Auskunftsanspruch gegen Finanzamt zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage

Auskunftsanspruch gegen Finanzamt zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage

Kernproblem

Auch gemeinnützige Organisationen können z. B. beim Krankentransport oder den Pflegebereichen im Wettbewerb mit gewerblichen Anbietern stehen. In diesen Fällen kann es ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, wenn man seine Leistungen zum ermäßigten statt zum vollen Steuersatz anbieten kann. Die gewerblichen Anbieter können die Richtigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes der gemeinnützigen Organisation durch eine Konkurrentenklage überprüfen lassen. Hierzu ist das Wissen über den angewendeten Umsatzsteuersatz der gemeinnützigen Organisation notwendig.

Sachverhalt

Das klagende Unternehmen betreibt den gewerblichen Transport von Blutkonserven, Blutproben u. ä. Nach klägerischer Ansicht würde ein gemeinnütziger Verein vergleichbare Leistungen lediglich mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen. Hierin sah die Klägerin eine Wettbewerbsverzerrung und verlangte vom beklagten Finanzamt Auskunft über die Besteuerung der Vereins-Umsätze zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage. Das Finanzamt lehnte dies unter Verweis auf das Steuergeheimnis ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht Münster bejaht den Auskunftsanspruch unter 2 Voraussetzungen, die vom Anfragenden glaubhaft darzulegen sind (und im vorliegenden Fall auch dargelegt werden konnten): Zum einen, dass er durch eine aufgrund von Tatsachen zu vermutende oder zumindest nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließende unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten konkret belegbare Wettbewerbsnachteile erleidet. Zum anderen, dass er gegen die Steuerbehörde mit Aussicht auf Erfolg eine Konkurrentenklage erheben kann.

Konsequenzen

Die Entscheidung des Finanzgerichts Münsters steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Sachen Konkurrentenklage. Durch steuerliche Begünstigungen soll bzw. darf der Wettbewerb nicht beeinträchtigt werden. Über die zugelassene Revision wird voraussichtlich das letzte Wort beim Bundesfinanzhof (BFH) liegen.

Rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit

Rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit

Kernproblem

Wird den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen nicht Genüge getan, droht die Aberkennung der Gemeinnützigkeit; regelmäßig aber nur für den Zeitraum des Verstoßes. Allein bei einem Verstoß gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung werden die letzten 10 Jahre nachversteuert (§ 61 Abs. 3 AO). Fraglich ist, ob auch andere schwerwiegende Verstöße die Anwendung der 10-jährigen Rückwirkung auslösen können.

Sachverhalt

Die Anteile an einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH) wurden an eine andere gGmbH veräußert. Der notariell vereinbarte Kaufpreis wurde entrichtet. Darüber hinaus sah es das Finanzamt als erwiesen an, dass der tatsächliche höhere Kaufpreis über einen zu hoch dotierten Anstellungsvertrag sowie eine üppige Abfindungsregelung zur Auflösung desselben geflossen ist.

Entscheidung

Der BFH teilt die Auffassung des Finanzamts. So darf ein Gesellschafter maximal seine eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert seiner geleisteten Sacheinlage zurückerhalten. Im vorliegenden Fall sei dieses Gebot durch die gewählte Konstruktion umgangen worden. Die erworbene gGmbH hat den Kaufpreis verdeckt an die erwerbende gGmbH ausgeschüttet. Diese Ausschüttung ist aber nicht von § 58 Nr. 2 AO gedeckt. Danach wird die Steuerbegünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwendet. Aufgrund der Zahlung an die steuerpflichtigen Ursprungsgesellschafter wurden die Mittel nicht zu steuerbegünstigten Zwecken verwendet.

Konsequenzen

Im vorliegenden Fall ist die satzungsmäßige Vermögensbindung nicht verändert worden. Gleichwohl wurde diese über den gewählten Zahlungsweg ad absurdum geführt. Die gGmbH hat dadurch ihren aus der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinn überwiegend verdeckt an ihre Ursprungsgesellschafter ausgeschüttet. Damit liegt eine so gewichtige Abkehr von gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsätzen vor, dass eine Anwendung der 10-jährigen rückwirkenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit vom BFH als zulässig erachtet wird. Diesem ist im Ergebnis zuzustimmen.

EU-Kommission: Sanierungsklausel ist europarechtswidrig

EU-Kommission: Sanierungsklausel ist europarechtswidrig

Kernproblem

Werden innerhalb von 5 Jahren mehr als 50 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft an einen Erwerber übertragen, gehen die Verlustvorträge der Kapitalgesellschaft grundsätzlich vollständig unter, es sei denn, eine der im deutschen Körperschaftsteuergesetz genannten Ausnahmetatbestände (Konzernklausel, Stille-Reserven-Klausel, Sanierungsklausel) ist erfüllt. Die Sanierungsklausel ist anwendbar, wenn ein grundsätzlich schädlicher Anteilseignerwechsel die Sanierung des Geschäftsbetriebs bezweckt. Eine Sanierung ist dabei eine Maßnahme, die darauf gerichtet ist, die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu verhindern oder zu beseitigen und zugleich die wesentlichen Betriebsstrukturen zu erhalten. Ob die Sanierungsklausel eine europarechtswidrige staatliche Beihilfe darstellt, war Gegenstand eines Anfang 2010 eingeleiteten förmlichen Prüfverfahrens der EU-Kommission.

Entscheidung der EU-Kommission

Am 26.1.2011 hat die EU-Kommission entschieden, dass die sogenannte Sanierungsklausel im deutschen Unternehmenssteuerrecht, die es wirtschaftlich schlecht dastehenden Unternehmen trotz Eigentümerwechsels ermöglicht, Verluste gegen zukünftige Gewinne zu verrechnen, als (europarechtswidrige) staatliche Beihilfe anzusehen ist. Die Entscheidung begründet die Kommission damit, dass die Klausel vom allgemeinen Prinzip im Unternehmenssteuerrecht Deutschlands und anderer Länder abweiche, welches einen Verlustvortrag genau dann verhindert, wenn bei dem betroffenen Unternehmen ein maßgeblicher Eigentümerwechsel stattfindet. Die Sanierungsklausel bevorzuge wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen gegenüber finanziell gesunden Unternehmen, die auch Verluste erleiden, diese aber bei einem maßgeblichen Eigentümerwechsel nicht verrechnen können. Die Bestimmung führe daher zu wettbewerbsverzerrenden finanziellen Vorteilen in Form von Steuervorteilen.

Konsequenzen

Die Sanierungsklausel, die im Juli 2009 vom deutschen Gesetzgeber verabschiedet wurde, war rückwirkend ab dem 1.1.2008 anzuwenden. Das von der EU-Kommission ausgesprochene Beihilfeverbot soll ebenfalls bereits für die Vergangenheit gelten. Infolgedessen hat die Kommission Deutschland angewiesen, jegliche Beihilfe, die unter der Sanierungsklausel ab dem 1.1.2008 gewährt wurde, zurückzufordern. Deutschland wurde eine Frist von 2 Monaten gesetzt, um der Kommission eine Liste der Begünstigten zu übermitteln und sie über den Gesamtbetrag an zurückzufordernden Beihilfen zu informieren.

Insolvenzrecht: Fortsetzung einer GmbH nach Schlussverteilung nicht möglich

Insolvenzrecht: Fortsetzung einer GmbH nach Schlussverteilung nicht möglich

Kernaussage

Nach der Schlussverteilung im Insolvenzverfahren ist eine Fortsetzung einer GmbH nicht mehr möglich, selbst wenn die Gesellschaft im Handelsregister noch nicht gelöscht ist.

Sachverhalt

Der Alleingesellschafter einer in Auflösung befindlichen GmbH hatte beschlossen, die Gesellschaft fortzusetzen. Zudem sollten das Stammkapital um 25.000 EUR erhöht, die Firma geändert, der Sitz verlegt und der Unternehmensgegenstand geändert werden. Über das Vermögen der GmbH war zuvor das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Nach Beendigung der Schlussverteilung wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben. Das Registergericht versagte die begehrten Eintragungen, weshalb die GmbH Beschwerde einlegte.

Entscheidung

Die Beschwerde war unbegründet. Nach der Schlussverteilung im Insolvenzverfahren (§ 200 InsO) ist eine Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft ausgeschlossen. Grundsätzlich ist die Fortsetzung einer durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelösten GmbH nur zulässig bei Einstellung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Schuldners oder der Bestätigung eines Insolvenzplanes (§ 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG). Zudem muss der Beschluss über die Fortsetzung vor Beginn der Vermögensverteilung getroffen werden (§ 274 Abs. 1 Satz 1 AktG analog). Die Zäsur der Vermögensverteilung ist so bedeutsam und erweckt den Anschein der Beendigung, dass die Fortsetzung durch schlichten Gesellschafterbeschluss ohne die bei einer wirtschaftlichen Neugründung erforderliche Registerkontrolle (§§ 7, 8 GmbHG) nicht möglich ist. Unerheblich ist, dass die Löschung der Gesellschaft noch nicht vollzogen ist.

Konsequenz

Das Bedürfnis, eine Fortsetzung im vorliegenden Fall zuzulassen, bestand nicht. Die Gläubiger, deren Forderungen im Insolvenzverfahren unbefriedigt geblieben sind, können ihre Ansprüche aus dem Vermögen der Gesellschaft, insbesondere aus dem neu eingezahlten Stammkapital, befriedigen. Dadurch ist das Stammkapital von Anfang an angegriffen und ggf. besteht sogleich Insolvenzreife.

Restschuldbefreiung trotz verletzter Auskunftspflicht

Restschuldbefreiung trotz verletzter Auskunftspflicht

Einführung

Im Insolvenzverfahren können Personen nach Ablauf von 6 Jahren von den nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit werden. Das Insolvenzgericht entscheidet nach einer gesetzlichen Vorschrift (§ 300 InsO) nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Treuhänders und des Schuldners durch Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Die Restschuldbefreiung ist auf Antrag eines Insolvenzgläubigers zu versagen, wenn der Schuldner während des Insolvenzverfahrens eine seine Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt.

Sachverhalt

Der Schuldner beantragte die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens über sein Vermögen und Restschuldbefreiung. In seinen Anträgen fehlte eine ihm gehörende Eigentumswohnung auf Mallorca und eine Darlehensforderung seiner Mutter. Das Amtsgericht eröffnete das Insolvenzverfahren. Kurz darauf teilte der Schuldner dem Insolvenzverwalter mit, dass seine Mutter auf seinen Namen eine Wohnung auf Mallorca als Alterssitz gekauft habe. 3 Jahre später meldete die Mutter des Schuldners eine Darlehensforderung über 800.000 EUR gegen den Schuldner an. Daraufhin gab der Insolvenzverwalter die mit Grundpfandrechten belastete Eigentumswohnung frei. Auf Antrag zweier Gläubiger wurde dem Schuldner wegen eines Verstoßes gegen seine Obliegenheiten die Restschuldbefreiung versagt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Beschluss des Landgerichts aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Entscheidung

Der BGH führt in seiner Entscheidung aus, dass die Beurteilung des Landgerichts, der Schuldner habe grob fahrlässig eine gesetzliche Auskunftspflicht verletzt und deshalb den Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfüllt, indem er die Eigentumswohnung auf Mallorca in dem mit seinem Eröffnungsantrag vorgelegten Vermögensverzeichnis nicht angab, zunächst rechtlich nicht zu beanstanden ist. Eine Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger setze dieser Versagungstatbestand nicht voraus. Es genüge, dass die Verletzung der Auskunftspflicht nach ihrer Art geeignet sei, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden. Dies sei hier zweifelsfrei der Fall. Das Landgericht habe jedoch die Prüfung versäumt, ob die Versagung der Restschuldbefreiung unverhältnismäßig sei. Hole der Schuldner im Regelinsolvenzverfahren von sich aus eine gebotene, aber zunächst von ihm unterlassene Auskunftspflicht nach, bevor sein Verhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt sei, beeinträchtige seine Obliegenheitsverletzung die Gläubigerinteressen nicht. Die Versagung der Restschuldbefreiung sei dann in der Regelung unverhältnismäßig.

Konsequenz

Im Insolvenzverfahren muss der Schuldner unbedingt richtige und vollständige Angaben machen, um nicht seine Restschuldbefreiung zu gefährden.

Nachweispflicht für nicht der deutschen Steuer unterliegende Einkünfte

Nachweispflicht für nicht der deutschen Steuer unterliegende Einkünfte

Kernproblem

Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind grundsätzlich nur natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Auf Antrag können auch natürliche Personen zur unbeschränkten Steuerpflicht optieren, die zwar nicht im Inland ansässig sind, aber inländische Einkünfte erzielen (sog. fiktive unbeschränkte Steuerpflicht). Voraussetzung ist, dass die inländischen Einkünfte mindestens 90 % des Welteinkommens betragen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den jeweils gültigen Grundfreibetrag (ab 2010: 8.004 EUR bzw. 16.008 EUR) nicht übersteigen. Über die nicht der deutschen Steuer unterliegenden Einkünfte ist zwingend eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörden vorzulegen. Vorteil der fiktiv unbeschränkten Steuerpflicht ist die mögliche Inanspruchnahme persönlicher und familienbezogener Entlastungen (Kinderfreibetrag, Sonderausgaben, etc.).

Sachverhalt

Kläger sind Eheleute mit Wohnsitz in Frankreich. Der Ehemann erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Inland sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen, während die Ehefrau auskunftsgemäß keine Einkünfte im Streitjahr 2002 erzielte. Die Ehegatten waren zunächst der Auffassung, dass eine Bescheinigung für die Ehefrau nicht vorzulegen war, da diese überhaupt keine Einkünfte erzielte. Die Finanzverwaltung sah dies anders und lehnte den Antrag auf fiktive unbeschränkte Steuerpflicht und damit die Möglichkeit auf Zusammenveranlagung ab. Der hiergegen gerichteten Klage der Ehegatten gab das Finanzgericht statt, da die nachträglich vorgelegte Bescheinigung der französischen Steuerbehörden ausreichende Informationen beinhalte. Der BFH hob das erstinstanzliche Urteil auf.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH ist die Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen ausländischen Behörde auch dann zwingende Voraussetzung für die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht, wenn die Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt erklären, keine nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte erzielt zu haben. Die im Streitfall vorgelegte Bescheinigung des französischen Finanzministeriums hingegen sei inhaltlich nicht ausreichend, da diese lediglich allgemeine Ausführungen enthalten würde, nicht jedoch eine Aussage über die Höhe der tatsächlich erzielten Einkünfte.

Konsequenzen

Für den Antrag auf fiktive unbeschränkte Steuerpflicht sollten Steuerpflichtige im eigenen Interesse im Zweifel stets eine entsprechende Bescheinigung ihrer zuständigen ausländischen Finanzbehörde besorgen, auch wenn diese eine „Nullbescheinigung“ ist. Die Bescheinigung ist lediglich entbehrlich, wenn zwischen Steuerpflichtigem und Finanzbehörden Einigkeit besteht, dass keine nicht der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte erzielt werden. Sollte indes ein EU/EWR-Mitgliedsstaat die Ausstellung einer „Nullbescheinigung“ verweigern, so hat der BFH im Urteil angedeutet, dass aus Billigkeitsgründen womöglich die Bescheinigung einer deutschen Auslandsvertretung ausreichend sein könnte.

Heimkosten auch ohne Pflegestufe oder Merkzeichen „H“ abziehbar?

Heimkosten auch ohne Pflegestufe oder Merkzeichen „H“ abziehbar?

Kernproblem

Zu den üblichen, nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim. Ist der Aufenthalt in einem Alten- oder Pflegeheim dagegen durch Krankheit veranlasst, stellen die Aufwendungen für die Heimunterbringung abzugsfähige Krankheitskosten dar. Als Nachweis dient regelmäßig die Eingruppierung in eine Pflegestufe. Im Urteilsfall war eine 74-jährige nach einer stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik auf ärztliche Empfehlung in ein Seniorenheim gezogen. Die frühere Wohnung in einem Zweifamilienhaus wurde beibehalten. Das Finanzamt wollte die geltend gemachten Heimkosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkennen, weil weder die Eingruppierung in eine Pflegestufe, noch das Merkmal „H“ (= hilflos) im Behindertenausweis vorlag.

Bisherige Rechtsprechung

Die Auffassung des Finanzamts wurde zuletzt noch im Jahr 2008 vom BFH getragen. Hier hatte der III. Senat entschieden, dass ein ausschließlich krankheitsbedingter Aufenthalt dann nicht gegeben sei, wenn keine zusätzlichen Pflegekosten entstanden seien und kein Merkzeichen „H“ oder „Bl“ (= blind) im Schwerbehindertenausweis festgestellt sei.

Änderung der Rechtsprechung

Der VI. Senat des BFH hält jetzt an der früheren Rechtsprechung nicht mehr fest. Der steuerliche Abzug sei auch dann möglich, wenn keine ständige Pflegebedürftigkeit bestehe und auch keine zusätzlichen Pflegekosten abgerechnet worden seien. Das gelte zumindest dann, wenn aufgrund ärztlicher Bescheinigungen festgestellt werden könne, dass der Heimaufenthalt infolge einer Erkrankung notwendig gewesen sei. Somit berechtigen die angefallenen Miet- und Verpflegungskosten zum steuerlichen Abzug.

Konsequenz

Die Kosten sind als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig, soweit sie die zumutbare Eigenbelastung und die sog. Haushaltsersparnis übersteigen. Im Streitfall wurde die Haushaltsersparnis entsprechend dem Höchstbetrag für die Unterstützung bedürftiger Personen geschätzt (zurzeit 8.004 EUR) und dabei die Kosten für Verpflegung, deren steuerliche Berücksichtigung nicht ausdrücklich beantragt wurde, gegengerechnet.

Bezeichnung des Arbeitgebers als Nazi rechtfertigt fristlose Kündigung

Bezeichnung des Arbeitgebers als Nazi rechtfertigt fristlose Kündigung

Rechtslage

Beleidigt ein Arbeitnehmer einen Vorgesetzten oder das Unternehmen, stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Beleidigung so schwerwiegend ist, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Dabei gilt es auch zu beachten, in welcher Branche sich die Beleidigung ereignet. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat in diesem Zusammenhang in einer jüngeren Entscheidung geurteilt, dass der Vergleich des Arbeitgebers mit dem Nationalsozialismus immer eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Sachverhalt

Der klagende Arbeitnehmer war seit mehr als dreißig Jahren beim Beklagten Arbeitgeber beschäftigt und bereits mehrfach wegen fragwürdiger Vergleiche aufgefallen. So hatte er das hessische Landesarbeitsgericht schon als „korrupt“ und „schlimmer als die Kommunisten“ bezeichnet. Zuletzt hatte der Kläger in einer Gerichtsverhandlung im Hinblick auf den beklagten Arbeitsgeber geäußert: „Wie der Arbeitgeber mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich“. Auf diese Aussage stützte der Beklagte sodann die fristlose Kündigung des Klägers und obsiegte.

Entscheidung

Mit seiner Äußerung habe der Arbeitnehmer eine so grobe Beleidigung ausgesprochen, so das Gericht, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Beklagten unzumutbar sei. Das Recht auf freie Meinungsäußerung könne hier nicht ins Feld geführt werden. Bei einem Vergleich mit dem nationalsozialistischen Regime komme hinzu, dass damit auch die Verharmlosung eines Terrorregimes und die Verhöhnung dessen Opfer einhergehe.

Konsequenz

Die Entscheidung wird dahingehend zu verstehen sein, dass ein Vergleich des Arbeitgebers mit dem Nationalsozialismus immer eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Etwas Abweichendes kann gegebenenfalls dann gelten, wenn der Arbeitnehmer sich unmittelbar ernsthaft entschuldigt.

Zum Wegfall eines Vergütungsanspruchs bei „Kartenlegen“

Zum Wegfall eines Vergütungsanspruchs bei „Kartenlegen“

Kernproblem

Der Bundesgerichtshof hat sich jüngst mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Vergütung einer Leistung besteht, die unter Einsatz übernatürlicher, magischer Kräfte und Fähigkeiten erbracht werden soll.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Selbstständige und bietet Lebensberatung (life coaching) an, wobei sie ihre Ratschläge anhand der durch Kartenlegen gewonnenen Erkenntnisse erteilt. Der Beklagte traf erstmals im September 2007 auf die Klägerin, als er sich in einer durch Beziehungsprobleme ausgelösten Lebenskrise befand. Die Klägerin legte ihm am Telefon mehrfach zu verschiedenen beruflichen und privaten Lebensfragen die Karten und gab Ratschläge. Hierfür zahlte der Beklagte in 2008 über 35.000 EUR. Für weitere, Anfang 2009 erbrachte Leistungen verlangt die Klägerin rd. 6.700 EUR und blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte die Ansicht der Vorinstanzen, dass die von der Klägerin versprochene Leistung objektiv unmöglich ist; sie konnte nach den Naturgesetzen bzw. dem Stand der Erkenntnis von Wissenschaft und Technik nicht erbracht werden. Daraus folgt allerdings nicht zwingend ein Wegfall des Vergütungsanspruchs der Klägerin. Denn im Rahmen der Vertragsfreiheit können Parteien wirksam vereinbaren, dass eine Seite sich gegen Entgelt dazu verpflichtet, Leistungen zu erbringen, deren Grundlagen nicht erweislich sind, sondern nur einer inneren Überzeugung, einem Glauben oder einer irrationalen Haltung entsprechen. Im vorliegenden Fall lag es nicht fern, anzunehmen, dass die Klägerin die vereinbarte Vergütung ungeachtet des Umstandes beanspruchen konnte, dass die Tauglichkeit der erbrachten Leistung rational nicht nachweisbar war. Erkauft sich nämlich jemand derartige Leistungen in dem Bewusstsein, dass die Geeignetheit zur Erreichung des angestrebten Zwecks nicht erklärbar ist, würde es den Motiven der Parteien widersprechen, einen Vergütungsanspruch zu verneinen.

Konsequenz

Der BGH verwies die Sache dennoch an das OLG zurück, um klären zu lassen, ob die Vereinbarung der Parteien wegen Sittenwidrigkeit nichtig war (§ 138 BGB). Derartige Verträge schließen vielfach Personen, die sich in einer schwierigen Lebensphase befinden oder generell leichtgläubig, unerfahren oder psychisch labil sind. In solchen Fällen dürfen nach Ansicht des BFGH keine allzu hohen Anforderungen an einen Verstoß gegen die guten Sitten gestellt werden.

Teilzeitbeschäftigte müssen nicht zwingend nachmittags arbeiten

Teilzeitbeschäftigte müssen nicht zwingend nachmittags arbeiten

Kernfrage

Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, der in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens unter mehr oder weniger strengen Voraussetzungen gewährt werden muss. Eine Ablehnung muss jedenfalls auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt sein. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte über das Teilzeitbeschäftigungsverlangen eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der aus privaten Gründen zudem nicht mehr in dem im Betrieb üblichen Schichtdienst eingesetzt werden wollte, sondern eine ausschließliche Beschäftigung in der Frühschicht verlangte.

Sachverhalt

Der klagende Arbeitnehmer verlangte mit sofortiger Wirkung aus privaten Gründen in Teilzeit, und zwar nur in der Frühschicht an 3 Tagen in der Woche, eingesetzt zu werden. Dieses Verlangen wies der beklagte Arbeitgeber mit der Begründung zurück, alle Arbeitnehmer müssten in dem im Betrieb geltenden Zweischichtdienst eingesetzt werden können. Der Arbeitgeber unterlag schließlich vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung

Das Gericht urteilte, dass der Arbeitnehmer zwar keinen Anspruch habe, sofort in Teilzeit eingesetzt zu werden, weil eine dreimonatige Anzeigefrist gelte. Dies mache aber nicht das Verlangen insgesamt unwirksam, sondern verschiebe lediglich den Beginn der Teilzeit um die einzuhaltende Antragsfrist. In der Sache selbst hatte der Arbeitgeber keinen Erfolg, weil er nicht darlegen konnte, dass ein ausschließlicher Einsatz in einer Schicht weder durch eine zumutbare Änderung der Betriebsabläufe, noch durch den Einsatz einer in der anderen Schicht tätigen Ersatzkraft ermöglicht werden konnte.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, welche Anstrengungen der Arbeitgeber unternehmen muss, um Teilzeitarbeit zu ermöglichen. Die bisherige Betriebspraxis stellt jedenfalls keinen Grund dar, der das Teilzeitverlangen verhindern kann.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin