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Mietaufwendungen für eine selbstgenutzte Wohnung; gemischte Veranlassung

 Leitsatz

Unter das von der Rechtsprechung entwickelte Gebot der Aufteilung gemischt veranlasster (privater / der Einkünfteerzielung dienender) Aufwendungen könnten grundsätzlich auch Mietaufwendungen für eine selbstgenutzte Wohnung fallen, die im Veranlassungszusammenhang mit Einkünften aus VuV für die bisher bewohnte eigene Wohnung stehen. Einer – teilweisen – Berücksichtigung der Mietaufwendungen als Werbungskosten steht jedoch entgegen, dass derartige Aufwendungen bereits nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips durch die Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum (Grundfreibetrag) von der Einkommensteuer freigestellt werden, so dass, um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden, der Anwendungsbereich des § 9 EStG nicht eröffnet ist.

 Gesetze

§ 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1
EStG

 Instanzenzug

BFH 21.08.2013 – IX R 24/13

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der – im Oktober 2007 verstorbenen – Ehefrau des Klägers.

Die Ehefrau des Klägers war Alleineigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in A. Das Haus wies zwei Wohnungen auf. In der Erdgeschosswohnung ging der Kläger einer freiberuflichen Tätigkeit nach. Die obere Wohnung wurde von der Familie des Klägers bewohnt. Nachdem die beiden Kinder aus dem Haus ausgezogen waren und da die … Straße sehr stark befahren und dementsprechend laut war, entschlossen sich die Eheleute „ins Grüne” zu ziehen. Sie mieteten deshalb ein Haus in B zu einer Kaltmiete von 3.000,- DM monatlich und zogen zum 01. Dezember 1999 dorthin um. Gleichzeitig entstand bei den Eheleuten bzw. der Ehefrau des Klägers als Alleineigentümerin die Absicht, die nun frei werdende bzw. bereits gewordene obere Wohnung in A zu vermieten. Dies erfolgte ab dem 01. Februar 2002. Gemietet wurde die obere Wohnung von dem gleichen Mieter, der die nach Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit frei gewordene Wohnung im Erdgeschoss des Hauses mietete.

Im Streitjahr 2004 erklärte die Ehefrau des Klägers in der gemeinsamen Einkommensteuer-Erklärung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Einnahmen aus der Vermietung des Hauses A in Höhe von rund 18.600,- € (Mieten und Nebenkosten). Die Ausgaben in Höhe von rund 24.600,- € enthielten unter anderem eine Position „negative Eigenmiete” in Höhe von 9.000,- €. Insgesamt ergab sich hieraus ein Verlust in Höhe von rund 6.000, – €. Das Finanzamt veranlagte insoweit erklärungsgemäß. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der gemeinsamen Steuererklärung für das Streitjahr 2005 machte die Ehefrau des Klägers ebenfalls 9.000,- € negative Eigenmiete als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung des Objektes in A geltend. Bei der Veranlagung versagte der Beklagte die Anerkennung der Position „negative Eigenmiete” und setzte mit Bescheid vom 12. Juli 2007 die Einkommensteuer für das Jahr 2005 gegenüber den Eheleuten mit … € fest. Zur Begründung führte der Beklagte in den Erläuterungen des Bescheides hierzu aus, dass es sich bei der angesetzten „negativen Eigenmiete” eindeutig nicht um Werbungskosten handele. Auf den Inhalt des Bescheides, der ebenfalls gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, wird ergänzend Bezug genommen. Gleichzeitig änderte der Beklagte den zuvor schon einmal geänderten Einkommensteuerbescheid für das vorangegangene Jahr 2004 gemäß § 164 Abs. 2 AO entsprechend und setzte die Einkommensteuer gegenüber den Eheleuten mit Bescheid vom 12. Juli 2007 auf … € fest. Der Bescheid enthält hinsichtlich der nicht mehr anerkannten Position „negative Eigenmiete” einen dem Jahr 2005 entsprechenden Hinweis in den Erläuterungen. Auf den Inhalt des Bescheides im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen.

Gegen diese beiden Bescheide vom 12. Juli 2007 legte der Kläger namens und im Auftrag seiner Ehefrau für diese fristgemäß Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass der Ansatz der negativen Eigenmiete den das Einkommensteuerrecht prägenden Gedanken der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (objektives Nettoprinzip) berücksichtige. Danach seien alle Ausgaben von den Einnahmen abzuziehen, die bei Erzielung dieser Einnahmen entstanden seien. Solange das Haus in A zum Teil selbst genutzt und zum Teil vermietet gewesen sei, sei die Leistungsfähigkeit als Basis der Steuerberechnung durch die Höhe der Einkünfte aus der Vermietung definiert gewesen. Durch die Vermietung des bisher selbst genutzten Teils des Hauses und gleichzeitige Anmietung eines Einfamilienhauses sei die Leistungsfähigkeit unverändert geblieben, denn in Höhe der Mieteinkünfte fließe nunmehr gleichzeitig die hierfür gezahlte Miete ab. Bei bloßem Ansatz der „erhöhten” Mieteinkünfte ohne Abzug der negativen Eigenmiete würde so getan, als wäre die Leistungsfähigkeit erhöht, was gerade nicht der Fall sei. Daher sei der Ansatz von Werbungskosten erforderlich, um diesen Irrtum zu beseitigen. Schließlich seien die Aufwendungen für das gemietete Wohnhaus auch erforderlich, um mit der Vermietung des Hauses A (höhere) Einkünfte erzielen zu können.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Juni 2009 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Der Bescheid erging an den Kläger als Rechtsnachfolger der inzwischen verstorbenen Ehefrau. Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung wird ergänzend Bezug genommen.

Hiergegen erhob der Kläger als Alleinerbe seiner Ehefrau Klage. Er trägt im Wesentlichen Folgendes vor:

In der Nichtanerkennung der „negativen Eigenmiete” in Höhe von jeweils 9.000,- € je Veranlagungsjahr läge ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Durch den Umzug von A nach B bei gleichzeitiger Vermietung der bisherigen Wohnung sei die finanzielle Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen nicht gestiegen: Denn die zusätzlich vereinnahmte Miete werde sogleich als Miete für das gemietete Wohnhaus wieder ausgegeben. Gleichzeitig sei die Einkommensteuer aufgrund der hinzugekommenen Einkünfte aus der Vermietung der oberen Wohnung in A erhöht worden; durch die Erklärung der negativen Eigenmiete als Werbungskosten in der Einkommensteuererklärung werde dieser Fehler dem Grunde nach neutralisiert.

Der Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit werde aus dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes hergeleitet. Der Kläger bezieht sich hierbei auf die Begründung des Bundesverfassungsgerichts in dessen Entscheidung vom 09. Dezember 2008 zur Pendlerpauschale, aus der er umfangreich zitiert.

Hinzu komme, dass sich die Rechtslage während der Dauer des Rechtsstreits entscheidend geändert habe. Im Jahr 2009 habe der BFH weitere grundlegende Entscheidungen getroffen, mit denen er seine bisherige ständige Rechtsprechung nicht nur leicht modifiziert, sondern ausdrücklich aufgegeben und geändert habe. In den Urteilen vom 05. März 2009 (VI R 23/07 und VI R 58/06) habe der BFH nämlich selbst für den Fall, dass jemand aus privaten Gründen seinen Wohnsitz vom Arbeitsort wegverlegt, für Recht erkannt, dass die Kosten dieser bisherigen Privatwohnung steuerlich als Werbungskosten anerkannt werden, wenn er weiterhin von dieser Wohnung aus seinem Beruf nachgehe. Bis zu diesen beiden Urteilen sei es undenkbar gewesen, dass die Hemmschwelle des Abzugsverbots privater Lebenshaltungskosten hätte überwunden werden können. Es sei nicht zu verkennen, dass der BFH in einer rechtlichen zulässigen und nicht zu beanstandenden Weise dem Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse Rechnung trage und damit insbesondere die aus beruflichen Gründen notwendige Mobilität steuerlich berücksichtige, indem er dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit in Form des objektiven Nettoprinzips Geltung verschaffe.

Schließlich habe der Große Senat des BFH am 21. September 2009 in seinem Beschluss zur Abzugsfähigkeit privat/beruflich verursachter Reisekosten das bis dahin eiserne Aufteilungsverbot von vermischten Kosten aufgegeben und stattdessen ein Aufteilungsgebot aus derselben Vorschrift gelesen. Dies eröffne die steuerliche Anerkennung der beruflichen Teile von vermischten Kosten, was durch das bisherige Dogma des Aufteilungsverbots unmöglich gewesen sei.

In allen Entscheidungen gehe es um die Problematik vermischter privater/beruflicher Aufwendungen und deren steuerlicher Abzugsfähigkeit. Die bisher strikte Ablehnung jeglicher Flexibilität bei vermischten privaten/beruflichen Aufwendungen wandle sich dadurch zu einer größeren Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls. Die Rechtsprechung habe damit geradezu einen Paradigmenwechsel vollzogen. Dies erfordere und erlaube ein Überdenken des bisherigen Verwaltungshandelns und der Rechtsprechung für diesen Bereich.

In diesem Zusammenhang füge sich zwangslos das vorliegende Klagebegehren. Es beschreite den vorgezeichneten Weg. Für einen Teil der Miete eines privat genutzten Wohnhauses (die „negative Eigenmiete”) werde der steuerliche Abzug als Werbungskosten begehrt. Denn nur so lasse sich das objektive Nettoprinzip verwirklichen.

Für die Frage, ob die negative Eigenmiete Werbungskosten für die Einkünfte aus Vermietung des Hausgrundstücks A sein könne, komme es vorwiegend auf den objektiven Zusammenhang zwischen Aufwand und der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit an, „während die subjektive Absicht kein notwendiges Merkmal des Werbungskosten-Begriffs ist” (Hinweis auf Loschelder in Schmidt, EStG , § 9 Rz. 7). Unstreitig sei der Auszug aus der Wohnung nicht allein erfolgt, um daraus Mieterträge zu erzielen. Das Ineinandergreifen der – für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden – beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (beruflich/private Doppelmotivation) schließe als solche jedoch grundsätzlich den Abzug von gemischt verursachten Aufwendungen als Werbungskosten nicht (mehr) aus (Hinweis auf die bereits benannten BFH-Urteile vom 05. März 2009 zur doppelten Haushaltsführung).

Vorliegend bestehe ein derart enger tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem Aufwand für eine eigene Mietwohnung und dem Mietertrag aus der Eigentumswohnung. Denn man könne sich den Mietertrag daraus nicht vorstellen, ohne zugleich deren Eigennutzung aufgegeben zu haben, indem eine andere Wohnung bezogen worden sei. Das Finanzamt weise zwar auf den fehlenden zeitlichen Zusammenhang zwischen Auszug und Vermietungsertrag hin. Es schließe daraus auf einen fehlenden Veranlassungszusammenhang. Dabei verkenne es aber die rechtliche Bedeutung des objektiven Zusammenhangs. Im Übrigen habe das aus zwei zusammenhängenden (Eigentums-)Wohnungen bestehende Haus seit dem Auszug zur Vermietung frei gestanden. Allerdings habe sich die Vermietung wegen der baulichen Eigenheit als schwierig dargestellt. Schließlich sei die Vermietung beider Wohnungen auch durch einen einheitlichen und gesonderten Vertrag für beide Wohnungen erfolgt. Hierauf könne es für die vorliegende Rechtsfrage jedoch nicht ankommen.

Das Finanzamt habe in der Klagerwiderung ferner den Abzug der negativen Eigenmiete als Werbungskosten auch unter Hinweis auf § 12 Nr. 1 EStG verweigert. Seit dem Beschluss des BFH vom 21. September 2009 (GrS 1/06), den das Finanzamt noch nicht habe berücksichtigen können, werde das bisherige Aufteilungsverbot dieser Vorschrift bei gemischt verursachten Aufwendungen jetzt als Aufteilungsgebot verstanden (Hinweis auf die – im Einzelnen zitierten – Tz. 93 und 94 des genannten BFH-Beschlusses).

Das Finanzamt verwende die Begrifflichkeit „Veranlassungszusammenhang” oder „Veranlassung” irrig im Sinne einer natürlichen Sprachauffassung. Nach Meinung des Finanzamts sei eine Veranlassung nur als ursprünglicher Impuls für eine Handlung zu verstehen.

Diese Auffassung berühre die innere Tatseite. Dies sei jedoch im Allgemeinen nur schwer feststellbar. Auch verkenne das Finanzamt den objektiv wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Erträgen und Aufwendungen als tragenden Gesichtspunkt. Im Übrigen würde auch entgegen der Auffassung des Finanzamts, das einen direkten Veranlassungszusammenhang verneine, ein mittelbarer Zusammenhang genügen (Hinweis auf Loschelder in Schmidt, EStG , § 9 Rz. 8). Wie in den neueren Entscheidungen des BFH vom 05. März 2009 zur doppelten Haushaltsführung im Wegzugsfall dargestellt, komme es auf die private (Mit-)Motivation überhaupt nicht (mehr) an.

Das Finanzamt leugne auch die Verletzung des Gleichheitssatzes. Dabei verwende das Finanzamt ein Vergleichspaar aus ganz anders gearteten Sachverhalten. Dies solle das folgende Beispiel verdeutlichen:

Zwei Angestellte/zwei Beamte, die jeweils im selbstgenutzten Eigenheim wohnen, werden von ihrem Unternehmen/von ihrem Dienstherrn für einen von vornherein befristeten Zeitraum an einen anderen Dienstort vergleichbarer Größe abgeordnet, der wegen der Entfernung einen Umzug (mit ihrer Familie) erfordere. Sie wüssten, dass sie nach diesem Zeitraum wieder an ihren bisherigen Dienstort zurückkehren werden. Der eine verkaufe sein bisher selbstgenutztes Eigenheim und erwerbe am neuen Dienstort ein neues Eigenheim, das er (mit seiner Familie) beziehe. Wirtschaftlich und ertragsteuerlich habe sich für ihn nichts geändert.

Der andere vermiete sein bisher selbstgenutztes Eigenheim und miete am neuen Dienstort (für sich und seine Familie) ein Einfamilienhaus, für das er Miete in der Höhe bezahle, die er selbst aus der Vermietung erziele. Wirtschaftlich hat sich auch für ihn nichts geändert. Ertragsteuerlich müsse er nach Auffassung des Finanzamts jedoch die Einkünfte aus der Vermietung des bisher selbstgenutzten Hauses zusätzlich versteuern, weil seine eigenen Mietkosten als „privat veranlasst” steuerlich neutral seien.

Maßstab dafür, Aufwendungen als (steuerlich neutrale) Lebenshaltungskosten zu qualifizieren, sei die freie Verwendbarkeit der hierfür aufgewandten Mittel. Eine freie Verwendbarkeit lasse sich aber im vorgetragenen Sachverhalt gerade nicht feststellen. Denn die Mieterträge aus dem bisher selbstgenutzten Familienheim stünden nur theoretisch zur freien Verfügung. Denn unter Berücksichtigung der Lebenswirklichkeit müssten sie für die Neumiete verwandt werden. Die Versteuerung der Mieterträge aus dem bisher selbstgenutzten Familienheim lasse sich mit dem objektiven Nettoprinzip folglich nicht vereinbaren und stelle einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot dar (Hinweis auf den BFH-Beschluss zum Reisekostenrecht vom 21. September 2009 GrS 1/06; Tz. 109, 110 und 115).

Das Finanzamt begründe schließlich seine ablehnende Auffassung auch damit, dass das System von Grundfreibetrag und Familienleistungsausgleich die Kosten für das private Wohnen ausreichend berücksichtigten. Daher kämen die Kosten des Wohnens im gemieteten Haus auf keinen Fall als Werbungskosten in Betracht. Denn diese Kosten seien steuerlich im Existenzminimum enthalten. Demgegenüber wünsche er, der Kläger, aber gar nicht den Abzug der Kosten des Wohnens im gemieteten Haus als Werbungskosten, sondern nur den Abzug des durch die Einkünfteerzielungsabsicht veranlassten Anteils. Mit seiner Argumentation folge das Finanzamt demgegenüber noch der traditionellen, ständigen Rechtsprechung, die bis zum Beschluss des Großen Senats vom 21. September 2009 galt. Hiervon habe sich der Große Senat jedoch ausdrücklich distanziert (Hinweis auf Tz. 114 und 116 des BFH-Beschlusses vom 21. September 2009 ). Dessen Ausführungen zu § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG entsprächen in ihrer inneren Logik auch dem Gedanken, die der Abziehbarkeit der Kosten für die berufsbedingte doppelte Haushaltsführung zugrunde lägen. Bei folgerichtiger Anwendung träfen diese Überlegungen auch auf den vorliegenden Sachverhalt zu. Denn in beiden Fällen handele es sich um Wohnen, das grundsätzlich zunächst einmal privat und damit steuerlich neutral sei. Hier wäre nach der früheren ständigen Rechtsprechung eine steuerliche Berücksichtigung grundsätzlich nicht möglich gewesen. Daher habe das Gesetz den Werbungskostenabzug der Kosten für die berufsbedingte doppelte Haushaltsführung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Ziff. 5 EStG ausdrücklich festgelegt. Die Kosten der doppelten Haushaltsführung (und der negativen Eigenmiete) würden auf einer beruflich/privaten Doppelmotivation beruhen. Bei beiden Fallgruppen bestünde allerdings ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem Aufwand für die doppelte Haushaltsführung und die Berufsausübung bzw. Mietaufwand und Mietertrag (berufliche Veranlassung). Nach dem bis zum 21. September 2009 geltenden Grundsatz des Aufteilungsverbots des § 12 EStG wäre ein entsprechender Aufwand ohne die gesetzliche Regelung steuerlich nicht abzugsfähig. Diese enge Auffassung habe nach Erkenntnis des Großen Senats ihre Bedeutung verloren. Der Grundsatz der Folgerichtigkeit verlange nach einer steuerlichen Gleichbehandlung beider Sachverhalte. Solange das Gesetz dies nicht positiv regele, was nach seiner Ansicht entbehrlich sei, sei die Rechtsprechung aufgerufen, der vorgetragenen Auslegung des Begriffs „Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen” Geltung zu verschaffen.

Es bestünden danach keine durchgreifenden Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Anteil der Aufwendungen für Wohnen im gemieteten Haus, die „negative Eigenmiete”, durch die Einkünfteerzielungsabsicht veranlasst sei. Soweit dessen Quantifizierbarkeit Schwierigkeiten verursache, sei dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände zu schätzen (§ 162 AO , § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ). In seinem Urteil zur doppelten Haushaltsführung habe der BFH einen zwar praktikablen, dogmatisch aber schwer begründbaren Aufteilungsmaßstab vorgegeben. Danach seien Unterkunftskosten am Beschäftigungsort nur insoweit notwendig im Sinne des Gesetzes, wie sie den durchschnittlichen Mietzins einer 60 m-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschritten. Hieran orientiere sich sein Vorschlag.

Mit der Klage werde lediglich begehrt, steuerlich so gestellt zu werden, dass Einkünfte aus der Vermietung der früher selbstgenutzten Wohnung steuerlich neutralisiert würden. Das Klageziel werde pragmatisch also dadurch erreicht, dass die Schätzung der Höhe der negativen Eigenmiete den Betrag der Einkünfte aus der Vermietung dieser Wohnung ausmache.

Der Kläger beantragt,

den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2004 und den Einkommensteuerbescheid für 2005, jeweils vom 12. Juli 2007, letztgenannter in Gestalt des Änderungsbescheides vom 24. November 2008 und die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 12. Juni 2009 zu ändern und die Einkommensteuer jeweils unter Berücksichtigung einer negativen Eigenmiete bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Objekts in A nach Rechtsauffassung des Gerichts jeweils niedriger festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es tritt dem Vorbringen des Klägers mit Rechtsausführungen entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der beigezogenen Akten ergänzend Bezug genommen.

 Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Die angegriffenen Einkommensteuerbescheide für 2004, zuletzt geändert am 12. 7. 2007, und für 2005, zuletzt geändert am 24. 11. 2008, sowie die dazu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 12. 6. 2009 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO ). Das Finanzamt hat zu Recht die geltend gemachte Position „negative Eigenmiete” nicht als Werbungskosten bei den Einkünften der verstorbenen Ehefrau des Klägers aus Vermietung des Hauses in A steuerlich berücksichtigt.

Weder das objektive Nettoprinzip, noch das „Gebot” der Aufteilung gemischt (beruflich/privat) veranlasster Aufwendungen rechtfertigen die begehrte steuerliche Anerkennung der in Ansatz gebrachten „negativen Eigenmiete”.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG ) verfassungsrechtliche Einschränkungen bei der Bestimmung der Besteuerungstatbestände des Einkommensteuerrechts, die der Gesetzgeber zu beachten hat. Dazu zählen vor allem das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das eng damit verbundene Gebot der Folgerichtigkeit (BVerfG-Beschluss vom 4.12.2002 2 BvR 400/98 u. a., BVerfGE 107, 27 , BStBl II 2003, 534).

Im Interesse der verfassungsrechtlich gebotenen Lastengleichheit (vgl. Urteile des BVerfG vom 27. 6. 1991 2 BvR 1493/89 , BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654; vom 7. 12. 1999 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297 , BStBl II 2000, 162) hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, im Einkommensteuerrecht die objektive finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den (beruflichen) Erwerbsaufwendungen andererseits zu bemessen (objektives Nettoprinzip; vgl. Beschluss des BVerfG vom 11. 11. 1998 2 BvL 10/95 , BVerfGE 99, 280, BStBl II 1999, 502; BFH-Urteile vom 11.5.2005 VI R 7/02 , BFHE 209, 502 , BStBl II 2005, 782; vom 4. 12. 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156 , BStBl II 2003, 403).

Das objektive Nettoprinzip wird durch das Gebot der Folgerichtigkeit im Einkommensteuerrecht geprägt. Zu den gesetzgeberischen Grundentscheidungen, die im gesamten Einkommensteuerrecht folgerichtig umgesetzt werden müssen, gehört die Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als Ausgangstatbestand der Einkommensteuer. Hat der Gesetzgeber, wie im Einkommensteuerrecht, den Steuergegenstand ausgewählt und in einer Bemessungsgrundlage definiert, so muss er die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzen (BFH-Beschluss vom 10. 1. 2008 VI R 17/07 , BFHE 219, 358 ; BStBl II 2008, 234).

Das objektive Nettoprinzip wird durch das Veranlassungsprinzip konkretisiert (Lang, StuW 2007, 3). § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG definiert Werbungskosten zwar als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Die Rechtsprechung hat den Werbungskostenbegriff allerdings dem Begriff der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG angeglichen. Werbungskosten liegen danach vor, wenn sie durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden (BFH-Entscheidungen vom 20. 7. 2006 VI R 94/01, BFHE 214, 354 , BStBl II 2007, 121; vom 4. 12. 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156 , BStBl II 2003, 403; vom 28. 11. 1980 VI R 193/77, BFHE 132, 431 , BStBl II 1981, 368; vom 20. 11. 1979 VI R 25/78, BFHE 129, 149 , BStBl II 1980, 75; vom 28. 11. 1977 GrS 2-3/77, BFHE 124, 43 , BStBl II 1978, 105; vom 27. 11. 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533 , BStBl II 1979, 213; vgl. auch von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG , § 9 Rz. B 152 ff.; Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG /KStG, § 9 EStG, Rz. 115 ff.; Loschelder in Schmidt, EStG , 32. Aufl., § 9 Rz. 7 ff.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die Aufwendungen notwendig, üblich oder zweckmäßig sind (BFH-Urteil vom 12. 1. 1990 VI R 29/86 , BFHE 159, 341 , BStBl II 1990, 423; Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG /KStG, § 9 EStG Rz. 201).

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers hat sich diese Rechtsprechung auch nicht dahin fortentwickelt, dass es zur Erfüllung des objektiven Nettoprinzips grundsätzlich nicht (mehr) auf die subjektive Absicht („zur Förderung der steuerlich relevanten Tätigkeit”) ankommen würde. Soweit der Kläger Loschelder in Schmidt (EStG , 32. Aufl., § 9 Rz. 7) zitiert, wonach der objektive Zusammenhang stets zwingend vorliegen müsse, während die subjektive Absicht kein notwendiges Merkmal des Werbungskosten-Begriffs sei, übersieht er, dass eine Reduzierung des Veranlassungszusammenhangs auf die objektive Seite lediglich für derartige Fälle erfolgt, in denen beispielsweise wie bei „unfreiwilligen Ausgaben oder Zwangsaufwendungen” der subjektive Veranlassungszusammenhang nicht vorliegen kann. So hat der BFH u. a. entschieden, dass Verzugs- oder Prozesszinsen aus ertragsteuerlicher Sicht keinen Schadensersatz für die Verletzung privater Güter darstellen, sondern Entgelt für die unfreiwillige Vorenthaltung des dem Steuerpflichtigen zustehenden Kapitals sind. Die von dem Steuerpflichtigen aufgrund des unfreiwillig vorenthaltenen Kapitals selbst aufgewendeten Zinsen sind bei den Einnahmen aus dieser „Kapitalnutzung” als Werbungskosten abzuziehen (vgl. BFH-Urteil vom 24. 5. 2001 VIII R 3/09 , BFHE 235, 197 , BStBl II 2012, 254, m. w. N.). In derartigen Fällen erfordert die Abzugsfähigkeit keine besondere subjektive Bestimmung der Schuldzinsen für Zwecke der Erzielung von Verzugszinsen. Bei einer erzwungenen Kapitalüberlassung kommt es hinsichtlich der deswegen an den Überlassenden gezahlten Zinsen nur auf den objektiven Tatbestand einer Steigerung der Leistungsfähigkeit an.

Eine vergleichbare, die (Miet-)Aufwendungen unfreiwillig bzw. zwangsweise auslösende Situation ist vorliegend erkennbar nicht gegeben. Die – später vermietete – Wohnung in A wurde den Eheleuten nicht „unfreiwillig vorenthalten”, so dass sie gezwungen gewesen wären, eine andere Wohnung zu mieten. Vielmehr sind sie „freiwillig” aus dem der Ehefrau des Klägers gehörenden Objekt in A ausgezogen.

Sofern den Ausführungen des Klägers ferner zu entnehmen sein sollte, dass aus seiner Sicht sich auch aus den Urteilen des BFH zur doppelten Haushaltsführung in sog. Wegverlegungsfällen (BFH-Urteile vom 5. 3. 2009 VI R 23/07 , BFHE 224, 420 , BStBl II 2009, 1016 und VI R 58/06, BFHE 224, 413 , BStBl II 2009, 1012) die Aufgabe des subjektiven Veranlassungszusammenhangs ergeben würde, vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Denn der BFH ist in den Entscheidungen gerade dazu gekommen, dass die Begründung einer doppelten Haushaltsführung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG einen sowohl objektiv als auch subjektiv ausschließlich beruflichen Veranlassungszusammenhang aufweise – und zwar unabhängig davon, ob der zweite Haushalt am Beschäftigungsort neu begründet wurde oder durch privat motivierte Wegverlegung des eigenen Haupthaushalts, wenn aus beruflicher Veranlassung in einer Wohnung am Beschäftigungsort ein zweiter (doppelter) Haushalt zum Hausstand des Steuerpflichtigen hinzutrete. Das ist der Fall, wenn ihn der Steuerpflichtige nutzt, um seinen Arbeitsplatz von dort aus erreichen zu können. Entscheidend ist, ob die Errichtung des Zweithaushalts am Beschäftigungsort konkreten beruflichen Zwecken dient. Dann sind dieser zweite Haushalt am Beschäftigungsort und damit auch die doppelte Haushaltsführung ausschließlich beruflich veranlasst. Die private Wahl des Haupthausstandes macht aus der beruflich veranlassten Errichtung des Zweithaushalts am Beschäftigungsort und damit aus der aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung keine privat veranlasste. Die privat motivierte Wahl des Ortes des Haupthausstandes ist einkommensteuerrechtlich unerheblich. Die Frage des subjektiven Veranlassungszusammenhangs der beruflich begründeten Zweitwohnung ist eine andere als die Frage der aus privaten Gründen veranlassten Lage des Haupthausstandes. Letztere spielt bei der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs keine Rolle.

Unter Berücksichtigung dieser (Rechtsprechungs-)Grundsätze erscheint es fraglich, ob die Klage vorliegend nicht bereits daran scheitert, dass die – teilweise – geltend gemachten Aufwendungen für die Anmietung der anderen, in B gelegenen Wohnung – von dem Kläger als „negative Eigenmiete” bezeichnet – subjektiv nicht zur Förderung der Erzielung steuerpflichtiger (Vermietungs-)Einnahmen getätigt worden sind. Denn der Kläger hat im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage gegenüber dem Berichterstatter dargetan, dass die Idee des Umzugs in eine andere Wohnung nach Auszug der Kinder aus der gemeinsamen Wohnung in A entstanden war, zumal die …Straße in A sehr befahren und dementsprechend laut war und er und seine Ehefrau den Wunsch hatten, ins Grüne zu ziehen. Im Zuge dessen bzw. des dann erfolgten Umzugs entstand nach Darstellung des Klägers auch die Überlegung, die Wohnung in A zu vermieten. Insofern sprechen gewichtige Gründe dafür, dass nicht die Absicht der Vermietung, sondern die private Entscheidung der räumlichen Veränderung Anlass und Hintergrund für den Umzug nach B waren, so dass der subjektive Veranlassungszusammenhang zu den Vermietungseinkünften zu verneinen wäre. Der erkennende Senat kann diese Frage jedoch dahingestellt sein lassen.

Denn auch dann, wenn das weitere Vorbringen des Klägers, wonach „der Auszug aus der Wohnung nicht allein erfolgt (sei), um daraus Mieterträge zu erzielen”, so zu verstehen ist, dass der privat motivierte Umzug „ins Grüne” und die Frage der Nutzung (Vermietung) der freiwerdenden bisherigen Wohnung derart eng miteinander verknüpft war, dass von einer doppelten Veranlassung (private/berufliche bzw. der Einnahmeerzielung dienende Veranlassung) auszugehen ist, hat die Klage keinen Erfolg. Zwar wäre dann der subjektive Veranlassungszusammenhang der Mietaufwendungen (auch) mit den Vermietungseinkünften gegeben. Auch würden nicht nur die reinen Umzugskosten, die bereits vor den Streitjahren angefallen sein dürften, die Voraussetzungen des objektiven Veranlassungszusammenhangs erfüllen (vgl. BFH-Urteil vom 17. 1. 1974 IV R 100/70 , BFHE 112, 3  120, BStBl II 1974, 449, wonach nur die Umzugskosten ausschließlich betrieblich veranlasst sein können), sondern auch – jedenfalls mittelbar und im Sinne eine conditio sine qua non sowie im Wege einer (gemischten) Mitveranlassung – die laufenden Mietaufwendungen für ein „Ersatzobjekt”. Denn der – wenn auch freiwillige – Verlust der Behausung führt zur Notwendigkeit der Beschaffung einer anderen Wohnstätte, da das Wohnen in einer Wohnung, worauf der Kläger zu Recht hinweist, in unserer Region als unabdingbar – im Sinne des auch einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Existenzminimums – anzusehen ist.

Dem Kläger ist auch zuzubilligen, dass aufgrund des Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21. 9. 2009 GrS 1/06 (BFHE 227 /1, BStBl II 2010, 672) die höchstrichterliche Rechtsprechung, der der erkennende Senat insoweit folgt, aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot von gemischt veranlassten Kosten (mehr) herleitet. Das Gebot der Steuergerechtigkeit (Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) vermag, so der Große Senat, ein generelles Aufteilungs- und Abzugsverbot, das auch einen zweifelsfrei nachgewiesenen beruflichen Kostenanteil nicht zum Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zulässt, nicht zu rechtfertigen; vielmehr gebietet das Leistungsfähigkeitsprinzip die Berücksichtigung des beruflichen Anteils durch Aufteilung, notfalls durch Schätzung.

Vorliegend kommt nach Auffassung des erkennenden Senats als Aufteilungsmaßstab im Schätzwege jedoch nur eine Berücksichtigung derjenigen Mietaufwendungen als beruflich bzw. durch die Einkünfteerzielung veranlasst in Betracht, die denjenigen des existenziellen (Wohn-)Bedarfs entsprechen. Dies folgt zum einen daraus, dass ein objektiver Aufteilungsmaßstab für das grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzurechnende Wohnen nicht vorhanden ist. Denn das individuelle Wohnbedürfnis der Steuerpflichtigen ist grundverschieden. Es betrifft nicht nur die Lage und den Zuschnitt der Wohnung, sondern reicht auch vom sehr einfachen bis zum exklusiven Wohnen. Zum anderen ist, wie bereits ausgeführt, der objektive Veranlassungszusammenhang zwischen den Mietaufwendungen für die neue Wohnung (in B) und den Einnahmen für die vermietete bisherige Wohnung (in A) nur deshalb gegeben, weil das existenziell notwendige Wohnen in einer dieses gewährleistenden Behausung (Wohnung) unabdingbar ist. Besteht aber die berufliche/der Einkünfteerzielung dienende (Mit-)Veranlassung nur insoweit, können auch die Aufwendungen nur insoweit bei der Aufteilung der gemischten Kosten Berücksichtigung finden. Dies entspricht letztlich dem, was der Kläger auch begehrt, nämlich die Berücksichtigung, d. h. den grundsätzlichen Abzug des durch die Einkünfteerzielungsabsicht veranlassten Anteils.

Derartige Aufwendungen sind aber, wenn sie, wie im vorliegenden Fall des unabdingbaren Wohnbedarfs, nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums (§ 32a Abs. 1 Nr. 1 , § 32 Abs. 6 EStG , Grund- bzw. (sächlicher) Kinderfreibetrag) pauschal erfasst werden (oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind), grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 EStG (Betriebsausgaben) und des § 9 EStG (Werbungskosten) entzogen, um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden (BFH-Beschluss vom 21. 9. 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1 , BStBl II 2010, 672).

Soweit der Kläger hinsichtlich des Aufteilungsmaßstabes demgegenüber auf die Rechtsprechung des BFH zur doppelten Haushaltsführung verweist, wonach der durchschnittliche Mietzins einer 60 m-Wohnung am Beschäftigungsort berücksichtigungsfähig ist, jedoch nicht überschritten werden darf, ist dies vorliegend nicht Ziel führend. Denn eine doppelte Haushaltsführung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist – wie bereits dargestellt – ausschließlich beruflich veranlasst. Eine Aufteilung gemischter Aufwendungen ist insoweit nicht erforderlich. Insoweit käme es grundsätzlich auch nicht darauf an, ob die Aufwendungen notwendig, üblich oder zweckmäßig sind. Demgegenüber hat der Gesetzgeber bei der doppelten Haushaltsführung jedoch nur die Möglichkeit eröffnet, die „notwendigen” Mehraufwendungen steuerlich geltend zu machen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG ). Diesen unbestimmten Rechtsbegriff hat der BFH mit der von dem Kläger angeführten und auf den vorliegenden Fall nicht übertragbaren Rechtsprechung ausgefüllt.

Ob und inwieweit über die steuerrechtliche Berücksichtigung des existenziellen (Wohn-)Bedarfs hinaus gleichwohl ein etwa gegebener beruflicher Mehraufwand zu berücksichtigen ist, bleibt danach in erster Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen (vgl. z. B. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG ; § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG : „typische Berufskleidung”; BFH-Beschluss vom 21. 9. 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1 , BStBl II 2010, 672). Gründe dafür, hiervon vorliegend abzuweichen, ergeben sich für den erkennenden Senat nicht.

Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass entgegen der Auffassung des Klägers ein Verstoß gegen das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit (Nettoprinzip) im Übrigen nicht feststellbar ist. Denn durch die Einkünfteerzielung aufgrund der Vermietung der bisher selbst bewohnten Wohnung in A ist die finanzielle Leistungsfähigkeit des Klägers bzw. seiner Ehefrau – bis auf die durch den Grundfreibetrag bereits steuerlich freigestellten Aufwendungen für den existenziell notwendigen Wohnbedarf – gesteigert. Dies folgt bereits daraus, dass entsprechend der erzielten Einkünfte mehr „flüssige” Geldbeträge zur Verfügung standen, die die Eheleute – nur beispielhaft – für die „im Grünen gelegene und ruhigere” Wohnung in B verwenden konnten. Die Befriedigung dieses individuellen Wohnbedürfnisses kann, entgegen der Auffassung des Klägers, nicht mit dem Bewohnen der eigenen Wohnung in A dergestalt gleichgesetzt werden, dass eine Steigerung der finanziellen Leistungsfähigkeit zu verneinen wäre. Vielmehr war es dem Kläger bzw. dessen Ehefrau bei ansonsten unveränderter Mittelverwendung nunmehr möglich, die positiven Mieteinkünfte beispielsweise für die Wohnung in B zu verwenden. Dies beinhaltet eine Einkommensverwendung, die auf einer gesteigerten Leistungsfähigkeit beruht.

Die Mittel stehen, entgegen der Auffassung des Klägers, auch nicht nur „theoretisch” zur freien Verfügung. Soweit die Anmietung einer anderen Wohnung nicht zwangsläufig ist, um den existenziell notwendigen Wohnbedarf befriedigen zu können, liegt ihr eine freie und beliebige Einkommensverwendung zu Grunde. Grundlage hierfür ist die aufgrund positiver Vermietungseinkünfte vergrößerte Leistungsfähigkeit.

Insofern lässt sich auch aus dem von dem Kläger angeführten Beispiel kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG ableiten. Denn weder die rechtliche, noch die wirtschaftliche Situation desjenigen, der sein bisheriges Haus verkauft und am neuen Arbeitsort ein anderes Haus zum Selbstbewohnen erwirbt ist vergleichbar mit der Situation desjenigen, der sein bisheriges Haus behält und vermietet und daneben am neuen Ort des Wirkens ein anderes Haus mietet. Die – im Rahmen des Art 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigende – wesentliche Ungleichheit liegt nicht nur darin begründet, dass im letztgenannten Fall neben dem – weiterhin bestehenden – Eigentum an dem bisherigen Haus ein weiteres gemietet wird, sondern auch in der Erzielung von (positiven) Einkünften aus der Vermietung. Dass diese (positiven) Einkünfte der Besteuerung unterliegen, ist Ausfluss des objektiven Nettoprinzips und damit gerade auch des Gleichheitssatzes, nach dessen Grundsätzen wesentlich Ungleiches steuerlich auch nicht gleich behandelt werden darf (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 21.6.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 , 180 ; vom 16.3.2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 , 279 ).

Dabei liegt hier die Ungleichheit letztlich in dem verfassungsrechtlich gebotenen Grundsatz, (lediglich) das Existenzminimum von der Einkommensbesteuerung freizustellen (subjektives Nettoprinzip). Die Entscheidung des Einzelnen, wie er demgegenüber sein privates Wohnen tatsächlich ausgestaltet, vermag zusätzliche Vermietungseinkünfte im vorliegenden Sinn steuerlich nicht zu neutralisieren. Denn anderenfalls würde die steuerliche Freistellung nur der unverzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung (Existenzminimum) unterlaufen und würden darüber hinausgehende Aufwendungen für das individuelle private Wohnen über den Umweg der Einkünfteminderung bzw. -neutralisation steuerliche Berücksichtigung finden, was gegen das objektive Nettoprinzip verstoßen würde. Dies folgt klarstellend auch (weiterhin) aus § 12 Abs. 1 EStG (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG , 32. Aufl., § 12 Rz. 1).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

  Fundstelle(n):
NWB DokID: KAAAE-40195

 

Umrechnungskurse September 2013 (BMF)

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse; Monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013

entsprechend BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2013 – IV D 3 – S 7329/13/10001 (2013/0903882) –

Gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 UStG wird die monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013 über die bekannt gegebenen Umsatzsteuer-Umrechnungskurse veröffentlicht.

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Zufluss von Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Arbeitslohn bei Aufhebung der Zusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer

Zufluss von Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Arbeitslohn bei Aufhebung der Zusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer

Kernproblem

Der Zufluss von Arbeitslohn wird bei einem Arbeitnehmer normalerweise durch Gutschrift auf einem Bankkonto oder Barauszahlung bewirkt. In Sonderfällen kann auch eine Gutschrift in den Büchern des Arbeitgebers einen Zufluss bewirken, wenn der Arbeitnehmer auf seinen Anspruch ohne weiteres Zutun seines im Übrigen leistungsbereiten und liquiden Arbeitgebers zurückgreifen kann. Besonderheiten gibt es bei Gesellschafter-Geschäftsführern: Hier kann eine Zuflussfiktion zum Tragen kommen, wenn es der Gesellschafter aufgrund seiner beherrschenden Stellung selbst in der Hand hat, die von der Gesellschaft geschuldeten Beträge an sich auszuzahlen. In der Praxis kommt es gerade bei familiengeführten Gesellschaften vor, dass zwar Sondervergütungen vereinbart sind, diese aber tatsächlich nicht ausbezahlt werden. In einem solchen Fall hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt eine Entscheidung gefällt.

Sachverhalt

Der Gesellschafter-Geschäftsführer und seine Ehefrau, die als kaufmännische Angestellte im Unternehmen tätig war, hielten zu jeweils 50 % die Gesellschaftsanteile einer GmbH. Im Jahr 1997 vereinbarten beide mit der GmbH die Gewährung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Obwohl die Gesellschaft über genug Liquidität verfügte, wurden Zahlungen aber nur für das Jahr 1997 geleistet, nicht aber für die Jahre 1998 bis 2002. Eine bilanzielle Passivierung der Schuld unterblieb. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung ging das Finanzamt für die Streitjahre 1999 bis 2002 von einem Zufluss bei Fälligkeit aus und änderte die Einkommensteuerbescheide der Eheleute. Hiergegen klagten diese erfolgreich beim Finanzgericht. Der BFH hat sich nach der Revision des Finanzamts zum Zufluss von Arbeitslohn und der Bewirkung einer verdeckten Einlage geäußert.

Entscheidung

Der BFH verneinte den Zufluss der Vergütungen. Dagegen sprach zum einen, dass die von der Rechtsprechung geprägten Grundsätze zur Zuflussfiktion grundsätzlich nur bei beherrschenden Gesellschaftsverhältnissen anzuwenden sind. Hält ein Gesellschafter nicht mehr als 50 % der Anteile, kann eine Beherrschung nur dann unterstellt werden, wenn er mit anderen Gesellschaftern zusammenwirkt, die gleichgerichtete finanzielle Interessen verfolgen und mit denen er eine entsprechende Willensbildung in der GmbH herbeiführen kann. Allein der Umstand, dass die Gesellschafter Eheleute sind, kann eine solche Vermutung aber nicht begründen. Zudem unterstellt der Senat, dass der arbeitsvertraglich eingeräumte Anspruch konkludent aufgehoben ist; denn indem die Eheleute trotz der mehrjährigen Nichtauszahlung widerspruchslos ihre Tätigkeit fortsetzen, hätten diese ein Angebot auf Änderung des Vertrags angenommen. Mangels Fälligkeit konnte damit auch keine Zufluss begründende verdeckte Einlage bewirkt werden.

Konsequenz

Trotz der erfreulichen Entscheidung des BFH sollte ein Verzicht vor Fälligkeit schriftlich dokumentiert werden.

Kein Anspruch auf bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft

Kein Anspruch auf bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft

Kernaussage

Dem Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist genüge getan, wenn das Finanzamt im Rahmen der verbindlichen Auskunft mitteilt, dass es auf den zutreffend erfassten Sachverhalt das einschlägige Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) anwenden werde.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Investment-AG. Die AG begehrte im Jahr 2009 beim Finanzamt eine verbindliche Auskunft. Zur Begründung führte sie aus, dass die steuerliche Behandlung von Aktienrücknahmen unklar sei, zur der sie nach dem Investmentgesetz (InvG) verpflichtet ist. Konkret ging es um die Frage, ob Anteile an der AG als Anteile i. S. d. § 18 Abs. 2a Satz 2 Investmentgesetz anzusehen seien, obwohl keiner der beiden abschließend formulierten gesetzlichen Alternativtatbestände (statuarisches Erfordernis einer Mindestanlagesumme oder besondere Sachkunde) bei der AG vorliege. Das Finanzamt teilte der AG mit, dass der Sachverhalt vom BMF-Schreiben zur Gesetzesauslegung des § 18 InvG umfasst sei. Insofern wurde keine verbindliche Auskunft mit dem begehrten Inhalt erteilt. Hierauf klagte die AG.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab, ließ aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zu. Zur Begründung der Klageabweisung führte das Finanzgericht aus, dass die AG weder Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft mit einem bestimmten Inhalt noch Anspruch auf Neubescheidung durch das Finanzamt hat. Gegen eine hier vorliegende Negativauskunft kann die AG Verpflichtungsklage beim Finanzgericht erheben. Das Finanzgericht prüft bei der Erteilung einer verbindlichen Auskunft durch das Finanzamt nur, ob ermessensfehlerhaft gehandelt wurde. Dies bedeutet, dass hier nur evidente Rechtsverletzungen einen gerichtlichen Erfolg begründen können. Vorliegend war das nicht der Fall. Das Finanzamt hat mitgeteilt, dass es ein BMF-Schreiben für einschlägig hält und auch danach verfahren wird, da es an ein solches gebunden ist.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, dass durch eine verbindliche Auskunft nur herausgefunden werden kann, wie wohl ein Sachverhalt durch das Finanzamt beurteilt wird. Es kann jedoch nicht erzwungen werden, dass die verbindliche Auskunft einen bestimmten Inhalt hat. Dies war hier insofern interessant, da gewichtige Punkte gegen die Rechtmäßigkeit der konkreten Aussage in dem BMF-Schreiben sprachen.

Rechnungsabgrenzungsposten für Handy-Subventionen

Rechnungsabgrenzungsposten für Handy-Subventionen

Kernfrage

Wer einen neuen Mobilfunk-Dienstleistungsvertrag mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten abschließt, kann von seinem Anbieter ein Mobiltelefon, Smartphone, Tablet o. ä. zu einem deutlich reduzierten Preis erwerben. Beim Anbieter führt die Subventionierung des Gerätverkaufs regelmäßig zu einem Verlust, da der Verkaufserlös unter den Anschaffungskosten liegt. Bilanziell stellt sich dabei die Frage, ob dieser Verlust im Zeitpunkt des Verkaufs realisiert wird oder über die Laufzeit des Dienstleistungsvertrags zu verteilen ist.

Sachverhalt

Die Beteiligten stritten darüber, ob für Betriebsvermögensminderungen aus der verbilligten Abgabe von Mobiltelefonen ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) anzusetzen war. Klägerin ist eine GmbH, deren Gegenstand die Konstruktion, die Herstellung und der Betrieb eines privaten, mobilen Zellularfunknetzes ist. Im Streitjahr (1996) bot sie ihren Kunden den verbilligten Erwerb eines Mobiltelefons für den Fall an, dass diese einen Mobilfunkdienstleistungsvertrag (MFD-Vertrag) mit einer Laufzeit von mindestens 24 Monaten abschlossen oder einen bestehenden Vertrag entsprechend verlängerten. Das beklagte Finanzamt war der Auffassung, zwischen den MFD-Verträgen und den Kaufverträgen über die Mobiltelefone bestehe eine wirtschaftlich enge Verknüpfung i. S. von Vertragsbündelungen. Die durch die verbilligte Abgabe entstandene Betriebsvermögensminderung sei daher im Rahmen eines aktiven RAP periodengerecht über die Laufzeit des MFD-Vertrags abzugrenzen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und festgestellt, dass ein Mobilfunkunternehmen für die verbilligte Abgabe von Mobiltelefonen bei gleichzeitigem Abschluss von Dienstleistungsverträgen einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden hat. Die BFH-Richter plädieren dabei für eine weite Auslegung der Begriffsdefinition: So erfüllte auch die Vermögensminderung durch geldwerte Sachleistung (verbilligte Abgabe des Geräts) das Kriterium einer „Ausgabe“ vor dem Bilanzstichtag. Durch die Verknüpfung mit dem 24-monatigen Dienstleistungsvertrag sei außerdem das Kriterium der „bestimmten Zeit“ erfüllt.

Konsequenz

Der BFH betrachtet die beiden – formal voneinander getrennten – Verträge (Kaufvertrag, Dienstleistungsvertrag) als wirtschaftliche Einheit und gelangt auf diese Weise zu einem nachvollziehbaren und sachgerechten Ergebnis. In der Praxis dürften jedoch auch Fälle zu beobachten sein, in denen Unternehmen Geräte in der Erwartung, zukünftig Zubehör hierfür verkaufen zu können, verbilligt abgeben, ohne dass der Kunde bereits eine vertragliche Abnahmeverpflichtung eingegangen wäre. In diesem Fall dürfte die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens ausscheiden.

Dokumentationspflicht für Verrechnungspreise ist europarechtskonform

Dokumentationspflicht für Verrechnungspreise ist europarechtskonform

Kernproblem

Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen mit ausländischen nahe stehenden Personen unterhalten, müssen diese Geschäftsbeziehungen nach § 90 Abs. 3 AO besonders dokumentieren. Diese Dokumentationspflichten treffen insbesondere deutsche Unternehmen, die Teil eines internationalen Konzerns sind und die mit anderen (ausländischen) Gruppenunternehmen Leistungsbeziehungen unterhalten. In einer solchen Dokumentation muss auch dargelegt werden, dass die für diese Leistungsbeziehungen vereinbarten Preise (Verrechnungspreise) einem Fremdvergleich standhalten.

Sachverhalt

Eine deutsche GmbH handelte mit den Aktien deutscher Aktiengesellschaften. Zur Unterstützung bei diesen Finanztransaktionen kaufte die GmbH bestimmte Dienstleistungen bei einer luxemburgischen AG ein, die zur selben Unternehmensgruppe gehörte. Grundlage für diese Dienstleistungen war ein im Jahr 2008 abgeschlossenes „Service Agreement“ zwischen beiden Unternehmen. Für das Jahr 2008 zahlte die GmbH an die AG Gebühren in Höhe von rd. 4,7 Mio. EUR. Das Finanzamt verlangte im Rahmen einer Außenprüfung eine Verrechnungspreis-Dokumentation. Die GmbH kam dieser Aufforderung nicht nach und erhob nach erfolglosem Einspruch schließlich Klage vor dem Finanzgericht. Die GmbH berief sich in ihrer Klage u. a. auf die innerhalb der EU vertraglich garantierte Dienstleistungsfreiheit. Diese sei verletzt, da die Dokumentationspflicht an dem Umstand anknüpfe, dass es sich bei der AG um eine ausländische Gesellschaft handele. Wäre die AG hingegen eine deutsche Gesellschaft, bestände keine Dokumentationspflicht.

Entscheidung

Das Finanzgericht und schließlich auch der Bundesfinanzhof (BFH) wiesen die Klage der GmbH ab. Zwar greife § 90 Abs. 3 AO in den Schutzbereich der Dienstleistungsfreiheit ein, weil sie grenzüberschreitende Sachverhalte anders behandele als innerstaatliche Vorgänge. Diese Ungleichbehandlung zu Lasten grenzüberschreitender Dienstleistungen sei jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Als zwingender Grund des Allgemeininteresses sei insbesondere das Erfordernis einer wirksamen Steueraufsicht anerkannt. Und für eine wirksame Steueraufsicht seien die Dokumentationspflichten erforderlich, weil ohne sie eine Verrechnungspreisprüfung durch die Finanzverwaltung nicht möglich sei.

Konsequenz

Mit dem Urteil bestätigt der BFH, dass die in Deutschland seit 2003 geltenden Pflichten zur Erstellung einer Verrechnungspreis-Dokumentation mit dem Europarecht vereinbar sind. Unternehmen, die von der Verpflichtung betroffen sind, tun daher gut daran, diese Dokumentationen rechtzeitig zu erstellen und nicht auf die Anforderung durch die Betriebsprüfung zu warten. Ausdrücklich offen gelassen hat der BFH die Frage, ob die Interpretation der Dokumentationspflichten durch die Finanzverwaltung im Rahmen verschiedener BMF-Schreiben vom Gesetzeswortlaut gedeckt ist. Gegen im Einzelfall überzogen erscheinende Anforderungen können sich deutsche Unternehmen auch weiterhin – falls erforderlich – gerichtlich zur Wehr setzen.

Abfindung für Verzicht auf Pflichtteil ist nicht als Zuwendung besteuerbar

Abfindung für Verzicht auf Pflichtteil ist nicht als Zuwendung besteuerbar

Kernfrage

In besonders gelagerten Ausnahmefällen können Abfindungszahlungen Dritter an einen gesetzlichen Erben, der auf eine erbrechtliche Position verzichtet, wie eine (fiktive) Schenkung des zukünftigen Erblassers an den Abfindungsempfänger angesehen werden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Konstellation einer (fiktiven) Schenkung des zukünftigen Erblassers auch dann Anwendung finden kann, wenn Geschwister untereinander Abfindungszahlungen an den Geschwisterteil leisten, der einen Pflichtteils- und Pflichtteilsverzicht erklärt.

Sachverhalt

Der Kläger hatte in einem notariellen Erbvertrag gegenüber seinen Geschwistern den Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsverzicht gegen eine Abfindungszahlung erklärt, wenn er von der Erbfolge nach der Mutter ausgeschlossen sein sollte. Diese Abfindungszahlungen sollten auch in jedem Fall Bestand haben. Hierin sah die Finanzverwaltung eine fiktive Schenkung der Mutter an den Kläger.

Entscheidung

Der BFH urteilte zugunsten des Klägers. Zwar stellten die Abfindungsleistungen der Geschwister an den Kläger jeweils selbstständige freigiebige Zuwendungen an den Kläger dar; es handele sich aber nicht um eine fiktive Zuwendung der Mutter an den Kläger. Entscheidend hierfür sei insbesondere, dass die Abfindung gerade nicht aus dem Vermögen des zukünftigen Erblassers, sondern des Verzichtsbegünstigten geleistet worden sei, der bei Eintritt des Erbfalls die geleistete Abfindung als Nachlassverbindlichkeit erbschaftsteuermindernd berücksichtigen könne.

Konsequenz

Verständigen sich die Abkömmlinge untereinander auf den Verzicht erbrechtlicher Ansprüche und leisten hierfür Ausgleichszahlungen, dann werden die schenkungsteuerlichen Konsequenzen ausschließlich im Verhältnis der Abkömmlinge untereinander gezogen; der Erblasser ist hiervon nicht betroffen.

Keine Bilanzierungspflicht bei Realteilung einer Freiberufler-GbR

Keine Bilanzierungspflicht bei Realteilung einer Freiberufler-GbR

Kernproblem

Kleinere Unternehmen und Freiberufler können anstelle einer Gewinnermittlung durch Bilanzierung die einfachere Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) wählen. Wird der Betrieb allerdings aufgegeben oder veräußert, ist für Zwecke der Ermittlung des Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinns eine Bilanz zu erstellen. Bisher noch nicht entschieden war die Frage, ob dies auch für den Fall einer so genannten Realteilung gilt, bei der die Mitunternehmer anschließend die Buchwerte fortführen.

Sachverhalt

2 Personen betrieben eine Steuerberatungs- und Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und ermittelten ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung. Nach der Kündigung durch einen der beiden Gesellschafter schlossen beide eine Auseinandersetzungsvereinbarung, in der u. a. bestimmt war, dass jeder die Wirtschaftsgüter, die er bisher genutzt hat, und die damit zusammenhängenden Verbindlichkeiten übernehmen sollte. Anschließend betrieben beide ihre berufliche Tätigkeit in Einzelpraxen weiter, wobei sie die Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter fortführten. Das Finanzamt war der Auffassung, dass zum Stichtag der Realteilung der Gewinn durch Bestandsvergleich zu ermitteln sei und erhöhte den laufenden Gewinn um den Übergangsgewinn.

Entscheidung

Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof (BFH) sahen dies jedoch anders. Nach Ansicht des BFH besteht im Fall einer – im Streitfall vorliegenden – Realteilung ohne Spitzenausgleich keine Verpflichtung zur Erstellung einer Realteilungsbilanz nebst Übergangsgewinnermittlung. Da im vorliegenden Fall wegen der Buchwertfortführung kein Gewinn realisiert werde, müsse weder ein Aufgabegewinn ermittelt noch ein abweichend ermittelter laufender Gewinn festgestellt werden. Vielmehr sei der Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit bereits dadurch gewährleistet, dass beide Mitunternehmer anschließend in ihren Einzelpraxen weiterhin ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung ermitteln.

Konsequenz

Das Urteil des BFH ist auch deshalb folgerichtig, weil die Realteilung ihrem Wesen nach der umgekehrte Fall einer Einbringung eines Betriebs in eine Mitunternehmerschaft ist. Im Fall der Einbringung zum Buchwert unter Fortsetzung der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durch die aufnehmende Gesellschaft hat der BFH entschieden, dass auf die Erstellung einer Einbringungs- und einer Übergangsbilanz verzichtet werden kann.

Wann dürfen Medikamente steuerlich geltend gemacht werden?

Wann dürfen Medikamente steuerlich geltend gemacht werden?

Kernaussage

Eine gut sortierte Hausapotheke ist oftmals der Retter in der Not. Allerdings hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz aktuell entschieden, dass Medikamente für die Hausapotheke (wie z. B. Schmerzmittel oder Erkältungspräparate) ohne ärztliche Verordnung nicht als sog. „außergewöhnliche Belastungen“ steuerlich geltend gemacht werden können.

Sachverhalt

Die klagenden Eheleute machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 (u. a.) Aufwendungen für Medikamente in Höhe von 1.418,03 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend und führten dazu aus, viele Medikamente würden wegen der Gesundheitsreform nicht mehr verschrieben, obwohl sie notwendig seien. Dies gelte z. B. auch für vorbeugende Medikamente wie Schmerz-, Erkältungs- und Grippemittel. Das Finanzamt berücksichtigte nur die Aufwendungen, für die eine ärztliche Verordnung vorgelegt worden war, die übrigen Kosten (für die ohne Verordnung erworbenen Präparate) erkannte das Finanzamt nicht an. Einspruchs- und Klageverfahren blieben erfolglos.

Entscheidung

Auch das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass die Kläger die Zwangsläufigkeit der streitigen Aufwendungen „formalisiert“ hätten nachweisen müssen. Denn – so das Finanzgericht – dies sei in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) ausdrücklich angeordnet. Danach habe ein Steuerpflichtiger den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen. Diese Vorschrift sei zwar erst mit der Verkündung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 in Kraft getreten. Dabei sei aber ausdrücklich angeordnet worden, dass die Vorschrift in allen Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt sei, anzuwenden sei. Die rückwirkende Geltung der Vorschrift auch für die Vergangenheit sei unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, denn der Gesetzgeber habe insoweit die Rechtslage lediglich so geregelt, wie sie bis zu diesem Zeitpunkt bereits einer gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) entsprochen habe.

Konsequenz

Einen Steuerbonus für die Hausapotheke gibt es also nicht. Das Urteil ist in der Praxis zu beachten; es ist rechtskräftig. „Außergewöhnlich belastend“ und damit steuerlich abziehbar sind nur Kosten für verordnete Arznei- oder Verbandmittel. Das können z. B. sein die Zuzahlung für ein von der Krankenversicherung bezahltes Medikament; der Aufpreis, wenn die Versicherung nur ein günstigeres Medikament bezahlt oder der volle Preis, wenn die Krankenkasse bestimmte Arzneimittel gar nicht zahlt.

Kein Abzug von Strafverteidigerkosten als außergewöhnliche Belastungen

Kein Abzug von Strafverteidigerkosten als außergewöhnliche Belastungen

Kernaussage

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit neuerem Urteil die Kosten, die einem wegen einer vorsätzlichen Tat Verurteilten für seine Strafverteidigung entstanden sind, nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zugelassen.

Sachverhalt

Der Kläger war rechtskräftig wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt worden. Er machte seine Rechtsanwaltskosten (ca. 50.000 EUR für 2007 und 160.000 EUR für 2008) steuermindernd geltend. Sie wurden weder vom Finanzamt noch vom Finanzgericht anerkannt; insbesondere auch nicht als außergewöhnliche Belastungen.

Entscheidung

Der BFH hat den Abzug der Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten versagt, weil die Tat nicht eindeutig der beruflichen oder sonstigen steuerbaren Sphäre zuzuordnen war. Auch den Abzug als außergewöhnliche Belastungen hat er mit der allgemeinen Meinung verneint. Dem steht nach Ansicht der erkennenden Richter auch die neuere Rechtsprechung des BFH nicht entgegen, wonach sich die Unausweichlichkeit von Prozesskosten daraus ergibt, dass der Steuerpflichtige zur Durchsetzung seines Rechts den Rechtsweg beschreiten muss. Im Streitfall fehlt es aber schon an der Unausweichlichkeit der Aufwendungen. Die Strafverteidigungskosten hat der Kläger gerade wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung zu tragen. Die Straftat ist aber nicht unausweichlich.

Konsequenz

Das Urteil überzeugt. Die neuere BFH-Rechtsprechung erging zu Zivilprozesskosten. Hier wurde argumentiert, der Steuerpflichtige könne den Prozesskosten wegen des staatlichen Gewaltmonopols, dessen er sich bedienen müsse, nicht ausweichen. Das Argument trägt im Strafverfahren aber nicht, weil es gerade nicht um Situationen geht, in denen der Steuerpflichtige keine andere Wahl hat, als zur Durchsetzung seiner Rechte auf die Gerichte zurückzugreifen, sondern um den umgekehrten Fall: der Beschuldigte, der wissentlich und vorwerfbar gegen die strafbewehrten Regeln des Gemeinwesens verstößt, hat den daraus resultierenden staatlichen Eingriff zu dulden. Soweit seine Rechtsunterworfenheit neben der verhängten Strafe auch zu Kosten führt, hat der Verurteilte diese durch sein Verhalten selbst verursacht und sie deshalb ebenso zu tragen wie er den von ihm verursachten Schaden gegenüber seinem Opfer wiedergutzumachen hat. Es ist nicht Zweck des Abzugs außergewöhnlicher Belastungen, dem Steuerpflichtigen die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich ein übernommenes Risiko realisiert.