Schlagwort-Archive: MicroBilG

Micro-Richtlinie 2012/6/EU über Erleichterungen in der Rechnungslegung für Kleinkapitalgesellschaften (MicroBilG) – Blog.Steuer.org

Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer an das Bundesministerium der Justiz Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Micro-Richtlinie 2012/6/EU über Erleichterungen in der Rechnungslegung für Kleinkapitalgesellschaften (MicroBilG)

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Zusendung des Referentenentwurfs zur Umsetzung der Micro-Richtlinie 2012/6/EU über Erleichterungen der Rechnungslegung für Kleinstkapitalgesellschaften (MicroBilG).
Die Bundessteuerberaterkammer begrüßt die rasche Umsetzung der EU-Richtlinie 2012/6/EU.
Gestatten Sie uns vorab die folgende Anmerkung:

Wir regen an, die Umsetzung der Micro-Richtlinie 2012/6/EU zum Anlass zu nehmen, das Ordnungsgeldverfahren bei Nichtvorlage, bzw. nicht fristgemäßer Vorlage des Jahresabschlusses zu überprüfen. Denn die praktische Anwendung der §§ 325 ff. HGB hat leider gezeigt, dass insbesondere der Automatismus hinsichtlich der Festsetzung der Mindesthöhe des Ordnungsgeldes über 2.500,00 € gem. § 335 Abs. 1 HGB zu nicht tragbaren Schärfen führt. Dieses gilt insbesondere auch deshalb, weil dieses Ordnungsgeld ggf. mehrfach festgesetzt wird, völlig unabhängig von der Schwere des Verstoßes und vor allen Dingen der Größe des Unternehmens, das betroffen ist.

Vor allen Dingen gibt es keine Möglichkeit, ein fehlendes Verschulden der Geschäftsführung einer Gesellschaft sowohl dem Grunde als vor allen Dingen auch der Höhe nach bei der Festsetzung des Ordnungsgeldes zu berücksichtigen. Zu denken ist etwa an den Fall, dass der alleinige Geschäftsführer eines Kleinstunternehmens schwer erkrankt ist und seinen rechtlichen Verpflichtungen nicht – rechtzeitig – nachkommen kann.

Aus diesem Grunde regen wir an, bei der Festsetzung eines Ordnungsgeldes, vor allen Dingen jedoch bei der Mindesthöhe des Ordnungsgeldes, Änderungen vorzunehmen. Es sollte zudem überlegt werden, ggf. den Erlass des Ordnungsgeldes im Billigkeitswege vorzusehen.

Dies gilt u. E. umso mehr, als dass auf europäischer Ebene durch die Europäische Richtlinie 78/660/EU in den Artikeln 47 ff. keine Mindestvorgaben für die Sanktionierung durch die Mitgliedstaaten vorgesehen ist.
Für die praktische Anwendung durch die Steuerberater wäre es u. E. sinnvoll, einen klarstellenden Hinweis aufzunehmen, dass die in Rede stehenden Vorschriften auch für Gesellschaften i. S. d. § 264 a HGB gelten.
Hinsichtlich der vorgesehenen Regelungen im Referentenentwurf selbst nehmen wir auf die beigefügte Anlage Bezug.

Mit freundlichen Grüßen
i. V.
Jörg Schwenker
Geschäftsführer

Anlage
Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Micro-Richtlinie 2012/6/EU über Erleichterungen in der Rechnungslegung für Kleinkapitalgesellschaften (MicroBilG)

Artikel 1 – Änderung des Handelsgesetzbuchs
Zu 3. Einfügung eines Satzes in § 253 Abs. 1
Wir begrüßen die deutliche Absage einer Bewertung zum Zeitwert für Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a HGB), sofern sie von den vorgesehenen Erleichterungen Gebrauch machen.
Denn generell lehnt die Bundessteuerberaterkammer eine Bewertung zum Zeitwert für Bilanzierende, die nach dem HGB Rechnung legen, ab. Dennoch regen wir an, den allgemein gültigen Terminus „beizulegender Zeitwert“ auch an dieser Stelle zu verwenden.

Zu Nr. 4 – § 264 HGB
Zwar ist der Verzicht auf einen Anhang prinzipiell zu begrüßen, es stellt sich uns allerdings die Frage, wie der dann vorgesehene Ausweis unter der Bilanz konkret aussehen sollte. Völlig unabhängig davon sollte es besser statt … unter der der Bilanz ausweisen … unter der Bilanz angeben … heißen. Wegen der leichteren Lesbarkeit wäre es unter Umständen sinnvoller, ebenfalls in § 288 HGB eine Befreiung vorzunehmen und die in den Nr. 1, 2 und 3 geforderten Angaben in einer „Anlage“ zum Jahresabschluss aufzuführen.

Zu Nr. 6 – Anfügung eines Abs. 5 in § 264c HGB
Die Aussage dieses Absatzes bleibt im Dunkeln. Insbesondere ist nicht klar, was mit „Berechnung der Bilanzposten“ tatsächlich gemeint ist.
Leider erschließt sich der Sinngehalt des Abs. 5 auch nicht aus der Gesetzesbegründung und es bleibt unklar, ob nun ein Ausweis erforderlich ist oder nicht.
Soll damit erreicht werden, dass kleine haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften die Wahlrechte für kleine, bzw. Kleinstunternehmen hinsichtlich der Gliederungstiefe in Anspruch nehmen können?
Aus den vorstehenden Gründen regen wir eine Klarstellung an.

Zu Nr. 7 – Anfügung der Sätze 4 f. in § 266 Abs. 1
Diese Regelung beinhaltet die Möglichkeit, dass Kleinstkapitalgesellschaften auf den gesonderten Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten verzichten. Allerdings soll der Ausweis der Rechnungsabgrenzungsposten innerhalb der Forderungen bzw. Verbindlichkeiten erfolgen.
Wenn jedoch ein gesonderter Ausweis der materiell einzustufenden Rechnungsabgrenzungsposten als Forderungen/Verbindlichkeiten erfolgen muss, ist eine Erleichterung nicht damit verbunden, weil die gesonderte Berechnung der Posten auf jeden Fall erfolgen muss.
Vielmehr führt diese vermeintliche Erleichterung eher zu einer weiteren Erschwernis, weil entsprechend vorhandene Zuordnungstabellen abgeändert werden müssten.

Zu Nr. 9 Anfügung des Abs. 5 in § 275 HGB
Hier soll die verdichtete Gewinn- und Verlustrechnung geregelt werden. Dieses Gliederungsschema ist so aus der Richtlinie unverändert übernommen worden. Allerdings enthält die Richtlinie insoweit nur eine Mindestvorgabe, denn es heißt dort: „…b) gegebenenfalls nur eine verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen, in der zumindest folgende Posten gesondert ausgewiesen werden…“.
Dieses ist u. E. jedoch unter folgenden Aspekten missglückt:

1. Nettoumsatzerlöse
Dieser Terminus ist bisher gesetzlich nicht in § 275 HGB definiert. Es könnte auf den ersten Blick der Eindruck entstehen, als seien damit die Erlöse ohne Umsatzsteuer gemeint.
Gemeint sind jedoch „Erlöse aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit abzüglich Umsatzsteuer und Erlösschmälerungen“, wie sich aus einem Blick in die Richtlinie zu Art. 28 78/660/EWG ergibt. Hier sollte auf jeden Fall eine entsprechende Klarstellung erfolgen, da dem Rechtsanwender ein Studium der Richtlinientexte nicht zugemutet werden sollte.

2. Bestandsveränderungen, aktivierte Eigenleistungen usw.
Völlig im Dunkeln bleibt auch, wo aktivierte Eigenleistungen und Bestandsveränderungen bei einer Anwendung des Gesamtkostenverfahrens zuzuordnen sind.

3. Zinsaufwendungen, Zinserträge, Beteiligungserträge usw.
Dies gilt auch für das gesamte Finanzergebnis, also insbesondere Zinserträge und Zinsaufwendungen und Beteiligungserträge usw.

Im Rahmen der unterjährigen Buchhaltung werden aber die vorstehend genannten Positionen auf getrennten Konten gebucht, so dass es mittels einer Zuordnungstabelle ohne Weiteres möglich ist, die nicht verdichtete Gewinn- und Verlustrechnung entsprechend auszufüllen und darzustellen. Insofern ist keinerlei Erleichterung aus dieser „Verdichtung“ ersichtlich.

Gestatten Sie es uns noch auf einen weiteren Aspekt hinzuweisen. Gerade bei Kleinstkapitalgesellschaften kann es sinnvoll sein, die Gewinn- und Verlustrechnung stärker aufzugliedern als in § 275 Abs. 5 HBG-E vorgesehen. Denn die Buchhaltung und der Jahresabschluss übernehmen bei Kleinstkapitalgesellschaften häufig auch Controllingzwecke, so dass der Kaufmann etwa Abweichungen in einem Mehrjahresvergleich nachverfolgen kann und hieraus ggf. notwendige wirtschaftliche Maßnahmen ergreifen kann.

Fazit
Als Fazit unserer obigen Ausführungen sind die vorgesehenen Erleichterungen betreffend des Anhangs und der Offenlegung zu begrüßen. Die sog. „Verdichtungen“ sind aber u. E. eher kontraproduktiv und abzulehnen.
Unseres Erachtens wäre in diesem Zusammenhang zudem zu überprüfen, ob eine Konvergenz mit den Erfordernissen der E-Bilanz besteht, so dass ohne größeren Bürokratieaufwand die verdichteten Posten in die E-Bilanzierung Eingang finden können. Wäre dieses nicht der Fall, so würde der Sinn und Zweck dieses Gesetzes konterkariert, nämlich Bürokratie abzuschaffen und Kosten zu verringern. Dieses Petitum gilt gerade für Kleinstkapitalgesellschaften.

Erleichterungen im Bilanzrecht für Kleinstunternehmen treten in Kraft

Zur Verkündung des Gesetzes zu Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften bei der Rechnungslegung (Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz – MicroBilG) im Bundesgesetzblatt erklärt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Ab heute werden kleine Unternehmen weitere Erleichterungen im Bereich der Rechnungslegung nutzen können. Mit den Neuregelungen hat das Bundesjustizministerium die Optionen zur Entlastung von Kleinstunternehmen zügig genutzt, die dem deutschen Gesetzgeber mit der erst im April in Kraft getretene Micro-Richtlinie 2012/6/EU gewährt werden. Das Gesetz hat die durch die EU eingeräumten und von Deutschland unterstützen Möglichkeiten zur Erleichterung und zum Bürokratieabbau weitestmöglich ausgelotet und das Entlastungspotenzial ausgeschöpft.

Der Umfang der Daten, die Kleinstunternehmen in den Jahresabschluss aufnehmen müssen reduziert sich erheblich. Bilanzierungs- und Offenlegungspflichten werden merklich abgesenkt. Zudem muss der Jahresabschluss nicht mehr im Bundesanzeiger veröffentlicht, sondern lediglich hinterlegt und dann auf Anfrage Dritter kostenpflichtig zur Verfügung gestellt werden.

Die Neuregelungen gelten für alle Geschäftsjahre, deren Abschlussstichtag nach dem 30. Dezember 2012 liegt, erstmals also für Geschäftsjahre mit dem Abschlussstichtag 31. Dezember 2012.

Zum Hintergrund: 
Kleinstbetriebe, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder einer Personenhandelsgesellschaft ohne voll haftende natürliche Personen (z.B. GmbH & Co KG) organisiert sind, unterlagen bisher umfangreichen Vorgaben für die Rechnungslegung. Bei Unternehmen mit sehr geringen Umsätzen und Vermögenswerten lösten diese Vorgaben oft eine deutliche Belastung aus; gleichzeitig konzentriert sich das Interesse Dritter an Jahresabschlüssen häufig auf die Nachfrage weniger Kennzahlen.

Mit der Gesetzesänderung werden nunmehr im Anschluss an frühere Entlastungen durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz die Vorgaben für die Rechnungslegung für Kleinstkapitalgesellschaften maßvoll abgeschwächt. Grundlage ist die im Frühjahr 2012 in Kraft getretene Micro-Richtlinie (2012/6/EU), die es den Mitgliedstaaten erstmals erlaubt, für Kleinstkapitalgesellschaften Erleichterungen im Bereich der Rechnungslegungs- und Offenlegungsvorschriften zu gewähren.

Das Gesetz nutzt die in der Richtlinie festgelegten Spielräume bei der Festlegung des Kreises der erfassten Unternehmen nahezu vollständig aus. Eine Umstellung auf eine freiwillige Offenlegung ermöglicht die Richtlinie jedoch nicht.

Von der Entlastung können alle Kleinstkapitalgesellschaften profitieren, die an zwei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen zwei der drei nachfol¬genden Merkmale nicht überschreiten: Umsatzerlöse bis 700 000 Euro, Bilanzsumme bis 350 000 Euro sowie durchschnittliche 10 beschäftigte Arbeitnehmer. Damit werden mehr als 500 000 Untenehmen in Deutschland von den Erleichterungen profitieren können.

Inhaltlich sieht das Gesetz folgende wesentlichen Erleichterungen im Bereich der Rechnungslegung und Offenlegung vor:

  • Kleinstunternehmen können auf die Erstellung eines Anhangs zur Bilanz vollständig verzichten, wenn sie bestimmte Angaben (unter anderem zu Haftungsverhältnissen) unter der Bilanz ausweisen.
  • Darüber hinaus werden weitere Optionen zur Verringerung der Darstellungstiefe im Jahresabschluss eingeräumt (z. B. vereinfachte Gliederungsschemata).
  • Kleinstkapitalgesellschaften können künftig wählen, ob sie die Offenlegungspflicht durch Veröffentlichung (Bekanntmachung der Rechnungslegungsunterlagen) oder durch Hinterlegung der Bilanz erfüllen. Zur Sicherung eines einheitlichen Verfahrens wird die elektronische Einreichung der Unterlagen beim Betreiber des Bundesanzeigers auch für die Hinterlegung vorgeschrieben. Im Fall der Hinterlegung können Dritte – wie in der Richtlinie vorgegeben – auf Antrag (kostenpflichtig) eine Kopie der Bilanz erhalten.

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erleichterung im Bereich der Rechnungslegung unverändert angenommen. Der Bundesrat hat keinen Einspruch eingelegt. Das Gesetz ist am 27.12.2012 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und tritt heute in Kraft.

 

Quelle: Bundesministerium der Justiz, 28.12.2012 Pressemitteilung: 28.12.2012