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Steuerberater

Verluste eines Hobbyautoren nicht steuerlich absetzbar

Mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 14. August 2013 (Az. 2 K 1409/12) hat das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz entschieden, dass Verluste, die ein (Hobby)Autor wegen der Veröffentlichung eines Buches mit Kurzgeschichten erzielt hat, steuerlich nicht anzuerkennen sind.

Der Kläger ist als Logopäde selbständig tätig. Für die Jahre 2008, 2009 und 2010 machte er auch Aufwendungen für seine Autorentätigkeit geltend, u. a. Publikationskosten, Fahrtkosten, Kosten für ein Arbeitszimmer und die Geschäftsausstattung (insgesamt rund 11.000 Euro). Einnahmen erklärte er keine. Im Jahr 2011 gab er seine Autorentätigkeit auf.

Für die Einkommensteuerveranlagung prüfte das beklagte Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers in Bezug auf seine Autorentätigkeit und forderte von ihm entsprechende Angaben und Unterlagen. Eine Antwort blieb aus, so dass die geltend gemachten Verluste aus der Autorentätigkeit des Klägers nicht anerkannt wurden.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, der – mangels Begründung – mit Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Mit seiner Klage machte der Kläger im Wesentlichen geltend, er habe mit einem Verlag einen Autorenvertrag geschlossen. Dies belege seine Gewinnerzielungsabsicht. Ohne entsprechende Gewinnerzielungsabsicht hätte er auch keine Publikationskosten in Höhe von 4.841 Euro übernommen. Mit der Autorentätigkeit habe er sich ein zweites Standbein aufbauen wollen, da er wegen gesundheitlicher Probleme in der Ausübung seines Hauptberufes zusehends eingeschränkt werde. Im Übrigen sei er vom Verlag getäuscht worden, da dieser nicht die zugesagten Aktivitäten entfaltet habe.

Das Finanzgericht wies die Klage mit Urteil vom 14. August 2013 (Az. 2 K 1409/12) als unbegründet ab und führte zur Begründung aus, der Kläger habe nicht den Nachweis führen können, dass er mit seiner Autorentätigkeit eine Gewinnerzielungsabsicht gehabt habe. Die Gewinnerzielungsabsicht als sog. „innere Tatsache“ (= Vorgang, der sich in der Vorstellung von Menschen abspielt) könne nur anhand äußerlicher Merkmale beurteilt werden. Nach diesen allein maßgeblichen objektiven Umständen sei davon auszugehen, dass der Kläger mit seiner Autorentätigkeit keinen Totalgewinn hätte erzielen können. Der Kläger habe die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausgeübt. Der besondere Charakter des vom Kläger behandelten Themas erlaube den Schluss, dass die Tätigkeit nicht allein auf der Absicht beruht habe, sich ein zweites berufliches Standbein zu schaffen. Auch die Bereitschaft zur Übernahme nicht unerheblicher Druckkosten spreche dafür, dass überwiegend private Interessen und Neigungen für die Tätigkeit ursächlich gewesen seien. Die Verluste könnten auch nicht als sog. „Anlaufverluste“ anerkannt werden, weil schon zu Beginn der Tätigkeit kein schlüssiges Betriebskonzept existiert habe, das den Kläger zu der Annahme hätte veranlassen dürfen, durch die selbständige Tätigkeit könne insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden. Der Betrieb sei auch objektiv nicht geeignet gewesen, einen Totalgewinn abzuwerfen, weil die Druckkosten bereits zu Beginn der Tätigkeit einen Verlust ausgelöst hätten, der in den nachfolgenden Jahren nicht auszugleichen gewesen wäre. Um überhaupt mit Honoraren rechnen zu können, hätte der Kläger mehr als 1.000 Stück seines Werkes verkaufen müssen. Derartige Verkaufszahlen seien auch bei einem „aktiveren“ Marketing des Verlages bei einem Erstlingswerk nicht zu erreichen gewesen. Bereits durch den Internetauftritt des Verlages werde deutlich, dass dessen vorrangiger Geschäftszweck in der Gewinnung von unbekannten Autoren liege, um aus der unmittelbaren Geschäftsbeziehung mit diesen Geld zu verdienen. Dem gesamten Internetauftritt des Verlages bzw. der Verlagsgruppe sei nicht zu entnehmen, dass überhaupt ein Vertrieb der verlegten Werke ernsthaft habe erfolgen sollen. Aus späteren Schreiben des Verlages ergebe sich vielmehr, dass der Kläger die Vermarktung selbst habe in die Hand nehmen sollen. Allein die Hoffnung, für den Literaturmarkt „entdeckt“ zu werden, reiche nicht aus.

Quelle: FG Rheinland-Pfalz

Lohnsteuerermäßigung

Jetzt Freibeträge für 2014 beantragen

Wer beispielsweise als Berufspendler oder bei Unterhaltszahlungen hohe monatliche Kosten hat, kann sich Freibeträge auf der elektronischen Lohnsteuerkarte berücksichtigen lassen. Hierzu kann ab Oktober 2013 beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt ein Antrag auf Lohnsteuerermäßigung gestellt werden. Zur Vermeidung langer Wartezeiten sollte dies am besten auf dem Postweg geschehen.
Auch bei unveränderten Verhältnissen ist ein erneuter Antrag erforderlich. Hierzu genügt jedoch der vereinfachte Antrag auf Lohnsteuerermäßigung. Ausnahme: Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung und Hinterbliebene, die bereits über das Jahr 2013 hinaus gewährt wurden, werden ohne neuen Antrag bis zum Ende der Gültigkeit des Behindertenausweises weiterhin berücksichtigt.
In Fällen, in denen ein solcher Pauschbetrag auf den Ehegatten/den Lebenspartner oder die Eltern übertragen wird, ist für 2014 jedoch ein erneuter Antrag zu stellen.

Die erforderlichen Vordrucke für den Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2014 sind bei den Finanzämtern und im Internet unter: www.fin-rlp.de/vordrucke(Lohnsteuer / Lohnsteuerermäßigung 2014) erhältlich.
Auskunft zum Lohnsteuerermäßigungsverfahren und der elektronischen Lohnsteuerkarte erteilt auch die Info-Hotline der Finanzämter mit einem Aktionstag am 10. Oktober von 8 bis 17 Uhr unter 0261- 20 179 279.

Gründe, die zu einer Ermäßigung der Lohnsteuer führen können:

  • hohe Werbungskosten (z.B. Fahrtkosten zur Arbeit),
  • außergewöhnliche Belastungen (z.B. Krankheitskosten) und Sonderausgaben (z.B. Spenden); Voraussetzung: die Aufwendungen müssen mindestens 600 Euro pro Jahr betragen
  • Kinderbetreuungskosten
  • Unterhaltszahlungen an geschiedene oder dauerhaft getrennt lebende Ehegatten
  • Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene
  • haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen
  • Verluste aus anderen Einkunftsarten
  • Geringverdiener (Übertragung Grundfreibetrag)

Durch die Berücksichtigung des Freibetrags zieht der Arbeitgeber weniger Lohnsteuer vom Arbeitslohn ab.
Beispiel: Der monatliche Bruttoarbeitslohn beträgt 1.800 EUR. Der vom Finanzamt gewährte Freibetrag beläuft sich auf 210 EUR monatlich.
Der Arbeitgeber versteuert dann nicht 1.800 EUR, sondern 1.590 EUR (1.800 EUR abzüglich 210 EUR).

Quelle: Oberfinanzdirektion Koblenz

Leistungen, die ein Arbeitsvermittler gegenüber einem Arbeitslosen auf der Grundlage eines unmittelbar mit diesem geschlossenen Vertrages erbringt, sind nicht umsatzsteuerfrei

Mit seinem Urteil vom 17. Juli 2013 (Aktenzeichen 4 K 32/11) hat der 4. Senat des Finanzgerichts erkannt,

dass Leistungen eines Arbeitsvermittlers, die dieser gegenüber einem Arbeitslosen auf der Grundlage eines

unmittelbar mit dem Arbeitslosen geschlossenen Vertrages erbringt, nicht umsatzsteuerfrei sind. Die

Klägerin betätigte sich als Arbeitsvermittlerin, d.h. sie beschäftigte sich damit, Arbeitslose durch Vermittlung

eines geeigneten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses wieder in den Arbeitsmarkt zu

integrieren. Dazu schloss sie mit den Arbeitslosen jeweils einen sog. Vermittlungsvertrag, mit dem sie sich

dazu verpflichtete, ein Fähigkeitsprofil der Bewerber zu erstellen und ein individuelles Bewerbungstraining

durchzuführen, sie insbesondere auf Vorstellungsgespräche vorzubereiten. Die Arbeitslosen verpflichteten

sich im Gegenzug, an die Klägerin eine Vermittlungsprovision zu zahlen. Der Provisionsanspruch wurde

gestundet bis zur Bestätigung einer erfolgreichen Vermittlung durch den Bewerber. Es wurde jeweils vereinbart,

dass die Provision von dem Arbeitslosen selbst zu erbringen war, wenn er der Klägerin nicht auch

den sog. Vermittlungsgutschein vorlegte, der es der Klägerin ermöglichte, bei der Bundesagentur für Arbeit

(Bundesagentur) gem. § 421 g Abs. 2 Satz 4 SGB III die direkte Zahlung des Vermittlungsentgelts an sich

zu beantragen. Letzteres geschah regelmäßig, die Klägerin behandelte die Zahlungen der Bundesagentur

als umsatzsteuerfrei.

Dem folgten weder das Finanzamt noch das Finanzgericht. Eine Umsatzsteuerfreiheit ergebe sich weder

aus dem Umsatzsteuergesetz noch aus dem Unionsrecht. Insbesondere die Voraussetzungen des Art. 13

Teil A Abs. 1 Buchstabe g der 6. RLEWG (jetzt Art. 132 Abs. 1 Buchstabe g der Richtlinie 2006/112/EG

des Rates über ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL) seien nicht gegeben. Danach

befreien die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleis9

tungen und Lieferungen von Gegenständen von der Steuer, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen

Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter

anerkannte Einrichtungen bewirkt werden.

Zwar seien die von der Klägerin erbrachten Leistungen zur Vermittlung von Arbeitslosen eng mit der Sozialfürsorge

oder der sozialen Sicherheit verbunden, die Klägerin sei aber nicht als Einrichtung mit sozialem

Charakter anzuerkennen. Das komme nur für solche Einrichtungen in Betracht, die über eine unmittelbare

vertragliche Beziehung zu dem jeweiligen Mitgliedstaat oder den jeweiligen Trägern der sozialen Sicherheit

verfügten, die Inhalt, Umfang und die Verantwortlichkeit der Einrichtung für eine vertragsgemäße Leistungserbringung

konkretisiere. Weder daraus, dass eine Einrichtung ihre Tätigkeit mit dem Sozialversicherungsträger

abgestimmt habe, noch daraus, dass eine Kostenerstattung durch denselben erfolge, könne

eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter hergeleitet werden. Die Klägerin verfüge aber

über keine vertraglichen Beziehungen zur Bundesagentur, vielmehr bestünden solche nur zwischen der

Klägerin und den Arbeitslosen. Etwas anderes ergebe sich insbesondere nicht daraus, dass der Zahlungsfluss

der Leistungsentgelte direkt von der Bundesagentur an die Klägerin erfolge. Denn die Übernahme

der Entgelte durch die Bundesagentur beruhe allein auf § 421g SGB III und betreffe daher das zwischen

der Arbeitsverwaltung und den Arbeitslosen bestehende Rechtsverhältnis. Den Regelungen des Vermittlungsvertrages

zufolge waren der Klägerin gegenüber allein die Arbeitslosen zur Zahlung verpflichtet.

Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen XI R 35/13 anhängig.

Ansatz der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Feuerwehrwache bei einem Berufsfeuerwehrmann

Mit Urteil vom 24. Juni 2013 (Aktenzeichen 5 K 233/12) hat der 5. Senat des Finanzgerichts entschieden,

dass die Feuerwehrwache, der ein Berufsfeuerwehrmann ausschließlich zugeordnet ist und die er an jedem

seiner Arbeitstage von seinem Wohnort aus zur Ableistung seines Schichtdienstes anfährt, auch unter

Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 22. September 2010 VI R 54/09,

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BFHE 231, 127, und vom 09. Juni 2011 VI R 58/09, BFHE 234, 155) die regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne

des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG darstellt. Bei den Werbungskosten kann daher lediglich die Entfernungspauschale

angesetzt werden.

Geklagt hatte ein Berufsfeuerwehrmann, der bei der Stadt A beschäftigt und im Streitjahr ausschließlich

der Hauptfeuerwehrwache zugeordnet war. Die Wache fuhr der Kläger im Rahmen seines Schichtdienstes,

den er in der Regel von 7:30 Uhr bis 7:30 Uhr am darauffolgenden Tag ableistete, im Streitjahr von

seinem Wohnort aus an 83 Tagen an. Von der Feuerwehrwache aus nahm der Kläger an Einsätzen zur

Lebensrettung, zum Löschen von Bränden oder zur Gefahrgutbeseitigung teil. Nach Beendigung der Einsätze

kehrte er regelmäßig zur Wache zurück. Ansonst verrichtete er während der Dienstzeit nach einem

genauen Dienstplan auf der Wache Werkstattdienste, machte Fahrzeugkontrollen und Fahrzeugreinigung

sowie Wachreinigung. Ferner nahm er an Ausbildungs- und Sporteinheiten teil. In den Abend- und Nachtstunden

– am Wochenende zum Teil auch tagsüber – sah der Dienstplan für den Kläger Bereitschaftszeit

vor.

In seiner Einkommensteuererklärung hatte der Kläger für die insgesamt 83 Fahrten zur Hauptfeuerwehrwache

Werbungskosten als Reisekosten bei Auswärtstätigkeit geltend gemacht und seiner Berechnung

die Entfernungskilometer für Hin- und Rückfahrt zu Grunde gelegt. Er war der Auffassung, dass die Feuerwehrwache

nach der neueren Rechtsprechung des BFH nicht seine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle.

Der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimme sich nach den

qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung. Der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit eines Berufsfeuerwehrmanns

liege aber vor Ort bei den jeweiligen Einsätzen. Demgegenüber fielen die Bereitschaftszeit

und die in der Feuerwehrwache ausgeübten Tätigkeiten qualitativ nicht ins Gewicht.

Dem sind das Finanzamt und der 5. Senat des Finanzgerichts nicht gefolgt. Sie sahen die Feuerwehrwache

als regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG an, so dass lediglich die Entfernungspauschale

für die Fahrten zwischen Wohnung und Feuerwehrwache angesetzt wurde. Nach Auffassung

des Gerichts handelt es sich bei der Feuerwehrwache um eine ortsfeste dauerhafte betriebliche

Einrichtung des Arbeitgebers des Klägers, die der Kläger auch mit Nachhaltigkeit aufgesucht habe. Die

Wache sei auch der ortsgebundene Mittelpunkt der Tätigkeit des Klägers, an der er typischerweise

schwerpunktmäßig tätig geworden sei. Er müsse während der gesamten 24-Stunden Schicht grundsätzlich

in der Wache anwesend sein; dort würden auch wichtige Arbeiten zur Erhaltung der Einsatzfähigkeit der

Feuerwehr verrichtet. Meldungen für die Einsätze liefen in der Wache auf; nach Beendigung eines Einsatzes

kehre der Kläger auch regelmäßig zur Wache zurück. Auch in zeitlicher Hinsicht verbringe der Kläger

in der Regel mehr Zeit auf der Wache als in den Einsätzen. Erst die ständige, nur durch die Einsätze unterbrochene

Anwesenheit des Klägers und seiner Berufskollegen auf der Wache gewährleiste die Funktionsfähigkeit

und ständige sofortige Einsatzbereitschaft der Berufsfeuerwehr. Anders als beispielsweise ein

Betriebsprüfer im Finanzamt suche der Kläger daher die Wache auch nicht nur gelegentlich auf, um etwa

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in geringfügigem Umfang an Dienstbesprechungen oder Verwaltungstätigkeiten teilzunehmen. Vor diesem

Hintergrund liege der ortsgebundene qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit in der Feuerwehrwache, auch

wenn das Außenbild eines Feuerwehrmanns von der eigentlichen Einsatztätigkeit des Löschens von

Bränden, der Lebensrettung oder der Gefahrgutbeseitigung geprägt sei. Auch dann, wenn man als ein

weiteres Kriterium für eine „regelmäßige Arbeitsstätte“ darauf abstellte, ob der Arbeitnehmer sich in unterschiedlicher

Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und auf eine Minderung seiner Wegekosten –

beispielsweise durch Bildung von Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder gegebenenfalls

durch Wohnsitznahme – hinwirken könne, sei dieses Kriterium im Streitfall erfüllt.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Bindungswirkung der Feststellung der Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG für die Festsetzung des Auszahlungsanspruchs gem. § 37 Abs. 5 KStG

In einem bei dem 1. Senat des Finanzgerichts geführten Verfahren (Aktenzeichen 1 K 284/10) stritten die

Beteiligten darüber, ob das beklagte FA verpflichtet sei, den gegen die Klägerin bereits am 28. Februar

2003 ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Endbestände des verwendbaren Eigenkapitals

zum 31. Dezember 2001 zu ändern und die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals unter

Anwendung des § 36 Abs. 3 bis 6a n.F. zu ermitteln und entsprechend festzustellen. Mit Beschluss vom

17. November 2009 1 BvR 2192/05 (BGBl I 2010, 326, BVerfGE 125, 1) hatte das BVerfG die Umgliederungsvorschrift

des § 36 Abs. 3 KStG insoweit für verfassungswidrig erklärt, als die Umgliederung des zum

Zeitpunkt des Systemwechsels vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren mit 45 % belasteten

Eigenkapitals (EK 45) in mit 40 % belastetes Eigenkapital (EK 40) und unbelastetes Eigenkapital (EK

02) zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotenzial führte. Zugleich verpflichtete es den

Gesetzgeber, für noch nicht bestandskräftig abgeschlossene Verfahren eine Neuregelung zu treffen, die

den Erhalt des Körperschaftsteuerminderungspotenzials

sicherstellte. Die Umsetzung durch den Gesetzgeber erfolgte durch § 36 Abs.

3 – 6a KStG i.d.F. des JStG 2010. Gem. § 34 Abs. 13 KStG ist die Neuregelung in allen Fällen anzuwenden,

in denen die Endbestände i.S.d. § 36 Abs. 7 KStG noch nicht bestandskräftig festgestellt sind.

Nach Ergehen des Beschlusses des BVerfG (und vor Ergehen der gesetzlichen Neuregelung) beantragte

die Klägerin die Änderung des gegen sie ergangenen Bescheides über die gesonderte Feststellung der

Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG und über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

auf den 31. Dezember 2001, der nachfolgend ergangenen Feststellungsbescheide zum 31. Dezember

2002, 2003, 2004, 2005 und 2006 sowie des Bescheides über die Festsetzung des Anspruchs auf Aus5

zahlung des Körperschaftsteuerguthabens gem. § 37 Abs. 5 KStG. Sie sei durch die nunmehr als verfassungswidrig

erklärten Übergangsregelungen steuerlich belastet, weil ihr durch die beanstandeten Feststellungen

Körperschaftsteuerminderungspotenzial verloren gehe. Das FA lehnte eine Änderung der Bescheide

ab. Die Bescheide zum 31. Dezember 2001 seien bereits vor dem Ergehen des BVerfG-Beschlusses in

formelle und materielle Bestandskraft erwachsen und daher nicht mehr änderbar. Der ursprünglich gegebene

Vorbehalt der Nachprüfung sei mit dem Eintritt der Feststellungsverjährung am 31. Dezember 2006

gem. §§ 164 Abs. 4, 169 Abs. 2 Satz 1 AO entfallen. Das BVerfG habe ausdrücklich angeordnet, dass der

Gesetzgeber eine Neuregelung nur für noch offene Steuerverfahren zu treffen habe. Eine Änderung komme

nach dem Ablauf der Feststellungsfrist auch nicht gem. § 181 Abs. 5 AO in Betracht, denn diese Norm

begründe keine eigenständige Änderungsbefugnis.

Mit der Klage begehrte die Klägerin noch, das FA zu verpflichten, den Bescheid über die gesonderte Feststellung

der Endbestände gem. § 36 Abs. 7 KStG zum 31. Dezember 2001 zu ändern. Hilfsweise sei jedenfalls

der Feststellungsbescheid auf den 31. Dezember 2006 zu ändern und ein höheres KSt-Guthaben

zu ermitteln. Das System der Vergütung von KSt-Guthaben sei zum 31. Dezember 2006 tiefgreifend geändert

worden. Aus dem Gesetz ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Feststellung des „alten“

Guthabens Bindungswirkung für das „neue“ Guthaben zukommen solle.

Der 1. Senat hat die Klage abgewiesen. Einzig denkbare Grundlage für eine Änderung des auf den 31.

Dezember 2001 ergangenen Feststellungsbescheides sei § 164 Abs. 2 AO. Dessen Anwendung komme

jedoch wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Feststellungsverjährung nicht in Betracht, weil mit Eintritt

der Feststellungsverjährung gem. § 164 Abs. 4 Satz 1 AO auch der Vorbehalt der Nachprüfung weggefallen

sei. Dem stehe auch § 181 Abs. 5 AO nicht entgegen. Zwar sei der auf den 31. Dezember 2001 ergangene

Feststellungsbescheid für den Bescheid über die Festsetzung des Auszahlungsguthabens „von

Bedeutung“ im Sinne der Vorschrift, wenn man von einem Verhältnis Grundlagen-/Folgebescheid ausgehe.

Durch § 181 Abs. 5 AO werde jedoch weder eine eigenständige Änderungsmöglichkeit geschaffen,

noch werde der Ablauf der Feststellungsfrist gehemmt. Vielmehr ermögliche es die Norm lediglich, einen

Feststellungsbescheid mit eingeschränktem Regelungsinhalt zu erlassen, obwohl die Feststellungsfrist

bereits abgelaufen sei.

Die hilfsweise beantragte Änderung des auf den 31. Dezember 2006 ergangenen Feststellungsbescheides

komme ebenfalls nicht in Betracht. Der Bescheid auf den 31. Dezember 2006 sei schon kein Grundlagenbescheid

im Verhältnis zu dem Bescheid betreffend die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des

KSt-Guthabens. Letzteres sei nämlich gem. § 37 Abs. 2 Satz 4 KStG letztmalig zum 31. Dezember 2005

festgestellt worden. Zum

31. Dezember 2006 werde es gem. § 37 Abs. 4 KStG nur „ermittelt“ und eben nicht festgestellt. Gem. §

179 Abs. 1 AO dürften Besteuerungsgrundlagen nur dann durch einen Feststellungsbescheid festgestellt

werden, wenn dies gesetzlich bestimmt sei. Da es hier an einer solchen Bestimmung gerade fehle, werde

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das KSt-Guthaben lediglich nachrichtlich ausgewiesen, aber nicht vom Tenor/Regelungsgehalt des Bescheides

umfasst.

Auch wenn der Hilfsantrag als Antrag auf Änderung des Feststellungsbescheides zum

31. Dezember 2005 ausgelegt werde, könne er keinen Erfolg haben. Einer Änderung stehe die Bindungswirkung

der vorausgegangenen Feststellungsbescheide entgegen. Die Feststellung der Teilbeträge des

verwendbaren Eigenkapitals zum 31. Dezember 2001 und zum

31. Dezember 2002 bis 2005 sei in § 36 Abs. 7 KStG bzw. in § 37 Abs. 2 Satz 4 KStG ausdrücklich geregelt.

Die Feststellungen entfalteten als Grundlagenbescheide gem. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO Bindungswirkung

für die jeweiligen Folge(feststellungs)bescheide. Die Bindungswirkung sei aber auch bei der Ermittlung

des KSt-Guthabens und bei der Festsetzung dieses Guthabens als Auszahlungsanspruch zu beachten.

Das gelte, obwohl zum 31. Dezember 2001 und 2006 das KSt-Guthaben nicht festgestellt worden sei.

Materiell-rechtlicher und verfahrensrechtlicher Ausgangspunkt zur Ermittlung und Sicherung des Körperschaftsteuerguthabens

beim Übergang zum Halbeinkünfteverfahren sei der Feststellungsbescheid gem.

§ 47 Abs. 1 Nr. 1 KStG a.F. gewesen. Dieser sei Grundlagenbescheid für den Bescheid gem. § 36 Abs. 7

KStG gewesen. Letzterer wiederum bilde hinsichtlich der in ihm ausgewiesenen Endbestände der Teilbeträge

des verwendbaren Eigenkapitals zum 31. Dezember 2001 die materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich

bindende Grundlage für die Ermittlung des KSt-Guthabens gem. § 37 Abs. 1 KStG auf den 31.

Dezember 2001, für die gesonderten Feststellungen des verbleibenden Guthabens zum 31. Dezember

2002 bis 2005 sowie für die Ermittlung des Guthabens zum 31. Dezember 2006. Dementsprechend könnten

Einwendungen gegen die Höhe des Endbestandes an EK 40 nur gegen den Feststellungsbescheid

gem. § 36 Abs. 7 KStG geltend gemacht werden, nicht aber im Verfahren betreffend die Ermittlung des

KSt-Guthabens gem. § 37 Abs. 1 KStG. Diese erfolge allein durch eine mathematische Operation, nämlich

durch Anwendung eines Faktors von 1/6 auf den festgestellten Endbestand des EK 40; rechtliche Überlegungen

seien nicht anzustellen.

Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 46/13 geführt.

Aufwendungen (Mietzahlungen) für eigenes Wohnen sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Mit Urteil vom 21. Juni 2013 (Aktenzeichen 3 K 148/09) hatte der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen

Finanzgerichts die Frage zu entscheiden, ob ein Teil der Mietaufwendungen für die selbstgenutzte Wohnung

Werbungskosten bei den nunmehr erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der bislang

selbst bewohnten Wohnung sein können. Der erkennende Senat hat diese Frage verneint.

Der Kläger bewohnte zunächst zusammen mit seiner Ehefrau und den Kindern die Dachgeschosswohnung

eines im Eigentum seiner Ehefrau stehenden Zweifamilienhauses zu eigenen Wohnzwecken (Wohnung

in A). Nach Auszug der Kinder beschlossen die Eheleute „ins Grüne“ zu ziehen und die freiwerdende

Wohnung zu vermieten. Einige Jahre nach dem Umzug machte die Ehefrau in den Einkommensteuererklärungen

der beiden Streitjahre einen Teil der Mietaufwendungen für die neue Wohnung (Wohnung in B)

als Werbungskosten (sog. „negative Eigenmiete“) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

geltend. Das Finanzamt versagte die Werbungskosten.

In der Begründung der Einsprüche führte die Ehefrau u. a. aus, dass durch die Vermietung des bisher

selbstgenutzten Teils des Hauses und gleichzeitige Anmietung eines Einfamilienhauses die Leistungsfähigkeit

i. S. des objektiven Nettoprinzips unverändert geblieben sei, da in Höhe der Mieteinkünfte nunmehr

gleichzeitig die gezahlte Miete für die Wohnung B abfließen würde. Bei bloßem Ansatz der Mieteinkünfte

ohne Abzug der „negativen Eigenmiete“ würde so getan, als wäre die Leistungsfähigkeit erhöht, was gerade

nicht der Fall sei. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Das Finanzamt stützte seine ablehnenden Entscheidungen

insbesondere auf das seinerzeit von der Rechtsprechung noch in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG

gesehene Aufteilungsverbot.

Die daraufhin erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Zwar sei dem Kläger zuzubilligen, dass aufgrund des

Beschlusses des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II

2010, 672) die höchstrichterliche Rechtsprechung aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein allgemeines Aufteilungs-

und Abzugsverbot von gemischt veranlassten Kosten (mehr) herleite. Das Gebot der Steuergerechtigkeit

(Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) vermag, so der Große Senat, ein generelles

Aufteilungs- und Abzugsverbot, das auch einen zweifelsfrei nachgewiesenen beruflichen Kostenanteil

nicht zum Abzug als Betriebsausgabe oder Werbungskosten zulässt, nicht zu rechtfertigen; vielmehr

gebietet das Leistungsfähigkeitsprinzip die Berücksichtigung des beruflichen Anteils durch Aufteilung, notfalls

durch Schätzung.

Unter dieses von der Rechtsprechung entwickelte Gebot der Aufteilung gemischt veranlasster (privater/der

Einkünfteerzielung dienender) Aufwendungen könnten grds. auch Mietaufwendungen für eine selbstgenutzte

Wohnung fallen, die im Veranlassungszusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

für die bisher bewohnte eigene Wohnung stehen. Einer – auch nur teilweisen – Berücksichtigung

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der Mietaufwendungen als Werbungskosten stehe jedoch entgegen, dass derartige Aufwendungen bereits

nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips durch die Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum

(Grundfreibetrag) von der Einkommensteuer freigestellt werden, so dass, um eine doppelte Berücksichtigung

zu vermeiden, der Anwendungsbereich des § 9 EStG nicht eröffnet sei. Nach der von dem Gesetzgeber

im Einkommensteuergesetz getroffenen Grundentscheidung sind Aufwendungen für das private

Wohnen – außerhalb der durch die berufliche Veranlassung überlagerten Fälle der doppelten Haushaltsführung

und des Arbeitszimmers – steuerlich nicht abzugsfähig (Trossen, Anmerkung zum Besprechungsurteil,

EFG 2013, 1396).

Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Az. IX R 24/13 geführt.

Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

Leitsatz

Treten auf der Veräußererseite mehrere Personen als Vertragspartner auf, liegt ein einheitlicher, auf den Erwerb des bebauten Grundstücks gerichteter Erwerbsvorgang u.a. vor, wenn die Personen durch ihr abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss des Grundstückskaufvertrags und der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken, ohne dass dies für den Erwerber erkennbar sein muss.

 Gesetze

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG § 8
GrEStG § 9

 Instanzenzug

FG Düsseldorf vom 23. November 2011 7 K 417/10 GE (EFG 2012, 972) BFH II R 3/12

 Gründe

I.

[1 ] Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 21. März 2005 von der B-Bank ein näher bezeichnetes unbebautes Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 24.750 €. Das Geschäft wurde von der B-GmbH vermittelt, einer Immobiliengesellschaft mehrerer Banken, u.a. der Verkäuferin.

[2 ] Am 4. April 2005 schloss der Kläger mit der C-GmbH einen Vertrag über die Errichtung einer Doppelhaushälfte auf seinem Grundstück zum Festpreis in Höhe von 99.000 €. Das Gebäude wurde in der Folgezeit von der C-GmbH für 98.803,99 € errichtet. Gegenüber dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) erklärte der Kläger, er habe sich das Grundstück und den Vertragspartner der Bebauung selbst ausgesucht. Mit Bescheid vom 13. Juni 2005 setzte das FA unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung die Grunderwerbsteuer auf 866 € fest.

[3 ] Spätere Ermittlungen des FA ergaben, dass die B-GmbH mit der C-GmbH für das Objekt des Klägers einen Immobilienvermittlungsvertrag abgeschlossen hatte. Für die Vermittlung des Grundstücks berechnete die B-GmbH vereinbarungsgemäß eine Provision, die mit dem Verkauf der zweiten Doppelhaushälfte fällig wurde. Auf Rückfrage des FA erklärte der Kläger, er habe die C-GmbH beauftragt, weil sie ihm vom Architekten, einem Cousin seines Vaters, empfohlen worden sei. Mit der Planung habe er bereits eineinhalb Jahre vor dem Kauf des Grundstücks angefangen.

[4 ] Das FA erließ am 22. Oktober 2009 einen geänderten Grunderwerbsteuerbescheid, bezog die Bauerrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage ein und setzte die Grunderwerbsteuer auf 4.324 € fest.

[5 ] Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) bildet der Werkvertrag über die Errichtung des Gebäudes mit dem Kaufvertrag über den Erwerb des unbebauten Grundstücks kein einheitliches Vertragswerk, das darauf gerichtet gewesen sei, dem Kläger ein bebautes Grundstück zu verschaffen. Zwar hätten die C-GmbH und die B-GmbH, letztere handelnd für die Grundstückseigentümerin, durch ein abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss beider Verträge, Werkvertrag und Kaufvertrag, hingewirkt. Dieses Zusammenwirken auf der Veräußererseite sei für den Erwerber jedoch objektiv nicht erkennbar gewesen. Die Entscheidung des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 972 veröffentlicht.

[6 ] Dagegen richtet sich die Revision des FA. Seiner Ansicht nach sei das abgestimmte Verhalten auf der Veräußererseite für den Kläger erkennbar gewesen. Insbesondere die Tatsache, dass der Kläger in Ruhe mit dem Bauträger habe verhandeln können, ohne Gefahr zu laufen, das Grundstück an einen anderen Erwerber zu verlieren, und der zeitliche Ablauf sprächen für eine enge Absprache zwischen den Beteiligten auf der Veräußererseite.

[7 ] Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

[8 ] Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

[9 ] Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Entgegen der Auffassung des FG kommt es für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsvorgangs bei mehreren Anbietern auf der Veräußererseite nur darauf an, dass diese objektiv zusammenwirken, ohne dass das Zusammenwirken für den Erwerber erkennbar sein muss.

[10 ] 1. Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 29. Juli 2009 II R 58/07, BFH/NV 2010, 63 , m.w.N.; vom 28. März 2012 II R 57/10, BFHE 237, 460 , BStBl II 2012, 920 ; vom 27. September 2012 II R 7/12, BFHE 239, 154 , BStBl II 2013, 86 ).

[11 ] a) Ob ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und weiteren Vereinbarungen besteht, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln (BFH-Urteil in BFHE 237, 460 , BStBl II 2012, 920, m.w.N.). Ein solcher Zusammenhang ist nicht nur gegeben, wenn der Erwerber beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags gegenüber der Veräußererseite in seiner Entscheidung über das „Ob” und „Wie” der Baumaßnahme nicht mehr frei war und deshalb feststand, dass er das Grundstück nur in einem bestimmten (bebauten) Zustand erhalten werde (BFH-Urteil in BFHE 237, 460 , BStBl II 2012, 920, m.w.N.). Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag wird vielmehr auch indiziert, wenn der Veräußerer dem Erwerber vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis anbietet und der Erwerber dieses Angebot später annimmt (BFH-Urteile in BFH/NV 2010, 63 ; in BFHE 237, 460 , BStBl II 2012, 920, und in BFHE 239, 154 , BStBl II 2013, 86, jeweils m.w.N.).

[12 ] b) Für einen objektiv sachlichen Zusammenhang zwischen Kauf- und Bauvertrag ist es nicht erforderlich, dass das Angebot der Veräußererseite in einem Schriftstück und zu einem einheitlichen Gesamtpreis unterbreitet wird (BFH-Urteile in BFH/NV 2010, 63 , und in BFHE 237, 460 , BStBl II 2012, 920, jeweils m.w.N.). Entscheidend ist vielmehr, dass die Veräußererseite das Angebot zur Bebauung des Grundstücks bis zum Abschluss des Grundstückskaufvertrags abgegeben und der Erwerber das Angebot später unverändert oder lediglich vom Umfang her mit geringen Abweichungen, die den Charakter der Baumaßnahmen nicht verändern, angenommen hat (BFH-Urteil in BFHE 237, 460 , BStBl II 2012, 920, m.w.N.).

[13 ] c) Auf der Veräußererseite können dabei auch mehrere Personen als Vertragspartner auftreten, so dass sich die Ansprüche des Erwerbers auf Übereignung des Grundstücks und auf Errichtung des Gebäudes zivilrechtlich gegen verschiedene Personen richten. Entscheidend ist insoweit, dass (auch) der den Grundstücksübereignungsanspruch begründende Vertrag in ein Vertragsgeflecht miteinbezogen ist, das unter Berücksichtigung aller Umstände darauf gerichtet ist, dem Erwerber als einheitlichen Erwerbsgegenstand das Grundstück in bebautem Zustand zu verschaffen (BFH-Urteile vom 23. November 1994 II R 53/94 , BFHE 176, 450 , BStBl II 1995, 331, und vom 21. September 2005 II R 49/04, BFHE 211, 530 , BStBl II 2006, 269, jeweils m.w.N.). Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn die auf der Veräußererseite auftretenden Personen entweder personell, wirtschaftlich oder gesellschaftsrechtlich eng verbunden sind (vgl. BFH-Urteile vom 6. Dezember 1989 II R 72/87 , BFH/NV 1991, 344 ; vom 6. Dezember 1989 II R 145/87, BFH/NV 1991, 345 , und vom 23. August 2006 II R 42/04, BFH/NV 2007, 760 ) oder aufgrund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiten oder durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrags als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken (BFH-Urteile vom 13. August 2003 II R 52/01 , BFH/NV 2004, 663 , und in BFHE 211, 530 , BStBl II 2006, 269, jeweils m.w.N.), insbesondere Angebote über Grundstück und Bebauung abgeben.

[14 ] d) In diesen Fällen hat der BFH in früheren Entscheidungen für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsvorgangs gefordert, dass das Zusammenwirken für den Erwerber objektiv erkennbar war (vgl. BFH-Urteile vom 11. Mai 1994 II R 62/91 , BFH/NV 1994, 901 ; vom 28. Oktober 1998 II R 36/96, BFH/NV 1999, 667 ; vom 27. Oktober 1999 II R 3/97, BFH/NV 2000, 883 ). Ungeachtet dessen, dass in den zitierten Entscheidungen das Zusammenwirken tatsächlich anhand objektiver Merkmale für den Erwerber erkennbar war, handelt es sich dabei nicht um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsvorgangs kommt es allein auf das objektiv vorliegende Zusammenwirken auf der Veräußererseite zur Abgabe eines einheitlichen Angebots an, ohne dass dies für den Erwerber erkennbar sein muss (Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz , Kommentar, 4. Aufl., § 9 Rz 31). Ausreichend ist, wenn dieses Zusammenwirken anhand äußerer Merkmale objektiv festgestellt werden kann. Selbst wenn der Erwerber trotz des Zusammenwirkens auf der Veräußererseite davon ausgeht, ein unbebautes Grundstück zu erwerben und dieses eigenverantwortlich zu bebauen, erwirbt er das bebaute Grundstück, wenn er —unerkannt— das tatsächlich vorliegende, einheitliche Angebot der Veräußererseite auf Erwerb des bebauten Grundstücks annimmt.

[15 ] 2. Da die Vorentscheidung von einer anderen Rechtsauffassung ausgeht, war sie aufzuheben. Die Vorentscheidung stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar (vgl. § 126 Abs. 4 FGO ). Die Sache ist nicht spruchreif. Die vom FG getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO ) ermöglichen keine abschließende Entscheidung über den Antrag des Klägers.

[16 ] Das durch Provisionsabreden abgesicherte Zusammenwirken auf der Veräußererseite war zwar nach den Feststellungen des FG darauf gerichtet, dem Kläger das Grundstück im bebauten Zustand mit aufstehender Doppelhaushälfte zu verschaffen. Das FG hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Veräußererseite dem Kläger vor Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück aufgrund einer in bautechnischer und finanzieller Hinsicht konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäude auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten hat. Dafür spricht zwar der zeitliche Ablauf, denn der Werkvertrag wurde innerhalb von nur zwei Wochen nach Abschluss des Kaufvertrags über das Grundstück geschlossen. Zudem nimmt der Werkvertrag in der Anlage Bezug auf Planungen, die bereits vor Abschluss des Kaufvertrags datieren und möglicherweise den Schluss zulassen, dass die Bebauung des Grundstücks dem Kläger schon vor dem Abschluss des Kaufvertrags angeboten wurde. Konkrete Feststellungen des FG dazu fehlen jedoch. Der BFH ist an die Feststellungen des FG im Urteil gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO ) und kann nicht seine eigene Würdigung an die Stelle der Tatsachenwürdigung des FG setzen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 7. Aufl., § 118 Rz 41).

 

Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft

Keine abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbilligkeit bei Entfallen der Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft durch unechte rückwirkende Änderung des zugrundeliegenden Gesetzes

 Leitsatz

1. Die Frage, ob die unechte Rückwirkung der Neuregelung des § 8 Abs. 4 KStG 1996 durch das UntStRFoG gemäß der Übergangsvorschrift des § 54 Abs. 6 KStG 1996 i. d. F. des RVFinG verfassungsrechtlich zulässig und wie die Übergangsfrist ggf. zu bemessen ist, ist durch das BVerfG zu beurteilen und rechtfertigt keine abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbilligkeit für die Veranlagungszeiträume nach 1997.

2. Das auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gerichtete Begehren kann grundsätzlich ebenso wenig auf die Behauptung gestützt werden, es sei kein reiner Verlustmantel erworben worden.

3. Die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft entfällt auch vor Geltung des § 2 Abs. 2 StAuskV O ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden, bei rückwirkender Gesetzesänderung auch rückwirkend.

4. Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft rechtfertigt deshalb nicht das Vertrauen darauf, das jeweilige Gesetz werde auch in Zukunft nicht geändert.

 Gesetze

AO § 163
AO § 207
AO § 227
KStG 1996 § 8 Abs. 4
KStG 1996 § 54 Abs. 6
Verfahrensstand:  Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre aus Billigkeitsgründen abweichend festzusetzen.

Die am … 1998 durch Verschmelzung erloschene A GmbH & Co. KG (im Folgenden: A KG) erwarb mit Vertrag vom … 1996 rückwirkend zum 01.03.1996 von der B AG sämtliche Geschäftsanteile an der Klägerin, die seinerzeit noch als C … GmbH (im Folgenden: C GmbH) firmierte.

Mit Schreiben vom 13.05.1996 (Anlage K 1, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband) beantragte die Klägerin beim Finanzamt für Körperschaften Hamburg-1 (im Folgenden: FA Kö-1) die Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Sie teilte mit, dass geplant sei, ihren Geschäftsbetrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf eine noch zu gründende neue Gesellschaft zu übertragen. Anschließend solle das Stammkapital der Klägerin mittels einer Sacheinlage der A KG erhöht werden; die A KG solle ihren Beteiligungsbesitz in die Klägerin einbringen. Schließlich solle die A KG im Wege der Realteilung aufgelöst werden. Die Klägerin vertrat dabei die Auffassung, dass die zu ihren Gunsten bis dahin festgestellten steuerlichen Verlustvorträge bei dieser Umstrukturierung nicht gemäß § 8 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) a. F. untergehen würden, weil der Geschäftsbetrieb nicht eingestellt und wieder aufgenommen, sondern fortgeführt würde.

Mit Bescheid vom 18.06.1996 (Anlage K 2, FGA Anlagenband) erteilte das FA Kö-1 die verbindliche Auskunft antragsgemäß und stellte hierin Folgendes fest:

„Die wirtschaftliche Identität im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz der C … GmbH (C) wird bezüglich eines verbleibenden Verlustabzugs (§ 10d Abs. 3 Einkommensteuergesetz ) infolge der Übertragung des gesamten Geschäftsbetriebs mit sämtlichen Beteiligungsgesellschaften gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die (noch zu gründende) D … GmbH (D GmbH) nicht verändert.

Die C bleibt zur Berücksichtigung der Verluste auch nach Übernahme des gesamten Beteiligungsbesitzes der A GmbH & Co. KG (A KG) – mit Ausnahme der Beteiligungen an der C selbst – mit allen Passiva im Wege der Sacheinlage sowie Änderung ihrer Firma in A GmbH berechtigt.

(…) Diese verbindliche Auskunft tritt außer Kraft, wenn eine Rechtsvorschrift, auf der die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert wird. Die Bindungswirkung erstreckt sich nicht auf die Höhe der Verlustvorträge.”

Am … 1996 übertrug die A KG sämtliche Anteile an der Klägerin auf die Konzernmuttergesellschaft E … GmbH (im Folgenden: E GmbH). Am selben Tag wurde eine Kapitalerhöhung bei der Klägerin um … DM im Wege der Sacheinlage (Einlage von Beteiligungen) beschlossen.

Die Klägerin brachte am … 1996 sämtliche Aktiva und Passiva mit Ausnahme der durch die E GmbH eingebrachten Beteiligungen im Wege der Kapitalerhöhung durch Sacheinlage gegen Gewährung von Geschäftsanteilen in die mit Gesellschaftsvertrag vom … 1996 von der Klägerin und der A KG gegründete D … GmbH (im Folgenden: D GmbH) ein.

Die bis zum 11.11.1996 entstandenen körperschaftsteuerlichen und gewerbesteuerlichen Verlustvorträge der Klägerin wurden in den Steuer- und Verlustfeststellungsbescheiden für die Jahre 1996 bis 1999 jeweils abgezogen bzw. festgestellt. Die Bescheide ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Der nunmehr zuständige Beklagte führte ab 2000 für die Jahre 1996 bis 1999 eine Außenprüfung bei der Klägerin durch und kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Klägerin ihre wirtschaftliche Identität auf der Grundlage der Neufassung des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG vom 29.10.1997 durch die Umstrukturierungen vom … 1996 verloren habe. Nach dieser zum 01.11.1997 in Kraft getretenen Neuregelung sei nicht mehr nur die Wiederaufnahme, sondern auch die Fortführung des Geschäftsbetriebs schädlich, wenn mehr als drei Viertel der Anteile übertragen worden seien und überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden sei (Tz. 20 und 31 sowie Prüfungsanmerkung Nr. 1 nebst Anlage, Betriebsprüfungsbericht vom 14.12.2005, Betriebsprüfungsakten -BpA-).

Der Beklagte erließ daraufhin am 26.04.2006 geänderte Verlustfeststellungsbescheide zur Körperschaft- und Gewerbesteuer, jeweils auf den 31.12.1996, in denen er die bis zum 11.11.1996 entstandenen Verluste nicht mehr berücksichtigte. Ferner erließ er geänderte Körperschaftsteuerbescheide für 1996 bis 1998 (Körperschaftsteuer 1998: … €) und geänderte Gewerbesteuermessbescheide und Gewerbesteuerbescheide für 1996 bis 1998 (Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 1998 jeweils 0 €).

Mit Schreiben vom 24.05.2006 legte die Klägerin Einspruch gegen die am 26.04.2006 geänderten Bescheide ein. Die Einsprüche gegen die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1997 und 1998 und gegen den Gewerbesteuermessbescheid für 1996 nahm die Klägerin zurück. Gegen den am 25.10.2006 nach einer weiteren Außenprüfung ebenfalls geänderten Körperschaftsteuer- und den Gewerbesteuermessbescheid für 1999 legte die Klägerin mit Schreiben vom 27.11.2006 Einspruch ein, über den bisher noch nicht entschieden worden ist.

Für 1996 erließ der Beklagte am 15.12.2011 Abhilfebescheide (festgestellter verbleibender Verlustabzug zur Körperschaftsteuer zum 31.12.1996: … DM; festgestellter vortragsfähiger Gewerbeverlust auf den 31.12.1996: … DM). Am selben Tag erließ der Beklagte einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 1997, in dem er von dem zum 31.12.1996 festgestellten Verlust nur einen Betrag von … DM vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzog und den überschießenden Betrag von … DM, nämlich den bis zum 11.11.1996 entstandenen Verlust, nach § 8 Abs. 4 KStG nicht berücksichtigte. Eine geänderte Verlustfeststellung zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.1997 führte der Beklagte nicht durch, weil er nach wie vor davon ausging, dass kein verbleibender Verlustabzug bestehe. In dem geänderten Verlustfeststellungsbescheid vom selben Tag stellte der Beklagte den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.1997 in Höhe von … DM fest, wobei er den bis zum 11.11.1996 entstandenen Gewerbeverlust in Höhe von … DM als nicht abziehbar behandelte. Mit Änderungsbescheid vom selben Tag wurde die Körperschaftsteuer für 1999 auf … € festgesetzt. Der Gewerbesteuermessbetrag für 1999 wurde mit Bescheid vom selben Tag auf … € festgesetzt und die Gewerbesteuer auf … €.

Mit Schreiben vom 29.12.2011 beantragte die Klägerin beim Beklagten, den Untergang des auf den 31.12.1996 festgestellten Verlustvortrags für die Jahre 1997 bis 1999 bei der Steuerfestsetzung im Billigkeitsweg nicht zu berücksichtigen bzw. die Körperschaft- und Gewerbesteuer 1997 bis 1999 einschließlich der Zinsen in Höhe der durch den Wegfall des Verlustvortrags eingetretenen Mehrbesteuerung zu erlassen. Die Klägerin berief sich auf das rechtsstaatliche Vertrauensschutzgebot und auf einen Überhang des Tatbestands des § 8 Abs. 4 KStG 1996 n. F. über den Gesetzeszweck der Missbrauchsabwehr. Das Verfahren ruht hinsichtlich des Jahres 1997 bis zur Entscheidung des BVerfG im Verfahren 2 BvL 2/09. Ferner beantragte die Klägerin die Stundung der Steuerforderungen im Hinblick auf Liquiditätsprobleme.

Der Beklagte gewährte die beantragte Stundung der Körperschaftsteuerforderungen für 1998 und 1999 nebst Zinsen mit Bescheid vom 23.02.2012.

Mit Bescheid vom 11.04.2012 lehnte der Beklagte die Anträge auf abweichende Steuerfestsetzung hinsichtlich der Jahre 1998 und 1999 ab. Durch die Erteilung einer verbindlichen Auskunft erhalte ein Steuerpflichtiger Rechtssicherheit bzgl. der steuerrechtlichen Beurteilung eines Lebenssachverhaltes nach den zu dieser Zeit geltenden Vorschriften. Im Streitfall sei der Klägerin durch die verbindliche Auskunft bestätigt worden, dass ihr Geschäftsbetrieb vor der Anteilsübertragung nicht eingestellt und danach wieder aufgenommen worden sei. Ein Vertrauen auf den Fortbestand der gesetzlichen Regelungen werde hierdurch nicht begründet. Da der Gesetzgeber eine Übergangsfrist von einem Jahr als ausreichend betrachte, um den Vertrauensschutz der Steuerpflichtigen zu gewährleisten, komme eine abweichende Steuerfestsetzung für die Jahre 1998 und 1999 auch unter diesem Aspekt nicht in Betracht. Persönliche Billigkeitsgründe seien nicht vorgetragen worden.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 11.05.2012 Einspruch ein und wies darauf hin, dass im Streitfall eine im Vertrauen auf eine verbindliche Auskunft vorgenommene unumkehrbare Disposition mit einer unecht rückwirkenden Gesetzesänderung zusammentreffe und die Verfassungsmäßigkeit der typisierenden Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG 1996 n. F. durch Billigkeitsmaßnahmen in Einzelfällen zu gewährleisten sei.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 06.08.2012 als unbegründet zurück. Ein Erlass oder eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen kämen nicht in Betracht. Persönliche Billigkeitsgründe habe die Klägerin nicht vorgetragen und seien nach Aktenlage nicht ersichtlich. Die Erhebung bzw. Festsetzung der Steuern sei aber auch nicht sachlich unbillig. Die erteilte verbindliche Auskunft sei durch die Änderung des § 8 Abs. 4 KStG außer Kraft getreten. Ein Vertrauen auf den Fortbestand eines Missbrauchsausschlusses nach der alten Rechtslage sei durch die Auskunft nicht begründet worden. Wie der Übergangsvorschrift des § 54 Abs. 6 KStG 1996 zu entnehmen sei, habe der Gesetzgeber eine Übergangsfrist von einem Jahr für ausreichend gehalten, um dem Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der vorherigen gesetzlichen Regelung gerecht zu werden. Da es im Streitfall um die Veranlagungszeiträume 1998 und 1999 gehe, sei diese Übergangsfrist eingehalten. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Fall der Klägerin anders hätte regeln wollen, seien nicht ersichtlich; dies führte zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung der Empfänger verbindlicher Auskünfte. Der Situation der Klägerin sei im Übrigen bereits durch die gewährte Stundung der Steuerforderungen aus den Streitjahren ausreichend Rechnung getragen worden.

Die Klägerin hat am 07.09.2012 Klage erhoben. Die zunächst auch gestellten Anträge auf Verpflichtung des Beklagten zur abweichenden Festsetzung der Gewerbesteuer 1998 und zum Verzicht auf die Aussetzungszinsen hat die Klägerin zurückgenommen. Die diesbezüglichen Verfahren sind jeweils abgetrennt und eingestellt worden.

Die Klägerin trägt vor:

Sie habe einen Anspruch auf abweichende Steuerfestsetzung im Billigkeitswege in der Weise, dass die gemäß § 8 Abs. 4 KStG i. d. F. vom 29.10.1997 untergegangenen Verlustvorträge berücksichtigt würden. Das Ermessen sei wegen sachlicher Härte auf null reduziert.

Die sachlich unbillige Härte ergebe sich aus dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot und der überschießenden Wirkung des gesetzlichen Tatbestandes des § 8 Abs. 4 KStG 1996 n. F. als Norm zur Missbrauchsabwehr. Da sie, die Klägerin, auf der Grundlage der verbindlichen Auskunft eine nicht mehr änderbare Disposition vorgenommen habe, sei ihr Vertrauen in besonders hohem Maße schutzwürdig, so dass ihr der Verlustabzug nicht rückwirkend versagt werden könne. Nach der neuesten Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10 ) könne der Gesetzeszweck der typisierenden Missbrauchsabwehr im Einzelfall aufgrund einer atypischen Situation verfehlt und ein Steuererlass geboten sein. Die Situation sei im Streitfall ebenfalls atypisch, weil sie, die Klägerin, den Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft eigens gestellt habe, um sich zu versichern, nicht missbräuchlich zu handeln, und außerdem ein lebendes Unternehmen und kein bloßer Verlustmantel erworben worden sei.

Nach den früheren Verwaltungsanweisungen (s. BMF-Schreiben vom 24.09.1987 und vom 15.07.1998 zu § 207, jeweils Tz. 1), die bis 2000 gegolten hätten, seien im Einzelfall Billigkeitsmaßnamen in Betracht zu ziehen, wenn eine verbindliche Zusage wegen Änderung der Rechtsvorschriften außer Kraft trete (§ 207 Abs. 1 Abgabenordnung -AO- ) und dies für den Steuerpflichtigen eine unbillige Härte mit sich bringe. Die zu einer verbindlichen Zusage i. S. des § 207 AO entwickelten Grundsätze seien aber nach allgemeiner Auffassung auch im Rahmen einer verbindlichen Auskunft anzuwenden.

Das eröffnete Ermessen sei vor dem Hintergrund der aufgrund der verbindlichen Auskunft getroffenen unumkehrbaren Disposition reduziert. Eine weitere Ermessensreduzierung ergebe sich aus dem Zusammenwirken dieser redlicherweise vorgenommenen Disposition mit der nicht vorher erkennbaren unecht rückwirkenden Gesetzesänderung. Im Übrigen sei nach der Rechtsprechung des BVerfG die Steuer bei unecht rückwirkenden Gesetzesänderungen selbst ohne eine verbindliche Auskunft bei etwaigen Härten zu erlassen.

Darüber hinaus handele es sich bei § 8 Abs. 4 KStG um eine Norm mit überschießender Wirkung. Bei einer derartigen Norm der typisierenden Missbrauchsabwehr könne nach der Rechtsprechung des BFH ein Billigkeitserlass geboten sein, wenn die Norm nur deshalb einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalte, weil im Einzelfall die Möglichkeit bestehe, auftretenden Härten durch Billigkeitsmaßnahmen Rechnung zu tragen. Der Erlass sei danach eine flankierende Maßnahme zur Typisierung. Der BFH sehe die unechte Rückwirkung des § 8 Abs. 4 KStG zwar als verfassungsmäßig an, berücksichtige dabei aber, dass bei missbrauchsanfälligen Gestaltungen die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Steuerpflichtigen für den typischen Fall generell herabsetzt sei und die Möglichkeit bestehe, einzelnen Härtefällen im Erlasswege Rechnung zu tragen.

Vorliegend schließe die erteilte verbindliche Auskunft die Missbrauchsgefahr der Umstrukturierung jedoch aus; die typisierend unterstellte Missbräuchlichkeit sei durch die verbindliche Auskunft widerlegt worden. Sie, die Klägerin, habe durch die Einholung der verbindlichen Auskunft alles getan, um einen Missbrauch und somit einen für sie schädlichen nachträglichen Eingriff des Gesetzgebers zu verhindern. Demgegenüber sei ein Steuerpflichtiger, der allein im Vertrauen auf den Wortlaut der Vorschrift disponiert habe, weniger schutzwürdig. Denn die Vorschrift des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1996 a. F. enthalte lediglich Regelbeispielsfälle für den unbestimmten Rechtsbegriff der „wirtschaftlichen Identität” und sei nicht abschließend. Durch die Verwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs mit einer Typisierung durch Regelbeispiele habe der Gesetzgeber die Finanzverwaltung zur Ausfüllung der Norm ermächtigt und ihr damit eine „gewaltenteilige” Rechtsetzungsmacht eingeräumt. Die Verwaltung habe den gesetzlichen Auftrag durch die Erteilung der verbindlichen Auskunft umgesetzt. Hierdurch werde der Gesetzgeber ebenso wenig in seiner Dispositionsbefugnis beeinträchtigt wie durch einen Billigkeitserlass nach einem Außerkrafttreten der Auskunft. Ein Steuerpflichtiger, der den u. U. von § 8 Abs. 4 KStG erfassten Sachverhalt lediglich im Rahmen seiner Steuererklärung mitteile, verzichte auf die vom Gesetzgeber vorgesehene Konkretisierung durch die Verwaltung mittels einer verbindlichen Auskunft und lasse ihn gegenüber einem Auskunftsinhaber in Bezug auf die Änderungsbefugnis des Gesetzgebers weniger schutzwürdig erscheinen. Eine verbindliche Auskunft in diesem Bereich begründe somit die Atypik eines solchen Falles gegenüber anderen Fällen.

Die Atypik beruhe des Weiteren darauf, dass sie, die Klägerin, die Verlustvorträge ohne die Umstrukturierungsmaßnahmen hätte nutzen können, weil sie in der Folgezeit aus ihrer ursprünglichen wirtschaftlichen Tätigkeit ausreichend Gewinne erwirtschaftet hätte, die mit den Vorträgen hätten verrechnet werden können (vgl. Schreiben des Wirtschaftsprüfers F vom 23.01.2013, Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.02.2013, FGA Anlagenband). Ein missbräuchlicher Mantelkauf liege auch deshalb nicht vor. Die Umstrukturierung sei unternehmerisch sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich gewesen und nur im Vertrauen auf die verbindliche Auskunft durchgeführt worden. Daher wäre es ohne das durch die verbindliche Auskunft begründete Vertrauen darauf, nicht missbräuchlich zu handeln, nicht zu der Umstrukturierung gekommen mit der Folge, dass die Verluste vollständig hätten genutzt werden können. Hierdurch unterscheide sich der Streitfall von den typischen Fällen, in denen die Verlustvorträge ohne Zuführung neuen Betriebsvermögens nicht genutzt werden könnten.

Ihrem, der Klägerin, Interesse werde durch die gewährte Stundung der Steuerforderungen nicht hinreichend Rechnung getragen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 11.04.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.08.2012 zu verpflichten, die Körperschaftsteuer für 1998 und für 1999 unter Berücksichtigung eines Verlustvortrages auf den 31.12.1997 in Höhe von … DM aus Billigkeitsgründen abweichend jeweils auf 0,00 € festzusetzen und

die Gewerbesteuer für 1999 unter Berücksichtigung eines zusätzlichen vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 in Höhe von … DM aus Billigkeitsgründen abweichend auf 0,00 € festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt zur Begründung auf den Ablehnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung Bezug und trägt ergänzend vor:

Die Versagung der Verlustnutzung in den Jahren 1998 und 1999 begründe keine sachliche Unbilligkeit. Dem Steuerpflichtigen stehe bei Wegfall einer verbindlichen Auskunft kein auf Ermessensreduzierung beruhender Anspruch auf Gewährung von Billigkeitsmaßnahmen zu. Zwar könne in Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger im Vertrauen auf eine verbindliche Zusage während ihrer Geltungszeit redlicherweise und unwiderruflich disponiert habe, eine abweichende Steuerfestsetzung in Betracht kommen, doch müssten auch in diesem Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 163 AO vorliegen; dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall.

Auf die Sitzungsniederschriften des Erörterungstermins vom 17.01.2013 und der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2013 wird Bezug genommen.

Dem Gericht haben je ein Band Körperschaft- und Gewerbesteuerakten, Betriebsprüfungsakten und Akten betreffend Billigkeitsmaßnahmen (St.-Nr. …/…/…) vorgelegen.

 Gründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Ablehnung einer abweichenden Steuerfestsetzung durch den Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Finanzgerichtsordnung -FGO- ).

1. Gemäß 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

Zweck des § 163 AO ist, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalls, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrages insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (BFH-Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10 , BFH/NV 2013, 11 ).

Die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO ist eine Ermessensentscheidung, die gerichtlich nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden kann. Die gerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Nur ausnahmsweise kann das Gericht eine Verpflichtung zur abweichenden Steuerfestsetzung aussprechen (§ 101 Satz 1 FGO ), wenn der Ermessensspielraum so eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht sein kann (sog. Ermessensreduzierung auf null; BFH-Urteile vom 21.08.2012 IX R 39/10 , BFH/NV 2013, 11 ; vom 26.08.2010 III R 80/07, BFH/NV 2011, 401 ).

Der Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens wird durch den Begriff „unbillig” i. S. des § 163 AO abgegrenzt (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19.10.1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101 , BStBl II 1972, 603). Die Unbilligkeit im Sinne dieser Vorschrift kann in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil vom 21.10.2009 I R 112/08 , BFH/NV 2010, 606 ). Die Kriterien hierfür sind im Regelungsbereich des § 163 AO dieselben wie im Rahmen des § 227 AO , weil sich diese beiden Billigkeitsvorschriften im Wesentlichen nur in der Rechtsfolgeanordnung, nicht aber in den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen unterscheiden (BFH-Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10 , BFH/NV 2013, 11 ).

2. Im Streitfall liegen weder sachliche noch persönliche Gründe für eine Unbilligkeit der Steuererhebung vor.

A)          In der wirtschaftlichen Situation der Klägerin liegende (persönliche) Billigkeitsgründe sind im Streitfall nicht geltend gemacht worden. Zwar hat die Klägerin im vorgerichtlichen Verfahren zur Begründung ihres Stundungsantrages auf wirtschaftliche Schwierigkeiten hingewiesen, die Geltendmachung persönlicher Billigkeitsgründe im hiesigen Verfahren jedoch ausdrücklich abgelehnt.

B)          aa) Sachlich unbillig ist die Erhebung einer Steuer vor allem dann, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage – wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte – im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (BFH-Urteile vom 21.08.2012 IX R 39/10 , BFH/NV 2013, 11 ; vom 14.07.2010 X R 34/08, BFHE 229, 502 , BStBl II 2010, 916).

B)          bb) Eine Billigkeitsentscheidung darf nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung des den Steueranspruch begründenden Gesetzes zu unterlaufen. Sie darf nicht die Wertung des Gesetzes durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem ungewollten Überhang des gesetzlichen Steuertatbestandes abhelfen (BFH-Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10 , BFH/NV 2013, 11 ). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 05.05.2011 V R 39/10 , BFH/NV 2011, 1474 ; vom 20.09.2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518 , BFH/NV 2013, 103 ).

B)          cc) Entspricht die Einziehung der Steuer zwar dem zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, hält dieser aber einer an den Grundrechten ausgerichteten verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand, ist bereits das Gesetz als solches verfassungswidrig. Dies kann nur in dem dafür vorgesehenen Verfahren gegen den betreffenden Steuerbescheid geltend gemacht werden und rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme (BVerfG-Beschluss vom 08.07.1987 1 BvR 623/86 , DStZ/E 1987, 277; BFH-Urteil vom 23.03.1998 II R 26/96 , BFH/NV 1998, 1098 ). Zur Wahrung der Grundrechte kann jedoch bei generalisierenden und typisierenden Steuertatbeständen ein Billigkeitserlass wegen sachlicher Härte geboten sein, wenn die Regelungen nur deshalb einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten, weil im Einzelfall oder in Gruppen von Einzelfällen die Möglichkeit besteht, auftretenden Härten durch Billigkeitsmaßnahmen Rechnung zu tragen (BVerfG-Beschluss vom 19.12.1978 1 BvR 335/76 u. a., BVerfGE 50, 57, BStBl II 1979, 308; für einen Verstoß gegen das Übermaßverbot nur im Einzelfall BVerfG-Beschluss vom 05.04.1978 1 BvR 117/73 , BVerfGE 48, 102, BStBl II 1978, 441 , 445 , m. w. N.; BFH-Urteil vom 23.03.1998 II R 26/96, BFH/NV 1998, 1098). Das ist etwa dann der Fall, wenn der Gesetzgeber Zahl und Intensität der von der typisierenden Regelung nachteilig betroffenen Fälle mit zumutbarem Aufwand nicht ermitteln kann. Die Billigkeitsmaßnahme erweist sich in diesem Zusammenhang als eine flankierende Maßnahme zur Typisierung, die in einem atypischen Einzelfall zu ergreifen ist (BFH-Urteile vom 20.09.2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BFH/NV 2013, 103; IV R 36/10, BFHE 238, 429, BFH/NV 2013, 2481).

B)          dd) Unabhängig von einer etwaigen Verfassungswidrigkeit kann eine zur Missbrauchsverhinderung dienende, typisierende Vorschrift zu einer sachlichen Unbilligkeit im Einzelfall führen. Werden Missbrauchsfälle in typisierender Weise erfasst, ist eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall zwar nicht erforderlich. Wird jedoch jenseits dieses Zwecks ein atypischer Einzelfall erfasst, in dem der Gesetzeszweck von vorneherein nicht greift, so stellt dies einen im Billigkeitswege zu korrigierenden Gesetzesüberhang dar (BFH-Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10 , BFH/NV 2013, 11 , für die Absenkung der Beteiligung unter die Wesentlichkeitsschwelle gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002 in einer wirtschaftlichen Notlage).

C)          Im Streitfall hat der Beklagte eine abweichende Festsetzung der Steuern aus Billigkeitsgründen zu Recht abgelehnt, weil die Steuererhebung sachlich nicht unbillig ist. Da die Kriterien für eine abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbilligkeit nach § 163 AO dieselben sind wie für einen Steuererlass gemäß § 227 AO (s. oben unter 1.), hat der Beklagte auch einen Erlass zu Recht abgelehnt, so dass nicht entschieden werden muss, ob und inwieweit der Klageantrag als auf einen Erlass gerichtet auszulegen wäre (zum Verhältnis der beiden Rechtsinstitute vgl. Urteil des FG München vom 17.01.2006 6 K 2292/04 , juris; Loose in Tipke/Kruse, AO /FGO , § 163 AO Rz. 21, 30).

C)          aa) Der Beklagte hat die in der Zeit bis zum 11.11.1996 entstandenen Verluste der Klägerin entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes nicht zum 31.12.1997 und zum 31.12.1998 festgestellt und dementsprechend nicht gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10 d EStG , § 10a Gewerbesteuergesetz (GewStG) i. d. F. der Streitjahre vom jeweiligen Gesamtbetrag der Einkünfte bzw. vom Gewerbeertrag abgezogen.

C)          aaa) Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG i. d. F. vom 22.02.1996 (i. V. m. § 10a Satz 4 GewStG ) ist Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10d EStG bei einer Körperschaft, dass sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Wirtschaftliche Identität liegt nach Satz 2 der Vorschrift insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als drei Viertel der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen werden und die Gesellschaft danach ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen wieder aufnimmt. § 8 Abs. 4 KStG 1996 a. F. definiert die wirtschaftliche Identität einer Körperschaft nicht, sondern bestimmt in Satz 2 lediglich beispielhaft, wann eine wirtschaftliche Identität nicht mehr gegeben ist (BFH-Urteil vom 22.10.2003 I R 18/02 , BFHE 204, 273 , BStBl II 2004, 468).

C)          bbb) Durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform (UntStRFoG) vom 29.10.1997 (BGBl I 1997, 2590 ) wurde das Regelbeispiel in Satz 2 in zwei Punkten verschärft: Danach genügt es, wenn mehr als die Hälfte der Anteile übertragen werden und der Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortgeführt wird. Das UntStRFoG ist zwar auf verfassungswidrige Weise zustandegekommen, aber dennoch gültig (BVerfG-Beschluss vom 15.01.2008 2 BvL 12/01 , BVerGE 120, 56, BGBl I 2008, 481 ). Nach § 54 Abs. 6 KStG 1996 i. d. F. des Gesetzes zur Finanzierung eines zusätzlichen Bundeszuschusses zur gesetzlichen Rentenversicherung vom 19.12.1997 (RVFinG; BGBl I 1997, 3121 ; nunmehr § 34 Abs. 6 KStG 1999 i. d. F. des Steuersenkungsgesetzes) ist die Neuregelung erstmals für den Veranlagungszeitraum 1997 anzuwenden. Ist der Verlust der wirtschaftlichen Identität erstmals im Jahr 1997 vor dem 06.08. eingetreten – am 05.08.1997 wurde das UntStRFoG im Bundestag verabschiedet -, gilt § 8 Abs. 4 KStG 1996 n. F. erstmals für den Veranlagungszeitraum 1998. § 8 Abs. 4 KStG 1996 n. F. gilt danach bereits im Veranlagungszeitraum 1997 auch für solche Körperschaften, die nach den Maßstäben der Neuregelung ihre wirtschaftliche Identität bereits vor dem 01.01.1997 verloren haben (BFH-Beschluss vom 08.10.2008 I R 95/04 , BFHE 223, 105 , DStR 2009, 161).

C)          ccc) Nach der nach dem Gesetzeswortlaut auf den Streitfall anzuwendenden Neuregelung hat die Klägerin ihre wirtschaftliche Identität am … 1996 verloren, weil sämtliche Anteile an ihr übergegangen sind, ihr Betriebsvermögen auf die D GmbH übertragen wurde und ihr gleichzeitig vollständig neues Betriebsvermögenzugeführt wurden.

C)          bb) Zwar macht die Klägerin zu Recht geltend, dass die Neuregelung des § 8 Abs. 4 KStG durch das UntStRFoG in Verbindung mit der Übergangsregelung des § 52 Abs. 6 KStG i. d. F. des RVFinG eine unechte Rückwirkung beinhaltet. Diese unechte Rückwirkung rechtfertigt für sich genommen jedoch keine Billigkeitsmaßnahme.

C)          aaa) Die Neuregelung entfaltet eine sog. unechte Rückwirkung, weil hierdurch Verlustvorträge entwertet werden, die vor Verkündung des Gesetzes entstanden und ggf. bestandskräftig festgestellt worden waren (BFH-Beschluss vom 14.03.2011 I R 95/04 , BFH/NV 2011, 1192 ). Nach Auffassung des BFH verstößt die Übergangsregelung des § 54 Abs. 6 KStG 1996 n. F. insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG ), als die Neufassung des § 8 Abs. 4 KStG für Körperschaften, die ihre wirtschaftliche Identität vor dem 01.01.1997 verloren haben, bereits ab 1997 gelten soll, obwohl diese Körperschaften nicht weniger schutzwürdig seien als die, die ihre wirtschaftliche Identität erst zwischen dem 01.01. und dem 06.08.1997 verloren haben. Denn insbesondere in Fällen, in denen der Verlust der wirtschaftlichen Identität erst Ende 1996 eingetreten sei, hätten die Verluste regelmäßig noch nicht genutzt werden können (Vorlagebeschluss des BFH vom 08.10.2008 I R 95/04 , BFHE 223, 105 , DStR 2009, 161). Der übergangslose Wegfall eines im Einklang mit bisherigem Recht und bestandskräftig festgestellten Verlustabzugs sei unzulässig, wenn insoweit das Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage schutzwürdig sei, denn dann müsse dem Steuerpflichtigen zumindest für einen Übergangszeitraum von einem Jahr die Nutzung des bislang festgestellten Verlusts möglich sein (BFH-Beschluss vom 14.03.2011 I R 95/04 , BFH/NV 2011, 1192 ).

C)          bbb) Die Frage, ob die unechte Rückwirkung der Neuregelung des § 8 Abs. 4 KStG 1996 verfassungsrechtlich zulässig und wie die Übergangsfrist ggf. zu bemessen ist, ist allerdings allein durch das BVerfG zu beurteilen und kann für sich genommen keine abweichende Steuerfestsetzung rechtfertigen (s.o. 1.b)cc)).

C)          ccc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin bereits im Jahr 1996 eine unumkehrbare Disposition vorgenommen hat. Für die vom BVerfG bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer unechten Rückwirkung zu prüfende Frage, inwieweit das Vertrauen der Steuerpflichtigen verfassungsrechtlich geschützt ist, wird u. a. darauf abgestellt, ob und wann eine verbindliche Disposition vorgenommen wurde (BVerfG-Beschluss vom 07.07.2010 2 BvL 1/03 u. a., BVerfGE 127, 31 , BGBl I 2010, 1297 ). Die Situation der Klägerin ist insoweit nicht anders als die anderer Körperschaften, die ihre wirtschaftliche Identität nach der Neuregelung vor dem 01.01.1997 verloren haben. Da ein Anteilskauf, der zum Verlust der wirtschaftlichen Identität der Körperschaft führt, steuerrechtlich stets und zivilrechtlich regelmäßig unumkehrbar ist, ist der Streitfall gegenüber den anderen von der unechten Rückwirkung betroffenen Steuerpflichtigen nicht atypisch.

C)          cc) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Vortrag der Klägerin, es habe kein missbräuchlicher Mantelkauf vorgelegen, weil sie die Verluste in den Folgejahren ohne die Umstrukturierung mit eigenen Gewinnen hätte verrechnen können. Dabei kann offen bleiben, ob diese Behauptung zutreffend ist.

C)          Denn es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass § 8 Abs. 4 KStG 1996 eine überschießende Wirkung in dem Sinne hätte, dass der Gesetzgeber eigentlich nur sog. Verlustmäntel hätte erfassen wollen, also das äußere rechtliche Kleid einer Kapitalgesellschaft ohne nennenswertes Vermögen und ohne Geschäftsbetrieb (zum Begriff FG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2011 2 K 33/10 , EFG 2011, 1460 ; Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 8 Abs. 4 a. F. Rz. 14). Das Gesetz stellt vielmehr auf die wirtschaftliche Identität der Körperschaft, die den Verlust erlitten hat, mit der Körperschaft, die den Verlustabzug geltend macht, ab, die bei Verwirklichung des in Satz 2 genannten Regelbeispiels stets verloren gehen soll.

C)          Ebenso wenig kommt es für die Tatbestandsverwirklichung auf die Gründe für die Anteilsübertragung an, z. B. darauf, ob aus anderen Gründen als der Verlustnutzung eine konzerninterne Umstrukturierung durchgeführt werden soll (BFH-Urteil vom 20.08.2003 I R 61/01 , BFHE 203, 135 , BStBl II 2004, 616).

C)          Dem Charakter des § 8 Abs. 4 KStG 1996 als Missbrauchsverhinderungsnorm wird (allein) dadurch Rechnung getragen, dass von der Rechtsprechung über den Wortlaut der Vorschrift hinaus ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anteilsübertragung und der Betriebsvermögenszuführung verlangt wird und dass bei der Frage, ob überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt wurde, einzelne Betriebsvermögensmehrungen daraufhin untersucht werden, ob sie die wirtschaftliche Identität der Kapitalgesellschaft berühren, wie es bei Anlagevermögen i. d. R. der Fall ist (BFH-Urteil vom 01.07.2009 I R 101/08 , BFH/NV 2009, 1838 ). Im Streitfall bestand aber ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Anteilsübertragung auf die E GmbH und der Zuführung des vollständig neuen Betriebsvermögens.

C)          Gründe, die die sachliche Unbilligkeit der Anwendung der Missbrauchsverhinderungsvorschrift im Einzelfall begründen könnten, wie etwa, dass die Anteilsübernahme aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage erforderlich gewesen sei (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 21.08.2012 IX R 39/10 , BFH/NV 2013, 11 ; oben 2.b)dd)), macht die Klägerin nicht geltend.

C)          dd) Die Klägerin kann sich ebenso wenig darauf berufen, dass die begehrte Billigkeitsmaßnahme als eine flankierende Maßnahme zur Sicherstellung der Verfassungsmäßigkeit der typisierenden Norm erforderlich wäre (s. oben 2.b)cc)). Dabei kann offen bleiben, ob die Regelung des § 8 Abs. 4 KStG 1996 n. F. flankierender Billigkeitsmaßnahmen bedarf, weil der Gesetzgeber Zahl und Intensität der von der typisierenden Regelung nachteilig betroffenen Fälle mit zumutbarem Aufwand nicht ermitteln konnte. Denn es ist nicht erkennbar, dass diese Regelung gerade im Fall der Klägerin zu einer verfassungswidrigen individuellen Härte führte, wie etwa zu einem Verstoß gegen das Übermaßverbot oder das Leistungsfähigkeitsprinzip.

C)          ee) Entgegen der Auffassung der Klägerin begründet auch das Zusammentreffen der unechten Rückwirkung und der unumkehrbaren Disposition mit dem Entfallen der verbindlichen Auskunft keine sachliche Unbilligkeit der Steuererhebung.

C)          aaa) Nach § 2 Abs. 2 der aufgrund des § 89 Abs. 2 Satz 4 AO (eingeführt durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 05.09.2006, BGBl I 2006, 2098 ) erlassenen Steuer-Auskunftsverordnung vom 30.11.2007 (BGBl I 2007, 2783 ) entfällt die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft ab dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden. Aber auch vor Einführung dieser Vorschriften war anerkannt, dass eine verbindliche Auskunft außer Kraft tritt, wenn sich die zugrundeliegenden Rechtsvorschriften ändern (Seer in Tipke/Kruse, AO /FGO , § 89 Rz. 55: analoge Anwendung des § 207 Abs. 1 AO ). Bei einer rückwirkenden Gesetzesänderung entfällt auch die Auskunft rückwirkend, selbst wenn der relevante Sachverhalt bereits verwirklicht wurde. Eine gegenüber der zulässigen Rückwirkung von Gesetzen verstärkte Vertrauensbasis vermag auch eine verbindliche Auskunft nicht zu gewähren (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO, § 207 AO Rz. 10, für die verbindliche Zusage). Denn nach dem Gewaltenteilungsprinzip kann die Verwaltung weder versprechen, dass sich die zugrunde liegenden Gesetze nicht ändern werden, noch, dass anderenfalls zugunsten des Zusageadressaten weiterhin die günstigere alte Fassung angewandt werde (Seer in Tipke/Kruse, AO /FGO, § 207 AO Rz. 3; Frotscher in Schwarz, AO , Vor §§ 204-207 Rz. 15). Das entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass man mit Gesetzesänderungen rechnen muss und nicht auf den zeitlich unbegrenzten Fortbestand einer einmal geltenden Rechtslage vertrauen kann (BVerfG-Beschluss vom 07.07.2010 2 BvL 1/03 u. a., BVerfGE 127, 31 , BGBl I 2010, 1297 ). Dementsprechend hat das FA Kö-1 in der verbindlichen Auskunft vom 18.06.1996 ausdrücklich auf das Außerkrafttreten bei Änderung einer zugrundeliegenden Rechtsvorschrift hingewiesen.

C)          bbb) Zwar wird in der Literatur, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, z. T. vertreten, dass bei dem Entfallen einer verbindlichen Zusage wegen einer Gesetzesänderung Billigkeitsmaßnahmen in Betracht kommen (Seer in Tipke/Kruse, AO /FGO , § 207 AO Rz. 7: bei unwiderruflicher Disposition; Schallmoser in Hübschann/Hepp/Spitaler, AO /FGO, § 207 AO Rz. 10; Rüsken in Klein, AO , 11. Aufl., § 207 Rz. 1: allenfalls ausnahmsweise; Steinhauff, JurisPR-SteuerrR 8/2008 Anm. 4, allerdings für den Spezialfall der Rückführung einer steuerlichen Vergünstigung, die dem Bürger einen Anreiz zu einer bestimmten Investition geben sollte, wenn der Bürger diese Investition getätigt hat).

C)          Der Beklagte hat das ihm insoweit eröffnete Ermessen jedoch erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt. Er hat der Situation der Klägerin dadurch Rechnung getragen, dass er ihr die Stundung der Steuerforderungen für 1998 und 1999 gewährt hat. Darüber hinaus besteht keine Ermessensreduzierung auf null dahingehend, dass der Beklagte die aus dem Verlustuntergang resultierenden Steuerforderungen bzw. Messbeträge für die Streitjahre abweichend auf 0 € festzusetzen hätte. Eine sachliche Unbilligkeit liegt auch insoweit nicht vor. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei Erlass der Neuregelung des § 8 Abs. 4 KStG 1996 und der dazu ergangenen Übergangsvorschrift solche Körperschaften hätte ausnehmen wollen, denen in einer verbindlichen Auskunft die Nichtanwendbarkeit des § 8 Abs. 4 KStG 1996 in der vorherigen Fassung zugesagt worden war. Denn da sich die Verbindlichkeit einer Auskunft immer nur auf die zur Zeit ihrer Erteilung geltende Rechtslage beschränkt, rechtfertigt ihre Erteilung grundsätzlich nicht die Erwartung, das jeweilige Gesetz werde auch in Zukunft nicht geändert. In Bezug auf künftige Rechtsänderungen sind die Empfänger verbindlicher Auskünfte nicht schutzwürdiger als andere Steuerpflichtige. Zwar ist der Klägerin darin zu folgen, dass sie aufgrund der verbindlichen Auskunft mehr als andere Steuerpflichtige darauf vertrauen konnte, den Tatbestand des § 8 Abs. 4 KStG 1996 a. F. nicht zu erfüllen, weil selbst die Steuerpflichtigen, die die Voraussetzungen des Regelbeispiels in Satz 2 eindeutig nicht erfüllten, nicht sicher ausschließen konnten, einen wirtschaftlich vergleichbaren Sachverhalt i. S. des Satzes 1 verwirklicht zu haben. Andererseits ist die Klägerin aufgrund der verbindlichen Auskunft aber nicht schutzwürdiger, als sie es bei einer bestandskräftigen und nicht mehr änderbaren Verlustfeststellung auf den 31.12.1996 gewesen wäre. Auch diese Fälle hat der Gesetzgeber indes nicht von der Neuregelung ausgenommen, sodass nicht davon auszugehen ist, dass er, hätte er insoweit ein Regelungsbedürfnis erkannt, die Empfänger verbindlicher Auskünfte von der Anwendung der Neuregelung ganz ausgenommen oder für sie eine länger als ein Jahr währende Übergangsfrist eingeräumt hätte.

C)          Das gilt entgegen der Auffassung der Klägerin auch unter Berücksichtigung der Eigenschaft des § 8 Abs. 4 KStG 1996 a. F. als typisierende Missbrauchsverhinderungsvorschrift. Eine verbindliche Auskunft in einem derartigen Bereich stellt sicher, dass nach geltendem Recht kein Missbrauch vorliegt, schützt aber nicht davor, dass der Gesetzgeber einen Missbrauch durch eine Neuregelung anders definiert, dass er eine Typisierung wählt, die von einem Missbrauch völlig abgekoppelt ist, oder dass er den Verlustvortrag in anderer Hinsicht beschränkt. Die Klägerin konnte durch die Einholung der verbindlichen Auskunft nur sicherstellen, dass die Regelung des § 8 Abs. 4 KStG 1996 a. F. auf sie nicht angewendet wird, und nur hierauf berechtigterweise vertrauen. Einen Schutz gegenüber einer rückwirkenden Verschärfung der Norm durch den Gesetzgeber konnte die Klägerin über die Verwaltung dagegen nicht sicherstellen.

C)          Der erkennende Senat folgt der Klägerin im Übrigen nicht darin, dass der Gesetzgeber durch die Verwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs und einer Typisierung in § 8 Abs. 4 KStG 1996 a. F. eine Konkretisierungsbefugnis auf die Finanzverwaltung delegiert und ihr auf diese Weise eine „gewaltenteilige” Rechtsetzungsmacht eingeräumt hätte. Der Gesetzgeber hat lediglich einen unbestimmten Rechtsbegriff verwendet und diesen durch ein Regelbeispiel ausgefüllt. Die Auslegung des Gesetzes ist letztlich Aufgabe der Gerichte, die dabei keinen Beurteilungsspielraum der Verwaltung zu berücksichtigen haben. Eine irgendwie geartete Rechtsetzungsmacht der Verwaltung, die zu einer zumindest im Billigkeitswege zu gewährenden Rechtsanwendung entsprechend der verbindlichen Auskunft führen könnte, wurde der Verwaltung nicht eingeräumt.

C)          ff) Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Klägerin auf die verbindliche Auskunft in besonderem Maße vertraut und daraufhin die Umstrukturierung vorgenommen hat und dass der Wegfall der erheblichen Verlustvorträge – nach dem Wortlaut des Gesetzes ab 1997, nach Auffassung des BFH, der sich der Beklagte durch den Erlass der Abhilfebescheide für 1996 angeschlossen hat, ab 1998 – für sie eine Härte bedeutet. Da die Klägerin jedoch keine persönlichen Billigkeitsgründe geltend macht, können ihre individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt werden. Die für alle Körperschaften aus der Neuregelung resultierende Härte ist in der Rückwirkung der Neuregelung begründet, die jedoch, wie dargelegt, keine Billigkeitsmaßnahme rechtfertigt, sondern im Rahmen der Verfassungsmäßigkeit der Übergangsvorschrift zu würdigen ist. Eine sachliche Unbilligkeit im Einzelfall der Klägerin liegt damit nicht vor.

 

II.

1. Der erkennende Senat hat von einer Aussetzung der Verhandlung gemäß § 74 FGO bis zur Entscheidung des BVerfG im Verfahren 2 BvL 2/09 abgesehen, weil die Beteiligten diese nicht beantragt haben und weil sich der Vorlagebeschluss des BFH (vom 08.1.2008 I R 95/04 , BFHE 223, 105 , BFH/NV 2009, 500 ) auf die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 4 KStG 1996 i. d. F. des UntStRFoG für die betroffenen Körperschaften nur auf den Veranlagungszeitraum 1997 bezieht und nicht auf die folgenden Veranlagungszeiträume, die hier streitgegenständlich sind und von der Entscheidung des BVerfG daher voraussichtlich nicht betroffen sein werden. Im Übrigen ist die Entscheidung über die Steuerfestsetzung oder, wie hier, über eine Verlustfeststellung für vorangegangene Zeiträume nicht vorgreiflich für eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO (Loose in Tipke/Kruse, AO /FGO, § 163 AO Rz. 31), sondern umgekehrt allenfalls die Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO für die Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 20.09.2007 IV R 32/06 , BFH/NV 2008, 569 ).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

3. Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor. Bei der Vorschrift des § 8 Abs. 4 KStG 1996 n. F. und der hierzu ergangenen Übergangsvorschrift handelt es sich um seit geraumer Zeit ausgelaufenes Recht. Der Senat geht nicht davon aus, dass bei den anderen Finanzgerichten eine erhebliche Zahl gleichgelagerter Fälle anhängig ist.

 

Vorfälligkeitsentschädigungen als nachträgliche Werbungskosten

Finanzgericht Düsseldorf, 7 K 545/13 E

Datum:
11.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 545/13 E
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand

2Streitig ist die Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

3Die Klägerin veräußerte im Streitjahr 2010 das von ihr im Jahre 1999 erworbene Objekt „A“-Straße in „B“ für 155.000 EUR; die Klägerin war zur lastenfreien Übertragung des Grundstückes verpflichtet. Zur Ablösung einer Restschuld aus zwei Darlehen in Höhe von 48.773 EUR, die zur Finanzierung der Anschaffung aufgenommen worden waren, zahlte sie der kreditgebenden Bank insgesamt 3.479,07 EUR als Vorfälligkeitsentschädigung und machte diese in ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte berücksichtigte zunächst diese Aufwendungen in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid vom 25.7.2012; der Verlust aus der Vermietung des Objektes betrug 4.914 EUR. Die Klägerin erhob hiergegen aus anderen als den hier streitigen Gründen Einspruch. Mit Schreiben vom 13.8.2012 teilte der Beklagte mit, die Vorfälligkeitsentschädigungen könnten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.1.2013 verringerte der Beklagte den Verlust aus Vermietung und Verpachtung auf 1.435 EUR und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen (Bl. 19ff der Gerichtsakten).

4Die Klägerin hat am 20.2.2013 Klage erhoben, zu deren Begründung sie unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens geltend macht, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, insbesondere dem Urteil vom 20.6.2012 (Az.: IX R 67/10, BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275) zur Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten, seien auch nach Beendigung der Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen, deren ursprünglicher Grund in der Aufnahme von Darlehen zur Finanzierung eines Vermietungsobjektes liege, auch nach der Veräußerung des Objektes als Werbungskosten zu berücksichtigen. Diese Rechtsprechung sei auch auf Vorfälligkeitsentschädigungen anzuwenden, da derartige Zahlungen wirtschaftlich Vorauszahlungen auf in Zukunft fällig werdende Zinsen darstellten. Durch die Veräußerung werde der ursprünglich bestehende Veranlassungszusammenhang zwischen der Entstehung der Darlehensschuld und der Einkunftserzielung nicht aufgelöst.

5Die Klägerin beantragt,

6die Einkommensteuer für 2010 auf 23.303 EUR herabzusetzen.

7Der Beklagte beantragt,

8die Klage abzuweisen.

9Er vertritt die Ansicht, der für einen Anerkennung als Werbungskosten notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen Schuldzinsen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestehe nicht mehr, wenn das Objekt veräußert worden sei. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.6.2012 sei dahingehend zu verstehen, dass nach einer Veräußerung entstehende, nachträgliche Schuldzinsen nur dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt werden könnten, wenn die Voraussetzungen einer Versteuerung des Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG gegeben seien. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der maßgebliche Zeitraum von zehn Jahren seit Anschaffung im Zeitpunkt der Veräußerung abgelaufen gewesen sei.

10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Beklagten vorgelegten Steuerakten.

11Entscheidungsgründe

12Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 25.7.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.1.2013 ist rechtmäßig. Die Vorfälligkeitsentschädigungen sind nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.

13Nach der bisher ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellen Vorfälligkeitsentschädigungen keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar. Derartige Entschädigungen unterfallen dem ertragsteuerlichen Schuldzinsenbegriff mit der Folge, dass sie nur dann als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn sie im Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, d.h. durch die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst sind (vgl. BFH Urteile vom 14.1.2004 IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091 und vom 6.12.2005 VIII R 34/04 BFHE 212, 122, BStBl II 2006, 265). Der ursprünglich durch die Aufnahme eines Kredites zur Anschaffung einer Vermietungsobjektes bestehende Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wird durch die Veräußerung des Vermietungsobjektes unterbrochen, wenn die vorzeitige Rückführung des Kredits auf die Verpflichtung des Veräußerers zur lastenfreien Übereignung des Grundstücks zurückzuführen ist; die Vorfälligkeitsentschädigungen sind dann nicht den bis zur Veräußerung erzielten laufenden Einkünften, sondern dem Veräußerungsvorgang zuzurechnen (vgl. BFH Urteile vom 23.1.1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464, vom 23.9.2003 IX R 20/02, BFHE 203, 352, BStBl II 2004, 57 und vom  6.12.2005 VIII R 34/04 a.a.O.; Beschluss vom 9.8.2012 IX B 57/12, BFH/NV 2012, 2014). Da die Klägerin nach dem notariellen Kaufvertrag verpflichtet war, das Grundstück, mit Ausnahme einer Grunddienstbarkeit, lastenfrei auf den Erwerber zu übertragen, bestand ein Zusammenhang zwischen der Verpflichtung zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen mit der Veräußerung, nicht aber den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

14Etwas anderes ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung zur Anerkennung von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. In seiner Entscheidung vom 20.06.2012 lässt der Bundesfinanzhof den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten in einem größeren Umfang zu als zuvor. Maßgebender Grund für die erweiterte Abzugsfähigkeit ist die Verlängerung der Spekulationsfrist für Grundstücksveräußerungen durch § 23 Abs. 1 S. 1 EStG in seiner seit 1999 geltenden Fassung auf nunmehr 10 Jahre. Vor diesem Hintergrund, so der BFH, sei das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest –) Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Aus diesem Grund könnten nachträgliche Schuldzinsen auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes dienen. Dies würde besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsgutes sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen minderten. Diese Regelung verknüpfe das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Absatz 1 S. 1 EStG steuerbar bewahrten Veräußerungsgeschäfts, strukturell der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen gleichgestellt werde. Hieraus hat der BFH im entschiedenen Fall, in dem die Veräußerungsfrist noch nicht abgelaufen war, eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bejaht. Ob darüber hinaus in anderen denkbaren Fallkonstellation, damit auch nach Ablauf der Zehnjahresfrist, eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht nur durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen. Ausgedehnt hat er die Rechtsprechung ausdrücklich nur auf die Fälle, in denen ein bisher zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienendes Wohngrundstück steuerbar veräußert wurde und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen. Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, über die vom BFH hinaus erfolgte Erweiterung auch im hier zu entscheidenden Fall die nach der Beendigung der Vermietungsabsicht angefallenen Schuldzinsen anzuerkennen. Hier war die Veräußerungsfrist abgelaufen. Die Gründe, die den BFH im angesprochenen Urteil dazu bewogen haben, seine Rechtsprechung zur Anerkennung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung undVerpachtung auszudehnen, greifen nicht ein. Denn die Situation des Veräußerers, der nicht unter § 23 EStG fällt, ist der Situation des Veräußerers von Betriebsvermögen gerade nicht zu vergleichen.

15Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

16Die Revision wurde zur Fortbildung des Rechts gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

Reform des steuerlichen Reisekostenrechts – Grundsätze ab dem 01.01.2014

Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 285, BStBl I S. 188) wurden die bisherigen steuerlichen Bestimmungen zum steuerlichen Reisekostenrecht neu geregelt. Davon abweichende Regelungen der Lohnsteuer-Richtlinien 2013 sind nicht mehr anzuwenden.

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde zugesagt, rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Reform des steuerlichen Reisekostenrechts zum 1. Januar 2014 das auch von der Wirtschaft gewünschte „einführende“ (erläuternde) BMF-Schreiben zu erstellen. Gemeinsam mit den obersten Finanzbehörden der Länder wurden zu allen neuen gesetzlichen Regelungen Erläuterungen sowie Beispiele erarbeitet. Der Entwurf dieses BMF-Schreibens wurde im Juli allen bereits im Gesetzgebungsverfahren beteiligten Verbänden zur Information und mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übersandt. Von Mitte August bis Mitte September wurden die eingegangenen Vorschläge, Anregungen und Forderungen der Verbände gemeinsam mit den Ländern ausgewertet und nahezu vollständig in das einführende BMF-Schreiben aufgenommen. Eingang in das BMF-Schreiben haben darüber hinaus auch viele Erläuterungen und vereinfachende Regelungen gefunden, die von Seiten der Praktiker im Rahmen der bis August abgehaltenen Infoveranstaltungen und Multiplikatorenschulungen angeregt wurden. Nur wenige, weil den neuen gesetzlichen Reglungen zuwiderlaufende, Vorschläge konnten bzw. durften nicht berücksichtigt werden.

Das BMF-Schreiben vom 30. September 2013 enthält nunmehr die Grundsätze, die bei der Anwendung der am 1. Januar 2014 in Kraft tretenden gesetzlichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zur steuerlichen Beurteilung von Reisekosten der Arbeitnehmer gelten. Das gibt Planungssicherheit für die betroffenen Steuerpflichtigen.

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2353 / 13 / 10004 vom 30.09.2013

Den Volltext des Schreibens finden Sie auf der Homepage des BMF.
Einen Rechner für die Reisekostenabrechnung finden Sie auf http://steuerrechner24.de/reisekostenabrechnung/