BFH-Urteil vom 27. November 2024 (X R 1/23), veröffentlicht am 06.02.2025
Die Wahl der richtigen Gewinnermittlungsart ist für Unternehmerinnen und Unternehmer ein bedeutender Schritt in der steuerlichen Gestaltung. Während der Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) der gesetzliche Regelfall ist, steht unter bestimmten Voraussetzungen die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) als Alternative zur Verfügung.
Doch was passiert, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern? Ist ein unterjähriger Wechsel der Gewinnermittlungsart zulässig? Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) klärt diese wichtige Frage.
🧾 Gewinnermittlungsarten: Ein Überblick
In Deutschland gibt es zwei Hauptmethoden zur Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns:
- Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung):
- Gesetzliche Regelform (§ 4 Abs. 1 EStG)
- Pflicht für Kaufleute und Unternehmen, die nach HGB buchführungspflichtig sind
- Ermittlung durch Gegenüberstellung von Betriebsvermögen am Jahresanfang und -ende
- Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR):
- Vereinfachte Methode (§ 4 Abs. 3 EStG)
- Möglich für Freiberufler sowie kleinere Gewerbetreibende, die nicht buchführungspflichtig sind
- Gewinnermittlung erfolgt durch den Unterschied zwischen Betriebseinnahmen und -ausgaben
⚖️ Wechsel der Gewinnermittlungsart – Was sagt das Gesetz?
Das Wahlrecht zur Gewinnermittlungsart wird mit der Erstellung des Jahresabschlusses ausgeübt. Ein Wechsel ist grundsätzlich nur zu Beginn eines Wirtschaftsjahres möglich.
Von dieser Regel gibt es jedoch Ausnahmen:
- Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse: Beispielsweise durch eine Umstrukturierung oder Betriebsumstellung.
- Vernünftige wirtschaftliche Gründe: Etwa bei einer Änderung der Geschäftstätigkeit oder einer Umstellung der Unternehmensorganisation.
🚫 BFH-Urteil vom 27.11.2024 (X R 1/23): Kein unterjähriger Wechsel zur „Glättung“ von Gewinnen
Mit seinem Urteil vom 27. November 2024 (Az. X R 1/23), veröffentlicht am 06. Februar 2025, stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar, dass nicht jeder wirtschaftliche Vorteil einen unterjährigen Wechsel rechtfertigt:
„Der Wunsch, eine Gewinnerhöhung nach einer Außenprüfung durch einen Wechsel der Gewinnermittlungsart zu ‚glätten‘, stellt keinen hinreichenden Grund für einen unterjährigen Wechsel dar.“
Kernaussage des Urteils:
- Kein Wechsel aus rein steuerlichen Motiven: Ein unterjähriger Wechsel, um die Steuerlast nachträglich zu mindern, ist unzulässig.
- Bindungswirkung: Nach der erstmaligen Wahl der Gewinnermittlungsart besteht eine gesetzliche Bindung, die nur durch objektiv nachvollziehbare wirtschaftliche Veränderungen aufgebrochen werden kann.
💡 Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
- Unternehmen sollten ihre Wahl der Gewinnermittlungsart sorgfältig prüfen und langfristig planen.
- Ein unterjähriger Wechsel ist nur bei nachweisbaren wirtschaftlichen Gründen möglich.
- Steuergestaltung im Nachhinein – z. B. nach einer Betriebsprüfung – wird durch dieses Urteil deutlich erschwert.
✅ Wann ist ein unterjähriger Wechsel möglich?
- Änderung der Unternehmensstruktur (z. B. Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH)
- Übergang zur Buchführungspflicht oder Wegfall der Buchführungspflicht
- Einstieg in neue Geschäftsfelder, die eine andere Gewinnermittlung sinnvoll machen
- Verkauf oder Aufgabe eines Betriebsteils, der die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändert
📌 Fazit:
Das aktuelle BFH-Urteil schafft Klarheit: Ein unterjähriger Wechsel der Gewinnermittlungsart ist nur bei nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen zulässig. Steuerliche Optimierungen, insbesondere nach einer Betriebsprüfung, reichen nicht aus.
Tipp: Besprechen Sie Ihre Gewinnermittlungsstrategie frühzeitig mit Ihrer Steuerberatung. Eine vorausschauende Planung schützt Sie vor Streitigkeiten mit dem Finanzamt und sorgt für Rechtssicherheit.