Ende der Grundsteuerbefreiung für von der Bundeswehr genutzte Grundstücke grds. mit Einstellung der militärischen Nutzung

Der 2. Senat des FG hatte sich in einem bei ihm geführten Verfahren (Az. 2 K 236/12) mit der Frage auseinanderzusetzen, wie lange die Grundsteuerbefreiung für ursprünglich militärisch genutzte Grundstücke Anwendung findet, wenn das Gelände schließlich dem privaten Wohnungsbau zur Verfügung gestellt wird. Die Klägerin war Eigentümerin des Gerätehauptdepots der Bundeswehr in A. Der überwiegende Teil der Gebäude und Hallen wurde im Dezember 2005 vom Nutzer an die Standortverwaltung B übergeben. Die von C genutzten Räume wurden am 19. Januar 2006 an die Standortverwaltung B übergeben. Die Liegenschaft befand sich bis zum Verkauf durch die Gesellschaft D im Ressortvermögen des Bundesministeriums der Verteidigung. Im Jahr 2004 wurde die Liegenschaft zwecks Veräußerung ins Portfolio der D übertragen. Diese Gesellschaft verkaufte das Objekt zum 31. Dezember 2006 an die Grundstücksentwicklungsgesellschaft „E mbH & Co. KG“. Die Truppe hatte die Liegenschaft mit Ablauf des 31. Dezember 2005 verlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren auch alle Ausrüstungsgegenstände aus der Liegenschaft entfernt worden. Für die Geländebetreuung wurden im Jahr 2006 noch 221 Arbeitsstunden geleistet und es wurden Bauunterhaltungsmittel in Höhe von 18.840,00 Euro ausgegeben.
Das FA setzte für das Objekt auf den 1. Januar 2006 im Wege der Nachveranlagung einen Grundsteuer-Messbetrag fest.

Die hiergegen gerichtete Klage wies der 2. Senat mit Urteil vom 4. Dezember 2013 als unbegründet ab. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei das strittige Grundstück nicht mehr von der Grundsteuer befreit. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG sei von der Grundsteuer befreit Grundbesitz, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird. Die Befreiung nach den §§ 3 und 4 trete nach § 7 Satz 1 GrStG nur ein, wenn der Steuergegenstand für den steuerbegünstigten Zweck unmittelbar benutzt werde, was der Fall sei, wenn der Steuergegenstand tatsächlich dem Benutzungszweck zugeführt werde und eine enge Verbundenheit zwischen dem Steuergegenstand, der Person des Nutzenden und dem steuerbegünstigten Zweck bestehe. Nach Ansicht des Senats sei davon auszugehen, dass das strittige Grundstück am 1. Januar 2006 nicht mehr die Voraussetzungen einer Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG erfüllt habe. Der Senat könne offen lassen, inwieweit er der Auffassung der Klägerin folgen könnte, dass nach Aufgabe einer steuerbegünstigten Nutzung die Steuerbefreiung auch für die Folgezeit greife, bis über die weitere Nutzung entschieden sei. Ob sich eine Steuerbefreiung für eine Übergangszeit auch ohne konkrete begünstigte Nutzung als Gegenstück zum Beginn der Steuerbefreiung aus § 7 Satz 2 GrStG herleiten lasse, könnte allerdings zweifelhaft sein, weil diese Sonderregelung nach dem gesetzgeberischen Motiv ausdrücklich aus Gründen einer Vorverlagerung der Steuerbefreiung geschaffen worden sei. Für den Streitfall sei diese Frage aber nicht entscheidungserheblich, da für das hier strittige Grundstück zum maßgebenden Zeitpunkt, am 1. Januar 2006, festgestanden habe, dass eine zukünftige steuerbegünstigte Nutzung nicht erfolgen werde. Denn es gebe keinerlei objektive Anhaltspunkte dafür, dass eine zukünftige Nutzung des strittigen Geländes durch die Bundeswehr in irgendeiner Form im Raume gestanden habe. Derartiges werde auch von der Klägerin nicht behauptet. Vielmehr ergebe sich insbesondere auch aus den Veröffentlichungen in der Lokalpresse, dass schon seit Längerem die Nutzung des Gebietes für private Zwecke in Form einer Wohnraumbebauung als Folgenutzung festgestanden habe.

Der Senat hat die Revision zugelassen, da die Frage der Dauer der Grundsteuerbefreiung bei der Konversion von ehemals militärisch genutzten Flächen von grundsätzlicher Bedeutung sei.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 31.03.2014 zum Urteil 2 K 236/12 vom 29.01.2014

Zur Fiktionswirkung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG

Mit seinem Urteil vom 28. November 2013 (Az. 1 K 35/12) hat der 1. Senat des FG entschieden, dass § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG eine gesetzliche Fiktion enthält, die Verzögerungen durch verspätete Bescheinigungen einer Einlagenrückgewähr vermeiden soll. Daher gelte eine Einlagenrückgewähr von 0 Euro als bescheinigt, wenn eine Bescheinigung mit dem nach § 27 Abs. 3 KStG erforderlichen Inhalt nicht bis zum Tage der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos erfolgt sei.
Die Klägerin, eine GmbH, verfügte zum 31. Dezember 2008 über eine freie Kapitalrücklage in Höhe von 25.565 Euro. Am 27. November 2009 beschloss die Gesellschafterversammlung der Klägerin, dass die Kapitalrücklage aufgelöst und an den alleinigen Gesellschafter zurückgezahlt werden solle. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos, die Ende Juli 2010 bei dem FA einging, war der Kontensaldo allerdings unverändert mit 25.565 Euro angegeben. Mit Bescheid vom 9. September 2010, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, wurde ein entsprechender Betrag festgestellt. Anfang Dezember 2010 beantragte die Klägerin die Änderung dieses Feststellungsbescheides. Die Ende 2009 beschlossene und durchgeführte Kapitalrückzahlung sei zu berücksichtigen, das Einlagekonto daher mit 0 Euro festzustellen. Dem Antrag fügte die Klägerin eine entsprechende Steuerbescheinigung bei.

Das Finanzamt lehnte die Änderung ab. Gem. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG komme ein Direktzugriff auf das Einlagekonto grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Angesichts der in § 27 Abs. 5 Satz 3 KStG geregelten Verwendungsfortschreibung trete eine Verringerung aufgrund einer nachträglichen Steuerbescheinigung nicht mehr ein. Da die Klägerin der Aufforderung zur Abgabe einer Kapitalertragsteueranmeldung nicht nachkam, wurde ein Haftungsbescheid gem. § 44 Abs. 5 EStG gegen sie erlassen.

Der 1. Senat hat die Klage abgewiesen. Das Finanzamt habe die Änderung des Feststellungsbescheides zu Recht abgelehnt, weil die Anforderungen, die § 27 KStG in der für das Streitjahr 2009 geltenden Fassung für die steuerliche Anerkennung einer Kapitalrückzahlung als Leistung aus dem Einlagekonto stelle, nicht erfüllt seien. Dem stehe die Fiktionswirkung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG entgegen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die von der Klägerin vorgelegte Steuerbescheinigung bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Feststellungsbescheides vom 9. September 2010 erstellt worden sei. Der Gesellschafterbeschluss vom 27. November 2009 könne schon deshalb nicht als „rechtzeitige“ Steuerbescheinigung angesehen werden, weil er keine Angaben über Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto enthalte. Keine andere Beurteilung ergebe sich daraus, dass der Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehe. Denn das Gesetz stelle ausdrücklich nicht auf den Gesichtspunkt der Bestandskraft ab. Da der Gesetzgeber insofern eine zielgerichtete Änderung der bis 2005 geltenden Rechtslage vorgenommen habe, komme eine andere Sichtweise auch nicht im Wege der Auslegung und/oder teleologischen Reduktion bzw. auf der Grundlage sachlicher Billigkeitsmaßnahmen in Betracht; etwaige Härten habe der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen. Die Fiktionswirkung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG stehe auch einer auf § 129 AO gestützten Änderung entgegen, die die Klägerin ebenfalls geltend gemacht hatte. Schließlich verstoße § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG nicht gegen höherrangiges Recht. Der Gesetzgeber überschreite seine Gestaltungskompetenz jedenfalls dann nicht, wenn er im Interesse der rechtssicheren Bearbeitung von Steuerfällen zwar mit Fiktionen und materiellrechtlich wirkenden Ausschlussfristen arbeite, die Einhaltung der Gesetzesvorgaben bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt aber ohne weiteres möglich sei. So liege es hier, denn die Klägerin habe vom Tag der Beschlussfassung Ende November 2009 bis zum Ergehen des Feststellungsbescheides Anfang September 2010 Zeit gehabt, die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen. Eine Aufhebung des Haftungsbescheides komme wegen der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides nicht in Betracht, angesichts derer von einer steuerpflichtigen Ausschüttung auszugehen sei.

Der 1. Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen, das Verfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 3/14 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 31.03.2014 zum Urteil 1 K 35/12 vom 28.11.2013

Arbeitslöhne von Piloten irischer Fluggesell-schaften sind grundsätzlich steuerfrei

Bereits mit Urteil vom 01.07.2013 hat der 3. Senat des FG erkannt, dass Arbeitslöhne von Piloten irischer Fluggesellschaften grundsätzlich steuerfrei sind. Der Kläger verfügte in den Streitjahren 2007 bis 2010 über einen Wohnsitz im Inland. Er erzielte als Pilot bei einer Fluggesellschaft mit Sitz in Irland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, seine Arbeitgeberin führte die einbehaltenen Steuern an die irischen Finanzbehörden ab. Die Steuern wurden dem Kläger auf seinen Antrag hin in voller Höhe erstattet. Das Finanzamt unterwarf den Bruttoarbeitslohn der deutschen Besteuerung. Entgegen der Auffassung des Klägers seien die Einkünfte wegen § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 EStG i. d. F. des JStG 2007 (EStG 2002/2007) nicht gem. dem DBA Irland von der Bemessungsgrundlage für die Steuer in Deutschland auszunehmen.
Der 3. Senat hat der dagegen erhobenen Klage stattgegeben. Zwar sei der Kläger mit seinem Welteinkommen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, weil er in den Streitjahren hier seinen Wohnsitz gehabt habe. Auf der Grundlage des DBA Irland sei der von der Fluggesellschaft bezogene Arbeitslohn jedoch von der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer auszunehmen, weil es sich dabei um Einkünfte aus Quellen innerhalb Irlands gehandelt habe. Das gelte, obwohl der Tatbestand des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007 grundsätzlich erfüllt sei, demzufolge eine Freistellung der Einkünfte ungeachtet des DBA nicht erfolge, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig seien, weil sie von einer Person bezogen wurden, die in diesem Staat nicht aufgrund ihres Wohnsitzes oder eines ähnlichen Merkmals unbeschränkt steuerpflichtig sei. Denn die Vorschrift werde vorliegend durch den insoweit vorrangigen § 50d Abs. 8 EStG 2002 i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 2003 vom 15.12.2003 (BGBl 2003, 2645) verdrängt. Zur näheren Begründung hat der 3. Senat auf das BFH-Urteil vom 11.01.2012 I R 27/11, veröffentlicht u. a. in BFHE 236, S. 327 und BFH/NV 2012, S. 862, Bezug genommen. Der dort gegebene Sachverhalt sei dem hier vorliegenden vergleichbar.

Der BFH hat die Revision gegen das Urteil zugelassen, das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen I R 86/13 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 31.03.2014 zum Urteil 3 K 18/13 vom 01.07.2013

Verzögerte Einkommensteuerfestsetzung aufgrund abweichenden Wirtschaftsjahres bei Beteiligungsgesellschaft begründet keine sachliche Unbilligkeit

Führt die Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahres bei einer KG im Fall der Veräußerung/Einbringung der Beteiligung aufgrund der zeitlich verzögerten Erfassung des Gewinns im Feststellungsverfahren zur Entstehung von Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO bei der Einkommensteuer, sind die Zinsen nicht wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen

In dem bei dem 2. Senat des FG geführten Klageverfahren (Az. 2 K 82/13) ging es um die Folgen eines abweichenden Wirtschaftsjahres bei einer KG, an der der Kläger beteiligt war, im Hinblick auf die Verzinsung gem. § 233a AO. Der Kläger war bis zum 30. November 2010 alleiniger Gesellschafter der X GmbH sowie alleiniger Kommanditist der Y KG. Die KG und die GmbH haben jeweils ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1. September bis zum 31. August. Im November 2010 veräußerte der Kläger diese Anteile bzw. brachte sie in die Z GmbH ein. Aus dieser Umstrukturierung ergab sich für den Kläger durch Aufdeckung stiller Reserven ein Veräußerungs- bzw. Einbringungsgewinn.

Die Einkommensteuererklärung 2010 des Klägers ging am 1. April 2011 beim Finanzamt ein. Der Kläger erklärte zunächst einen geschätzten Veräußerungsgewinn. Diesen Gewinn berücksichtigte das Finanzamt im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 2010 vom 15. Juli 2011. Die Feststellungserklärung für die KG für das Jahr 2011 wurde am 23. Februar 2012 abgegeben. Später fand bei der KG eine Außenprüfung statt. Hierbei kam es zu einer einvernehmlichen Neuberechnung des Veräußerungsgewinns. Der entsprechende Feststellungsbescheid erging am 4. September 2012. Anschließend erließ das Finanzamt am 24. September 2012 einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 in dem der neuberechnete Veräußerungsgewinn erfasst wurde. Daneben erließ das Finanzamt einen Bescheid über Zinsen zur Einkommensteuer 2010. Den beantragten Erlass dieser Nachzahlungszinsen wegen sachlicher Unbilligkeit lehnte das Finanzamt ab.

Der 2. Senat hat die Klage mit Urteil vom 4. Dezember 2013 abgewiesen. Es liege keine fehlerhafte Ermessensentscheidung vor. Die verzögerte Einkommensteuerfestsetzung aufgrund des abweichenden Wirtschaftsjahres bei der Beteiligungsgesellschaft begründe keine sachliche Unbilligkeit. Das Finanzamt habe insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass der Kläger im Streitfall tatsächlich einen Liquiditätsvorteil hatte.

Entgegen der Ansicht des Klägers lasse sich auch aus der besonderen Fristenregelung in § 233a Abs. 2 Satz 2 AO nicht die Unbilligkeit der Erhebung von Nachzahlungszinsen im Streitfall herleiten. Nach dieser Regelung beginnt der Zinslauf für die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer abweichend von Satz 1 erst 21 Monate (seit 2012: 23 Monate) nach der Entstehung der Steuer, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die anderen Einkünfte überwiegen. Grund für diese Regelung sei, dass bei den Land- und Forstwirten auch die Einkommensteuererklärungen gem. § 149 Abs. 2 AO später abzugeben seien und bei der Gewinnermittlung zeitanteilig der Gewinn des folgenden Kalenderjahres bereits mit erfasst werde. Denn nach § 4a Abs. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 8c EStDV würden Land- und Forstwirte ihre Gewinne grundsätzlich nach einem vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr ermitteln. Zwar könnten auch Gewerbetreibende, deren Firma im Handelsregister eingetragen sei, im Einvernehmen mit dem Finanzamt ihr Wirtschaftsjahr auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum umstellen (§ 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG). Diese vom Gesetz eingeräumte Wahlmöglichkeit – die im Streitfall von der KG und der GmbH genutzt worden sei – führe aber nicht zur Unbilligkeit der Nachzahlungszinsen. Zum einen könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Sonderregelung in § 233a Abs. 2 Satz 2 AO die Möglichkeit übersehen haben könnte, dass es auch bei Gewerbetreibenden ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr geben könne, so dass vom Vorliegen einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht ausgegangen werden könne. Zum anderen gebe es auch einen Grund für die unterschiedliche Behandlung von Land- und Forstwirten einerseits und Gewerbetreibenden andererseits. Denn das abweichende Wirtschaftsjahr sei bei Land- und Forstwirten der von Gesetz bzw. Rechtsverordnung vorgesehene Normalfall. Demgegenüber sei ein abweichendes Wirtschaftsjahr bei Gewerbetreibenden das Ergebnis der Ausübung eines Wahlrechts. Die im Streitfall eingetretene negative Folge bei der Verzinsung sei Folge dieser Wahlrechtsausübung.

Der Senat hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 6/14 anhängig.

Quelle: FG Schleswig-Holstein, Mitteilung vom 31.03.2014 zum Urteil 2 K 82/13 vom 04.12.2013

Kindergeld für volljährige Kinder – strenge Anforderungen an die Ausbildungswilligkeit

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg stellt im Urteil vom 3. Dezember 2013 (Az. 6 K 6346/10) strenge Anforderungen an die Gewährung von Kindergeld für volljährige Kinder, die mangels Ausbildungsplatzes keine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen können.

Die Gewährung von Kindergeld setzt nach dem Einkommensteuergesetz die Ausbildungswilligkeit des Kindes voraus. Ist das Kind nicht bei der Agentur für Arbeit registriert, wird es nach dem aktuellen Urteil nur dann als ausbildungswillig angesehen, wenn es sich selbst intensiv um einen Ausbildungsplatz bemüht. Hierfür genügt es nicht, wenn sich das Kind in einem Zeitraum von annähernd vier Jahren durchschnittlich allenfalls ein Mal im Monat bewirbt. Das gilt erst recht, wenn das Kind nur einen einfachen Schulabschluss (Hauptschule) hat. Damit tritt das Gericht auch der bisherigen Handhabung seitens der Kindergeldkassen entgegen, die solche Bemühungen im Einzelfall durchaus als ausreichend angesehen hatten.

Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 31.03.2014 zum Urteil 6 K 6346/10 vom 03.12.2013

Zur Geschäftsführerhaftung: Nicht abgeführte Lohnsteuer an das Finanzamt

Zur Geschäftsführerhaftung: Nicht abgeführte Lohnsteuer an das Finanzamt

Kernaussage
Das Prinzip der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters verlangt zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen. Selbst bei Vorliegen einer klaren, eindeutigen und schriftlichen Aufgabenverteilung unter den Geschäftsführern muss der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute Geschäftsführer einschreiten, wenn die Person des anderen Geschäftsführers oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft dies erfordern.

Sachverhalt
Der Kläger war zusammen mit dem H. Geschäftsführer einer GmbH. Im Jahr 2010 war für die beschäftigten Arbeitnehmer für mehrere Monate keine Lohnsteuer an das Finanzamt (FA) abgeführt worden. Nach erfolglosen Vollstreckungsmaßnahmen bei der GmbH nahm das FA den Kläger mit einem Haftungsbescheid in Anspruch. Der Kläger legte gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein und machte geltend, dass nach einer internen Zuständigkeitsvereinbarung nur der H. für die Erledigung steuerlicher Aufgaben zuständig gewesen sei. Er selbst sei seiner Überwachungspflicht nachgekommen, indem er sich in regelmäßigen Abständen darüber informiert habe, dass die steuerlichen Pflichten der Gesellschaft erfüllt worden seien. Nach erfolglosem Einspruch klagte der Kläger.

Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Trotz der internen Aufgabenverteilung haftet hier der Kläger. Aus dem Prinzip der Gesamtverantwortung folgt die Pflicht zu einer gewissen Überwachung etwaiger anderer Geschäftsführer. Zwar kann durch eine interne Aufgabeverteilung die Verantwortlichkeit des einzelnen Geschäftsführers beschränkt werden. Allerdings muss diese Aufgabeverteilung schriftlich fixiert sein, was vorliegend nicht der Fall war. Aber selbst bei Vorliegen einer klaren schriftlichen Aufgabenverteilung muss der nicht mit den steuerlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft betraute Geschäftsführer einschreiten, wenn die Person des anderen Geschäftsführers oder die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft dies erfordern. Dies gilt etwa in finanziellen Krisensituationen. Außerdem muss er dafür sorgen, dass er im Fall des Eintritts einer solchen Krise rechtzeitig davon erfährt. Vorliegend fehlte es an einem Einschreiten, konkret hätte der Kläger darauf hinwirken müssen, dass die Löhne nur gekürzt ausgezahlt werden und die Lohnsteuer abgeführt werden kann.

Konsequenz
Durch die rechtskräftige Entscheidung wird die Haftungsbeschränkung durch Ressortverteilung extrem eingeschränkt und die Geschäftsführerhaftung ausgeweitet.

Erlass eines Feststellungsbescheids: Reicht bloßer Prüfungsauftrag aus?

Erlass eines Feststellungsbescheids: Reicht bloßer Prüfungsauftrag aus?

Kernaussage
Allein den für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzämtern obliegen Entscheidungskompetenzen, ob Grundbesitzwerte festzustellen sind. Wird eine Entscheidung durch ein anderes Finanzamt getroffen, ist der ergangene Bescheid rechtswidrig.

Sachverhalt
Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte die Betriebsprüfungsstelle eine Anfrage an die Bewertungsstelle des beklagten Finanzamts, die die Grundbesitzwerte für Zwecke der Prüfung einer ergangenen Schenkungsteuererklärung feststellen sollte. Diese Anfrage basiert auf einen Prüfungsauftrag vom originär zuständigen Finanzamt für Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Aufklärung der zur Besteuerung maßgeblichen Verhältnisse. Das beklagte Finanzamt führte den Auftrag durch und erließ einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzes für Zwecke der Schenkungsteuer, wogegen der Steuerpflichtige Einspruch und letztlich Klage erhob. Das Finanzgericht (FG) gab dem Kläger Recht, denn der Bescheid war rechtswidrig. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache Revision zum BFH zugelassen.

Entscheidung
Nach Auffassung des FG ist das für die Festsetzung der Steuer zuständige Finanzamt nicht berechtigt, die ihm originär zustehende Entscheidungskompetenz, ob ein Grundbesitzwert festzustellen sei, auf ein anderes Finanzamt – hier der Betriebsprüfungsstelle des Lagefinanzamtes – zu übertragen, da es sich um eine gesetzlich zugewiesene Zuständigkeit handelt. Allein das originär zuständige Finanzamt hätte die Entscheidung treffen müssen, ob Grundbesitzwerte festzustellen sind. Anschließend hätte es aufgrund dieser Entscheidung ein anderes Finanzamt mit der Durchführung beauftragen können.

Konsequenz
Kraft Gesetztes zugewiesene sachliche Zuständigkeiten sind nicht frei disponierbar. Auch nachträglich ergangene Genehmigungen helfen nicht ab. Erlässt ein anderes, als das zuständige Lagefinanzamt, einen Feststellungsbescheid, kann sich der Steuerpflichtige unter Bezugnahme auf das vorliegende Urteil auf dessen Rechtswidrigkeit berufen.

Verstoß gegen Berufsfreiheit bei Ausschluss von GmbH mit Doppelzulassung

Verstoß gegen Berufsfreiheit bei Ausschluss von GmbH mit Doppelzulassung

Kernaussage
Es verstößt gegen die Berufsfreiheit, einer GmbH, zu der sich Rechts- und Patentanwälte zusammengeschlossen haben, die doppelte Zulassung als Rechts- und Patentanwaltsgesellschaft zu verwehren. Die jeweiligen Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und Patentanwaltsordnung (PAO) zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie der Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit zugunsten der namensgebenden Berufsgruppe sind verfassungswidrig und nichtig.

Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, eine in Gründung befindliche GmbH, beantragte eine doppelte Zulassung als Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft. Gründer und Gesellschafter sind seit Anfang 2009 2 Patentanwälte und ein Rechtsanwalt, die zu gleichen Teilen am Stammkapital beteiligt und zudem einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind. Die Zulassungsanträge wurden abgelehnt und auch die Klage blieb in allen gerichtlichen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hob die berufsgerichtlichen Entscheidungen auf und verwies die Sachen zurück. Durch die angegriffenen Entscheidungen wird die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit verletzt. Soweit es der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechts- und Patentanwälten als Rechtsanwaltsgesellschaft entgegensteht, wenn nicht die Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie die Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit den Rechtsanwälten überlassen ist, sind die Regelungen der BRAO mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit unvereinbar und nichtig. Gleiches gilt für die Regelungen der PAO, die den Vorrang der Patentanwälte regeln. Die angegriffenen Vorschriften sind nicht erforderlich, um die berufliche Unabhängigkeit, die Sicherstellung der beruflichen Qualifikationsanforderungen und die Verhinderung von Berufsrechtsverstößen zu erreichen, da dies bereits durch gesetzlich geregelte Berufspflichten sichergestellt ist. Zudem sind solche Übergriffe wegen des weitgehend übereinstimmenden Berufsrechts nicht zu befürchten.

Konsequenz
Das BVerfG hat Rechts- und Patentanwälten mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffnet. Die berufsrechtliche Bindung ist für die Sicherstellung der Unabhängigkeit, der Qualitätsanforderungen und zur Verhinderung von Berufsrechtsverstößen ausreichend.

Zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F.: „Sonst gleichen Umstände“

Zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F.: „Sonst gleichen Umstände“

Kernaussage
Die unechte Rückwirkung des § 8a Abs. 1 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der im Jahr 2004 geltenden Fassung (a. F.) ist verfassungsgemäß. Für die Jahre vor 2004 sind gelockerte Nachweispflichten anzuwenden. Der Nachweis, dass ein Darlehen unter sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten gewährt worden wäre, ist jedoch nicht bereits dadurch erbracht, dass das Darlehen zu ähnlichen Bedingungen gegeben wurde, wie sie der Konzernmutter durch den Dritten eingeräumt wurden.

Sachverhalt
Die Klägerin (F-Inc.) ist eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft, die über zahlreiche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Europa schließlich mittelbar an einer in Deutschland ansässigen doppelstöckigen Personengesellschaft beteiligt war. Im Jahr 2000 hatte die deutsche F-KG zahlreiche konzerninterne Darlehen aufgenommen, um den Erwerb der ebenfalls deutschen FWP-KG zu finanzieren, an der die Klägerin mittelbar zu 100 % beteiligt war. Darunter befand sich auch ein von der F-Inc. weitergeleistetes Darlehen in Höhe von 77,4 Mio. EUR. Der F-Inc. wurde von einem Bankenkonsortium ohne Sicherheiten ein Gesamtdarlehen in Höhe von 1,15 Mrd. US-Dollar gewährt. Zwischen Klägerin und Finanzgericht war streitig, in welchem Umfang die Zinsen gemäß § 8a KStG a. F. als Betriebsausgaben zu berücksichtigen waren. Die F-Inc. vertrat entgegen der Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Voraussetzungen des Fremdvergleichs erfüllt gewesen seien, da sie das Darlehen „bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten“ hätte. Gegen die Ablehnung des Finanzamts wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) Köln eingereicht.

Entscheidung
Die Finanzrichter wiesen die Klage ab. Die Schuldzinsen seien nach § 8a KStG a. F. nicht abzugsfähig. Wenngleich die F-Inc. der FWP-KG das mittelbar gewährte Darlehen unter Konditionen gewährte, die den ihr selbst eingeräumten Modalitäten entsprachen, stelle dies keinen wirksamen Fremdvergleich dar. Die Richter sahen bereits deshalb keine „sonst gleichen Umstände“ gegeben, da die Konzernmutter über ein sehr weit höheres Vermögen verfügte und die Darlehensgläubiger somit von einer sehr unterschiedlichen Haftungsmasse ausgehen konnten. Zugleich verneinte das Gericht das Vorliegen einer echten Rückwirkung für Jahre vor 2004, da durch bestimmte Konzernstrukturen die Anwendbarkeit von § 8a KStG a. F. ins Leere lief. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließ das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof jedoch zu.

Konsequenz
Fremdvergleichsgrundsätze bei Rechtsbeziehungen innerhalb der Konzernstruktur sind nach der Entscheidung der Kölner Richter nicht bereits dadurch erfüllt, weil der Konzernmutter entsprechende Konditionen gewährt wurden. Es ist sicherzustellen, dass Nachweise hinsichtlich des Fremdvergleichsgrundsatzes stets für die jeweils konkret betroffene Gesellschaft erbracht werden können.

Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug

Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug

Kernproblem
Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dabei kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, welche Aufwendungen er für seinen Betrieb tätigen will. Die Höhe der Aufwendungen, die Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit sind für die Anerkennung grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Grenzen der betrieblichen Veranlassung liegen jedoch dort, wo nach objektiver Betrachtung ein sachlicher Zusammenhang mit dem Betrieb nicht mehr begründet werden kann. Das hat das Finanzgericht (FG) Münster auch für die Kontaktaufnahme zu Gott angenommen.

Sachverhalt
Der in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) betriebene Einzelhandel mit Uhren, Edelmetallwaren und Schmuck beantragte den Betriebsausgabenabzug für Zahlungen an einen spirituellen Dienstleister. Dieser habe nach den Ausführungen des Geschäftsführers in Zeiten schlechter Umsatzzahlen Kontakt zu Gott aufgenommen, damit mehr Kunden ins Geschäft kämen. So sei der geschäftliche Erfolg gerade in den Jahren der Wirtschaftskrise auf diese Leistungen zurückzuführen, zumal die KG in den betroffenen Jahren so gut wie keine anderen Werbemaßnahmen mehr durchgeführt habe. Zwar lasse sich die spirituelle Verbindung mit dem höchsten Gott kaum nach Dauer oder Erfolg aufzeichnen; bei der Frage, ob die Aufwendungen objektiv geeignet seien, käme es jedoch allein auf die Sicht des Steuerpflichtigen an. Das Finanzamt lehnte den Abzug aufgrund der langjährigen Kontakte zwischen dem Geschäftsführer und dem spirituellen Dienstleister sowie der damit verbundenen privaten (Mit-)Veranlassung ab.

Entscheidung
Das FG Münster wies die Klage der KG ab, weil ein objektiver Zusammenhang zwischen den Dienstleistungen und den Umsatzsteigerungen nicht erkennbar sei. Im Unterschied zu Werbemaßnahmen (z. B. Zeitungsinseraten oder TV-Spots) bestehe kein wissenschaftlich fundierter und empirisch belegter Erfahrungssatz, dass der geschäftliche Erfolg eines Unternehmens durch die Kontaktaufnahme mit einem spirituellen Wesen (z. B. Gott) beeinflusst werden könne. Entgegen der Auffassung der KG sei dabei nicht allein die subjektive Überzeugung ihres Geschäftsführers ausreichend. Auf die Frage einer etwaigen privaten (Mit-)Veranlassung komme es mangels objektiven Zusammenhangs mit dem Betrieb nicht mehr an.

Konsequenz
Das FG hat die private Mitveranlassung wahrscheinlich bewusst umschifft, um einer Aufteilungsproblematik aus dem Weg zu gehen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin