Steuerbare Einkünfte des Anlegers im Rahmen eines Schneeballsystems

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12 hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) seine Rechtsprechung zur Besteuerung von Einkünften aus der Beteiligung an einem sog. Schneeballsystem bestätigt. Danach hat der Anleger nicht nur die vom Betreiber des Systems als Zinsen geleisteten Zahlungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, vielmehr können auch Zinsgutschriften oder die Wiederanlage fälliger Zinsbeträge zu solchen Einkünften führen.

Der Streitfall betraf einen Anleger, der hochverzinsliche Kapitalanlagen bei dem Betreiber eines Schneeballsystems abgeschlossen hatte. Er erhielt daraus Gutschriften über Zinserträge, die er sich teilweise auszahlen ließ und teilweise wieder anlegte. Das Anlagekapital war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr vorhanden, so dass der Betreiber des Schneeballsystems den Kläger und die übrigen Anleger telefonisch jeweils aufforderte, den fälligen Zinsbetrag erneut anzulegen. Kamen die Anleger dieser Aufforderung nicht nach, erfüllte er die Auszahlungswünsche.

Der BFH hat entschieden, dass der Anleger steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht nur erzielt, wenn Zinsen tatsächlich ausgezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Erträge gutgeschrieben werden und sofort wieder angelegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Betreiber des Schneeballsystems leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies ist der Fall, solange er Auszahlungsverlangen des jeweiligen Anlegers tatsächlich erfüllt. Dann steht der Steuerpflicht der Kapitalerträge nicht entgegen, dass der Betreiber des Schneeballsystems die Auszahlungswünsche sämtlicher Anleger nicht mehr befriedigen könnte, da bereits ein Verlust der Anlagesumme eingetreten ist.

Der VIII. Senat hat damit sein Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07 bestätigt.

BFH, Pressemitteilung Nr. 33/14 vom 30.04.2014 zum Urteil VIII R 25/12 vom 11.02.2014

 

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.3.2010, VIII R 4/07

Zufluss von Kapitaleinnahmen aus Schneeballsystemen

Leitsätze

1. Gutschriften aus Schneeballsystemen führen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen wäre.

2. An der Leistungsbereitschaft des Betreibers des Schneeballsystems kann es fehlen, wenn er auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt.

Tatbestand

1
I. Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte zu 1. (Kläger) sowie die Revisionskläger und Revisionsbeklagten zu 2. und 3. (Revisionskläger zu 2. und 3.) sind der Ehemann und die Rechtsnachfolger der während des Revisionsverfahrens verstorbenen Ehefrau des Klägers zu 1. (Ehefrau). Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eheleute ließen sich bei der Vermögensanlage von dem Bankkaufmann C (C), Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH (GmbH), den sie seit Ende der 60er Jahre persönlich kannten, beraten. Die GmbH vertrieb Finanzprodukte. Von 1992 bis 1999 wurden über 40 Anleger mit einem Anlagekapital von über 6 Mio. DM geworben. Das Anlagekapital wurde über fremde Dritte angelegt, wobei erhebliche Summen veruntreut wurden. Die Anleger wurden über die Verluste nicht informiert.
2
Im Jahr 1992 schlossen der Kläger und seine Ehefrau mit C zwei Verträge über die Anlage von 160.000 DM und 90.000 DM. Bis April 1994 überwiesen sie 230.000 DM an C. Nach den Verträgen beabsichtigten der Kläger und seine Ehefrau, eine Kapitalanlage zu tätigen, die von der GmbH vermittelt werden sollte. Das Kapital wurde C für 5 Jahre zur Verfügung gestellt. Die Anlage sollte gepoolt werden. Deshalb verzichteten der Kläger und seine Ehefrau unwiderruflich auf eine vorzeitige Rückzahlung des Anlagebetrages. Für seine Tätigkeit sollte C eine Vergütung von 5 % des Anlageertrages erhalten.
3
Eine Anlage zu den Verträgen sah vor, dass C als „Anleger“ einen bestimmten Geldbetrag („Anlagekapital“) bei noch nicht benannten „Partnern“ anlegen sollte. Das Anlagekapital sollte durch Bankgarantie abgesichert und möglichst mit 12 % p.a. verzinst werden. Zudem sollte ein „Bonus“ von weiteren 12 % gezahlt werden.
4
C schickte dem Kläger und seiner Ehefrau im Jahr 1992 eine erste Jahresabrechnung ihrer Kapitalanlage und erläuterte das Vorgehen wie folgt:
5
  „Der auf dem Firmenbogen der abrechnenden Gesellschaft gedruckte Auszug ist Ihr offizieller Beleg.
Ohne Firmenbogen ausgedruckte Blätter sind nur zu Ihrer persönlichen Information bestimmt. (…)“
(Hervorhebung im Original)
6
Mit Schreiben vom 7. Januar 1994 erhielten der Kläger und seine Ehefrau eine Abrechnung per 31. Dezember 1993, und auch in der Folgezeit erteilte C ihnen über Ertrags- und Bonusgutschriften auf ihrem Sonderkonto „offizielle“ Abrechnungen (mit Firmenkopf der GK, einer in Liechtenstein ansässigen Briefkastengesellschaft) und „inoffizielle“ Abrechnungen (ohne Firmenkopf der GK – mit dem Stempelaufdruck „nur zur persönlichen Information“). Bei C fand die Steuerfahndung später Blanko-Briefpapier mit dem Firmenkopf der GK.
7
Auszahlungen in Höhe von insgesamt 195.189,95 DM erfolgten auf zwei Konten, die der Kläger und seine Ehefrau bei der SK-Bank (SK) in der Schweiz errichtet hatten. Ein Konto war als „Kontokorrent“ bezeichnet. Das andere Konto errichteten sie als „Kontokorrent Rubrik Separat“.
8
Ab September 1994 wurden in zunehmender Zahl auf dem Konto bei der GK als Ertrag ausgewiesene Beträge nicht mehr auf die Konten bei der SK überwiesen, sondern als zusätzliches Anlagekapital dem Kläger und seiner Ehefrau direkt wieder gutgeschrieben. Von September 1994 bis Ende 1997 schrieb C dem Kläger und seiner Ehefrau insgesamt 176.960 DM gut. Der Kläger und seine Ehefrau hatten der Verrechnung jeweils vorher zugestimmt.
9
C überwies an den Kläger und seine Ehefrau am 6. Juni 1997 letztmalig Beträge auf die Konten bei der SK und schickte ihnen am 22. Dezember 1997 einen Scheck über 10.000 DM als Kapitalrückzahlung. Der Insolvenzantrag über sein Vermögen wurde im Jahr 2000 gestellt. Insgesamt leistete C in den Streitjahren (1992 bis 1997) Zahlungen über 3,7 Mio. DM an die Anleger.
10
In ihren Einkommensteuererklärungen 1992 bis 1997 erklärten der Kläger und seine Ehefrau aus den vorgenannten Vorgängen als Einnahmen aus Kapitalvermögen nur die Beträge, für die eine „offizielle“ Abrechnung erstellt worden war (insgesamt 51.208,50 DM). Soweit die offizielle Abrechnung eine Gutschrift bei der GK mit Wertstellung 31. Dezember vorsah, ordneten der Kläger und seine Ehefrau die Beträge dem ausgewiesenen Jahr zu. Die tatsächliche Auszahlung auf die Schweizer Konten erfolgte regelmäßig Mitte/Ende Januar des Folgejahres. Die auf das als „Kontokorrent Rubrik Separat“ bezeichnete Konto überwiesenen Beträge von insgesamt 143.981,45 DM, davon 22.553,50 DM im Jahr 1992 und 72.079,95 DM im Jahr 1993, deklarierten sie nicht.
11
Bei der Einkommensteuerveranlagung folgte der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) zunächst den Angaben des Klägers und seiner Ehefrau. In den Änderungsbescheiden vom 27. Juni 2002 für die Einkommensteuer 1992 bis 1997 erfasste das FA indes zusätzlich sowohl die in den einzelnen Streitjahren überwiesenen, aber nicht erklärten Beträge, als auch die lediglich gutgeschriebenen und wiederangelegten Erträge (insgesamt 372.149,95 DM) als Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Es wies darauf hin, dass wegen Steuerhinterziehung des Klägers und seiner Ehefrau auch für die Streitjahre 1992 und 1993 eine Änderung möglich sei, da die Verjährungsfrist zehn Jahre betrage.
12
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 506 veröffentlichten Urteil hinsichtlich der einbehaltenen und wiederangelegten Beträge in Höhe von 176.960 DM statt und wies die Klage im Übrigen ab.
13
Das FA rügt mit seiner die Streitjahre 1994 bis 1997 betreffenden Revision die Verletzung von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, § 11 Abs. 1 EStG. Das FG-Urteil entspreche nicht den vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgestellten Rechtsgrundsätzen zur Besteuerung von Gutschriften aus betrügerischen Schneeballsystemen. Die vom FG angeführten Kriterien, insbesondere die unterschiedliche Beurteilung von „unredlichen Anlagepartnern“ und Instituten, die „nach ordnungsgemäßen Regeln des Bankgewerbes“ arbeiten, sei unpraktikabel und stehe der Wahrung der Rechtseinheit entgegen.
14
Das FA beantragt,
das Urteil des FG des Saarlandes vom 6. Dezember 2006  1 K 165/03, soweit die Jahre 1994 bis 1997 betroffen sind, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
15
Der Kläger und die Revisionskläger zu 2. und 3. beantragen, die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.
16
Der Kläger und die Revisionskläger zu 2. und 3. haben für die Streitjahre 1992 und 1993 ebenfalls Revision eingelegt. Sie machen Verjährung geltend und verlangen die Aufhebung der Einkommensteuerbescheide wegen Verstoßes gegen §§ 169, 170 der Abgabenordnung. Hinterziehungsabsicht habe nicht vorgelegen, da der Kläger und seine Ehefrau „offizielle“ Abrechnungen aus Liechtenstein in ihren Einkommensteuererklärungen ab 1994 vorgelegt hätten. Das FA hätte weitere Untersuchungen anstellen müssen. Materiell rügen sie die Verletzung von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Es lägen keine Zinsen, sondern Kapitalrückzahlungen vor, da C nichts erwirtschaftet habe.
17
Der Kläger und die Revisionskläger zu 2. und 3. beantragen,
unter Aufhebung des Urteils des FG des Saarlandes vom 6. Dezember 2006  1 K 165/03 die Einkommensteuerbescheide 1992 und 1993 vom 27. Juni 2002 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 19. Mai 2003 aufzuheben.
18
Das FA beantragt, die Revision des Klägers und der Revisionskläger zu 2. und 3. als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

19
II. Die Revision des FA ist begründet. Die Vorentscheidung ist für die Streitjahre 1994 bis 1997 aufzuheben. Soweit die Streitjahre 1995 bis 1997 betroffen sind, ist das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Klage wird abgewiesen, soweit sie das Streitjahr 1994 betrifft (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die die Streitjahre 1992 und 1993 betreffende Revision des Klägers und der Revisionskläger zu 2. und 3. ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
20
1. Die Revision des FA ist begründet. Zu Unrecht hat das FG die Steuerbarkeit der Gutschriften nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG für das Streitjahr 1994 verneint; hinsichtlich der Streitjahre 1995 bis 1997 reichen die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG für die Beurteilung nicht aus, ob dem Kläger und seiner Ehefrau die jeweils gutgeschriebenen Beträge auch tatsächlich zugeflossen sind.
21
a) § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählt zu den Einkünften aus Kapitalvermögen alle Zinsen aus Kapitalforderungen jeder Art.
22
aa) Wird Kapital gegen Entgelt überlassen, so ist der Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt. Anzusetzen sind alle Entgelte, die für eine Kapitalüberlassung im weitesten Sinne zugeflossen sind. Es handelt sich entweder originär um Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder zumindest um Entgelt i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, d.h. eine Vermögensmehrung, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung ist (BFH-Urteile vom 6. April 1993 VIII R 68/90, BFHE 172, 25, BStBl II 1993, 825; vom 14. Dezember 2004 VIII R 5/02, BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739, VIII R 81/03, BFHE 209, 438, BStBl II 2005, 746).
23
bb) Für die Zuordnung der zugeflossenen Beträge zu den Einkünften i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist ohne Belang, ob die Beträge tatsächlich erwirtschaftet waren und ob die Anleger einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch besaßen (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767, unter II.2.c bb der Gründe zu § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Auch wenn Kapital zum Aufbau oder Erhalt eines „Schneeballsystems“ verwendet wird und dem Anleger aus dem Kapital anderer getäuschter Anleger (oder gar aus dem eigenen Kapital des Anlegers) eine „Scheinrendite“ gezahlt wird, liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor (BFH-Urteile in BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739; in BFHE 209, 438, BStBl II 2005, 746).
24
cc) Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die in den Streitjahren auf die Konten des Klägers und seiner Ehefrau bei der SK überwiesenen Erträge in Höhe von insgesamt 195.189,95 DM (davon 27.920 DM im Jahr 1992 und 83.639,95 DM im Jahr 1993) Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG sind und nicht etwa nicht steuerbare Kapitalrückzahlungen bilden. Dem Schuldner steht zivilrechtlich ein Leistungsbestimmungsrecht zu (§ 366 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Dieses Bestimmungsrecht hatte C ausgeübt, indem er die überwiesenen Beträge ausdrücklich als Bonus und Ertrag bezeichnete. Dass der Kläger und seine Ehefrau dies auch so verstanden haben, ergibt sich aus ihren Steuererklärungen.
25
dd) Dem Kläger und seiner Ehefrau waren die Anlageaktivitäten des C nicht aufgrund eines Treuhandverhältnisses unmittelbar zuzurechnen. Der in den Vereinbarungen verwendete Begriff „Treuhandvereinbarung“ ändert daran nichts. Die Voraussetzungen eines steuerrechtlich beachtlichen Treuhandverhältnisses lagen nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des FG nicht vor.
26
b) Fraglich ist indes der Zufluss der Kapitaleinnahmen gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG.
27
aa) Rechtsfehlerhaft hat das FG die gutgeschriebenen und wiederangelegten (Schein-)Renditen (insgesamt 176.960 DM) nicht als Kapitaleinnahmen beurteilt. Der Senat hält daran fest, dass auch Gutschriften über wiederangelegte Renditen in Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG führen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739; in BFHE 209, 438, BStBl II 2005, 746; vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190 – Verfassungsbeschwerde nicht angenommen: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 9. Juli 2009  2 BvR 2525/08), solange der Schuldner der Erträge leistungsbereit und leistungsfähig ist.
28
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) i.S. von § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (BFH-Urteile vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480; vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BFHE 197, 126, BStBl II 2002, 138; vom 18. Dezember 2001 IX R 74/98, BFH/NV 2002, 643). Ein Zufluss kann durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. Von einem Zufluss des aufgrund der Altforderung geschuldeten Betrags i.S. von § 11 Abs. 1 EStG kann in derartigen Fällen der Schuldumwandlung (Novation) nach der Rechtsprechung des BFH allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht. Für die Beantwortung der Frage, ob dies zutrifft, kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, in wessen Interesse die Novation lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, indiziert dies dessen Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (vgl. zuletzt BFH-Urteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.). Bleibt die Schuld hingegen im Interesse des Schuldners bestehen, liegt wirtschaftlich gesehen trotz Novation lediglich eine Stundung der ursprünglichen Schuld vor. Dem Gläubiger, dem eher an einer Auszahlung gelegen wäre, ist nichts zugeflossen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480, unter 2.c der Gründe).
29
Voraussetzung für den Zufluss ist schließlich die Möglichkeit, von der objektiven Bereicherung Kenntnis zu nehmen (Schmidt/ Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 11 Rz 12, 30 „Gutschrift“). Diese Möglichkeit kann auch auf ständiger Übung beruhen (Birk/Kister in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 11 EStG Rz 52, m.w.N.). Soweit eine Novation zum 1.1. des Folgejahres erfolgt, erweist sich die damit verbundene Zinsvereinbarung als Disposition über eine erwirtschaftete Einnahme (vgl. Trzaskalik, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 11 Rz B 55).
30
bb) Die Auffassung des FG, der BFH habe seine Beurteilung in dem sog. „Ambros“-Urteil vom 10. Juli 2001 VIII R 35/00 (BFHE 196, 112, BStBl II 2001, 646) „aufgeweicht“, trifft nicht zu. Auch im zitierten Urteil (unter II.2.a der Gründe) begründet der Senat den Zufluss von Scheinrenditen mit der vorstehenden Prüfungsfolge. Einnahmen sind danach i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG dem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald dieser über sie wirtschaftlich verfügen kann.
31
Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige in seinem konkreten Fall eine Auszahlung hätte erreichen können. Auf eine hypothetische Zahlung an alle Anleger kann nicht abgestellt werden (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 20 Rz 207; zum Zufluss bei hoher Renditeerwartung vgl. Blümich/Glenk, § 11 EStG Rz 56). Erst bei Verfügung über eine objektiv wertlose Forderung scheidet ein Zufluss definitiv aus (BFH-Urteil vom 21. Juli 1987 VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224). Dies ist mangels anderer Anhaltspunkte im Regelfall zu verneinen, so lange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt wurde (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.).
32
cc) Zu Unrecht hat das FG die Gutschrift auf dem „inoffiziellen“ Sonderkonto außer Acht gelassen, weil es bei einer Briefkastengesellschaft geführt wurde und C insgesamt ein „unseriöses Anlagesystem“ entwickelt habe, das dem Vergleich mit „redlichen“ Banken und „nach den ordnungsgemäßen Regeln des Kreditgewerbes“ arbeitenden Instituten nicht standhalte.
33
Bereits nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. vom 25. Februar 1992 zählten zu den Einkünften aus Kapitalvermögen ausdrücklich alle Zinsen aus Kapitalforderungen jeder Art. Die Zinsen aus Einlagen und Guthaben bei Kreditinstituten wurden lediglich beispielhaft genannt. In den späteren Gesetzesfassungen fehlt dann jeder Verweis auf Kreditinstitute. Damit bezweckt das Gesetz ersichtlich, nicht nur die Zinsen zu besteuern, die von Kreditinstituten, die dem Kreditwesengesetz unterliegen, ausgezahlt werden, sondern alle Erträge aus Kapitalvermögen, und zwar unabhängig von der Art des jeweiligen Anlagesystems.
34
dd) Dem Argument des FG, bei Scheinerträgen werde das Vorhandensein eines wirtschaftlichen Erfolges nur vorgespiegelt, es dürften letztlich nur tatsächliche Vermögensmehrungen in Form von Auszahlungen besteuert werden und ein Zufluss sei erst zu bejahen, wenn der Empfänger das Geld tatsächlich in dem Sinne besitze, dass er hiervon selbst Zahlungen bestreiten könne, vermag der Senat nicht zu folgen (vgl. vorstehend unter II.1.b aa und bb, sowie zuletzt BFH-Urteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.; ebenso HHR/Birk/Kister, § 11 EStG Rz 53; a.A. Marx, Finanz-Rundschau 2009, 515).
35
Daran ändert auch eine Diskrepanz zwischen den tatsächlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen nichts. Daraus lässt sich für die Frage des Zuflusses von Erträgen jedenfalls so lange nichts herleiten, wie das Schneeballsystem als solches funktioniert, d.h. die Auszahlungsverlangen der Anleger ohne Einschränkung bedient werden. Dass Schneeballsysteme zusammenbrechen, wenn alle Anleger gleichzeitig die Rückzahlung ihrer Gelder verlangen, sagt über den Abfluss bzw. Zufluss beim einzelnen Anleger nichts aus (vgl. schon BFH-Urteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190).
36
ee) Die Zuflussvoraussetzungen sind an Hand aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Zu Unrecht will das FG für diese Beurteilung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abstellen. Entscheidend ist die Sicht des Leistungsempfängers/Kapitalanlegers in dem Zeitpunkt, in dem er erstmals aus seiner Sicht die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einnahme erlangt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 209, 423, BStBl II 2005, 739; in BFHE 209, 438, BStBl II 2005, 746; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 20 Rz 207).
37
c) Da das FG seiner Entscheidung eine abweichende Rechtsauffassung zugrunde gelegt hat, ist die Vorentscheidung für die Streitjahre 1994 bis 1997 aufzuheben. Die Sache ist nur zum Teil spruchreif. Nach den vorstehenden Maßstäben ist ein Zufluss der gutgeschriebenen und wiederangelegten Beträge im Streitjahr 1994 zu bejahen. Für die Streitjahre 1995 bis 1997 fehlt es hingegen an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen.
38
aa) Dem Kläger und seiner Ehefrau wurden 1994 Ertrags- und Bonusabrechnungen mitgeteilt und gutgeschrieben. Zu Unrecht meinen der Kläger und die Revisionskläger zu 2. und 3., eine Gutschrift bei der GK sei keine Gutschrift auf einem Konto des Verpflichteten C. Damit verkennen sie, dass es sich nach den Feststellungen des FG bei der GK um eine Briefkastengesellschaft ohne eigene Geschäftstätigkeit handelte. Die Abrechnungen, die der Kläger und seine Ehefrau erhielten, betrafen ihre Kapitalanlage bei C. C hatte den Kläger und seine Ehefrau auf eine abrechnende Gesellschaft hingewiesen und mit dem Konto, das er als „bei GK geführt“ bezeichnete, unmissverständlich eine Trennung der geschuldeten Beträge von seinem übrigen Vermögen vorgenommen. Gutschriften auf einem solchen gesondert geführten Konto begründen den Zufluss (vgl. BFH-Urteile in BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480; in BFHE 197, 126, BStBl II 2002, 138). Zwischen C und dem Kläger und seiner Ehefrau bestand ferner eine jahrzehntelange Geschäftsbeziehung. Daher gingen der Kläger und seine Ehefrau auch von der Leistungsbereitschaft des C aus. 1994 kam C allen Auszahlungsverlagen nach, und im Schriftverkehr zwischen C und dem Kläger und seiner Ehefrau ist von Problemen und Zahlungsschwierigkeiten nicht die Rede. Zudem versprach C für den Fall der Reinvestition eine hohe Rendite. Wenn sich der Kläger und seine Ehefrau angesichts dieser Umstände in Ausübung ihrer Dispositionsbefugnis über die gutgeschriebenen und fälligen Geldbeträge dafür entschieden, auf die sofortige Auszahlung/Überweisung von insgesamt 40.000 DM zu verzichten und die Beträge stattdessen zur ertragbringenden Wiederanlage zu verwenden, stellt dies einen Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 EStG dar. In der Wahl einer solchen Wiederanlage liegt zivilrechtlich eine Novation. Die Wiederanlage erfolgte für einen Betrag von 20.000 DM zum 1. September 1994 und Ende 1994 für weitere 20.000 DM „mit Wirkung vom“ 1. Januar 1995. Ohne Belang ist dabei, dass der Kläger und seine Ehefrau diese Wahl nicht getroffen hätten, wenn ihnen die tatsächlichen Verluste bekannt gewesen wären. Hierbei handelt es sich um einen für die steuerrechtliche Wertung unbeachtlichen Motivirrtum (vgl. BFH-Urteil in BFHE 223, 166, BStBl II 2009, 190, m.w.N.).
39
bb) Für die Streitjahre 1995 bis 1997 reichen die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen indes nicht aus, um den Zufluss zu beurteilen. Die Vorentscheidung hat die Frage des Zahlungswillens ausdrücklich offengelassen, da es nach der Rechtsauffassung des FG ausschließlich auf die tatsächliche Auszahlung auf die Schweizer Konten ankam. Der Klägervertreter hatte jedoch in der mündlichen Verhandlung am 6. Dezember 2006 schriftsätzlich vorgetragen und Beweis angeboten, dass der Kläger und seine Ehefrau sich 1995 wegen eines größeren Geldbedarfes an C mit der Bitte um Geldauszahlung gewandt hätten. Sie hätten am 20. Dezember 1995 mit C über diese Frage verhandelt. C habe Zahlungen abgelehnt.
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Wie oben dargelegt, kann bei einer Novation ein Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG nur dann angenommen werden, wenn die Gläubiger (hier: der Kläger und seine Ehefrau) tatsächlich in der Lage gewesen wären, den Leistungserfolg in Gestalt der Vereinnahmung des gutgeschriebenen Betrages ohne weiteres Zutun des leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbei zu führen.
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Ob und zu welchen Zeitpunkten der Kläger und seine Ehefrau dies hätten erreichen können, hat das FG nicht festgestellt; im zweiten Rechtszug wird es dies anhand der gesamten Umstände des Einzelfalles ermitteln und beurteilen müssen. Für die Streitjahre ab 1995 fehlen ausreichende Feststellungen zur Leistungsbereitschaft des C. Dabei wird neben dem Beweisangebot auch der gesamte Schriftverkehr zu berücksichtigen sein, der jedenfalls teilweise Zweifel an der Leistungsbereitschaft des C aufkommen lassen kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass C dem Kläger und seiner Ehefrau in den Folgejahren eine positive Kapitalentwicklung mitgeteilt hat und es daher möglicherweise zu untersuchen ist, ob C wieder leistungsbereit wurde.
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Sollte die Leistungsbereitschaft des C nicht festzustellen sein, gingen nicht behebbare Zweifel insoweit zu Lasten des FA, weil es sich um ein steuerbegründendes Sachverhaltselement handelt.
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2. Die Revision des Klägers und der Revisionskläger zu 2. und 3. ist unbegründet.
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Sie betrifft die auf das Konto „Kontokorrent Rubrik Separat“ überwiesenen Beträge von 22.553,50 DM im Jahr 1992 und 72.079,95 DM im Jahr 1993, die der Kläger und seine Ehefrau in den Steuererklärungen nicht deklariert hatten.
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a) Die erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet. Er sieht gemäß § 126 Abs. 6 Satz 1 FGO von einer Begründung ab.
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b) Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör gemäß § 119 Nr. 3 FGO ist ebenfalls nicht gegeben. Ein solcher liegt nicht darin, dass das FG den Kläger und seine Ehefrau nicht persönlich zur Steuerhinterziehungsabsicht befragt hat. Das FG ist nach § 80 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht verpflichtet, den anwaltlich ordnungsgemäß vertretenen Kläger persönlich zum Termin zur mündlichen Verhandlung zu laden (BFH-Beschlüsse vom 5. Dezember 2006 VIII B 4/06, BFH/NV 2007, 490; vom 14. Juni 2006 VIII B 153/05, juris). Dem Klägervertreter war es unbenommen, eine persönliche Anhörung des Klägers herbeizuführen oder eine Beteiligtenvernehmung nach § 450 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 82 FGO zu beantragen (BFH-Beschluss vom 25. September 2003 XI B 11/01, BFH/NV 2004, 77).
47
Soweit das FG in den Entscheidungsgründen nicht auf das Vorliegen eines Verbotsirrtums eingegangen ist, bedeutet das nicht, dass es das entsprechende Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist das Gericht nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen (Entscheidungen des BVerfG vom 27. Mai 1970  2 BvR 578/69, BVerfGE 28, 378; vom 15. April 1980 2 BvR 827/79, BVerfGE 54, 86). Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten tatsächlich auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (BVerfG-Beschluss vom 15. April 1980  1 BvR 1365/78, BVerfGE 54, 43). Anders ist die Situation nur, wenn besondere Umstände des konkreten Falls auf einen solchen Verstoß hindeuten (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235). Das ist hier nicht der Fall.
48
Auf die Auskunft des C, es handle sich um steuerfreie Einnahmen, konnten der Kläger und seine Ehefrau schon deshalb nicht vertrauen, weil früher bereits gegen sie im Zusammenhang mit Geschäften des C wegen Steuerhinterziehung ermittelt worden war und sie sich daher auf die Richtigkeit der von C vorgenommenen steuerrechtlichen Beurteilung nicht verlassen konnten.
49
c) Wie oben dargelegt, hat das FG zu Recht einen Zufluss der auf die Konten des Klägers und seiner Ehefrau bei der SK überwiesenen Beträge angenommen.
50
Das FG hat auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise für die auf die nicht erklärten Einzahlungen auf das Konto „Kontokorrent Rubrik Separat“ entstandenen Steuern eine auf zehn Jahre verlängerte Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zugrunde gelegt. Das FG hat seine Würdigung, der Kläger und seine Ehefrau hätten diese Beträge bewusst der Steuerpflicht entziehen wollen, darauf gestützt, dass sich der Kläger und seine Ehefrau auf die Konstruktion von „offiziellen“ und „inoffiziellen“ Mitteilungen sowie auf ein Konto für erklärte und ein Konto für nicht erklärte Einnahmen eingelassen hätten. Diese Schlussfolgerung ist möglich und für das Revisionsgericht bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

Berichtigung zu hoch vorgenommener AfA bei Gebäuden

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 21.11.2013 IX R 12/13 darüber entschieden, auf welche Weise eine zu hohe Absetzung für Abnutzung (AfA) bei Gebäuden im Privatvermögen berichtigt werden kann, wenn die entsprechenden Steuerbescheide verfahrensrechtlich nicht mehr geändert werden können.

Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) können bei Gebäuden im Privatvermögen unter bestimmten Voraussetzungen AfA-Beträge in festen, über die Nutzungsdauer fallenden Staffelsätzen zwischen 7 % und 1,25 % (sog. degressive AfA) abgezogen werden. Sind für ein Gebäude allerdings Sonderabschreibungen vorgenommen worden, sieht § 7a Abs. 9 EStG vor, dass sich die AfA nach Ablauf des Begünstigungszeitraums der Sonderabschreibung nach dem Restwert und den nach § 7 Abs. 4 EStG unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden gleichbleibenden Staffelsätzen (sog. lineare AfA) bemisst.

Im Streitfall hatte der Kläger zunächst Sondergebietsabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz in Höhe von 50 % der von ihm für den Erwerb eines Mehrfamilienhauses geleisteten Anzahlung in Anspruch genommen und anschließend nach Fertigstellung und Ablauf des Begünstigungszeitraums das Gebäude degressiv nach festen Staffelsätzen gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG abgeschrieben. Nachdem das Finanzamt (FA) festgestellt hatte, dass die degressive AfA zu Unrecht in Anspruch genommen worden war, berichtigte es in den Streitjahren 2007 bis 2009 die AfA, indem es die (typisierte) 50-jährige Gesamtnutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG um den fünfjährigen Begünstigungszeitraum der Sonderabschreibung verringerte und den so neu ermittelten AfA-Satz von 2,22 % der Bemessungsgrundlage vom Restwert bis zur vollen Absetzung in Abzug brachte.

Der BFH hat die vom FA vorgenommene Berechnung der AfA bestätigt. Er hat zunächst entschieden, dass eine degressive AfA nach Vornahme einer Sonderabschreibung ausgeschlossen ist. Sind für ein Gebäude in einem Veranlagungszeitraum daher Sonderabschreibungen vorgenommen worden, bemisst sich nach Ablauf des Begünstigungszeitraums die Restwertabschreibung nach dem nach § 7 Abs. 4 EStG unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden linearen Prozentsatz. Wurden degressive Abschreibungen zu Unrecht vorgenommen, ist die Berichtigung zu hoch vorgenommener und verfahrensrechtlich nicht mehr änderbarer AfA bei Gebäuden im Privatvermögen in der Weise vorzunehmen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Abschreibungssätze auf die bisherige Bemessungsgrundlage bis zur vollen Absetzung des noch vorhandenen Restbuchwerts angewendet werden. Damit kommt es im Ergebnis zur einer Verkürzung der AfA-Dauer.

BFH, Pressemitteilung Nr. 34/14 vom 30.04.2014 zum Urteil IX R 12/13 vom 21.11.2013

Siehe auch https://www.steuerschroeder.de/Steuerrechner/AfA-Vermietung.html

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 21.11.2013, IX R 12/13

Berichtigung zu hoch vorgenommener AfA bei Gebäuden

Leitsätze

1. Die Berichtigung zu hoch vorgenommener und verfahrensrechtlich nicht mehr änderbarer AfA ist bei Gebäuden im Privatvermögen in der Weise vorzunehmen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Abschreibungssätze auf die bisherige Bemessungsgrundlage bis zur vollen Absetzung des noch vorhandenen Restbuchwerts angewendet werden.

 

2. Sind für ein Gebäude in einem Veranlagungszeitraum Sonderabschreibungen vorgenommen worden, bemisst sich nach Ablauf des Begünstigungszeitraums nach § 7a Abs. 9 EStG die Restwertabschreibung bei Gebäuden nach dem nach § 7 Abs. 4 EStG unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden Prozentsatz.

 

3. Die degressive Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG ist nach Vornahme einer Sonderabschreibung ausgeschlossen.

Tatbestand

1
I. Streitig ist die Berichtigung einer überhöhten –unter Nichtbeachtung des § 7a Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgenommenen– degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA).
2
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb zusammen mit seiner Ehefrau im November 1995 ein im Folgejahr fertiggestelltes Mehrfamilienhaus in A. Die Herstellungskosten betrugen 2.704.326 DM. Der Kläger hatte im Jahr 1995 eine Anzahlung in Höhe von 2 Mio. DM geleistet, für die im Jahr der Zahlung eine Sondergebietsabschreibung nach § 4 Abs. 1 Satz 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) in Höhe von 1 Mio. DM bei der Einkommensteuerveranlagung 1995 berücksichtigt wurde. Ab dem Jahr 1996 machte der Kläger AfA-Beträge nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG geltend. Die Veranlagung erfolgte bis 2006 insoweit erklärungsgemäß. Für die Streitjahre 2007 bis 2009 machte der Kläger ebenfalls AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG geltend, und zwar in Höhe von 2 % der ursprünglichen Herstellungskosten (2.704.326 DM), d.h. pro Jahr 27.655 EUR.
3
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) folgte dem Begehren auf Ansatz der AfA gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG in den angefochtenen Bescheiden 2007 bis 2009 nicht. Die dagegen erhobenen Einsprüche blieben insoweit erfolglos. Das FA verwies in seinen Einspruchsentscheidungen darauf, dass erstmals bei der Veranlagung 2009 festgestellt worden sei, dass ab 1996 zu Unrecht die degressive, statt der gesetzlich zulässigen linearen AfA geltend gemacht und anerkannt wurde. Dadurch sei es in den Jahren 1996 bis 2006 zu einer überhöhten AfA der Herstellungskosten des Gebäudes gekommen. Unter Berücksichtigung der gewährten Sonder-AfA für die Anzahlung auf die Herstellungskosten in 1995 und der antragsgemäß berücksichtigten AfA-Beträge ab 1996 bis 2006 habe zum 31. Dezember 2006 nur noch ein Rest(buch)wert von 41.784 EUR bestanden. Die Fehlerberichtung sei für die Nachfolgejahre ab dem ersten noch änderbaren Veranlagungszeitraum 2007 vorzunehmen, und zwar in der Weise, dass die gesetzlich vorgeschriebenen AfA-Sätze auf die bisherige Bemessungsgrundlage bis zur vollen Absetzung des Restbuchwerts anzuwenden seien.
4
Auf dieser Grundlage nahm das FA in der Einspruchsentscheidung vom 11. November 2011 eine Neuberechnung der AfA ab dem Jahr 2007 für das noch vorhandene AfA-Volumen von 41.784 EUR vor. Dabei ging er von einer nach Ablauf des Begünstigungszeitraums der Sonder-AfA nach § 4 FöGbG noch bestehenden Restnutzungsdauer von 45 Jahren und einem AfA-Satz von 2,22 % aus. Zugleich legte er einen um die Sonder-AfA in Höhe von 1 Mio. DM sowie um die im Zeitraum der Sonder-AfA möglichen linearen AfA-Beträge von (5 x 54.086 DM =) 270.433 DM auf 1.433.893 DM geminderten Restwert zugrunde. Darauf wandte er den AfA-Satz von 2,22 % an. Daraus ergaben sich jährliche AfA-Beträge für 2007 und 2008 von jeweils 16.292 EUR und für das Jahr 2009 –infolge der Abschreibung des Restwerts auf 0 EUR– von 9.200 EUR. Darüber hinaus wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück.
5
Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos. Zur Begründung führte das Finanzgericht (FG) aus, in Anbetracht der in 1995 in Anspruch genommenen Sonder-AfA für die Anzahlung auf die Herstellungskosten sei die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG unzulässig. Für die Streitjahre sei eine Berichtigung der AfA-Beträge vorzunehmen. Könnten die fehlerhaften Steuerbescheide für die Vorjahre mangels Vorliegens einer Änderungsvorschrift nicht mehr geändert werden, so sei der zutreffende AfA-Betrag auf der Grundlage von § 7 Abs. 4 EStG zu ermitteln und auf die bisherige Bemessungsgrundlage bis zur vollen Absetzung des Restwerts anzuwenden. Dabei sei nicht zu beanstanden, dass die Korrektur des FA zu einer Verkürzung des Abschreibungszeitraums führe. Die überhöhten AfA hätten dazu geführt, dass zum 31. Dezember 2006 der Restwert nur noch 41.784 EUR betrage und damit 2009 vollständig aufgezehrt werde. Über die Herstellungskosten des Gebäudes (2.704.326 DM) hinaus könne nicht abgeschrieben werden.
6
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf die Verletzung von § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG, § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG sowie § 176 Abs. 1 der Abgabenordnung stützt. Der Wechsel der AfA-Methode von der degressiven Gebäude-AfA nach Staffelsätzen zur linearen Gebäude-AfA sei nicht möglich. Die Sonder-AfA auf die Anzahlung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a FöGbG schließe die Vornahme der AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG nicht aus. Die Norm schließe nur die Inanspruchnahme der degressiven AfA nach der Vornahme einer Sonder-AfA auf das Gebäude aus. Die Vornahme einer Sonder-AfA auf die Anzahlung lasse die degressive AfA unberührt. Zudem genieße er aufgrund der in den Vorjahren vom FA anerkannten degressiven AfA Vertrauensschutz.
7
Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil vom 12. November 2012 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 19. November 2011, den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 11. November 2011 und den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 11. November 2011 dahingehend abzuändern, dass die Abschreibungen gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG jeweils mit 27.654 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt werden.

8
Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9
Es weist darauf hin, dass Abschreibungen über die Herstellungskosten des Gebäudes hinaus nicht möglich seien. Die Inanspruchnahme überhöhter AfA sei dergestalt zu berichtigen, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2007 die AfA-Sätze des § 7 Abs. 4 EStG auf die bisherige Bemessungsgrundlage bis zur vollen Absetzung des Restwerts anzuwenden seien.

Entscheidungsgründe

10
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
11
Zwar ist das FG unzutreffend davon ausgegangen, dass die Vornahme der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG ausgeschlossen ist. Die Entscheidung des FG stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 126 Abs. 4 FGO), soweit es abgelehnt hat, die AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu bemessen und zutreffend die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in Höhe von (2,22 % aus 1.433.893 DM =) 16.292 EUR (2007 und 2008) bzw. 9.200 EUR (2009) in Ansatz gebracht hat.
12
Die vom FG zur Begründung herangezogene Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar (1.). Das FA hat gleichwohl zu Recht für die Streitjahre die lineare AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anstelle der degressiven AfA nach festen Staffelsätzen nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 EStG) angesetzt (2.). Weiter hat das FA zutreffend auf der Grundlage des § 7a Abs. 9 EStG die jährlichen AfA-Beträge mit 16.292 EUR (2007 und 2008) und 9.200 EUR (2009) angesetzt (3.) und demzufolge für die Streitjahre die Abschreibungen ausgehend von einem Restwert in Höhe von 41.784 EUR durchgeführt (4.). Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte im Hinblick auf den Ansatz der degressiven AfA kann sich der Kläger nicht berufen (5.). Die klageabweisende Entscheidung des FG stellt sich daher im Ergebnis als richtig dar (6.).
13
1. Die vom FG in seinen tragenden Entscheidungsgründen herangezogene Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG ist im Streitfall nicht anwendbar.
14
Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 EStG können bei im Inland belegenen Gebäuden, die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind, abweichend von § 7 Abs. 4 EStG im Jahr der Fertigstellung oder Anschaffung und in den darauffolgenden Jahren AfA in degressiv gestaffelten Sätzen abgezogen werden. Im Fall der Anschaffung kann der Erwerber nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG die degressive Jahres-AfA nur in Anspruch nehmen, wenn der Hersteller für das Objekt weder die degressive AfA noch erhöhte Absetzungen oder Sonder-AfA in Anspruch genommen hat. Die Vorschrift schließt die Vornahme der degressiven Gebäude-AfA daher nur für den Fall aus, dass der Steuerpflichtige die Immobilie angeschafft hat und der Hersteller oder ein Zwischenerwerber ihrerseits erhöhte Absetzungen oder Sonder-AfA für das veräußerte Gebäude in Anspruch genommen haben (vgl. Schmidt/Kulosa, EStG, 26. Aufl., § 7 Rz 165; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 557). Dies ist hier nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) nicht der Fall.
15
2. Das FA hat zu Recht für die Streitjahre die lineare Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anstelle der degressiven Gebäude-AfA nach festen Staffelsätzen nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG bemessen. Denn die Vornahme der degressiven Gebäude-AfA war nach § 7a Abs. 9 EStG ausgeschlossen.
16
a) Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG können bei im Inland belegenen Gebäuden die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind, abweichend von § 7 Abs. 4 EStG bei Gebäuden i.S. des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG, soweit sie Wohnzwecken dienen und die vom Steuerpflichtigen auf Grund eines nach dem 28. Februar 1989 und vor dem 1. Januar 1996 gestellten Bauantrags hergestellt oder nach dem 28. Februar 1989 auf Grund eines nach dem 28. Februar 1989 und vor dem 1. Januar 1996 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags angeschafft worden sind, im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden drei Jahren jeweils 7 %, in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils 5 %, in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils 2 % und in den darauf folgenden 24 Jahren jeweils 1,25 % als AfA abgezogen werden.
17
b) Es kann dabei offenbleiben, ob in den Streitjahren die Vornahme der degressiven Gebäude-AfA nach Inanspruchnahme einer Sonder-AfA bereits nach § 7a Abs. 4 EStG ausgeschlossen ist (verneinend Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 14. März 2006 I R 83/05, BFHE 212, 530, BStBl II 2006, 799, unter II.1., m.w.N.; Stuhrmann in Bordewin/Brandt, § 7a EStG Rz 56; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 7a Rz 18, sowie H 7a des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs 2012 –EStH 2012–, Stichwort „Degressive AfA“). Denn die degressive Gebäude-AfA wird nach § 7a Abs. 9 EStG ausgeschlossen.
18
Sind für ein Wirtschaftsgut Sonder-AfA vorgenommen worden, so bemisst sich nach Ablauf des Begünstigungszeitraums nach § 7a Abs. 9 EStG die Restwert-AfA bei Gebäuden nach dem nach § 7 Abs. 4 EStG unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden Prozentsatz. § 7a Abs. 9 EStG bringt damit infolge der ausschließlichen Erwähnung des § 7 Abs. 4 EStG und der fehlenden Zitierung von § 7 Abs. 5 EStG eindeutig zum Ausdruck, dass nach Ablauf des Begünstigungszeitraums auf den verbleibenden Restwert allein die lineare AfA zur Anwendung kommen soll (so i.E. Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 7a Rz 16; Blümich/Brandis, § 7a EStG Rz 68; Stuhrmann in Bordewin/ Brandt, § 7a EStG Rz 94; Lambrecht in Kirchhof, a.a.O., § 7a Rz 26; Blümich/Stuhrmann, § 4 FördG Rz 13, 20a). Für den Streitfall lässt sich somit schon dem Wortlaut des § 7a Abs. 9 EStG eindeutig entnehmen, dass nach Vornahme einer Sonder-AfA die Inanspruchnahme der degressiven AfA ausgeschlossen ist.
19
Die Vorschrift des § 7a Abs. 9 EStG findet auch Anwendung, wenn für das Wirtschaftsgut Anzahlungen i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 5 FöGbG geleistet worden sind. Bei den Anzahlungen und dem später angeschafften Gebäude handelt es sich für Zwecke der AfA nicht um zwei unterschiedliche Wirtschaftsgüter mit der Folge, dass bei der Vornahme von Sonder-AfA ausschließlich auf die Anzahlung hinsichtlich der AfA auf das Gebäude § 7a Abs. 9 EStG keine Anwendung finden würde. Denn die Inanspruchnahme von Sonder-AfA auf Anzahlungen setzt stets eine spätere Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes voraus. § 4 Abs. 1 Satz 5 FöGbG enthält daher auch keinen eigenständigen Begünstigungstatbestand, sondern regelt –wie § 4 FöGbG insgesamt– nur die Bemessungsgrundlage für die Sonder-AfA (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2002 IX R 51/01, BFHE 199, 388, BStBl II 2002, 758, unter II.1.b).
20
3. Das FA hat zutreffend auf der Grundlage von § 7a Abs. 9 EStG die jährlichen AfA-Beträge unter Zugrundelegung eines AfA-Satzes von 2,22 % mit 16.292 EUR (2007 und 2008) und 9.200 EUR (2009) angesetzt.
21
a) Nach § 7a Abs. 9 EStG bemisst sich die AfA, wenn für ein Gebäude Sonder-AfA vorgenommen worden ist, nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums auf den Restwert nach einem neuen Vomhundertsatz, der sich aus der § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG zugrunde liegenden Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes abzüglich des Begünstigungszeitraums errechnet. Im Fall des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist daher die (typisierte) 50-jährige Gesamtnutzungsdauer um den fünfjährigen Begünstigungszeitraum der Sonder-AfA nach § 4 Abs. 1 Satz 2 FöGbG zu verringern. Zugleich ist nach § 7a Abs. 9 EStG der so neu ermittelte AfA-Satz vom Restwert zu ermitteln und abzuziehen (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni 1990 I R 155/87, BFHE 161, 462, BStBl II 1992, 622; Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 20. Juli 1992, BStBl I 1992, 415; Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 7a Rz 16; Blümich/Brandis, § 7a EStG Rz 68).
22
b) Daran gemessen hat das FA zu Recht die 50-jährige Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG um den fünfjährigen Förderzeitraum nach § 4 FöGbG verringert und damit eine Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes von 45 Jahren und einen AfA-Satz von 2,22 % angesetzt. Ebenfalls ist das FA zutreffend nach Ablauf des Begünstigungszeitraums von einem um die Sonder-AfA in Höhe von 1 Mio. DM und die lineare Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in Höhe von (5 x 54.086 DM =) 270.433 DM verringerten Restwert von 1.433.893 DM ausgegangen.
23
4. Das FA hat ferner zu Recht für die Streitjahre einen Abzug der AfA-Beträge ausgehend von einem Restwert in Höhe von 41.784 EUR durchgeführt.
24
a) Die Berichtigung zu Unrecht in Anspruch genommener überhöhter AfA erfolgt spiegelbildlich zur Nachholung unterlassener AfA. Daher ist die –verfahrensrechtlich nicht mehr änderbare– Inanspruchnahme überhöhter AfA auf ein Wirtschaftsgut in Vorjahren dadurch zu korrigieren, dass der verbliebene Restbuchwert gleichmäßig auf die verbleibenden Jahre des Nutzungszeitraums verteilt wird. Im Fall des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist der dort vorgeschriebene AfA-Satz auf die bisherige Bemessungsgrundlage bis zur vollen Absetzung des Restbuchwerts anzuwenden, sodass es im Ergebnis zu einer Verkürzung der AfA-Dauer kommt (so Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 7 Rz 11; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 321; s. auch H 7.4 EStH 2012, Stichwort „Unterlassene oder überhöhte AfA“, sowie für den Fall des § 7 Abs. 5 EStG BFH-Urteil vom 4. Mai 1993 VIII R 14/90, BFHE 171, 271, BStBl II 1993, 661, unter II.2., und für den Fall des § 7 Abs. 4 EStG BFH-Urteil vom 11. Dezember 1987 III R 266/83, BFHE 152, 128, BStBl II 1998, 335, unter 2.).
25
b) Daran gemessen ist für die Jahre 2007 und 2008 die AfA mit 2,22 % in Höhe von 16.292 EUR anzusetzen und von dem Restwert auf den 31. Dezember 2006 in Höhe von 41.784 EUR abzuziehen. Für das Jahr 2009 verbleibt es aufgrund des zum 31. Dezember 2008 bestehenden Restwerts in Höhe von 9.200 EUR bei einem Abzug in dieser Höhe. Der vom Kläger in allen drei Streitjahren angesetzte AfA-Betrag kann mit Blick auf § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG bereits deswegen nicht berücksichtigt werden, weil in diesem Fall die angesetzten AfA-Beträge im Jahr 2008 über die angefallenen Herstellungskosten hinausgehen würden.
26
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass bei von Beginn an zutreffendem Ansatz der AfA-Beträge nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG dem Kläger zum 31. Dezember 2006 ein höherer Restwert verblieben wäre. Denn zu Unrecht überhöht vorgenommene AfA, die verfahrensrechtlich nicht mehr berichtigt werden können, führen nicht dazu, dass sich im Ergebnis das AfA-Volumen des Berechtigten erhöht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 171, 271, BStBl II 1993, 661, unter II.2., und in BFHE 152, 128, BStBl II 1998, 335, unter 2.). Dem entspricht spiegelbildlich die Nachholung versehentlich unterbliebener AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG in der Weise, dass in diesem Fall weiterhin der gesetzlich vorgeschriebene Prozentsatz von 2 % angesetzt wird und sich ausgehend von dem –in diesem Fall fehlerhaft zu hoch– verbliebenen Restwert ein längerer Abschreibungszeitraum als 50 Jahre ergibt (vgl. Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 7 Rz 11; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 321; H 7.4 EStH 2012, „Unterlassene oder überhöhte AfA“).
27
5. Der Kläger kann sich im Hinblick auf den in der Vergangenheit erfolgten –erklärungsgemäßen– Ansatz der degressiven Gebäude-AfA auch nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen (vgl. zu den Grundsätzen des Vertrauensschutzes u.a. BFH-Urteil vom 29. November 2012 IV R 37/10, BFH/NV 2013, 910, unter B.II.2.c dd, m.w.N.).
28
6. Dass das FG in der angefochtenen Entscheidung teilweise von anderen Rechtsgrundsätzen –Anwendung von § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG anstelle von § 7a Abs. 9 EStG– ausgegangen ist, ist nach § 126 Abs. 4 FGO unschädlich. Denn die Entscheidung des FG erweist sich als richtig, indem es die vom FA vorgenommene AfA-Berechnung –wenn auch aus einem anderen Rechtsgrund– als zutreffend einstuft und daher die gegen die Einspruchsentscheidungen gerichtete Klage im Ergebnis als unbegründet abgewiesen hat.

„Zahnarztfrau“: Zur steuerlichen Beurteilung einer selbstständigen Tätigkeit

„Zahnarztfrau“: Zur steuerlichen Beurteilung einer selbstständigen Tätigkeit

Kernaussage
Die Frau eines Zahnarztes erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und keine (gewerbesteuerpflichtigen) Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn sie in der Praxis ihres Ehemanns auch die Verwaltung und Organisation übernimmt. Eine abweichende sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung hat keinen Einfluss auf die steuerliche Beurteilung.

Sachverhalt
Die gelernte Arzthelferin führte im Jahr 2006 ein Statusfeststellungsverfahren bei ihrer Krankenversicherung durch. Infolgedessen wurde ihre Tätigkeit als nicht abhängiges, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis eingestuft. Folglich wurden die zu Unrecht erhobenen Sozialbeiträge rückwirkend erstattet. Das Finanzamt übernahm diese sozialversicherungsrechtliche Einordnung des Dienstverhältnisses in der Folge für die Streitjahre 2007 und 2008 im Rahmen einer Betriebsprüfung und wertete die Einkünfte der Ehefrau als gewerbesteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz eingelegt.

Entscheidung
Die Richter folgten der Argumentation der Klägerin. Das FG entschied, dass die Ehefrau als Arbeitnehmerin anzusehen sei und somit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erziele. Das Steuerrecht betrachte den Arbeitnehmerbegriff eigenständig, so dass eine sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung keine steuerliche Bindungswirkung habe. Für ein Arbeitnehmerverhältnis sprach im Urteilsfall die persönliche Abhängigkeit, feste Arbeitszeiten und Bezüge, Urlaubsanspruch sowie die Weisungsgebundenheit. Die Hauptpflichten waren zudem in einem Arbeitsvertrag schriftlich festgelegt. Weitestgehend flexible Arbeitszeiten stehen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zudem grundsätzlich nicht entgegen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Konsequenz
Sozialversicherungsrechtliche Einordnungen von Arbeitsverhältnissen entfalten lediglich eine indizielle Wirkung auf das Steuerrecht. Eine Bindungswirkung ist indes zu verneinen. Da im entschiedenen Fall aufgrund der arbeitnehmertypischen Ausgestaltung des Dienstverhältnisses (insbesondere Weisungsgebundenheit, geregelte Arbeitszeiten und Urlaubsanspruch) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit angenommen wurden, steht das Urteil im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung.

Zum Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht bei einem sanierungsbedürftigen und teilweise leerstehenden Mehrfamilienhaus

Zum Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht bei einem sanierungsbedürftigen und teilweise leerstehenden Mehrfamilienhaus

Kernproblem
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat im vergangen Jahr entschieden, dass ein besonders lang andauernder und strukturell bedingter Leerstand einer Wohnimmobilie auch nach vorheriger und auf Dauer angelegter Vermietung zu einem Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht führen kann. Die neue Sichtweise des BFH unterstützt das Ansinnen des Finanzamts, höhere Vermietungsverluste in den Bereich der Liebhaberei zu verlagern. Wenn dann noch eine Untätigkeit des Vermieters oder andere Umstände hinzutreten, ist der Verlust fast nicht mehr zu retten.

Sachverhalt
Der Eigentümer eines im Jahr 1900 errichteten Mehrfamilienhauses hatte die 2 gewerblichen Einheiten des Erdgeschosses für die überwiegende Zeitspanne in den Streitjahren vermietet. Von den in den weiteren Geschossen befindlichen 7 Wohnungen waren 4 seit einigen Jahren leerstehend. Eine Mieteinnahme konnte aber auch für die verbleibenden 3 Wohnungen nicht vereinnahmt werden, nachdem das Amtsgericht im Klageverfahren eines Mieters eine Mietminderung auf 0 EUR wegen der Unbewohnbarkeit durch Schimmel für angemessen hielt. In seinen Steuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 deklarierte der Vermieter neben der vereinnahmten Miete für das Erdgeschoss und Nebenkosten der Wohnungen nur Werbungskosten für das gesamte Objekt, die zu erheblichen Verlusten führten. Das Finanzamt erkannte nur die auf das Erdgeschoss entfallenden Kosten an und konnte einen vorgefundenen Maklerauftrag zum Verkauf bei seiner Argumentation mit einbringen. Zudem sah die Verwaltung in der Untätigkeit des Vermieters die Aufgabe der Vermietungsabsicht. Der Vermieter stützte seine Argumentation auf die Kostenschätzung eines Architekten für Umbau und Renovierung aus dem Jahr 2007 und die lange anhaltende Verhandlung des Maklers mit einem potentiellen Mieter des Gesamtobjekts.

Entscheidung
Die Klage des Vermieters wurde abgewiesen. Zwar seien nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) Münster grundsätzlich auch vorweggenommene Werbungskosten für den Zeitraum eines Leerstands abzugsfähig. Hierzu bedürfe es aber ernsthafter und intensiver Vermietungsbemühungen, für die der Vermieter die Feststellungslast trage. Wegen des zum Teil seit über 3 Jahren anhaltenden Leerstands und der fehlenden Grundmiete lag für die Richter die Schlussfolgerung nahe, dass die Wohnungen unbewohnbar waren. Damit habe die Vermietungsabsicht bereits im Jahr 2006 nicht mehr vorgelegen. Die Verhandlungen des Maklers im darauffolgenden Jahr reichten nach Ansicht des FG ebenso wenig aus, wie die Kostenschätzung des Architekten, zumal sich daraus nicht erkennen ließe, für welche Baumaßnahmen sie erstellt wurde.

Konsequenz
Anzeigenschaltungen, Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der Feuchtigkeits- und Schimmelschäden sowie das Vorgehen gegen die Mieter wegen deren eigenen Verschulden wären gegebenenfalls Möglichkeiten gewesen, um das Gericht zu einem anderen Urteil zu bewegen.

Neue Steuerbescheide in NRW

Neue Steuerbescheide in NRW

Ausgangslage
Für den Erlass der Einkommensteuerbescheide sind die Bundesländer verantwortlich. Ein Steuerbescheid enthält neben den formalen Anforderungen unter anderem die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und in einem Leistungsgebot die Festsetzung der Einkommensteuerschuld. Mit Erläuterungen zur Steuerschuld, die auch für einen Laien verständlich sind, hält sich der Steuerbescheid weitestgehend zurück. Das Land Nordrhein-Westfalen möchte jetzt in Vorreiterstellung gehen und das ändern. In einer Pressemitteilung hat das Finanzministerium NRW neue Steuerbescheide angekündigt.

Neuerungen für den Steuerpflichtigen
In diesen neuen Steuerbescheiden erfahren die Bürger, welchen Betrag sie an Steuern zahlen und mit wie viel Prozent ihr Bruttoeinkommen belastet wird. Außerdem teilt die Behörde mit, welche Abzüge vom Bruttoeinkommen hierbei von der Finanzverwaltung insgesamt anerkannt werden. Die neuen Bescheide erhalten Steuerpflichtige ab März 2014. Vorgesehen ist außerdem, dass Steuerpflichtige, die ihre Erklärung auf elektronischem Weg und mit Registrierung bei den Finanzämtern einreichen, bereits im kommenden Jahr für die Abgabe eine Fristverlängerung von 2 Monaten erhalten sollen. Für diesen Zeitaufschub muss das erforderliche Authentifizierungsverfahren aber bis zum 31.5.2015 abgeschlossen sein.

Konsequenz
Der Finanzminister bezweckt mit seinem Ansinnen nach eigener Aussage eine „Aufklärung der Bürger“ und vermutet, dass das Ergebnis der tatsächlichen Steuerquote viele überraschen werde, denn die tatsächliche Steuerlast sei weit geringer als die gefühlte Belastung. So würden die meisten Beispielrechnungen zu Steuerabzügen den Spitzensatz von 42 % zu Grunde legen und viele Bürger übernehmen diese Höchstbelastung fälschlicherweise für sich. Dabei müssten selbst Top-Verdiener nur selten Steuersätze von mehr als 35 % zahlen. Was der Finanzminister hier jedoch verschweigt, ist der Hinweis auf die Grenzsteuerbelastung, also wie hoch der letzte Euro des eigenen Einkommens belastet wird. Denn die 42 % sind beim Ledigen bereits bei 52.882 EUR erreicht.

Auslandsspende innerhalb der EU: Zur Abzugsmöglichkeit

Auslandsspende innerhalb der EU: Zur Abzugsmöglichkeit

Kernproblem
Europarechtlich ist es erforderlich, dass nicht nur Spenden an deutsche gemeinnützige Organisationen, sondern auch an vergleichbare europäische Organisationen steuermindernde Berücksichtigung finden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Spendenempfänger die deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben erfüllt.

Sachverhalt
Die steuerpflichtige GmbH begehrte den Spendenabzug an eine im Register für juristische Personen der Stadt Rom eingetragene Vereinigung. Der Satzungszweck besteht insbesondere in der Errichtung eines Kirchengebäudes in Rom sowie in der Unterrichtung und Lehre der russisch-orthodoxen Religion und der Förderung der russischen Kultur. Des Weiteren sieht die Satzung vor, dass die Mitgliederversammlung im Zeitpunkt der Vereinsauflösung über die Verwendung des Vermögens zu beschließen hat. Das Finanzamt berücksichtigte die Spende nicht; das Finanzgericht gab dagegen der Klage statt.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof verneinte den Spendenabzug bereits aus formeller Sicht. Nach seiner Ansicht kann eine Auslandsspende nur dann anerkannt werden, wenn die Satzung des Empfängers den deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen genügt. Im Streitfall ist das Gebot der Vermögensbindung nicht erfüllt, da bei Vereinsauflösung die Mitgliederversammlung über die Mittelverwendung beschließt; eine Mittelfehlverwendung ist insoweit nicht ausgeschlossen. Das Gebot der Vermögensbindung verstößt zudem nicht gegen die EU-rechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit.

Konsequenzen
Der Abzug von Spenden an eine ausländische gemeinnützige Körperschaft setzt voraus, dass diese nach deutschem Recht gemeinnützig wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde. Damit sind die Hürden bei der praktischen Umsetzung – Erfüllen der spezifischen deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen – sehr hoch.

Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH: Zur verdeckten Gewinnausschüttung durch Rentenzahlung

Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH: Zur verdeckten Gewinnausschüttung durch Rentenzahlung

Kernaussage
Steuerrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass eine Pensionszusage nicht vom Ausscheiden des Geschäftsführers aus dem Dienstverhältnis abhängig gemacht wird. Um eine (teilweise) verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu vermeiden, sollte der Geschäftsführer jedoch sein Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit auf die Versorgungsleistungen anrechnen lassen.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die ihrem zur Hälfte beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer WJ im Oktober 1991 eine Versorgungszusage erteilte, die mit Vollendung des 67. Lebensjahr im März 2000 eintreten sollte. WJ vereinbarte im Februar 2000 mit der GmbH, dass er ab März 2000 seine Tätigkeit nur noch zu 20 % ausführen und dafür ein reduziertes Gehalt erhalten werde. Zugleich zahlte die Klägerin ab März 2000 die vereinbarte Pension in ungekürzter Höhe. Das Finanzamt (FA) erkannte die Pension dem Grunde nach an, da sich WJ ab März 2000 tatsächlich im Ruhestand befand und nur noch im geringen Umfang tätig war. In Höhe des weiterhin gezahlten Gehalts nahm das FA jedoch eine vGA an und forderte eine Anrechnung dieses Gehalts auf die Pensionsleistung.

Entscheidung
Während das Finanzgericht (FG) der Klägerin folgte, entschied der BFH im Revisionsverfahren zu Gunsten des Fiskus. Durch die fortbestehende entgeltliche Tätigkeit trotz Zahlung der Pension entstehe eine vGA. Die Vorinstanz sei richtigerweise davon ausgegangen, dass die Versorgungszusage nicht von dem gänzlichen Ausscheiden des Begünstigten abhängig ist. Sie habe jedoch übersehen, dass der Bezug einer Pension mit zeitgleichem Bezug eines laufenden Geschäftsführergehalts den Anforderungen eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsführers widerspricht. Dieser hätte darauf bestanden, dass sein Einkommen auf die Pension angerechnet wird, bis die Tätigkeit endgültig beendet ist. Als unschädlich solle jedoch gelten, dass neben der Versorgungsleistung ein laufendes Gehalt aus anderen Dienstverhältnissen gezahlt oder eine andere Funktion außerhalb des Dienstverhältnisses übernommen werde.

Konsequenz
Das Urteil stellt klar, dass Gesellschafter-Geschäftsführer nicht daran gehindert werden, ihrer Tätigkeit auch nach vereinbartem Renteneintritt nachzugehen. Die vereinbarte Pension wird in diesen Fällen steuerlich weiterhin anerkannt. Es sollte jedoch zur Vermeidung einer (teilweisen) vGA eine Anrechnung des weiterhin erhaltenen Gehalts auf die Pensionszahlungen vereinbart werden.

Vorsteuerabzug: Verweis auf Geschäftsunterlagen in Rechnungen zulässig

Vorsteuerabzug: Verweis auf Geschäftsunterlagen in Rechnungen zulässig

Rechtslage
Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist eine ordnungsgemäße Rechnung. In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen Unternehmen der Vorsteuerabzug versagt wird, weil die Beschreibung der abgerechneten Leistung in der Rechnung unzureichend ist. Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kann hier aber Abhilfe schaffen.

Sachverhalt
Strittig war der Vorsteuerabzug aus Rechnungen, die in der Leistungsbeschreibung auf die „getroffenen Vereinbarungen“ verwies, ohne diese näher zu erläutern. Die Finanzverwaltung und das Finanzgericht in erster Instanz lehnten einen Vorsteuerabzug ab, da die Leistungsbeschreibung keine Identifizierung der erbrachten Leistung ermögliche. Ein Verweis auf die getroffenen Vereinbarungen reiche hierfür schon deshalb nicht aus, da die Vereinbarungen nicht den Rechnungen beigefügt waren.

Entscheidung
Der BFH erteilt der Finanzverwaltung eine klare Absage. Demnach ist es für den Vorsteuerabzug ausreichend, wenn in der Rechnung auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen wird, die die Identifizierung der erbrachten Leistung ermöglichen. Bedingung hierfür ist lediglich, dass der Verweis die entsprechenden Geschäftsunterlagen eindeutig bezeichnet; eine Beifügung der Unterlagen zur Rechnung ist hingegen nicht erforderlich.

Konsequenz
Das Urteil des BFH ist nicht nur sachgerecht, sondern auch praxistauglich. Unternehmen, die komplexe Leistungen erbringen, brauchen nunmehr keine umfangreichen, den Rahmen einer normalen Rechnung sprengenden, Leistungsbeschreibungen in die Rechnungen aufzunehmen. Ein einfacher, aber eindeutiger Verweis auf den zugehörigen Vertrag, Auftrag o. ä. reicht aus. Zu beachten ist lediglich, dass die bezeichnete Unterlage sowohl dem Rechnungsaussteller, als auch dem Leistungsempfänger vorliegen muss.

Versorgungszusage: Pensionsalter von beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer

Versorgungszusage: Pensionsalter von beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer

Kernaussage
Ein Mindestalter ist keine Voraussetzung für die Pensionszusage gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer. Lediglich die Jahresbeträge vom Zeitpunkt des Diensteintritts bis zum vorgesehenen Eintritt des Versorgungsfalls sind für die Berechnung des Teilwerts der Pensionsrückstellung maßgeblich. Eine Änderung der Beteiligungshöhe und folglich vom Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer zum Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer führt daher zu keiner Korrektur des Mindestalters.

Sachverhalt
Die Klägerin erteilte ihrem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer A im Jahr 1987 eine Pensionszusage i. H. v. 60 % seiner jährlichen Gesamtbezüge bei seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen mit Vollendung des 60. Lebensjahr. Im Jahr 2002 wurde A zum Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer. Die Klägerin änderte daraufhin jedoch nicht die Grundlage der Rückstellungsbewertung. Im Streitjahr 2005 wurden der Pensionsrückstellung einkommenswirksam 117.189 EUR zugeführt. Bei einem Pensionsalter von 65 Jahren hätte die Zuführung 60.601 EUR betragen. Das Finanzamt (FA) vertrat in Änderungsbescheiden die Auffassung, dass von einem Pensionsalter von 65 Jahren auszugehen sei und somit 461.213 EUR einkommenswirksam aufgelöst werden müssten. Hiergegen wurde Klage erhoben.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Köln gab der Klage überwiegend statt. Die Revision vor dem Bundesfinanzhof (BFH) hatte keinen Erfolg. Eine Auflösung der Pensionsrückstellung zum 31.12. und ein Ansatz eines höheren Pensionsalters komme nicht in Betracht, da der Gesellschafterwechsel das Versorgungsversprechen nicht berührt und daher keinen Einfluss auf die Ermittlung des Teilwertes habe. Nach der BFH-Rechtsprechung kann eine Pensionszusage den steuerlichen Gewinn nur mindern, wenn die Voraussetzungen des § 6a EStG eingehalten wurden. Die Zuführung zu einer Pensionsrückstellung kann aus steuerrechtlicher Sicht als eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) gelten, wenn die Pensionsverpflichtung nicht nur durch das Dienstverhältnis, sondern auch durch das Gesellschafterverhältnis begründet ist. Das FA machte diesbezüglich geltend, dass die Rückstellung bereits dem Grunde nach aufgrund des falschen Renteneintrittsalters zu hoch gebildet worden sei, weil sie nicht dem Pensionsalter von 65 Jahren entspreche. Damit sei die Pension gesellschaftsrechtlich veranlasst. Ein Mindestpensionsalter ist jedoch weder Tatbestandsvoraussetzung des § 6a Abs. 1 und 2 EStG noch Gegenstand der Teilwertberechnung nach § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG. Demnach ist die Pensionszusage mit Vollendung des 60. Lebensjahrs für die Berechnung des Teilwerts maßgeblich und eine vGA nicht anzunehmen.

Konsequenz
Das Urteil ist zu begrüßen, da es aufzeigt, dass die veränderte Gesellschafterstellung nicht zu einer Anpassungsverpflichtung hinsichtlich der in der Vergangenheit vereinbarten Pensionszusage führt. Gesellschafter-Geschäftsführer sollten jedoch unbedingt die weiteren Bedingungen für die steuerliche Anerkennung von Pensionszusagen im Auge behalten. Diese sind beispielsweise die Angemessenheit der Pensionsbezüge, der ausreichende Erdienungszeitraum zwischen Zusage und Versorgungseintritt sowie die geforderte ratierliche Unverfallbarkeit

FACTA-Abkommen: BMF legt Verordnung zur Umsetzung vor

FACTA-Abkommen: BMF legt Verordnung zur Umsetzung vor

Kernaussage
Finanzinstitute müssen Informationen über Kunden mit US-amerikanischen Steuerbezug offen legen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Abkommen zwischen Deutschland und den USA zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten bekannten US-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen (FACTA-USA-Umsetzungsverordnung) vorgelegt.

Verfahren
Die USA haben am 18.3.2010 das FACTA-Gesetz („Foreign Account Tax Compliance Act“) erlassen, das Mitte 2014 angewendet werden soll. Seither ist eine stufenweise Einführung von FACTA erfolgt. So haben beide Staaten am 31.5.2013 ein völkerrechtliches Abkommen unterzeichnet, zu dem es am 16.10.2013 ein Zustimmungsgesetz gab und das am 11.12.2013 in Kraft getreten ist. Das Abkommen beinhaltet Verpflichtungen von Deutschland in Bezug auf die Beschaffung und den Austausch von in dem Abkommen näher bestimmten Informationen. Jedoch standen der verankerten Verpflichtung der Datenweitergabe insbesondere nationale datenschutzrechtliche Bedenken entgegen, weshalb durch das AIFM-Steueranpassungs-Gesetz innerhalb der Abgabenordnung eine Ermächtigungsgrundlage geschaffen wurde, auf deren Grundlage das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus derartigen Abkommen erlassen kann. Diese Verordnungsermächtigung wird mit dem vorgelegten Entwurf ausgefüllt.

Hintergrund
Mit dem FACTA-Gesetz soll sichergestellt werden, dass US-Bürger Einkünfte, die sie unter Einschaltung ausländischer Banken und anderer Finanzintermediäre (z. B. Investmentgesellschaften, Fonds, Versicherungen, u. a.) erzielen, in den USA ordnungsgemäß erklären und versteuern. Das Gesetz sieht vor, dass von Zahlungen aus Quellen in den USA an ausländische Finanzinstitutionen (aus Sicht der USA) eine Quellensteuer von 30 % einbehalten wird, sofern die betreffende Finanzinstitution keine Informationen über ihre US-Kunden an die US-Steuerbehörde übermittelt.

Konsequenz
Für die Finanzinstitute bedeutet FACTA ein erheblicher Mehraufwand, denn tatsächlich dürften nicht nur amerikanische oder halb-amerikanische, sondern quasi alle Anleger betroffen sein. Denn die gesamten Daten müssen durchgesehen werden, um die Pflichten zu erfüllen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin