Keine Zweitwohnungsteuer für Nebenwohnung

Keine Zweitwohnungsteuer für Nebenwohnung

Wird eine Zweitwohnung aus beruflichen Gründen angemietet, ist diese bei Ehegatten von der Zweitwohnungsteuer befreit, und zwar unabhängig vom zeitlichen Umfang der Nutzung.

Hintergrund

Der verheiratete X war bis Anfang 2011 mit Hauptwohnsitz in Hamburg gemeldet, wo er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt/Geschäftsführer überwiegend ausübte. Später verlegte er seinen Hauptwohnsitz an den Wohnort seiner Ehefrau (Köln), die dort gewerblich tätig ist, und meldete in Hamburg einen Nebenwohnsitz an. Diesen nutzte er an 2 bis 3 Tagen in der Woche. Die wöchentliche Arbeitszeit in Hamburg betrug etwa 15 Stunden.

Das Finanzamt setzte gegen X für 2011/2012 Zweitwohnungsteuer für die Nebenwohnung an, da X die Wohnung nur sporadisch und damit nicht überwiegend beruflich genutzt habe. Das Finanzgericht schloss sich der Auffassung des Finanzamts an.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof zeigte sich großzügiger und hob den Zweitwohnungsteuer-Bescheid auf.

Seine Begründung: Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung hängt die Steuerbegünstigung nicht davon ab, dass die Nebenwohnung in Hamburg von dem dort gemeldeten Ehepartner überwiegend genutzt wird. Vorausgesetzt ist nur, dass der Ehepartner die Wohnung aus überwiegend beruflichen Gründen innehat. Ein bestimmter zeitlicher Umfang der Nutzung ist nicht vorgeschrieben. Der Begriff “überwiegend” bezieht sich ausschließlich auf die beruflichen Gründe, die für das innehaben der Nebenwohnung maßgebend sein müssen.

Die Vorschrift ist – abweichend von der Auffassung des FG – nicht entgegen dem Wortlaut einschränkend dahin auszulegen, dass die Steuerbegünstigung von einer vorwiegenden Nutzung der Nebenwohnung durch den dort gemeldeten Partner abhängig ist.

Der Bundesfinanzhof verneint darüber hinaus eine gleichheitswidrige Begünstigung gegenüber unverheirateten Personen. Die Differenzierung zwischen den beiden Personengruppen ist gerechtfertigt.

Ehegatte im Pflegeheim: Ist eine Zusammenveranlagung trotzdem möglich?

Ehegatte im Pflegeheim: Ist eine Zusammenveranlagung trotzdem möglich?

Lebt der Ehegatte in einem Pflegeheim, liegt eine krankheitsbedingt eingeschränkte Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft vor. Eine Zusammenveranlagung bleibt trotzdem möglich. Das gilt sogar dann, wenn der Steuerpflichtige mit einem neuen Lebensgefährten zusammenlebt.

Hintergrund

Die Ehefrau des Klägers erkrankte an Demenz. Nach Verschlimmerung der Krankheit wurde die Ehefrau in ein Pflegeheim verlegt. Der Kläger besuchte seine Frau jeden Samstag für mehrere Stunden und beteiligte sich während der Besuche aktiv an der Pflege, z. B. durch das Anreichen von Mahlzeiten. Zudem schob er seine Frau im Rollstuhl spazieren. Des Weiteren verwaltete er die vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Ehefrau.

Nach einigen Jahren hatte der Kläger eine neue Lebensgefährtin. Das Finanzamt lehnte deshalb eine Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau ab, da eine neue Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Lebensgefährtin entstanden sei. Seit diesem Zeitpunkt lebe der Kläger dauernd getrennt von seiner Ehefrau.

Entscheidung

Das Finanzgericht stellte sich auf die Seite der Kläger und gewährte die Zusammenveranlagung.

Im Streitfall liege nur eine reine räumliche Trennung vor, die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft sei nicht endgültig aufgehoben. Diese räumliche Trennung beruhe auf zwingenden äußeren Umständen, weil die häusliche Pflege der Ehefrau aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung unstreitig nicht mehr möglich war. Ursache für die Trennung sei somit nicht die Aufnahme einer neuen Beziehung. Der Kläger hat die eheliche Lebensgemeinschaft im weitest möglichen Rahmen aufrechterhalten. Er hat seine Ehefrau weiterhin besucht und sich um sie gekümmert. Auch die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft bestand weiter fort, da der Kläger Betreuer seiner Ehefrau war und ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten regelte. Zudem bezahlte der das Pflegeheim und beglich krankheitsbedingte Zusatzkosten.

Versorgungsausgleich: Zahlungen an geschiedenen Ehegatten können Werbungskosten sein

Versorgungsausgleich: Zahlungen an geschiedenen Ehegatten können Werbungskosten sein

Zahlt ein Ehepartner einen Ausgleich dafür, dass die betriebliche Altersvorsorge vom Versorgungsausgleich ausgenommen wird, können diese Ausgleichszahlungen als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig sein.

Hintergrund

Der Kläger hatte mit seiner geschiedenen Ehefrau eine Scheidungsfolgenvereinbarung getroffen, nach der die betriebliche Altersversorgung aus dem Versorgungsausgleich ausgeschlossen wird, der Ehefrau dafür aber ein Ausgleich gezahlt wird. Der Kläger beantragte beim Finanzamt die Berücksichtigung des gezahlten Betrags als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.

Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass es sich um einen Vorgang auf der privaten Vermögensebene handele.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage jedoch statt. Seine Begründung: Versorgungsausgleichszahlungen bei Ehescheidung gehören zu abziehbaren Werbungskosten, wenn dem Inhaber des Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung ohne die Ausgleichsvereinbarung bei Renteneintritt geringere Versorgungsbezüge zufließen würden. Die Ausgleichszahlung diene also in diesem Fall der Erhaltung der eigenen Versorgungsansprüche.

Auswärtstätigkeit: Besuche des Ehepartners sind nicht absetzbar

Auswärtstätigkeit: Besuche des Ehepartners sind nicht absetzbar

Ist ein Arbeitnehmer auswärtig tätig, können die Aufwendungen für Besuchsfahrten seines Ehepartners nicht als Werbungskosten abgezogen werden.

Hintergrund

Der Ehemann (M) war in 2007 auf verschiedenen Baustellen im Ausland eingesetzt. Dort besuchte seine Ehefrau (F) ihn dreimal. Die Aufwendungen für diese 3 Fahrten machte M als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen für die 3 Fahrten nicht. Das Finanzgericht zeigte sich großzügiger und erkannte die Fahrten an. Wie bei einer doppelten Haushaltsführung müssten auch bei einer Auswärtstätigkeit die Fahrtkosten des Ehegatten abziehbar sein (sog. umgekehrte Familienheimfahrt).

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab. Denn die Fahrten der Ehefrau des Arbeitnehmers zu dessen auswärtiger Tätigkeitsstätte dienen nicht der Förderung des Berufs und sind daher keine Werbungskosten. Die berufliche Veranlassung ist auch dann nicht gegeben, wenn der Arbeitnehmer eine Fahrt zur Wohnung selbst nicht durchführen kann, weil seine Anwesenheit am auswärtigen Tätigkeitsort aus dienstlichen Gründen erforderlich ist. Der Ersatzcharakter der Fahrt als solcher vermag die berufliche Veranlassung der an sich privaten Fahrt des Ehepartners nicht zu begründen.

Beruflich veranlasst sind hier nur die Mobilitätskosten des steuerpflichtigen Arbeitnehmers selbst für seine eigenen beruflichen Fahrten. In diesem Fall liegen abziehbare Werbungskosten vor. Denn der Weg von der Wohnung zur Tätigkeitsstätte und zurück ist notwendige Voraussetzung zur Erzielung von Einkünften.

Krankheitskosten: Zumutbare Belastung ist verfassungsgemäß

Krankheitskosten: Zumutbare Belastung ist verfassungsgemäß

Krankheitskosten können steuerlich als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden – allerdings gekürzt um die zumutbare Belastung. Diese Kürzung ist nicht verfassungswidrig.

Hintergrund

Die Eheleute machten Krankheitskosten von rund 1.200 EUR, die von der Krankenversicherung nicht übernommen wurden, als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt sah die Aufwendungen zwar dem Grunde nach als abzugsfähig an. Wegen der zumutbaren Belastung von rund 39.000 EUR verblieb jedoch kein Abzugsbetrag.

Die Klage der Eheleute, mit der sie geltend machten, dass die Kosten ohne Gegenrechnung einer zumutbaren Belastung in vollem Umfang abgezogen werden müssen, hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht an und wies die Revision der Eheleute zurück.

Die Argumentation der Richter: Zu dem einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimum gehören grundsätzlich auch die Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversorgung. Allerdings ist für die Bemessung des Existenzminimums hinsichtlich der Höhe und der Art der Aufwendungen auf das sozialrechtlich gewährleistete Leistungsniveau abzustellen. Nicht vom sozialhilferechtlichen Versorgungsniveau umfasste Aufwendungen sind nicht Teil des Existenzminimums.

Deshalb ist die zumutbare Belastung für Krankheitskosten nicht zu beanstanden. Denn dem Gesetzgeber ist es erlaubt, Versicherte zur Entlastung der Krankenkassen und zur Stärkung des Kostenbewusstseins in Form von Zuzahlungen zu beteiligen, soweit dies dem Einzelnen finanziell zugemutet werden kann. Dementsprechend gehören diese Zuzahlungen auch nicht zum einkommensteuerrechtlichen Existenzminimum.

Eine Zuzahlung kann nicht mehr zumutbar sein, wenn in das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum eingegriffen wird. Solange jedoch die Zuzahlungen der Höhe nach das Existenzminimum nicht betreffen, ist eine Einschränkung der zumutbaren Belastung nicht geboten. Angesichts des Gesamtbetrags der Einkünfte der Eheleute (650.000 EUR) war kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum betroffen sein könnte.

Resturlaub: Erben können Abgeltung verlangen

Resturlaub: Erben können Abgeltung verlangen

Stirbt ein Arbeitnehmer, geht sein Urlaubsanspruch nicht mit seinem Tod unter. Vielmehr wandelt er sich in einen Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben um.

Hintergrund

Eine verstorbene Arbeitnehmerin hatte zum Zeitpunkt ihres Todes noch einen Erholungsurlaubsanspruch von 33 Tagen. Ihre Erben forderten die Abgeltung dieses Urlaubsanspruchs.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht ist derzeit noch der Auffassung, dass bei Tod eines Arbeitnehmers sein restlicher Urlaubsanspruch erlischt. Ein finanzieller Ausgleich an die Erben erfolge nicht, da sich der Anspruch nicht in einen Abgeltungsanspruch wandelt.

Dieser Rechtsprechung ist das Arbeitsgericht Berlin in dem aktuellen Fall entgegengetreten. Erben können sich vielmehr nach dem Tod eines Arbeitnehmers dessen Urlaubstage auszahlen lassen, urteilte das Gericht. Damit folgt es der Linie des Europäischen Gerichtshofs von 2014. Dieser hatte entschieden, dass durch den Tod des Arbeitnehmers dessen Anspruch auf Abgeltung des noch ausstehenden Urlaubs nicht untergeht.

Das Arbeitsgericht Berlin hat deshalb der Klage entsprochen. Begründet hatte es die Entscheidung damit, dass nach der gesetzlichen Regelung der Urlaub abzugelten sei, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden könne. Diese Voraussetzungen seien bei dem Tod des Arbeitnehmers gegeben.

Kündigung: Wann gilt diese als zugegangen?

Kündigung: Wann gilt diese als zugegangen?

 Wirft der Arbeitgeber das Kündigungsschreiben an einem Sonntag in den Briefkasten des Arbeitnehmers, gilt dieses erst am darauf folgenden Montag als zugegangen. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer an Sonntagen arbeitet. 

Hintergrund

Eine Anwaltskanzlei hatte eine Rechtsanwaltsgehilfin auf Probe eingestellt. Die Probezeit endete am 30.11.2014. Dieser Tag war ein Sonntag, an dem die Rechtsanwaltsgehilfin auch zur Arbeit verpflichtet war. Für die Probezeit war eine Kündigungsfrist von 2 Wochen vereinbart. Der Rechtsanwalt entschloss sich kurz vor Ablauf der Probezeit dazu, der Anwaltsgehilfin die Kündigung auszusprechen und warf das Kündigungsschreiben am Sonntag, dem 30.11.2014, in den Briefkasten der Rechtsanwaltsgehilfin.

Die Anwaltsgehilfin wehrte sich dagegen mit einer Kündigungsschutzklage, da die Kündigung ihrer Auffassung nach erst am Montag, dem 1.12.2014 zugegangen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Probezeit bereits beendet gewesen. Es gelte daher ab diesem Tag die gesetzliche Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats.

 Entscheidung

Vor dem Landesarbeitsgericht bekam die Arbeitnehmerin Recht. Wird ein Kündigungsschreiben an einem Sonntag in den Briefkasten geworfen, gilt die Kündigung erst als am darauf folgenden Montag zu der üblichen Briefkastenleerungszeit zugegangen. Die Richter vertraten wie die Vorinstanz die Auffassung, dass eine Kündigung auch dann nicht als an einem Sonntag als zugegangen angesehen werden könne, wenn der Arbeitnehmer an diesem Tag arbeiten müsse.

Die Konsequenz: Die seitens des Rechtsanwalts am Sonntag eingeworfene Kündigung war verspätet, da sie erst am Montag nach Ablauf der Probezeit zugegangen war. Die Kündigung konnte nach der gesetzlichen Kündigungsfrist erst nach 4 Wochen zum 31.12.2014 wirksam werden.

Sachgerechter Maßstab zur Ermittlung beruflich veranlasster Übernachtungskosten

Der 9. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts (NFG) hat in seinem Urteil vom 30.10.2015 (Az.: 9 K 105/12) – soweit ersichtlich als erstes Finanzgericht – zur Frage der Ermittlung beruflich veranlasster Übernachtungskosten in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung ins Ausland unter Begleitung von Familienangehörigen Stellung genommen. Das Gericht hält eine modifizierte Aufteilung nach Köpfen unter Berücksichtigung eines „fixen Sockelbetrags“ in Höhe von 20 v.H. des Gesamtaufwands für sachgerecht.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt war der Kläger im Jahr 2008 durch seinen Arbeitgeber für drei Jahre ins europäische Ausland entsandt worden. Hierzu hatte er für den Entsendungszeitraum mit der ausländischen Gastgesellschaft einen lokalen Arbeitsvertrag abgeschlossen, wobei dem inländischen Arbeitgeber ein jederzeitiges Rückrufrecht zustand. Neben der Zahlung eines laufenden Arbeitslohns enthielt der Arbeitsvertrag mit der ausländischen Gesellschaft Regelungen zum Ersatz diverser Aufwendungen, u.a. der Erstattung von Kosten für die Anmietung eines Hauses, welches der Kläger während seiner Auslandstätigkeit mit seiner mitreisenden Frau und Tochter zu Wohnzwecken nutzte.

Streitig blieb zwischen den Beteiligten, in welchem Umfang die Mietaufwendungen im Rahmen der Auswärtstätigkeit als beruflich veranlasster Aufwand steuerfrei durch den Arbeitgeber erstattet werden konnten. Hierzu hatte der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 10.04.2014 (VI R 11/13, BFHE 245, 218, BStBl II 2014, 804) klargestellt, dass die anlässlich einer Auswärtstätigkeit anfallenden Übernachtungskosten insoweit nicht abzugsfähig seien, als sie auf dem Umstand beruhten, dass der Steuerpflichtige bei seiner Auswärtstätigkeit von seiner Familie begleitet werde.

In seinem Urteil hat sich der 9. Senat des NFG nun erstmals mit der Frage der schätzungsweisen Ermittlung des beruflich veranlassten Kostenanteils unter Berücksichtigung der Grundsätze des Großen Senats des BFH (Beschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672) auseinandergesetzt. Dabei lehnte das NFG eine unmittelbare Übertragung der im Rahmen gemischter Aufwendungen anerkannten Aufteilungsmaßstäbe auf den Streitfall als nicht sachgerecht ab. Vielmehr sah sich der Senat veranlasst, zur Bestimmung des privat veranlassten Mehraufwands zunächst die auf die mitreisenden Familienmitglieder entfallenden Kostenanteile durch eine Aufteilung des Gesamtaufwands nach Köpfen zu ermitteln. In einem zweiten Schritt nahm das NFG dann eine Korrektur zugunsten des beruflichen Veranlassungsanteils in Höhe von 20 v.H. des Gesamtaufwands vor. Mit dieser Umverteilung trug der erkennende Senat dem Umstand Rechnung, dass ein Mindestaufwand als fixer Sockelbetrag unbeeinflusst von der Mitnahme der Familie regelmäßig für die Bewirtschaftung eines 1-Personenhaushalts anfällt. Die Annahme eines konstanten Sockelbetrags habe dabei zur Folge, dass der privat veranlasste Mehraufwand proportional mit der Zahl der mitreisenden Familienmitglieder ansteige. Dieses hielt das NFG für gerechtfertigt, da nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass die Anzahl und Größe der gemeinschaftlich genutzten Räume der Zahl der Bewohner angepasst werde.

Die im Urteil behandelte Problematik der Ermittlung des privat veranlassten Mehraufwands hat auch nach der Reform des steuerlichen Reisekostenrechts zum 01.01.2014 Bedeutung für eine Vielzahl von Altfällen und ist zukünftig in gleicher Weise für die Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5a EStG relevant.

Die Revision wurde zugelassen. Ein Aktenzeichen des BFH liegt noch nicht vor.

Dr. Jörg Grune
Richter am Finanzgericht
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Einkommensteuer: Auslegungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG

Gewinne steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe der von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (wiGB) der von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (nachfolgend Körperschaften) Folgendes:

1. Allgemeines

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 und 5 EStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG ) vom 23. Oktober 2000 (BStBl I S. 1428) und des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom 20. Dezember 2001 (BStBl I 2002 S. 35) gehören

  • der nicht den Rücklagen zugeführte durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn eines von der Steuerbefreiung ausgeschlossenen wiGB ansonsten steuerbefreiter Körperschaften,
  • der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn eines von der Steuerbefreiung ausgeschlossenen wiGB ansonsten steuerbefreiter Körperschaften, der die in § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG genannte Umsatz- oder Gewinngrenze überschreitet,
  • die Auflösung von nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG gebildeten Rücklagen eines von der Steuerbefreiung ausgeschlossenen wiGB ansonsten steuerbefreiter Körperschaften zu Zwecken außerhalb eines wiGB und
  • die Gewinne i. S. d. § 22 Abs. 4 Nr. 2 UmwStG

zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Diese Gewinne des wiGB unterliegen der Kapitalertragsteuer nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7c EStG von 15 % (§ 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Steuerbefreiung auf diese dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 KStG ausgeschlossen. Diese Kapitalertragsteuer hat abgeltende Wirkung (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 KStG). Verdeckte Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter/Mitglieder zählen nicht zu den Steuertatbeständen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG. Zur Verwendung von Vermögen des wiGB im steuerbefreiten Bereich der Körperschaft vgl. Rdnr. 4. Die Kapitalertragsteuerpflicht tritt neben die Besteuerung des in dem wiGB erzielten Gewinns mit 15 % des zu versteuernden Einkommens der Körperschaft (§ 23 Abs. 1 KStG).

§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG erfasst insbesondere die nach § 5 Abs. 1 Nr. 5, 7, 10, 12, 14, 16, 19, 21, 22 und 24 KStG befreiten Körperschaften. Umfasst die Steuerpflicht dieser Körperschaften nicht nur einen oder mehrere wiGB, sondern z. B. auch die Vermögensverwaltung, ist § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG nur für den bzw. die wiGB anzuwenden. Beim Gewinn eines wiGB von nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreiten Körperschaften wird nach § 44a Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 EStG vom Kapitalertragsteuerabzug Abstand genommen; auf die Vorlage der Bescheinigung nach § 44a Abs. 7 Satz 2 EStG an den Schuldner der Kapitalerträge (den wiGB) kann verzichtet werden.

Für Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit werden Auslegungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG in den Rdnrn. 16 ff. des BMF-Schreibens vom 9. Januar 2015 (BStBl I S. 111) geregelt. Die Grundsätze dieses BMF-Schreibens sind mit Ausnahme der Rdnrn. 23, 28, 32, 34, 36, 37 Satz 3, Rdnrn. 38, 39 Satz 1 und 2, Rdnr. 40 Satz 2 und 3, Rdnrn. 41, 47, 48, 51 bis 53, 55 Satz 5, Rdnrn. 57, 58, 59 Satz 3 und 4, Rdnrn. 61, 63, 67 bis 69 und unter Berücksichtigung der nachfolgenden Regelungen auf § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG entsprechend anzuwenden. Der wiGB wird regelmäßig mit einem Regiebetrieb im Sinne des BMF-Schreibens vom 9. Januar 2015 (a. a. O.) vergleichbar sein.

2. Laufender Gewinn und Vermögensverwendung

Der laufende Gewinn des wiGB ermittelt sich nach den Grundsätzen der Rdnrn. 25 bis 27 des BMF-Schreibens vom 9. Januar 2015 (a. a. O.). Die Verwendung von Vermögen des wiGB für den steuerbefreiten Bereich der Körperschaft oder für Dritte führt zu Entnahmen aus dem wiGB und mindert daher den laufenden Gewinn des wiGB nicht.

Beispiel:
Ein bisher dem wiGB zugeordnetes Wirtschaftsgut wird künftig im steuerbefreiten Bereich der Körperschaft verwandt. Diese geänderte Verwendung ist im Zuge der Gewinnermittlung des wiGB als Entnahme des Wirtschaftsguts zu behandeln.

3. Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich

Ist die steuerfreie Körperschaft selbst verpflichtet, ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln, hat dies nicht automatisch zur Folge, dass der Gewinn des wiGB auch durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln ist (vgl. hierzu auch BMF-Schreiben vom 3. Januar 2013, BStBl I S. 59).

4. Mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe

Unterhält eine steuerbefreite Körperschaft mehrere wiGB, ist für § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG auf das Gesamtergebnis aller wiGB abzustellen, deren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt wird oder die die Umsatz- oder Gewinngrenze des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG überschreiten. Die Umsatz- und Gewinngrenzen des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG sind auf den jeweiligen wiGB anzuwenden.

§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist anzuwenden.

5. Rücklagen

Werden in einem wiGB zulässigerweise gebildete Rücklagen für Zwecke eines anderen wiGB der Körperschaft verwandt und fallen beide wiGB unter § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG, führt dies im Hinblick auf die Zusammenfassung der wiGB (vgl. Rdnr. 6 Satz 1) nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen.

Bei einem Verlust der Steuerbefreiung der Körperschaft gelten die zum Schluss des letzten unter die Steuerbefreiung fallenden Wirtschaftsjahrs noch bestehenden Rücklagen, die nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 1 EStG gebildet worden waren, als aufgelöst und führen, vorbehaltlich einer Verwendung des steuerlichen Einlagekontos, zu Einkünften aus Kapitalvermögen.

6. Steuerliches Einlagekonto

Das steuerliche Einlagekonto eines wiGB, der unter § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG fällt, erhöht sich durch direkte Einlagen der Gesellschafter bzw. Mitglieder der Körperschaft, durch Zuführungen von Vermögensmitteln aus dem steuerfreien Bereich der Körperschaft sowie aus Zuführungen aus wiGB derselben Körperschaft, die nicht unter § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG fallen. Mittelverwendungen zwischen wiGB, die unter § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG fallen, haben im Hinblick auf die Zusammenfassung der wiGB (vgl. Rdnr. 6 Satz 1) dagegen keinen Einfluss auf den Bestand des steuerlichen Einlagekontos.

7. Beteiligung an einer Personengesellschaft

Die Beteiligung einer steuerbefreiten Körperschaft an einer Personengesellschaft stellt – unter den Voraussetzungen des § 14 AO – einen eigenständigen wiGB dar. Die Ermittlung des Gewinns dieses wiGB richtet sich nach den Grundsätzen der Rdnrn. 30 und 31 des BMF-Schreibens vom 9. Januar 2015 (a. a. O.).

8. Erstmalige Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG und erstmalige Feststellung des steuerlichen Einlagekontos

§ 52 Abs. 37a Satz 2 EStG in der Fassung des StSenkG regelt die erstmalige Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG in Abhängigkeit mit der körperschaftsteuerlichen Behandlung des wiGB. In Fällen, in denen die Umsatz- oder Gewinngrenze nach Ablauf des VZ 2001 erstmalig überschritten wird oder der wiGB erstmals seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, ist bei der erstmaligen Feststellung des Anfangsbestands des steuerlichen Einlagekontos die Billigkeitsregelung der Rdnr. 43 des BMF-Schreibens vom 9. Januar 2015 (a. a. O.) entsprechend anzuwenden. Dem Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos eines derartigen wiGB sind alle bis zum Ablauf des Wirtschaftsjahres, das dem erstmaligen Überschreiten der Umsatz- oder Gewinngrenze bzw. der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich vorangeht, vorhandene Eigenkapitalteile zuzurechnen. Entsprechendes gilt für den Fall, dass bereits ein oder ein zusammengefasster wiGB (vgl. Rdnr. 6) unterhalten wird, der unter § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 4 EStG fällt, und ein weiterer wiGB erstmals die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift erfüllt. Es liegt insoweit jedoch keine Erhöhung des Anfangsbestands des steuerlichen Einlagekontos, sondern ein laufender Zugang zum bestehenden steuerlichen Einlagekonto des wiGB vor.

9. Erstmalige Anwendung des Schreibens

Dieses Schreiben tritt – soweit sich für Veranlagungszeiträume vor 2015 aus gesetzlichen Vorgaben nichts anderes ergibt – an die Stelle des BMF-Schreibens vom 10. November 2005, BStBl I S. 1029.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 2 – S-2706-a / 14 / 10001 vom 02.02.2016

 

Nach der E-Bilanz geht’s nach ELBA

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hatte am 29.01.2016 wiederholt zum Forum E-Bilanz eingeladen. Im Fokus standen hierbei der aktuelle Status quo, die Änderungen gegenüber dem Vorjahr sowie Ausführungen zur elektronischen Bilanzabgabe, kurz ELBA.

Die E-Bilanz ist mittlerweile ein Massenverfahren, das weitestgehend reibungslos funktioniert und auch in der Praxis angewendet wird. Dies verdeutlichen auch die nachfolgenden Zahlen. Im Jahr 2014 war die Übermittlung für das Wirtschaftsjahr 2013 für die meisten Unternehmen erstmalig verpflichtend. Während für diesen Zeitraum bereits 1.006.869 E-Bilanzen an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, stieg die Anzahl für das Wirtschaftsjahr 2014 in 2015 auf 1.952.770 übermittelte E-Bilanzen.

Zudem wurden bereits freiwillig knapp 14.000 Ergänzungs- und Sonderbilanzen übermittelt. Diese Zahl dürfte für das Wirtschaftsjahr 2015 stark steigen, da die Übermittlung hierfür erstmals verpflichtend wird. Groben Schätzungen zufolge rechnet man für jeden vierten Gesellschafter mit der Übermittlung einer solchen Bilanz. Unverändert gegenüber dem Vorjahr setzte sich der Trend fort, dass die meisten Steuerpflichtigen die Minimalstrategie wählten und der Verwaltung somit so wenige Daten wie möglich zur Verfügung stellten.

Änderungen in der Taxonomie waren vornehmlich redaktioneller Natur. Die darüber hinausgehenden Anpassungen waren im Wesentlichen dem Inkrafttreten des BilRuG geschuldet. Zudem wird nach dem 31.12.2016 die Möglichkeit zur Übersendung des Netto- und Brutto-Anlagenspiegels in Kurzform wegfallen. Verbleiben wird lediglich der Brutto-Anlagenspiegel.

Im Rahmen der Veranstaltung wurde zudem auf das ELBA-Projekt hingewiesen. Ziel dieses Projektes ist die Digitalisierung des Kreditprozesses. Die für die E-Bilanz vorliegenden Daten im XBRL-Format sollen zukünftig auch für Kreditentscheidungen der Banken genutzt werden können. Durch die Übermittlung dieser Daten soll sich der Kreditprozess beschleunigen, da die händische Übertragung des Jahresabschlusses in Papierform zukünftig entfällt. Gleiches gilt für das Fehlerpotenzial bei der händischen Übertragung. Die ersten Abschlüsse können voraussichtlich im zweiten Quartal 2017 an die Kreditinstitute gesendet werden.

Quelle: Deutscher Steuerberaterverband e.V.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin