter klagten gegen ihren Einkommensteuerbescheid 2003 und meldeten verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Absenkung des Ausbildungsfreibetrags von 2.148 EUR auf nunmehr 924 EUR. Ihrer Ansicht nach war die Höhe des Freibetrags nicht realitätsgerecht. Die Kosten für die auswärtige Unterbringung, insbesondere für Unterkunft, Verpflegung und Heimfahrten seien um ein Vielfaches höher als der gewährte Freibetrag. Auch die nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bei auswärtiger Unterbringung gewährten Leistungen lägen deutlich über dem steuerlichen Ausbildungsfreibetrag. Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage schließlich ab.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter darf der Ausbildungsfreibetrag nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss zusammen mit den anderen gewährten steuerlichen Entlastungen für Kinder gesehen werden. Bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf ergebe sich eine Entlastung, die als ausreichend anzusehen sei. Die Gesamtentlastung liege sogar noch über den BAföG-Leistungen im Streitjahr.

Konsequenz

Über die derzeitigen Freibeträge hatte der BFH nicht zu entscheiden. Seit der BAföG-Erhöhung zum Wintersemester 2010/11 liegt die BAföG-Höchstförderung bei 8.040 EUR im Jahr, und damit etwas über den derzeitigen Freibeträgen von insgesamt 7.932 EUR. Allerdings zitiert der BFH eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1994, wonach Ausbildungskosten – anders als Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums – nicht in voller Höhe steuerlich absetzbar sein müssen.

Schadensersatz: Verjährungsbeginn bei fehlerhaftem Einspruch des Steuerberaters

Schadensersatz: Verjährungsbeginn bei fehlerhaftem Einspruch des Steuerberaters

Kernaussage

Legt ein Steuerberater gegen einen Sammelbescheid mit mehreren selbstständig anfechtbaren Regelungsgegenständen einen Einspruch ein, der eindeutig auf einen Teil des angefochtenen Sammelbescheids beschränkt ist, so beginnt die Verjährung eines Regressanspruchs gegen den Steuerberater mit Ablauf der Einspruchsfrist.

Sachverhalt

Die Kläger nutzten, zunächst als Leasingnehmer, während der Jahre 1997 bis 2001 ein Flugzeug zur Personenbeförderung. Im Januar 2000 wurde der Leasingvertrag gekündigt. Die Kläger erwirtschafteten während des gesamten Zeitraums nur Verluste. Infolge einer Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, eine Gewinnerzielungsabsicht sei nicht festzustellen. Mit Sammelbescheid vom 22.7.2004 wurden daher für 1997 die Verluste herabgesetzt, die Verluste der Jahre 1997 bis 1999 von solchen aus gewerblicher Tätigkeit in solche aus Vermietung und Verpachtung umqualifiziert und die Einkünfte für 2000 und 2001 auf Null festgesetzt. In dem dagegen durch den beklagten Steuerberater eingelegten Einspruch vom 11.8.2004 zählte dieser im Betreff nur die Feststellungsbescheide 1997, 1998, und 1999 auf. Die Einspruchsbegründung vom 19.9.2004 bezog sich auf den gesamten Feststellungszeitraum bis 2001. Hinsichtlich der Jahre 2000 und 2001 wurde der Einspruch wegen verspäteter Einlegung verworfen. Die Kläger nahmen den Beklagten deshalb auf Schadensersatz in Anspruch, dieser erhob die Einrede der Verjährung.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Revision der Kläger als unbegründet wegen Verjährung der Schadensersatzforderung zurück. Anzuwenden war die Vorschrift des § 68 StBerG a. F., da der Anspruch noch vor dem 15.12.2004 entstanden war. Besteht die Pflichtwidrigkeit des Steuerberaters darin, dass der gebotene Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid unterblieben ist, so entsteht der Schaden nämlich bereits mit Ablauf der Einspruchsfrist. Nach Ansicht der Richter sprach die Abfassung des Einspruchs für eine klare Beschränkung des Anfechtungsumfangs. Dementsprechend bestand bei Ablauf der Einspruchsfrist wegen der mangelhaften Abfassung des Einspruchsschreibens nicht nur ein bloßes Schadensrisiko, sondern ein eingetretener Schaden. Damit wurde die Verjährung in Gang gesetzt.

Konsequenz

Insbesondere in Sammelbescheiden ist auf eine sprachliche Genauigkeit zu achten, um eine ungewollte Beschränkung der Anfechtung zu vermeiden. Hinsichtlich der Verjährungsvorschriften sind Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater nunmehr auch der Regelverjährung (3 Jahre, §§ 195, 199 BGB) unterstellt.

Portfolioverwaltung – EuGH entscheidet über Steuerbefreiung

Portfolioverwaltung – EuGH entscheidet über Steuerbefreiung

Kernaussage

Die Verwaltung des Wertpapiervermögens für einzelne Anleger durch Banken oder private Vermögensverwalter (individuelle Portfolioverwaltung) unterliegt nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung der Umsatzsteuer. Dagegen ist die Beteiligung an Wertpapierfonds steuerbefreit.

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Bank, erbrachte 2008 sowohl selbst, als auch über Tochtergesellschaften, Leistungen an Privatkunden (Anleger). Die Anleger beauftragten die Klägerin, Wertpapiere unter Berücksichtigung der vorher ausgewählten Strategievariante nach eigenem Ermessen und ohne vorherige Einholung einer Weisung des Anlegers zu verwalten sowie alle Maßnahmen zu treffen, die bei der Verwaltung des Wertpapiervermögens zweckmäßig erschienen. Die Klägerin war berechtigt, über die Vermögenswerte (Wertpapiere) im Namen und für Rechnung des Anlegers zu verfügen. Als Vergütung hatte der Anleger pro Jahr eine sog. Teilpauschalvergütung. Die Anleger hatten das Recht, den Auftrag jederzeit mit sofortiger Wirkung zu beenden. Bei Abgabe ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Mai 2008 wies die Klägerin das beklagten Finanzamt darauf hin, dass sie davon ausgehe, dass ihre Leistungen bei der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren steuerfrei bzw. nicht steuerbar seien (§ 4 Nr. 8 UStG, § 3a Abs. 4 Nr. 6 a) UStG). Der Beklagte folgte dem nicht, das Finanzgericht Hessen korrigierte diese Ansicht; schließlich legte der Bundesfinanzhof die Sache dem EuGH vor.

Entscheidung

Der BFH zweifelt, ob es unter Wettbewerbsgesichtspunkten zulässig ist, die individuelle Portfolioverwaltung zu besteuern, während die Beteiligung an Wertpapierfonds steuerbefreit ist. Die Entscheidung der Frage durch den EuGH steht noch aus.

Konsequenz

Die Entscheidung des EuGH hat zunächst Bedeutung für Banken und private Vermögensverwalter. Diese sollten im Regelfall gegen Veranlagungen vorgehen, die eine Steuerpflicht der fraglichen Umsätze vorsehen. Unter Berufung auf das beim EuGH anhängig Verfahren kann das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Bejaht der EuGH die Steuerbefreiung, so können ggf. auch die Anleger von dieser Entscheidung profitieren. Je nach Ausgestaltung der zivilrechtlichen Preisvereinbarung kann sich für diese ein Rückforderungsanspruch für die ihnen gegenüber abgerechnete Umsatzsteuer ergeben.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin