Erste Tätigkeitsstätte: Definition, Festlegung + Folgen
Was zählt als erste Tätigkeitsstätte?
Auf dieser Webseite erklären wir kompakt, was Sie wissen müssen.

Erste Tätigkeitsstätte – was Arbeitnehmer und Arbeitgeber wissen müssen
Seit dem 1. Januar 2014 gibt es eine neue Regelung: Die bisherige „regelmäßige Arbeitsstätte“ wird durch die erste Tätigkeitsstätte ersetzt. Ein Arbeitnehmer kann pro Arbeitsverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte haben – oder auch gar keine, wenn er nur an wechselnden Orten arbeitet (§ 9 Absatz 4 Satz 5 EStG).
Die Definition der ersten Tätigkeitsstätte ist entscheidend für steuerliche
Fragen rund um Pendlerpauschale, Reisekosten und Verpflegungspauschalen.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten auf eine klare und dokumentierte
Zuordnungsentscheidung achten, um steuerliche Risiken zu vermeiden.
Tipp: Eine eindeutige Regelung im Arbeitsvertrag kann spätere Diskussionen mit dem Finanzamt vermeiden!
Was ist eine erste Tätigkeitsstätte?
Nach § 9 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) ist die erste Tätigkeitsstätte eine ortsfeste betriebliche Einrichtung,
-
des lohnsteuerlichen Arbeitgebers,
-
eines verbundenen Unternehmens (§ 15 AktG) oder
-
eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten (z. B. Kunden, Entleiher),
der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.
Dabei können also nicht nur die Einrichtungen des Arbeitgebers, sondern auch von verbundenen Unternehmen oder Dritten als erste Tätigkeitsstätte gelten.
Fragebogen zur "ersten Tätigkeitsstätte"
Wird der Arbeitnehmer in einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig?
Besonderheiten:
-
Homeoffice: Ein häusliches Arbeitszimmer gilt nicht als erste Tätigkeitsstätte, selbst wenn der Arbeitgeber Räume anmietet, die zur Wohnung des Arbeitnehmers gehören.
-
Mobilität: Tätigkeitsgebiete ohne ortsfeste Einrichtungen (z. B. Baustellen ohne Baucontainer, Schiffe, Flugzeuge) begründen keine erste Tätigkeitsstätte.
Wann liegt eine "dauerhafte Zuordnung" vor?
Eine dauerhafte Zuordnung wird durch arbeitsvertragliche, tarifliche oder
sonstige dienstrechtliche Vereinbarungen bestimmt. Sie kann schriftlich oder
mündlich erfolgen.
Entscheidend ist:
-
Unbefristete Zuordnung („bis auf Weiteres“)
-
Zuordnung für die Dauer des Dienstverhältnisses
-
Einsatz über mehr als 48 Monate
Wichtig: Auch ein minimaler Tätigkeitsumfang reicht für die Zuordnung aus – die Qualität der Tätigkeit spielt keine Rolle.
Beispiele aus der Praxis
-
Piloten und Flugbegleiter: Der Stammflughafen kann erste Tätigkeitsstätte sein, selbst wenn das Flugzeug das eigentliche Arbeitsmittel ist.
-
Bauleiter: Ein Bauleiter ohne dauerhafte Anlaufstelle auf der Baustelle übt keine Tätigkeit an einer ersten Tätigkeitsstätte aus.
-
Rettungsassistenten: Die Rettungswache ist erste Tätigkeitsstätte, wenn vorbereitende Tätigkeiten (Fahrzeugcheck, Materialprüfung) dort regelmäßig stattfinden.
-
Müllwerker: Der Betriebshof ist keine erste Tätigkeitsstätte, wenn der Aufenthalt nur organisatorischer Natur ist (z. B. Tourenansage, Schlüsselabholung).
Sonderfälle: Mehrere Tätigkeitsstätten und weiträumige Tätigkeitsgebiete
Ein Arbeitnehmer kann pro Dienstverhältnis
nur eine erste Tätigkeitsstätte
haben.
Bei mehreren Dienstverhältnissen sind auch mehrere erste Tätigkeitsstätten
möglich.
Weiträumige Tätigkeitsgebiete, wie etwa Pflegebezirke oder Zustellbezirke bei Postboten, begründen in der Regel keine erste Tätigkeitsstätte. Hier kommt die Entfernungspauschale zum Ansatz.
Was passiert bei fehlender Zuordnung?
Ist keine dauerhafte Zuordnung getroffen, greifen die sogenannten quantitativen Kriterien :
Eine Tätigkeitsstätte wird als erste Tätigkeitsstätte behandelt, wenn der Arbeitnehmer dort
-
arbeitstäglich tätig wird,
-
an mindestens zwei vollen Tagen pro Woche tätig wird oder
-
mindestens ein Drittel seiner regelmäßigen Arbeitszeit dort verbringt.
Erste Tätigkeitsstätte, auswärtige Tätigkeit, weiträumiges Tätigkeitsgebiet
1. Einführung
Im Steuerrecht ist die Unterscheidung zwischen erster Tätigkeitsstätte, auswärtiger Tätigkeit und weiträumigem Tätigkeitsgebiet entscheidend für die Höhe des Werbungskostenabzugs – insbesondere bei den Fahrtkosten. Grundlage ist § 9 Absatz 4 Einkommensteuergesetz (EStG).
2. Erste Tätigkeitsstätte (§ 9 Abs. 4 EStG)
2.1 Definition
Ein Arbeitnehmer kann je Dienstverhältnis höchstens eine erste Tätigkeitsstätte haben – ggf. aber auch keine. Eine erste Tätigkeitsstätte liegt vor, wenn:
-
Der Arbeitgeber sie dienst- oder arbeitsrechtlich dauerhaft zuordnet,
-
und der Arbeitnehmer an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines Dritten tätig werden soll.
Fehlt eine Zuordnung, gelten quantitative Kriterien (s. unten).
2.2 Was ist eine Tätigkeitsstätte?
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Ortsfeste betriebliche Einrichtung: z. B. Bürogebäude, Werk, Bahnhof, Flughafen.
-
Keine Tätigkeitsstätte: Fahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge oder Baustellen ohne fest verbundene Einrichtungen.
Auch großflächige Betriebsgelände gelten als eine erste Tätigkeitsstätte.
2.3 Häusliches Arbeitszimmer
Ein häusliches Arbeitszimmer zählt nicht als Tätigkeitsstätte – auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber Räume anmietet, die in die Wohnung integriert sind.
2.4 Dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnung
-
Erfolgt durch Arbeitsvertrag, Weisungen, Reiserichtlinien oder organisatorische Anordnungen.
-
Auch mündliche oder konkludente Zuordnungen sind möglich.
-
Die Tätigkeit an der ersten Tätigkeitsstätte muss nicht den überwiegenden Teil der Arbeit darstellen.
Wichtig: Der Arbeitgeber kann keine "Nichtzuordnung" festlegen, aber auf eine Zuordnung verzichten.
2.5 Dauerhafte Zuordnung
Eine Zuordnung ist dauerhaft, wenn:
-
Sie unbefristet erfolgt ("bis auf Weiteres"),
-
sie die gesamte Dauer eines Dienstverhältnisses umfasst,
-
oder sie länger als 48 Monate andauern soll.
2.6 Quantitative Kriterien
Liegt keine ausdrückliche Zuordnung vor, wird eine erste Tätigkeitsstätte angenommen, wenn der Arbeitnehmer dort:
-
Arbeitstäglich, oder
-
mindestens an zwei vollen Tagen pro Woche, oder
-
mindestens ein Drittel der regelmäßigen Arbeitszeit tätig wird.
Nicht ausreichend sind bloße Nebentätigkeiten wie das Abholen von Arbeitsmaterial oder kurze Bürobesuche.
3. Auswärtige Tätigkeit
Eine auswärtige Tätigkeit liegt vor, wenn:
-
Keine erste Tätigkeitsstätte besteht, oder
-
eine Tätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.
Typische Fälle:
-
Außendienstmitarbeiter
-
Monteure auf wechselnden Baustellen
-
Berater beim Kunden vor Ort
Steuerliche Folge: Fahrten können mit 30 Cent je gefahrenem Kilometer angesetzt werden (Reisekosten).
4. Weiträumiges Tätigkeitsgebiet
Bei einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet handelt es sich nicht um eine einzelne Tätigkeitsstätte, sondern um ein größeres Einsatzgebiet (z. B. Zustellergebiet, große Baustelle ohne zentrale Betriebsstätte).
-
Steuerrechtlich wird hier kein "Pendelverkehr" zur ersten Tätigkeitsstätte angenommen.
-
Fahrten können ebenfalls nach Reisekostengrundsätzen abgerechnet werden.
5. Spezialfälle
5.1 Mehrere Tätigkeitsstätten
Pro Dienstverhältnis gibt es nur eine erste Tätigkeitsstätte . Werden mehrere Tätigkeitsstätten regelmäßig aufgesucht, kann der Arbeitgeber eine als erste Tätigkeitsstätte bestimmen.
5.2 Bildungseinrichtungen
Auch Bildungseinrichtungen können eine erste Tätigkeitsstätte sein, wenn sie im Rahmen eines Vollzeitstudiums oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme regelmäßig besucht werden.
6. Praxisbeispiele
Fallbeispiel | Steuerliche Behandlung |
---|---|
Arbeitnehmer besucht täglich Firmensitz | Entfernungspauschale (erste Tätigkeitsstätte) |
Außendienstmitarbeiter ohne feste Zuordnung | Reisekosten (auswärtige Tätigkeit) |
Student besucht täglich die Hochschule | Erste Tätigkeitsstätte (Bildungseinrichtung) |
LKW-Fahrer holt täglich LKW ab, fährt aber dann Kunden an | Auswärtige Tätigkeit (kein Büroarbeitsplatz) |
7. Fazit
Die Einordnung als erste Tätigkeitsstätte oder auswärtige Tätigkeit hat erheblichen Einfluss auf Ihre Fahrtkosten und weitere Werbungskosten. Gerade bei komplexen Arbeitsverhältnissen (z. B. Leiharbeit, Außendienst, wechselnde Einsatzorte) lohnt sich eine genaue Prüfung.
Tipp: Arbeitgeber sollten klare Zuordnungen treffen – und Arbeitnehmer sollten ihre Vertragsunterlagen und Weisungen sorgfältig dokumentieren.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 Satz 8
§ 8 Abs. 2 Satz 9
§ 9 Abs. 1 Satz 3
Haben Sie Fragen zu Ihrer ersten Tätigkeitsstätte oder möchten Sie Ihre
steuerlichen Möglichkeiten prüfen?
Wir unterstützen Sie gerne – nehmen Sie Kontakt zu uns auf!
Entfernungspauschale: Ihre steuerlichen Möglichkeiten bei Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
Aktuell und wichtig für Ihre Steuererklärung:
Durch das Klimaschutzprogramm 2030 wurde die Entfernungspauschale ab 2021
und nochmals ab 2024 angehoben. In unserem Ratgeber erklären wir Ihnen alles
Wesentliche zur Entfernungspauschale und wie Sie diese optimal in Ihrer
Steuererklärung nutzen können.
1. Was ist die Entfernungspauschale?
Die Entfernungspauschale ist eine steuerliche Pauschale, die Ihre Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte berücksichtigt. Sie wird unabhängig vom benutzten Verkehrsmittel gewährt – ob Sie zu Fuß gehen, Rad fahren, das Auto oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen.
Wichtig:
-
Die tatsächlichen Kosten sind grundsätzlich unbeachtlich .
-
Unfallkosten auf dem Arbeitsweg können daneben zusätzlich als Werbungskosten angesetzt werden.
2. Höhe der Entfernungspauschale
Entfernungskilometer | Pauschale je Kilometer | Gültig |
---|---|---|
bis 20 km | 0,30 € | dauerhaft |
ab 21 km (2021–2023) | 0,35 € | befristet bis 2026 |
ab 21 km (ab 2024) | 0,38 € | befristet bis 2026 |
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer fährt 25 km zur Arbeit.
Berechnung (ab 2024):
-
20 km × 0,30 € = 6,00 €
-
5 km × 0,38 € = 1,90 €
→ Entfernungspauschale pro Arbeitstag = 7,90 €.
3. Besonderheiten bei öffentlichen Verkehrsmitteln
Benutzen Sie Bus oder Bahn und Ihre tatsächlichen Ticketkosten übersteigen die Entfernungspauschale, können Sie die höheren tatsächlichen Kosten ansetzen.
Beispiel:
Monatskarte: 115 € → Jahresticket: 1.380 €
Ermittelte Entfernungspauschale: 1.320 €
→ 1.380 € werden als Werbungskosten angesetzt.
4. Höchstbetrag von 4.500 €
Die Entfernungspauschale ist grundsätzlich auf 4.500 € pro Jahr begrenzt, außer:
-
Sie nutzen einen eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftwagen .
In diesem Fall können Sie auch mehr als 4.500 € geltend machen!
5. Maßgebliche Entfernung
-
Kürzeste Straßenverbindung ist ausschlaggebend.
-
Verkehrsgünstigere Strecken können angesetzt werden, wenn sie regelmäßig genutzt werden und schneller zum Ziel führen.
-
Fähren: Fährkosten können zusätzlich berücksichtigt werden.
6. Fahrgemeinschaften
-
Jeder Teilnehmer setzt seine eigene Entfernungspauschale an.
-
Mitfahrer sind grundsätzlich auf 4.500 € begrenzt.
-
Fahrer (mit eigenem PKW) können über 4.500 € hinausgehen.
7. Nutzung verschiedener Verkehrsmittel (Park & Ride)
Fahrten mit verschiedenen Verkehrsmitteln (z. B. Auto + Bahn) müssen aufgeteilt werden:
-
Pkw-Strecke wird voll angesetzt (bei eigenem Auto unbegrenzt).
-
Bahnstrecke ggf. auf 4.500 € begrenzt.
8. Mehrere erste Tätigkeitsstätten
Bei mehreren Arbeitsstellen an einem Tag:
-
Jede erste Tätigkeitsstätte wird einzeln angesetzt.
-
Die erhöhte Entfernungspauschale (ab 21 km) gilt jeweils neu pro Strecke .
9. Entfernungspauschale bei doppelter Haushaltsführung
Bei wöchentlicher Familienheimfahrt zur Hauptwohnung können Sie die Entfernungspauschale ohne Begrenzung auf 4.500 € geltend machen.
10. Menschen mit Behinderungen
Menschen mit einem Grad der Behinderung ab 70 (oder ab 50 mit erheblicher Gehbehinderung) haben ein Wahlrecht:
-
Entweder Entfernungspauschale oder
-
Tatsächliche Fahrtkosten (z. B. 0,30 € je gefahrenem Kilometer).
11. Anrechnung von Arbeitgeberleistungen
Erhalten Sie vom Arbeitgeber Zuschüsse oder Sachleistungen (z. B. Jobticket):
-
Diese werden auf die Entfernungspauschale angerechnet, sofern sie steuerfrei oder pauschal besteuert wurden.
Zusammenfassung
Die Entfernungspauschale ist ein zentraler Baustein zur Senkung Ihrer
Steuerlast.
Durch die neuen, höheren Pauschalen profitieren insbesondere Pendler mit
langen Arbeitswegen. Die richtige Anwendung entscheidet über die Höhe Ihrer
Steuerersparnis!
Fragen zu Ihrer individuellen Situation?
Gerne beraten wir Sie persönlich und prüfen, wie Sie Ihre Werbungskosten
optimal ansetzen können.
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Aktuelles + weitere Infos
Keine erste Tätigkeitsstätte trotz jahrelanger Versetzung – Reisekosten voll abziehbar
Für viele Arbeitnehmer – insbesondere Beamte im öffentlichen Dienst – ist die Frage nach der „ersten Tätigkeitsstätte“ steuerlich von großer Bedeutung. Denn davon hängt ab, ob die Fahrtkosten nur mit der Entfernungspauschale oder in voller Höhe als Reisekosten abzugsfähig sind. Das Finanzgericht Münster hat nun zugunsten eines Beamten entschieden: Auch eine über viele Jahre verlängerte Versetzung begründet keine erste Tätigkeitsstätte , wenn keine dauerhafte Zuordnung erfolgt ist (Urteil vom 26.10.2023, Az. 1 K 1237/21 E).
Der Fall: Dozententätigkeit über acht Jahre verlängert – dennoch keine erste Tätigkeitsstätte
Ein Beamter war im Wege einer zeitlich befristeten Versetzung als Dozent an einer Ausbildungsstätte tätig. Die ursprüngliche Einsatzzeit betrug vier Jahre, mit Option auf eine einmalige Verlängerung um zwei Jahre . In der Praxis wurde dieser Zeitraum jedoch mehrfach jeweils um weitere zwei Jahre verlängert , sodass sich die Einsatzzeit insgesamt auf über acht Jahre erstreckte.
Das Finanzamt erkannte lediglich die Entfernungspauschale an und lehnte den vollen Werbungskostenabzug der Fahrtkosten ab – mit dem Hinweis, es handele sich um eine dauerhafte erste Tätigkeitsstätte.
Der Beamte klagte – und bekam Recht.
Die Entscheidung: Maßgeblich ist die ursprüngliche Planung, nicht die tatsächliche Dauer
Das FG Münster stellte klar: Für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte ist eine vorausschauende („ex-ante“) Betrachtung maßgeblich. Und danach lag keine dauerhafte Zuordnung vor:
-
Die Versetzung war von Anfang an zeitlich befristet .
-
Es war zu keinem Zeitpunkt vorgesehen, dass der Einsatzort mehr als 48 Monate dauerhaft die erste Tätigkeitsstätte wird.
-
Die mehrfachen Verlängerungen erfolgten jeweils befristet und ohne neue, dauerhafte Zuordnung.
Selbst nach über acht Jahren regelmäßigem Einsatz konnte daher keine erste Tätigkeitsstätte angenommen werden. Die Ausbildungsstätte galt steuerlich weiterhin als auswärtige Tätigkeitsstätte – mit der Folge, dass die Fahrten nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 € pro gefahrenem Kilometer oder gegen Nachweis mit den tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden konnten.
Praktische Bedeutung: Differenzierung zwischen Versetzung und Abordnung nicht entscheidend
Das Finanzamt argumentierte mit dem beamtenrechtlichen Begriff der Versetzung , der eigentlich eine dauerhafte Maßnahme sei – im Gegensatz zur befristeten Abordnung. Das FG Münster ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken. Entscheidend seien nicht die Formalien, sondern die tatsächliche Planung und Durchführung:
„Wenn von vornherein eine zeitlich befristete Tätigkeit geplant ist, schlägt die beamtenrechtliche Einordnung nicht auf die steuerrechtliche Beurteilung durch.“
Die vielfach praktizierte Rotation von Dozenten – etwa zur Wahrung der Praxisnähe – untermauert, dass keine dauerhafte Zuordnung gewollt war.
Fazit: Eine erfreuliche Entscheidung mit Signalwirkung
Das Urteil des FG Münster ist ein wichtiger Erfolg für Steuerpflichtige – insbesondere für Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Es stellt klar:
✅
Entscheidend ist die ursprüngliche, geplante Dauer der Zuordnung
– nicht die tatsächliche Dauer.
✅ Auch bei über Jahre verlängerten Versetzungen kann weiterhin eine
auswärtige Tätigkeit vorliegen.
✅ Damit sind Reisekostengrundsätze anwendbar – ein
deutlicher steuerlicher Vorteil gegenüber der einfachen
Entfernungspauschale.
Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig, da das Finanzamt die zugelassene Revision nicht eingelegt hat. Damit besteht für Betroffene nun Rechtssicherheit.
Unser Tipp für Mandanten:
Wenn Sie im öffentlichen Dienst tätig sind und regelmäßig eine Dienststelle aufsuchen, deren Einsatzdauer anfangs befristet war, lohnt sich eine genaue Prüfung. In vielen Fällen kann die vollständige Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten geltend gemacht werden – und zwar auch rückwirkend im Einspruchsverfahren.
👉
Sie sind unsicher, ob in Ihrem Fall eine erste Tätigkeitsstätte
vorliegt?
Gerne prüfen wir das für Sie – sprechen Sie uns an!
Siehe auch:
Noch mehr hilfreiche Steuerrechner
Rechtsgrundlagen zum Thema: Tätigkeitsstätte
EStGEStG § 3
EStG § 8 Einnahmen
EStG § 9 Werbungskosten
EStG § 40 Pauschalierung der Lohnsteuer in besonderen Fällen
EStG § 41b Abschluss des Lohnsteuerabzugs
EStR
EStR R 21.2 Einnahmen und Werbungskosten
UStAE
UStAE 1.8. Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an das Personal
UStAE 3a.5. Ort der Vermietung eines Beförderungsmittels
UStAE 15.23. Vorsteuerabzug und Umsatzbesteuerung bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrzeugen
UStAE 1.8. Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an das Personal
UStAE 3a.5. Ort der Vermietung eines Beförderungsmittels
UStAE 15.23. Vorsteuerabzug und Umsatzbesteuerung bei (teil-)unternehmerisch verwendeten Fahrzeugen
UStR
UStR 12. Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an das Personal
LStR
R 3.32 LStR Sammelbeförderung von Arbeitnehmern zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
R 8.1 LStR Bewertung der Sachbezüge
R 9.10 LStR Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten
R 9.11 LStR Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung
R 19.3 LStR Arbeitslohn
R 39a.1 LStR Verfahren bei Bildung eines Freibetrags oder eines Hinzurechnungsbetrags
R 40.2 LStR Bemessung der Lohnsteuer nach einem festen Pauschsteuersatz
EStH 4.3.2.4 4.12
LStH 3.32 8.1.7 8.1.9.10 9.1 9.4 9.5 9.8 9.9 9.10 40.2