BFH legt dem EuGH Fragen zur KMU-Empfehlung 2003 bei der Investitionszulage vor

BFH-Beschluss vom 20.12.2012 – III R 30/11

Presserklärung des Bundesfinanzhofs (BFH) Nr. 15:

“Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 III R 30/11 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens mehrere Fragen vorgelegt, unter welchen Voraussetzungen zwei oder mehrere an sich unabhängige Unternehmen für die Beurteilung, ob es sich um ein kleines oder mittleres Unternehmen handelt, als Einheit zu betrachten sind.

Im Streitfall begehrt die Klägerin, eine GmbH, eine erhöhte Investitionszulage gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2005. Dies setzt u.a. voraus, dass der Betrieb, in den investiert wird, die Merkmale für Kleinstunternehmen sowie für kleinere und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Europäischen Kommission erfüllt (sog. KMU-Empfehlung). Obwohl die Klägerin für sich betrachtet die in der KMU-Empfehlung enthaltenen Schwellenwerte einhält, hat ihr das Finanzamt die erhöhte Investitionszulage verwehrt, weil es davon ausgeht, die Klägerin bilde zusammen mit einer weiteren GmbH eine wirtschaftliche Einheit.

Der Entscheidung durch den EuGH bedarf es, da die Europäische Kommission im Anhang zu ihrer KMU-Empfehlung zwar einerseits detaillierte, an konzernrechtlichen Verflechtungen orientierte Anforderungen für die Annahme verbundener Unternehmen aufgestellt hat, in ihrer Spruchpraxis aber andererseits bei deren Nichtvorliegen im Einzelfall an der im Zusammenhang mit der nicht so präzisen Vorgängerempfehlung aus dem Jahr 1996 entwickelten wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung festhält. Rechtsprechung des EuGH (oder des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften) existiert bislang nur zu der durch die KMU-Empfehlung 2003 abgelösten Vorgängerempfehlung.”

Bundesfinanzhof (BFH)

OFD Koblenz: Alte Masche bei neuen Firmen, USt.-ID gibt es kostenfrei!

In einer aktuellen Warnmeldung weist die OFD Koblenz nochmals darauf hin, dass keine Kosten bei der Registrierung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhoben werden. Aktuell befinden sich wieder amtlich aussehende Schreiben im Umlauf, in denen Firmen eine kostenpflichtige Registrierung, Erfassung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNrn.) angeboten wird. Die Schreiben richten sich insbesondere an neu gegründete Firmen.

Die Vergabe von USt-IdNrn. ist stets kostenfrei und erfolgt in Deutschland ausschließlich durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). In der Regel beantragen die Unternehmen bei ihrem zuständigen Finanzamt die Erteilung der USt-IdNrn. und diese übermitteln die Anträge dann intern an das BZSt. Die USt-IdNrn. ist eine eindeutige Kennzeichnung eines Unternehmens im umsatzsteuerlichen Sinne. Sie wird benötigt von Unternehmen, die innerhalb der Europäischen Union (EU) am Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten teilnehmen.

Weiter Informationen auch unter www.bzst.de oder www.ust-idnr.org.

OFD Koblenz
Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)

OFD Koblenz: Steuerbescheide in RLP erst ab Mitte März möglich

Bereits seit 2012 können die Finanzämter erst frühestens im März die ersten Steuerbescheide versenden. Darauf weist die OFD Koblenz in einer aktuellen Presseerklärung hin. Gesetzliche Änderungen verschieben dabei den Start der Steuerberechnung. Grund sind gesetzliche Änderungen, die Arbeitgebern, Versicherungen und anderen Institutionen eine Frist bis zum 28. Februar eines Jahres einräumen, um die für die Steuerberechnung benötigten Daten, wie Lohnsteuerbescheinigungen, Beitragsdaten zur Kranken- und Pflegeversicherung, Altersvorsorge sowie Rentenbezugsmitteilungen an die Finanzverwaltung zu liefern.

Zudem stehen den Finanzämtern die bundeseinheitlichen Programme zur Berechnung der Steuern ebenfalls erst frühestens ab Mitte Februar eines Jahres zur Verfügung.

Daher können die Finanzämter in den meisten Fällen erst ab März eines Jahres die Einkommensteuererklärungen endgültig bearbeiten, so dass der fertige Steuerbescheid nicht vor Mitte März im heimischen Briefkasten landet.

OFD Koblenz

Steuerbefreiung für ähnliche heilberufliche Tätigkeiten (OFD)

Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG für ähnliche heilberufliche Tätigkeiten
Auflistung der anerkannten und nicht anerkannten Tätigkeiten

 1. Allgemeines

Die Umsätze aus der Tätigkeit der in § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG nicht ausdrücklich genannten Heil- und Heilhilfsberufe (Gesundheitsfachberufe) fallen nur dann unter die Steuerbefreiung, wenn es sich um eine einem Katalogberuf ähnliche heilberufliche Tätigkeit handelt.

Ein Heilberuf wird durch die unmittelbare Arbeit am oder mit dem Patienten, also dem kranken Menschen, gekennzeichnet. Ausübung der Heilkunde liegt vor, wenn es sich um Tätigkeiten zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen handelt (siehe auch § 1 Heilpraktikergesetz ).

Ein Beruf ist nach Abschn. 4.14.4. Abs. 6 UStAE einem der im Gesetz genannten Katalogberufe ähnlich, wenn das typische Bild des Katalogberufes mit seinen wesentlichen Merkmalen dem Gesamtbild des zu beurteilenden Berufes vergleichbar ist. Zu den wesentlichen Merkmalen gehören:

  • die Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeit,
  • die Vergleichbarkeit der Ausbildung,
  • die Vergleichbarkeit der berufsrechtlichen Regelung über Ausbildung, Prüfung, staatliche Anerkennung sowie der staatlichen Erlaubnis und Überwachung der Berufsausbildung.

 

Die Ähnlichkeit eines Heilhilfsberufs ohne staatliche Regelung mit dem Katalogberuf des Krankengymnasten scheitert nicht daran, dass der Steuerpflichtige keine staatliche Erlaubnis zur Führung seiner Berufsbezeichnung besitzt. Vielmehr reicht es aus, wenn er über die Erlaubnis seiner beruflichen Organisation verfügt, die Kenntnisse bescheinigt, die den Anforderungen einer staatlichen Prüfung für die Ausübung der Heilhilfsberufe vergleichbar sind.

Ausreichendes Indiz für das Vorliegen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit ist die Zulassung des jeweiligen Unternehmers bzw. die regelmäßige Zulassung seiner Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen (vgl. hierzu auch das BMF-Schreiben vom 28.02.2000 –   BStBl 2000 I S. 433 und das BFH-Urteil vom 19.12.2002 –   BStBl 2003 II S. 532 ).

Fehlt es an einer solchen Zulassung, obliegt es den Finanzämtern festzustellen, ob die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB V vergleichbar sind (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 28.08.2003 –   BStBl 2004 II S. 954 ).

Auf die Rechtsform des Unternehmers kommt es für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG nicht an (Abschn. 4.14.7. UStAE ). So kann auch ein in der Rechtsform einer GmbH oder GmbH & Co. KG betriebenes Unternehmen bei Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG in Anspruch nehmen (vgl. Beschluss des BVerfG vom 10.11.1999 –   BStBl 2000 II S. 160 ).

 2. Ähnliche heilberufliche Tätigkeiten

Außer den in Abschn. 4.14.4. Abs. 11 UStAE genannten ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten können z. B. folgende Tätigkeiten als ähnliche heilberufliche Tätigkeiten angesehen werden:

  • Fachbiologen der Medizin (deren zytologische/histologische Leistungen – Zytologie: Zellenlehre, Histologie: Wissenschaft von den Geweben des Körpers)
  • Fachwissenschaftler der Medizin
  • Hippotherapie, die von einem Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird (BFH-Urteil vom 30.01.2008 – XI R 53/06 , BStBl. 2008, II, S. 647 )

 3. Keine ähnlichen heilberufliche Tätigkeiten

Nicht unter § 4 Nr. 14 UStG fallen neben den in Abschn. 4.14.4. Abs. 12 UStAE genannten Berufen z. B. auch:

  • Augenoptiker (keine Kassenzulassung § 124 SGB V , sondern nach § 126 SGB V ; kein Heilmittelerbringer, sondern Hilfsmittelerbringer)
  • Epilation (Haarentfernung, Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 29.06.1998, 6 K 171/96 , EFG 1998 S. 1365 )
  • Fachkosmetiker/Pharma Cosmetologen
  • Familienhelfer (Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27.11.1998, 12 K 158/98 , EFG 1999 S. 508 )
  • Gymnastiklehrer (auch mit staatlicher Prüfung)
  • Haaranalysen (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 23.01.1992, V 309/91 , nicht veröffentlicht)
  • Heilmagnetiseure (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 12.01.1995, V 99/94 , EFG 1995 S. 735 )
  • Heilpädagogen (sozialpflegerischer Beruf, kein Heilberuf)
  • Kunstpädagogen und -therapeuten (auch mit Diplom)
  • Kurpacker (Beschluss des FG München vom 09.07.1987, XIV 166/86 AusU , EFG 1988 S. 330 )
  • Legasthenie-Therapeuten (Ausnahme: Umsätze aus Legasthenie-Behandlungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII erbracht werden, vgl. Rdvfg. S 7170 A – 80 – St I 2.30, USt-Kartei OFD Ffm. § 4 Nr. 14 – S 7170 -Karte 21)
  • Medizinischer Strahlenschutzphysiker
  • Medizinphysiker (BFH-Urteil vom 15.09.1994, XI R 59/93 , BFH/NV 1995 S. 647 )
  • Musiktherapeuten (BFH-Beschluss vom 26.10.1998, V B 78/98 , BFH/NV 1999 S. 528 ; Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 19.03.1998, V R 53/96 , DStRE 2000 S. 312)
  • Orientierungs- und Mobilitätstrainer (Keine Kassenzulassung § 124 SGB V , sondern nach § 126 SGB V ; kein Heilmittelerbringer, sondern Hilfsmittelerbringer; allerdings können die Leistungen unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. k UStG steuerfrei sein, vgl. Abschn. 4.16.5. Abs. 20 UStAE )
  • Hippotherapie, die nicht von einem Physiotherapeuten (Krankengymnasten) mit entsprechender Zusatzausbildung auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird
  • Schwesternhelfer (FG Hamburg, Beschluss vom 23.11.1989, I 167/89 , UR 1990 S. 186 )
  • Sozialpsychiatrische Kinder und- Jugendtherapeuten
  • Tomatis-Therapeuten, z. B. „Tomatis-Hörkur (Urteil des FG Düsseldorf vom 07.10.2012, 1 K 939/10 U . Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch den BFH mit Beschluss vom 11.05.2012, V B 106/11 , als unbegründet zurückgewiesen)
  • Wechseljahresberaterinnen (diese erbringen im Wesentlichen beratende und informierende Tätigkeiten)
  • Yogalehrer
  • Durchführung von Zilgrei-Selbsthilfekursen für gesetzliche Krankenversicherungen (a. A. FG Nds. Urteil vom 16.10.2002, 5 K 56/98 , EFG 2003 S. 348 ; die Revision wurde durch BFH-Urteil vom 24.02.2005 – V R 60/02 – (BFH/NV 2005 S. 1327 ) erledigt, da der Kläger den Rechtsstreit für beendet erklärte, die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG wurde daher nicht mehr vom BFH geprüft)

 4. Ärztliche Verordnung erforderlich

Für Leistungen aus der Tätigkeit von Gesundheitsfachberufen kommt die Steuerbefreiung grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie aufgrund ärztlicher Verordnung bzw. einer Verordnung eines Heilpraktikers oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden. Als ärztliche Verordnung gilt im Allgemeinen sowohl das Kassenrezept als auch das Privatrezept; bei Rezepten von Heilpraktikern handelt es sich durchweg um Privatrezepte. Eine Behandlungsempfehlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker, z. B. bei Antritt des Aufenthalts in einem „Kur”-Hotel, gilt nicht als für die Steuerbefreiung ausreichende Verordnung (vgl. Abschn. 14.1. Abs. 4 und 5 Buchst. a UStAE ).

Die Rundvfg. vom 01.04.2009 wird aufgehoben. Die Änderungen sind durch einen schwarzen Balken auf der rechten Seite gekennzeichnet.

Besteuerung von Gegenwertzahlungen als Arbeitslohn (FG)

Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Gegenwertzahlungen als Arbeitslohn

 Leitsatz

1. Die Besteuerung von Gegenwertzahlungen, die der Arbeitgeber bei Austritt aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder leistet, als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG ist verfassungsgemäß.

2. Zwischen Sanierungsgeldern als Pflichtzahlungen aufgrund der Systemumstellung in ein Punktesystem und Gegenwertzahlungen, deren Zahlungspflicht durch das freiwillige Ausscheiden des Arbeitgebers aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder begründet wird, bestehen Unterschiede von solcher Art und Gewicht, dass eine ungleiche steuerliche Behandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

 Gesetze

EStG § 19 Abs. 3 S. 2
EStG § 40b Abs. 4
LStDV § 3 Abs. 2 Nr. 3
GG Art. 3 Abs. 1

 Instanzenzug

BFH 21.12.2012 – VI R 49/12

 Tatbestand

Streitig ist, ob Gegenwertzahlungen des Klägers an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.

Der Kläger ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die mit Zustimmung des beklagten Finanzamtes ihre Lohnsteuer im besonderen Erhebungsverfahren nach § 38 Abs. 3a Einkommensteuergesetz (EStG) durch die B anmeldet und abführt. Zum 31. Dezember 2008 trat der Kläger aus der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) aus. Gemäß der Satzung der VBL leistete der Kläger deshalb eine sogenannte Gegenwertzahlung von xxx.xxx Euro an die VBL. In einer berichtigten Lohnsteueranmeldung für Dezember 2008 vom 27. Januar 2009 wurde diese Gegenwertzahlung mit einem Pauschalsteuersatz von 15% angemeldet; Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag wurden entsprechend abgeführt.

Der hiergegen gerichtete form- und fristgerechte Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7. September 2009 zurückgewiesen. Mit seiner Klage vom 6. Oktober 2009 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, die gesetzliche Behandlung der Gegenwertzahlung als Arbeitslohn verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Der Kläger habe seinen Arbeitnehmern eine zusätzliche betriebliche Altersvorsorge zugesagt, die durch die VBL als umlagefinanzierte Zusatzversorgungskasse ausgezahlt werde. Die Finanzierung der Rentenanwartschaften und -ansprüche erfolge durch eine auf der Basis des Arbeitsentgelts berechnete Umlage, die der Arbeitgeber schulde und die beim Arbeitnehmer zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führe. Diese Umlagen dienten nicht der Finanzierung der künftigen Renten, sondern der gegenwärtigen Renten innerhalb eines Deckungsabschnitts. Bei Ausscheiden eines Arbeitgebers aus der VBL würden satzungsgemäß Ausgleichszahlungen fällig, die der Deckung der nach dem Ausscheiden noch zu erfüllenden Verpflichtungen der VBL aus Rentenanwartschaften und -ansprüchen dienten. Durch diese sogenannten Gegenwertzahlungen finanziere der ausscheidende Arbeitgeber die zukünftig zu erwartenden Zahlungsverpflichtungen der VBL aus. Neue Anwartschaften oder Ansprüche würden dadurch nicht begründet.

Die Ungleichbehandlung der steuerpflichtigen Gegenwertzahlungen gegenüber den Sanierungsgeldern, die ausdrücklich nicht besteuert würden, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Sanierungsgelder seien zu zahlen gewesen, um den zusätzlichen Finanzierungsbedarf zu decken, der sich ergeben habe, als die VBL vom früheren Gesamtversorgungssystem auf das jetzige Punktemodell umgestellt worden sei. Damit seien die vor der Umstellung begründeten Anwartschaften gesichert worden. In beiden Fällen würden Ansprüche ausfinanziert, die durch geleistete Zahlungen bereits bestünden und keine neuen Anwartschaften begründet. Damit würden zwei Sachverhalte, die in wesentlichen Punkten als gleich gelagert anzusehen seien, ungleich behandelt. Im Gesetzgebungsverfahren habe die Bundesregierung ebenfalls diesen Standpunkt vertreten. Die vor der gesetzlichen Neuregelung ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung habe die Steuerpflichtigkeit sowohl von Sanierungsgeldern als auch von Gegenwertzahlungen abgelehnt. Die Besteuerung der Gegenwertzahlungen weiche zudem vom objektiven Nettoprinzip ab, da beim Arbeitnehmer Arbeitslohn fingiert werde, der seine Leistungsfähigkeit nicht erhöht habe.

Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liege auch im Vergleich zu sonstigen Personalaufwendungen vor. Gegenwertzahlungen seien als Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer als Betriebsausgaben abziehbar. Die pauschale Lohnversteuerung mache diesen Abzug wirtschaftlich betrachtet jedoch teilweise wieder rückgängig, da der Arbeitgeber für die pauschale Lohnsteuer typischerweise beim Arbeitnehmer keinen Regress nehmen könne und definitiv mit ihr belastet bleibe. Dadurch werde auch das objektive Nettoprinzip verletzt.

Die Ungleichbehandlung sei weder durch einen erkennbar verfolgten Lenkungszweck noch durch eine Vereinfachung aufgrund von Typisierung gerechtfertigt. Im Übrigen fehle dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung, da es sich bei der Besteuerung der Gegenwertzahlungen tatsächlich um eine Verkehrsteuer handele. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 1. Dezember 2009 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.           die Lohnsteueranmeldung für Dezember 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 7. September 2009 dahingehend zu ändern, dass Lohnsteuer in Höhe von xx.xxx Euro, pauschale Kirchenlohnsteuer in Höhe von x.xxx Euro und Solidaritätszuschlag in Höhe von x.xxx Euro festgesetzt werden;
  2. 2.           hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen;
  3. 3.           die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

 

Der Beklagte beantragt

die Klage abzuweisen.

Er hält die Besteuerung der Gegenwertzahlungen für verfassungsgemäß. Nicht nur der Erwerb, sondern auch die Sicherung von Zukunftssicherungsleistungen liege im Interesse des Arbeitnehmers. Die Gegenwertzahlungen stellten eine Art Schlusszahlung des Arbeitgebers in das Umlageverfahren dar. Wegen dieser Ersatzfunktion der Sonderzahlung für die laufenden Umlagen sei gesetzlich die Steuerbarkeit hergestellt worden. Dadurch solle auch verhindert werden, dass Finanzierungsbeiträge in großem Umfang unversteuert blieben, und die vorgelagerte Besteuerung im Bereich der umlagefinanzierten Versorgungssysteme solle aufrecht erhalten werden. Diese Entscheidung halte sich im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens. Die unterschiedliche Behandlung von Gegenwertzahlungen und Sanierungsgeldern sei durch den damit verfolgten Lenkungszweck gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe den Systemwechsel innerhalb der Versorgungseinrichtungen, bei dem Sanierungsgelder angefallen seien, fördern wollen. Arbeitgeber, die die Zusatzversorgungseinrichtungen verließen und sich somit der Umlagezahlung entzögen, sollten dafür jedoch nicht mit der Steuerfreiheit der Gegenwertzahlung als „Exit-Strategie” belohnt werden. Im Übrigen sei grundsätzlich auch eine Überwälzung der Pauschalsteuer auf den Arbeitnehmer möglich. Dass dies tatsächlich oftmals unterbleibe, sei in diesem Zusammenhang unerheblich.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten (Gerichtsakte, Rechtsbehelfsakte mit Arbeitgeberakte) und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit allen Anlagen verwiesen. Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.

 Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. a) Nach § 23 Abs. 2 VBL-Satzung sind ausscheidende Arbeitgeber gegenüber der VBL verpflichtet, einen versicherungsmathematisch errechneten Gegenwert zu bezahlen, damit die bereits entstandenen Zahlungsverpflichtungen aus dem vorhandenen Rentenbestand und den unverfallbaren Versorgungsanwartschaften der aktiven Arbeitnehmer auch nach ihrem Ausscheiden erfüllt werden können. Der Gegenwert umfasst damit diejenigen Verpflichtungen, die durch frühere Umlagezahlungen rechtlich begründet, aber – wegen weiterer ausstehender Umlagen – noch nicht ausfinanziert wurden. Die Gegenwertzahlung dient ausschließlich dem Ausgleich der durch das Ausscheiden des Arbeitgebers aus der VBL verursachten Finanzierungslücke, führt jedoch nicht zu einem unmittelbaren geldwerten Vorteil der aktiven Arbeitnehmer: Die Gegenwertzahlung erhöht weder die bestehenden Anwartschaften noch die laufenden Versorgungsbezüge. Der ausscheidende Arbeitgeber wendet durch die Zahlung des Gegenwerts daher nach Auffassung des BFH seinen Arbeitnehmern nichts zu, was über die bereits erworbenen, im Umlageverfahren finanzierten und als Arbeitslohn versteuerten Versorgungsanwartschaften hinausgeht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 15. Februar 2006 VI R 92/04 , Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2006, 528 m.w.N.).

b) Arbeitslohn sind alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Darunter zählen ebenso Ausgaben, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder eine diesem nahestehende Person z.B. für den Fall des Alters abzusichern, sogenannte Zukunftssicherung, § 2 Abs. 2 Nr. 3 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) . Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 3 Satz 2 EStG nach der im Streitjahr geltenden Fassung auch Sonderzahlungen, die der Arbeitgeber neben laufenden Beiträgen an eine Versorgungseinrichtung leistet, insbesondere Zahlungen an eine Pensionskasse anlässlich seines Ausscheidens aus einer nicht im Wege der Kapitaldeckung finanzierten betrieblichen Altersversorgung.

Eine solche Sonderzahlung ist die Gegenwertzahlung des Klägers an die VBL. Sie unterliegt damit der Lohnsteuer. Nach § 40b Abs. 4 EStG ist die Lohnsteuer mit einem Pauschalsatz von 15% durch den Arbeitgeber zu erheben.

2. Die Regelung des § 19 Abs. 3 Satz 2 EStG ist verfassungsgemäß, insbesondere verstößt sie nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) .

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der Gleichheitssatz ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verletzt, wenn der Staat eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung; vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BStBl. II 1989 , 938 ; vom 29.November 1989 1 BvR 1402, 1528/87, BStBl. II 1990, 479; vom 29. Mai 1990 1 BvL 20, 26, 184 und 4/86, BStBl. II 1990, 653; vom 8. Oktober 1991 1 BvL 50/86, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts – BVerfGE – 84, 348).

Im Steuerrecht wird die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers durch das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit begrenzt. Im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit muss darauf abgezielt werden, dass Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch besteuert werden (vgl. BFH-Urteil vom 1. Juli 2009 I R 76/08 , BStBl. II 2010, 1061). Dieses Prinzip muss jedoch nicht in reiner Form verwirklicht werden (BVerfG-Beschluss vom 16. März 1983 1 BvR 1077/80 , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 1983, 227 ). Da die nach Art. 3 Abs. 1 GG zu vergleichenden Lebensverhältnisse nicht in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sind, ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Elementen er als maßgebend für eine Gleichoder Ungleichbehandlung ansieht. Maßgeblich ist nicht, ob eine Regelung die zweckmäßigste und gerechteste Lösung bietet, sondern nur, ob die verfassungsrechtlichen Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit eingehalten sind (BVerfG-Beschluss vom 29. November 1989 1 BvR 1402, 1528/87, BStBl. II 1990, 479).

Die gesetzgeberische Entscheidung kann mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG nur daraufhin überprüft werden, ob die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise unvereinbar ist, ob also ein sachlicher Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 8. November 2006 I R 69, 70/05, BStBl. II 2007, 662, m.w.N.).

Der Gesetzgeber kann dabei auch finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische und steuertechnische Erwägungen zum Anlass nehmen, bestimmte Sachverhalte unterschiedlich zu behandeln (BVerfG-Beschluss vom 13. März 1979 2 BvR 72/76 , BStBl. II 1979, 322). Insbesondere sind, wenn ein Gesetz ausschließlich auf die Verfassungsmäßigkeit im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG zu prüfen ist, auch finanzielle Erwägungen sachgerecht. Sie entkräften damit den Vorwurf der Willkür (BVerfG-Beschluss vom 12. Mai 1953 1 BvR 205, 241, 242, 254, 262-267/52, BVerfGE 3, 1). Es ist des weiteren verfassungsrechtlich ebenfalls nicht sachfremd, wenn der Gesetzgeber Vorschriften erlässt, die Steuerumgehungen verhindern sollen (BVerfG-Urteil vom 24. Januar 1962 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331). So kann beispielweise die Verhinderung von „Steueroasen” ein legitimer gesetzlicher Zweck und damit ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung sein (so auch BVerfG-Beschluss vom 27. Januar 2010 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, 141). Der Finanzbedarf des Staates oder eine knappe Haushaltslage allein rechtfertigen ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen noch nicht; auf die gerechte Verteilung der Lasten hat der Staat auch bei Einsparungen zu achten (BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, m.w.N.).

Der Steuergesetzgeber ist grundsätzlich auch nicht gehindert, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele aus Gründen des Gemeinwohls zu verfolgen. In diesem Fall muss der Förderungs- und Lenkungszweck von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen und gleichheitsgerecht ausgestaltet sein. Dem Gesetzgeber ist hierbei hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Diagnose und Prognose sowie bei der Wahl sachgerechter Mittel, insbesondere auch bei der Antwort auf die Frage, wie der Kreis der Begünstigten sachgerecht abzugrenzen ist, ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum einzuräumen (BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99 , BVerfGE 116, 164 , m.w.N.).

Unabhängig davon, ob mit einer Steuernorm allein Fiskalzwecke oder auch Förderungsund Lenkungsziele verfolgt werden, ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung zu beachten: Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (z.B. BVerfG-Urteil vom 6. März 2003 2 BvL 17/99 , BStBl. II 2002 , 618 ).

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze, denen der erkennende Senat folgt, verstößt die Besteuerung der Gegenwertzahlungen nicht gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz, sondern liegt innerhalb des gesetzgeberischen Ermessensspielraums.

Zwischen Sanierungsgeldern und Gegenwertzahlungen bestehen nach Überzeugung des Senates Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleiche steuerliche Behandlung rechtfertigen. Sanierungsgelder werden nach § 65 VBL-Satzung entsprechend des periodischen Bedarfs von den Beteiligten mit Pflichtversicherten infolge des Wechsels vom Gesamtversorgungs- auf das Punktesystem erhoben. Beteiligte sind nur Arbeitgeber, die eine bestehende Beteiligungsvereinbarung mit der VBL haben. Sanierungsgelder dienen der Deckung des zusätzlichen Finanzbedarfs der VBL, der durch die Umwandlung der vor der Systemumstellung erworbenen Anwartschaften in Versorgungspunkte entstand. Sie sind zu zahlen, solange das Anstaltsvermögen ohne Sanierungsgelder den versicherungsmathematisch errechneten Barwert dieser Anwartschaften nicht erreicht. Die Verpflichtung zur Zahlung von Sanierungsgeldern und ihre Berechnung beruhen ausdrücklich auf dem Verbleib des Arbeitgebers in der Versorgungseinrichtung; ihre Höhe hängt von den Entgelten der pflichtversicherten Arbeitnehmer ab. Sie dienen der Aufrechterhaltung des derzeitigen Systems: Ohne ihre Zahlung würden sich die von den Arbeitgebern zu leistenden Umlagen stark erhöhen, um die bestehenden Anwartschaften finanzieren zu können. Während Sanierungsgelder also – abgesehen von den sonstigen finanziellen Voraussetzungen – anfallen, solange eine Mitgliedschaft in der VBL besteht, sind Gegenwertzahlungen gerade dann zu leisten, wenn die Mitgliedschaft beendet wird, der Arbeitgeber mithin aus dem laufenden System ausscheidet und dieses nicht mehr mit seinen Zahlungen unterstützt. Sie sollen einen Ausgleich dafür schaffen, dass bereits bestehende Ansprüche von Arbeitnehmern des ausscheidenden Arbeitgebers durch die weiter laufenden Umlagen der in der VBL verbleibenden anderen Arbeitgeber erfüllt werden müssen.

Hinzu kommt ein weiterer Gesichtspunkt. Die Erhebung von Sanierungsgeldern resultiert aus einer gesetzlich auferlegten Systemumstellung. Die Beteiligten der Versorgungsträger konnten sich dieser gesetzlichen Vorgabe und der damit einhergehenden Zahlung von Sanierungsgeldern nicht entziehen. Seine Entscheidung, die VBL zu verlassen, hat der Kläger demgegenüber eigenverantwortlich getroffen. Sie entsprang letztlich betriebswirtschaftlichen Überlegungen hinsichtlich der Finanzierung von Zukunftssicherungsleistungen. Während Sanierungsgelder also zwangsweise zu zahlen sind, werden Gegenwertzahlungen freiwillig im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung in Kauf genommen.

Bis 1998 waren nach § 3 Nr. 66 EStG a.F. auch Sanierungsgewinne unter den dort genannten Voraussetzungen steuerfrei. Die Aufhebung dieser Vorschrift erfolgte, da der Gesetzgeber in der Möglichkeit des unbegrenzten Verlustvortrages eine Doppelbegünstigung sah (Schmidt, Kommentar zum EStG , 17. Auflage 1998, § 3 ABC, Stichwort Sanierungsgewinn). Sowohl die dortige, frühere Steuerfreistellung als auch die Besteuerung sind verfassungsrechtlich möglich (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juli 2010 X R 34/08 BStBl. II 2010, 916).

Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass weder Sanierungsgeld noch Gegenwertzahlung neue Anwartschaften der Arbeitnehmer begründen. Maßgeblich ist nach Überzeugung des Senates jedoch die Unterscheidung zwischen Pflicht-Zahlungen innerhalb des Versorgungssystems – Sanierungsgelder – und freiwilligen Zahlungen, die allein dazu dienen, das System verlassen zu können – Gegenwertzahlungen –.

c) Die Entscheidung, Gegenwertzahlungen zu besteuern, Sanierungsgelder hingegen nicht, liegt im Übrigen innerhalb des gesetzgeberischen Ermessenspielraums.

Der Gesetzgeber betrachtet die Gegenwertzahlungen wirtschaftlich als eine Art Schlusszahlung für die Umlagen, die der ausscheidende Arbeitgeber nun nicht mehr zu leisten hat, obwohl seine Arbeitnehmer noch Versorgungsansprüche gegenüber der VBL haben. Sie ersetzen letztlich die bei regulärem Verlauf – also z.B. ohne das Ausscheiden – weiter zu entrichtenden und dann steuerpflichtigen Umlagen. In ihrer Ersatzfunktion für eigentlich steuerpflichtige Umlagen können auch die Gegenwertzahlungen besteuert werden (vgl. Drucksache des Deutschen Bundestages – BT-Drs. – 16/3368, S. 17). Diese Sichtweise des Gesetzgebers ist weder willkürlich noch unvertretbar. Der gleichen Ansicht war bereits das Finanzgericht München in seinem Urteil 8 K 1587/03 vom 29. Oktober 2004 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2005, 500 ; aufgehoben durch BFH-Urteil vom 15. Februar 2006 VI R 92/04 , BStBl. II 2006, 528). Mit seiner Entscheidung zur Besteuerung der Gegenwertzahlung tritt der Gesetzgeber der anderslautenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entgegen.

Die Besteuerung der Gegenwertzahlung als zusammengeballte Umlagen entspricht der Besteuerung von Abfindungszahlungen für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Dort wird dem ausscheidenden Arbeitnehmer einmalig ein Geldbetrag ausgezahlt, der letztlich die künftig nicht mehr zu erzielenden Gehaltszahlungen ersetzen soll. Die Abfindungszahlung ist Arbeitslohn wie die Arbeitseinkünfte selbst, der – wenn auch wegen der steuerlichen Progression tarifbegünstigt – der Besteuerung unterliegt (§§ 24 Nr. 1 a), b), 34 Nr. 2, 4 EStG ). Gleiches muss dann auch für die Gegenwertzahlung gelten, die an die Stelle künftiger – steuerpflichtiger – Umlagen zur Zukunftssicherung tritt. Der niedrigere Pauschallohnsteuersatz führt ebenfalls zu einer Tarifbegünstigung. Ohne die Besteuerung der Gegenwertzahlung käme es hier zu einer Ungleichbehandlung. Zudem wurden ab 2006 die bestehenden gestaffelten Freibeträge für Zahlungen anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses in § 3 Nr. 9 EStG gestrichen. Diese unterliegen seitdem in vollem Umfang der tarifbegünstigten Besteuerung. Dieser Besteuerung beim einzelnen Arbeitnehmer entspricht die pauschale ermäßigte Besteuerung der Gegenwertzahlung, die letztlich auch dem einzelnen Arbeitnehmer zugutekommt, da ansonsten seine Rentenansprüche gekürzt werden müssten.

Mit der Regelung des § 19 Abs. 3 Satz 2 EStG sollte zudem verhindert werden, dass Finanzierungsbeiträge, die Arbeitgeber zur Sicherung der Altersvorsorge der Arbeitnehmer leisten, im Gegensatz zu den laufenden Umlagen in größerem Umfang unbesteuert bleiben. Zugleich sollte damit die sogenannte vorgelagerte Besteuerung im Bereich der umlagefinanzierten Vorsorgesysteme auch für diesen Teil der Arbeitgeberbeiträge aufrecht erhalten werden, indem die Besteuerung aller Finanzierungsleistungen in der Ansparphase im Zusammenhang mit der Ertragsanteilsbesteuerung in der Auszahlungsphase gewährleistet wurde (BT-Drs. 16/2712, S. 46). Dies liegt im Ermessen des Gesetzgebers.

Die Steuerfreiheit der Sanierungsgelder verfolgt darüber hinaus einen Lenkungszweck: Erleichtert werden soll dadurch die Umstellung der Versorgungssysteme auf das Versorgungspunktesystem. Gleichzeitig sollte der Verbleib der Arbeitgeber in diesem System gefördert werden, indem die Gegenwertzahlungen besteuert werden. Arbeitgebern, die sich durch Ausscheiden aus den Versorgungseinrichtungen der ansonsten weiter zu entrichtenden Umlagezahlung entziehen, sollte nicht eine unbesteuerte Zahlung als „Exit-Strategie” geboten werden (vgl. BT-Drs. 16/3368, S. 10). Hinsichtlich dieser wirtschaftspolitischen Entscheidung sowie bei der Wahl eines sachgerechten Mittels, insbesondere bei der sachgerechten Abgrenzung des betroffenen Personenkreises, ist dem Gesetzgeber ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum einzuräumen (BVerfG-Beschluss vom 21. Juni 2006 2 BvL 2/99 , BVerfGE 116, 164 , m.w.N.), den er mit der Regelung des § 19 Abs. 3 Satz 2 EStG nicht verlassen hat.

Im Übrigen wurde bei ihrer Einführung in § 17 Abs. 1 Satz 2 des Tarifvertrags Altersversorgung ausdrücklich festgeschrieben, dass Sanierungsgelder nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehören. Dies war eine der entscheidenden Finanzierungsfragen bei der Umstellung der Versorgungssysteme (vgl. Drucksache des Deutschen Bundesrates – BR-Drs.– 622/1/06, S. 11). Insofern ist es gerade unter Gesichtspunkten des Vertrauens- und Bestandsschutzes für die Tarifvertragsparteien folgerichtig, Sanierungsgelder auch in der gesetzlichen Neuregelung des § 19 Abs. 3 EStG von der Besteuerung auszunehmen. Der Gesetzgeber durfte insoweit an die soeben beschlossene und durchgeführte Reform anknüpfen und einen der dort tragenden Gesichtspunkte systemgerecht fortführen.

d) Die Überwälzung der pauschalen Lohnsteuer auf die Gegenwertzahlung auf den Arbeitnehmer ist – ebenso wie bei anderen Fällen der Pauschalbesteuerung – grundsätzlich möglich. Notwendig ist hierfür eine arbeitsrechtliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und -nehmer. Dass eine Überwälzung tatsächlich wegen der komplizierten Ermittlung des auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Anteils an der Gegenwertzahlung meist nicht stattfindet, ist dabei nicht maßgeblich. Die pauschale Lohnsteuer auf die Gegenwertzahlung ist beim Arbeitgeber außerdem als Betriebsausgabe abziehbar. Die Besteuerung widerspricht daher nicht dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Insoweit wird das Nettoprinzip beim Arbeitgeber beachtet. Die ermäßigte Besteuerung beim Arbeitgeber durch die Einführung der Pauschallohnsteuer hat letztlich dieselbe Wirkung wie die Tarifermäßigung bei § 34 EStG .

Der Gesetzgeber durfte auch die Gegenwertzahlung entgegen der ergangenen Rechtsprechung des BFH als Arbeitslohn ansehen. Nach der zuvor bestehenden Rechtslage waren ersichtlich unterschiedliche Auffassungen zur Frage des Arbeitslohncharakters möglich. Nach Auffassung des Senats liegt es – wie bei anderen Umlagen – nahe, diese per se als Teile des Arbeitslohnes zu betrachten. Ohne die Ausfinanzierung der bis zum Zeitpunkt des Verlassens der VBL durch den Arbeitgeber bestehenden Rentenansprüche müssten im Ergebnis später die Ansprüche der Arbeitnehmer gekürzt werden, ohne dass diese auf das Verbleiben in der Zusatzversorgungskasse Einfluss hätten. Damit wäre der einfache Ausstieg des Arbeitgebers ohne Gegenwertzahlung letztlich ein Verhalten, das zu Lasten der Arbeitnehmer ginge, ohne dass diese Einfluss nehmen könnten. Dem wird durch die Auferlegung von Gegenwertzahlungen begegnet.

e) Schließlich hatte der Bund auch die notwendige Gesetzgebungskompetenz für die Regelung, insbesondere ist die Besteuerung der Gegenwertzahlung keine Verkehrsteuer.

Mit der Besteuerung der Gegenwertzahlung soll eine Leistung des Arbeitgebers erfasst werden, die zukünftige Umlagen, welche aufgrund des Ausscheidens aus der Versorgungseinrichtung eben nicht mehr gezahlt werden, ersetzt und ausgleicht (BT-Drs. 16/3368, S. 17). Solche laufenden Umlagenzahlungen eines Arbeitgebers gehören zum Arbeitslohn und unterliegen damit der Lohnsteuer. Die Besteuerung der Gegenwertzahlung knüpft nicht an den Austritt des Arbeitgebers als Rechtsakt, sondern an die Ausgleichszahlung im Rahmen der Gewährleistung von Zukunftssicherungsleistungen für den Arbeitnehmer an. Für die Besteuerung von Leistungen im Zusammenhang mit einem bestehenden Arbeitsverhältnis – Einkommensbesteuerung – steht dem Bund die Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 3 GG zu.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) .

4. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Soweit ersichtlich, ist zur maßgeblichen Rechtsfrage noch keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen.

Einmalzahlung für private Lebensversicherung als Betriebsausgabe (FG)

Abzugsfähigkeit der aus privaten Mitteln entrichteten Einmalzahlung für eine private Lebensversicherung als Betriebsausgabe

 Leitsatz

1. Nachdem die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung durch das Arbeitsverhältnis und damit betrieblich veranlasst sind, ist der umgekehrte Vorgang der Weiterleitung von der Sozialversicherung erstatteter Arbeitgeberbeiträge an den Arbeitnehmer ebenfalls betrieblich veranlasst. Der Erstattungsbetrag steht dem Arbeitnehmer zu. Durch einen Einbehalt würde der Arbeitgeber einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil erlangen.

2. Als für den Betriebsausgabenabzug unschädlicher abgekürzter Zahlungsweg ist die Leistung des Erstattungsbeitrags der Sozialversicherung zu Gunsten des im Unternehmen angestellten Sohnes anzusehen, wenn der als Betriebseinnahme gebuchte und auf ein privates Konto eingezahlte Betrag nicht direkt an den Sohn ausgezahlt, sondern zum Abschluss einer Lebensversicherung zu dessen Gunsten verwendet wird und dafür vom privaten Konto ein den Erstattungsbetrag in der Höhe nicht übersteigender Betrag gezahlt wird. Die Zahlung an die Lebensversicherung ist dann als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn ein deutlicher zeitlicher Zusammenhang zwischen der Zahlung der Sozialversicherung und der Zahlung an die Lebensversicherung von etwa einem Jahr besteht.

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 4
EStG § 12 Nr. 1
SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1

 Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob eine Zahlung in Höhe von EUR 30 092,73 als Betriebsausgabe anzuerkennen ist.

Der Kläger war bis Ende des Jahres 2004 als Bezirksschornsteinfegermeister gewerblich tätig. Seit September 1993 war sein Sohn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage eines am 30. August 1993 abgeschlossenen Arbeitsvertrages für ihn tätig. Das Gehalt wurde ausweislich der dem Gericht vorliegenden Kontoauszüge regelmäßig überwiesen. Bei einer Außenprüfung, die der Beklagte bei dem Kläger für die Jahre 1997 bis 1999 vorgenommen hatte, war das Anstellungsverhältnis dementsprechend nicht beanstandet worden.

Der Kläger und sein Sohn gingen ursprünglich davon aus, dass der Sohn sozialversicherungspflichtig sei, und führten die entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung ab. Ende 2003 beauftragten sie gemeinschaftlich ein Unternehmen namens C mit der Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Sohnes. Es stellte sich heraus, dass hiernach die Tätigkeit des Sohnes nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses stattgefunden und keine Versicherungspflicht bestanden hatte. Am 22. Januar 2004 beantragte der Kläger die Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge. Die Landesversicherungsanstalt D setzte mit Bescheid vom 02. Juni 2004 einen Erstattungsbetrag in Höhe von EUR 31 672,35 fest, der – entsprechend den Angaben im Erstattungsantrag – auf ein privates Konto des Klägers geleistet wurde. Der Kläger behandelte den Erstattungsbetrag sowie die darauf entfallenden Zinsen als Betriebseinnahme.

Im Dezember 2004 stellte der Kläger bei der E Lebensversicherung AG einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung zugunsten seines Sohnes gegen eine Einmalzahlung in Höhe von EUR 30 092,73. Diesen Betrag überwies der Kläger von seinem privaten Konto; den Aufwand behandelte er als Betriebsausgabe. Ausweislich des Versicherungsscheines vom 25. Februar 2005 betrug die zu leistende Einmalzahlung allerdings nur EUR 26 130,00. Den Differenzbetrag in Höhe von EUR 3 962,73 überwies die E Lebensversicherung AG im März 2005 auf das private Konto des Klägers zurück.

Der Beklagte minderte die Betriebsausgaben des Klägers für das Streitjahr um EUR 30 092,73. Der Einspruch des Klägers dagegen hatte keinen Erfolg.

Der Kläger trägt vor, dass er zivilrechtlich verpflichtet gewesen sei, seinem Sohn die zu Unrecht abgeführten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu erstatten. Er habe dies in der Weise getan, dass er die Einmalzahlung für die Lebensversicherung zugunsten seines Sohnes übernommen habe. Dabei erkläre sich die Differenz zwischen dem Erstattungsbetrag der Landesversicherungsanstalt D und dem Einmalbeitrag für die Lebensversicherung daraus, dass er mit seinem Sohn vereinbart habe, dass der seinem Sohn herauszugebende Betrag um den Betrag des Honorars für die C in Höhe von EUR 5 511,22 zu verringern sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über Einkommensteuer 2004 vom 25. Oktober 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 07. Februar 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 04. August 2009 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2004 vom 07. Februar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04. August 2009 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um EUR 30 092,73 vermindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der Abschluss der Lebensversicherung durch den Kläger für dessen Sohn privat veranlasst gewesen sei. Es fehle ein Bezug zum Unternehmen des Klägers. Ein Zusammenhang zwischen der Rückzahlung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und dem Abschluss des Lebensversicherungsvertrages zugunsten des Sohnes des Klägers sei nicht ersichtlich.

 Entscheidungsgründe:

1. Der Senat durfte in der Sache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Der Kläger ist rechtzeitig zum Termin geladen worden; in der Ladung ist ihm mitgeteilt worden, dass im Falle seines Ausbleibens nach § 91a der Finanzgerichtsordnung (FGO) auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

2. Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb im Streitjahr zu Unrecht um EUR 30 092,73 erhöht. Lediglich eine Erhöhung um EUR 3 962,73 (EUR 30 092,73 abzüglich als Betriebsausgaben anzuerkennender EUR 26 130,00) war gerechtfertigt.

a) Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Aufwendungen für Arbeitslohn für Angestellte des Unternehmens stellen grundsätzlich Betriebsausgaben dar. Das gilt auch für Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen, wenn dieser aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt (Urteil des Bundesfinanzhofes [BFH] vom 01. Dezember 2004 – X R 4/03, Sammlung der Entscheidungen der Bundesfinanzhofs [BFH/NV] 2005, 549, unter II.2.a) der Gründe. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Dafür spricht, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Sohn bei der Außenprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 nicht beanstandet hatte. Der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass seine seinerzeitige Einschätzung fehlerhaft gewesen sei; Anhaltspunkte dafür ergeben sich auch nicht aus den Akten.

Zu dem Arbeitslohn eines Arbeitnehmers gehört auch die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge (ebenso FG Münster, Urteil vom 21. März 2012 – 7 K 4640/09 E, juris, Tz. 50 ff.). Die Leistung der Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherung ist durch das Arbeitsverhältnis und nicht privat veranlasst. Zwar handelt es sich dabei nach der Rechtsprechung BFH nicht um Arbeitslohn (BFH-Urteil vom 06. Juni 2002 – VI R 178/97, BStBl II 2003, 34). Gleichwohl hat der BFH in einer neueren Entscheidung angenommen, im Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung liege „ein Beitrag zum Erwerb der Versorgungsanwartschaft vor, der unmittelbar wirtschaftliches Ergebnis der Arbeitsleistung ist” (BFH-Urteil vom 18. November 2009 – X R 45/07, BFH/NV 2010, 421, unter II.2.d)aa)eee) der Gründe). Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Zahlung von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung zwar einerseits eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers ist, Rechtsgrund für diese Verpflichtung aber andererseits ausschließlich das Anstellungsverhältnis ist. Denn § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB VI], wonach versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung solche Personen sind, „die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind”, knüpft an das Beschäftigungsverhältnis an.

Der umgekehrte Vorgang der Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge muss dann ebenfalls betrieblich veranlasst sein. Der Erstattungsbetrag steht dem Arbeitgeber, hier also dem Kläger, nicht zu. Gäbe er diesen Betrag nicht an den Arbeitnehmer, hier den Sohn, heraus, erlangte er einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil. Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Zivilgerichte, nach der Arbeitnehmer in dieser Situation Anspruch auf die Herausgabe des Erstattungsbetrages haben (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Februar 2008 – I-17 U 103/07, Monatsschrift des Deutschen Rechts [MDR] 2008, 790).

b) Nach diesen Grundsätzen war die Weiterleitung der erstatteten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung betrieblich veranlasst; sie minderte demzufolge den Gewinn des Klägers.

Der Kläger hat diese Betriebsausgaben in der Weise geleistet, dass er EUR 26 130,00 auf die zugunsten seines Sohnes bestehende Lebensversicherung gezahlt hat. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger diesen Betrag nicht direkt an seinen Sohn ausgezahlt, sondern ihn zum Abschluss der Lebensversicherung zu dessen Gunsten verwendet hat und diese Zahlung von seinem privaten Konto abgeflossen ist. Es handelt sich insoweit um einen unschädlichen abgekürzten Zahlungsweg, der ebenso zu beurteilen ist wie eine Auszahlung an den Sohn und eine nachfolgende Verwendung des gezahlten Betrages in der Weise, wie hier geschehen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten erkennt der Senat hier einen deutlichen – auch zeitlichen – Zusammenhang zwischen der Erkenntnis, dass der Sohn des Klägers nicht sozialversicherungspflichtig war, den entsprechenden Anträgen auf Rückerstattung der überzahlten Beiträge, der Rückerstattung selbst und der Auskehrung zugunsten des Sohnes. Diese Vorgänge haben sich – rechnet man die Beauftragung der C noch dazu – etwa innerhalb eines Jahres, nämlich zwischen dem 18. Dezember 2003 (Auftrag an die C) und dem 27. Dezember 2004 (Antrag auf Abschluss der Lebensversicherung) abgespielt. Dies erscheint gerade unter dem Gesichtspunkt, dass zunächst die Festsetzung und Auszahlung des Erstattungsbetrages Mitte des Jahres 2004 abgewartet worden sein wird, bevor Anlageentscheidungen getroffen wurden, nicht so lang, als dass man meinen könnte, die Geschehnisse seien unabhängig voneinander zu betrachten. Der Geschehensablauf deutet vielmehr darauf hin, dass der Kläger im Einvernehmen mit seinem Sohn die Angelegenheit der Sozialversicherungspflicht und die daraus resultierende Notwendigkeit der Neuordnung der Alterssicherung des Sohnes konsequent vorangetrieben hat.

Mehr als EUR 26 130,00 hat der Kläger allerdings nicht an seinen Sohn weitergeleitet. Denn der Kläger hat selbst vorgetragen, sein Sohn habe im Hinblick auf das angefallene Honorar der C auf weitergehende Zahlungen verzichtet.

c) Soweit in dem Betrag in Höhe von EUR 30 092,73, dessen Abzug der Kläger begehrt, noch ein Teil des Honorars der C enthalten ist, sind dem Kläger zwar eigene sonstige Betriebsausgaben entstanden (ebenso wohl FG Münster, Urteil vom 21. März 2012 – 7 K 4640/09 E, juris, Tz. 41 f, das in der Übernahme derartiger Aufwendungen durch die Arbeitgeberin, einer GmbH, keine verdeckte Gewinnausschüttung sah). Es handelt sich um Beratungskosten in einer betrieblichen Angelegenheit, die ähnlich wie Rechtsanwaltsoder Steuerberatungskosten durch den Betrieb veranlasst sind. Diese sind jedoch nicht – erneut – zum Abzug zuzulassen, da die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung dazu unwidersprochen vorgetragen hat, dass das gesamte Honorar bereits während der Außenprüfung thematisiert und nach eingehender Diskussion mit dem Kläger von dem Prüfer bereits als Betriebsausgaben anerkannt worden sei.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Kosten einer Flugbegleiterin für Uniformschuhe, Strümpfe u. Reisekoffer (FG)

Abzugsfähigkeit der Aufwendungen einer Flugbegleiterin für UniformschuheUniformstrumpfhosen und einen Koffer

 Leitsatz

1. Lassen die Bekleidungsvorschriften einer Fluggesellschaften einer Stewardess hinsichtlich der Schuhe und der Strumpfhosen die Auswahl zwischen mehreren Farbtönen und -nuancen, verschiedenen Glattleder-/Strumpfqualitäten, verschiedenen Schuh-/Strumpfformen und sind die Kleidungsstücke ohne weiteres als private Kleidung verwendbar, scheidet eine Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch dann aus, wenn eine private Verwendung nicht erfolgt.

2. Dies gilt auch für die Kosten, die in Zusammenhang mit dem Erwerb eines – auch auf privaten Reisen nutzbaren – Koffers entstanden sind.

 Gesetze

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6
EStG § 12 Nr. 1
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist rechtskräftig

 Tatbestand:

Die Klägerin ist als Flugbegleiterin nichtselbständig tätig. Mit dem Einkommensteuerbescheid vom 11. Mai 2009 ließ der Beklagte u.a. Aufwendungen für Uniformschuhe in Höhe von 267,26 EUR; Uniformstrumpfhosen in Höhe von 56,20 EUR sowie Koffer und Kofferersatz in Höhe von 485.68 EUR unberücksichtigt. Uniformschuhe und Strumpfhosen stellten keine typische Berufsbekleidung dar. Aufwendungen für Koffer seien auch beim fliegenden Personal keine Werbungskosten. Der Beklagte wies den Einspruch insoweit mit Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2009 als unbegründet zurück.

Die Klägerin macht geltend, ihre berufliche Tätigkeit bestehe überwiegend aus Reisen. Dabei müsse sie sowohl Uniformkleidung als auch private Kleidung mitführen. Wegen der starken Belastung und regelmäßig auftretender Beschädigungen habe sie nicht nur besonders stabile Koffer, sondern die einer Firma angeschafft, die kostenlos oder gegen geringe Beteiligung Ersatz gewähre. Im Übrigen habe der Arbeitgeber das äußere Erscheinungsbild bis ins Kleinste geregelt. So seien zur Uniform klassische dunkelblau/schwarze Glattlederschuhe zu tragen. Halbschuhe mit Schnürsenkel sind nur zur Hose gestattet. Derartige Schuhe entsprächen nicht den modischen Vorstellungen der jungen Frauen. Zudem seien die Schuhe starker Verschmutzung durch Kerosin und Beschädigung in den engen Gängen des Flugzeugs ausgesetzt. Ein Tragen im Freizeitbereich sei daher unwahrscheinlich. Auch die Beschaffenheit und Farbe der zur Uniform zu tragenden Strumpfhosen sei vorgeschrieben. Diese entsprächen in Farbe und Material auch nicht dem, was „Frau” sonst trage. Zudem sei das Tragen von Strumpfhosen aus flugmedizinischen Gründen vorgeschrieben. Die geltend gemachten Aufwendungen beträfen im Wesentlichen in Orthopädiegeschäften erworbene Stützstrumpfhosen, für die ein Eigenanteil in Höhe von 5 EUR zu zahlen gewesen sei. Auch die Strumpfhosen unterlägen einem starken berufsbedingten Verschleiß. Die Bekleidungsvorschriften seien so strikt, dass die gesamte zu tragende Bekleidung als Berufsbekleidung zu werten sei. Weiter verweist die Klägerin auf das Sitzungsprotokoll des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 8. März 2006 im Verfahren 7 K 23/05 (Inaugenscheinnahme der Uniformgegenstände) sowie die Betriebsvereinbarung Dienstbekleidung. Ziel sei die besondere Beanspruchung an Schuhen und Strumpfhosen durch die berufliche Tätigkeit berücksichtigt zu wissen. Das habe das FG Niedersachsen in einem vergleichbaren Fall getan.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2009 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 809,14 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Gründe der Einspruchsentscheidung sowie die Anweisung des Senats für Finanzen Berlin vom 16. Februar 2009. Danach bestehe keine Möglichkeit der Stattgabe. Im Übrigen ließen die Bekleidungsvorschriften hinsichtlich der Farbauswahl und auch der Schuhe durchaus Wahlmöglichkeiten zu. Die Art des Schuhwerkes und auch die Möglichkeiten der Farbgestaltung entsprächen durchaus einer üblichen Grundausstattung.

 Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid für 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs.1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO ). Die streitigen Aufwendungen für Schuhe, Strumpfhosen sowie Koffer sind Kosten der privaten Lebensführung und wegen des Aufteilungs- und Abzugsverbots des § 12 Einkommensteuergesetz nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit der Klägerin absetzbar.

Aufwendungen für Kleidung können als typische Kosten der privaten Lebensführung grundsätzlich weder als Betriebsausgaben noch als Werbungskosten abgezogen werden, es sei denn es handelt sich um typische Berufsbekleidung (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr. 6 Einkommensteuergesetz – EStG –). Dies gilt selbst dann, wenn die Kleidungsstücke nahezu ausschließlich bei der Berufsausübung gebraucht werden. Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 19. Oktober 1970 (GrS 2/70, BStBl. II 1971, 17, bestätigt im Beschluss vom 27. November 1978 GrS 8/77, BStBl II. 1979, 213) verbietet § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG grundsätzlich die Aufteilung von Aufwendungen für die private Lebensführung und damit den Abzug eines beruflich bedingten Teils als Werbungskosten, es sei denn, dass objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen und der berufliche Nutzungsanteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Aus Gründen steuerlicher Gerechtigkeit soll verhindert werden, dass Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewusst herbeigeführte Verbindung von beruflichen und privaten Erwägungen Aufwendungen für die Lebensführung nur deshalb zum Teil in einen einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich verlagern können, weil sie einen Beruf haben, der ihnen dies ermöglicht, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkünften decken müssen. Auch außergewöhnlich hohe Aufwendungen für bürgerliche Kleidung können grundsätzlich nicht zum Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zugelassen werden (BFH, Urteil vom 6. Juli 1989 , IV R 91-92/87, BStBl. II 1990, 49).

Bei der Ausübung des Berufs getragene bürgerliche Bekleidung ist keine Berufsbekleidung. Das Tragen von Bekleidung ist typischer Weise dem Bereich der Lebensführung zuzuordnen. Die Ausgaben hierfür sind also, auch soweit die Bekleidung bei der Ausübung des Berufs getragen wird, gemischt und damit grundsätzlich nicht aufteilbare Aufwendungen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Kleidung ausschließlich bei der Arbeit getragen wird. Da das Bekleidetsein auch ein Bedürfnis der Lebensführung bei der Ausübung der Arbeit ist, spielen Vorgaben des Arbeitgebers und das Wechseln der Kleidung nach der Arbeit insoweit keine Rolle (BFH, Beschluss vom 16. August 1994 I B 5/94 , BFH/NV 1995, 207 – dort weiße Bekleidung eines Masseurs, weiter BFH, Urteil vom 6. Dezember 1990 , BStbl II 1991, 348 – zur steuerlichen Abzugsfähigkeit weißer Hemden, Socken und Hosen eines Arztes).

Liegt die Benutzung eines Kleidungsstücks als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen – allgemein und nicht bezogen auf den jeweiligen individuellen Geschmack – so sind die Aufwendungen für diese Kleidung wegen des Abzugsverbots des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ebenso wenig als Werbungskosten absetzbar wie die für jede andere bürgerliche Kleidung, die überwiegend oder auch so gut wie ausschließlich im Beruf getragen wird (vgl. FG München, Urteil vom 14. Dezember 1993 2 K 847/89 – juris – zu den Schuhen einer Krankenschwester).

Geschlossene Glattlederschuhe und Strumpfhosen eignen sich gleichermaßen als privat wie als beruflich getragene bürgerliche Kleidung. Diesen Kleidungsstücken fehlt jeglicher Uniformcharakter. Es handelt sich daher nicht um Berufsbekleidung im steuerlichen Sinne. Die Bekleidungsvorschriften lassen der Klägerin auch einen Spielraum (mehrere Farbtöne und -nuancen, verschiedene Glattleder-/Strumpfqualitäten, verschiedene Schuh/Strumpfformen innerhalb des vorgegebenen Rahmens). Da diese Kleidungsstücke ohne die Dienstuniform weder als Uniformbestandteile erscheinen noch sonst berufsspezifische Eigenschaften aufweisen, sind sie ohne weiteres als private Kleidung verwendbar. Ob die Klägerin diese Kleidungsstücke tatsächlich auch privat verwendet, ist nach Sinn und Zweck des Aufteilungsverbots nicht entscheidungserheblich. Entsprechend lehnt die Rechtsprechung die Anerkennung derartiger Aufwendungen als Werbungskosten auch ab (vgl. Urteile FG Rheinland-Pfalz vom 2. Juli 1987 3 K 217/86 – Strümpfe, Schuhe, Strumpfhosen einer Stewardess und FG München vom 15. Januar 1992 1 K 1277/90 – Schuhe einer Stewardess, jeweils in Juris). Es gibt zudem eine Reihe von anderen Berufsgruppen (z.B. Rechtsanwälte, Bankangestellte und Versicherungsvertreter), bei denen eine konservative Kleidung (Anzug, Kostüm etc.) erwartet werden oder üblich sind. Auch deren Kleidung ist ohne weiteres privat einsetzbar und es kommt nicht darauf an, ob der Berufsangehörige in seiner Freizeit zum Beispiel eher dem klassisch-konservativen, dem sportlich-legeren oder dem extravaganten Modestil zugeneigt ist (FG München, Urteil vom 15. April 2005, 15 K 4973/04 in Juris).

Das Gericht schließt sich diesen Erwägungen an. Dem vorgelegten Sitzungsprotokoll einer Verhandlung vor dem FG Niedersachsen sind keine überzeugenden Überlegungen für die dort getroffene Einigung über die pauschale Berücksichtigung von Aufwendungen für Strumpfhosen und Schuhe zu entnehmen.

Hinsichtlich der hier geltend gemachten Zuzahlungen zur Anschaffung von arbeitsmedizinisch geforderten Stützstrumpfhosen vermag das Gericht zudem auch keinen besonderen Mehraufwand der Klägerin gegenüber anderen Steuerpflichtigen zu erkennen, die ihren Aufwand für Bekleidung insgesamt als Einkommensverwendung steuerlich nicht absetzen können.

Das Gericht folgt auch nicht dem Finanzgericht Hessen, in dem von der Klägerin herangezogenen Urteil vom 3. August 1998 (9 K 228/86, EFG 1989, 173 ) bzw. dem Urteil vom 12. Oktober 2006 (13 K 2035/06) hinsichtlich der steuerlichen Absetzbarkeit der Aufwendungen für Reisekoffer. Es vorliegend ist weder feststellbar noch überzeugend, dass die beiden Koffer ausschließlich im Rahmen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin genutzt werden. Die Klägerin wird wohl nach der Lebenserfahrung für private Reisen keine anderen Koffer verwenden. Zum anderen ergibt sich eine private Mitbenutzung schon allein aus der Mitnahme der privaten Dinge des täglichen Bedarfs sowie der privaten Kleidung. Insoweit gilt für die Koffer einer Flugbegleiterin letztlich nichts anderes wie für die Koffer eines jeden Steuerpflichtigen, der Dienst- oder Geschäftsreisen unternimmt. Auch insoweit dient das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG der steuerlichen Gerechtigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg (FG)

Entgeltlicher Erwerb eines Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserfolg als immaterielles geschäftswertähnliches WirtschaftsgutAbzugsfähigkeit der Aufwendungen eines Prozesskostenfinanzierungsfonds

 Leitsatz

1. Die von einem Prozesskostenfinanzierungsfonds zum Erwerb eines Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös geleisteten Zahlungen sind als Anschaffungskosten eines immateriellen geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts zu aktivieren. Der Anspruch auf Beteiligung am Prozesserlös stellt einen – für den Wirtschaftsgutbegriff nicht unabdingbaren – selbständig verkehrsfähigen und selbständig bewertbaren Vorteil dar.

2. Wäre kein immaterielles Wirtschaftsgut anzunehmen, wäre die Zahlung zum Erwerb des Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös als Anzahlung zu aktivieren.

3. Die Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsguts Beteiligung am Prozesserlös kann prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschieden Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang erfolgen und entspricht damit einer Absetzung für Substanzverringerung nach § 7 Abs. 6 EStG.

4. Die von einem Prozesskostenfinanzierungsfonds gezahlten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen sowie die Rechts- und Beratungskosten sind nicht sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, sondern als Anschaffungskosten zu aktivieren. Eine sofortige Abziehbarkeit der Aufwendungen kommt nur in Betracht, als ein Erwerber der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte.

 Gesetze

EStG § 5 Abs. 2
EStG § 5 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 7 Abs. 6
EStG § 7 Abs. 1
EStG § 6 Abs. 1
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
HGB § 248 Abs. 2
HGB § 266 Abs. 1

 Tatbestand:

Gesellschaftszweck der am 27. Dezember 2001 gegründeten Klägerin (im Folgenden auch als Fonds bezeichnet) ist die Übernahme von Prozesskostenfinanzierungen für Dritte mit dem Ziel, die Anleger an den Erlösen aus erfolgreich geführten Prozessen zu beteiligen.

Komplementärin der Klägerin ist die nicht am Gesellschaftskapital beteiligte D-GmbH. Gründungskommanditistin, Fondsinitiatorin und alleinige Gesellschafterin der Komplementärin ist die E-AG mit einer Kommanditeinlage von 1.000,– EUR. Treuhandkommanditistin ist die F GmbH. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – durch Betriebsvermögensvergleich. Ihre Mitunternehmer erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

Das Gesellschaftskapital der Klägerin wurde durch Kapitalgeber (im Folgenden als Anleger bezeichnet) dadurch aufgebracht, dass sich diese mittelbar als Treugeber an der Hafteinlage der Treuhänderin beteiligten oder – in wenigen Fällen – der Gesellschaft als Kommanditisten beitraten (sog. Direktkommanditisten). Jeder Anleger war verpflichtet, eine Kommanditeinlage von mindestens 5.000,– EUR sowie eine Rücklage (Agio) in Höhe von 5 % bezogen auf die Kommanditeinlage zu erbringen (§ 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages).

Das zur Finanzierung angestrebte Prozessvolumen und das Kommanditkapital sollten in einem proportionalen Zusammenhang mit dem Faktor 10 stehen, das Prozessvolumen also das Zehnfache des Kommanditkapitals betragen. Die Zeichnung für den Fonds wurde zu Beginn des Jahres 2004 beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt zeichneten 451 Anleger ein Kommanditkapital in Höhe von 5.034.980,– EUR. Das gezeichnete Kapital wurde wie folgt eingezahlt:

 

   2002

   2003

   2004

 Kapital

 1.170,140,– EUR

 3.794.840,– EUR

 70.000,– EUR

 

Aufgrund eines zwischen der Klägerin und der E-AG geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages (Bl. 77 ff. der Gerichtsakten) führte die E-AG (im Folgenden auch als Geschäftsbesorgerin bezeichnet) gegen die Zahlung einer Pauschalvergütung eigenverantwortlich das operative Geschäft der Klägerin. Die Klägerin beauftragte die E-AG mit der Erbringung folgender Leistungen auf eigene Kosten:

  • • Bildung und Verwaltung des Fonds,
  • • Akquise und Organisation des Vertriebs,
  • • Bonitätsprüfung des jeweiligen Beklagten,
  • • mehrstufige Begutachtung der Erfolgsaussichten des Prozesses,
  • • Prozessbeobachtung und -begleitung,
  • • Bezahlung von Gebühren und Kosten (z. B. Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren, Sachverständigenkosten) sowie
  • • Unterhaltung eines Bürobetriebes.

 

Aus dem Beteiligungsprospekt der Klägerin ergibt sich folgender Ablauf:

Die E-AG überprüfte auf eigene Kosten die Erfolgsaussichten eines potentiellen Aktivprozesses. Während der Prüfung bestand eine vertragliche Bindung des potentiellen Klägers. Bei positivem Ausgang der Prüfung wurde ein Prozessfinanzierungsvertrag mit dem Kläger abgeschlossen. Die E-AG trug sämtliche Kosten des Verfahrens. Im Erfolgsfall erhielt die E-AG von den Prozessführenden von dem durch obsiegendes Urteil oder Vergleich erzielten Betrag nach Abzug der Verfahrenskosten jeweils einen Anteil in Höhe von 30 % zuzüglich Umsatzsteuer. Die E-AG war nach § 4 des Geschäftsbesorgungsvertrages verpflichtet, ihren Anteil am Prozesserlös vollständig an die Klägerin auszukehren. Aus dieser Weiterleitung an die Klägerin sollten deren Umsatzerlöse erzielt werden.

Die E-AG sicherte der Klägerin zu, die vereinbarten Tätigkeiten eigenverantwortlich und mit der gebotenen Sorgfalt wahrzunehmen und bis zum 31. Dezember 2002 ein Streitwertvolumen von 150 Mio. EUR zu akquirieren. Das vereinbarte Entgelt der E-AG sollte 13 Mio. EUR betragen.

Nachdem mit Abschluss der Zeichnung für den Fonds nur etwa ein Drittel des prospektierten Fondsvolumens eingeworben worden war, wurde die an die E-AG zu zahlende Vergütung auf netto 4.326.400,– EUR vermindert. Die Vergütung wurde abhängig vom Eingang des Zeichnerkapitals entrichtet und bei der Klägerin wie folgt als Aufwand erfasst:

 

   2002

   2003

   2004

 Vergütung

 950.900,– EUR

 3.141.700,– EUR

 233.800,– EUR

 

Außerdem setzte die Klägerin in der Platzierungsphase folgende gewinnmindernde Aufwendungen an:

 

   2002

   2003

   2004

 Eigenkapitalvermittlungsprovisionen

 139.357,– EUR

 587.834,– EUR

 23.952,– EUR

 Rechts- und Beratungskosten

 43.087,– EUR

 171.972,– EUR

 15.143,– EUR

 

Die Rechts- und Beratungskosten enthielten die Aufwendungen der Klägerin für die von ihr gezahlten Honorare für die Grundkonzeption, die Rechtskonzeption, steuerliche Konzeption, Prospektprüfung und Mittelverwendungskontrolle sowie für die Treuhandverwaltung. Gemäß dem „Initiatorenvertrag” vom … 2001 über die Erstellung der Grundkonzeption erbrachte der Dipl.-Betriebswirt G gegenüber der Klägerin folgende Leistungen im Rahmen eines Dienstvertrages:

  • • grundlegende Konzeption des Gesellschaftszwecks, der Gesellschaftsstrukturen und der Darstellung nach außen,
  • • Erarbeitung von Vorschlägen, wie die Vermarktung des Fonds vorgenommen werden kann,
  • • Vorauswahl von Dienstleistern, die für den Fonds tätig werden können.

 

In den Streitjahren 2002 bis 2004 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb und einen Gewerbeertrag in folgender Höhe:

 

   2002

   2003

   2004

 Einkünfte aus Gewerbebetrieb

 -1.072.600,– EUR

 -3.773.391, – EUR

 -41.389,– EUR

 

Nach § 18 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin war das Ergebnis der Gesellschaft am Ende des Geschäftsjahres auf alle Gesellschafter im Verhältnis der gezeichneten Hafteinlage zu verteilen, wobei sich die Beteiligung der Gesellschafter am Jahresergebnis unabhängig vom Zeitpunkt des Beitritts nach den Beteiligungsverhältnissen am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres richtete.

Auf der Gesellschafterversammlung vom … 2004 beschlossen die Gesellschafter, die Ergebnisverteilung für das Jahr 2003 so vorzunehmen, dass abweichend von dem bei Gründung der Klägerin im Jahr 2001 geschlossenen Gesellschaftsvertrag die in 2003 beigetretenen Kommanditisten prozentual den gleichen Betrag erhalten, der für das Geschäftsjahr 2002 den Zeichnern dieses Jahres (in Prozent bezogen auf deren Kommanditbeteiligung) zugewiesen worden war. Ein danach verbleibender Betrag des Jahresergebnisses 2003 sollte allen Zeichnern unabhängig vom Beitrittstermin anteilig zugerechnet werden, um im Ergebnis eine Gleichstellung der in 2002 und 2003 beigetretenen Zeichner zu erreichen. Die Gesellschafter beschlossen außerdem, dass das Agio keine Einzahlung in das Eigenkapital der Gesellschaft, sondern sofort ertragswirksam zu vereinnahmen sei. Für das Geschäftsjahr 2004 wurde kein derartiger Gleichstellungsbeschluss gefasst.

In den Erklärungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 bis 2004 wurde demnach der laufende Verlust der Klägerin in Höhe von -1.148.295 EUR (2002), -3.708.582 EUR (2003) und -155.256 EUR (2004) den Gesellschaftern wie folgt zugerechnet:

 

 2002:  Ergebnisverteilung nach gezeichnetem Kapital am 31.12.2002 (insgesamt 1.170.140 EUR, ohne Anteil der E-AG)
 2003:  Ergebnisverteilung vorab insoweit, dass den im Jahr 2003 beigetretenen Gesellschaftern der Verlustanteil der im Jahr 2002 beigetretenen Zeichner zugerechnet wurde, Verteilung des Restergebnisses 2003 nach gezeichnetem Kapital am 31.12.2003 (4.964.980 EUR, ohne Anteil der E-AG)
 2004:  Ergebnisverteilung nach dem gezeichneten Kapital am 31.12.2004 (5.034.980 EUR, ohne Anteil der E-AG).

 

Das von den Beteiligten zu leistende Agio berücksichtigte die Klägerin in den Jahresabschlüssen gemäß Gesellschafterbeschluss vom … 2004 als Ertrag auf Gesellschaftsebene und gleichzeitig auf Gesellschafterebene als sofort abziehbare Sonderbetriebsausgabe.

Mit Bescheid vom … März 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß festgestellt. Mit Bescheid vom … April 2004 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 wurde ein vortragsfähiger Gewerbeverlust in Höhe von 1.072.600 EUR festgestellt.

Der Beklagte führte in den Jahren 2005 und 2006 eine Außenprüfung für die Jahre 2001 bis 2004 bis, deren Ergebnisse im Abschlussbericht vom 22. September 2006 zusammengefasst sind. Streitig sind hier folgende Feststellungen der Außenprüfung:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Die Vergütung der E-AG sei nicht als sofort abziehbare Betriebsausgabe anzuerkennen. Sie stelle Anschaffungskosten für den Erwerb des immateriellen Wirtschaftsguts „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” dar, der nach dem anteiligen Streitwert der entschiedenen Prozesse aufzulösen sei.

Die Klägerin sei nicht als Herstellerin, sondern als Erwerberin zu betrachten, weil sie mit der E-AG einen Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen habe, der die E-AG berechtige, eigenverantwortlich Rechtsstreitigkeiten zu akquirieren, die Bonität des jeweiligen Beklagten und die Erfolgsaussichten zu überprüfen und die ausgesuchten Prozesse zu begleiten und zu verwalten, ohne dass wesentliche Einflussmöglichkeiten der Kommanditisten gegeben seien.

Als Anschaffungskosten seien auch die der Klägerin in Rechnung gestellten Konzeptionsgebühren anzusehen. Die sonstigen Gebühren (Kosten der Eigenkapitalvermittlung, Gebühr für die Mittelverwendungskontrolle in der Investitionsphase, Gebühren für den Treuhänder in der Platzierungsphase, Gebühr für die Prospektprüfung sowie die Geschäftsbesorgungsgebühr) seien als Anschaffungsnebenkosten zu erfassen.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Der Gewinnverteilungsbeschluss vom … 2004 sei für das Jahr 2003 unbeachtlich.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18, 21 des Abschlussberichts):

Das von den Kommanditisten erbrachte Agio sei als Eigenkapital der Gesellschaft zu erfassen.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am … April 2007 geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 sowie erstmalige Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2003 und 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2003 und 2004. Mit den genannten Bescheiden stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.735,56 EUR (2002), 121.434,69 EUR (2003) und -149.203,01 EUR (2004) fest. Die laufenden Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von -73.375,43 EUR (2002), -42.079,18 EUR (2003) und -496.729,37 EUR (2004) rechnete der Beklagte den Anlegern abweichend vom Gleichstellungsbeschluss vom …2004 auch im Veranlagungszeitraum 2003 entsprechend ihrem Anteil am gezeichneten Kapital zum Jahresende zu. Darüber hinaus hob der Beklagte am … April 2007 den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 auf und setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 auf 3.645,– EUR fest (Gewerbeertrag 121.400,– EUR). Den vortragsfähigen Gewerbeverlust stellte der Beklagte auf den 31. Dezember 2003 in Höhe von 0,– EUR und auf den 31. Dezember 2004 in Höhe von 149.204,– EUR fest.

Gegen die Bescheide vom … April 2007 legte die Klägerin mit Schreiben vom … Mai 2007 Einsprüche ein, mit denen sie geltend machte:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Das BMF-Schreiben vom 20. Oktober 2003 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2003, 546, sog. „5. Bauherrenerlass”) sei nicht anzuwenden, weil die Geschäftstätigkeit der Klägerin weder mit Herstellungs- noch mit Anschaffungsvorgängen verbunden sei, sodass sich die Frage der Abgrenzung bestimmter Aufwendungen von Anschaffungs-/Herstellungskosten und Betriebsausgaben gar nicht stelle.

Aktivierungsfähig seien gemäß §§ 246 Abs. 1, 247 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs – HGB – Vermögensgegenstände und Rechnungsabgrenzungsposten. Ein Vermögensgegenstand stelle ein nach der Verkehrsanschauung individualisiertes Gut dar, das sich bei wirtschaftlicher Betrachtung einzeln verwerten lasse. Ein solches Schuldendeckungspotenzial entstehe im Rahmen des zunächst nur einseitig erfüllten Vertrages für die Klägerin nicht. Die Klägerin erhalte mit ihrer Leistung lediglich die Chance, bei einem positiven Ausgang eines Verfahrens einen Anteil am Streitwert als Gegenleistung für die Übernahme des Prozesskostenrisikos zu erhalten. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Prozessfinanzierungsvertrages sei i. d. R. erst der Entwurf einer Klageschrift vorhanden. Die von der E-AG im Rahmen des Prüfungsprozesses eingeschalteten Gutachter hätten zwar übereinstimmend dem Anspruch einen positiven Prozessverlauf mit guten Gewinnchancen attestiert, eine absolute Sicherheit liege aber erst nach endgültigem Abschluss des Instanzenweges vor. In der Zwischenzeit könne es nach positiven Urteilen in Zwischeninstanzen zu einer Bestätigung der Gutachterauffassung und damit möglicherweise zu einer Verdichtung der bisherigen Chance kommen; im Zeitpunkt des Abschlusses des Finanzierungsvertrages und der entsprechenden Zahlung durch die Klägerin sei eine derartige Konkretisierung jedoch nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund sei von einer sofortigen Abziehbarkeit der Aufwendungen auszugehen. Bei den Zahlungen der Klägerin handele es sich auch nicht um geleistete Anzahlungen, da sich die Vorauszahlung der Kommanditgesellschaft auf eine nicht aktivierungsfähige Leistung der E-AG beziehe. Die Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 22. Juli 2005, die der von der Außenprüfung vertretenen Auffassung zugrunde liege, sei erst nach Ende der Zeichnungsfrist der Klägerin veröffentlicht worden.

Zwischen der Klägerin und der E-AG sei ein Dienstvertrag geschlossen worden, der die E-AG als Geschäftsbesorger verpflichte, im eigenen Namen und für fremde Rechnung erfolgversprechende Prozesse zu finanzieren. Nach dem Mittelverwendungskontrollvertrag hänge das an die E-AG zu zahlende Honorar vom Nachweis eines ausreichenden Streitwertvolumens ab. Damit eine seriöse Prozessfinanzierung in Gestalt einer „Anspruchsdurchsetzungsfinanzierung” durch den Geschäftsbesorger möglich sei, müsse dieser in der Lage sein, uneingeschränkt über die zur jeweiligen Prozessführung notwendigen finanziellen Mittel zu verfügen. Es sei dem Geschäftsbesorger nicht zumutbar, in eigenem Namen (und damit im Außenverhältnis auf eigenes Risiko) Prozessfinanzierungsverträge abzuschließen, ohne sicher zu sein, die Finanzierung des Prozesses auch bis zum Ende durchzuhalten. Ein allein schuldrechtlicher Anspruch gegen die Klägerin reiche zur Sicherstellung der begründeten Interessen des Geschäftsbesorgers nicht aus; der Geschäftsbesorger müsse vielmehr unmittelbar und uneingeschränkt über die Gelder verfügen können.

Aufgrund der Ausgestaltung des Vertrages zwischen der Klägerin und der E-AG als Dienstvertrag sei hier weder ein Anschaffungs- noch ein Herstellungsgeschäft erkennbar. Das Rechtsverhältnis habe zwar wechselseitige schuldrechtliche Ansprüche zum Gegenstand. Diese Ansprüche wiesen aber einen mehr abstrakten Charakter auf und seien noch nicht hinreichend zu einem auch wirtschaftlichen Vorteil konkretisiert, der bilanzierungsfähig und bewertbar sei. Da nicht erkennbar sei, welches Wirtschaftsgut erworben oder hergestellt worden sein soll, sei die Klägerin weder Herstellerin noch Erwerberin.

Wenn hilfsweise der Auffassung des Beklagten gefolgt würde, stelle sich die Frage nach der Bewertung. Die Bewertung eines Wirtschaftsgutes „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” müsse sich an den allgemeinen Bewertungsregeln des Bilanzsteuerrechtes messen lassen. Auch hier gelte das Vorsichtsprinzip, so dass selbst bei Annahme eines immateriellen Wirtschaftsgutes eine Bewertung dieses Wirtschaftsgutes mit einem pro memoria Posten in Höhe von 1,    EUR angemessen wäre, so lange nicht erkennbar sei, dass die Prozesse mit einem für die Gesellschaft positiven Ausgang geendet hätten. Dies entspreche auch dem Teilwertgedanken nach § 6 EStG. Nach Auffassung der Klägerin würde ein Erwerber die Ansprüche aus der Beteiligung am Prozesserfolg einzeln je Prozess beurteilen. Erst wenn der Prozess definitiv und unanfechtbar gewonnen sei, wäre er bereit, die erworbene Chance zu vergüten.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Die bisher vom BFH und den Finanzgerichten ergangenen Urteile und die damit entschiedenen Sachverhalte seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht unmittelbar zu übertragen. Das Urteil des Bundesfinanzhof – BFH – vom 7. Juli 1993 (Az. IV R 209/80) habe einen völlig anderen Sachverhalt als Ausgangspunkt. In diesem Fall sei es um einen Beschluss der bereits beteiligten Gesellschafter gegangen, wonach im Zusammenhang mit einer Erhöhung des Kommanditkapitals der gesellschaftsvertragliche Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel dahin geändert worden sei, dass Gewinne und Verluste in begrenztem Umfang nur auf die Kommanditisten verteilt worden seien, die weitere Einlagen erbringen wollten. Im vorliegenden Fall sei im Vorgriff eine Entscheidung über die Ergebnisverteilung 2003 praktisch gar nicht umsetzbar gewesen, da diejenigen, über deren Ergebnisanteil entschieden werden sollte, dem Fonds zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht beigetreten gewesen seien. Da diese Gesellschafter bei Fortschreibung des ursprünglichen Verteilungsschlüssels prinzipiell besser stehen würden als die in 2002 beigetretenen Zeichner, da diesen dann geringere Ergebnisanteile zugewiesen würden, könne es diesen Zeichnern nicht verwehrt werden, über diesen Nachteil auch selbst zu bestimmen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Anpassung der Ergebnisverteilung auch vernünftige wirtschaftliche Gründe zu Grunde gelegen hätten.

Die Ergebnisse der Klägerin, insbesondere die Verluste in den ersten Jahren, seien aufgrund der besonderen Zuordnungsmechanik von Einzahlungs- und Prozessfinanzierungsvolumen verursacht worden. Die durch den Geschäftsbesorger E-AG für die Klägerin evaluierten und finanzierten Prozesse seien in der Reihenfolge des Eingangs der Zeichnungssummen verwendet worden; insoweit sei der Anteil der Zeichner aus 2002 bereits im Jahresverlust 2002 verbraucht, während sich der Verlust der Zeichner aus 2003 im Verlust des Jahres 2003 widerspiegele. Das Problem der Korrektur der Ergebnisverteilung fuße neben den genannten materiellen Gründen auch formalrechtlich auf dem Umstand, dass die Klägerin nicht wie geplant in 2002 habe geschlossen werden können, sondern die Zeichnungsfrist bis zum 31. Dezember 2003 verlängert worden sei. Vor diesem Hintergrund seien die bisherigen gesellschaftsrechtlichen Regelungen anzupassen gewesen. Mit der am 3. November 2004 beschlossenen Modifizierung sei letztlich nur der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt worden.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18 und 21 des Abschlussberichts):

Die Agio-Beträge stellten auf der Ebene der Klägerin Ertrag dar, da damit unmittelbar die Vertriebsaufwendungen alimentiert würden. Das Agio verfolge ausschließlich diesen Zweck, als quasi „durchlaufender Posten” keine Ergebniswirksamkeit zu entfalten.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit einer Einspruchsentscheidung vom … Dezember 2008 als unbegründet zurück. Er begründete dies wie folgt:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Die Klägerin sei ein geschlossener Fonds, der zur Finanzierung der Prozesskosten Dritter gegründet worden sei. Die Anleger der Klägerin hätten sich auf der Grundlage eines vorgefertigten Konzepts in der Gesellschaft zusammengeschlossen, um das vom Initiator geplante Projekt zu finanzieren und eine Rendite auf das von ihnen eingesetzte Kapital zu erzielen. Das eingesammelte Kapital diene der Bezahlung des Investitionsprojekts und der Emissionskosten. „Investitionsobjekt” der Klägerin sei das immaterielle Wirtschaftsgut „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg”. Dieses umfasse den vermögenswerten Vorteil, den die Klägerin durch mehrere Rechtsgeschäfte in der Investitionsphase erlangt habe. Der steuerliche Begriff des Wirtschaftsgutes sei grundsätzlich identisch mit dem des handelsrechtlichen Vermögensgegenstandes. Zu den Vermögensgegenständen und Wirtschaftsgütern gehören neben Gegenständen im Sinne des bürgerlichen Rechts alle vermögenswerten Vorteile des Betriebs einschließlich tatsächlicher Zustände und konkreter Möglichkeiten, sofern ihnen im Geschäftsverkehr ein selbständiger Wert beigelegt werde und sie allein oder mit dem Betrieb verkehrsfähig seien. Im Ergebnis ihrer Investitionen in die entsprechenden Konzepte und nach Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrags mit der auf dem Gebiet der Prozesskostenfinanzierung erfahrenen Initiatorin verfüge die Klägerin über die Gesamtkonzeption und das Know-how zur Realisierung des Gesellschaftszwecks. Die Geschäftsidee und die Fondskonzeption mit den im Fondsprospekt angekündigten Ertragsaussichten stellten einen immateriellen Vermögensgegenstand und damit gleichzeitig ein immaterielles Wirtschaftsgut mit einheitlichem Nutzungs- und Funktionszusammenhang dar.

Der immaterielle Vermögensgegenstand „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” setze sich aus mehreren Komponenten zusammen (Grundkonzeption, Rechtskonzeption, steuerliche Konzeption und Know-how). Alle Komponenten zusammen bildeten wegen ihres einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs ein Wirtschaftsgut. Bei einem Erwerb eines von einem Dritten erstellten, selbständig handelbaren Anlagekonzepts durch eine Verlustzuweisungsgesellschaft habe es der BFH als möglich angesehen, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines selbständigen Wirtschaftsguts „Konzeption” gegeben seien (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 XI R 45/88, BStBl II 1993, 487).

Der „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” sei als immaterieller Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut verkehrsfähig und selbständig bewertbar. Es habe die Möglichkeit bestanden, dass die Klägerin die mit dem Know-how der E-AG verbundene Konzeption weiterveräußere. Die Weiterveräußerung wäre bei überlanger Prozessdauer eine geeignete Option, um den Anlegern die prognostizierte Rendite zu sichern. Bei einer Veräußerung der Konzeption könne dieser auch ein selbständiger Wert beigelegt werden, der sich nach der verbleibenden Renditeerwartung bemesse.

Selbst wenn die Fondsgesellschaft handelsrechtlich als Herstellerin des Investitionsobjektes anzusehen wäre, sei sie aber einkommensteuerrechtlich nicht Herstellerin, sondern Erwerberin. Die steuerliche Beurteilung sei nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach dem wirklichen Gehalt der von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung vorzunehmen. Für die steuerrechtliche Beurteilung eines geschlossenen Fonds mit gewerblichen Einkünften komme es nicht darauf an, wie die betreffenden Vorgänge in der Handelsbilanz der Gesellschaft behandelt worden seien. § 42 AO gehe als spezielle Regelung dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 EStG vor. Die insoweit durch den BFH für Immobilienfonds entwickelte Rechtsauffassung sei unter vergleichbaren Voraussetzungen auch auf andere geschlossene Fonds übertragbar. Das wirtschaftliche Ziel der Klägerin und ihrer Gesellschafter sei es gewesen, in gesamthänderischer Verbundenheit die Konzeption und das spezielle Know-how der E-AG zu erwerben und zu nutzen und damit die prognostizierte Rendite zu erzielen. Der Anspruch auf Beteiligung am Erfolg könne nur in der Zusammenfassung der verschiedenen Teile des von der Initiatorin vorgegebenen Vertragswerks erreicht werden. Die einzelnen Teilverträge hätten keine selbständige Bedeutung und ließen sich nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Aufwendungen erklären. Eine wesentliche Einflussnahmemöglichkeit der Kommanditisten der Klägerin habe es nicht gegeben.

Darüber hinaus entspreche die Durchführung des Geschäftsbesorgungsvertrags mit der Initiatorin auch nicht den unter fremden Dritten üblichen Verhältnissen, soweit die vereinbarte Vergütung von der Klägerin offenbar abhängig vom Eingang des Zeichnerkapitals, aber unabhängig vom Nachweis eines ausreichenden Prozessstreitwertvolumens vorab in voller Höhe an die E-AG gezahlt worden sei. Nicht zuzustimmen sei der Behauptung der Klägerin, dass es der Geschäftsbesorgerin nicht zumutbar gewesen sei, auf einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Klägerin zurückzugreifen. Einem Fremdvergleich halte auch nicht stand, dass die vertragliche Vereinbarung zur Erstellung der Grundkonzeption zeitgleich mit dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin geschlossen worden sei.

Die angemessene Gestaltung bestehe in der Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für das Wirtschaftsgut „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg”, so dass die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts in der Investitionsphase vereinbarten Provisionen und Gebühren wie Anschaffungskosten zu werten seien. Demgemäß seien im Ergebnis der Außenprüfung die Aufwendungen der Klägerin für die Konzeption, die Prospektprüfung, die Mittelverwendungskontrolle, die Treuhändergebühren in der Platzierungsphase, die Geschäftsbesorgungsgebühr sowie die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen als Anschaffungskosten des Aktivpostens „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” erfasst worden.

Auch hinsichtlich der Bewertung des immateriellen Wirtschaftsguts komme keine Änderung in Betracht. Entgegen der Annahme der Klägerin seien zur Bewertung nicht von vornherein direkt die Erfolgsaussichten der einzelnen Prozesse heranzuziehen. Das Wirtschaftsgut bestehe in der Fondskonzeption mit den angekündigten Ertragsaussichten, die sich auf ein bestimmtes Streitwertvolumen beziehen würden. Deshalb erfolge auch die Auflösung des entsprechenden Bilanzpostens prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschiedenen Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang. Für die Bestimmung des Teilwerts gelte die Vermutung, dass der Teilwert eines Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Erwerbs den Anschaffungskosten entspreche. Diese Teilwertvermutung schließe auch die im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks entstandenen Anschaffungskosten ein. Diese Vermutung könne widerlegt werden, wenn der Steuerpflichtige darlege und nachweise, dass die Anschaffung eines Wirtschaftsguts von Anfang an eine Fehlmaßnahme gewesen sei. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht geführt.

Selbst wenn der Auffassung der Klägerin gefolgt würde, dass sie weder Herstellerin noch Erwerberin eines Wirtschaftsguts sei, wäre die aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrags an die E-AG gezahlte Vergütung in Höhe von 4.326.400 EUR schon deshalb nicht den sofort abziehbaren Betriebsausgaben zuzurechnen, weil dem finanziellen Aufwand der Klägerin der Anspruch auf Ausführung der sogenannten Geschäftsbesorgungsleistungen gegenüberstehe, der als Aktivposten in die Bilanz einzustellen sei (Vorleistung aus schwebendem Geschäft). Nach ständiger Rechtsprechung seien schwebende Geschäfte gegenseitige auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge i. S. der §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches, die hinsichtlich der vereinbarten Sach- oder Dienstleistungspflicht noch nicht voll erfüllt seien. Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürften während des Schwebezustandes grundsätzlich nicht in der Bilanz berücksichtigt werden, da die (widerlegbare) Vermutung bestehe, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen. Ein Bilanzausweis sei nur geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht solcher Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört sei oder aus diesem Geschäft ein Verlust drohe (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BStBl II 1997, 735). Würden Vorleistungen erbracht, sei beim Leistenden ein entsprechender Aktivposten „Vorauszahlung” oder „Anzahlung” zu bilden, der verhindere, dass das bislang nur einseitig erfüllte Geschäft bereits vor Beendigung des Schwebezustands erfolgswirksam werde. Der BFH gehe von einem weiten Verständnis der Anzahlungen aus, danach kämen als Anzahlungen Vorleistungen auf schwebende Verträge aller Art in Betracht, auch zeitraumbezogene Verträge, wie Dienst-, Pacht- oder Mietverträge (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 65/91, BStBl II 1995, 312, m. w. N.).

Dass die Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 22. Juli 2005 erst nach Ende der Zeichnungsfrist für die Klägerin veröffentlicht worden sei, sei für die Beurteilung des Streitfalls unerheblich, weil vorher keine abweichenden Verwaltungsanweisungen ergangen seien.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH könnten die rechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern einer Personengesellschaft steuerlich grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft gestaltet bzw. geändert werden. Dieser Grundsatz gelte auch für die Vereinbarungen über die Gewinnverteilung. Davon könne im Streitfall nicht abgewichen werden. Eine nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres beschlossene Änderung der Gewinn- und Verlustverteilungsabrede einer Personengesellschaft, die auf das abgelaufene Wirtschaftsjahr zurückbezogen werde, sei für die einkommensteuerliche Gewinn- und Verlustrechnung unbeachtlich. Es sei unerheblich, ob die Gesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, auf das die Änderung zurückbezogen werde, noch in der Investitionsphase gewesen sei. Zwar sei ein Gleichstellungsbeschluss grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, nach dem bei einer KG für die ersten beiden Geschäftsjahre die Gewinn- und Verlustverteilung in der Weise erfolgen soll, dass sämtliche in diesen beiden Geschäftsjahren eintretenden Kommanditisten gleichzustellen sind, indem die erst im zweiten Geschäftsjahr beigetretenen Kommanditisten einen höheren Anteil am Verlust der KG erhalten. Voraussetzung sei aber, dass dieser bereits bei Gründung der Gesellschaft gefasst worden sei.

Auch im Streitfall habe die Möglichkeit bestanden, die Ergebnisverteilung bei Gründung der Gesellschaft so zu regeln, dass den Beteiligten in der Investitionsphase gleiche Anteile zugerechnet werden könnten. Dass nach der Gründung der Klägerin wirtschaftliche Gründe eine Modifizierung der gesellschaftsvertraglichen Regelung erforderlich machten, sei ebenso wie die Tatsache, dass das Einverständnis der Gesellschafter für die Regelung vorgelegen habe, für die steuerliche Anerkennung unerheblich.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18 und 21 des Abschlussberichts):

Die von den Beteiligten erbrachten Agios seien gemäß § 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin als Rücklagen zugeflossen und daher als Eigenkapital erfasst worden. Eine rückwirkende Anwendung des Gesellschafterbeschlusses vom 3. November 2004 komme auch hier nicht in Betracht. Die Agiobeträge seien nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 13. März 1980 IV B 58/78, BStBl II 1980, 499) auch nicht als sofort abziehbare Sonderbetriebsausgaben der Beteiligten anzuerkennen.

Gegen die Einspruchsentscheidung richtet sich die am …Januar 2009 bei Gericht eingegangene Klage. Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Im Übrigen verweist sie auf eine von ihr vorgelegte gutachterliche Stellungnahme zu den steuerlichen Aspekten einer Beteiligung an einer identisch strukturierten Schwestergesellschaft (Bl. 81 ff. der Gerichtsakten), auf die der Senat wegen der Einzelheiten verweist.

Die Klägerin beantragt,

Die Bescheide vom … April 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 bis 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer 2003 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 bis 2004, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … Dezember 2008, dahingehend zu ändern, dass die Bescheide wie folgt erklärungsgemäß ergehen:

  • •  Einkünfte aus Gewerbebetrieb / Gewerbeertrag von ./. 1.072.600,– für 2002, von ./. 3.773.391,– für 2003 und von 41.389,– EUR für 2004,
  • •  abweichende Verteilung des Verlustes für 2003 nach Maßgabe des Gesellschafterbeschlusses vom 3. November 2004 und
  • •  Erfassung des Agios als Ertrag auf Gesellschaftsebene und als Sonderbetriebsausgabe im Sonderbereich der Anleger.

 

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

 Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die von der Klägerin angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

I.  Der Beklagte hat zu Recht die von der Klägerin in der Investitionsphase an die E-AG geleisteten Zahlungen in Höhe von 950.900,– EUR (2002), von 3.141.700,    EUR (2003) und von 233.800,– EUR (2004) nicht als sofort abziehbare Betriebsausgaben erfasst, sondern sie – zunächst gewinnneutral – aktiviert.

1.  Der Senat folgt der Auffassung des Beklagten, wonach die Zahlungen an die E-AG Anschaffungskosten eines immateriellen geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts darstellen.

a)  Der handelsrechtliche Begriff des Vermögensgegenstandes und der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsgutes stimmen inhaltlich überein: Sie sind auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen und daher weit gespannt. Beide umfassen nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, damit sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt, die einer besonderen Bewertung zugänglich sind, in der Regel einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und jedenfalls mit dem Betrieb übertragen werden können. Darunter fallen, wie die Regelungen der § 248 Abs. 2 HGB und § 5 Abs. 2 EStG erkennen lassen, grundsätzlich auch – nicht körperliche – immaterielle Wirtschaftsgüter (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 7. August 2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632; BFH-Urteile vom 20. März 2003 IV R 27/01, BFHE 202, 256, BStBl II 2003, 878; vom 14. März 2006 I R 109/04, BFH/NV 2006, 1812; vom 19. Oktober 2006 III R 6/05, BStBl II 2007, 301, jeweils m. w. N.).

b)  Diese Merkmale sind im Streitfall erfüllt.

aa)  Die Chance auf eine Beteiligung am Prozesserlös stellt einen Vorteil dar, dessen Erlangung sich die Klägerin etwas – nämlich 4.326.400,– EUR – kosten ließ. Ein mehrjähriger Nutzen für den Betrieb der Klägerin – der in der neueren Rechtsprechung gar nicht mehr gefordert wird (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juni 2008 IV R 67/05, BStBl II 2008, 960) – liegt ebenfalls vor, da sich aus den von ihr finanzierten Prozessen Umsatzerlöse ergeben, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren zufließen sollten. Der Anspruch auf Beteiligung ist auch zusammen mit dem Betrieb übertragbar. Die vom handelsrechtlichen Schrifttum für das Vorliegen eines Vermögensgegenstandes überwiegend für erforderlich gehaltene selbständige Verkehrsfähigkeit im Sinne der Einzelveräußerbarkeit ist nach Auffassung der Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht erforderlich (vgl. Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 345, m. w. N.). Im Streitfall wäre nach Auffassung des Senats aber sogar von einer selbständigen Verkehrsfähigkeit des Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös auszugehen, da der Anspruch gegen die E-AG nach §§ 398 ff. BGB auf Andere übertragen werden kann. Insbesondere ist die Abtretung nicht gem. § 399 2. Alt. BGB durch Vereinbarung mit der E-AG ausgeschlossen worden.

bb)  Darüber hinaus ist auch das für den Wirtschaftsgutbegriff zentrale Kriterium der selbständigen Bewertbarkeit (dazu Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 1681) erfüllt.

Die selbständige Bewertbarkeit bestimmt sich bei materiellen Wirtschaftsgütern nach dem Nutzungs- und Funktionszusammenhang, dem Grad der Festigkeit und dem Zeitraum einer eventuell vorgenommenen Verbindung sowie nach dem äußeren Erscheinungsbild (Schmidt/Weber-Grellet, 30. Aufl. 2011, § 5 EStG Rn. 96). Für immaterielle Wirtschaftsgüter ist die selbständige Bewertbarkeit gegeben, wenn sie nach der Verkehrsanschauung als Einzelheit Bedeutung haben. Zur Abgrenzung vom Geschäfts- oder Firmenwert, der die durch den Betrieb des eingeführten und fortlebenden Unternehmens im Ganzen gewährleisteten Gewinnchancen abbildet, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, ist erforderlich, dass ein gedachter Erwerber des ganzen Unternehmens für das Gut ein besonderes Entgelt ansetzen würde oder dass eine Einzelbewertung zumindest möglich wäre (vgl. Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 350 f.; FG Münster, Urteil vom 1. Februar 2008 9 K 2367/03, EFG 2008, 1449). Ob eine selbständige Bewertbarkeit vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalles festzustellen (BFH-Beschluss vom 3. September 2002 I B 144/01, BFH/NV 2003, 154).

Der von der Klägerin erworbene Anspruch auf Beteiligung am Prozesserlös ist nach Auffassung des Senats selbständig bewertbar und stellt deshalb ein geschäftswertähnliches immaterielles Wirtschaftgut dar, das zu aktivieren ist. Diese Beurteilung beruht darauf, dass die Klägerin für die von ihr erbrachte Zahlung eine klar abgegrenzte und definierte Geschäftschance erworben hat, die sich von einer Forderung nur durch die Ungewissheit ihrer Realisierbarkeit unterscheidet. Die Klägerin hat im wirtschaftlichen Ergebnis nämlich eine Option auf Beteiligung an einem etwaigen Prozesserlös der Kläger erworben. Für den Fall von Call- oder Put-Optionen, also dem Recht, einen bestimmten Gegenstand zu einem oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem festgelegten Preis zu kaufen oder zu verkaufen, ist anerkannt, dass dieses Recht im Zeitpunkt der Einräumung der Option als immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren ist (vgl. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 1686). Im Streitfall kann nichts anderes gelten.

Zudem ist die im Streitfall erworbene Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös mit dem entgeltlichen Erwerb der Ansprüche aus bestehenden schwebenden Verträgen vergleichbar (auch bezeichnet als Gewinnaussichten aus schwebenden Geschäften, Belieferungsrechte, Kundenaufträge, Auftragsbestand). Mit dem Erwerb bestehender schwebender Verträge treten gegenüber dem Geschäftswert selbständige immaterielle, geschäftswertähnliche Wirtschaftsgüter in Erscheinung, wenn sich aus den Verträgen bereits konkrete Verpflichtungen ergeben. Ein bei Erwerb eines Unternehmens übernommener Auftragsbestand ist ein selbständig bewertungsfähiges abschreibbares Wirtschaftgut und nicht Bestandteil des Geschäftswerts, wenn die Vertragsparteien dem Auftragsbestand eine besondere wirtschaftliche Bedeutung beigemessen haben. Dies resultiert daraus, dass der Auftragsbestand den zu erwartenden Gewinn umschreibt, der sich aus rechtsverbindlich abgeschlossenen (schwebenden) Verträgen ergibt (vgl. dazu BFH-Urteile vom 1. Februar 1989 VIII R 361/83, BFH/NV 1989, 778; vom 15. Dezember 1993 X R 102/92, BFH/NV 1994, 543; vom 28. Mai 1998 IV R 48/97, BStBl II 1998, 775; FG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2003 15 K 7704/00 F, EFG 2003, 1290; FG Münster, Urteil vom 1. Februar 2008 9 K 2367/03, EFG 2008, 1449). Nicht anders verhält es sich im Streitfall, soweit die Klägerin durch die Pauschalvergütung die Chancen der E-AG auf Auskehrung von Erlösen aus den von der E-AG finanzierten Prozessen erworben hat.

c)  Die Aktivierung der selbständigen Geschäftschance „Beteiligung am Prozesserlös” verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Nichtausweises von sog. schwebenden Geschäften.

Grundsätzlich dürfen schwebende Geschäfte, soweit sie ausgeglichen sind, nicht bilanziert werden; Forderungen und Verbindlichkeiten aus solchen Geschäften werden also nicht angesetzt (Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 290). Schwebende Geschäfte sind gegenseitige, auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge, insbesondere auch Dauerschuldverhältnisse, bei denen der zur Sach-, Dienst- oder Werkleistung Verpflichtete seine Leistung noch nicht erbracht hat (Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 330). Leistungen des zur Geldzahlung Verpflichteten haben keine Auswirkung auf den Schwebezustand (Schmidt/Weber-Grellet, 30. Aufl. 2011, § 5 EStG Rn. 76).

Im Streitfall liegt kein schwebendes Geschäft vor, denn die E-AG hat die von ihr geschuldete, nicht in Geld bestehende Leistungspflicht erbracht, indem sie der Klägerin den Anspruch auf Gewinnbeteiligung eingeräumt hat. Allerdings hat die E-AG gegenüber der Klägerin in dem Geschäftsbesorgungsvertrag umfassende Leistungspflichten übernommen und sich verpflichtet, gegen die Zahlung der Pauschalvergütung eigenverantwortlich das operative Geschäft der Klägerin zu führen. Dies führt zivilrechtlich auch zu einem Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Vergütungszahlung einerseits und der Geschäftsbesorgung andererseits. Die steuerliche Qualifizierung des Vertragsverhältnisses weicht aber von der zivilrechtlichen Betrachtung ab, weil die Klägerin mit der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös ein geschäftswertähnliches immaterielles Wirtschaftsgut angeschafft hat. Steuerlich teilt sich die zivilrechtlich einheitliche Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und der E-AG deshalb in zwei voneinander zu trennende Abschnitte auf, nämlich zum einen den entgeltlichen Erwerb des immateriellen Wirtschaftsguts und zum anderen die Geschäftsbesorgung, die den Inhalt des immateriellen Wirtschaftsguts durch die von der Klägerin vereinnahmten Umsatzerlöse konkretisiert und materialisiert. Dass dies so ist, wird letztlich auch durch den Umstand belegt, dass die Klägerin eine Pauschalzahlung geleistet hat, die sich nicht am Aufwand der E-AG bemessen hat, sondern – dies ist zwischen den Beteiligten streitig – entweder an der Höhe des von ihr eingeworbenen Kommanditkapitals oder am Streitwert der von der E-AG akquirierten und positiv geprüften Aktivprozesse. Daraus folgt, dass die Pauschalvergütung Gegenleistung für das eingeräumte Wirtschaftsgut und nicht für die von der E-AG zu erbringenden sonstigen Tätigkeiten ist.

2.  Sofern kein immaterielles Wirtschaftsgut vorliegen sollte, würde sich im Streitfall am Ergebnis nichts ändern. Denn dann wäre die von der Klägerin geleistete Pauschalvergütung in Höhe von 4.326.400,– EUR als Anzahlung zu aktivieren (vgl. § 266 Abs. 1 A. I. 4. HGB).

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin stünde dem nicht entgegen, dass der Inhalt des Gegenanspruchs kein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut, sondern eine Dienstleistung wäre (vgl. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 25/91, BStBl II 1995, 312; Schmidt/Weber-Grellet, a. a. O., § 5 Rn. 270 „Anzahlungen”). Nicht entscheidend ist auch, ob die Anzahlungen als eigenständiges Wirtschaftsgut oder als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen wären, weil dies weder am Umstand der erfolgsneutralen Erfassung noch an der Auflösung (dazu sogleich) etwas ändern würde.

3.  Die – von der Klägerin auch nicht angegriffene – Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsguts durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden; denn der Beklagte hat den gebildeten Bilanzposten prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschiedenen Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang, aufgelöst. In der Sache entspricht dies einer Absetzung für Substanzverringerung nach § 7 Abs. 6 EStG und wird den wirtschaftlichen Gegebenheiten besser gerecht als die lineare AfA gem. § 7 Abs. 1 EStG. Zudem dürfte die lineare AfA gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG über einen Zeitraum von 15 Jahren vorzunehmen sein, sodass die vom Beklagten gewählte Methode für die Klägerin sogar günstiger ist.

II.  Auch die von der Klägerin gezahlten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen in Höhe von 139.357,– EUR (2002), von 587.834,– EUR (2003) und von 23.952,– EUR (2004) sowie die Rechtsund Beratungskosten in Höhe von 43.087,– EUR (2002), 171.972,– EUR (2003) und von 15.143,– EUR (2004) führten in den Streitjahren nicht zu unmittelbar gewinnminderndem Aufwand, sondern waren zu aktivieren.

1.  Sofern vom Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts durch die Klägerin auszugehen ist, folgt dies unmittelbar aus der Rechtsprechung des BFH zu den Anschaffungsnebenkosten im Rahmen von Bauherrenmodellen.

a)  Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, werden alle Aufwendungen, die von Anlegern eines Bauherrenmodells geleistet worden sind, als Anschaffungskosten und nicht als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt, wenn sich die Anleger aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks beteiligen (BFH-Urteil vom 14. November 1989 IX R 197/84, BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299). Diese Grundsätze gelten auch für Immobilienfonds in der Rechtsform einer gewerblich geprägten KG. Zwar sind dann für die handelsrechtliche Bilanzierung die Aufwendungen des Fonds aus der Perspektive der Gesellschaft zu betrachten. Ob Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder aber sofort den Gewinn mindernde Betriebsausgaben vorliegen, kann danach nicht davon abhängen, inwieweit sich die Aufwendungen für den Gesellschafter oder künftigen Gesellschafter als Bestandteil eines von ihm zu tragenden Gesamtaufwands darstellen. Aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) ergibt sich andererseits aber auch nicht, dass steuerlich der handelsrechtlichen Behandlung von Aufwendungen als laufende Betriebsausgabe aus der Perspektive der Gesellschafter gefolgt werden muss. Die einheitliche Betrachtung des Vertragswerks für Zwecke der Besteuerung beruht nämlich auf § 42 AO, wonach der Besteuerung anstelle einer wirtschaftlich unangemessenen Gestaltung der Rechtsverhältnisse diejenige Rechtsgestaltung unterworfen wird, die den wirtschaftlichen Vorgängen angemessen gewesen wäre.

Die angemessene Gestaltung bestünde bei Immobilienfonds in der Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für die Immobilie, so dass die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts vereinbarten Provisionen oder Gebühren wie Anschaffungskosten zu werten sind; denn das wirtschaftliche Ziel der Fonds-Gesellschaft und ihrer Gesellschafter kann und soll nur in der Zusammenfassung der verschiedenen Teile des Vertragswerks erreicht werden. Die einzelnen Teilverträge haben keine selbständige Bedeutung und lassen sich nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Ausgaben erklären. Für die steuerrechtliche Beurteilung eines geschlossenen Immobilienfonds mit gewerblichen Einkünften kommt es deshalb nicht darauf an, wie die betreffenden Vorgänge in der Handelsbilanz der KG behandelt worden sind. § 42 AO geht als spezielle Regelung dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 EStG vor, denn die Handelsbilanz bildet in Ermangelung einer handelsrechtlichen Regelung nach Art des § 42 AO nur die tatsächliche Zivilrechtslage ab (BFH-Urteile vom 28. Juni 2001 IV R 40/97, BFHE 196, 77, BStBl II 2001, 717, und vom 14. April 2011 IV R 8/10, BFHE 223, 226, BStBl II 2011, 709).

b)  Die für den geschlossenen Immobilienfonds entwickelten Grundsätze sind gleichermaßen auf den vorliegenden Fall eines Prozesskostenfinanzierungsfonds zu übertragen.

Vergleichbar einem Immobilienfonds ist das vorliegende Fondskonzept darauf ausgerichtet, in gesamthänderischer Verbundenheit ein immaterielles Wirtschaftsgut zu erwerben, dabei eingeräumte steuerliche Vergünstigungen (hier insbesondere die im Rahmen des § 15a EStG ausgleichsfähigen Anlaufverluste) in Anspruch zu nehmen, um anschließend mit dem Wirtschaftsgut Umsatzerlöse zu erzielen (s. o. unter I.). Dieses Ziel konnte und sollte nach dem wirtschaftlichen Fondskonzept durch die Bündelung verschiedener, bereits vor der Aufnahme zukünftiger Gesellschafter abgeschlossener Verträge erreicht werden. Der einzelne dem Fonds beitretende Gesellschafter hatte mithin im Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft keinerlei (unternehmerischen) Einfluss mehr auf das wirtschaftliche Konzept, das die Fondsinitiatoren im Einzelnen ausgearbeitet hatten. Aus der Sicht der beitretenden Gesellschafter standen sämtliche Aufwendungen für die einzelvertraglich vereinbarten Dienstleistungen, hier für die wirtschaftliche und steuerliche Konzeption, für die Platzierung, für die Geschäftsbesorgung (Investitionsphase), für den Prospekt, für die Vermittlung der Endfinanzierung (Fremdkapital) und für die Mittelverwendungskontrolle aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung aller diesbezüglichen Verträge in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an dem immateriellen Wirtschaftsgut. Den von den Initiatoren und Gründungsgesellschaftern der Klägerin abgeschlossenen einzelnen Verträgen kam daher jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht der beitretenden Anleger keine selbständige Bedeutung zu. Die einzelvertraglichen Abreden lassen sich auch bei dem hier zu beurteilenden Prozesskostenfinanzierungsfonds nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Ausgaben erklären. Ein Abzug von Aufwendungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben kommt insoweit nur in Betracht, als ein Erwerber der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte. Dies ist bei den vorliegend in Streit stehenden Aufwendungen indes nicht der Fall.

c)  Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Teilwertabschreibung auf den Erinnerungswert von 1,– EUR vorzunehmen.

Der Teilwert eines neu hergestellten oder angeschafften Wirtschaftsguts entspricht nach der in der Rechtsprechung anerkannten Teilwertvermutung in der Regel den Anschaffungs- und Herstellungskosten, bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern vermindert um die AfA. Diese Teilwertvermutung schließt auch die im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks entstandenen Anschaffungskosten ein, denn es ist davon auszugehen, dass jeder Anleger diese Aufwendungen tragen müsste, um sich an dem Anlageobjekt beteiligen zu können. Insoweit handelt es sich nicht um Aufwendungen, die bei der Bemessung des Teilwerts des Anlageobjekts wie etwa bestimmte vergebliche Aufwendungen unberücksichtigt bleiben müssten. Vielmehr ist anzunehmen, dass auch ein gedachter Erwerber der Beteiligung dem Veräußerer die gesamten als Anschaffungs- und Herstellungskosten behandelten Aufwendungen im Rahmen des Vertragswerks vergüten würde, weil er als Ersterwerber diese Kosten ebenfalls zu tragen hätte (BFH-Urteil vom 14. April 2011 IV R 8/10, BFHE 223, 226, BStBl II 2011, 709).

2.  Die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen sowie die Rechts- und Beratungskosten stellen aber auch dann keine sofort abziehbare Betriebsausgaben dar, wenn nicht vom Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts auszugehen sein sollte, sondern die Zahlungen an die E-AG als Anzahlungen zu aktivieren wären (dazu oben I.2 der Gründe).

In diesem Fall gelten nämlich die Erwägungen, die der Rechtsprechung des BFH zu gewerblichen Immobilienfonds zugrunde liegen, entsprechend: Das angestrebte wirtschaftliche Ziel konnte und sollte nach dem wirtschaftlichen Fondskonzept durch die Bündelung verschiedener, bereits vor der Aufnahme zukünftiger Gesellschafter abgeschlossener Verträge erreicht werden, und der einzelne Anleger hatte keinen Einfluss auf das wirtschaftliche Konzept. Aus der Sicht der Anleger standen deshalb sämtliche Aufwendungen für die weiteren Dienstleistungen aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung aller Verträge in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung der Beteiligung an den Prozesserlösen. Im Ergebnis stellen diese Zahlungen daher „Anzahlungsnebenkosten” dar und sind ebenfalls zu aktivieren.

3.  Sofern kein Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts vorliegt, sondern die Zahlungen an die E-AG als Anzahlungen auf noch zu erbringende Dienstleistungen zu aktivieren wären, müsste im Übrigen im Hinblick auf die Gewerbesteuer berücksichtigt werden, dass die Zahlungen an die E-AG als Mitunternehmerin der Klägerin geleistet worden sind. Diese Zahlungen stellen daher bei der E-AG Sonderbetriebseinnahmen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, 2. HS EStG dar und erhöhen den Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dies spielt allerdings nur eine Rolle, wenn die Anzahlungen bei Klägerin nicht aktiviert werden müssten, während sie im Streitfall zu aktivieren sind.

III.  Der Beklagte hat ebenfalls zu Recht den Beschluss vom … 2004 nicht bei der Gewinnverteilung des Jahres 2003 berücksichtigt und das Agio als Eigenkapital erfasst. Wegen der Gründe verweist der Senat auf die Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung, denen sich der Senat anschließt (§ 105 Abs. 5 FGO).

IV.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da er von der Rechtsprechung des BFH nicht abweicht.

Abgrenzung zwischen laufender Unterrichtung und Schlussbesprechung (FG)

Gültigkeit der Hemmung der Verjährung wegen Betriebsprüfung bis ein Jahr nach dem Jahr der SchlussbesprechungAnforderungen an eine SchlussbesprechungAbgrenzung zwischen laufender Unterrichtung und Schlussbesprechung

 Leitsatz

1. Ob eine die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO befristende Schlussbesprechung stattgefunden hat, ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen (entgegen § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung v. 15.3.2000, BStBl 2000 I S. 368 ).

2. Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung, sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält.

3. Eine Besprechung ist als Schlussbesprechung gem. § 171 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 201 AO anzusehen, wenn mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer der geprüften GmbH, dem Mitarbeiter deren Steuerberaters sowie dem Betriebsprüfer die maßgeblichen Personen teilnehmen und Gegenstand des Gesprächs sämtliche vorläufige Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers sind. Unerheblich ist die Bezeichnung der Besprechung sowie die Einräumung einer Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen.

4. Ist das FA der Ansicht, dass eine die Merkmale einer Schlussbesprechung aufweisende Besprechung keine solche, sondern lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. d. § 199 Abs. 2 AO ist, muss es eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen bzw. erkennen lassen, eine solche durchführen zu wollen. Das FA kann nicht durch die gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen halten.

 Gesetze

AO § 171 Abs. 4 S. 3
AO § 201 Abs. 1 S. 1
AO § 199 Abs. 2
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist rechtskräftig

 Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte Änderungsbescheide aufgrund einer Außenprüfung erlassen durfte oder ob bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Beratung von Unternehmen und Einzelpersonen im Bereich der Umwelt-, Energie- und Verfahrenstechnik, die Planung von Anlagen und Einrichtungen sowie das Errichten dieser Anlagen als Generalübernehmer oder Bauherrenvertreter. Im Streitzeitraum waren Herr C Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und Herr D Gesellschafter. Beide hielten jeweils 50 % der Anteile.

Der Beklagte führte ab dem … November 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2000 bis 2002 betraf. Der vom Beklagten eingesetzte Prüfer teilte der Klägerin die vorläufigen Prüfungsfeststellungen in einer Besprechung im November 2004 mit. An der Besprechung nahmen auf der Seite der Klägerin ihr GesellschafterGeschäftsführer C und ein Mitarbeiter des steuerlichen Beraters der Klägerin teil. Der Prüfer gab der Klägerin Gelegenheit, nach Abschluss des Gesprächs noch weitere Unterlagen einzureichen; dies geschah jedoch nicht.

Daher erstellte der Prüfer am … Dezember 2004 den Prüfungsbericht. In dem Bericht führte der Prüfer aus, dass der Bilanzposten „Vorräte” zum 31. Dezember 2000 aufgrund der Aktivierung von Fremdleistungsaufwendungen erhöht werde (Textziffer [Tz.] 12). Zudem seien die Umsätze für die Verwendung unternehmenseigener Fahrzeuge für private Zwecke in den Jahren 2000, 2001 und 2002 zu erhöhen (Tz. 17, 18). In der Tz. 4 zu den „Allgemeinen Angaben” gab der Prüfer an, dass die letzten Ermittlungen „in 2004” stattgefunden hätten. In den Schlussbemerkungen führte der Prüfer aus, dass die Prüfungsfeststellungen während der Prüfung mit dem steuerlichen Berater der Klägerin besprochen worden seien und nach der „abschließenden Besprechung” keine weiteren Ermittlungen mehr stattgefunden hätten.

Den Prüfungsbericht übersandte der Prüfer der Klägerin mit Schreiben vom … Januar 2005 mit der Bitte um Stellungnahme. Diese erhob in der Folgezeit Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen und kündigte die Einreichung von Unterlagen an. Die Übersendung von Unterlagen erfolgte jedoch nicht, trotz einer schriftlichen Aufforderung durch den Prüfer Ende 2005. Daher wertete der Beklagte den Außenprüfungsbericht unverändert aus und erließ mit Datum vom … Juli 2009 geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag 2000, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG ) zum 31. Dezember 2000 sowie geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2000, 2001 und 2002.

Hiergegen führte die Klägerin ein erfolgloses Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010), so dass sie am … Februar 2010 Klage erhoben hat. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die zunächst auch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 2000 gerichtete Klage insoweit zurückgenommen. Das Verfahren ist im Umfang der Klagerücknahme abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 12 K 12150/12 eingestellt worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheide seien schon deshalb rechtswidrig, weil im Zeitpunkt ihres Erlasses die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) abgelaufen gewesen sei. Daran ändere auch die in § 171 Abs. 4 AO geregelte Ablaufhemmung in den Fällen, in denen eine Außenprüfung durchgeführt werde, nichts. Denn insoweit sei § 171 Abs. 4 Satz 3 AO maßgeblich, wonach die Festsetzungsfrist spätestens dann ende, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden habe, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen seien. Die abschließende Besprechung habe im Jahr 2004 stattgefunden und sei als Schlussbesprechung i. S. des § 201 Abs. 1 Satz 1 AO anzusehen; die Festsetzungsfrist sei daher am 31. Dezember 2008 abgelaufen.

Auch wenn die 2004 durchgeführte Besprechung nicht als Schlussbesprechung i. S. des § 201 Abs. 1 Satz 1 AO angesehen werden könnte, ändere sich daran im Ergebnis nichts, da der Beklagte auch die letzten Ermittlungshandlungen im Jahr 2004 vorgenommen habe. Eine etwaige, vom Beklagten angeführte Einsichtnahme in Unterlagen über eine bei ihr für die Jahre 1998 bis 2001 durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung seien keine Ermittlungshandlungen i. S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO .

In der Sache wende sie sich weiterhin gegen die vom Beklagten vorgenommene Bewertung der Vorräte, die Versteuerung der privaten Nutzung von Unternehmensfahrzeugen durch die Gesellschafter sowie gegen den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung im Jahr 2000 für eine Tantieme.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2000, den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 und Umsatzsteuer für 2000, 2001 und 2002, jeweils vom … Juli 2009, sowie die zu diesen Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die in § 171 Abs. 4 Satz 1 AO geregelte Ablaufhemmung sei nicht ab dem 1. Januar 2005 befristet gewesen, da die Ende 2004 durchgeführte Besprechung nicht als Schlussbesprechung i. S. des § 201 AO anzusehen sei. Hätte diese Besprechung eine Schlussbesprechung sein sollen, hätte er bestimmte Formalien eingehalten, so der Beklagte, und einen Vermerk über die Bekanntgabe eines Besprechungstermins sowie die Besprechungspunkte angefertigt. Dies sei jedoch unterblieben. Daher sei maßgeblich, ob nach 2004 noch Prüfungshandlungen durchgeführt worden seien. Dies sei der Fall, da der zuständige Prüfer in 2005 vor allem hinsichtlich der privaten Fahrzeugnutzung in Unterlagen Einsicht genommen habe, welche im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 1998 bis 2001 vorgelegt worden seien. Zudem habe die Klägerin mit den von ihr erhobenen Einwendungen selbst verdeutlicht, dass sie an einem Fortgang der Außenprüfung und somit an weiteren bzw. letzten Ermittlungen interessiert gewesen sei. Im Ergebnis habe die Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO erst mit Ablauf des 31. Dezember 2005 zu laufen begonnen, so dass der Erlass der Änderungsbescheide am … Juli 2009 noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgt sei.

In der Sache könne die Klage keinen Erfolg haben, da die Klägerin ihre Auffassung nicht hinreichend begründet habe und die rechtlichen Schlussfolgerungen des Prüfers der geltenden Rechtslage entsprächen.

 Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide wegen Körperschaftsteuer 2000, Umsatzsteuer 2000, 2001 und 2002 sowie wegen des Gewerbesteuermessbetrags 2000 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung [FGO ]).

Dem Erlass dieser geänderten Bescheide stand der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt für die Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer grundsätzlich vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ).

1. Die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Abgabe der Steuererklärungen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ) war – wie unter den Beteiligten unstreitig ist – bei Erteilung der aufgrund der Außenprüfung geänderten Bescheide am … Juli 2009 bereits abgelaufen, denn die Steuerklärung für den letzten hier streitigen Veranlagungszeitraum 2002 wurde im Jahr 2003 beim Beklagten eingereicht.

2. Auch unter Berücksichtigung der in § 171 Abs. 4 AO geregelten Ablaufhemmung war die Festsetzungsfrist abgelaufen, und zwar am 31. Dezember 2008; denn der Beklagte führte im Jahr 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch und erörterte Ende 2004 die Ergebnisse der Außenprüfung in einer Schlussbesprechung.

a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO ). Die Festsetzungsfrist endet nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO allerdings spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind.

aa) Die Schlussbesprechung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 201 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz AO . Danach wird die Schlussbesprechung als Besprechung über das Ergebnis der Außenprüfung definiert. Die Schlussbesprechung ist somit eher vage bestimmt (vgl. nur Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 4), ihr Inhalt und Ablauf sind nicht näher normiert.

bb) Die Finanzverwaltung betrachtet die Schlussbesprechung nach formellen Gesichtspunkten. Gemäß § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung – Betriebsprüfungsordnung (Fassung vom 15. März 2000, Bundessteuerblatt [BStBl] I 2000, 368) sind die Besprechungspunkte und der Termin der Schlussbesprechung dem Steuerpflichtigen in einer angemessenen Zeit vor der Besprechung bekanntzugeben, wobei diese Bekanntgabe nicht der Schriftform bedarf. Dauert die Außenprüfung nur wenige Tage, kann die Schlussbesprechung allerdings auch kurzfristig anberaumt werden (Ax/Große/Melchior, AO /FGO , 19. Auflage [2007], Rn. 2319). Teilnehmer auf Seiten des Steuerpflichtigen ist neben diesem selbst in der Regel sein steuerlicher Berater (Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 6).

cc) Nach der Auffassung des Senats ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen, ob eine Schlussbesprechung stattgefunden hat. Maßgeblich sind dafür die folgenden Erwägungen:

Zweck der Schlussbesprechung soll neben der Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten und Missverständnissen die Gewährung rechtlichen Gehörs sein (Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 2; Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 1; Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO, § 201 AO Rn. 3 f.; von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, AO /FGO , 20. Auflage [2011], § 201 AO Rn. 4). Damit hat die Schlussbesprechung eine Befriedungsfunktion, da sie zeitlich auf die Durchführung der Prüfungshandlungen folgt und sich schwerpunktmäßig auf Fragen bezieht, die im Rahmen der Prüfung streitig geblieben sind (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO, § 201 AO Rn. 12; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247). Der Auftrag des Gesetzes, gerade die streitigen Aspekte zum Gegenstand der Schlussbesprechung zu machen, kann nur dahin verstanden werden, dass die Beteiligten ihre gegensätzlichen Auffassungen vortragen und womöglich die andere Seite von der Richtigkeit dieser Auffassungen überzeugen sollen – letztlich mit dem Ziel, die streitigen Aspekte des Falls schon im Rahmen der Schlussbesprechung zu erledigen (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 201 AO Rn. 12). Allerdings haben die während der Schlussbesprechung getroffenen Äußerungen nur vorläufigen Charakter; auch das rechtliche Ergebnis der Schlussbesprechung ist grundsätzlich unverbindlich (Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 17; von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, AO /FGO, 20. Auflage [2011], § 201 AO Rn. 7).

Abzugrenzen ist die Schlussbesprechung von der in § 199 Abs. 2 AO geregelten laufenden Unterrichtung des Steuerpflichtigen über die während der Prüfung festgestellten Sachverhalte und deren möglichen steuerlichen Auswirkungen (vgl. dazu Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 18; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247). Diese laufende Unterrichtung hat zumeist nur bei Großoder Konzernbetrieben den formalen Rahmen einer Besprechung und wird dann als Zwischenbesprechung bezeichnet (Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247).

Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung (missverständlich insoweit Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO , § 201 AO Rn. 6, der vom „Endpunkt einer Außenprüfung” spricht), sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält (Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 1). In diesem Sinne ist nach der Auffassung des Senats auch das Urteil des Finanzgerichts [FG] des Saarlands vom 30. September 1992 zu verstehen, wonach von einer Schlussbesprechung dann gesprochen werden kann, wenn nach Vornahme von Prüfungshandlungen die Prüfung eingestellt und allen Beteiligten im Rahmen einer Besprechung Gelegenheit gegeben wird, abschließend zu den Prüfungsfeststellungen Stellung zu nehmen (FG des Saarlandes, Urteil vom 30. September 1992 1 K 8/92 , Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1993, 279). Dementsprechend sieht auch § 202 Abs. 2 AO die Möglichkeit bzw. das Recht vor, den Prüfungsbericht vor seiner Auswertung an den Steuerpflichtigen übersenden, der darauf hin Einwendungen gegen den Bericht erheben kann; die Außenprüfung wird dann in der Weise fortgesetzt, dass der Prüfer zu den Einwendungen des Steuerpflichtigen seinerseits Stellung nimmt.

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Befristung der Ablaufhemmung von vier Jahren (§ 171 Abs. 4 Satz 3 AO i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ) bereits mit dem 01. Januar 2005 begonnen, denn die im November 2004 durchgeführte Besprechung ist als Schlussbesprechung i. S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 201 Abs. 1 Satz 1 AO anzusehen.

aa) Unstrittig ist, dass der Betriebsprüfer im November 2004 mit Herrn C, dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, und einem Mitarbeiter des Steuerberaters der Klägerin eine Besprechung abgehalten hat. Unschädlich ist, dass der Beklagte meint, bei dieser Besprechung habe es sich nicht um eine Schlussbesprechung, sondern lediglich um eine „abschließende Besprechung” gehandelt. Denn entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Besprechung, sondern ihr Inhalt und Zweck. Sowohl Inhalt als auch Zweck der zwischen den Beteiligten abgehaltenen Besprechung entsprachen einer „üblichen” Schlussbesprechung; denn nicht nur haben auf Seiten der Klägerin die maßgeblichen Personen teilgenommen – ihr Gesellschafter-Geschäftsführer und ein Mitarbeiter des Steuerberaters –, sondern Gegenstand des Gesprächs waren auch sämtliche (vorläufige) Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers. Dies ist unstrittig und vom Beklagten selbst vorgetragen. Dass nur die vorläufigen Feststellungen Gegenstand der Besprechung waren, ist unschädlich, wie die zitierte Literatur zeigt, der sich der Senat anschließt. Denn erst der in § 202 Abs. 1 Satz 1 AO normierte Prüfungsbericht enthält die „endgültigen” bzw. für die Auswertung und Umsetzung der Betriebsprüfungsergebnisse in Steuerbescheide maßgeblichen Prüfungsfeststellungen. Aus diesem Grund ist es für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem hier strittigen Gespräch um eine Schlussbesprechung handelte, auch unerheblich, dass der Klägerin noch eine kurze Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen eingeräumt wurde. Denn werden nur vorläufige Prüfungsfeststellungen besprochen, muss der Steuerpflichtige die Gelegenheit erhalten, weitere Ausführungen tatsächlicher oder rechtlicher Art zu machen.

Diese Erwägungen stehen auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO . Der Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO besteht darin, zugunsten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit eine zeitlich unbegrenzte Auswertung von Prüfungsfeststellungen zu verhindern und damit eine zeitgerechte Auswertung der Prüfungsfeststellungen durch den Erlass von Änderungsbescheiden zu erzwingen (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 08. Juli 2009 XI R 64/07, BStBl II 2010 , 4 ). Dagegen konnten vor der Einfügung des Satzes 3 in § 171 Abs. 4 AO Änderungsbescheide auf Grund einer Außenprüfung ergehen, ohne dass ein fester zeitlicher Rahmen für den Erlass der Bescheide vorgesehen war; der Erlass der Bescheide konnte allenfalls unter dem Gesichtspunkt von „Treu und Glauben” aufzuhalten sein (vgl. dazu FG Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2000 6 K 8964/98 K, G, U, F , EFG 2001, 865 ). Den somit bestehenden Widerspruch zu dem Zweck der Verjährungsvorschriften – innerhalb eines festen Zeitrahmens Klarheit über den Gegenstand des Steuerschuldverhältnisses zu schaffen – sollte die Ergänzung des Satzes 3 (mit einer an § 169 Abs. 2 AO orientierten Frist für die Auswertung der Prüfungsfeststellungen) beseitigen (Bundestags-Drucksache 10/1636, 43 f.; vgl. auch BFH-Urteil vom 08. Juli 2009 XI R 64/07 , BStBl II 2010, 4). Mithin dient § 171 Abs. 4 Satz 3 AO der Rechtssicherheit. Der Finanzbehörde soll nach der Ermittlung des Sachverhalts im Wege der Außenprüfung für den Erlass der Steuerbescheide aufgrund der Außenprüfung nicht unbegrenzt Zeit verbleiben, während erstmalige Steuerfestsetzungen innerhalb der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO erfolgen müssen (siehe dazu auch Cöster in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 171 Rn. 100).

Dem Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO würde es zuwiderlaufen, wenn es die Finanzbehörde in der Hand hätte, durch die von ihr gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen zu halten. Daher muss sich die Finanzbehörde an ihrer eigenen Vorgehensweise festhalten lassen und muss – wenn sie mit dem Steuerpflichtigen eine Schlussbesprechung durchführt – diesem auch die notwendige Rechtssicherheit gewähren, dass dieses Gespräch eine maßgebliche Etappe auf dem Weg zum Abschluss der Außenprüfung darstellt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige nach ganz überwiegender Ansicht einen (klagbaren) Rechtsanspruch auf die Durchführung einer Schlussbesprechung hat ([BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 66/84 , Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 1988, 319; FG Köln, Urteil vom 22. Februar 2000 14 K 3004/99, EFG 2000, 775 ; Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO , § 201 Rn. 9; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 201 AO Rn. 20; zweifelnd Rüsken in Klein AO , 10. Auflage [2009], § 201 Rn. 5). Da davon auszugehen ist, dass die Finanzverwaltung stets rechtmäßig handelt bzw. handeln will, hätte der Beklagten nach Durchführung der Besprechung im November 2004 eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen müssen, wenn er der Überzeugung gewesen wäre, dass das Gespräch vom November 2004 keine Schlussbesprechung bzw. lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. des § 199 Abs. 2 AO gewesen sei. Dies ist jedoch nicht geschehen; derartige Überlegungen, noch eine weitere Besprechung durchführen zu müssen, lassen sich auch nicht den Steuerakten entnehmen.

bb) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass auch spätere Ermittlungen der Finanzbehörde den Beginn der Festsetzungsfrist hinausschieben können. Denn nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO beginnt die Befristung der Ablaufhemmung in erster Linie mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat. Auf das Kalenderjahr, in dem die letzten Ermittlungen stattgefunden haben, ist nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nur dann abzustellen, wenn die Schlussbesprechung unterblieben ist (BFH-Urteile vom 09. März 1999 VIII R 19/97 , BFH/NV 1999, 1186 ; vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195 ; FG Düsseldorf, Urteil vom 02. Februar 1999 6 K 5708/95 , juris; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 171 AO Rn. 127). Das war hier jedoch gerade nicht der Fall, so dass dahinstehen kann, ob das Finanzamt – wie der Beklagte vorgetragen hat – nach der Schlussbesprechung weitere Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung durchgeführt hat.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO . Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung .

III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Die Frage, welche Anforderungen an eine Schlussbesprechung i. S. der §§ 171 Abs. 4 Satz 3, 201 AO zu stellen sind, ist, soweit ersichtlich, bislang nicht höchstrichterlich entschieden.

Vermögenswirksame Leistungen | Bescheinigung (Anlage VL) 2012 (BMF)

Bekanntmachung des Vordruckmusters für die Bescheinigung der 2012 angelegten vermögenswirksamen Leistungen (Anlage VL 2012)

Das Vordruckmuster für die Bescheinigung der 2012 angelegten vermögenswirksamen Leistungen (Anlage VL 2012) wird hiermit in der Anlage bekannt gemacht (§ 15 Absatz 1 des Fünften Vermögensbildungsgesetz, § 5 der Verordnung zur Durchführung des Fünften Vermögensbildungsgesetz).

Der Vordruck hat das Format DIN A 4.

Der Vordruck kann auch maschinell hergestellt werden. Im Interesse einer korrekten Erfassung (maschinelle Beleglesung) muss der maschinell hergestellte Vordruck sämtliche Angaben in gleicher Anordnung enthalten und in Format, Aufbau, Druckbild und Wortlaut dem bekannt gemachten Vordruck entsprechen. Insbesondere darf ein maschinell hergestellter Vordruck bezüglich folgender Punkte nicht vom amtlichen Muster abweichen:

  • keine Hinterlegung in Farbe oder Grauwerten,
  • keine Kammboxen und keine Erläuterungstexte in den Datenfeldern,
  • Schriftgrößen,
  • keine Serifenschriften,
  • keine zusätzlichen Inhalte wie Erläuterungstexte und Informationen des Anlageinstituts, Unternehmens, Empfängers.

Wird der Vordruck maschinell ausgefüllt, dürfen für die Eintragungen in den Datenfeldern ebenfalls keine Serifenschriften verwendet werden. Diese Eintragungen sind in Schriftgröße 12 pt vorzunehmen. Eine kleinere Schrift darf nur verwendet werden, wenn anderenfalls der für die Eintragung zur Verfügung stehende Platz nicht ausreichen würde.

Maschinell erstellte Bescheinigungen brauchen nicht handschriftlich unterschrieben zu werden.

Beim Ausfüllen der Anlage VL 2012 sind die Vorgaben im BMF-Schreiben vom 9. August 2004 (BStBl I Seite 717), geändert durch die BMF-Schreiben vom 16. März 2009 (BStBl I Seite 501), vom 4. Februar 2010 (BStBl I Seite 195) und vom 2. Dezember 2011 (BStBl I Seite 1252), zu beachten. Eine redaktionelle Zusammenfassung der BMF-Schreiben ist unter www.bundesfinanzministerium.de abrufbar.

Berlin, den 24. August 2012

IV C 5 – S 2439/12/10002

 

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Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin