Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 659/2016
Mitteilung vom 09.11.2016
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Wie genau muss der Antrag begründet werden?
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Wie genau muss der Antrag begründet werden?
Wird das Einspruchsschreiben rechtzeitig abgeschickt, aber dem Finanzamt verspätet zugestellt und dadurch die Einspruchsfrist verpasst, hilft ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Für die Antragsbegründung reicht es aus, wenn der Steuerpflichtige darlegt, an welchem Tag das Schriftstück in welcher Weise von wem auf den Weg zum Finanzamt gebracht wurde.
Hintergrund
Der Steuerpflichtige legte gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 31.1.2014 Einspruch ein. Das Schreiben seiner Steuerberaterin war vom 26.2.2014. Das Einspruchsschreiben ging allerdings erst am 6.3.2014 und damit verspätet beim Finanzamt ein. Dies teilte das Finanzamt dem Steuerpflichtigen mit Schreiben vom 31.3.2014 mit.
Mit Schreiben vom 9.4.2014 beantragte die Steuerberaterin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Postausgangsbuch ist zu entnehmen, dass das Einspruchsschreiben am 26.2.2014 mit der Deutschen Post verschickt worden war. Die zuständige Bearbeiterin in der Kanzlei hatte das Schreiben am 26.2.2014 im Postausgangsbuch eingetragen und mit dem restlichen Schriftwechsel am Abend in den Briefkasten gesteckt.
Das Finanzamt sah die Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedoch als nicht ausreichend an.
Entscheidung
Das Finanzgericht gab dem Steuerpflichtigen dagegen Recht. Wird ein Wiedereinsetzungsantrag mit der fristgerechten Absendung eines beim Empfänger nicht oder verspätet eingegangenen Schriftstücks begründet, ist im Einzelnen auszuführen, wann, von wem und in welcher Weise es zur Post aufgegeben wurde. Dies muss durch Beweismittel glaubhaft gemacht werden.
Im vorliegenden Fall wurde innerhalb der Antragsfrist von der Steuerberaterin mitgeteilt, dass das Einspruchsschreiben am 26.2.2014 mit der Deutschen Post verschickt worden war. Auch hatte sie die aus ihrer Sicht bestehende Unerklärlichkeit der Fristversäumnis erläutert. Dies reicht nach Auffassung des Finanzgerichts für eine Antragsbegründung aus.
Die erst im Klageverfahren erfolgte Ergänzung des Vortrags zum Absendevorgang durch Benennung der Personen, die die Austragung aus dem Postausgangsbuch und den Einwurf in den nunmehr genau benannten Briefkasten vorgenommen haben, wertete das Finanzgericht als ergänzende Darlegung und nicht als neuen Wiedereinsetzungsgrund.
Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
Der Erhalt von Arbeitsplätzen sowie Planungssicherheit für Unternehmen – das sind die Ziele der in Kraft getretenen Änderungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Bund und Länder hatten sich auf einen Kompromiss verständigt. Mit den neuen Regelungen zur Verschonung betrieblichen Vermögens erfüllt der Gesetzgeber Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Im Dezember 2014 hatte das Gericht Änderungen am bestehenden Gesetz gefordert.
Wie bisher wird das begünstigte Vermögen nach Wahl des Erwerbers zu 85 % (Regelverschonung) oder zu 100 % (Optionsverschonung) von der Steuer befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Entscheidet sich der Erwerber für die Regelverschonung von 85 %, muss er den Betrieb mindestens fünf Jahre fortführen. Hat der Betrieb mehr als 15 Beschäftigte muss der Erwerber nachweisen, dass die Lohnsumme innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Bei der Wahl der Optionsverschonung muss der Erwerber eine Behaltensfrist von sieben Jahren einhalten und nachweisen, dass er in diesem Zeitraum die Mindestlohnsumme von 700 % nicht unterschreitet.
Während Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten von der Lohnsummenregelung ausgenommen waren, gilt hierfür jetzt eine Beschränkung auf Betriebe mit nicht mehr als 5 Beschäftigten. Darüber hinaus sind die Anforderungen nach der Mitarbeiterzahl gestaffelt:
Betriebe mit 6 bis 10 Beschäftigten dürfen bei der Regelverschonung eine Lohnsumme von 250 % der Ausgangslohnsumme innerhalb des Fünfjahreszeitraums nicht unterschreiten. Bei der Optionsverschonung beträgt die Lohnsumme 500 % innerhalb von sieben Jahren.
Für Betriebe mit 11 bis 15 Beschäftigten gelten entsprechend Mindestlohnsummen von 300 % und 565 %.
Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Azubis, Saisonarbeiter und Langzeiterkrankte werden weder bei der Beschäftigtenzahl noch bei der Lohnsumme mitgerechnet.
Beim Erwerb von betrieblichen Vermögen mit einem Wert des begünstigten Vermögens von über 26 Mio. Euro (Prüfschwelle) gibt es ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung oder einem abschmelzenden Verschonungsabschlag. Für die Prüfschwelle werden alle Erwerbe begünstigten Vermögens von derselben Person innerhalb von zehn Jahren zusammengerechnet.
Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber nachweisen, dass er nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen. Zu dem verfügbaren Vermögen zählen 50 % der Summe aus dem bereits vorhandenen oder aus dem mit der Erbschaft oder Schenkung gleichzeitig erhaltenen nicht begünstigten Vermögen. Soweit dieses Vermögens nicht ausreicht, um die Steuer zu begleichen, wird der überschießende Teil der Steuer erlassen.
Alternativ kann sich der Erwerber für ein Abschmelzmodell entscheiden. Ausgehend vom normalen Verschonungsabschlag von 85 % oder 100 % für das Vermögen unterhalb von 26 Mio. Euro sinkt der Prozentsatz des Verschonungsabschlags pro zusätzlichen 750.000 Euro über dieser Schwelle um jeweils 1 % bis zu einem begünstigten Vermögen von 90 Mio. Euro. Wird dieser Wert überschritten, beträgt der Verschonungsabschlag 0 %.
Bisher war ein Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % unschädlich und ebenfalls begünstigt. Jetzt kann nur das begünstigte Vermögen von der Steuer verschont werden, nicht aber das Verwaltungsvermögen. Der Katalog von Gegenständen, die ausdrücklich als Verwaltungsvermögen zählen, ist ebenfalls erweitert worden. Dazu gehören nun auch Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn die Herstellung, Verarbeitung, Vermietung oder der Handel mit diesen Objekten nicht Hauptzweck des Betriebes ist.
Verwaltungsvermögen wird bis zu einem Anteil von 10 % des Betriebsvermögens wie begünstigtes Vermögen behandelt. Von der Verschonung ausgenommen ist jedoch junges Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb weniger als zwei Jahre zuzurechnen ist. Um die Liquidität des Unternehmens zu sichern, sind zudem Barvermögen, geldwerte Forderungen und andere Finanzmittel nach Saldierung mit den betrieblichen Schulden bis zu einem Anteil von 15 % des Werts des Betriebsvermögens begünstigt. Auch Verwaltungsvermögen, das ausschließlich und dauerhaft der Deckung von Altersvorsorgeverpflichtungen dient, ist begünstigt. Voraussetzung ist aber, dass die entsprechenden Vermögensgegenstände dem Zugriff aller nicht unmittelbar aus den Altersvorsorgeverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind.
Um die Optionsverschonung von 100 % für das begünstigte Vermögen in Anspruch zu nehmen, darf das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 20 % des gemeinen Werts des Betriebs ausmachen. Darüber hinaus gibt es bei einem Anteil des Verwaltungsvermögens von mehr als 90 % gar keine Verschonung, auch nicht für eigentlich begünstigtes Vermögen.
In mehrstufigen Unternehmensstrukturen mit Beteiligungsgesellschaften wird das begünstigte Vermögen konsolidiert ermittelt. Ein Ausnutzen des Verwaltungsvermögensanteils auf jeder Beteiligungsebene ist nicht mehr möglich.
Im Erbfall, also nicht bei Schenkungen, zählen Vermögensgegenstände nicht zum Verwaltungsvermögen, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Tod des Erblassers für Investitionen im Betrieb verwendet werden, die einer originär gewerblichen Tätigkeit dienen. Eine Investition in eine andere Form von Verwaltungsvermögen ist somit nicht begünstigt. Zudem muss die Investition auf Grund eines bereits vom Erblasser vorgefassten Plans erfolgen, also vom Erben lediglich umgesetzt werden.
Wenn bestimmte für Familienunternehmen typische gesellschaftsvertragliche oder satzungsmäßige Beschränkungen existieren, gibt es eine Steuerbefreiung als Vorababschlag von bis zu 30 % auf den begünstigten Teil des Betriebsvermögens. Die Höhe des Abschlags richtet sich nach der im Gesellschaftsvertrag festgeschriebenen prozentualen Minderung der Abfindung für einen ausscheidenden Gesellschafter gegenüber dem gemeinen Wert. Zusätzlich müssen Beschränkungen der Gewinnausschüttungen oder -entnahmen sowie Verfügungsbeschränkung für die Unternehmensanteile vereinbart sein. Überdies setzt die Steuerbefreiung voraus, dass die gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen mindestens für einen Zeitraum von zwei Jahren vor bis 20 Jahren nach dem Vermögensübergang bestehen und tatsächlich praktiziert werden.
Beim vereinfachten Ertragswertverfahren wird die Berechnung des gemeinen Werts eines Betriebs geändert, sodass die Werte etwas niedriger ausfallen. Der gemeine Wert ergibt sich bei diesem Verfahren aus der Multiplikation des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags mit einem Kapitalisierungsfaktor. Dieser Faktor berechnet sich bisher auf der Grundlage des jeweils aktuellen Basiszinses zuzüglich eines festen Zuschlags von 4,5 % (Kapitalisierungszinssatz). Da der Kapitalisierungsfaktor der Kehrwert des Kapitalisierungszinssatzes war, bedeutete das, je niedriger der Zinssatz, desto höher der Kapitalisierungsfaktor. Wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase beträgt der Kapitalisierungsfaktor für Bewertungsstichtage im Jahr 2016 bisher 17,86 und kann damit zu hohen Firmenwerten führen. Jetzt wird der Faktor für das laufende Jahr und die folgenden Jahre auf 13,75 festgeschrieben. Der Faktor kann bei Bedarf durch Rechtsverordnung an die Zinsentwicklung angepasst werden.
Im Erbfall, also nicht bei Schenkungen, wird der Teil der Erbschaftsteuer, der auf das begünstigte Betriebsvermögen entfällt, auf Antrag bis zu sieben Jahre gestundet. Im ersten Jahr erfolgt die Stundung zinslos, danach gelten die allgemeinen Verzinsungsregelungen der Abgabenordnung für Stundungen. Voraussetzung für die Stundung ist, dass die Vorgaben zur Lohnsumme und Behaltensfrist eingehalten werden. Bei einem Verstoß endet die Stundung.
Zins- und kostenfreies Darlehen als Sanktion bei fehlenden Informationen im Verbraucherkreditvertrag
Unterlässt es ein Kreditgeber eines Verbraucherkredits, bestimmte wesentliche Informationen in den Vertrag aufzunehmen, kann dies mit der Verwirkung des Anspruchs auf Zinsen und Kosten sanktioniert werden.
Im Juni 2011 gewährte die Bank Home Credit Slovakia Frau Klára Bíróová einen Kredit in Höhe von 700 Euro. Der Kreditvertrag enthielt allerdings teilweise nur ungenaue Angaben in Bezug auf das Darlehen, wie insbesondere zum effektiven Jahreszins. Der Vertrag sah vor, dass auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditgebers Bestandteil des Vertrags sind. Bei Vertragsschluss erklärte Frau Bíróová mit ihrer Unterschrift, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und verstanden zu haben, ohne dass diese jedoch unterzeichnet wurden.
Nachdem sie zwei Monatsraten gezahlt hatte, stellte Frau Bíróová die Rückzahlung des Kredits ein. Home Credit Slovakia erhob deshalb Klage gegen sie vor dem Okresný súd Dunajská Streda (Bezirksgericht Dunajská Streda, Slowakei). Home Credit Slovakia fordert die Zahlung des Kapitals, der Verzugszinsen und einer Vertragsstrafe wegen Verzugs.
Das mit dem Rechtsstreit befasste slowakische Gericht äußert Zweifel an der Gültigkeit des Kreditvertrags, da die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht von den Parteien unterzeichnet wurden. Es zweifelt auch an der Vereinbarkeit bestimmter slowakischer Rechtsvorschriften im Bereich des Verbraucherschutzrechts mit dem Unionsrecht. Dazu gehört insbesondere die Vorschrift, nach der der Kreditgeber den Anspruch auf Zinsen und Kosten verwirkt, wenn er es unterlässt, bestimmte Informationen in den Vertrag aufzunehmen. Das slowakische Gericht ersucht daher den Gerichtshof um Klärung dieser Fragen unter Berücksichtigung der Richtlinie über Verbraucherkreditverträge1.
Mit seinem Urteil vom 09.11.2016 stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie nicht verlangt, dass die Kreditverträge in einem einzigen Dokument enthalten sein müssen. Wird jedoch in einem solchen Vertrag auf ein anderes Dokument verwiesen und deutlich gemacht, dass dieses Bestandteil des Vertrags ist, muss dieses Dokument, wie der Vertrag selbst, auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt und dem Verbraucher vor Vertragsschluss tatsächlich ausgehändigt werden, sodass er alle seine Rechte und Pflichten erkennen kann.
Der Gerichtshof führt weiter aus, dass die Richtlinie zwar nicht die Unterzeichnung der auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellten Kreditverträge vorschreibt, aber auch nicht einer innerstaatlichen Regelung entgegensteht, die die Gültigkeit dieser Verträge von der Unterzeichnung durch die Parteien abhängig macht, und zwar selbst dann, wenn diese Voraussetzung der Unterzeichnung für alle Dokumente gilt, in denen die wesentlichen Vertragsbestandteile aufgeführt sind.
Der Gerichtshof stellt abschließend fest, dass die Mitgliedstaaten die Unterlassung des Kreditgebers, in den Kreditvertrag alle Elemente aufzunehmen, die gemäß der Richtlinie zwingend in den Vertrag aufzunehmen sind, mit der Verwirkung des Anspruchs auf Zinsen und Kosten sanktionieren dürfen, wenn die fehlende Erwähnung dieser Elemente dazu führen kann, dass es dem Verbraucher unmöglich gemacht wird, den Umfang seiner Verpflichtung einzuschätzen.
Dies ist der Fall bei den zwingenden Elementen wie dem effektiven Jahreszins, der Anzahl und der Periodizität der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen, den Notargebühren sowie den vom Kreditgeber verlangten Sicherheiten und Versicherungen.
Fußnote
1Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, und Berichtigungen ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46).
Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 09.11.2016 zum Urteil C-42/15 vom 09.11.2016
Teilweise Vermietung: Ist eine Geschäftsveräußerung dann auch teilweise steuerfrei?
Teilweise Vermietung: Ist eine Geschäftsveräußerung dann auch teilweise steuerfrei?
Wird ein verpachtetes Geschäftshaus an einen Erwerber übertragen, setzt dieser aber die Verpachtung nur für einen Teil des Gebäudes fort, handelt es sich nur hinsichtlich dieses Grundstücksteils um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung.
Hintergrund
A errichtete ein Geschäftshaus. Das Erdgeschoss vermietete sie an ihren Ehemann B, das Obergeschoss an Dritte. A verzichtete für die Vermietungsumsätze auf die Umsatzsteuer-Befreiung und nahm für ihre Leistungen den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch. Im Jahr 2007 verkaufte sie das Geschäftshaus an eine GmbH. Dabei verzichtete sie nicht auf die Steuerbefreiung für Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. Die GmbH nutzte das Erdgeschoss für eigene unternehmerische Zwecke, setzte also nur die Mietverhältnisse mit Dritten unverändert fort.
A ging von einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen aus und korrigierte den Vorsteuerabzug für das Jahr 2007 nicht. Das Finanzamt meinte abweichend davon, dass die Vorsteuer zu berichtigen ist, da weder ganz noch teilweise eine Geschäftsveräußerung vorliegt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof lehnte, entgegen der Auffassung des Finanzamts und des Finanzgerichts, hinsichtlich der an Dritte verpachteten Räume eine Änderung der Verhältnisse ab. Insoweit ist also die Lieferung des Gebäudes von A an die GmbH eine Geschäftsveräußerung und damit nicht steuerbar. Der Begriff der Geschäftsveräußerung umfasst die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbstständigen Unternehmensteils, mit dem eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Entscheidend dafür ist die Lage im Zeitpunkt der Übertragung. Außerdem muss der Erwerber beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben.
Hinsichtlich der ursprünglich an B vermieteten Räume liegen die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung nicht vor. Denn die GmbH hat diese Flächen nicht weiterhin vermietet, sondern für eigene Zwecke genutzt.
Der Bundesfinanzhof verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Dieses muss zur Feststellung der Höhe der Vorsteuerberichtigung den Inhalt und Umfang der Mietverträge mit den Dritten und die Gesamtfläche des Gebäudes ermitteln.
Aufräumen, Blumen gießen, Mülltrennung: Darf der Betriebsrat hier mitbestimmen?
Aufräumen, Blumen gießen, Mülltrennung: Darf der Betriebsrat hier mitbestimmen?
Ordnungsliebende Arbeitgeber sollten, bevor sie umfangreiche Anordnungen zumBlumen gießen, Müll trennen und Büro dekorieren erlassen, den Betriebsrat nichtaußer Acht lassen. Denn bei manchen Punkten hat er ein Wörtchen mitzureden.
Hintergrund
Der Arbeitgeber rief seine Mitarbeiter per Aushang zur Ordnung auf. Insbesondere sollten Arbeitsplätze aufgeräumt, Schränke regelmäßig ausgeräumt und der Müll getrennt werden. Von der zur Verfügung stehenden Fläche durften die Mitarbeiter maximal 10 % mit persönlichen Gegenständen belegen. In den Büroräumen sollten die Mitarbeiter leise sein. Das Bekleben von Möbeln, Wänden und Glasflächen war verboten. Ihre Pflanzen sollten die Mitarbeiter regelmäßig pflegen, gießen und zurückschneiden. Der Betriebsrat wehrte sich gegen diese Anordnungen, da er nicht beteiligt worden war.
Entscheidung
Der Betriebsrat hat in Fragen der Ordnung im Betrieb ein echtes Mitbestimmungsrecht, nicht aber bei Anordnungen, die das Arbeitsverhalten betreffen. Regelungen, die sich auf das Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers beziehen, konkretisieren dessen Arbeitspflicht. Als Ausprägung des Direktionsrechts des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag sind sie deshalb nicht mitbestimmungspflichtig.
Nur Anordnungen, die sich auf das Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb und nicht allein auf die Arbeitsleistung eines Einzelnen beziehen, können mitbestimmungspflichtig sein. Die Anweisung des Arbeitgebers, die Schrankoberseiten zu kontrollieren und Unnötiges zu entfernen, fällt deshalb unter die Mitbestimmung. Das Gleiche gilt für die Anordnung, ungenutzte Schreibtische nicht als Ablage zu missbrauchen und dass persönliche Gegenstände nicht mehr als 10 % der jeweils zur Verfügung stehenden Fläche ausmachen dürfen. Auch den Umgang mit den Zimmerpflanzen werteten die Richter als mitbestimmungspflichtig.
Die Weisungen, Schränke und Wände nicht zu bekleben, in bestimmten Bereichen leise zu sprechen und den Arbeitsplatz aufgeräumt zu verlassen, fallen dagegen nicht unter das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Denn diese Maßnahmen betreffen die Arbeitsleistung des einzelnen Mitarbeiters.
Handelt es sich bei einem Gehaltsverzicht eines Gesellschafters um Arbeitslohn?
Handelt es sich bei einem Gehaltsverzicht eines Gesellschafters um Arbeitslohn?
Eine verdeckte Einlage führt nur dann zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der Gesellschafter nach Entstehung seines Gehaltsanspruchs aus gesellschaftsrechtlichen Gründen auf diesen verzichtet.
Hintergrund
X war alleiniger Geschäftsführer einer GmbH und an dieser mit 35 % beteiligt. In seiner Einkommensteuererklärung erklärte X einen Bruttoarbeitslohn von rund 45.000 EUR sowie Werbungskosten von 10.000 EUR. In der Lohnsteuerbescheinigung war dagegen ein Bruttoarbeitslohn von 68.000 EUR ausgewiesen. Diesen legte das Finanzamt der Steuerberechnung zugrunde. Die Differenz ergab sich daraus, dass X wegen finanzieller Schwierigkeiten der GmbH für 4 Monate auf sein Gehalt verzichtet hatte. Das Finanzgericht folgte diesem Argument und gab der Klage des X statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.
Verzichtet ein Gesellschafter auf seinen Vergütungsanspruch, kann dies zum Zufluss des Forderungswerts führen, soweit damit eine verdeckte Einlage erbracht wird. Als verdeckte Einlagen sind allerdings nur Wirtschaftsgüter geeignet, die das Vermögen der Kapitalgesellschaft vermehrt haben. Ob das der Fall ist, bestimmt sich nach Bilanzrecht. Abzustellen ist deshalb darauf, inwieweit Posten in die Bilanz hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bilanz zum Zeitpunkt des Verzichts erstellt worden wäre.
Hat X vor Entstehung des jeweiligen Gehaltsanspruchs verzichtet, wurde er von vornherein unentgeltlich tätig, sodass es nicht zu einer Vermögensmehrung bei der GmbH kam. Bei einem Verzicht auf einen bereits entstandenen Anspruch aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erbringt der Geschäftsführer eine zum Zufluss führende verdeckte Einlage.
Das Finanzgericht muss jetzt festzustellen, wie die Gehälter bei der GmbH ausgezahlt wurden bzw. wann die Anweisung erging, die streitigen Monatsgehälter ausnahmsweise nicht auszuzahlen. Ferner ist ein Fremdvergleich vorzunehmen. Liegen danach verdeckte Einlagen vor, sind diese mit dem Teilwert zu bewerten.
Schädliche Beteiligung: Ist ein Verlustrücktrag trotzdem möglich?
Schädliche Beteiligung: Ist ein Verlustrücktrag trotzdem möglich?
Werden bei einer Kapitalgesellschaft innerhalb von 5 Jahren mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals an einen Erwerber übertragen, können die bis zum Beteiligungserwerb nicht genutzten Verluste steuerlich nicht mehr abgezogen werden. Das Gleiche gilt bei der Übertragung von Mitgliedschaftsrechten, Beteiligungsrechten oder Stimmrechten. Der Verlustrücktrag wird damit allerdings nicht eingeschränkt.
Hintergrund
Eine Gesellschafterin übertrug ihre Beteiligung an einer GmbH in Höhe von 50 % auf die beiden anderen Gesellschafter. Der Klägerin entstand ein Verlust, den sie in das Vorjahr zurücktragen wollte. Das Finanzamt wollte jedoch wegen der Anteilsübertragung den Verlust nur anteilig berücksichtigen.
Entscheidung
Die hiergegen erhobene Klage der GmbH hatte Erfolg. Das Finanzgericht ließ entgegen dem Finanzamt den Verlustrücktrag in vollem Umfang zu. Die gesetzliche Regelung soll nur verhindern, dass früher entstandene Verluste durch einen Beteiligungserwerb wirtschaftlich übertragen und durch personell veränderte Gesellschaften genutzt werden könnten. Eine solche personelle Veränderung liegt bei einem Verlustrücktrag aber nicht vor. Den Verlust nutzen nur diejenigen Anteilseigner, die ihn während ihrer Beteiligungszeit auch erwirtschaftet haben.
Arbeitnehmerfinanzierte Altersversorgung: Verdeckte Gewinnausschüttung ja oder nein?
Arbeitnehmerfinanzierte Altersversorgung: Verdeckte Gewinnausschüttung ja oder nein?
Beruht eine Altersversorgung auf einer Entgeltumwandlung, liegt mangels Aufwendungen der GmbH keine verdeckte Gewinnausschüttung vor.
Hintergrund
Eine GmbH hatte ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer A eine Pensionszusage erteilt. Diese wurde in 2010 auf eine rückgedeckte Unterstützungskasse umgestellt. Zudem wurden die Beiträge an die Unterstützungskasse durch eine Entgeltumwandlung aus dem bisher zugesagten Grundgehalt des A erbracht. Das Finanzamt wertete diese Änderung als eine verdeckte Gewinnausschüttung. Denn A war bereits 58 Jahre alt und damit der sog. Erdienenszeitraum kürzer als 10 Jahre.
Entscheidung
Das Finanzgericht sah das anders. Bei einer arbeitnehmerfinanzierten Altersversorgung stammen die Beiträge aus den dem Arbeitnehmer vertraglich zustehenden Gehaltsansprüchen. Damit werden die Aufwendungen wirtschaftlich durch den Arbeitnehmer im Rahmen der Entgeltumwandlung selbst getragen. Bei einer Entgeltumwandlung tritt also bei der Kapitalgesellschaft keine Vermögensminderung ein. Damit fehlt es an einer essentiellen Voraussetzung für eine verdeckte Gewinnausschüttung.
Es kommt auch dann nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Vereinbarung der Altersversorgung und dem der erstmaligen Rentenzahlung nur ein Zeitraum von 8 Jahren liegt.
Wann eine Berichtigung einer Rechnung rückwirkend möglich ist
Wann eine Berichtigung einer Rechnung rückwirkend möglich ist
Ermöglicht eine Rechnungsberichtigung dem Leistungsempfänger rückwirkend den Vorsteuerabzug? Oder ist der Vorsteuerabzug erst dann möglich, wenn die berichtigte Rechnung vorliegt? Mit diesen Fragen musste sich der Europäische Gerichtshof auseinandersetzen.
Hintergrund
Eine deutsche GmbH hatte aus Gutschriften und Rechnungen den Vorsteuerabzug vorgenommen. Die Abrechnungen enthielten jedoch keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der leistenden Unternehmer. Nach einer Betriebsprüfung wurde deshalb der Vorsteuerabzug für den Zeitraum der Vorlage der nicht ordnungsgemäßen Rechnungen versagt. Noch während der laufenden Außenprüfung legte die GmbH dem zuständigen Finanzamt berichtigte Abrechnungen vor, in denen die Steuernummer bzw. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern des jeweils leistenden Unternehmers enthalten waren. Trotzdem erließ das Finanzamt geänderte Steuerbescheide, in denen die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen nicht berücksichtigt wurden.
Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof hat die Rechnungsberichtigung in dem vorliegenden Fall zugelassen, und zwar mit Wirkung für die Vergangenheit. Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung ist mit gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen vereinbar.
Zwar können Mitgliedstaaten Sanktionen für den Fall der Nichterfüllung der formellen Bedingungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts vorsehen. Der Vorsteuerabzug darf aber nicht versagt werden, diese Sanktion kann nicht in Betracht kommen.
Mögliche Sanktionen wären z. B. die Auferlegung einer Geldbuße oder eine finanzielle Sanktion, die aber in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Verstoßes stehen muss. Eine pauschale Versagung des Vorsteuerabzugs würde über die gemeinschaftsrechtlichen Ziele der genauen Erhebung der Steuer und der Verhinderung von Steuerhinterziehung hinausgehen.
Die Frage, ob eine Rechnungsberichtigung noch rechtzeitig erfolgt ist, wenn sie erst im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens vorgelegt wird, wurde vom Europäischen Gerichtshof nicht beantwortet. Da im vorliegenden Verfahren die berichtigten Rechnungen noch im Betriebsprüfungsverfahren vorgelegt worden und damit nicht verspätet waren, war diese Frage im vorliegenden Verfahren nicht klärungsbedürftig.