Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2013

Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2013

Das Bundesministerium der Finanzen hat aus den Einspruchsstatistiken der Steuerverwaltun-gen der Länder die folgenden Daten zur Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2013 zusammengestellt:

Unerledigte Einsprüche am 1.1.2013 4.024.325

Eingegangene Einsprüche 4.231.429

(Veränderung gegenüber Vorjahr: + 2,2 %)

Erledigte Einsprüche 4.230.080

(Veränderung gegenüber Vorjahr: + 16,0 %)

davon erledigt durch Rücknahme des Einspruchs 956.356 (= 22,6 %)

Abhilfe 2.717.941 (= 64,2 %)

Einspruchsentscheidung

(ohne Teil-Einspruchsentscheidungen) 455.199 (= 10,8 %)

Teil-Einspruchsentscheidung 100.584 (= 2,4 %)

Saldo aus Übernahmen, Abgaben, Storni und sonstigen

Bestandskorrekturen – 118.024

Unerledigte Einsprüche am 31.12.2013 3.907.650

(Veränderung gegenüber Vorjahr: – 2,9 %)

Teil-Einspruchsentscheidungen (§ 367 Absatz 2a der Abgabenordnung – AO -) werden als Erledigungsfall im Sinne der Statistik behandelt, da davon auszugehen ist, dass insoweit die Einspruchsverfahren in den meisten Fällen – anders als in den Fällen zur Entfernungspau-schale („Pendlerpauschale“) – durch eine Allgemeinverfügung nach § 367 Absatz 2b AO abgeschlossen werden, was dann kein Erledigungsfall im Sinne der Statistik ist.

Der Endbestand (3.907.650) enthält 2.346.299 Verfahren, die nach § 363 AO ausgesetzt sind oder ruhen und daher von den Finanzämtern nicht abschließend bearbeitet werden konnten.

Die Statistik für das Jahr 2013 enthält erstmals die Rubrik „Saldo aus Übernahmen, Abgaben, Storni und sonstigen Bestandskorrekturen“. Bisher wurden in der Statistik Abgaben und Übernahmen saldierend bei den Eingängen sowie sonstige Bestandskorrekturen (z. B. nach Aufdecken fehlerhafter Einträge in den Rechtsbehelfslisten) entweder ebenfalls saldierend bei den Eingängen oder durch eine Anpassung des Anfangsbestandes berücksichtigt.

Abhilfen beruhen häufig darauf, dass erst im Einspruchsverfahren Steuererklärungen abgege-ben oder Aufwendungen geltend gemacht bzw. belegt werden. Ferner kann Einsprüchen, die im Hinblick auf anhängige gerichtliche Musterverfahren eingelegt wurden, durch Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks in den angefochtenen Steuerbescheid abgeholfen worden sein. Aus einer Abhilfe kann daher nicht „automatisch“ geschlossen werden, dass der angefochtene Bescheid fehlerhaft war.

Ferner kann auch keine Aussage zum Anteil der von den Steuerbürgern angefochtenen Ver-waltungsakte getroffen werden. Hierfür müsste die Zahl der jährlich erlassenen Verwaltungs-akte bekannt sein. Daten hierzu liegen dem BMF nicht vor, zumal mit dem Einspruch nicht nur Steuerbescheide angefochten werden können, sondern auch sonstige von den Finanz-behörden erlassene Verwaltungsakte, wie z. B. die Anordnung einer Außenprüfung, die Ablehnung einer Stundung oder eines Steuererlasses.

Im Jahr 2013 wurden gegen die Finanzämter 61.137 Klagen erhoben (nach der Zählweise der Finanzverwaltung); dies entspricht einer Quote von rd. 1,4 % der insgesamt erledigten Einsprüche.

Umsatzsteuer: Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen. Auch sogenannte Strohmanngeschäfte sind anzuerkennen, wenn der Mittelsmann die Rechte und Pflichten des Geschäfts auch im Außenverhältnis ernstlich übernehmen will, selbst wenn der Vertragspartner die Strohmanneigenschaft kennt.

Etwas anderes gilt allerdings für bloße Scheinverträge, bei denen Einigkeit besteht, dass der Mittelsmann nur seinen Namen hergibt, Urteil des 5. Se-nats vom 7.6.2013, 5 K 61/10, rechtskräftig.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 5 K 61/10
Urteil des Senats vom 07.06.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, UStG § 4 Nr. 1 Buchst. b, UStG § 6a, UStDV § 10 Abs. 1, UStDV §§ 17a ff.
Leitsatz: 1. Wer bei einem Umsatz (hier: Lieferung eines Sportwagens durch zwischengeschalteten Händler) als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vereinbarungen.
Sog. Strohmanngeschäfte sind in der Regel ernstlich gewollt und daher gültig; denn die Parteien eines Strohmanngeschäfts wollen die Rechtsfolgen der Vereinbarung wirklich herbeiführen, weil anderenfalls der erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht in rechtsbeständiger Weise erreicht würde. Das gilt auch dann, wenn der Vertragspartner die Strohmanneigenschaft kennt. Charakteristisch für ein Strohmanngeschäft ist, dass der Mittelsmann die Rechte und Pflichten des Geschäfts auch im Außenverhältnis ernstlich übernehmen will.
Dagegen ist ein Scheingeschäft anzunehmen, wenn die Beteiligten zur Erreichung ihrer Zwecke einen Scheinvertrag für genügend erachten und sich darüber einig sind, dass der Mittelsmann nur seinen Namen hergibt.
2. Mit einem unvollständigen Belegnachweis kann das Vorliegen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen werden (Anschluss an BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596).
Überschrift: Umsatzsteuer: Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch; Scheingeschäft
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbracht hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt einen Gebrauchtwagenhandel mit hochwertigen Personenkraftwagen. Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist Herr A.
Für die dem Streitjahr vorausgegangenen Jahre hatte die Klägerin folgende Umsätze erklärt:
* für 2000 Umsätze zu 16% i. H. v. 1.630.920 DM,
* für 2001 Umsätze zu 16% i. H. v. 2.328.909 DM sowie nicht steuerbare Umsätze i. H. v. 2.077.500 DM,
* für 2002 Umsätze zu 16% i. H. v. 308.643 € sowie nicht steuerbare Umsätze i. H. v. 341.663 €,
* für 2003 Umsätze zu 16% i. H. v. 173.159 € sowie steuerfreie Umsätze gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG i. H. v. 15.100 € und gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG i. H. v. 91.861 €.
Für das Jahr 2004 liegt dem Gericht keine Umsatzsteuererklärung vor.
Zu den Geschäftspartnern der Klägerin gehörte das von der B-Handelsgesellschaft mbH + Co. KG (im Folgenden: B-KG) betriebene C … D. Die B-KG war im Jahr 2004 an die Klägerin herangetreten, weil ein in E tätiger US-Amerikaner, F (im Folgenden: F), einen Sportwagen erwerben wollte. Der B-KG selbst war es aufgrund ihres Händlervertrags untersagt, ein Fahrzeug ins Ausland zu veräußern. Außerdem wollte F den Kauf über eine österreichische Firma abwickeln, um das Fahrzeug von dieser leasen zu können; bei der Firma handelte es sich um die G GmbH mit Sitz in H (im Folgenden: G-GmbH). Auch die Zwischenschaltung einer ausländischen Leasingfirma war der B-KG untersagt.
Der Geschäftsführer der G GmbH wandte sich im Folgenden an einen Mitarbeiter der B-KG, den Zeugen J, und besprach mit diesem die Abwicklung des Geschäfts. Der Zeuge J wies darauf hin, dass die B-KG eine weitere Firma, nämlich die Klägerin, einschalten müsse, die die Rechnung erstellen werde.
Im September 2004 meldete sich F telefonisch bei der B-KG, um den zu liefernden Sportwagen zu konfigurieren. Der Zeuge J füllte eine entsprechende Bestellung für das Fahrzeug aus, auf der der Name des F notiert, dann durchgestrichen und durch den Namen der Klägerin ersetzt wurde (s. Anlage 1 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).
Am 14.10.2004 leistete F eine Anzahlung i. H. v. 10.000 € an die B-KG (s. Kontoauszug aus der Buchführung der B-KG, Anlage 3 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).
Als Liefertermin wurde mit der G GmbH in der Folgezeit der 29.03.2005 vereinbart.
Mit Fax vom 17.03.2005 übersandte die G GmbH der B-KG einen Firmenbuchauszug aus dem österreichischen Handelsregister, mit dem sie ihre Eintragung belegte (s. Bl. … der Rechtsbehelfsakten), und die Kopie eines Bescheides über die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (s. Bl. … der Rechtsbehelfsakten).
Mit Fax vom 18.03.2005 richtete die B-KG eine Anfrage nach § 18e Nr. 1 UStG an das Bundesamt für Finanzen (BfF) und erhielt mit Fax vom selben Tag eine entsprechende Bestätigung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer durch das BfF (s. Bl. … der Rechtsbehelfsakten).
Mit Fax vom 22.03.2005 übersandte die B-KG der G GmbH ein vorformuliertes Schreiben. Dieses war an die Klägerin adressiert und enthielt die auf den 29.03.2005 datierte Versicherung der G GmbH, dass das noch zu liefernde Fahrzeug in das Bestimmungsland Österreich befördert und dort der Erwerbsbesteuerung unterworfen werden würde. Die G GmbH sandte dieses Schreiben unterschrieben und mit ihrem Firmenstempel versehen am 29.03.2005 per Fax zurück an die B-KG (Bestätigung einer innergemeinschaftlichen Lieferung vom 29.03.2005, s. Bl. 10 der Rechtsbehelfsakten; s. auch Schilderung des Steuerberaters K vom 02.11.2009 im Rechtsbehelfsverfahren, Bl. 81 der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Ebenfalls mit Fax vom 22.03.2005 übersandte die B-KG der G GmbH eine auf den 29.03.2005 datierte und an die G GmbH gerichtete Rechnung der Klägerin über den Verkauf des Sportwagens für 79.828,91 €. Diese Rechnung hatte die B-KG auf einem von der Klägerin überlassenen Blanko-Briefbogen gefertigt. Die G GmbH
sandte diese Rechnung ebenfalls unterschrieben und mit ihrem Firmenstempel versehen am 29.03.2005 per Fax zurück an die B-KG (s. Bl. 13 der Rechtsbehelfsakten).
Am … 2005 wurde der Sportwagen auf die Klägerin zugelassen (Auskunft des Finanzamts für Verkehrsteuern und Grundbesitz in …, s. Aktenvermerk vom 05.06.2013, Bl. 72 der Gerichtsakte).
Am 29.03.2005 holte ein ungarisches Transportunternehmen den Sportwagen bei der B-KG ab. Den CMR-Frachtbrief füllte der Zeuge J aus; als Absender wurde die B-KG genannt, als Empfänger die G GmbH, als Auslieferungsort Österreich und als Frachtführer das ungarische Transportunternehmen. Der Frachtbrief enthielt keine Angaben zum Tag der Übernahme des Gutes (Ort, Land, Datum), zum Ort und Datum der Ausfertigung und zum Datum des Empfangs; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den CMR-Frachtbrief Bezug genommen (s. Bl. 8 der Rechtsbehelfsakten). Der Kaufpreis (abzüglich der bereits geleisteten Anzahlung) wurde bei Abholung des Fahrzeugs bar an die B-KG entrichtet.
Am 31.03.2005 wurden auf ein Konto der Klägerin 69.828,91 € bar eingezahlt (s. Anlage 4 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband). Mit Unterschrift vom selben Tag – also zwei Tage nach Abholung des Sportwagens durch das Speditionsunternehmen – bestätigte der Geschäftsführer der Klägerin auf einem mit „Wagenabrechnung“ überschriebenen Dokument gegenüber der B-KG, dass er das Fahrzeug ordnungsgemäß mit Kfz-Brief und drei Fahrzeugschlüsseln erhalten habe. Auf dieser Abrechnung ist auch vermerkt, dass der Differenzbetrag von 82.601,55 € per Wechsel beglichen worden ist (s. Anlage 2 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).
Am 13.04.2005 ging bei dem Beklagten die Umsatzsteuervoranmeldung der Klägerin für das 1. Quartal 2005 ein. Die Klägerin machte damit einen Erstattungsanspruch i. H. v. 18.523,30 € geltend. Dem lagen (u. a.) folgende Angaben zugrunde:
* steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug (innergemeinschaftliche Lieferung, § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG) i. H. v. 79.828 €,
* steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 8 bis 28 UStG) i. H. v. 58.500 €,
* steuerpflichtige Umsätze zu 16% i. H. v. 58.701 €,
* abziehbare Vorsteuerbeträge i. H. v. 27.915,58 €.
Neben weiteren Unterlagen waren der Voranmeldung die Kopie einer an die Klägerin adressierten Rechnung der B-KG vom 29.03.2005 über den Verkauf des Sportwagens (inkl. Nebenkosten) für 79.797,54 € zzgl. 12.767,61 € Umsatzsteuer (zzgl. Zulassungsgebühren i. H. v. 36,40 € – s. Bl. 7 der Umsatzsteuernebenakten Bd. I) sowie eine Kopie der bereits erwähnten von der B-KG im Namen der Klägerin ausgefertigten und an die G GmbH adressierten Rechnung vom 29.03.2005 über den Verkauf des nämlichen Sportwagens für 79.828,91 € beigefügt (ohne Umsatzsteuerausweis – s. Bl. 8 der Umsatzsteuernebenakten Bd. I).
Am 06.06.2006 ging bei dem Beklagten die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2005 ein. Diese wies als Ergebnis eine Erstattung in Höhe von 25.556,40 € aus.
Im Jahr 2007 ordnete der Beklagte eine Umsatzsteuer-Nachschau bei der Klägerin an. Grund hierfür war ein Prüfungsersuchen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts L vom 22.02.2007. Mit Schreiben vom 19.12.2008 teilte die Steuerfahndungsstelle dem Beklagten mit, dass die österreichische G GmbH eine Scheinfirma sei und dass die deutschen Lieferanten wussten bzw. hätten wissen müssen, dass diese Scheinfirma nicht der tatsächliche Abnehmer der gelieferten Fahrzeuge gewesen ist (s. Bl. 48 f. der Umsatzsteuerakten Bd. II).
Einem Aktenvermerk des Betriebsprüfers zufolge gab der Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen einer Besprechung an, dass er bei der Veräußerung des Sportwagens nichts weiter zu tun gehabt habe, als sein Bankkonto und den Firmennamen der Klägerin zur Verfügung zu stellen; dafür erhalte er eine Provision. Das Auto selbst habe er nie gesehen (s. Bl. 22 der Betriebsprüfungsakten).
Mit Bescheid vom 08.04.2009 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für 2005 auf ./. 12.783,92 € fest (Differenz zu Lasten der Klägerin: 12.772,48 €). Die Veräußerung des Sportwagens an die G GmbH behandelte der Beklagte dabei nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, sondern als steuerpflichtigen Umsatz. Er erhöhte dabei die steuerpflichtigen Lieferungen zu 16% von bislang 171.849 € um 79.828 € auf 251.677 € (s. S. 5 der Einspruchsentscheidung, 3. Absatz, Bl. 11 der Gerichtsakte).
In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt: Nach den Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle L und der Staatsanwaltschaft L handle es sich bei der G GmbH um ein Scheinunternehmen. Die Tätigkeit dieser Firma sei ausschließlich vom Inland (M – bei L) aus betrieben worden. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a Abs. 4 UStG lägen nicht vor; denn das Fahrzeug sei nicht nach Österreich verbracht worden, der wirkliche Abnehmer sei ein inländischer Abnehmer gewesen, die Lieferung habe nicht in einem anderen Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterlegen und die Beleg- und Buchnachweise seien unrichtig, da sie den falschen Abnehmer, den falschen Bestimmungsort und den falschen Transportweg dokumentierten. Eine Steuerbefreiung komme auch nicht nach § 6a Abs. 4 UStG in Betracht, da sich der gute Glaube nur auf die in § 6a Abs. 1 UStG bezeichneten Voraussetzungen beziehe, nicht aber auf die Richtigkeit der Beleg- und Buchnachweise. Da diese jedoch unrichtig seien, komme die Vertrauensschutzregelung nicht in Betracht. Darüber hinaus sei – was die Unterlagen zeigten – der Klägerin auch bewusst gewesen, dass der Abnehmer allein von Deutschland aus gehandelt habe. Die Klägerin habe daher auch gegen die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns verstoßen.
Die Klägerin legte dagegen am 07.05.2009 Einspruch ein. Sie machte unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 05.12.2005 (Aktz. V B 44/04, BFH/NV 2006, 625) im Wesentlichen geltend, dass die erforderlichen buchmäßigen Nachweise durch die vorgelegten Unterlagen erbracht worden seien. Was die G GmbH mit dem Fahrzeug gemacht habe, dürfe nicht zu Lasten der Klägerin gewürdigt werden. Von der weiteren Verwendung des Fahrzeugs, insbesondere einem Verbleib im Inland, sei ihr nichts bekannt. (s. Bl. 7 ff. der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Einem Telefonvermerk des Beklagten vom 14.12.2009 zufolge gab der Steuerberater der Klägerin an, dass etwa 70 bis 75 % der von der Klägerin gehandelten acht bis zehn Autos pro Jahr eigentlich von der B-KG verkauft würden. Grund für die
Zwischenschaltung sei, dass die B-KG mit dem Hersteller der Fahrzeuge einen Gebietsschutzvertrag abgeschlossen habe. Um diese Vereinbarung zu umgehen, würden einige Fahrzeuge über die Klägerin bzw. den Geschäftsführer der Klägerin gehandelt (s. Bl. 89 der Rechtsbehelfsakten Bd. I; s. auch Schreiben des Steuerberaters vom 17.12.2009, Bl. 93 der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Mit Schreiben vom 28.01.2010 legte die Oberfinanzdirektion (OFD) N dar, dass die von der G GmbH erworbenen Fahrzeuge nie nach Österreich, sondern von Deutschland aus unmittelbar nach Ungarn gelangt seien. Als Kunden der G GmbH seien ungarische Scheinabnehmer aufgezeichnet worden, wodurch die Erwerbsbesteuerung in Ungarn verhindert und dort ein Vorsteuer- bzw. Differenzbesteuerungsbetrug begangen worden sei. Die österreichischen Steuerbehörden hätten festgestellt, dass die G GmbH zu keinem Zeitpunkt in Österreich unternehmerisch tätig gewesen sei; österreichische Steuerfestsetzungen gegen die G GmbH seien dementsprechend aufgehoben worden. Die deutschen Steuerbehörden gingen davon aus, dass die Geschäfte von einer deutschen OHG mit Sitz in M getätigt worden seien, so dass bei den deutschen Vorlieferanten im Inland steuerbare Lieferungen vorlägen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der OFD N Bezug genommen (Bl. 97 ff. der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Mit Entscheidung vom 17.03.2010 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Am 14.04.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor: Ihr zivilrechtlicher Vertragspartner sei die G GmbH gewesen; dass es sich bei dieser Firma nicht um ein Scheinunternehmen gehandelt habe, sei anhand des vorliegenden Handelsregisterauszugs und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer nachgewiesen worden. Dass möglicherweise ein anderer als der zivilrechtliche Vertragspartner der Klägerin das Fahrzeug erworben habe, könne der Klägerin nicht entgegengehalten werde. Die vorgelegten Beleg- und Buchnachweise seien richtig; denn sie wiesen zutreffend die G GmbH als Abnehmer aus. Es habe auch keinen „falschen Transportweg“ gegeben; wenn der Transporteur oder Spediteur den Transport sozusagen in Deutschland abgebrochen habe, sei dies ebenfalls nicht der Klägerin anzulasten. Schließlich habe der BFH mit dem bereits genannten Urteil vom 12.05.2009 entschieden, dass ein CMR-Frachtbrief auch ohne entsprechende Bestätigung, dass die Ware an den Bestimmungsort gebracht wurde, als Buchnachweis ausreichend sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über Umsatzsteuer für 2005 vom 08.04.2009 und die Einspruchsentscheidung vom 17.03.2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist ergänzend auf ein Schreiben des Finanzamts L. Darin heißt es, die Durchsicht der Buchhaltungsunterlagen der G GmbH habe ergeben, dass diese keine Geschäftsbeziehungen zu der Klägerin unterhalten hatte und dass ein
Verkaufsvorgang nicht existierte (s. Schreiben des Finanzamts L vom 20.05.2010, Bl. 141 ff. der Rechtsbehelfsakten Bd. I – auf das Schreiben wird Bezug genommen).
Das Gericht hat den Streitfall mit den Beteiligten erörtert. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr A, hat im Rahmen der Erörterungen seine Angaben gegenüber dem Betriebsprüfer bestätigt, dass das Geschäft vollständig von der B-KG abgewickelt worden sei. Das Geld, das an ihn gezahlt worden sei, habe er weiter an die B-KG gezahlt. Er habe lediglich eine Provision von 400 oder 500 € erhalten. Den Sportwagen habe er nie gesehen; er könne noch nicht einmal sagen, welche Farbe das Fahrzeug gehabt habe.
Das Gericht hat zudem Beweis erhoben durch Vernehmung des Angestellten der B-KG, Herrn J, als Zeugen. Der Zeuge J hat den oben geschilderten Ablauf bestätigt. Auf die Frage des Gerichts, ob die Klägerin irgendeinen Einfluss auf den Verkaufspreis des Sportwagens gehabt habe, hat der Zeuge geantwortet, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Auf die Frage des Gerichts, ob die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt Verfügungsmacht über das Fahrzeug hatte, hat der Zeuge geantwortet, dass sie die hätte haben können, dass das aber „keinen Sinn gemacht“ hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll zu dem Erörterungstermin vom 18.04.2013 Bezug genommen (Bl. 51 ff. der FG-Akten).
Das Gericht hat die Klägerseite gebeten, mitzuteilen und nachzuweisen, ob und wann im Anschluss an die Einzahlung vom 31.03.2005 i. H. v. 69.828,91 € der noch ausstehende Restbetrag für das Fahrzeug beglichen worden ist. Die Klägerseite hat daraufhin mit Schriftsatz vom 15.05.2013 auf die bereits erfolgte Anzahlung von 10.000 € verwiesen. Der Kaufpreis habe inkl. Mehrwertsteuer 92.601,55 € und exkl. 16% Mehrwertsteuer 79.828,91 € betragen. Der letztgenannte Betrag abzüglich der a-conto-Überweisung im Voraus von 10.000,00 € entspreche dem bar eingezahlten Betrag von 69.828,91 €.
Dem Gericht haben je ein Band Umsatzsteuerakten, Umsatzsteuernebenakten, Betriebsprüfungsakten und Rechtsbehelfsakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nur zu einem geringfügigen, sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
1. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.
Handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, so ist diese gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei.
Die Frage nach der Steuerfreiheit gemäß § 6a UStG stellt sich im vorliegenden Streitfall allerdings nicht, da die Klägerin in Bezug auf den an die G GmbH gelieferten Sportwagen nicht als Leistende anzusehen ist.
a) Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.
Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, s. z. B. BFH-Urteile vom 07.07.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; vom 26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233; ebenso BFH-Beschluss vom 31.01.2002 V B 108/01, BStBl. II 2004, 622, jeweils m. w. N.).
b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.
aa) So erbringt etwa ein Kommissionär auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich ausdrücklich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.
bb) Ebenso ist von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, auch bei sog. Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i. S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28.01.1999 V R 4/98, BStBl. II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BStBl. II 2004, 622). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24.08.2006 V R 16/05, BStBl. II 2007, 340, und vom 18.02.2009 V R 82/07, BStBl. II 2009, 876).
Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z. B. der „Hintermann“ an den „Strohmann“ und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet.
Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der „Hintermann“ als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z. B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestelltem des Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. BFH-Urteil vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541, unter Berufung auf BFH-Urteil vom 10.03.2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).
cc) Unbeachtlich ist das „vorgeschobene“ Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d. h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann“ eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung –AO–; ausführlich BFH-Beschluss in BStBl. II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Urteil vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541; und BFH-Beschluss vom 17.10.2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene – ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende – Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BStBl. II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12.08.2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).
Der BFH folgt insoweit der zivilrechtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BGH-Urteile vom 12.12.2012 VIII R ZR 89/12, ZIP 2013, 269; vom 29.10.1996 XI ZR 319/95, NJW-RR 1997, 238; vom 06.07.1993 XI ZR 201/92, NJW 1993, 2435; vgl. auch BAG-Urteil vom 22.09.1992 9 AZR 385/91, NJW 1993, 2767; s. ferner Ellenberger in Palandt, 72. Aufl., § 117 BGB Rz. 3 und 6). So geht der BGH etwa davon aus, dass ein Darlehensvertrag ein Schein- und kein Strohmanngeschäft ist, wenn der als Darlehensnehmer Bezeichnete nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien nicht haften soll (BGH-Urteil in NJW-RR 1997, 238; s auch).
Allgemein hängt die Beurteilung, ob ein Vertrag als Scheingeschäft zu werten ist, maßgeblich davon ab, ob die Parteien für das von ihnen verfolgte Ziel die Vorlage eines Scheinvertrages für genügend oder einen ernstgemeinten Vertrag für notwendig gehalten haben; daher spricht es gegen ein Scheingeschäft, wenn der erstrebte Zweck nur bei Gültigkeit des Vertrages erreicht werden kann (so Hefermehl in Soergel, 12. Aufl., § 117, BGB Rz. 4). Oder anders gewendet: Das Scheingeschäft ist dadurch gekennzeichnet, dass den Beteiligten der Geschäftswille fehlt; beim Umgehungsgeschäft hingegen wollen die Parteien gerade den Eintritt der erklärten Rechtsfolgen, um ihre Ziele zu erreichen (so H. Dilcher in Staudinger, 12. Aufl., § 117 Rz. 5).
Dementsprechend hat auch das OLG Köln ein Scheingeschäft mit der Begründung bejaht, dass die Beteiligten zur Erreichung ihrer Zwecke einen Scheinvertrag für genügend erachten und sich darüber einig sind, dass der Mittelmann nur seinen Namen hergibt, nicht aber selbst „Zwischenerwerber“ werden soll (OLG Köln, Urteil vom 13.11.1992 3 U 31/92, NJW 1993, 2623). In dem letztgenannten Fall ging es um den Abschluss eines Vertretervertrags, der aufgrund eines sog. „Respektierungsabkommens“ nicht mit der eigentlich als Vertreter gewünschten Person geschlossen werden konnte. Das OLG Köln begründete seine Wertung, dass der Vertretungsvertrag nur zum Schein abgeschlossen worden sei, u. a. mit der
Überlegung, dass ein Verstoß gegen das „Respektierungsabkommen“ – anders als ein Verstoß gegen staatliche Gesetze oder Verordnungen – nicht die Nichtigkeit des Vertretervertrags zur Folge gehabt, sondern allenfalls Schadensersatzansprüche nach sich gezogen hätte (s. OLG Köln a. a. O., 2. Absatz der Entscheidungsgründe).
2. Im vorliegenden Streitfall geht der erkennende Senat davon aus, dass die Ein- bzw. Zwischenschaltung der Klägerin in die Lieferung des Sportwagens über die G GmbH an F nur zum Schein erfolgt ist. Dies gilt sowohl für die Lieferung des Sportwagens von der B-KG an die Klägerin als auch für die Lieferung von der Klägerin an die (vermeintliche) österreichische G GmbH.
Die Klägerin ist in die Abläufe zur Veräußerung des Sportwagens nicht eingebunden gewesen.
Das belegt zunächst der dem Gericht vorliegende Schriftverkehr. Anhand der Faxvermerke auf den oben genannten Schreiben vom 17.03., 18.03., 22.03. und 29.03.2005 (Sendevermerk „B C …“ für die B-KG und Sendevermerk „From: Faxserver“ für die G GmbH) lässt sich feststellen, dass sowohl die G GmbH als auch das BfF ausschließlich mit der B-KG korrespondiert haben.
Dies entspricht auch der Schilderung des damaligen Steuerberaters der Klägerin (s. Schreiben vom 02.11.2009, Bl. 81 der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Bestätigt wird dies ferner durch die unbestrittenen Feststellungen des Finanzamts L, dass die G GmbH den durchgesehenen Buchhaltungsunterlagen zufolge keinerlei Geschäftsbeziehungen zu der Klägerin unterhielt.
Auch in die Übergabe des Fahrzeugs war die Klägerin dem Frachtbrief zufolge nicht eingebunden; als Absender wird dort lediglich die B-KG genannt, ohne jeden Hinweis auf die Klägerin.
Dementsprechend hat auch der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber der Betriebsprüfung geäußert, dass er mit dem Ablauf des Geschehens nichts weiter zu tun gehabt habe, als das Bankkonto und den Firmennamen der GmbH „zur Verfügung zu stellen“ (s. Bl. 22 der Betriebsprüfungsakten). Und der damalige Steuerberater der Klägerin hat im Rechtsbehelfsverfahren geäußert, dass der Verkauf „eigentlich“ durch die B-KG erfolgt sei (s. Bl. 89 der Rechtsbehelfsakten).
Auch der Zeuge J hat die Vorgänge in der oben dargestellten Weise beschrieben. Er hat zudem ausgesagt, dass die Klägerin keinen Einfluss auf die Ausstattung des Fahrzeuges, auf den Kaufpreis oder auf den Liefertermin gehabt hat. Dem Zeugen J zufolge war auch nicht vorgesehen, dass die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt und in irgendeiner Form über das Fahrzeug hätte verfügen können. Auch gab es nach der Erinnerung des Zeugen J zu keinem Zeitpunkt der Geschäftsabwicklung einen direkten Kontakt zwischen der Klägerin und der G GmbH. Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Zum einen decken sich die Schilderungen des Zeugen mit denen des Geschäftsführers der Klägerin. Beide haben offen und bereitwillig und unabhängig voneinander die Vorgänge um die Veräußerung des Sportwagens detailliert und übereinstimmend dargelegt. Zum andern passen die Schilderungen (wie dargelegt) zu den dem Gericht vorliegenden Unterlagen.
Aufgrund dieser Umstände steht nach Auffassung des Gerichts fest, dass die gesamte Anbahnung und Abwicklung des Geschäfts dem Einfluss der Klägerin vollständig entzogen war. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin selbst keine eigenen Verpflichtungen aus dem Geschäft übernehmen wollte bzw. sollte und dass die G GmbH als Leistungsempfängerin dies auch wusste bzw. dass dies dem Willen der G GmbH entsprach. Auch der Umstand, dass sich in den Buchhaltungsunterlagen der G GmbH keinerlei Hinweise auf Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin finden ließen, spricht nach Ansicht des Gerichts dafür, dass sich die G GmbH die B-KG als Geschäftspartnerin ansah.
Als letzter Gesichtspunkt sei hier noch auf die Zahlungsströme verwiesen: Die B-KG hat die Anzahlung des F über 10.000 € nicht an die Klägerin weitergeleitet. Sie hat diesen Betrag allerdings auf den von der Klägerin nach der Rechnung vom 29.03.2005 zu zahlenden Kaufpreis von (brutto) 92.601,55 € angerechnet. Demnach hätte die Klägerin an die B-KG noch den Differenzbetrag von 82.601,55 € zahlen müssen. Der als Anlage 2 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013 beigefügten „Wagenabrechnung“ zufolge wurde diese Differenz durch Hingabe eines Wechsels in entsprechender Höhe beglichen. Das würde aber im Ergebnis bedeuten, dass die Klägerin, ginge man nicht von einem Scheingeschäft aus, einen Neuwagen für 92.601,55 € von der B-KG erworben hat, um ihn für 79.828,91 € an die G GmbH zu veräußern. Die Klägerin hätte also mit diesem Geschäft einen Verlust in Höhe von 12.772,64 € gemacht, der nur durch den Vorsteuererstattungsanspruch in Höhe von 12.767,61 € – bis auf einen geringen Fehlbetrag von 5,03 € – wieder ausgeglichen worden wäre. Das zeigt aber, dass das „eigentliche“ Geschäft auf der Ebene der B-KG und der G GmbH gemacht worden ist.
Der erkennende Senat würdigt diese Umstände dahingehend, dass nicht die Klägerin aus den geschlossenen Verträgen berechtigt und verpflichtet werden sollte, sondern die B-KG und dass die Einschaltung der Klägerin nur zum Schein erfolgte, damit die B-KG – nur – der Papierform nach belegen konnte, dass sie gegen die Auflagen aus dem Händlervertrag nicht verstoßen hatte.
3. Dies wirkt sich in zweierlei Hinsicht auf die streitige Umsatzsteuerfestsetzung aus: Zum einen muss die von dem Beklagten vorgenommene Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze zu 16% in Höhe von 79.828 € rückgängig gemacht werden. Zum anderen müssen im Gegenzug die abziehbaren Vorsteuer- und Kürzungsbeträge um die in der Rechnung der B-KG an die Klägerin ausgewiesene Mehrwertsteuer von 12.767,61 € gemindert werden.
4. Ungeachtet dessen wäre die Klage aber auch dann unbegründet, wenn man annehmen würde, dass die Ein- bzw. Zwischenschaltung der Klägerin in die Lieferung des Sportwagens über die G GmbH an F nicht nur zum Schein erfolgte.
Die Klägerin könnte sich in diesem Fall nicht auf die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG berufen, da sie die nach § 6a Abs. 3 UStG i. V. m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten nicht erfüllt hat. Maßgeblich ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar insoweit nicht die inhaltliche Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige Abnehmerangaben schützt; aber es wird gleichwohl doch die formelle Vollständigkeit der Angaben vorausgesetzt (vgl. BFH-Urteile 25.04.2013 V R 10/11, juris; vom 12.05.2011 V R 46/10, BStBl. II 2011, 957; und vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81 – mit weiteren Nachweisen). Daran fehlt es im Streitfall. Zwar ist ein CMR-
Frachtbrief ein Versendungsbeleg gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 UStDV – und zwar auch dann, wenn er keine Bestätigung über den Warenempfang am Bestimmungsort enthält (so BFH-Urteil vom 12.05.2009 V R 65/06, BStBl. II 2010, 511, entgegen BMF-Schreiben vom 06.01.2009, IV B 9-S 7141/08/10001, 2008/0736501, BStBl. I 2009, 60 Rz 29 und 32); wegen der Einzelheiten wird auf das zitierte BFH-Urteil Bezug genommen. Doch fehlen in dem von der Klägerin vorgelegten CMR-Frachtbrief Angaben zum Auslieferungsort, zum Ort und Tag der Übernahme des Gutes, zum Ort und Datum der Ausfertigung und zum Datum des Empfangs (s. auch BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596: Schädlichkeit fehlender Angaben zu Ort und Tag der Versendung, unter II.2.b.bb der Entscheidungsgründe; BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407: Schädlichkeit der Angabe nur eines Landes als Bestimmungsort).
Dabei sind an die Nachweispflichten gerade dann, wenn – wie im Streitfall – der (angeblichen) innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf mit Beauftragten zugrunde liegt, wegen der damit einhergehenden umsatzsteuerrechtlichen Missbrauchsgefahr besonders hohe Anforderungen zu stellen (so BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407).
Mit der von der Klägerin vorgelegten, auf den 29.03.2005 datierten „Bestätigung einer innergemeinschaftlichen Lieferung“ kann der erforderliche Nachweis ebenfalls nicht geführt werden; denn diese wurde nach den darauf enthaltenen Fax-Aufdrucken vorab ausgestellt und unterschrieben.
Dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gleichwohl objektiv vorgelegen haben, hat die Klägerin ebenfalls nicht nachweisen können.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
6. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür gem. § 115 Abs.2 FGO nicht vorliegen.

Umsatzsteuer: Die Eingangsumsätze eines Unternehmers – hier eines gewerblichen Zwi-schenmieters – sind bei der Ermittlung des zulässigen Vorsteuerabzugs vorrangig darauf zu prüfen, ob sie direkt und unmittelbar den zum Vorsteuerabzug berechtigenden oder den den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätzen zuzuordnen sind. Andernfalls ist eine Aufteilung gem. § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen. Die Anwendung eines Flächenschlüssels ist für die Aufteilung der Vorsteuer aus nicht direkt zuzuordnenden Mietaufwendungen eines Zwischenvermieters vorrangig vor der Anwendung eines Umsatzschlüssels.

Gegen die Recht-mäßigkeit der Regelung des § 15 Abs. 4 S. 3 UStG bestehen auf der Grundlage der Entscheidung des EuGH vom 8. 11. 2012, C-511/10 keine Bedenken, Urteil des 1. Senats vom 24.9.2013, 1 K 194/11, Revision eingelegt, Az. des BFH V R 46/13.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 1 K 194/11
Urteil des Senats vom 24.09.2013
Rechtskraft: Revision eingelegt, Az. des BFH: V R 46/13
Normen: UStG § 15 Abs. 1, UStG § 15 Abs. 2, UStG § 15 Abs. 3, UStG § 15 Abs. 4
Leitsatz: 1. Bei Eingangsumsätzen eines Unternehmers ist vorrangig zu prüfen, ob sie direkt und unmittelbar den zum Vorsteuerabzug berechtigenden oder den den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätzen zuzuordnen sind.
2. Ist eine ausschließliche Zuordnung zu zum Vorsteuerabzug berechtigenden oder zu den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätzen nicht möglich, ist eine Aufteilung gem. § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.
3. Für die Aufteilung der Vorsteuer aus nicht direkt zuzuordnenden Mietaufwendungen eines Zwischenvermieters ist ein Flächenschlüssel vorrangig vor einem Umsatzschlüssel anzuwenden. Gegen § 15 Abs. 4 S. 3 UStG bestehen auf der Grundlage der Entscheidung des EuGH vom 08.11.2012, C-511/10 keine Bedenken.
Überschrift: Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug aus Mietaufwendungen eines gewerblichen Zwischenmieters eines Geschäftsgebäudes
Tatbestand:
Streitig ist, in welchem Umfang Vorsteuerbeträge aus Mietaufwendungen der Klägerin zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin mietete mit Generalmietvertrag vom … 2006 von der A GmbH und Co. … KG, zu deren Kommanditisten die beiden Gesellschafter der Klägerin gehörten, die X-Passage, Y-Straße …, … B. Mietgegenstand waren gemäß § 1 des Mietvertrages sämtliche Mietflächen gemäß Aufstellung vom 01.06.2006 (Anlage 1) mit Ausnahme der Mietfläche C mit einem Umfang von 2417,36 m²; die Nutzfläche betrug 2833,40 m² zuzüglich 65 Stellplätze. Das Mietverhältnis begann am 01.09.2006 und endete am 31.08.2011 mit einer Option der Klägerin, das Mietverhältnis bis zum 31.08.2016 zu verlängern. Die Nettomiete sollte pauschal 33.861,91 € betragen zuzüglich 4117,08 € Betriebskostenvorauszahlungen (1,45 x 2833,40 m²) und 2003,13 € Heizkostenvorauszahlungen (0,71 x 2833,40 m²). Die Miete ohne Umsatzsteuer betrug danach 39.982,12 €. Hinzu kam Umsatzsteuer in gesetzlicher Höhe, soweit beide Parteien umsatzsteuerpflichtig sind, auf 28.305,73 € und damit beim damaligen Umsatzsteuersatz von 16 % 4528,92 €. Die Gesamtmiete betrug danach 44.511,04 €. Zu dem steuerpflichtigen Anteil von 28.305,73 € wurde auf die Aufstellung Anlage 1 zum Mietvertrag verwiesen (aus der sich jedoch lediglich ein steuerpflichtiger Betrag von 25.720,67 € errechnete). Nach Erhöhung des Steuersatzes auf 19 % errechnete sich bei gleichen Berechnungsgrundlagen ein Umsatzsteuerbetrag von 5378,09 € und damit eine Gesamtmiete von 45.360,21 €. Die Anlage 1 zum Mietvertrag enthielt eine Aufstellung aller Mietverhältnisse zum 01.08.2006 mit Angaben zur jeweils vermieteten Fläche, zur Kaltmiete, zu Nebenkostenvorauszahlungen, sonstigen Zahlungen, zur Anmietung von Tiefgaragenstellplätzen, zur Umsatzsteuerpflicht, zur Nettomiete und zur Bruttomiete. 265,93 m² Leerflächen waren ohne weitere Angaben mit aufgeführt. Unter Ausklammerung der Mietfläche C errechnete sich für alle bestehenden
Mietverhältnisse eine Nettomiete von 37.357,95 €. Davon entfielen auf nicht umsatzsteuerpflichtig vermietete Einheiten 11.637,28 €. Hierzu wird auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 26.03.2013 eingereichte überarbeitete Aufstellung Bezug genommen. Im Übrigen wird für weitere Einzelheiten des Mietvertrages auf den Mietvertrag Bezug genommen. Die bei Abschluss des Mietvertrages nicht an Endmieter vermieteten Teile sollten nach einem Anschreiben vom 18.08.2006 der Klägerin an die Vermieterin vor Abschluss des Mietvertrages mit einer Kaltmiete von 2684,17 € berücksichtigt sein.
Am … 2006 wurde in Verbindung mit dem Abschluss des Mietvertrages zwischen den Mietvertragsparteien eine zusätzliche Vereinbarung geschlossen. Danach bestand Einigkeit darüber, dass die Mieterin des Generalmietvertrages aufgrund des Mietvertrages nur verpflichtet war, während der fünfjährigen Laufzeit des Generalmietvertrages die Mieten für die Flächen zu zahlen, die per 01.09.2006 vermietet waren gemäß Anlage 1 zum Mietvertrag. Für die per 01.09.2006 leer stehenden Flächen bestand danach eine Mietzahlungspflicht nur insoweit, als diese Flächen zukünftig vermietet werden konnten.
Im Rahmen des Verkaufs des Anteils eines anderen Kommanditisten an der Vermieterin mit notariellem Vertrag vom … 2007 zum Stichtag 28.12.2007 wurde die Zusatzvereinbarung vom … 2006 mit Wirkung zum Stichtag aufgehoben. Die Klägerin erhielt hierfür vereinbarungsgemäß im Jahr 2008 von der Vermieterin gegen Rechnung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 115.000 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 21.850 €.
Die Klägerin hatte ausweislich des Jahresabschlusses für 2007 im Jahr 2007 Mietaufwendungen in Höhe von 448.295,43 €, d. h. monatlich in Höhe von 37.357,95 € und damit in Höhe der per 01.09.2006 aus den übernommenen Mietverhältnissen zu erzielenden Nettomieteinnahmen. Im Jahr 2008 hatte die Klägerin ausweislich des Jahresabschlusses für 2008 Mietaufwendungen in Höhe von 479.710,47 €, d. h. monatlich in Höhe von 39.975,87 €. Im Bericht vom 30.01.2010 über die bei der Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Kalenderjahre 2007-2008 und die Voranmeldungen I/09-IV/09 wurden dagegen für 2008 monatliche Mietaufwendungen in Höhe von 39.982,12 € und damit in Höhe des im Mietvertrag vereinbarten Mietzinses ohne Umsatzsteuer zugrunde gelegt.
Die Klägerin berücksichtigte in den Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008 keine Vorsteuerabzüge aus ihren Mietaufwendungen, soweit sie nach ihrer Auffassung auf die gemäß Anlage 1 zum Mietvertrag per 01.08.2006 umsatzsteuerfrei vermieteten Flächen entfielen; im Übrigen legte sie einen Vorsteuerabzug zu Grunde. Dies entsprach im Ergebnis einem Vorsteuerabzug aus den Mietaufwendungen in Höhe von 68,85 % für 2007 und 70,88 % für 2008. Für die Zuordnung der einzelnen Mietflächen zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Vermietungen erhebliche Veränderungen ergaben sich erstmalig zum 01.01.2009. Nach der bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung berücksichtigte der Beklagte lediglich einen Vorsteuerabzug aus 61,04 % der Mietaufwendungen nach dem Verhältnis der steuerpflichtig vermieteten Flächen zur insgesamt von der Klägerin gemieteten Fläche, wobei leer stehende Flächen entsprechend ihrer vorherigen Nutzungsart den steuerpflichtig bzw. steuerfrei vermieteten Flächen zugeordnet wurden. Dies führte zu einem geringeren Vorsteuerabzug für 2007 in Höhe von 6651,62 € und für 2008 in Höhe von 8968,45 €. Der Beklagte erließ gemäß § 164 Abs. 2 AO entsprechende Bescheide zur
Umsatzsteuer für 2007 und 2008 vom 20.07.2010, die auch jeweils hier nicht streitige Änderungen des Vorsteuerabzugs berücksichtigten.
Den von der Klägerin am 19.08.2010 eingelegten Einspruch gegen die Bescheide vom 20.07.2010 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21.07.2011 als unbegründet zurück.
Mit der am 19.08.2011 erhobenen Klage begehrt die Klägerin den erklärungsgemäßen Vorsteuerabzug aus ihren Mietaufwendungen. Sie ist der Auffassung, der zwischen ihr und der Vermieterin abgeschlossene Mietvertrag sei als zusammenfassender Vertrag über mehrere Einzelleistungen zu verstehen wie in der Anlage 1 zum Mietvertrag aufgeführt. Der einzelne Leistungsbezug der Klägerin (Anmietung) könne jeder einzelnen Ausgangsleistung (Vermietung) leicht und eindeutig zugeordnet werden. Anhand der Anlage 1 und einer Fortschreibung des Mieterverzeichnisses sei stets die Möglichkeit der direkten und unmittelbaren Zuordnung der von der Klägerin gezahlten Miete zu ihren Ausgangsumsätzen möglich. Zur Zuordnung der ab 2008 erhöhten Mietaufwendungen zu den einzelnen Mietflächen nimmt die Klägerin auf eine Übersicht über die Garantiemiete Januar 2009 Bezug, die in einer Zeile mit der Bezeichnung des Mieters „LEERSTAND Garantie“ eine Garantiemiete/netto von 2617,93 € ausweist; insgesamt ist darin eine Garantiemiete/netto von 39.975,88 € aufgelistet. Die Klägerin betont, sie habe den vereinbarten Mietzins nur bei einer Vollvermietung zahlen sollen. Im Hinblick auf die Möglichkeit der eindeutigen Zuordnung der Mietaufwendungen der Klägerin zu den von ihr erzielten Vermietungsumsätzen bedürfe es keiner Aufteilung gemäß § 15 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz (UStG). Für den Fall, dass der Vorsteuerabzug nicht antragsgemäß berücksichtigt wird, begehrt die Klägerin, die Umsatzsteuer in Höhe von 21.850 € aus der Rechnung über 115.000 € im Jahr 2008 nur teilweise anzusetzen entsprechend dem Verhältnis, in dem der Vorsteuerabzug aus den Mietaufwendungen der Klägerin zu Grunde gelegt wird.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide vom 20.07.2010 über Umsatzsteuer für 2007 und 2008, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2011, dahingehend zu ändern, dass für 2007 6651,62 € und für 2008 8968,45 € mehr Vorsteuern berücksichtigt werden,
sowie hilfsweise,
den Bescheid vom 20.07.2010 über Umsatzsteuer für 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.07.2011 dahingehend zu ändern, dass die auf den Umsatz in Höhe von 115.000 € gezahlte Umsatzsteuer in Höhe von 21.850 € nur in Höhe von 61,04 % anzusetzen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, er habe zu Recht die Vorsteuer nach dem Verhältnis der vorsteuerschädlich und vorsteuerunschädlich genutzten Flächen aufgeteilt. Dabei hat er zunächst die Möglichkeit einer unmittelbaren wirtschaftlichen Zuordnung der Vorsteuer aus dem Generalmietvertrag zu den einzelnen
Ausgangsumsätzen der Klägerin verneint und eine Aufteilung gemäß § 15 Abs. 4 UStG für erforderlich gehalten, die vorrangig nach dem Flächenschlüssel erfolgen müsse. Nunmehr ist der Beklagte der Auffassung, die Mietaufwendungen der Klägerin seien unter Kostenzuordnungsgesichtspunkten den Ausgangsumsätzen der Klägerin zuzuordnen und hierfür sei der Flächenschlüssel das geeignetere Instrument; die Aufteilung nach einem Flächenschlüssel sei insoweit eine „direkte“ Zuordnung. Die von der Generalvermieterin für die einzelnen Mieteinheiten erzielten Mieten seien für die Zuordnung der Vorsteuer unerheblich, weil es auf die von der Klägerin erzielten Umsätze ankomme. Auch die Behandlung der Leerflächen stehe einer Zuordnung der Vorsteuer über Einzelmieten zu den Ausgangsumsätzen entgegen. Es könne kein Eingangsumsatz der Klägerin einzelnen Ausgangsumsätzen zugeordnet werden. Der Beklagte ist der Auffassung, es sei für alle Streitjahre eine einheitliche Zuordnung bzw. eine einheitliche Aufteilung vorzunehmen.
Dem Gericht haben die Bilanz- und Bilanzberichtsakten I, die Akte Allgemeines I, Gewinnfeststellungsakten und Gewerbesteuerakten I, Umsatzsteuerakten I, Bp-Arbeitsakten I, II sowie Rechtsbehelfsakten I zur die Klägerin betreffenden Steuernummer …/…/… vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin ist insoweit in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO)), als der Beklagte den Vorsteuerabzug aus den Mietaufwendungen der Klägerin im Umsatzsteuerbescheid für 2007 vom 20.07.2010 in verringertem Umfang berücksichtigt hat. Durch den Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 20.07.2010 ist die Klägerin dagegen nicht in ihren Rechten verletzt; der Beklagte hat zu Recht den Vorsteuerabzug nur in verringertem Umfang berücksichtigt; die Umsatzsteuer aus der Rechnung über 115.000 € zuzüglich Umsatzsteuer ist nicht teilweise außer Ansatz zu lassen.
I.
1. Gemäß § 15 UStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 der 6. EG-Richtlinie und sind entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen (st. Rspr. vgl. z. B. BFH Urteil vom 03.07.2008, V R 51/06, BFHE 222, 128, BStBl II 2009, 213). Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. z. B. Urteil vom 08.06.2000, C-98/98, Midland Bank, UVR 2000, 348) ist Art. 17 der 6. EG-Richtlinie so auszulegen, dass grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, bestehen muss, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Umfang dieses Rechts bestimmt werden kann. Das Recht auf Vorsteuerabzug ergibt sich grundsätzlich daraus, dass die Aufwendungen für den Bezug der Eingangsumsätze Teil der Kosten der
Ausgangsumsätze sind (BFH Urteil vom 03.07.2008 V R 51/06, BFHE 222, 128, BStBl II 2009, 213; FG Nürnberg, Urteil vom 31.07.2012, 2 K 539/2009, juris).
Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln (§ 15 Abs. 4 UStG). Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist eine Ermittlung des nichtabziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur dann zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
Vorrangig ist danach zu entscheiden, für welche Ausgangsumsätze ein Eingangsumsatz verwendet wird. Die den Abzugsgrundsätzen des § 15 Abs. 1 und insbesondere Abs. 2 und 3 UStG entnommene wirtschaftliche Zurechnung ist dabei eine gegenständliche Einzelzuordnung, d.h. bei jedem im Unternehmen gelieferten Gegenstand und bei jeder von ihm in Anspruch genommenen sonstigen Leistung ist grundsätzlich zu prüfen, ob sie uneingeschränkt zur Ausführung von den Vorsteuerabzug ausschließenden oder nicht ausschließenden Umsätzen verwendet worden sind (Wagner in Sölch/Ringleb, UStG-Kommentar, § 15 Rz. 664; UStAE Abschnitt 15.17. Abs.1,2). Für die Zuordnung und Aufteilung der Vorsteuerbeträge können drei Gruppen unterschieden werden, nämlich
– die ausschließlich den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zuzurechnenden Vorbezüge mit der Folge, dass die entsprechenden Vorsteuern abziehbar sind (§ 15 Abs. 1, 3 UStG),
– die ausschließlich den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zuzurechnenden Vorbezüge; hier sind die entsprechenden Vorsteuern nicht abziehbar (§ 15 Abs. 2 UStG) und
– die nicht ausschließlich entweder den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen oder den nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zuzurechnenden Vorbezüge, sog. gemischte Verwendung der Vorbezüge (§ 15 Abs. 4 UStG; vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, UStG-Kommentar, § 15 Rz. 668), die eine Aufteilung gemäß § 15 Abs. 4 UStG erforderlich macht (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 31.07.2012, 2 K 539/2009, juris).
Wird ein Gebäude sowohl zu umsatzsteuerpflichtigen wie zu umsatzsteuerfreien Umsätzen genutzt, ist bei der Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG vorrangig vor der Anwendung eines Umsatzschlüssels gemäß § 15 Abs. 4 S. 3 UStG die Anwendung einer anderen wirtschaftlichen Zurechnung und damit insbesondere eines Flächenschlüssels mit einer Aufteilung auf der Basis der steuerfrei bzw. steuerpflichtig vermieteten Flächen. Auf das Vorabentscheidungsersuchen des BFH vom 22.07.2010 im Verfahren V R 19/99, BFHE 231, 280, BStBl II 2010, 1090 hat der EuGH mit Urteil vom 08.11.2012 im Verfahren C-511/10, juris, DStR 2012, 2333 entschieden, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabschnitt 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 es den Mitgliedstaaten erlaubt, zum Zweck der Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Abzug der Vorsteuern aus einem
bestimmten Umsatz wie der Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes vorrangig einen anderen Aufteilungsschlüssel als den in Art. 19 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Umsatzschlüssel vorzuschreiben, vorausgesetzt, die herangezogene Methode gewährleistet eine präzisere Bestimmung dieses Pro-rata-Satzes. Die Entscheidung, ob eine andere Aufteilungsmethode oder ein anderer Aufteilungsschlüssel als die Umsatzmethode, insbesondere die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Flächenmethode, diese Anforderungen erfüllt, hat der EuGH dem vorlegenden Gericht überlassen. Eine Entscheidung hierzu ist im Ausgangsverfahren noch nicht ergangen. Nach Auffassung des Senates entspricht die Flächenmethode den vom EuGH formulierten Anforderungen (näher dazu unter III.2.).
2. Gemäß § 4 Nr. 12 a UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken umsatzsteuerfrei. Allerdings kann der Unternehmer gemäß § 9 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten (Option), wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird (§ 9 Abs. 1 UStG). Gemäß § 9 Abs. 2 UStG ist der Verzicht auf Steuerbefreiung nach Abs. 1 bei der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Dabei hat der Vermieter die Möglichkeit einer so genannten Teiloption, bei der sich der Verzicht auf die Steuerfreiheit auf einen nach räumlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren Teil beschränkt, wenn für diesen Teil die gesetzlichen Voraussetzungen der Option erfüllt sind (vgl. BFH Beschluss vom 25.01.2013, V B 95/12, juris; Urteil vom 26.06.1996, XI R 43/00, BFHE 181, 191, BStBl II 1997, 98). Soweit der Vermieter wirksam auf die Steuerbefreiung verzichtet, handelt es sich bei den von ihm vereinnahmten Mieten um umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze.
II.
Im Streitfall führt die Anwendung dieser Grundsätze für das Jahr 2007 zu einer direkten und unmittelbaren Zuordnung der Mietaufwendungen der Klägerin zu den von ihr erzielten Umsätzen aus der Vermietung der einzelnen Flächen. Die Mietaufwendungen der Klägerin entfallen daher in Höhe von monatlich 11.637,28 € auf steuerfreie Vermietungserlöse und in Höhe von monatlich 25.720,67 € auf steuerpflichtige Vermietungserlöse. Dementsprechend ist die Vorsteuer in dem von der Klägerin erklärten Umfang abzuziehen. Der jährliche Vorsteuerabzug aus den Mietaufwendungen ist daher in Höhe von 58.643,13 € und nicht lediglich in Höhe von 51.991,51 € zu berücksichtigen, so dass ein um 6651,62 € höherer Vorsteuerbetrag anzusetzen ist.
Die direkte und unmittelbare Zuordnung der Mietaufwendungen der Klägerin folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht daraus, dass die Klägerin mit dem Generalmietvertrag einen zusammenfassenden Vertrag über mehrere Einzelleistungen gemäß der Aufstellung in Anlage 1 zum Mietvertrag abgeschlossen hätte. Vielmehr hat die Klägerin mit dem Generalmietvertrag von ihrer Vermieterin die X-Passage insgesamt angemietet, um sie ihrerseits an die Endnutzer der Läden, Büros und Praxen weiterzuvermieten. Die Generalvermieterin sollte durch den Abschluss dieses Mietvertrages mit der Weitervermietung an die Endmieter der einzelnen Einheiten des Gesamtobjektes nichts mehr zu tun haben. Die Anlage 1 zum Mietvertrag beschreibt dabei lediglich den Mietgegenstand durch die Aufzählung der einzelnen zum Objekt gehörigen Mietflächen. Sie stellt keine Auflistung einzelner
Mietverhältnisse dar, die durch den Generalmietvertrag lediglich zusammengefasst werden sollten. Neben der den Mietgegenstand beschreibenden Funktion dient die Anlage 1 zum Mietvertrag auch der Ermittlung des umsatzsteuerpflichtigen Anteils der vereinbarten pauschalen Miete. Weder dem Mietvertrag selbst noch der Anlage 1 lässt sich dagegen entnehmen, dass einzelne Mietverträge über die in der Anlage 1 aufgeführten Flächen abgeschlossen werden sollten. Eine solche Zusammenfassung von Einzelverträgen ist bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil die in der Anlage 1 aufgeführten Mieten lediglich eine Gesamtnettomiete von 37.357,95 € ergeben, während der Generalmietvertrag eine Miete ohne Umsatzsteuer von 39.982,12 € ausweist. Für die bei Abschluss des Mietvertrages leer stehenden Flächen, die in der insgesamt vermieteten Fläche enthalten sind, ist in der Anlage 1 kein Mietzins angegeben, obwohl die vorgesehene Gesamtmiete auch für diese Flächen mit geschuldet wird.
Für das Jahr 2007 waren die Mietaufwendungen der Klägerin jedoch aufgrund der Zusatzvereinbarung vom … 2006 beschränkt auf die Zahlung der Mieten für die gemäß Anlage 1 zum Mietvertrag per 01.09.2006 vermieteten Flächen, während die Klägerin für zu diesem Zeitpunkt leer stehende Flächen lediglich im Falle einer zukünftigen Vermietung ihrerseits Miete zu zahlen hatte. Aufgrund dieser Vereinbarung hat die Klägerin für das Jahr 2007 lediglich Mietaufwendungen in Höhe von monatlich netto 37.357,95 € statt der im Mietvertrag vereinbarten 39.982,12 € gehabt. Dieser Betrag entspricht exakt der Summe der in der Anlage 1 zum Mietvertrag den per 01.08.2006 vermieteten Flächen zugeordneten Mieten. Dies lässt sich deutlicher als anhand dieser Anlage der von der Klägerin mit Schriftsatz vom 26.03.2013 eingereichten Übersicht entnehmen, in der die einzelnen Mietverhältnisse unter Kennzeichnung der umsatzsteuerpflichtigen bzw. umsatzsteuerfreien Vermietungen aufgeführt sind und ausgewiesen ist, in welcher Höhe insgesamt Nettomieten aus umsatzsteuerpflichtigen bzw. umsatzfreien Mietverhältnissen erzielt wurden; im Unterschied zur Anlage 1 zum Mietvertrag ist dabei das nicht zum Mietgegenstand gehörende Mietverhältnis C nicht mit aufgeführt; im Übrigen bestehen keine inhaltlichen Unterschiede, sondern ist lediglich der Inhalt der Anlage 1 übersichtlicher unter Ausweis von Zwischensummen dargestellt. Aufgrund der Übereinstimmung des Eingangsumsatzes „Mietaufwendungen“ mit den gemäß Anlage 1 zum Mietvertrag für die per 01.08.2006 vermieteten Einzelflächen ausgewiesenen Mieten lässt sich der Mietaufwand der Klägerin den Einzelflächen gegenständlich zuordnen. Eine Aufteilung nach dem Verhältnis der umsatzsteuerfreien und umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätze der Klägerin bedarf es daher nicht. Vielmehr ist ein Vorsteuerabzug lediglich insoweit ausgeschlossen, als der Mietaufwand der Klägerin auf die bei Abschluss des Mietvertrages steuerfrei vermieteten Flächen entfiel und damit in Höhe von 11.637,28 €.
III.
Für 2008 ist eine solche direkte und unmittelbare Zuordnung der Mietaufwendungen der Klägerin zu den zum Mietobjekt gehörenden Einzelflächen jedoch nicht möglich. Vielmehr sind die Mietaufwendungen sowohl umsatzsteuerfreien wie umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen zuzuordnen und daher gemäß § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. Die Aufteilung unter Anwendung eines Flächenschlüssels durch den Beklagten in dem angefochtenen Bescheid auf der Grundlage des Berichtes über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung ist dabei nicht zu beanstanden. Der von der
Klägerin hilfsweise begehrte nur teilweise Ansatz der Umsatzsteuer aus der Rechnung über 115.000 € nebst 21.850 € Umsatzsteuer ist nicht möglich.
1. In 2008 hat die Klägerin jeweils Mietaufwendungen in Höhe von 39.975,87 € monatlich gehabt und damit bis auf eine geringe Differenz in Höhe der im Mietvertrag vereinbarten Miete von 39.982,12 €. Die Begrenzung auf die Garantiemiete für die per 01.09.2006 vermieteten Flächen gem. der Vereinbarung vom … 2006 ist im Zuge der notariellen Vereinbarung vom … 2007 zum 28.12.2007 entfallen; hierfür hat die Klägerin die Ausgleichszahlung in Höhe von netto 115.000 € erhalten. Die von der Klägerin zu zahlende Miete lässt sich dadurch nicht mehr den Einzelflächen des gemieteten Gesamtobjektes zuordnen. Der im Jahr 2008 um 2617,92 € gegenüber 2007 erhöhte Mietaufwand der Klägerin kann keinen bestimmten Einzelflächen zugeordnet werden. Insbesondere ist keine Zuordnung zu den bei Abschluss des Mietvertrages nicht vermieteten Einzelflächen möglich. Für eine solche Zuordnung finden sich im Mietvertrag keinerlei Anhaltspunkte. Auch das vor Abschluss des Mietvertrages verfasste Schreiben der Klägerin vom 18.08.2006 an die spätere Vermieterin gibt hierzu keinen Aufschluss. Zum einen stimmt der darin genannte Betrag von 2684,17 € Kaltmiete für den nicht vermieteten Teil nicht mit dem erhöhten Mietaufwand für 2008 überein. Zum anderen ist nicht nachvollziehbar, wie sich dieser Betrag errechnen soll. Er entspricht bei einer Leerfläche von 265,93 m² gemäß Anlage 1 zum Mietvertrag einem Mietzins je Quadratmeter von 10,09 €. Demgegenüber errechnet sich bei den vermieteten Flächen (ohne Stellplätze) von 2567,47 m² (2833,4 m² abzüglich Leerfläche 265,93 m²) bei einer hierfür zu entrichtenden Kaltmiete von 29.583,69 Euro ein Mietzins von 11,52 € je Quadratmeter und bei einer Gesamtnettomiete von 36.693,79 € ein Mietzins von 14,29 € je Quadratmeter. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die gegenüber 2007 erhöhte Gesamtmiete auf die einzelnen Mietflächen zu verteilen sein könnte. Die von der Klägerin pauschal geschuldete Miete für die von ihr gemietete Gesamtfläche kann daher nicht einzelnen Vermietungsflächen zugeordnet werden.
2. Die Ausgangsumsätze der Klägerin unter Verwendung des angemieteten Objektes beinhalten sowohl steuerfreie wie steuerpflichtige Umsätze. Es bedarf daher einer Aufteilung der Ausgangsumsätze der Klägerin nach Maßgabe des § 15 Abs. 4 UStG, um zu ermitteln, welcher Teil der Vorsteuerbeträge den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist und daher zur Nichtabziehbarkeit der Vorsteuerbeträge führt. Erforderlich ist eine Bestimmung des Verhältnisses zwischen steuerfreien und steuerpflichtigen Vermietungen der Klägerin unter sachgerechter Zuordnung der nicht vermieteten Teile des Objektes.
a) Unabhängig von der letztlich anzuwendenden Aufteilungsmethode sind nicht vermietete Flächen im Einklang mit den Feststellungen der durchgeführten Betriebsprüfung nach Maßgabe der vorherigen Verwendung den steuerfreien bzw. steuerpflichtigen Vermietungen zuzuordnen. Etwas anderes könnte lediglich dann gelten, wenn eine konkrete andere Verwendung für eine bestimmte Fläche beabsichtigt wäre. Einwendungen gegen die im Zuge der Betriebsprüfung vorgenommene Zuordnung der Leerflächen hat die Klägerin auch nicht erhoben.
b) Bei Anwendung eines Umsatzschlüssels wäre der Teil der Vorsteuerbeträge aus den Mietaufwendungen der Klägerin nicht abziehbar, der dem Anteil der Mieterlöse aus umsatzsteuerfreien Vermietungen an den Mieterlösen insgesamt entspricht. Abziehbar wäre dagegen der Teil der Vorsteuerbeträge, der dem Anteil der Mieterlöse aus steuerpflichtigen Vermietungen an den Mieterlösen insgesamt
entspricht. Mit welchen (fiktiven) Mieterlösen hierbei Leerflächen einzubeziehen wären, ist unklar. Zudem würden nicht nur Änderungen der Zuordnung von Mietflächen zur Gruppe der steuerpflichtigen oder der steuerfreien Vermietungen zu einer Änderung des maßgeblichen Anteiles führen, sondern auch jede Veränderung der Miethöhe oder der Nebenkosten.
c) Demgegenüber ist bei der Anwendung der Flächenmethode, wie hier vom Beklagten der Steuerfestsetzung zu Grunde gelegt, eine einfachere und präzisere Bestimmung des Anteils der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge möglich. Es bedarf hier lediglich einer eindeutigen Zuordnung der Mietflächen zu den steuerpflichtigen bzw. steuerfreien Vermietungen unter Einbeziehung auch der Leerflächen. Insoweit sind auch bei Änderungen der Verhältnisse Anpassungen vorzunehmen. Bloße Veränderungen der maßgeblichen Erlöse zum Beispiel durch Mieterhöhungen, Mietminderungen, Anpassungen der Nebenkostenvorauszahlungen oder Nebenkostenabrechnungen wirken sich dagegen nicht auf die vorzunehmende Aufteilung aus. Die Flächenmethode erweist sich damit als weniger fehlerträchtig und einfacher handhabbar als die Umsatzmethode. Hinzu kommt, dass bei der Anwendung des Umsatzschlüssels leer stehende Flächen ohne Auswirkung auf die Aufteilung bleiben, obwohl eine vereinbarte Gesamtmiete auch für solche Teilflächen geschuldet wird; bei Anwendung der Flächenmethode wird jedoch sachgerecht auch für diese Teilflächen ein Teil der Miete berücksichtigt. Die Flächenmethode erfüllt damit nach Auffassung des Senats die vom EuGH formulierten Anforderungen an eine vom nationalen Gesetzgeber vorgeschriebene andere Aufteilungsmethode als die Umsatzmethode.
Die Berechnungen zum anzuwendenden Flächenschlüssel im Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung, die dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 2008 zu Grunde liegen, sind in sich nachvollziehbar und stimmig; insoweit hat auch die Klägerin keinerlei Einwendungen erhoben. Anstelle von Mietaufwendungen in Höhe von 39.982,12 € sind zwar lediglich 39.975,87 € anteilig zuzuordnen. Dies würde jedoch unter Anwendung des zum Vorsteuerabzug berechtigenden Anteils von 61,04 % zu einem geringeren Vorsteuerabzug als im angefochtenen Bescheid berücksichtigt führen; eine solche Änderung zulasten der Klägerin ist im Klageverfahren jedoch nicht vorzunehmen, so dass es bei dem vom Beklagten berücksichtigten Vorsteuerabzug verbleibt.
3. Der von der Klägerin hilfsweise begehrte nur teilweise Ansatz der Umsatzsteuer in Höhe von 21.850 € aus der Rechnung über 115.000 € ist nicht möglich. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Betrag von 115.000 € für eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung wie etwa den Verzicht der Klägerin auf die Mietzinsbeschränkung gemäß der Vereinbarung vom … 2006 zu zahlen war. Denn die Klägerin hat den Betrag von 115.000 € nebst Umsatzsteuer in Rechnung gestellt und schuldet daher die ausgewiesene Umsatzsteuer jedenfalls gem. § 14c UStG.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO. Die Verteilung der Kosten entspricht dem Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 FGO zugelassen im Hinblick auf die noch ausstehende Entscheidung des BFH zur Zulässigkeit der vorrangigen Anwendung der Flächenmethode.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird gemäß § 139 Abs. 3 S. 3 FGO für notwendig erklärt.

Umsatzsteuer: Die Uneinbringlichkeit einer Forderung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist auch dann gegeben, wenn Entgeltforderungen in Darlehensforderungen umgewandelt werden, das Darlehen aber nicht zeitnah in angemessener Form zurückgeführt wird, Beschluss des 2. Senats vom 2.9.2013, 2 V 119/13, rechtskräftig.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 2 V 119/13
Beschluss des Senats vom 02.09.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz: Die Uneinbringlichkeit einer Forderung i. S. des UStG ist auch gegeben, wenn Entgeltforderungen in Darlehensforderungen umgewandelt werden, das Darlehen aber nicht zeitnah in angemessener Form zurückgeführt wird.
Überschrift: Umsatzsteuer: Vorsteuerkorrektur bei Uneinbringlichkeit
Gründe:
I.
Die Antragstellerin ist eine mit Vertrag vom … 2011 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts. An ihr beteiligt waren mit einem Anteil von 70 % (Einlage von 700,00 €) … S (S) und von 30 % (Einlage von 300,00 €) … M (M). Gegenstand der Gesellschaft ist „der gemeinsame Betrieb eines freiberuflichen Unternehmens mit den Schwerpunkten Beratung von Einzelpersonen und Firmen jeder Rechtsform in Fragen zu Marketing, Akquise, Vertrieb, betriebswirtschaftlichen Sachverhalten (u. a. Supply Chain Managment etc.)“. Ebenfalls am … 2011 schloss die Antragstellerin mit M einen „Vertrag über freie Mitarbeit“, wonach dieser ab 01.03.2011 folgenden Auftrag erhielt:
* Überlassung von beruflichen (Firmenwerte) und privaten Kontakten
* Vermittlung von Kunden
* Akquise von Kunden
* Akquisetraining geben
* Verkaufstraining
* Coaching
Zwischen dem 15.03.2011 und 30.07.2012 erteilte M der Antragstellerin Rechnungen mit Vorsteuerausweis über Beratungsleistungen, den Verkauf von Kundenkontakten und einer Büroeinrichtung, Kosten der Mitnutzung von Büroräumen in K sowie verschiedene Auslagen. Die 15 Rechnungen aus 2011 beliefen sich insgesamt über 374.955,10 € zzgl. 71.241,47 € Umsatzsteuer (USt), brutto 446.196,57 €; hiervon wurden 45.742,02 € zzgl. 8.690,98 € USt beglichen. Im Streitjahr 2012 stellte M 10 Rechnungen über insgesamt 95.000 € zzgl. 18.145,00 € USt, brutto 113.645,00 €, auf die keine Zahlungen erfolgten. Im gleichen Zeitraum erzielte die Antragstellerin Ausgangsumsätze in Höhe von 31.062 € (2011) und von 32.716 € (2012).
Ausweislich eines schriftlichen Schuldanerkenntnisses vom 07.09.2012 (Anlage A 5) über 492.000 € verpflichtete sich die Antragstellerin gegenüber M zu einer Ratenzahlung auf die offenen Forderungen ab 01.10.2012 in Höhe von 50 % der gesamten monatlichen Zahlungseingänge ihrer Kunden. Zugleich trat sie die Kundenforderungen sicherungshalber an M ab. Vom 07.12.2012 datiert ein Darlehensvertrag zwischen der Antragstellerin und M. Danach gehen die Vertragsparteien von einer restlichen Vergütungsforderung per 30.11.2012 über
488.300 € aus, die M nunmehr als Darlehen überlässt, das mit 2,5 % p. a. zu verzinsen ist. Das Darlehen war in monatlichen Raten von 1.700 € ab dem 20.12.2012 zurückzuzahlen; ab dem 01.04.2014 sollten sich die monatlichen Raten auf 3.400 € und ab 01.04.2016 auf 6.000 € erhöhen.
Am 07.11.2011 hatte eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Antragstellerin begonnen, die mit Prüfungsbericht vom 22.02.2013 abgeschlossen wurde. Der Antragsgegner erließ am 06.03.2013 geänderte Bescheide für 2011 und 2012 über Umsatzsteuer, die den Erkenntnissen der Sonderprüfung dahin Rechnung trugen, dass die geltend gemachte Vorsteuer aus den Rechnungen von M (gemäß Umsatzsteuererklärungen vom 22.01.2013 für 2011 in Höhe von 71.241,17 € und für 2012 in Höhe von 18.145 €) zurückgefordert wurde, soweit auf die Rechnungen keine Zahlungen erfolgt waren. Der Antragsgegner stützte die Korrektur auf § 17 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), weil die Honorarforderungen spätestens seit Abschluss des Darlehensvertrages uneinbringlich geworden seien und forderte für das Streitjahr 2012 Vorsteuern in Höhe von 80.695,49 € (71.241,47 € + 18.145 € abzüglich anerkannter Vorsteuern von 8.690,98 €) zurück.
Unter dem 03.04.2013 legte die Antragstellerin hiergegen Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die Leistungen seien tatsächlich von M erbracht worden. Die Forderungen seien auch nicht uneinbringlich; ab September 2012 seien nachweislich Zahlungen erfolgt. Im Januar und Februar 2013 seien Darlehensraten bar geleistet worden, danach per Überweisung. Am 16.04.2013 lehnte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung ab. Am 27.04.2012 hat die Antragstellerin bei Gericht vorläufigen Rechtsschutz beantragt.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Rechnungsberichtigung nicht vorliegen. Die in Rechnung gestellten Leistungen seien tatsächlich und unter fremdüblichen Bedingungen erbracht worden, hierüber seien umfängliche Stundennachweise erstellt worden. Auch der Handel mit Kundendaten sei durchaus üblich und werde typischerweise zu Pauschalpreisen abgewickelt. Wegen des schwierigen Marktumfeldes sei es ihr, der Antragstellerin, nur teilweise gelungen, in den Anlaufmonaten die Verbindlichkeiten gegenüber M zu erfüllen. Deshalb sei zunächst das Schuldanerkenntnis abgegeben und sodann der Darlehnsvertrag geschlossen worden. Hierauf seien auch tatsächlich Raten gezahlt worden, und zwar bar am 17.09.2012 800 €, am 31.10. und 02.11.2012 jeweils 1000 €, am 17.12.2012 900 € sowie am 25.12.2012 und 05.02.2013 jeweils 1.700 €. Ab Februar 2013 habe M veranlasst, dass ihm das Geld von dem Konto bei der Bank-1 überwiesen werde. Unerheblich sei, dass dieses das Konto von S sei, denn sie, die Antragstellerin, wickle ihre Zahlungseingänge auch über dieses Konto ab. Die vermeintliche Uneinbringlichkeit sei durch die Zahlung der Darlehensraten widerlegt.
Zur Glaubhaftmachung hat die Antragstellerin eidesstattliche Versicherungen betreffend die Durchführung und den Empfang von Beratungsleistungen sowie die Vorlage des Darlehensvertrages während der Sonderprüfung vorgelegt (Anlagen A 15 bis 19), auf die Bezug genommen wird.
Die Antragstellerin beantragt,
den Bescheid für 2012 über Umsatzsteuer vom 06.03.2013 von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner bezweifelt bereits, dass die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind. Vor allem sei aber eine Berichtigung der Vorsteuer wegen Uneinbringlichkeit der Honorarforderungen geboten. Der vom 07.12.2012 datierende Darlehnsvertrag sei während der Sonderprüfung nicht vorgelegt worden. Im Übrigen könne dieser rechtlich auch nicht die Uneinbringlichkeit beseitigen. Denn eine Forderung sei nach der Rechtsprechung bereits dann uneinbringlich, wenn sie bei objektiver Betrachtung auf absehbare Zeit nicht durchzusetzen sei. Nach den Zahlungsmodalitäten des Darlehensvertrages seien die Forderungen erst im Jahr 2023 ausgeglichen und damit gerade nicht in absehbarer Zeit. Die Umwandlung in eine Darlehensforderung ändere mithin nichts an der Uneinbringlichkeit.
Die die Antragstellerin betreffende Rechtsbehelfsakte, die Umsatzsteuerakte nebst Sonderprüfungsakte haben vorgelegen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
a) Gemäß § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht Aussetzung der Vollziehung gewähren, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben der für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umstände gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (ständige Rechtsprechung; Nachweise bei Seer in Tipke/ Kruse, AO/ FGO § 69, Rz. 89). Dabei muss der Erfolg nicht wahrscheinlicher sein als der Misserfolg (z. B. BFH vom 21.12.1993, VIII B 107/93, BStBl II 1994, 300). In dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als summarischem Verfahren entscheidet das Gericht nur auf der Basis der ihm vorliegenden Unterlagen, d. h. nach Aktenlage und aufgrund von präsenten Beweismitteln. Dabei haben die Beteiligten die entscheidungserheblichen Tatsachen glaubhaft zu machen, § 155 FGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 der Zivilprozessordnung.
b) Nach diesen Maßstäben kann Aussetzung der Vollziehung nicht gewährt werden, weil der Umsatzsteuerbescheid für 2012 rechtmäßig sein dürfte und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Der Antragsgegner dürfte zu Recht im Streitjahr die Vorsteuer aus den noch offenen Honorarrechnungen von M wegen Uneinbringlichkeit korrigiert haben.
Gem. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 UStG haben der leistende Unternehmer den für seine Leistung geschuldeten Umsatzsteuerbetrag und der Leistungsempfänger den entsprechenden Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn das vereinbarte Entgelt für die steuerpflichtige Lieferung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind der Umsatzsteuerbetrag und der Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Die Berichtigung ist in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Forderung uneinbringlich wird; einer berichtigten Rechnung bedarf es insoweit nicht (vgl. z. B.
Bundesfinanzhof (BFH) vom 28.05.2009 V R 2/08, BStBl II 2009, 870 m. w. N.). „Uneinbringlich“ ist eine Forderung nicht schon, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltsforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (BFH vom 22.04.2004 V R 72/03, BStBl II 2004, 684; vom 13.01.2005 V R 21/04, BFH/NV 2005, 928; vom 20.07.2006 V R 13/04, BStBl II 2007, 22).
Bei der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Betrachtung sind die Honorarforderungen des M im Verlauf des Streitjahres uneinbringlich geworden, weil objektiv nicht mehr damit zu rechnen war, dass sie in absehbarer Zeit durchgesetzt werden könnten.
Die Antragstellerin hatte ihre Tätigkeit am 01.03.2011 mit einem Einlagekapital von lediglich 1.000 € aufgenommen. In 2011 erzielte sie Ausgangsumsätze in Höhe von 31.062 €, denen Eingangsumsätze aus Rechnungen von M in Höhe von netto 374.955,10 € gegenüberstanden. Auch im Streitjahr überwogen die Eingangsumsätze aus Rechnungen des M von netto 95.000 € die Ausgangsumsätze von 32.716 € noch deutlich. Die Antragstellerin hat selbst eingeräumt, in der Anlaufphase nicht in der Lage gewesen zu sein, die Rechnungen vollständig auszugleichen. Aus diesem Grund ist es zu dem Abschluss des Schuldanerkenntnisses vom 07.09.2012 gekommen, das auf diesen Stichtag eine offene Forderung von 492.000 € ausweist. Auch wenn in dem Schuldanerkenntnis eine ratenweise Tilgung der Schuld vereinbart worden ist, ist gleichwohl von einer Uneinbringlichkeit der noch offenen Restforderung auszugehen. Denn die Zahlungsmodalitäten waren so festgelegt, dass von einem Ausgleich der wesentlichen Forderungen in absehbarer Zeit nicht ausgegangen werden konnte; zudem ist die Vereinbarung auch nicht umgesetzt worden.
Nach dem Schuldanerkenntnis sollten ab 01.10.2012 monatliche Raten in Höhe von 50 % der gesamten monatlichen Zahlungseingänge der Antragstellerin gezahlt werden. In 2011 hatte die Antragstellerin aber nach ihren eigenen Angaben nur 31.062,69 € erzielt und bis Herbst 2012 lediglich 26,353,76 € (Anlage A 10, Erläuterungen für den Betriebsprüfer). Selbst bei einer Verbesserung der Erlöslage hätte sich die Rückführung über viele Jahre hingezogen. Die Vereinbarung ist aber auch nicht durchgeführt worden. Ob überhaupt Zahlungen der Antragstellerin erfolgt sind, ist nicht bewiesen. Behauptet und durch handschriftliche Quittungen unterlegt sind nach den Feststellungen der Sonderprüfung (Anlage 2 zum Bericht) vermeintliche Barzahlungen von S an M im Oktober und November 2012 in Höhe von jeweils 5.900 € und im Dezember von 2.600 € (insgesamt 14.400 €). Nach den Prüfungsfeststellungen wurden in diesem Zeitraum Nettoumsatzerlöse aber lediglich von 2.062,18 € (Oktober), 4.957,99 € (November) und 1.405,04 € (Dezember) erzielt. Wäre die Absprache aus dem Schuldanerkenntnis tatsächlich umgesetzt worden, hätten mithin erheblich geringere Beträge gezahlt werden müssen als die vermeintlichen Barzahlungen. Im gerichtlichen Verfahren hat die Antragstellerin davon abweichend Barzahlungen auf die Ratenvereinbarung vom 7.9.2012 in Höhe von 3.700 € behauptet. Angesichts dieser Ungereimtheiten und der absoluten Höhe der Gesamtforderung ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht in der Lage war, die Forderungen von M in absehbarer Zeit zu bedienen.
An dieser Betrachtung ändert sich auch nicht dadurch etwas, dass unter dem 07.12.2012 die Umwandlung der Forderung in ein Darlehensverhältnis erfolgt sein soll. Dabei kann für den Senat dahin stehen, ob dieser Vertrag erst nachträglich aufgesetzt worden ist, oder bereits während der Sonderprüfung vorgezeigt worden ist, was der Antragsgegner bestreitet, die Antragstellerin aber eidesstattlich versichern lässt. Denn selbst wenn im Dezember 2012 tatsächlich die Honorar- und die übrigen Forderungen von M in Darlehensforderungen umgewandelt wurden und eine monatliche Tilgung des Darlehens verabredet wurde, ist weiterhin von einer Uneinbringlichkeit der Forderungen auszugehen. Die Umwandlung einer Forderung auf Zahlung eines Entgelts in eine Darlehensforderung kann nicht der Zahlung der Forderung mit anschließender Darlehnsgewährung an den Schuldner gleichgesetzt werden, wenn der Schuldner und Leistungsempfänger nicht in der Lage ist, das von ihm geschuldete Entgelt zu zahlen (BFH vom 13.01.2005 V R 21/04, BFH/NV 2005, 928; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 17 Rz. 408 m. w. N.). So dürfte es sich im Streitfall verhalten.
Denn auch insoweit ist schon nicht nachvollziehbar dargetan worden, dass überhaupt Tilgungsleistungen der Antragstellerin auf das vermeintliche Darlehen erfolgt sind. Hierzu hat sie wiederum nur handschriftliche Quittungen ohne nennenswerten Beweiswert vorgelegt, und zwar über eine Barzahlung von S an M in Höhe von 1.700 € am 25.12.2012 sowie eine Barzahlung von 200 € am 05.02.1013 zusammen mit der Hingabe einer Rolexuhr im Wert von 1.500 €. Fortan sollen die monatlichen Tilgungsleistungen an M überwiesen worden sein. Da die Überweisungen aber vom eigenen Konto des S erfolgt sein sollen, kann nicht ernsthaft von Tilgungen der Antragstellerin ausgegangen werden, selbst wenn das Konto auch für Zahlungseingänge der Antragstellerin genutzt worden sein sollte. Darüber hinaus ist auch angesichts der Höhe der Forderung von noch 488.300 € zum Zeitpunkt des vermeintlichen Abschlusses des Darlehnsvertrages am 07.12.2012 von einer Uneinbringlichkeit auf unabsehbare Zeit auszugehen. Auch unter Zugrundelegung des Tilgungsplans des vermeintlichen Darlehnsvertrages wäre die Schuld nach den Berechnungen des Antragsgegners frühestens 2023 beglichen. Abgesehen davon fehlen auch jegliche Anhaltspunkte dafür, dass sich die Einnahme- bzw. Erlössituation der Antragstellerin voraussehbar so verbessern würde, dass sie die steigenden Raten auch nur annähernd würde aufbringen können.
Danach dürfte im Streitjahr, in dem wegen der Zahlungsprobleme zunächst das Schuldanerkenntnis und sodann der vermeintliche Darlehensvertrag abgeschlossen wurden, die Uneinbringlichkeit im vorstehend dargestellten Sinn eingetreten sein.
c) Mit Rücksicht darauf, dass die Korrektur des Vorsteuerabzuges auf der Grundlage von § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 UStG rechtmäßig sein dürfte, kommt es nicht mehr darauf an, ob die den Rechnungen zugrunde liegenden Leistungen tatsächlich erbracht worden sind, woran allerdings Zweifel bestehen.
d) Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Beschwerde ist gem. § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.

Umsatzsteuer: Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug. Abrechnungspapiere müssen Angaben tatsächlicher Art enthalten, die eine eindeutige und mit begrenztem Aufwand leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, Urteil des 2. Se-nats vom 30.9.2013, 2 K 23/13, rechtskräftig.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 2 K 23/13
Urteil des Einzelrichters vom 30 09.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: UStG § 14, Abs. 4 Nr. 1, 2, 5, § 14a , 15 Abs. 1 Satz 1
Leitsatz: Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.
Überschrift: Kein Vorsteuerabzug Rechnungsmängeln
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Versagung eines Vorsteuerabzugs aus bestimmten Eingangsrechnungen der Klägerin.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine im September 2002 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung.
Im Oktober 2011 wurde bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum November 2010 bis Juli 2011 durchgeführt. Auf der Grundlage der Feststellungen der Betriebsprüfung lehnte der Beklagte die Berücksichtigung eines Vorsteuerabzugs aus Rechnungen der E GmbH, der T GmbH sowie der M GmbH ab und setzte mit Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 23.05.2012 die Umsatzsteuer auf 9.508,10 € fest. Ferner setzte der Beklagte mit Bescheid vom 23.05.2012 die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Februar 2011 auf 8.836,98 €, für März 2011 auf 10.074,69 €, für April 2011 auf 10.112,56 €, für Mai 2011 auf 8.029,73 €, für Juni 2011 auf 8.272,32 € und für Juli 2011 auf 14.634,19 € fest. Grundlage hierfür waren die Feststellungen der Betriebsprüfung, dass die Rechnungen der genannten Unternehmen nicht hinreichend spezifiziert seien und es zudem stichhaltige Anhaltspunkte dafür gebe, dass es sich bei den Rechnungs-ausstellern um Scheinunternehmen handle, den Rechnungen keine Leistungen zu Grunde lägen. Ergänzend wird hierzu auf die Ausführungen in dem Betriebsprüfungsbericht vom 23.04.2012 Bezug genommen.
Am 25.06.2012 legte die Klägerin gegen die Bescheide Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 27.12.2012 als unbegründet zurück-wies.
Mit Bescheid vom 11.06.2013 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für 2011 auf 94.273,21 € fest.
Am 24.01.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass der Beklagte zu Unrecht einen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der E GmbH, der T GmbH und der M GmbH nicht anerkannt habe. Die E GmbH sei kein Scheinunternehmen. Die von ihr ausgestellten Rechnungen seien nachweislich von ihr, der Klägerin, bezahlt worden. Auch erfüllten die Rechnungen die formellen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug. In Rechnung gestellt worden seien die
Einsatzzeiten für jeweils einen Fahrer. Es sei die Tätigkeit, die Anzahl der Tage und der festgelegte Einzelpreis angegeben, so dass eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglicht werde. Es sei auch ausreichend, wenn die Rechnung sich auf den Einsatz in unterschiedlichen Speditionen beziehe, denn es könne nicht verlangt werden, dass diese Speditionen jeweils konkret benannt würden. Die Leistungen seien auch ausgeführt worden. Zum Beweis dafür werde das Zeugnis des Geschäftsführers der E GmbH angeboten.
Entgegen der Auffassung des Beklagten seien auch die Rechnungen der T GmbH hinreichend spezifiziert. Zwar sei es zutreffend, dass die T GmbH erst am 28.12.2010 notariell gegründet worden sei; dies bedeute jedoch nicht, dass die Vorgründungsgesellschaft nicht bereits im Dezember 2010 Leistungen erbracht haben könne, die dann die T GmbH habe in Rechnung stellen dürfen. Soweit die Rechnung vom 30.12.2010 noch nicht die Handelsregisternummer und die richtige Steuernummer ausweise, so seien die notwendigen Informationen zu dem Zeitpunkt der Rechnungserstellung noch nicht bekannt gewesen. Sie, die Klägerin, sei gutgläubig davon ausgegangen, dass in der Rechnung die zutreffende Steuernummer der T GmbH angegeben gewesen sei.
Ebenso seien die Rechnungen der M GmbH hinreichend spezifiziert gewesen. Dass der Leistungszeitraum teilweise erst nach dem Rechnungsdatum liege, habe seine Ursache darin, dass eine Pauschale in Rechnung gestellt worden sei. Eine Vorschussberechnung sei in derartigen Fällen durchaus möglich und nichts Ungewöhnliches. Die Rechnung vom 01.07.2011 enthalte lediglich einen Tippfehler und nicht eine mathematisch falsche Berechnung des Entgelts. Von einer Scheinrechnung könne auch nicht bei den drei Rechnungen ausgegangen werden, mit denen ihr, der Klägerin, monatliche Lkw-Mietkosten für den Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen HH … berechnet worden seien. Auch wenn der Lkw erst ab dem 18.05.2011 auf die M GmbH zugelassen worden sei, so könne sich der Lkw bereits zuvor in ihrer Verfügungsmacht befunden haben.
Entgegen der Auffassung des Beklagten könnten die Angaben ihrer Auftraggeber nicht als Beleg für einen Scheinrechnungscharakter herangezogen werden. Denn sie, die Klägerin, habe gegenüber ihren Auftraggebern nicht offen gelegt, dass sie für die Erfüllung der Aufträge zum Teil Subunternehmer eingeschaltet habe. Ihr sei es in diesen Fällen darum gegangen, den Auftraggeber als Kunden nicht zu verlieren. Auch die übrigen von der Betriebsprüfung angeführten Erkenntnisse seien nicht geeignet zu belegen, dass es sich bei den Rechnungen ihrer Subunternehmer um Scheinrechnungen handle.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 23.05.2012 und die Einspruchsentscheidung vom 27.12.2012 sowie den Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 11.06.2013 in der Weise zu ändern, dass weitere Vorsteuern in 2010 in Höhe von 4.848,76 € und in 2011 in Höhe von 27.670,05 € berücksichtigt werden und die Umsatzsteuer entsprechend niedriger festsetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass ein Vorsteuerabzug aus den streitgegenständlichen Rechnungen nicht erfolgen könne, weil es sich bei der E GmbH um ein Scheinunternehmen handle und den Rechnungen dementsprechend keine Leistungen zu Grunde lägen. Im Übrigen erfüllten die Rechnungen nicht die formellen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug. Auf die Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung werde Bezug genommen.
In dem Erörterungstermin am 18.07.2013 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin sowie ihre Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Rechtsbehelfsakte sowie zwei Bände Bp-Arbeitsakten zu der Steuernummer … vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, denn die Beteiligten haben ihr Einverständnis gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erteilt.
II.
Die zulässige Klage hatte keinen Erfolg. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide für 2010 und 2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Umsatzsteuerbescheid für 2011 vom 11.06.2013 ist gemäß § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden.
Der Beklagte hat rechtsfehlerfrei in dem Streitzeitraum einen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der E GmbH, der T GmbH sowie der M GmbH versagt. Die Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug liegen nicht vor.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.02.2005 (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14 a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Unter anderem muss eine Rechnung nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, sowie nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten. Diese Anforderungen stehen im Einklang mit den
Regelungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 (Mehrwertsteuersystemrichtlinie – vgl. BFH-Urteil vom 02.09.2010, V R 55/09, BStBl II 2011, 235 zur Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG). Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dient das Abrechnungspapier (Rechnung oder Gutschrift) für den Vorsteuerabzug als Belegnachweis. Deshalb müssen die Abrechnungspapiere Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Die den Leistungsgegenstand betreffenden Angaben müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, ermöglichen, denn aus der Funktion des Abrechnungspapiers als Belegnachweis folgt, dass der Aufwand zur Identifizierung der Leistung begrenzt sein muss. Dadurch soll insbesondere eine mehrfache Abrechnung der damit verbundenen Leistungen ausgeschlossen werden. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Es ist jedoch zulässig, zur Identifizierung der abgerechneten Leistungen über die im Abrechnungspapier enthaltenen Angaben tatsächlicher Art hinaus weitere Erkenntnismittel heranzuziehen. Sofern auf andere Erkenntnismittel verwiesen wird, ist es erforderlich, dass die in Bezug genommenen Unterlagen in der Rechnung eindeutig bezeichnet werden (BFH, Urteil vom 10.11.1994 – V R 45/93, BStBl II 1995, 395; Urteil vom 21.01.1993 – V R 30/88, BStBl II 1993, 385; Urteil vom 24.09.1987 – V R 50/85, BStBl II 1988, 688, 691f.; Beschluss vom 29.11.2002 – V B 119/02, BFH/NV 2003, 518; Beschluss vom 14.10.2002 – V B 9/02, BFH/NV 2003, 213;. Hessisches Finanzgericht, Beschluss vom 16.09.2005 – 6 V 2616/05, juris).
Diese Anforderungen an eine hinreichend spezifizierte Leistungsbeschreibung erfüllen die streitgegenständlichen Rechnungen nicht.
Die Rechnung der E GmbH vom 30.11.2010 enthält keine eindeutige und leicht nachprüfbare Leistungsbeschreibung im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG. In der Rechnung wird 4-mal für jeweils einen Fahrer ein Pauschalpreis von 3.190 € ab-gerechnet. Als Leistungszeitraum ist jeweils der 01.11. bis 30.11.2010 bezeichnet, die Menge wird mit 22 Tagen und der Einzelpreis mit 145 € angegeben. Darüber hinaus ergeben sich aus der Rechnung keine konkretisierenden Angaben. Es ist danach nicht erkennbar, um welche Fahrer es sich handelt bzw. welche Leistungen, z. B. welche Warentransporte von ihnen erfüllt wurden. Es kann deshalb auch nicht geprüft werden, ob die Leistungen des Fahrers gegenüber der Klägerin mehrfach abgerechnet worden sind, denn es kann nicht nachvollzogen werden, ob es sich um verschiedene Fahrer handelt. Weitere Unterlagen, die zu einer Konkretisierung herangezogen werden könnten, gibt es nach den Angaben der Klägerin nicht. Bereits auf die Nachfragen der Betriebsprüferin er-klärte sie, dass es keine schriftlichen Verträge gäbe, sondern lediglich mündliche Vereinbarungen.
Da die formellen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug aus der Rechnung nicht vorliegen, kann es in diesem Verfahren dahin stehen, ob es sich bei der E GmbH um ein Scheinunternehmen handelt und ob es eine Leistung erfolgt ist.
In gleicher Weise erfüllen die beiden Rechnungen der T GmbH nicht die Anforderungen an eine ausreichende Beschreibung von Art und Umfang der sonstigen Leistungen. In diesen Rechnungen werden 2-mal zwei Fahrer „für den Einsatz in unterschiedlichen Speditionen in Hamburg Nahverkehr“ zu einem Gesamtpreis von jeweils 6.380 € abgerechnet. An Hand der Rechnungsangaben ist wiederum eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet worden ist, nicht möglich. Insbesondere kann aufgrund der Rechnungsangaben nicht ausgeschlossen werden, dass dieselben Leistungen mehrfach abgerechnet worden sind.
Darüber hinaus weist die Rechnung vom 30.12.2010 eine unzutreffende Steuer-nummer aus und wird damit den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG nicht gerecht. Für die Steuerfestsetzung kommt es dabei nicht darauf an, ob die Klägerin die unzutreffenden Angaben hätte erkennen können (vgl. BFH-Urteil vom 02.09.2010 V R 55/09, BStBl II 2011, 235). Die Rechnung, die daneben keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ausweist, ist unvollständig und genügt dadurch nicht den formellen Anforderungen für einen Vorsteuerabzug.
Darüber hinaus weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass die T GmbH zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung am 30.12.2010 noch nicht existent war, denn sie ist erst mit Gesellschaftsvertrag vom 25.01.2011 gegründet worden. Auch als Vorgesellschaft konnte sie unter dem Namen noch keine Rechnung erstellen, weil sie zu derzeit noch unter der Firma U GmbH auftrat. Damit erfüllt die Rechnung auch nicht die Anforderungen nach § 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG.
Angesichts der formellen Mängel bedarf es keiner weiteren Aufklärung, ob es sich bei der T GmbH um ein Scheinunternehmen handelt und ob den Rechnungen tatsächlich Leistungen zu Grunde lagen.
Auch die Rechnungen der M GmbH erfüllen nicht die Voraussetzungen des § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG. Mit sechs Rechnungen werden jeweils Kosten für zwei Fahrer oder vier Fahrer monatlich pauschal für die Monate Februar 2011 bis Juli 2011 abgerechnet. Wie vorstehend ausgeführt genügt eine derart unspezifizierte Bezeichnung der Leistung nicht den gesetzlichen Anforderungen. Eine Konkretisierung der abgerechneten Leistungen, die eine Überprüfung im Hinblick auf mehrfache Abrechnung ermöglichen könnten, ist in keiner Hinsicht erfolgt.
Soweit der Klägerin von der M GmbH die Miete für den Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen nach HH … in Rechnung gestellt wurde, hat der Beklagte abweichend von den Ausführungen der Betriebsprüfung einen Abzug der Vorsteuer aus diesen Rechnungen nicht versagt.
Die von der Klägerin angebotenen Zeugen sind zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht zu hören. Was die Geschäftsführer der T GmbH und M GmbH bezeugen sollen, hat die Klägerin nicht dargelegt. Soweit die Klägerin den Geschäftsführer der E GmbH als Zeugin dafür benennt, dass Leistungen ausgeführt und worden seien, kommt es auf
diesen Sachverhalt nicht an. Ein Abzug der Vorsteuer ist bereits aus formalen Gründen zu versagen. Die hierfür entscheidungserheblichen Umstände sind den vorliegenden Kopien der Rechnungsurkunden zu entnehmen.
Die Klage ist danach insgesamt als unbegründet abzuweisen.
III.
Die Klägerin hat nach § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Umsatzsteuer: Ein Vorsteuerabzug ist nicht möglich, wenn sich die Steuernummer oder die Umsatzsteueridentifikationsnummer des leistenden Unternehmers nicht auf den Rechnun-gen findet. Die Nichtberücksichtigung verstößt weder gegen Unions- noch gegen Verfassungsrecht, Urteil des 2. Senats vom 14.8.2013, 2 K 125/12, NZB eingelegt, Az. des BFH V B 103/13.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 2 K 125/12
Urteil des Senats vom 14.08.2013
Rechtskraft: Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: V B 103/13
Normen: UStG § 14 Abs. 4 Nr. 2, UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, MwStSystRL Art. 226 Nr. 3, EWGRL 388/77 Art. 22 Abs. 3 Buchst. b 6
Leitsatz: 1. Ohne Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteueridentifikations-nummer auf den Rechnungen des leistenden Unternehmers ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich.
2. Dies verstößt weder gegen Unions- noch gegen Verfassungsrecht.
Überschrift: Umsatzsteuer: Kein Vorsteuerabzug aus formell nicht ordnungsgemäßen Rechnungen
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen für Dienstleistungen.
Die Klägerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Für die Streitjahre 2003 bis 2005 wurde sie zunächst erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer veranlagt.
Im Rahmen einer im Jahr 2008 vorgenommenen Außenprüfung für die Jahre 2004 und 2005 wurde festgestellt, dass in der Buchhaltung der Klägerin Rechnungen der A … GmbH (im Folgenden: A) enthalten waren, aus denen ein Vorsteuerabzug vorgenommen worden war. Dabei handelt es sich um Rechnungen über monatliche Pauschalhonorare in Höhe von jeweils 5.000 € netto, über anteilige monatliche Reinigungskosten (jeweils 255 € netto), über monatliche Sonderleistungen (jeweils 358 €) und um die Weiterbelastung von Telefonkosten (Telekom und T-Mobile). Letztere sind für Telefonverträge entstanden, die auf B (im Folgenden: B) unter der Geschäftsanschrift der Klägerin lauteten (in einem Fall ist Rechnungsadressat der Telekom die C GmbH, ebenfalls unter der Geschäftsanschrift der Klägerin). Im Jahr 2004 war zudem eine Rechnung vom … 2004 über die Weiterbelastung von Stromkosten (Anschlussinhaber bei der HEW war die C GmbH unter der Geschäftsanschrift der Klägerin) und im Jahr 2005 eine Rechnung über die Weiterbelastung von Kosten für Urlaubskarten vom 31. Oktober 2005 (Empfänger der Rechnung der Druckerei: B unter der Geschäftsanschrift der Klägerin) enthalten. Sämtliche Rechnungen der A weisen weder eine Steuernummer noch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aus.
Insgesamt ergeben sich folgende Rechnungsbeträge:
Jahr Nettorechnungssumme USt Summe
2004 77.096,47 € 11.855,44 € 88.951,91 €
2005 72.970,97 € 11.675,35 € 84.646,32 €
Die Klägerin gab im Rahmen der Prüfung zur Erläuterung an, dass die Rechnungen der A für Dienstleistungen erfolgt seien, die die A gegenüber der Klägerin auf der
Grundlage eines im Jahr 2003 mündlich abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags erbracht habe. Tatsächlich habe B die Dienstleistungen erbracht, der als Mitarbeiter der A tätig gewesen sei, die ein Büro in den Räumen der Klägerin gehabt habe. Mit Schriftsatz vom … 2008 legte die Klägerin dem Beklagten einen schriftlichen Geschäftsbesorgungsvertrag vor, der nachträglich das mündliche Vereinbarte fixiere.
Danach beauftragt die Klägerin die A selbständig und eigenverantwortlich mit der Organisation der Kanzleiabläufe, der Auswahl der Hard- und Software, der Durchführung und Begleitung der Softwareentwicklung, der Bearbeitung von Mandantenbuchhaltungen, der Durchführung von Unternehmensberatungen bei Mandanten der Klägerin, der Bearbeitung einzelner steuerlicher Aufgaben und der Akquise von neuen Mandanten. Die Klägerin stellte der A die erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung, insbesondere einen eingerichteten Büroraum einschließlich EDV und Kommunikationsmittel. B sollte zum Empfang von Zahlungen für die A berechtigt sein. Die A hatte gegenüber Mitarbeitern der Klägerin ein Weisungsrecht. Für ihre Aufgaben sollte die A ein pauschaliertes monatlich berechnetes Honorar erhalten, dessen Höhe nicht aufgeführt worden ist.
Die A war ursprünglich als D Verwaltung GmbH gegründet worden. Mit notariell beurkundetem Gesellschafterbeschluss vom … 2003 sollte die Firma auf A geändert werden. Diese Firmenänderung ist mangels Zahlung des Gerichtskostenvorschusses jedoch zunächst nicht in das Handelsregister eingetragen worden. Durch notariell beurkundeten Gesellschaftsbeschluss vom … 2004 wurde die Firma der D Verwaltung GmbH erneut auf A geändert. Die Änderung ist am … 2005 in das Handelsregister eingetragen worden. Die A gab nach Aktenlage keine Steuererklärungen ab. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der D Verwaltung GmbH und der A war E (im Folgenden: E).
Durch die Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Zahlungen der Pauschalhonorare nur anfänglich auf ein Konto der A erfolgt sind. Sie wurden bei der Klägerin auf ein Verrechnungskonto gebucht und sind im Wesentlichen durch Scheck- und Barzahlungen an B erfolgt. Die Klägerin hatte ferner Kosten, die der privaten Lebensführung von B zuzurechnen sind, wie etwa Beiträge zur privaten Krankenversicherung und die Miete für seine Privatwohnung, direkt an die Gläubiger gezahlt.
Der Beklagte ging nach der Außenprüfung davon aus, dass nicht die A, sondern B die Leistungen gegenüber der Klägerin erbracht habe und deshalb umsatzsteuerlich als Unternehmer anzusehen sei. Rechnungsaussteller und Unternehmer seien nicht identisch, deshalb sei der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A zu versagen.
Der Beklagte änderte am 12. Dezember 2008 die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte die Umsatzsteuer 2003 auf 21.311,16 €, die Umsatzsteuer 2004 auf 29.489,39 € und die Umsatzsteuer 2005 auf 38.664,44 € fest. Neben anderen (kleineren) Änderungen in den Jahren 2004 und 2005 erkannte er Vorsteuern aus den Rechnungen der A in Höhe von 4.266,67 € in 2003, von 10.986,67 € in 2004 und von 4.426,67 € in 2005 nicht mehr an. Auf Grund von ertragsteuerlich (§ 7 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG -) abweichenden Wirtschaftsjahren der Klägerin (jeweils vom 1. Mai bis zum 30. April des Folgejahres) wurden die Vorsteuern aus den Rechnungen aus 2004 und 2005 anteilig auf die
Wirtschaftsjahre 1. Mai 2003 bis 30. April 2004, 1. Mai 2004 bis 30. April 2005 und 1. Mai 2005 bis 30. April 2006 verteilt.
Die Klägerin legte am 14. Januar 2009 Einsprüche ein. Sie sei bei der Geschäftsbeziehung zur A immer davon ausgegangen, dass B für die A tätig gewesen sei. Er sei nach außen auch so aufgetreten und es hätten keine Anzeichen dafür bestanden, daran zu zweifeln. Jedenfalls habe eine Anscheinsvollmacht vorgelegen.
Mit Entscheidung vom 15. März 2012 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 11. April 2012 Klage erhoben. Der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der ihr und der A sei mündlich im zeitlichen Zusammenhang mit der Gründung der A im Jahr 2003 geschlossen worden. Sie sei dabei von ihrem Geschäftsführer und die A von B vertreten worden. Im Rahmen der Außenprüfung sei der Inhalt des Vertrags schriftlich fixiert worden. B habe die Leistungen erbracht und auch über die erforderliche fachliche Vorbildung verfügt. Er sei im Jahr 2003 als freiberuflicher Mitarbeiter und in den Jahren 2004 und 2005 auf Grund eines Anstellungsverhältnisses für die A tätig gewesen. Die Zahlungen des monatlichen Pauschalhonorars seien zunächst per Überweisung erfolgt. Nachdem das Empfängerkonto gekündigt worden sei, seien Barzahlungen vorgenommen worden. B sei bei allen Gelegenheiten als Bevollmächtigter der A aufgetreten. Zweifel an der Vertretungsbefugnis seien nicht aufgekommen. Dies umso weniger, als sich die Beratungsleistungen über einen längeren Zeitraum hingezogen hätten, so dass ihr Geschäftsführer allein deswegen von einer Duldung durch den Geschäftsführer der A ausgegangen sei. Dieser habe keine Kenntnis vom Handeln des B gehabt, dieses bei pflichtgemäßer Sorgfalt aber erkennen und verhindern können.
Sämtliche Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) seien gegeben. B habe auf Grund einer Anscheinsvollmacht im Namen der A gehandelt. Deshalb liege auch eine Identität zwischen Rechnungsaussteller und Leistendem vor.
Sie, die Klägerin, sei gutgläubig gewesen. Die vom Beklagten zutreffend vorgetragenen Indizien seien ohne Bezug zum Geschäftsbesorgungsvertrag und deshalb jeweils für sich und in ihrer Gesamtheit nicht aussagekräftig. Im Übrigen liege die Beweislast für die Kenntnis bzw. die fahrlässige Unkenntnis von Unregelmäßigkeiten in der Sphäre des Rechnungsausstellers nach der Rechtsprechung des EuGH beim Beklagten. Der Leistungsempfänger müsse sich nicht vorher über die Unternehmereigenschaft des Leistenden und dessen steuerliche Zuverlässigkeit informieren.
Die Rechnungen der A seien auch im Übrigen formell ordnungsgemäß. Im Veranlagungszeitraum 2003 sei die Angabe der Steuernummer nach § 14 Abs. 1a UStG nicht Voraussetzung für den Vorsteuerabzug gewesen. Diese Rechtslage ergebe sich aus dem BMF-Schreiben vom 28. Juni 2002 (BStBl I 2002, S. 764) nur für diesen Veranlagungszeitraum. Auch für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2005 sei die Angabe einer Steuernummer nicht erforderlich gewesen. Nach Abschnitt 185 Abs. 8 der Umsatzsteuerrichtlinien 2005 (UStR 2005) sei es bei Verträgen über Dauerleistungen unschädlich, wenn vor dem 1. Januar 2004 geschlossene Verträge keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden
Unternehmers enthalten würden. Der streitgegenständliche Geschäftsbesorgungsvertrag sei vor dem 1. Januar 2004 geschlossen worden. Was für Verträge gelte, müsse aus Gleichbehandlungsgrundsätzen auch für Rechnungen gelten, die auf der Grundlage von vor dem 1. Januar 2004 zustande gekommenen Dauerschuldverhältnissen erteilt worden seien.
Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars ergebe sich aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag und sei bei Dauerleistungen angesichts des umfangreichen Tätigkeitskatalogs zweckmäßig und üblich. Die Rechnungsbezeichnungen seien insoweit ausreichend. Es werde auf den Geschäftsbesorgungsvertrag Bezug genommen. Dieser habe, weil inhaltlich auf ein Dauerschuldverhältnis gerichtet, die Rechnungsfunktion bereits übernehmen können. Die Ausstellung von Rechnungen unter der A, obwohl im Handelsregister noch die D Verwaltung GmbH eingetragen gewesen sei, liege daran, dass die eingetragene Firma nur eine Vorratsgesellschaft gewesen sei, die nach dem Willen der Beteiligten eine neue Firma habe erhalten sollen. Dies habe sich aus abwicklungstechnischen Gründen verzögert. Die Beteiligten hätten die Rechnungen daher von vornherein unter der beabsichtigten Firma ausgestellt.
Die Rechnungen der A könnten zudem gemäß § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i. V. m. § 31 Abs. 5 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) mit Rückwirkung für die einzelnen Streitjahre berichtigt werden. Der BFH habe noch nicht abschließend entschieden ob und unter welchen Voraussetzungen eine rückwirkende Rechnungsberichtigung zulässig sei. Diesbezüglich sei dort das Verfahren XI R 41/10 anhängig.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2005, jeweils vom 12. Dezember 2008, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2012 dergestalt zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2003 von 21.311,16 € um 4.266,67 € niedriger auf 17.044.49 €, die Umsatzsteuer 2004 von 29.489,39 € um 10.986,67 € niedriger auf 18.502,72 € und die Umsatzsteuer 2005 von 38.664,44 € um 4.426,67 € niedriger auf 34.237,77 € festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin habe die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs. § 15 UStG schütze nicht den guten Glauben an die Erfüllung der Voraussetzungen für die Vorsteuerabzug. An den Nachweis der Gutgläubigkeit seien hohe Anforderungen zu stellen. Es bestünden ausreichend Zweifel an der Gutgläubigkeit der Klägerin. Dabei seien die Gesamtumstände der Beziehungen der Klägerin zur A und zu B als tatsächlichem Leistungserbringer zu würdigen. Die Klägerin habe den Kundenstamm der ehemaligen Steuerberaterpraxis des B erworben. Zudem sei die Zahlungspraxis unüblich, weil es in größerem Umfang zu Barzahlungen gekommen sei. Ferner seien die Telefone im Büro der Klägerin auf B angemeldet gewesen. Schließlich seien eine Reihe von Kosten, die der privaten Lebensführung von B zugehörig seien, direkt von der Klägerin gezahlt und über das Verrechnungskonto in ihrer Buchführung erfasst worden. Dazu gehörten etwa Zahlungen an die private Krankenversicherung und an die von B genutzte Wohnung.
Damit lägen insgesamt betrachtet ausreichend Indizien vor, die die Klägerin zur Prüfung hätten veranlassen müssen, ob wirklich die A der Leistungserbringer sei. Die Klägerin habe nach Treu- und Glauben nicht von einer Vollmacht für B ausgehen dürfen. Eine Anscheinsvollmacht liege deshalb nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Protokolle über den Erörterungstermin am 22. März 2013 und die mündliche Verhandlung am 14. August 2013, der Schriftsätze der Beteiligten und der beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet.
Der Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 12. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin anteilig der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der A aus dem Jahr 2004 rückgängig gemacht wurde. Der Bescheid ist deshalb gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) antragsgemäß zu ändern (1). Im Übrigen ist die Klage unbegründet (2).
1) Der Beklagte hat im Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 12. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2012 rechtswidrig eine anteilige Kürzung des Vorsteuerabzugs aus den Rechnungen der A bis zum 30. April 2004 vorgenommen.
Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in der für das Jahr 2003 maßgeblichen Fassung (UStG 2003) als Vorsteuerbeträge die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG (§ 14 UStG 2003) gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen abziehen, die von anderen Unternehmen für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Besteuerungszeitraum ist nach § 16 Abs. 2 Satz 2 UStG das Kalenderjahr. Von der nach § 16 Abs. 1 UStG berechneten Umsatzsteuer sind die in den Besteuerungszeitraum fallenden und nach § 15 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 UStG).
Die Klägerin konnte somit die Vorsteuern aus den Rechnungen der A aus dem Jahr 2004 erst in diesem Jahr geltend machen. Es ist weder vorgetragen worden noch im Übrigen erkennbar, dass sie Teile der Vorsteuern aus den Rechnungen der A bis zum 30. April 2004 bereits im Jahr 2003 (und damit vor Vorhandensein dieser Rechnungen) steuermindernd geltend gemacht haben könnte. Im Bereich der Umsatzsteuer gibt es (anders als bei der Ertragsteuer, etwa nach § 7 Abs. 4 KStG oder § 4a des Einkommensteuergesetzes – EStG -) kein abweichendes Wirtschaftsjahr. Die vom Beklagten vorgenommene anteilige Verteilung der Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen bis zum 30. April 2004 auf den Zeitraum des ertragsteuerlichen Wirtschaftsjahres der Klägerin vom 1. Mai 2003 bis zum 31. Dezember 2003 in Höhe von 4.266,67 € ist somit ohne Rechtsgrundlage erfolgt und damit rechtswidrig.
Die Umsatzsteuer 2003 ist auf 17.044,49 € festzusetzen (festgesetzte 21.311,16 € abzüglich 4.266,67 €).
2) Die Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide 2004 und 2005 vom 12. Dezember 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2012 hat keinen Erfolg.
Der Beklagte hat die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der A in den Jahren 2004 und 2005 zu Recht nicht zum Abzug zugelassen. Der Höhe nach sind zwar – auf Grund der fehlerhaften anteiligen Aufteilung auf die ertragsteuerlichen Wirtschaftsjahre 1. Mai 2004 bis 30. April 2005 und 1. Mai 2005 bis 30. April 2006 – in den angefochtenen Bescheiden für 2004 und 2005 zu niedrige Vorsteuerbeträge nicht anerkannt worden (in 2004 nur 10.986,67 € statt 11.855,44 €; in 2005 nur 4.426,67 statt 11.675,35 €). Dadurch wird die Klägerin aber nicht beschwert. Eine Verböserung durch das Gericht ist nicht zulässig.
Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in der für die Jahre 2004 und 2005 maßgeblichen Fassung (UStG 2003/2004) als Vorsteuerbeträge die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen abziehen, die von einem Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG 2004/2005). Eine Rechnung muss nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG 2004/2005 (und aktuell) die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundesamt für Finanzen erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer enthalten. Diese Voraussetzung ist bei den streitgegenständlichen Rechnungen der A aus den Jahren 2004 und 2005 – unstreitig – sämtlich nicht erfüllt, so dass bereits aus diesem Grund der geltende gemachte Vorsteuerabzug nicht vorgenommen werden darf. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Rechnungen aus anderen Gründen formell nicht ordnungsgemäß sind. So kann insbesondere dahingestellt bleiben, ob es an einer Identität zwischen Rechnungsaussteller und Leistendem (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 UStG; vgl. dazu etwa BFH-Urteil vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233 m. w. N.) fehlt und ob die Angaben in den Rechnungen zur Menge und zur Art der gelieferten Gegenstände oder der sonstigen Leistungen § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG genügen (vgl. dazu etwa BFH-Urteile vom 15. Mai 2012 XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836; vom 8. Oktober 2008 V R 59/07, BStBl II 2009, 218).
Der Einwand der Klägerin, aus Gleichbehandlungsgrundsätzen müsse für die streitgegenständlichen Rechnungen der A auf die Angabe der Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verzichtet werden, greift nicht durch.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zwar im Abschnitt 185 Abs. 8 der Anwendungshinweise zur Umsatzsteuer 2005 (UStHA 2005) verfügt, dass es bei Verträgen über Dauerleistungen, die vor dem 1. Januar 2004 abgeschlossen worden sind, unschädlich ist, wenn dort keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers enthalten ist und es auch nicht erforderlich ist, solche Verträge um die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu ergänzen (vgl. dazu FG München, Urteil vom 4. Dezember 2008 14 K 1781/08, DStRE 2009, 1130).
Nach dem durch Art. 1 Nr. 2 des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes vom 19. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3922) neu eingefügten § 14 Abs. 1a UStG hat der leistende Unternehmer in nach dem 30. Juni 2002 ausgestellten Rechnungen (§ 27 Abs. 3 UStG) zwar die ihm vom Finanzamt erteilte Steuernummer anzugeben. Aber erst durch die durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl I S. 2645) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 erfolgte Neufassung des § 15 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 UStG und des § 14 Abs. 4 UStG ist eine Verknüpfung zwischen der Berechtigung zum Vorsteuerabzug und den Pflichtangaben in einer Rechnung erfolgt. Dementsprechend hat das BMF geregelt, dass das Fehlen der Steuernummer bei einer vor dem 1. Januar 2004 ausgestellten Rechnung nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges führt (vgl. BMF-Schreiben vom 28. Juni 2002 – IV B 7 – S 7280 – 151/02, BStBl I 2002, 660 und vom 19. Dezember 2003 – IV B 7-S 7300-75/03, BStBl I 2004, 62). Für die Zeit nach dem 1. Januar 2004 hat das BMF die oben dargestellt Anweisung für Verträge über Dauerleistungen erlassen (vgl. FG München, Urteil vom 4. Dezember 2008 14 K 1781/08, DStRE 2009, 1130).
Unabhängig von der Frage, ob Abschnitt 185 Abs. 8 UStH 2005 (in den Hinweisen 2008 ist diese Regelung nicht mehr enthalten) eine zutreffende Auslegung der gesetzlichen Vorschriften darstellt, greift diese Regelung vorliegend nicht ein, so dass schon deshalb keine Gleichbehandlung der streitgegenständlichen Rechnungen der A geboten ist.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der A tatsächlich und bereits im Jahr 2003 abgeschlossen worden ist und einen Vertrag über Dauerleistungen darstellt. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, läge in der – unterstellten Vereinbarung – keine solche im Sinne von Abschnitt 185 Abs. 8 UStHA 2005.
Der Abschnitt 185 UStHA 2005 befasst sich mit den Pflichtangaben in einer Rechnung nach §§ 14, 14a UStG und enthält in Absatz 8 Ausnahmeregelungen bezüglich der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für Verträge über Dauerleistungen (typischerweise Miet- oder Pachtverträge). Die Anwendbarkeit dieser Regelung setzt somit voraus, dass der Vertrag überhaupt eine Rechnung im Sinne von § 14 Abs. 1 UStG 2004/2005 darstellt. Danach ist als Rechnung jedes Dokument anzusehen, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers auf elektronischem Weg zu übermitteln. Als Rechnung kommt auch eine Vertragsurkunde in Betracht, wenn in ihr klar und eindeutig über die Leistung abgerechnet wird (vgl. etwa BFH-Urteil vom 4. März 1982 V R 55/80, BStBl II 1982, 317; BFH-Beschluss vom 7. Juli 1988 V B 72/86, BStBl II 1988, 913; FG München, Urteil vom 4. Dezember 2008 14 K 1781/08, DStRE 2009, 1130).
Hier fehlt es in den Jahren 2004 und 2005 schon an einem Dokument, das als Rechnung angesehen werden könnte. Der Geschäftsbesorgungsvertrag soll nach dem Vortrag der Klägerin vielmehr im Jahr 2003 nur mündlich abgeschlossen worden sein. Erst im Rahmen der Betriebsprüfung Ende 2008 wurde eine schriftliche Fixierung des angeblich vorher geschlossenen Vertrages vorgelegt. Unabhängig davon, wird in dem angeblich abgeschlossenen Vertrag auch nicht über eine Lieferung oder eine sonstige Leistung abgerechnet. Es fehlt vielmehr schon an der Festlegung der von der A zu zahlenden Vergütung ihrer Leistungen. Der angebliche Vertrag bestimmt nur, dass die A ein pauschaliertes Honorar für ihre laufenden Tätigkeiten erhält, das monatlich berechnet werden soll. Die Höhe der Vergütung und die darauf zu zahlende Umsatzsteuer werden nicht genannt. Die Vergütung soll vielmehr anderweitig mündlich verabredet worden sein und ist auch erst in den streitgegenständlichen Rechnungen aus den Jahren 2004 und 2005 abgerechnet worden.
Eine Berichtigung der Rechnungen der A ist bislang nicht erfolgt. Sie kann bereits deshalb in diesem Verfahren nicht berücksichtigt werden. Eine Berichtigung könnte – selbst wenn sie später noch vorgenommen werden sollte – auch nicht mehr für die Streitjahre Wirkung entfalten. Dies folgt schon daraus, dass nach der Rechtsprechung des EuGH eine Rechnungsberichtigung spätestens bis zum Ergehen der (letzten) Verwaltungsentscheidung – hier der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2012 – erfolgt sein muss, um überhaupt eine Rückwirkung auf den Zeitraum der ursprünglich und fehlerhaft ausgestellten Rechnungen auslösen zu können (vgl. EuGH-Urteile vom 8. Mai 2013 C-271/12 – Petroma Transports -, StuB 2013, 435; vom 15. Juli 2010 C-368/09 – Pannon Gép Centrum -, DStR 2010, 1475; Prätzler, jurisPR-SteuerR 26/2013).
Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob an der Auffassung des Senats festzuhalten ist, dass eine Rechnungsberichtigung generell keine Rückwirkung entfaltet, sondern nur für den Besteuerungszeitraum zu berücksichtigen ist, in dem die berichtigte und berücksichtigungsfähige Rechnung vorgelegt wird (vgl. FG Hamburg Beschluss vom 6. Dezember 2011 2 V 149/11, DStRE 2013, 93; ebenso u. a. FG Niedersachsen Urteil vom 25. Oktober 2010 5 K 425/08, DStRE 2011, 1337; Revisionsverfahren beim BFH anhängig unter XI R 41/10; zweifelnd: BFH-Beschluss vom 20. Juli 2012 V B 82/11, BStBl II 2012, 809).
Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen Vorgreiflichkeit des Revisionsverfahrens beim BFH XI R 41/10 kommt nach alledem nicht in Betracht.
Es bestehen auch weder verfassungsrechtliche noch unionsrechtliche Bedenken gegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG 2003/2004. Das Vorsteuerabzugsrecht wird durch diese Vorschriften davon abhängig macht, dass in den geltend gemachten Rechnungen die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ausgewiesen wird. Diese Angaben dienen nach der Gesetzesbegründung dem legitimen gesetzgeberischen Zweck der besseren Kontrolle des Vorsteuerabzugs durch eine Erleichterung der Identifizierung des leistenden Unternehmers (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 14 UStG Rn. 268 <Stand: März 2012> m. w. N.). Eine unverhältnismäßige Beschränkung des Vorsteuerabzugsrechts liegt insoweit nicht vor. Die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist zudem eine unionsrechtlich bestimmte Rechnungspflichtangabe (Art. 226 Nr. 3 MwStSystRL, Art. 22 Abs. 3 Buchst. b 6. EWGRL 388/77), die für den Vorsteuerabzug erforderlich ist und ebenfalls Indizierungszwecken dient (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Dezember 2010 C-438/09 – Dankowski, HFR 2011, 366). Das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeregte Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH kommt deshalb nicht in Betracht. Durch das in § 14 Abs. 4 Nr. 2 UStG 2003/2004 eingeräumte Wahlrecht zwischen der Angabe der Steuernummer und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer wird das Vorsteuerabzugsrecht im Vergleich zu den unionsrechtlichen Vorgaben zudem erweitert (vgl. dazu auch Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 14 UStG Rn. 269 <Stand: März 2012> m. w. N.).
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 14. August 2013 die unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 19. Juli 2013 gestellten Beweisanträge auf Vernehmung von B und E als Zeugen und auf Parteivernehmung des Geschäftsführers der Klägerin zu Recht als nicht erheblich abgelehnt.
Mit den Anträgen auf Vernehmung von B und E als Zeugen und auf Parteivernehmung des Geschäftsführers der Klägerin F wurden Tatsachen unter Beweis gestellt, die das Zustandekommen des angeblichen Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen der Klägerin und der A, die Tätigkeit des B für die A, die Ausführung, monatliche Abrechnung und Bezahlung der streitgegenständlichen Leistungen, die Hintergründe des Pauschalhonorars, die Nichtkenntnis von E von dem angeblichen Vertrag sowie von der Tätigkeit des B und die Gutgläubigkeit des Geschäftsführers der Klägerin betreffen. Diese Tatsachen sind nach dem oben Dargelegten für die Frage, ob der Vorsteuerabzug aus den streitgegenständlichen Rechnungen der A aus den Jahren 2004 und 2005 zu gewähren ist, und insgesamt zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht erheblich. Soweit die Klage keinen Erfolg hat, beruht dies bereits auf dem oben angeführten Formmangel der Rechnungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO und orientiert sich an der Quote des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).

Umsatzsteuer: Wer aufgrund von zeitlich befristeten Rahmenvereinbarungen über einen längeren Zeitraum im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, ist mangels selb-ständiger Tätigkeitsausübung kein Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne, auch wenn der Auftraggeber nach den geschlossenen Verträgen nicht zur Erteilung bzw. Annah-me einzelner Aufträge verpflichtet ist, Urteil des 5. Senats vom 2.8.2013, 5 K 52/10, rechtskräftig.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 5 K 52/10
Urteil des Einzelrichters vom 02.08.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: UStG § 2, RL 77/388/EWG Art. 4 Abs. 1
Leitsatz: Programmgestaltende Mitarbeiter einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, die aufgrund von zeitlich befristeten Rahmenvereinbarungen über einen längeren Zeitraum beschäftigt und im Wesentlichen für nur einen Auftraggeber tätig werden, können, auch wenn nach den geschlossenen Verträgen keine Verpflichtung zur Erteilung bzw. Annahme einzelner Aufträge besteht, ihre berufliche Tätigkeit i. S. d. § 2 UStG nicht selbständig ausüben mit der Folge, dass sie keine Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne sind.
Überschrift: Umsatzsteuer: Keine Umsatzsteuerpflicht einer programmgestaltenden Mitarbeiterin einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin als Journalistin für den Sender A (nachfolgend: A) in den Streitjahren eine berufliche Tätigkeit selbstständig ausübte und damit als Unternehmerin im umsatzsteuerlichen Sinne zu qualifizieren ist.
Die Klägerin war als programmgestaltende freie Mitarbeiterin im Wesentlichen für den A tätig. Die Beschäftigung erfolgte seit dem … 2000 auf Basis zeitlich (zumeist auf ein Jahr) befristeter, wiederholt zwischen der Klägerin und dem A geschlossener standardisierter Rahmenvereinbarungen (vgl. Anlagen Ef 1 bis Ef 6 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.03.2010 im Anlagenband).
Diese Rahmenvereinbarungen wiesen im Wesentlichen den folgenden (gleichlautenden) Regelungsgehalt auf: Der A beabsichtigte die Klägerin als programmgestaltende Mitarbeiterin zu beschäftigen, und zwar als Realisatorin, Moderatorin, Reporterin und Autorin (Ziffer 1.). Der Umfang der Tätigkeit der Klägerin für den A hing ausschließlich davon ab, ob und inwieweit sie und der A zusammenarbeiten wollten bzw. sich von Fall zu Fall über den jeweiligen Auftrag einigten. Weder war die Klägerin verpflichtet, dem A über die Dauer eines übernommenen Einzel-Auftrags hinaus zur Verfügung zu stehen, noch war der A gehalten, die Klägerin zu beschäftigen (Ziffer 2.). Der A und die Klägerin schlossen für jede Produktion, Mitwirkung, Autorenleistung oder sonstige inhaltlich programmgestaltende Tätigkeit gesonderte Einzelvereinbarungen ab. Für diese Einzelvereinbarungen und in Ergänzung zu ihnen wurde die Rahmenvereinbarung geschlossen (Ziffer 3.1). Die Klägerin konnte diese Vereinbarungen jederzeit mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende kündigen; vom A konnten die Vereinbarung nur aus wichtigem Grund gekündigt werden (Ziffer 5).
Für die Funktion der programmgestaltenden Mitarbeiterin fand ausweislich der Ziffer 3.3 der Rahmenvereinbarung im Übrigen der Tarifvertrag für befristete Programmmitarbeit in der jeweils geltenden Fassung Anwendung (vgl. Anlage Ef 8 zum Schriftsatz vom 29.03.2010 der Klägerin im Anlagenband, insbesondere Anlage 1 des Tarifvertrags). Darin hieß es unter Ziffer II. 3. in Bezug auf die
Einzelvereinbarung der Produktionsaufträge: „Die Beauftragung einer nach diesem Tarifvertrag befristet beschäftigten Programmmitarbeiterin soll in der Regel durch eine schriftliche Vereinbarung erfolgen, die den Hinweis enthält, dass es sich um eine Tätigkeit im Rahmen dieses Tarifvertrags handelt. Erfolgt die Beauftragung mündlich, so wird sie schriftlich bestätigt.“ Gemäß Ziffer III. des Tarifvertrags unterlag die Klägerin daneben grundsätzlich keinen Beschränkungen in Bezug auf die anderweitige Verwertung ihrer Arbeitskraft. Ferner enthielt der Tarifvertrag in Ziffer IV. eine soziale Bestandsschutzregelung zugunsten der Klägerin. Neben weiteren, im Einzelnen dort festgelegten Voraussetzungen war dort ausgeführt: „Eine nach diesem Tarifvertrag befristet beschäftigte Programmmitarbeiterin hat Bestandsschutz, wenn der A die Beschäftigung beendet oder deren Umfang dauerhaft wesentlich verringert.“ Bei festgestellter Beendigung oder wesentlicher Verringerung der Beschäftigung stand dem Beschäftigten ein nach Gesamtdauer der Beschäftigung und Jahresdurchschnittshonorar zu berechnendes Übergangsgeld zu. Laut Ziffer V. des Tarifvertrags hatte die Klägerin daneben Anspruch auf bezahlten Urlaub, auf Zahlungen im Krankheitsfall sowie auf Zuschüsse bei Schwangerschaft nach Maßgabe der entsprechenden Tarifverträge für arbeitnehmerähnliche Personen (vgl. Anlagen Ef 9 bis Ef 11 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.03.2010 im Anlagenband).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Verträge Bezug genommen.
In den Streitjahren lag der Tätigkeitsschwerpunkt der Klägerin bis zum 30.06.2006 in der Realisierung von mehr als 340 Fernsehbeiträgen für die Sendung „XX“, einem täglich gesendeten Vorabendprogramm mit aktuellen und … Bezügen. Die Klägerin erstellte Magazinfilme, Portraits und Reportagen mit einer Länge von bis zu 5 Minuten. Des Weiteren erstellte sie als sog. Aktuellreporterin kurzfristig tagesaktuelle Filmbeiträge und lieferte tagesaktuelles Drehmaterial. Darüber hinaus übernahm sie seit 2003 die kreative Entwicklung und Umsetzung von Auftritten prominenter Talkgäste einschließlich der Fertigung von Einspielfilmen und Trailern. Zu den Hauptaufgaben der Klägerin im Einzelnen gehörten zu dieser Zeit die eigenständige Themenrecherche in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft, Gesundheit und Soziales, die Koordination von Dreharbeiten (Erstellung von Drehplänen, Bestimmung der Drehorte, Auswahl von Interviewpartnern, Führen der Kamerateams), das Führen von Interviews, die Leitung des Editings (Sichten von Filmmaterial, Festlegung der Bildabfolge, Auswahl der zentralen Interviewaussagen, Anleitung des Cutters, Festlegung der Filmeffekte, Auswahl der Filmmusik) sowie das Schreiben und Sprechen der Filmtexte.
Mit Wirkung zum 01.07.2006 verlagerte sich der Tätigkeitsschwerpunkt der Klägerin vom Programmbereich Fernsehen/Vorabendmagazine in das Landesfunkhaus B/Fernsehen, wo sie vornehmlich Beiträge für das „B …“ erstellte.
Die monatlichen Vergütungen, die die Klägerin für diese Tätigkeiten vom A erhielt, beliefen sich in den Streitjahren auf folgende Beträge:
Monat 2003 2005 2006
Januar 4.255,04 € 2.673,53 € 4.502,19 €
Februar 2.460,94 € 5.204,13 € 6.508,84 €
März 5.211,37 € 2.845,18 € 5.193,96 €
April 3.839,61 € 4.703,61 € 3.730,13 €
Mai 3.804,84 € 4.075,23 € 5.538,30 €
Juni 3.746,13 € 5.960,87 € 6.683,37 €
Juli 4.702,58 € 5.811,92 € 1.957,20 €
August 8.284,22 € 3.360,46 € 4.762,04 €
September 4.104,28 € 6.363,05 € 6.945,18 €
Oktober 5.077,02 € 4.876,86 € 2.000,10 €
November 4.840,89 € 5.252,91 € 5.615,00 €
Dezember 3.451,76 € 3.985,10 € 3.903,00 €
Gesamtbrutto 56.740,13 € 57.317,36 € 59.632,84 €
Darin enthalten waren die folgenden Urlaubsgelder und Zahlungen im Krankheitsfall:
2003 2005 2006
Urlaub 4.033,08 € 5.357,84 € 3.019,60 €
Krankheit – – 2.022,44 €
Auf die hierzu vorgelegten Aufstellungen wird ebenfalls Bezug genommen (Anlage Ef 12 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.03.2010 im Anlagenband).
Mit Ablauf des … 2010 endete vertragsgemäß die befristete Zusammenarbeit zwischen dem A und der Klägerin. Der A hatte der Klägerin bereits mit Schreiben vom 23.10.2007 mitgeteilt, dass eine Verlängerung der am …/… 2007 geschlossenen (letzten) Rahmenvereinbarung nicht beabsichtigt sei, und die Klägerin aufgefordert, sich rechtzeitig bei einer Niederlassung der Bundesagentur für Arbeit als Arbeitssuchende zu melden, da anderenfalls eine Kürzung eventueller Ansprüche auf Arbeitslosengeld drohe (vgl. Anlage K29 zum Schriftsatz der Klägerin vom 12.11.2011 im Anlagenband).
Aufgrund des Tarifvertrags hatte die Klägerin nach Beendigung ihrer Tätigkeit einen Anspruch auf Bestandsschutzzahlungen gegen den A i. H. v. acht Monatsentgelten à 4.324,46 €, zahlbar in den Monaten August 2010 bis März 2011, insgesamt also i. H. v. 34.595,68 € (vgl. Anlage K32 zum Schriftsatz der Klägerin vom 12.11.2011 des Anlagenbands). Dies entsprach etwa 60 vom Hundert der in den Streitjahren jeweils erzielten Bruttoeinnahmen.
Die Klägerin hatte für die Streitjahre Umsatzsteuererklärungen abgegeben, denen zufolge sie ganz überwiegend dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Leistungen aus einer freiberuflichen Tätigkeit als Journalistin erbrachte. Die erklärten Umsätze zu 7 v. H. beliefen sich auf 52.520 € (2003), 55.888 € (2005) und 55.811 € (2006); daneben hatte die Klägerin noch Umsätze (sonstige Leistungen) zu 16 v. H. von 159 € (2003), 1.453 € (2005) und 251 € (2006) erklärt.
Die Klägerin legte im Dezember 2008 und Januar 2009 berichtigte Umsatzsteuererklärungen vor, mit denen sie Umsätze zu 7% von nur noch 27.795 € (2003), 2.320 € (2005) und 0 € (2006) sowie Umsätze zu 16% von 1.453 € (2005) und 251 € (2006) geltend machte. Hinsichtlich des Jahres 2003 trug die Klägerin vor, dass der bislang der Umsatzbesteuerung unterworfene Betrag unzutreffend sei; den beigefügten Honorarbescheinigung des A zufolge habe die Klägerin in erheblichem Umfang Einnahmen aus nicht selbständiger Arbeit erzielt, die nicht der Umsatzsteuer unterlägen (s. Anlage K2 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.03.2010 im Anlagenband). Hinsichtlich der Jahres 2005 und 2006 verwies die Klägerin darauf, dass sie in diesen Jahren überwiegend Einnahmen aus nicht selbständiger Arbeit
erzielt habe; gem. Ziff. 1.3.4. des Künstlererlasses vom 05.10.1990 (BStBl. I S. 638) bestehe damit vollständige Umsatzsteuerfreiheit. Auch hierzu legte die Klägerin Honorarbescheinigungen des A vor (vgl. Anlagen K5 und K7 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.03.2010 im Anlagenband).
Auf Nachfragen des von dem Beklagten eingeschalteten Finanzamts für Großunternehmen teilte der A mit Schreiben vom 09.07.2009 mit, dass die Klägerin nach den geschlossenen Rahmenvereinbarungen als Autorin, Moderatorin, Realisatorin und Reporterin eingesetzt werden „kann“. Für jeden Einzeleinsatz würden gesonderte Vereinbarungen geschlossen, die allerdings auch mündlich erfolgen könnten. Weder sei die Klägerin verpflichtet, die von dem A angebotenen Aufträge anzunehmen, noch sei der A verpflichtet, der Klägerin regelmäßig Aufträge anzubieten. Auf das Schreiben des A vom 09.07.2009 wird Bezug genommen (Bl. 49 der Umsatzsteuerakten, Bd. III).
Mit Bescheid vom 04.11.2009 lehnte der Beklagte die Änderungsanträge ab. Der Einspruch der Klägerin vom 24.11.2009 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 05.03.2010 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 30.03.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt unter Bezugnahme auf ihre Einspruchsbegründung vor, dass sie nach den vom Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 25.06.2009 (Aktz. V R 37/08) dargestellten Abgrenzungsmerkmalen zur Differenzierung zwischen einer selbstständigen und einer nichtselbstständigen Tätigkeit in den Streitjahren keine umsatzsteuerpflichtigen Umsätze erzielt habe.
Als Beschäftigte des A habe sie auf Grundlage der Rahmenverträge Leistungen erbracht, bei denen eine erhöhte Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der jeweiligen Tätigkeit bestanden habe. Dies gelte insbesondere für Livereportagen. Eine Livereportage werde notwendigerweise zu einem vom A bestimmten Zeitpunkt in das laufende Programm eingespielt. Zu diesem Zweck habe sie sich also genau zu diesem Zeitpunkt an dem Ort des Geschehens befinden müssen. In dem laufenden Programm werde eine Livereportage außerdem durch einen kleinen Einspielfilm und/oder eine Anmoderation eingeleitet. Deswegen gebe es in solchen Fällen die inhaltliche Vorgabe, dass sich Texte und Bilder aus dem Einspielfilm und der Anmoderation innerhalb der Livereportage nicht wiederholen dürften.
Im Rahmen der Erstellung von Filmbeiträgen sei sie bezogen auf die Arbeitsschritte „Realisation“ (Dreharbeiten und Schnitt des Beitrags) und „Sprechen“ (Vertonung des Beitrags mit eigenem Text) in den Betrieb des A eingegliedert und auf Mitarbeiter des A angewiesen gewesen. Der A stelle ihr Kameraleute, Tontechniker und Beleuchter unentgeltlich zur Verfügung, damit ein Beitrag gedreht werden könne. Nach den Dreharbeiten müsse sie sich für einen Schnittplatz in den Räumlichkeiten des A anmelden. Zusammen mit einem Cutter werde der Beitrag dann geschnitten. Für das Sprechen der Texte müsse sie sich erneut anmelden, um einen Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten des A unentgeltlich nutzen zu können, der über die dafür erforderliche technische Ausstattung verfüge. Die Eingliederung in den Betrieb des A ergebe sich nicht zuletzt auch daraus, dass sie bestimmten Vorgaben hinsichtlich der Sendelänge eines Beitrags unterliege. So hätten in den streitgegenständlichen Jahren die für die Arbeitsschritte „Realisation“ und „Sprechen“ vom A gezahlten Entgelte zzgl. des Urlaubsgeldes, des Zuschusses für den Krankheitsfall und des
Arbeitgeberanteils zur Sozialversicherung mehr als die Hälfte der vom A gezahlten Bezüge ausgemacht (vgl. detaillierte Aufstellung zu Punkt 4 der Einspruchsbegründung vom 15.01.2009).
Auch trage sie kein Unternehmerrisiko. Dies zeige sich schon daran, dass in dem zwischen ihr und dem A geltenden Tarifvertrag für befristete Programmmitarbeit ein sozialer Bestandsschutz zu ihren Gunsten geregelt sei. Ausweislich dieser Regelung erhalte sie u. a. Zahlungen vom A, wenn das übliche Auftragsvolumen zurückgehe, so dass sie gerade nicht das Vergütungsrisiko trage, welches ein Selbstständiger regelmäßig zu tragen habe. Dass derartige Zahlungen an sie selbst nicht erfolgt seien, weil das Auftragsvolumen zu keiner Zeit in dem dafür erforderlichen Maße zurückgegangen sei, sei unerheblich. Zudem würden die geltenden Tarifverträge Zuschüsse in der Schwangerschaft, bezahlten Urlaub und Zahlungen im Krankheitsfall vorsehen. Die im streitgegenständlichen Zeitraum erhaltenen Zahlungen für die beiden letztgenannten Positionen ergäben sich aus einer entsprechenden Aufstellung des A (Anlage Ef 12 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.03.2010 im Anlagenband). Daneben habe sie in sämtlichen Jahren Arbeitgeberzuschüsse zur Sozialversicherung erhalten (s. ebenfalls Anlage Ef 12 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.03.2010 im Anlagenband). Wer selbstständig tätig sei, erhalte derartige Zuschüsse jedoch nicht.
Ferner schulde sie dem A lediglich ihre Arbeitskraft, nicht aber einen Arbeitserfolg. Dementsprechend habe sie in verschiedenen Fällen auch für letztlich nicht hergestellte Fernsehbeiträge Gelder vom A wegen der von ihr geleisteten Recherchetätigkeiten und Bemühungen erhalten (vgl. umfassend Punkt 2, lit. b, aa bis ff der Einspruchsbegründung vom 15.01.2009 samt Anlagen Ef 13 bis 17 im Anlagenband).
Daneben sei zu berücksichtigen, dass sie in den streitgegenständlichen Veranlagungszeiträumen im Wesentlichen nur für den A tätig gewesen sei. Andere Vertragspartner habe es entweder gar nicht oder nur mit einem unerheblichen Volumen gegeben: Im Jahr 2003 sei ein Honoraranteil von 95,82 Prozent (Rest: Sender C und Sender D) auf den A entfallen, im Jahr 2005 von 95,85 Prozent (Rest: Sender C) und im Jahr 2006 sogar 100 Prozent.
Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass der A ihr in den streitbefangenen Veranlagungszeiträumen Gutschriften erteilt habe, die keine Umsatzsteuer ausgewiesen hätten. Bei der Aufteilung der Vergütung habe der A die Arbeitsschritte Treatment und Recherche sowie das Schreiben der Texte als freiberuflich angesehen und die Arbeitsschritte Realisation (Dreh und Schnitt) sowie das Sprechen der Texte als nicht selbständige Tätigkeit. Ihrer Auffassung nach sei es aber nicht möglich, die Erstellung eines Filmbeitrags in dieser Weise verschiedenen Einkunftsarten zuzuordnen, wenn die einzelnen Arbeitsschritte wie in ihrem Fall von derselben Person durchgeführt würden.
Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Ablehnungsbescheid vom 04.11.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.03.2010 aufzuheben und die Umsatzsteuer 2003, 2005 und 2006 entsprechend der Anträge vom 15. und 21.12.2008 sowie 12.01.2009 festzusetzen. Im Erörterungstermin vom 20.02.2013 hat die Klägerin erklärt, dass sie inzwischen der Auffassung sei, auch in Bezug auf das Streitjahr 2003 müsse die gesamt vom A gezahlte Vergütung als nicht umsatzsteuerpflichtig behandelt werden.
Die Klägerin beantragt nunmehr (sinngemäß),
den Ablehnungsbescheid vom 04.11.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.03.2010 aufzuheben und die Festsetzung der Umsatzsteuer für 2003, 2005 und 2006 dahingehend zu ändern, dass die vom A gezahlten Vergütungen vollständig als nicht umsatzsteuerpflichtig behandelt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Klägerin in den Streitjahren in dem festgestellten Umfang selbstständig tätig i. S. d. UStG gewesen ist.
Die Klägerin habe in den Streitjahren Unternehmerinitiative entfaltet. Sie sei im Hinblick auf ein vom A vorgegebenes Recherchethema in der Art der Ausführung eines Filmbeitrags völlig frei gewesen. Sie habe Art, Ort und Zeit ihrer Tätigkeit im Wesentlichen frei bestimmen können und sei auch nicht daran gebunden gewesen, ihre Aufträge in den Räumlichkeiten des A durchzuführen. Zudem habe sie dem A eigene Themenvorschläge unterbreitet.
Ferner sei es der Klägerin nach der Rahmenvereinbarung möglich gewesen, neben der Tätigkeit für den A auch mit anderen Auftraggebern Verträge zu schließen; es habe in einem solchen Fall nicht einmal eine Anzeigepflicht gegenüber dem A bestanden. Hiervon habe die Klägerin Gebrauch gemacht. Ein Arbeitnehmer hingegen könne in der Regel nicht für einen zweiten Arbeitgeber tätig werden, es sei denn, der Arbeitgeber erkläre ausdrücklich seine Zustimmung.
Nach den vertraglichen Vorgaben sei die Klägerin bis hin zur Erstellung des fertigen Filmbeitrags zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner einem Arbeitnehmer vergleichbaren Form weisungsgebunden gewesen; vielmehr habe sie einer journalistischen Gestaltungsfreiheit unterlegen. Selbst feste Abgabezeitpunkte für die Filmbeiträge führten zu keiner anderen Beurteilung.
Auch schulde die Klägerin dem A nicht ihre Arbeitskraft, sondern lediglich einen Arbeitserfolg. Ihre Beauftragung liege darin, für den A fertige Filmbeiträge für das Vorabendprogramm zu erstellen. Sie habe es in der Hand gehabt, durch eine effiziente Aufgabenerledigung die von dem A dafür veranschlagten Gelder „schnell“ zu verdienen. Für diese Annahme spreche auch, dass der A der Klägerin bei Wiederholung eines ihrer Beiträge ein Wiederholungshonorar zahle. Weder sei die Klägerin in Dienstpläne eingeteilt noch zu ständiger Dienstbereitschaft verpflichtet gewesen noch habe sie ohne entsprechende Vereinbarungen gegen ihren Willen zur Erfüllung von zugewiesenen Aufgaben vom A herangezogen werden können. Ausnahmen seien lediglich die nicht regelmäßig, besonders vereinbarten Bereitschaftsdienste gewesen, die der Klägerin aber auch jeweils gesondert vergütet worden seien.
Schließlich sei die Klägerin in aller Regel nicht nach Arbeitszeit und damit nach festen Bezügen, sondern fast ausschließlich über sog. „Stückhonorare“ vergütet worden. Überstundenvergütungen seien ebenfalls nicht Vertragsbestandteil gewesen.
Die Klägerin habe auch weder notwendig in enger ständiger Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern gestanden noch sei sie notwendig in den Betrieb des A eingegliedert gewesen. Zwar habe sie bei der Erstellung der Filmbeiträge auf Einrichtungen, Ausstattung und Personal des A zurückgreifen können, jedoch habe sie sich dabei in den einzelnen Arbeitsschritten nicht in betriebliche Organisationen oder Hierarchien einordnen müssen, sondern habe die jeweiligen Aufgaben unter Zuhilfenahme des von ihr benötigten Personals eigenverantwortlich und unabhängig erledigt. Aus der Nutzung von Ausstattung und Personal des Auftraggebers folge mitnichten eine Eingliederung in den Betrieb des A.
Auch nach dem zur lohnsteuerlichen Einordnung von selbstständigen und nichtselbstständigen Tätigkeiten ergangenen BMF-Schreiben vom 05. Oktober 1990, BStBl I 1990, 638 (sog. Künstlererlass), werde die Tätigkeit der Klägerin unter Ziffer 1.3.3. in Beispiel b) als selbstständig behandelt.
Letztlich sei im Hinblick auf das Unternehmer- und damit das Vergütungsrisiko zwar richtig, dass die Klägerin vom A zusätzliche Leistungen in Form der Übernahme von Beiträgen zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung erhalten habe; jedoch könne nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 25. Juni 2009, V R 37/08) der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Einordnung der Tätigkeit allenfalls indizielle Bedeutung für die umsatzsteuerliche Bewertung zukommen. Zudem sei die Tätigkeit der Klägerin, trotz der ihr gewährten arbeitnehmerähnlichen Sonderrechte, auch nach der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Einordnung als selbstständig einzustufen.
Die Streitsache ist mit den Beteiligten erörtert worden. Im Rahmen des Erörterungstermins hat die Klägerin u. a. erklärt, dass sich die in der Anlage EF 12 aufgeführten Tätigkeiten ausschließlich auf eigene, von ihr selbst erstellte Beiträge bezögen; für andere Journalisten habe sie weder Konzepte erstellt noch Recherchen durchgeführt. Während ihrer Tätigkeit für die XX-Redaktion habe sie im A Schreibtische genutzt, die dort für freie Mitarbeiter vorgehalten würden. Während ihrer Tätigkeit für das B … habe sie einen eigenen Schreibtisch im A gehabt, der in einem Büro gestanden habe, das sie sich mit einem anderen freien Mitarbeiter geteilt habe. Einen eigenen Schlüssel habe sie auch gehabt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 20.02.2013 Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet und erklärt, dass sie mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden sind.
Dem Gericht haben zwei Bände Umsatzsteuerakten (Band II und III) und ein Band Rechtsbehelfsakten (Band I) vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3 und 4 FGO) und ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
2. Die Erweiterung des Klageantrags in Bezug auf das Streitjahr 2003 (erst) im Erörterungstermin ist gem. § 155 FGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO statthaft; es handelt sich insbesondere nicht um eine Klageänderung i. S. d. § 67 FGO. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin mit der betragsmäßigen Bezifferung ihres Klagebegehrens bezüglich der Umsatzsteuer für 2003 in der Klageschrift von einem weitergehenden Klagebegehren absehen wollte (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.1991 V R 35/87, BFH/NV 1992, 569 in Bezug auf die Umsatzsteuer; s. allg. auch BFH, Beschluss des Großen Senats vom 23.10.1989 GrS 2/87, BStBl. II 1990, 327; ferner Schallmoser, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 67 FGO Rz. 38 ff.; Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 67 Tz. 3; krit. dagegen von Groll, in: Gräber, FGO, § 67 Rz. 3).
3. Die angefochtene Ablehnung der Änderungsanträge der Klägerin vom 15. und 21.12.2008 sowie vom 12.01.2009 auf Herabsetzung der Umsatzsteuer für die Jahre 2003, 2005 und 2006 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 FGO).
Die Klägerin ist keine Unternehmerin i. S. d. § 2 UStG.
a) Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist gewerblich oder beruflich jede Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind.
Diese Vorschriften beruhen gemeinschaftsrechtlich auf Art. 4 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gilt als Steuerpflichtiger, wer eine der in Abs. 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Gemäß Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG schließt der in Abs. 1 verwendete Begriff „selbständig“ Lohn- und Gehaltsempfänger und sonstige Personen von der Besteuerung aus, soweit sie an ihren Arbeitgeber durch einen Arbeitsvertrag oder ein sonstiges Rechtsverhältnis gebunden sind, das hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsentgelts sowie der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ein Verhältnis der Unterordnung schafft.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind die einzelnen Merkmale, die für und gegen die Selbständigkeit i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG sprechen, unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen (BFH-Urteile vom 25.06.2009 V R 37/08, BStBl. II 2009, 873, unter II.1.b; und vom 10.03.2005 V R 29/03, BStBl II 2005, 730, unter II. a). Selbständigkeit in der Organisation und bei der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche
Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sprechen für persönliche Selbständigkeit. Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs, Ausführung von einfachen Tätigkeiten, die regelmäßig weisungsgebunden sind, sprechen gegen die Selbständigkeit der Tätigkeit (BFH-Urteile vom 25.06.2009 a. a. O.; und vom 30.05.1996 V R 2/95, BStBl II 1996, 493).
Besondere Bedeutung kommt dem Handeln auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung und dem Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko) zu. Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit; ist der Steuerpflichtige von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt, spricht dies gegen Selbständigkeit (BFH-Urteil vom 25.06.2009, unter II.1.b).
Dies entspricht dem Gemeinschaftsrecht. Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG liegt keine selbständige Tätigkeit vor, wenn ein festes Monatsgehalt und ein jährliches Urlaubsgeld gezahlt werden, von dem Gehalt weiter Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge einbehalten werden, und wenn nicht für eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung gehandelt wird (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 18. Oktober 2007, Rs. C-355/06, van der Steen, Slg. 2007, I-8863, BFH/NV Beilage 2008, 48 Rdnrn. 22 f.).
Die Frage der Selbständigkeit natürlicher Personen ist für die Umsatz-, die Einkommen- und die Gewerbesteuer grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen (vgl. § 1 Abs. 3 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung). Dabei kommt der sozial-, arbeits- und einkommensteuerrechtlichen Beurteilung zwar indizielle Bedeutung zu. Eine rechtliche Bindung besteht dabei aber weder an die sozial- und arbeitsrechtliche noch an die ertragsteuerrechtliche Beurteilung. Die Frage, ob eine Tätigkeit selbständig oder nicht selbständig ausgeübt wird, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beantworten. Die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Merkmale, die im Einzelfall unterschiedlich gewichtet werden können, sind gegeneinander abzuwägen (BFH-Urteil vom 25.06.2009, unter II.1.c, mit weiteren Nachweisen).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das erkennende Gericht im vorliegenden Streitfall unter Würdigung und Abwägung der festgestellten Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin in den Streitjahren für den A nicht selbständig tätig war und damit die Voraussetzungen einer selbständigen Unternehmerin i. S. d § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht erfüllt hat. Zwar ist dem Beklagten zuzugestehen, dass die Tätigkeit der Klägerin auch einzelne Merkmale aufweist, die für eine Selbständigkeit sprechen können; in ihrer Summe tragen jedoch die hier gegebenen Umstände die Annahme einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin nicht.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Klägerin sowohl nach den mit dem A geschlossenen Verträgen als auch nach der tatsächlichen Durchführung dieser Verträge ein nur sehr reduziertes Vergütungsrisiko für ihre Tätigkeit trug. Zwar sahen die Rahmenvereinbarungen unter Ziffer 2. zu den Beschäftigungsgrundsätzen formal
weder eine Antrags- noch eine Annahmeverpflichtung von Aufträgen für den A bzw. die Klägerin vor, so dass der Eindruck entstehen konnte, allein die Klägerin habe das Risiko ihrer Beauftragung durch den A getragen. Jedoch hat die Klägerin nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, dass diese vertraglichen Regelungen nicht der tatsächlichen Durchführung der Rahmenvereinbarungen zwischen ihr und dem A entsprochen haben. Die festgestellten Tatsachen bestätigen dies: Die Klägerin wurde dauerhaft, über einen Zeitraum von mehreren Jahren in nahezu gleichbleibendem Umfang – mit leicht steigender Tendenz – vom A mit der Erstellung von Filmbeiträgen beauftragt und entsprechend vergütet. Nach den vorgelegten Gehaltsaufstellungen lag der durchschnittliche Monatsverdienst der Klägerin im Jahr 2003 bei rund 4.480 €, im Jahr 2005 bei rund 4.590 € und im Jahr 2006 bei rund 4.780 €. Zudem enthielten die mit dem A geschlossenen Verträge eine soziale Bestandsschutzregelung zu Gunsten der Klägerin. Diese sah die Zahlung eines sich nach der Gesamtdauer der Beschäftigung und dem Jahresdurchschnittshonorar zu berechnenden Übergangsgeldes für den Fall vor, dass der A die Beschäftigung der Klägerin entweder beenden oder deren Umfang dauerhaft wesentlich verringern sollte. Zwar ist der letztgenannte Fall nicht eingetreten. Die Klägerin hat aufgrund der dargestellten dauerhaften, über die Streitjahre im Wesentlichen gleichbleibenden Auslastung durch entsprechende Aufträge des A während ihrer Tätigkeit keine Zahlungen wegen Rückgang des Auftragsvolumens erhalten. Jedoch kann für die vorliegend vorzunehmende Wertung einzig relevant sein, dass die Klägerin bei einem tatsächlichen Rückgang des Auftragsvolumens einen vertraglichen Anspruch auf solche Zahlungen gehabt hätte. Zudem darf – wie von der Klägerin auch angeführt – nicht verkannt werden, dass sich wirtschaftlich betrachtet aus dieser Regelung für den A im Ergebnis wenn auch keine zwingende Verpflichtung, so doch eine gewisse praktische Notwendigkeit ergab, der Klägerin ausreichend Aufträge anzutragen. Anderenfalls hätte der A Ausgleichszahlungen leisten müssen, denen keine Leistung der Klägerin gegenübergestanden hätte. Insofern ist auch die Darstellung des A in dem angeführten Schreiben vom 09.07.2009 (Bl. 49 der Umsatzsteuerakten, Bd. III) nur vordergründig zutreffend; sie lässt nicht nur die geschilderte Bestandsschutzregelung unerwähnt, sondern wird insgesamt den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht.
Tatsächlich erhalten hat die Klägerin aufgrund der sozialen Bestandsschutzregelung ein Übergangsgeld i. H. v. 34.595,68 € wegen Beendigung ihrer Zusammenarbeit mit dem A im Jahr 2010. Diese Zahlung entspricht einer typischerweise aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geleisteten Abfindung.
Die Klägerin hatte zudem im Falle von Krankheit, Urlaub oder Schwangerschaft entsprechend den tarifvertraglichen Regelungen kein Entgeltrisiko zu tragen. Ausweislich der vorgelegten Honoraraufstellungen sind in den Streitjahren Urlaubsentgelte und Krankengelder auch tatsächlich gezahlt worden.
Daneben sprechen verschiedene Umstände in der Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin dafür, dass sie in die betriebliche Organisation des A eingegliedert war und dass zugleich die Notwendigkeit der engen laufenden Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern bestand. Nach der glaubhaften und nachvollziehbaren Darstellung der Klägerin nutzte diese für die Erstellung ihrer Beiträge die technischen Einrichtungen des A wie Kameras, Mikrofone, Schnittplatz und Tonstudio. Da der A insoweit nur begrenzte Kapazitäten zur Verfügung stellte, musste die Klägerin sich zur Nutzung der Ressourcen anmelden und mit anderen Mitarbeitern des A abstimmen. Die Klägerin war dabei auf die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern (Kamera- und
Tonleute, Beleuchter und Cutter) angewiesen, ohne die sie ihre Filmbeiträge nicht hätte erstellen können. Eine Einbindung der Klägerin in die Organisation des A kommt weiterhin auch darin zum Ausdruck, dass die Klägerin ein Postfach beim A hatte, dort über eine eigene Mail-Adresse verfügte sowie eigene Kennwörter für das Einloggen in das Netzwerk des A besaß.
Schließlich spricht auch eine Reihe von Aspekten im äußeren Erscheinungsbild der Arbeit der Klägerin gegen eine selbstständige Tätigkeit. So erhielt die Klägerin während ihrer Tätigkeit für den A ein „Zwischenzeugnis“ sowie eine „Tätigkeitsbescheinigung“ ausgestellt (vgl. Anlagen K19 und K20 zum Schriftsatz der Klägerin vom 05.05.2010, Anlagenband). In diesen wurde die Klägerin als „Kollegin“ bezeichnet und es wurde (u. a.) ihr Verhalten gegenüber „Vorgesetzten“ beurteilt. Ferner wurden der Klägerin regelmäßig Hinweise über Änderungen im Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht erteilt und es wurde ihr ein „A Verhaltenskodex“ für Mitarbeiter ausgehändigt (vgl. Anlagen K21 und K22 zum Schriftsatz vom 05.05.2010). Letztlich wies der A in seinem Schreiben vom 23. Oktober 2007 über die Beendigung der Zusammenarbeit die Klägerin noch daraufhin, dass sie zur Wahrung ihrer Ansprüche auf Arbeitslosengeld sich rechtzeitig bei der Bundesagentur für Arbeit melden müsse.
Ob die Klägerin tatsächlich, wie von ihr geschildert, für nicht hergestellte Filmbeiträge und für die von ihr ausgearbeiteten, aber vom A nicht übernommene Konzepte reine Recherche- bzw. Ausfallhonorare erhielt, kann offen bleiben.
Demgegenüber lässt der Einwand des Beklagten, die Klägerin sei im Hinblick auf ein vom A vorgegebenes Recherchethema in der Art der Ausführung eines Filmbeitrags „völlig frei“ gewesen, nicht den Schluss zu, die Klägerin sei als selbständige Unternehmerin tätig geworden. Denn zum einen waren der Freiheit der Klägerin faktische Grenzen gesetzt. So mussten die von ihr zu erstellenden Filmbeiträge eine bestimmte Sendelänge haben und in einer bestimmten Art und Weise hergestellt werden, die dem allgemeinen Erscheinungsbild der jeweiligen Sendung entsprach. Auch mussten die vom A vorgegebenen Sendetermine eingehalten werden; die Klägerin war insoweit also den Vorgaben des A unterworfen. Zum anderen kann dem Umstand, dass die Erstellung und Ausgestaltung des jeweiligen Filmbeitrags eigenverantwortlich durch die Klägerin erfolgte und sie ihre Arbeit – wie vom Beklagten angeführt – in Bezug auf Ausführung, Ort und Zeit frei bestimmen konnte, auch als Ausdruck ihrer journalistischen Gestaltungsfreiheit verstanden werden, die ihre Entsprechung im öffentlich-rechtlichen Sendeauftrag des A findet. Ungeachtet dessen war die Klägerin zumindest in Bezug auf ihre Tätigkeit als sog. „Gagman“ in wöchentliche Dienstpläne eingeteilt (s. Anlagen K26 und K27 zum Schriftsatz der Klägerin vom 06.07.2010, Anlagenband). Ferner musste sie nach ihrem glaubhaften und zuletzt unwidersprochenen Vortrag an Konferenzen teilnehmen, in denen die Abläufe der jeweiligen Sendung besprochen wurden, erhielt teilweise auch verbindliche Anweisungen, Änderungen an ihren Beiträgen vorzunehmen, und unterlag als Livereporterin bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit genauen Vorgaben des A. In der Gesamtschau spricht auch dies deshalb für ein Verhältnis der Unterordnung der Klägerin zum A und damit für eine weisungsgebundene Tätigkeit, bei der lediglich der ihr vom A für die programmgestaltenden Arbeit eingeräumte Rahmen entsprechend des zu erfüllenden journalistischen Auftrags relativ weit gefasst war.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch den Hinweis des Beklagten, die Einordnung der Tätigkeit der Klägerin habe entsprechend Ziffer 1.3.3. Beispiel b) des Künstlererlasses bereits deshalb als selbstständig zu erfolgen, weil ihre Tätigkeit von vornherein nicht auf Dauer angelegt gewesen sei und die Filmbeiträge auf der Grundlage von jeweils einzeln abgeschlossenen Vereinbarungen mit dem A erstellt wurden. Der Beklagte vernachlässigt dabei, dass die Klägerin und der A im Vorfeld zu den Einzelvereinbarungen Rahmenvereinbarungen geschlossen hatten, die von vornherein von einer auf Dauer angelegten Tätigkeit ausgingen. Die zeitliche Befristung der einzelnen Rahmenvereinbarungen war dabei unschädlich. Ein dem vom Beklagten angeführten Beispielsfall vergleichbarer Sachverhalt liegt im Streitfall mithin nicht vor, zumal – wie unter Ziffer 1.3.7. des Künstlererlasses ausgeführt – daneben noch zu berücksichtigen gewesen wäre, dass auch ein Journalist aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls gleichwohl als nicht selbständig tätig einzustufen sein kann.
Ferner geht auch das von dem Beklagten angeführte Argument fehl, die Klägerin habe Unternehmerinitiative entfaltet, da sie nach den Rahmenvereinbarungen und den geltenden Tarifverträgen jederzeit auch mit anderen Auftraggebern habe Verträge schließen können, d. h. grundsätzlich keinen Beschränkungen in der anderweitigen Verwertung ihrer Arbeitskraft unterlegen habe. Zwar war die Klägerin in den Streitjahren 2003 und 2005 auch für den Sender C sowie den Sender D tätig, dies allerdings nur in einem sehr geringen Umfang von weniger als 5 Prozent gemessen an den erzielten Gesamthonoraren des jeweiligen Streitjahres. Diese Nebentätigkeit fällt also tatsächlich nicht ins Gewicht und ändert nichts an dem Umstand, dass Hauptauftraggeber der Klägerin in den Streitjahren der A gewesen ist. Darauf, dass vertraglich keine Anzeigepflicht für die Klägerin gegenüber dem A bestand, kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht an.
Auch das Argument des Beklagten, dass der arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Einordnung der Tätigkeit der Klägerin allenfalls indizielle Bedeutung für die umsatzsteuerliche Bewertung zukomme, greift nicht durch. Denn die umsatzsteuerliche Beurteilung im Streitfall entspricht gerade der durch den A in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG-Urteile vom 22.02.1995 5 AZR 757/93 und vom 11.12.1996, 5 AZR 592/95, beide juris) vorgenommenen Einordnung, dass auch „feste freie Mitarbeiter“, die programmgestaltend tätig sind, nichtselbstständig als Arbeitnehmer tätig sein können.
Nach alledem liegen im Streitfall keine hinreichenden Indizien vor, die zumindest in ihrer Summe geeignet wären, eine selbstständige Tätigkeit der Klägerin überzeugend zu begründen. Selbst wenn sich insoweit aus den Besonderheiten des vorliegenden Falles noch Unsicherheiten ergeben hätten, wären diese zulasten des Beklagten gegangen.
c) Diese Wertung führt zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit der Klägerin insgesamt als nicht selbständige Tätigkeit einzuordnen ist. Eine Aufteilung und unterschiedliche Zuordnung nach den von der Klägerin bei der Erstellung der von ihr verfassten Beiträge einzeln vorgenommen Arbeitsschritten ist nach Auffassung des Gerichts nicht möglich. Diese stellen eine Einheit dar und sind einer einheitlichen Wertung zu unterziehen. Das gilt entgegen der von dem A in der Honorarbescheinigung vorgenommen Aufteilung auch für das Streitjahr 2003.
d) Im Übrigen schuldet die Klägerin Umsatzsteuer für den streitigen Zeitraum auch nicht aus § 14c Abs. 2 S. 1 UStG. Weder hat die Klägerin Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausgestellt noch hat der A der Klägerin Gutschriften erteilt, in denen die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wurde.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 155, 151 Abs. 3 FGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
5. Die Revision war nicht zuzulassen. Der Streitfall hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 115 Abs. 2 FGO.

Kraftfahrzeugsteuer: Ist ein Fahrzeug zur Nutzung als Wohnmobil ausgebaut, so scheidet eine Besteuerung als Lkw aus; erfüllt das Fahrzeug jedoch die gesetzlichen Anforderungen an ein Wohnmobil nicht, so ist es – nachdem § 23 Abs. 6a StVZO durch VO vom 2.11.2004 ersatzlos entfallen ist – gleichwohl nicht als Wohnmobil, sondern als Pkw zu besteuern.

Eine Neufestsetzung der KraftSt kann – ohne Rücksicht auf die Unanfechtbarkeit des früheren Kraftfahrzeugsteuerbescheids – rückwirkend von dem Zeitpunkt an erfolgen, in dem sich die Bemessungsgrundlage oder der einschlägige Steuersatz geändert hat und für alle Zeiträume vorgenommen werden, hinsichtlich derer die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, Urteil des 2. Senats vom 16.9.2013, 2 K 50/13, rechtskräftig.

 

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 2 K 50/13
Urteil des Einzelrichters vom 16.09.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: KraftStG § 2 Abs. 2b, § 8 Nr. 2, § 9 Abs.1 Nr. 2a, § 12 Abs. 2 Nr. 1, StVZO a.F. § 23 Abs. 6a
Leitsatz: 1. Ist ein Fahrzeug zur Nutzung als Wohnmobil ausgebaut, so scheidet eine Besteuerung als Lkw aus; erfüllt es jedoch die gesetzlichen Anforderungen an ein Wohnmobil nicht, so ist es – nachdem § 23 Abs. 6a StVZO durch VO vom 2.11.2004 ersatzlos entfallen ist – nicht als Wohnmobil, sondern als Pkw zu besteuern.
2. Eine Neufestsetzung kann – ohne Rücksicht auf die Unanfechtbarkeit des Kraftfahr-zeugsteuerbescheids – rückwirkend von dem Zeitpunkt an erfolgen, in dem sich die Be-messungsgrundlage oder der einschlägige Steuersatz geändert hat. Eine Neufestset-zung der Kraftfahrzeugsteuer kann für alle Zeiträume vorgenommen werden, hinsichtlich derer die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
Überschrift: Rückwirkende KraftSt-Festsetzung für wohnmobilähnliche Fahrzeuge.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Halterin eines am 24.01.2007 in Hamburg zugelassenen Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen HH…. Es handelt sich dabei um einen VW-Transporter mit drei Sitzplätzen, der im Fahrzeugschein als „Lkw geschl. Kasten“ bezeichnet, mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 2810 kg und einer Nutzlast von 1130 kg ausge-wiesen ist. Zuvor war das Kfz in B zugelassen; die Steuer war von der dort zuständigen Stelle zuletzt mit Bescheid vom 17.01.2003 mit jährlich 172 € festgesetzt worden. Die Besteuerung erfolgte als Lkw nach dem zulässigen Gesamtgewicht.
Bei einer Verkehrskontrolle am 28.10.2011 stellte die Polizei fest, dass das Fahrzeug als Wohnmobil umgebaut worden war und dokumentierte dies durch Fotoaufnahmen. Die Ladefläche sei durch einen festen Einbau in eine Liegefläche umgewandelt worden, Matratzen seien vorhanden gewesen. Eine Abseite sei eingebaut und eine Musikanlage installiert worden. Die Seitenwände seien mit einer Art Decke behangen und Wohn-raumleuchten angebracht worden. Allerdings fehlte es nach Angaben der Polizei an der gesetzlich festgeschriebenen Stehhöhe eines Wohnmobils und auch eine Kochstelle sei nicht vorhanden gewesen.
Mit Bescheid vom 08.12.2011 sowie erneut mit Bescheid vom 12.12.2011 änderte der Beklagte den Bescheid über die Kraftfahrzeugsteuer und setzte diese für den Zeitraum ab dem 17.01.2007 bis 23.01.2012 auf insgesamt 3.759 € sowie eine jährliche Kraft-fahrzeugsteuer von 901 € ab dem 24.01.2012 fest. Zur Erläuterung führte der Beklagte aus, dass das Fahrzeug ab dem 24.01.2007 als Personenkraftwagen nach dem Hub-raum zu besteuern sei, weil es weder die Voraussetzungen eines Wohnmobils noch die eines Lkws erfülle.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 12.12.2011 bzw. 11.01.2012 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der VW Transporter T4 die Merkmale eines Lkws erfülle und auch nach dem äußeren Erscheinungsbild einem kleinen Lkw mit lan-ger Ladefläche und kleinem Fahrgastraum entspreche.
Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde mit Beschluss des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 20.04.2012 (2 V 114/12) als unbegründet abgewiesen.
Am 25.02.2013 hat die Klägerin Klage erhoben.
Mit Einspruchsentscheidung vom 06.03.2013 wies der Beklagte den Einspruch als un-begründet zurück.
Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, dass sie ungefähr seit 2002 Eigen-tümerin des Fahrzeugs sei, das bisher als Lkw besteuert worden sei. Nach der Konzep-tion des Herstellers sei das Fahrzeug zur Lastenbeförderung gedacht und weise alle nach der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungsmerkmale eines Lkw aus. Sie habe bewusst ein Fahrzeug angeschafft, das zum Transport größerer Lasten geeignet sei, denn sie habe als Sportlehrerin, aber auch privat häufig größere Gegenstände zu trans-portieren. Auch ihr Ehemann und die weitere Familie nutze das Fahrzeug zum Transport größerer Lasten. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele es sich nicht um ein unechtes Wohnmobil, denn die Ausstattung im Zeitpunkt der Verkehrskontrolle sei nur vorübergehender Natur gewesen und könne nicht zu einer Umwandlung in einen Pkw bzw. ein Sonderfahrzeug führen. Matratze, Beleuchtung und Musikanlage seien heraus-nehmbar, die Bodenplatte hindere nicht an der Beförderung von Lasten auf zwei Ebe-nen. Die Trennwand zum Fahrgastraum sei u. a. herausgenommen, um die Sitze besser verstellen zu können. Die Verkleidung der Seitenwände sei aus Gründen der Isolierung und besseren Optik erfolgt. Die eingebauten Schränke dienten als Stauraum u. a. auch für die notwendigen Sicherheitsutensilien. Seit 2003 seien die Umbauten fortlaufend vorgenommen worden.
Darüber hinaus sei zu bezweifeln, ob der Beklagte auf der Grundlage von § 12 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) befugt gewesen sei, den Kraftfahrzeugsteuer-bescheid rückwirkend ab Januar 2007 zu ändern. Auch sei fraglich, ob die Berliner Steuerverwaltung nicht hätte eine „Endbescheid“ erlassen müssen. Sie, die Klägerin, sei weder von der Berliner Steuerverwaltung noch von dem Beklagten auf die geänderte Rechtslage hingewiesen worden. Sie habe auf die Eintragung der Zulassungsstelle ver-traut und nicht gewusst, dass diese nach damaliger Rechtslage nur Erfüllungsgehilfin der Finanzämter gewesen sei.
Ein Teil der Kosten sei dem Beklagten wegen der von ihm verursachten Klage wegen Untätigkeit aufzuerlegen. Bei richtiger Sachaufklärung und Inaugenscheinnahme des Fahrzeuges durch den Beklagten hätte die Klage vermieden werden können.
Mit Bescheid vom 23.07.2013 hat der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 24.01.2012 bis 11.12.2012 auf 795 € und für die Zeit ab 12.12.2012 auf 172 € jährlich festgesetzt. Grundlage der Änderung sei die Neufassung des § 2 KraftStG, nach dem das Fahrzeug ab dem 12.12.2012 wieder entsprechend der Feststellungen der Zulas-sungsbehörde hinsichtlich der Fahrzeugklassen zu besteuern sei.
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich danach der Antrag,
den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 08.12.2011, vom 12.12.2011 und die Ein-spruchsentscheidung vom 06.03.2013 sowie den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 23.07.2013 in der Weise zu ändern, dass das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzei-chen HH … als anderes Kraftfahrzeug besteuert und die Kraftfahrzeugsteuer auf die ursprünglich geschuldete Lkw-Steuer festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass der Kraftfahrzeugsteuerbescheid recht-mäßig sei. Die Steuerfestsetzung sei zu Recht geändert worden. Wie von der Polizei in der Verkehrsstrafanzeige dokumentiert und auch in dem Beschluss des Finanzgerichts vom 20.04.2012 festgestellt, sei das Fahrzeug mit Innenausbauten ausgestattet worden, wie sie für eine Nutzung als Wohnmobil kennzeichnend seien. Danach werde das Fahr-zeug nicht zur Lastenbeförderung genutzt. Es gebe keine Hinweise für die von der Klä-gerin aufgestellte Behauptung, dass die Nutzung des Fahrzeugs an einem anderen Tag nicht zu Beanstandungen geführt hätte.
Im Übrigen bestehe keine rechtliche Verpflichtung zur Erstellung eines „Endbescheids“ bei Wechsel der Zuständigkeit. In solchen Fällen werde dem Steuerpflichtigen lediglich mitgeteilt, dass der bisherige Bescheid und die bisherige Fälligkeit weiter gelten würden.
Mit Beschluss vom 16.05.2013 ist der Rechtsstreit gemäß § 6 der Finanzgerichtsord-nung (FGO) dem Einzelrichter übertragen worden.
In der mündlichen Verhandlung am 12.07.2013 ist das Fahrzeug in Augenschein ge-nommen worden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Inaugenscheinnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 09.08.2013 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 23.07.2013 die Zustimmung zu einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhand-lung erteilt.
Dem Gericht hat die Kraftfahrzeugsteuerakte des Beklagten vorgelegen. Die Gerichtsak-te des Verfahrens 2 V 114/12 ist beigezogen worden.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht konnte nach § 90 Abs. 2 FGO ohne (erneute) mündliche Verhandlung ent-scheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.
II.
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach der bis zum 11.12.2012 gelten-den Rechtslage ist das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH … als Pkw zu be-steuern. Der Bescheid vom 23.07.2013, mit dem der Beklagte der geänderten Rechtsla-ge ab dem 12.12.2012 Rechnung getragen und eine Änderung der Steuerfestsetzung vorgenommen hat, ist gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden.
1. Der Beklagte war nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG befugt, ab dem 17.01.2007 die Kraftfahrzeugsteuer geändert festzusetzen, denn die Bemessungsgrundlage hat sich seit 2005 auch für so genannte unechte Wohnmobile geändert. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG ist die Steuer neu festzusetzen, wenn sich infolge einer Änderung der Bemes-sungsgrundlage oder des Steuersatzes eine andere Steuer ergibt.
Nach alter Rechtslage, die ihre Ausgestaltung durch die Rechtsprechung des Bundesfi-nanzhofs (BFH) erhalten hatte (vgl. Urteil vom 01.02.1984, II R 144/81, BStBl II 1984, 461; Urteil vom 31.03.1998, VII R 116/97, BStBl II 1998, 487), waren sogen. Kombina-tionsfahrzeuge und auch Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t nicht als PKW, sondern als andere Fahrzeuge im Sinne des § 8 Nr. 2 KraftStG zu be-steuern. Mit der Aufhebung des § 23 Abs. 6a der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) durch die 27. Verordnung vom 02.11.2004 (BGBl I 2004, 2712) ist die bis dahin nur für die Kombinationskraftwagen bestehende Sonderregelung ersatzlos entfallen. Die frühere Rechtsprechung des BFH, Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t ohne Rücksicht auf Typ und Erscheinungsbild des Fahrzeuges nicht als PKW zu besteuern, kann deshalb keine Geltung mehr beanspruchen (vgl. BFH-Urteile vom 24.02.2010, II R6/08, BStBl II 2010, 994; vom 09.04.2008, II R 62/07, BStBl II 2008, 691; Beschlüsse vom 03.04.2008, II B 22/08, BFH/NV 2008, 1364; vom 18.03.2008, II B 102/07, BFH/NV 2008, 1206). Auf Grund der geänderten Rechtslage seit dem 01.05.2005 ist zu entscheiden, ob ein Pkw oder Lkw vorliegt. Darin liegt eine Änderung der Bemessungsgrundlage, mit der Folge, dass auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG die Steuer neu festzusetzen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 03.04.2008 II B 22/08, BFH/NV 2008, 1364).
Die Vorschrift gestattet nicht nur eine Neufestsetzung, sondern auch ohne Rücksicht auf die Unanfechtbarkeit des Kraftfahrzeugsteuerbescheids eine rückwirkende Festsetzung von dem Zeitpunkt an, in dem sich die Bemessungsgrundlage oder der einschlägige Steuersatz geändert hat. Eine Neufestsetzung der Kraftfahrzeugsteuer kann für alle Zeiträume vorgenommen werden, hinsichtlich derer die Festsetzungsfrist noch nicht ab-gelaufen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18.03.2008, II B 102/07, BFH/NV 2008, 1206; vom 25.03.1999, VII B 294/98, BFH/NV 1999, 1252; Urteil vom 02.04.1996, VII R 131/95, BFH/NV 1996, 852). Für den Zeitraum ab 17.01.2007 war die vierjährige Fest-setzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) bei Erlass der Ände-rungsbescheide am 08.12.2011 bzw. 12.12.2011 noch nicht verstrichen.
Die Kraftfahrzeugsteuer war vor den in diesem Verfahren angefochtenen Bescheiden auch noch nicht wegen der geänderten Bemessungsgrundlage neu festgesetzt worden. Zuletzt hatte das Landeseinwohneramt Berlin mit Bescheid vom 17.01.2003 die Kraft-fahrzeugsteuer festgesetzt.
Einer Änderung der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG außerdem steht nicht entgegen, dass der Klägerin die Rechtslage mög-licherweise nicht bekannt war. Insoweit obliegt es jedem Steuerpflichtigen, sich hinsicht-lich der von ihm ggf. zu leistenden Abgaben selbst kundig zu machen. Auch führt der Wechsel des Zulassungsortes des Fahrzeugs nicht dazu, dass die für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer zuständige Stelle einen „Endbescheid“ zu erstellen hätte. Nach § 12 Abs. 1 KraftStG wird die Steuer grundsätzlich unbefristet festgesetzt.
2. Der Beklagte hat das Fahrzeug der Klägerin zu Recht als Pkw i.S.d. § 8 Nr. 1 Kraft-StG eingestuft und nach dem Hubraum besteuert. Das Kraftfahrzeugsteuergesetz ent-hält keine ausdrückliche Definition des Pkw und verweist in § 2 Abs. 2 S. 1 KraftStG le-diglich auf die jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften, wenn nichts anderes bestimmt ist. Die verkehrsrechtlichen Vorschriften enthalten keine ausdrückliche Be-stimmung des Begriffs Pkw oder Lkw. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt vielmehr ein eigenständiger kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Pkw-Begriff zu Grunde. Da-nach ist ein Pkw ein Fahrzeug mit vier oder mehr Rädern, dass nach seiner Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt ist (BFH-Urteil vom 24.02.2010, II R 6/08, BStBl II 2010, 994, m.w.N.). Die Abgrenzung zwischen Lkw und Pkw ist nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Als für die Einstufung bedeutsame Merkmale sind von der Rechtsprechung z.B. die Zahl der Sitz-plätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstat-tung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Fenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahr-zeugen die Konzeption des Herstellers anerkannt worden. Bei Fahrzeugen – wie das der Klägerin -, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild sowie ihrer technischen Ausstat-tung sowohl als PKW als auch als Lkw eingesetzt werden können, kommt eine Besteue-rung als Lkw nach dem Fahrzeuggewicht erst dann in Betracht, wenn diese den typi-schen Gewichtsbereich und die regelmäßigen Zuladungsmöglichkeiten eines Pkw deut-lich überschreiten. Denn ein Lkw wird maßgeblich durch die Möglichkeit geprägt, Lasten von erheblichem Umfang zu befördern (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.2010, II R 6/08, a. a. O.).
Zwar erfüllt das Fahrzeug der Klägerin etliche Kriterien, die es als Lkw kennzeichnen könnten, wie beispielsweise die Verblechung der Fenster, die Anzahl der Sitzplätze, das Gesamtgewicht und die Nutzlast. Es wird jedoch von dem Zweck der Personenbeförde-rung und nicht der Lastenbeförderung geprägt. Nur bei einem eindeutigen Überwiegen der Eignung und Bestimmung zur Lastenbeförderung ist eine Besteuerung als Lkw zu-lässig. Der Eignung und Bestimmung zur Personenbeförderung steht dabei grundsätz-lich nicht entgegen, dass Fahrzeuge neben der Beförderung von Personen auch dem Transport von Gepäck oder anderer Güter im privaten oder gewerblichen Bereich die-nen oder dazu bestimmt sind, wie dies z. B. bei Kombinationskraftwagen der Fall ist (BFH-Urteil vom 24.02.2010, II R 6/08, a. a. O.).
Das Fahrzeug ist – wie die Inaugenscheinnahme bestätigt hat – mit Innenausbauten ausgestattet, wie sie für die Nutzung als Wohnmobil kennzeichnend sind. Dies gilt ins-besondere für den Einbau eines Gestells als Matratzenunterlage, von Schränken als Stauraum, der Verkleidung der Seitenwände und die Einrichtung einer Beleuchtung. Zweck eines Wohnmobils ist es, Personen zu befördern und eine besondere Art des
Reisens zu ermöglichen, bei dem auch ein vorübergehendes Wohnen in dem Fahrzeug erfolgen kann. Zu diesem Zweck und nicht vorrangig zur Lastenbeförderung wird das Fahrzeug der Klägerin genutzt. Denn die am Fahrzeug vorgenommen Ein- und Umbau-ten erfolgten, um die Nutzung als Wohnmobil oder als Pkw zu verbessern. Dies gilt für die Verkleidung der Seitenwände, die nach den Angaben der Klägerin insbesondere auch dem Zweck der Kälteisolierung dient. Der Einbau eines Dachfensters diente der besseren Belüftung, insbesondere auch bei einer Nutzung als Wohnmobil. Die Heraus-nahme der Trennwand zum Fahrerbereich erfolgte zu dem Zwecke des bequemeren Fahrens und ermöglicht einen besseren Zugang zum hinteren Bereich bei einer Nutzung als Wohnmobil. In keinem Fall dienen die Ein- und Umbauten dem Zweck der Lastenbe-förderung, vielmehr verschlechtern sie diese Nutzungsmöglichkeit, wie beispielsweise die Herausnahme der Trennwand, der Einbau von Schränken und eines Gestells als Matratzenunterlage.
Die genannten Einbauten sind fest mit dem Fahrzeug verbunden und nicht ohne weite-res aus dem Fahrzeug wieder zu entfernen, so dass der Zweck des Fahrzeugs auch nachhaltig bestimmt wird. Die Klägerin selbst behauptet auch nicht, dass sie das Fahr-zeug vorrangig als Lkw, d. h. zur Beförderung von Lasten einsetzt. Die gelegentliche Beförderung von Gütern im privaten Bereich, die die Klägerin in der mündlichen Ver-handlung am 12.07.2013 geschildert hat, steht der Qualifizierung des Kombinationsfahr-zeuges als Pkw nicht entgegen. Es ist auch nicht entscheidend, dass das Fahrzeug nach Angaben der Klägerin nur wenigen Male im Jahr als Wohnmobil genutzt wird. Es ist das einzige Fahrzeug der Familie und wird auch deshalb – wie den Schilderungen der Klägerin entnommen werden kann – wie ein Pkw eingesetzt. Eine Besteuerung als Lkw scheidet danach aus.
Die Voraussetzungen für eine (günstigere) Besteuerung als Wohnmobil nach § 2 Abs. 2b, § 9 Abs. 1 Nr. 2a KraftStG liegen nicht vor, weil das Fahrzeug nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Danach gelten Fahrzeuge als Wohnmobile, wenn sie auch zum vorübergehenden Wohnen ausgelegt und ausgebaut sind, die Bodenfläche des Wohnteils den überwiegenden Teil der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs einnimmt und der Wohnteil eine Stehhöhe von mindestens 170 cm sowohl an der Kochgelegen-heit als auch an der Spüle ausweist. In dem streitgegenständlichen Pkw fehlt es an ei-ner Kochgelegenheit, einer Spüle und die erforderliche Stehhöhe von 170 cm ist nicht gegeben.
Der Beklagte hat danach zu Recht das Fahrzeug der Klägerin für den Zeitraum vom 17.01.2007 bis 11.12.2012 nach dem Hubraum als Pkw besteuert. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Steuer der Höhe nach unzutreffend berechnet sein könn-te.
3. Die Klägerin hat nach § 136 Abs. 1 S. 3 FGO die Kosten des Verfahrens insgesamt zu tragen, obwohl der Beklagte den Steuerbescheid ab dem 12.12.2012 entsprechend dem Begehren der Klägerin geändert hat, denn sie hat nur zu einem sehr geringen Teil obsiegt. Eine andere Kostenentscheidung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil die Klage zunächst als Untätigkeitsklage erhoben wurde. Nach Ergehen der Ein-spruchsentscheidung hat die Klägerin die Klage als Anfechtungsklage fortgeführt und ist somit das Kostenrisiko eingegangen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

Kostenrecht: An der für die Erledigungsgebühr vorausgesetzten besonderen, auf die Erledigung gerichteten Mitwirkung des Anwalts fehlt es, wenn die Einigung über die Abhilfe auf der Nachreichung von bereits seit dem Einspruchsverfahren angeforderten Unterlagen beruht. Die Kosteneinigung beruht nicht auf einem besonderen Entgegenkommen der Kläger-seite, wenn mangels rechtzeitigen Vorbringens für sie ohnehin kein Kostenerstattungsanspruch in Betracht kam, Beschluss des 3. Senats vom 24.9.2013, 3 KO 172/13, rechtskräftig.

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 3 KO 172/13
Beschluss des Einzelrichters vom 24.09.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: FGO § 137, FGO § 138, FGO § 155 S. 2, GVG § 198, RVG § 33, RVG § 45, RVG § 56, RVG-VV Nr. 1001, RVG-VV Nr. 1002, RVG-VV Nr. 1003
Leitsatz: An der für die Erledigungsgebühr vorausgesetzten besonderen auf die Erle-digung gerichteten Mitwirkung des Anwalts fehlt es, wenn die Einigung über die Ab-hilfe auf der Nachreichung von bereits seit dem Einspruchsverfahren angeforderten Unterlagen beruht (hier Belege über Kinderuntersuchungen und Reisen in Kinder-geldsache).
Die Kosteneinigung beruht nicht auf einem besonderen Entgegenkommen der Klä-gerseite, wenn mangels rechtzeitigen Vorbringens für sie kein Kostenerstattungsan-spruch in Betracht kam.
Überschrift: Rechtsanwaltsvergütungsgesetz: Erledigungsgebühr des beigeordneten Anwalts
Gründe:
A.
Streitig ist, ob aufgrund Mitwirkung des beigeordneten Rechtsanwalts bei der Erledi-gung der Klage wegen Kindergeld für die in 2005 und 2006 geborenen Kinder durch tatsächliche Verständigung eine Erledigungs- oder Einigungsgebühr verdient und festzusetzen ist.
I.
1. Der Erinnerungsführer bzw. die aus ihm und einem weiteren Namensträger beste-hende Rechtsanwalts-Sozietät vertrat die Klägerin in der Kindergeldsache bereits im Einspruchsverfahren, das die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2011 durch Zurückweisung des Einspruchs als unbegründet abschloss. In deren Wiedergabe des Sachverhalts heißt es u. a. (FG-A Bl. 11 ff.):
„Mit Schreiben vom …, …, …, … und 01.04.2011 wurden die Einspruchsführerin bzw. ihre Bevollmächtigten zur Einreichung von Unterlagen/Nachweisen aufgefor-dert. Insbesondere wurde die Einspruchsführerin aufgefordert, Unterla-gen/Nachweise über den gewöhnlichen Aufenthalt/Wohnsitz von ihr und ihren Kindern einzureichen.
… Die erforderlichen Unterlagen/Nachweise wurden trotz mehrfacher Aufforderung nicht vollständig eingereicht.
Mit Schreiben vom 24.02.2011 wurde die Interessensvertretung durch die Rechts-anwälte … gegenüber der Familienkasse angezeigt und Akteneinsicht beantragt. Mit Schreiben vom …, …, 01.04.2011 und 31.05.2011 wurde den Bevollmächtigten eine Akteneinsicht in den Diensträumen der Familienkasse angeboten. Eine Ter-minsvereinbarung zur Akteneinsicht erfolgte nicht.“
2. Die Klage ist am Montag 1. August 2011 mit Vorab-Begründung, Prozesskosten-hilfe- und Beiordnungsantrag, Pkh-Unterlagen sowie Antrag auf Akteneinsicht zur Mitnahme in die Kanzlei erhoben worden (FG-A Bl. 1 ff.; Pkh-Heft Bl. 1 ff.).
Von der ausnahmsweise durch das FG am 29. August 2011 angebotenen Möglich-keit der Aktenüberlassung zur Einsicht in der Kanzlei (FG-A Bl. 25 R) hat der Erinne-rungsführer bis 16. September 2011 keinen Gebrauch gemacht. Unter diesem Datum hat das FG die Gewährung von Akteneinsicht nunmehr bei Gericht verfügt (FG-A Bl. 26). Auf telefonische Bitte des Erinnerungsführers vom 21. September 2011 um ei-nen Beschluss (FG-A Bl. 26) hat der mit der Klage befasste 1. Senat am selben Tage die Ablehnung des Antrags auf Aktenmitnahme in die Kanzleiräume beschlossen und begründet (FG-A Bl. 28 ff.).
3. Der Erinnerungsführer hat für die Klägerin weiter vorgetragen am 4. Oktober 2011 (FG-A Bl. 35 ff. = 43 ff.), Äußerungs-Fristverlängerungen beantragt am 19. Dezember 2011 (FG-A Bl. 54 f.), am 17. Januar 2012 (FG-A Bl. 56 f.), am 25. Januar 2012 (FG-A Bl. 58 f.), am 8. Februar 2012 (FG-A Bl. 60 f.), Akteneinsicht zur Mitnahme erneut und erfolgreich beantragt am 22. Februar 2012 (FG-A Bl. 62 ff.), weiter vorgetragen am 17. April 2012 (FG-A Bl. 71 ff., 77 ff.) mit Kopie des Untersuchungshefts des in 2006 geborenen Kindes (Anl. K 3), auf Auforderung der Senatsvorsitzenden am 7. und 21. Mai 2012 neue Prozesskostenhilfeunterlagen der Klägerin eingereicht (FG-A Bl. 83; Pkh-Heft Bl. 13 ff., 41 ff.) sowie unter Wiederholung des Pkh- und Beiord-nungsantrags weiter vorgetragen am 21. Juni 2012 (FG-A Bl. 85 ff.).
Die beklagte Familienkasse hat unter dem 12. Oktober 2011 erwidert (FG-A Bl. 24 f., 52 f.), unter dem 21. Mai 2012 immer noch fehlende Nachweise über Aufenthalte und Reisen der Klägerin und der Kinder bemängelt (FG-A Bl. 84) sowie unter dem 3. Au-gust 2012 Äußerungs-Fristverlängerung beantragt (FG-A Bl. 93).
4. Nach Änderung der Geschäftsverteilung des 1. Senats hat die neue Berichterstat-terin mit Ladung vom 19. April 2013 zum Erörterungstermin am 3. Juni 2013 folgende Hinweise erteilt (FG-A Bl. 94 f.).
„Ein Kindergeldanspruch der Klägerin für den streitigen Zeitraum bis Juni 2010 lässt sich nach dem bisherigen Akteninhalt nicht feststellen, so dass die Bewilli-gung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg nicht möglich ist. Insbesondere sind keine konkreten Feststellungen möglich, in welchen Zeiträumen die Klägerin und ihre Kinder sich hier in Hamburg aufgehalten haben. Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sich für die Klägerin positive Feststellungen im Rahmen einer weiteren Aufklärung etwa im Erörterungstermin treffen lassen. Die Klägerin wird daher gebeten, eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzureichen.
Im Erörterungstermin sollen insbesondere die Wohnverhältnisse hier in der Woh-nung der Eltern der Klägerin sowie in der Türkei bei ihren Schwiegereltern aufge-klärt werden. Zudem wird die Klägerin gebeten, die Kinderuntersuchungshefte für beide Kinder mitzubringen.“
5. Der Erinnerungsführer hat unter dem 29. April 2013 erneut und vor dem Erörte-rungstermin um eine Pkh-Entscheidung gebeten, da nicht ausgeschlossen sei, dass sich im Erörterungstermin positive Feststellungen treffen lassen könnten (FG-A Bl. 104 f., 108 f.).
6. Die Berichterstatterin des 1. Senats hat unter dem 30. April 2013 ausführlich in dem unter dem 19. April 2013 beschriebenen Sinne geantwortet (FG-A Bl. 106 f.):
„… Zudem sind möglichst detaillierte Angaben dazu zu machen, wann die Klägerin und ihre Kinder sich tatsächlich hier in A aufgehalten haben.“
7. Der Erinnerungsführer hat nach Ankündigung vom 7. Mai unter dem 17. Mai 2013 zum dritten Mal aktuelle Pkh-Unterlagen eingereicht und wie unter dem 29. April 2013 um eine Pkh-Entscheidung gebeten (FG-A Bl. 110 ff.). Mit dem Schriftsatz vom 17. Mai 2013 hat der Prozessbevollmächtigte zugleich zur Wohnsituation vorgetra-gen sowie erstmals Reisedaten für die Klägerin und die Kinder bezeichnet und belegt (Anl. K 5).
8. Im Erörterungstermin vom 3. Juni 2013 hat die Berichterstatterin Prozesskostenhil-fe ohne Ratenzahlung bewilligt und der Klägerin den Erinnerungsführer beigeordnet. Auf Vorschlag der Berichterstatterin haben sich die Beteiligten zur Erledigung des Rechtsstreits über das Kindergeld geeinigt sowie über die Kostenverteilung dahin, dass die beklagte Familienkasse die Gerichtskosten trägt und außergerichtliche Kos-ten nicht erstattet werden (FG-A Bl. 117 ff.).
II.
1. Der Antrag auf Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts un-ter dem 10. Juni 2013 ist am 11. Juni 2013 bei der Gemeinsamen Annahmestelle eingereicht worden. Neben der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr hat der Erinnerungsführer u. a. eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr gemäß RVG-VV Nr. 1003 beantragt (Pkh-Heft Bl. 59).
Auf Rückfrage der Urkunds- bzw. Kostenbeamtin, welche besondere Mitwirkung eine Erledigungsgebühr ausgelöst haben solle, hat sich der Erinnerungsführer auf seinen Schriftsatz vom 17. Mai 2013 bezogen, der die Prozesskostenhilfe ohne Ratenzah-lung und den gerichtlichen Einigungsvorschlag ermöglicht habe (Pkh-Heft Bl. 61 f.).
2. Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 10. Juli 2013 hat die Urkunds- bzw. Kostenbeamtin die Prozesskostenhilfe-Anwaltsvergütung ohne die Erledigungsge-bühr festgesetzt und keine „besondere Mitwirkung“ bei der Erledigung in dem ange-führten Schriftsatz gesehen. Dieser habe keinen Einigungsvorschlag, sondern Vor-trag zum Klagebegehren enthalten und sei nur allgemein auf die Verfahrensförde-rung gerichtet gewesen, die als Bestandteil der Prozessförderung bereits mit der Ver-fahrensgebühr abgegolten worden sei (Pkh-Heft Bl. 65 f.).
3. Mit seiner am 26. Juli 2013 eingelegten Erinnerung hat der Erinnerungsführer zu-nächst vorgetragen (FG-A Bl. 68 ff.):
Die Erledigung aufgrund vorgeschlagener und vereinbarter Verständigung sei als vergleichsweise Lösung anzusehen, zu der die anwaltliche Mitwirkung beigetragen habe.
4. Auf Anfrage der Kostenbeamtin hat die Berichterstatterin des 1. Senats sich am 31. Juli 2013 zur Erinnerung dahin dienstlich geäußert, dass in der Hauptsache der Erinnerungsführer nur für die Klägerin vorgetragen und der Einigung in Form der vorgeschlagenen und protokollierten Verständigung zugestimmt habe. Mit der Nicht-
erstattung außergerichtlicher Kosten sei die Klägerin auf sein Anraten einverstanden gewesen (Pkh-Heft Bl. 72 f.).
5. Nach Übermittlung der dienstlichen Äußerung mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 2. August 2013 (Pkh-Heft Bl. 74 f.) trägt der Erinnerungsführer mit Schriftsatz vom 15. August 2013 weiter vor (Pkh-Heft Bl. 77 ff.):
Im Unterschied zu einem Anerkenntnis oder zu einer definitiv gerichtlich geäußerten Erfolgsankündigung habe eine Risikosituation bestanden. Ansonsten hätte die Kläge-rin nicht auf Erstattung außergerichtlicher Kosten verzichtet und eine eventuelle Ver-pflichtung zur Rückerstattung der Prozesskostenhilfe-Vergütung für den Fall zukünf-tig besserer finanzieller Verhältnisse in Kauf genommen.
6. Die Erinnerungsgegnerin hat der Erinnerung am 24. September 2013 nicht abge-holfen.
B.
I.
Die auf höhere Festsetzung der der Prozesskostenhilfe-Anwaltsvergütung (§§ 45 ff., 55 RVG) gerichtete Erinnerung ist gemäß § 56 i. V. m. entsprechender Anwendung von § 33 Abs. 4 Satz 1, Abs. 7-8 RVG zulässig (vgl. FG Köln, Beschluss vom 26.07.2013 10 Ko 3989/12, Juris Rz. 11 f zu II 2).
Dabei gilt gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 nicht die Fristbindung nach § 33 Abs. 3 RVG (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.03.1988 11 S 847/87, ES-VGH 38, 194 zur BRAGebO).
II.
Die Erinnerung ist jedoch nicht begründet; zu Recht ist keine Gebühr gemäß RVG-VV Nr. 1003 i. V. m. Nr. 1001 oder 1002 zugunsten des beigeordneten Rechtsan-walts festgesetzt worden.
1. Dabei kommt es hier nicht auf die streitige Frage an, ob im Finanzprozess eine Einigungsgebühr gemäß RVG-VV Nr. 1001 oder nur eine Erledigungsgebühr gemäß RVG-VV Nr. 1002 i. V. m. Nr. 1003 in Betracht kommt (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2011 3 KO 197/10, EFG 2011, 463, NVwZ-RR 2011, 463).
2. Ebenso wenig wie eine Einigungsgebühr ist eine Erledigungsgebühr nicht entstan-den. Eine solche Gebühr setzt nach der gesetzlichen Regelung – wie schon bei der Vorgängervorschrift § 24 BRAGO – neben dem Einigungs- bzw. Erledigungserfolg die darauf gerichtete anwaltliche Mitwirkung voraus. Dabei muss es sich in Abgrenzung zur Verfahrensgebühr Nr. 3200 RVG-VV nach ständiger Rechtsprechung und allge-meiner Ansicht um eine über das Betreiben des Verfahrens hinausgehende beson-dere Mitwirkung handeln, die nicht nur allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet ist, sondern ein besonderes Bemühen um eine unstreitige oder außergerichtliche Erledigung umfasst (vgl. Beschlüsse FG Hamburg vom 19.04.2011 3 Ko 24/11, BeckRS, Juris m. w. N.; FG Mecklenburg-Vorpommern vom 01.06.2010 2 Ko 4/10, EFG 2010, 1447; FG Köln vom 08.12.2008 10 Ko 1355/08, EFG 2009, 515; Schles-wig-Holsteinisches FG vom 20.12.2006 2 KO 189/06, EFG 2007, 383; Müller-Rabe in
Gerold/Schmidt, RVG, 20. A., VV 1002 Rd. 38; Hartmann, Kostengesetze, 44. A., VV 1002 Rd. 9, 10).
3. Zwar wäre eine besondere auf unstreitige Erledigung gerichtete und kausale Mit-wirkung denkbar bei anwaltlichem Vorschlag oder anwaltlicher Aushandlung einer tatsächlichen Verständigung über schwierige Sachverhaltsfragen oder bei Aushand-lung schwieriger Zahlungs- oder Kostenregelungen (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 14.02.2011 3 KO 197/10, DStRE 2011, 1159, EFG 2011, 1468 zu II 1 „Raten-zahlung“; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. A., VV 1002 Rd. 46 „Aushan-deln“, „reduziert“, Rd. 50 „Teilaufhebung“, „Herabsetzung“; Hartmann, Kostengeset-ze, 42. A., VV 1002 Rd. 12, 15 „tatsächliche Verständigung“, Rd. 13 „Einigung“; u. U. Rd. 14 „Erörterungstermin“, Rd. 15 „Terminsbesprechung“; zur Kostenregelung vgl. ferner bei außergerichtlicher Besprechungsgebühr FG Hamburg, Beschluss vom 19.04.2013 3 KO 13/13, Juris).
4. Jedoch genügen dafür nicht die Erhebung und Begründung der Klage (vgl. FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.08.2007 8 KO 1/07, EFG 2007, 1972) oder eine ergänzte Begründung – wie hier in einem überschaubaren Kindergeldfall – bei anschließender Abhilfeeinigung und beiderseitiger Erledigungserklärung (vgl. Be-schlüsse BFH vom 10.02.2007 III B 140/06, BFH/NV 2007, 1109; FG Hamburg vom 23.11.2005 V 213/02, EFG 2006, 370, DStRE 2006, 831; FG Brandenburg vom 14. August 2006 1 KO 817/06, EFG 2006, 1786; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 42. A., Rd. 44 Hartmann, Kostengesetze, 41. A., VV 1002, Rd. 13 „“Beschwerde“, „Einlenken“, Rd. 15 „Schriftsatz“ m. w. N.).
Über das allgemeine Betreiben des Verfahrens hinaus geht auch nicht die – trotz Amtsermittlungsgrundsatz – noch zur prozessualen Mitwirkungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 2 ff. FGO) gehörende Benennung von Beweismitteln oder Einreichung von Be-weisunterlagen, insbesondere – wie hier von Belegen über Kinderuntersuchungen und -Reisen (oben A I 7) – nach wiederholten Aufforderungen, wenn aufgrund dieser Beweislage eine Abhilfeeinigung möglich wird (vgl. Beschlüsse FG Hamburg vom 19.04.2011 3 KO 24/11, BeckRS, Juris; SG Stuttgart vom 08.04.2011 S 24 SF 574/10 E, Juris; Bay.LSG vom 21.10.2010 L 19 R 97/06, Juris; BSG vom 05.05.2009 B 13 R 137/08 R, JurBüro 2009, 481, Juris Rd. 18; vom 02.10.2008 B 9/9a SB 3/07 R, Juris; FG Baden-Württemberg vom 25.08.2006 3 KO 1/02, EFG 2007, 221; VGH Baden-Württemberg vom 23.04.1990 6 S 2474/89, JurBüro 1990, 1450; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 20. A., VV 1002 Rd. 44 „Vorlage“; Hartmann, Kostengeset-ze, 42. A., VV 1002 Rd. 13 „Einreichung“, insoweit auch Rd. 15 „Urkundenvorle-gung“; ferner FG Köln vom 13.08.2008 10 Ko 3867/07, EFG 2008, 1235).
So liegt der Fall hier, wie aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den wiederholten vorangegangen Hinweisen und Aufforderungen der beklagten Familienkasse im Ein-spruchsverfahren und der Berichterstatterin im Klageverfahren, deutlich wird und wie durch die eingeholte dienstliche Äußerung der Berichterstatterin bestätigt wird (oben A I 1, 3, 4, 6).
5. Soweit der Erinnerungsführer dagegen mit der Erinnerung ein besonderes Entge-genkommen bei der Kostenregelung geltend macht, konnte seine Beiordnung nach dem ergänzten Vortrag und der Einreichung von Belegen nur gerichtlich angeordnet werden – wie geschehen – und hätte ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten wegen § 137 FGO gar nicht entstehen können, weil die für den Kindesauf-enthalt naheliegenden Tatsachen -wie z. B. Wohnsituation, Reisedaten, Kinder-
Untersuchungen – früher hätten geltend gemacht und bewiesen werden können und sollen, nämlich im Einspruchsverfahren nach den Aufforderungen der Familienkasse (oben A I 1).
6. Danach kommt es nicht mehr auf die Fragen an, ob bzw. inwieweit die Verständi-gung sich auf „Tatsachen“ bezog (im Sinne der BFH-Rechtsprechung zur „tatsächli-chen Verständigung“) und warum die Einigung über die Abhilfe nicht ausdrücklich eine „Zusage“ enthielt (vgl. z. B. FG Hamburg, Beschlüsse vom 19.04.2013 3 KO 13/13, Juris; vom 11.07.2012 3 KO 49/12, EFG 2012, 2157; vom 07.10.2011 3 K 122/10, DStRE 2012, 759); vom 14.04.2011 3 KO 201/10, EFG 2011, 1546, DStRE 2012, 383; vom 14.02.2011 3 KO 197/11, NVwZ-RR 2011, 463, EFG 2011, 1468, DStRE 2011, 1159 jeweils m. w. N.).
7. Desgleichen ist hier nicht über die in der Zeit vor Änderung der Geschäftsvertei-lung des 1. Senats entstandenen Verzögerungen und über den dadurch bewirkten erheblichen Mehraufwand der Prozessführung – u. a. mit dreimal aktualisierten Pkh-Unterlagen – zu entscheiden (vgl. § 155 S. 2 FGO i. V. m. § 198 GVG).
III.
1. Die Nichtentstehung von Gerichtsgebühren für die Erinnerung und die Nichterstat-tung außergerichtlicher Kosten im Erinnerungsverfahren folgen aus § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG.
2. Die Entscheidung ergeht gemäß § 56 i. V. m. § 33 Abs. 8 RVG durch den originä-ren Einzelrichter; und zwar hier des durch die Geschäftsverteilung des FG bestimm-ten Kostensenats, dessen Zuständigkeit für Erinnerungen gegen Kostenfestsetzun-gen sich über § 149 FGO hinaus sinngemäß auch auf Erinnerungen gegen andere Anwaltsvergütungs-Festsetzungen erstreckt (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 02.12.2010 3 KO 195/10, NJW-RR 2011, 720).
3. Die Unanfechtbarkeit folgt aus § 56 i. V. m. § 33 Abs 4 Satz 3 RVG.

Kostenrecht: Nach Gerichtskostenerinnerung kann das Gericht einen – über den Ansatz des Kostenbeamten hinausgehend – höheren Streitwert festsetzen, denn die im Fall einer Gerichtskosten-Erinnerung anzuwendenden speziellen Vorschriften des GKG gehen dem allgemeinen Verböserungsverbot vor.

Die Streitwertfestsetzung des mit der Klagesache befassten Spruchkörpers bindet den Kostensenat bzw. dessen originären Einzelrichter, Beschluss des 3. Senats vom 14.8.2013, 3 KO 156/13, rechtskräftig.

 

FINANZGERICHT HAMBURG
Az.: 3 KO 156/13
Beschluss des Einzelrichters vom 14.08.2013
Rechtskraft: rechtskräftig
Normen: FGO § 96 Abs. 1 Satz 2, FGO § 149, GKG § 3, GKG § 9 Abs. 2, GKG § 19 Abs. 5, GKG § 20, GKG § 63 Abs. 3, GKG § 66 Abs. 1, GKG § 66 Abs. 6, GKG § 66 Abs. 7, GKG § 68
Leitsatz: 1. Nach Gerichtskosten-Erinnerung kann das Gericht – über den Ansatz des Kostenbeamten hinausgehend – einen höheren Streitwert festsetzen.
2. Dem allgemeinen Verböserungsverbot gehen die im Fall einer Gerichtskosten-Erinnerung anzuwendenden speziellen Vorschriften des GKG vor.
3. Die Streitwertfestsetzung des mit der Klagesache befassten Spruchkörpers bindet den Kostensenat bzw. dessen originären Einzelrichter.
Überschrift: Gerichtskostengesetz: Kein Verböserungsverbot bei Festsetzung eines höheren Streitwerts
Gründe:
I.
Die Gerichtskosten-Erinnerung ist nach § 66 Abs. 1 GKG zulässig auf Beanstandung des in der Gerichtskostenrechnung zugrunde gelegten Streitwerts von 309.260 Euro gestützt worden; und zwar im Zusammenhang mit dem Antrag auf gerichtliche Festsetzung des Streitwerts gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG.
Entsprechendes gilt für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der sinngemäß als Antrag gemäß § 66 Abs. 7 Satz 2 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Gerichtskosten-Erinnerung zu verstehen ist (FG Hamburg, Beschluss vom 29.07.2011 3 KO 130/11, Rpfleger 2012, 157, Juris Rz. 19).
II.
1. Die Gerichtskosten-Erinnerung und der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sind als unbegründet gemäß § 66 Abs. 1, 6, 7 GKG zurückzuweisen, nachdem der Streitwert durch gestrigen Beschluss des mit der Klagesache befassten Spruchkörpers mit bindender Wirkung nach § 3 GKG für das vorliegende Erinnerungsverfahren beim Kostensenat auf 317.142 Euro festgesetzt worden ist (§ 79a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 FGO; §§ 3, 52, 63 Abs. 2 Satz 2 GKG); kein Streit besteht über den nach Klagerücknahme ermäßigten 2,0 Gebührenansatz als solchen (§ 3, § 9 Abs. 2 Nr. 2, § 34 GKG i. V. m. GKG-KV Nr. 6111).
2. Der höheren Streitwertfestsetzung aufgrund der Gerichtskosten-Erinnerung steht kein Verbot der Verböserung (reformatio in peius) aus den zu § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO entwickelten Rechtsgrundsätzen entgegen.
a) Eine Verschlechterung scheidet hier schon deswegen aus, weil der höhere Streitwert in der aus § 34 GKG entwickelten Gerichtskostentabelle keinen
Gebührensprung auslöst, insbesondere nicht in der gemäß § 71 GKG anzuwendenden bisherigen Fassung für die vor Ende Juli 2013 erhobene Klage.
b) Davon abgesehen gehen dem allgemeinen Verböserungsverbot die im Fall einer Gerichtskosten-Erinnerung anzuwendenden speziellen Vorschriften § 19 Abs. 5, § 20, § 63 Abs. 3 GKG vor (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 42. A., GKG § 19 Rz. 5 f., § 20 Rz. 9 f., § 63 Rz. 15, § 66 Rz. 29, § 68 Rz. 19 m. w. N.; Beschlüsse FG Rheinland-Pfalz vom 22.07.2011 3 Ko 1137/11, EFG 2012, 551, Juris Rz. 19; FG Sachsen-Anhalt vom 05.08.2009 4 K 503/08, EFG 2010, 74 m. w. N.; FG Münster vom 11.11.1969 VII 255/69 Ko, EFG 1970, 85; entgegen BFH-Beschlüssen unten d; vom 22.03.1989 VI E 4/88, BFH/NV 1989, 656; FG Saarland, Beschluss vom 19.11.1974 100/74, EFG 1975, 77).
Insoweit kann nichts anderes gelten als bei einer – in anderen Gerichtsbarkeiten – eröffneten Streitwertbeschwerde gemäß § 68 GKG (vgl. Beschlüsse OVG Lüneburg vom 14.10.2011 13 OA 196/11, Juris Rz. 9; vom 04.02.2008 5 OA 185/07. NVwZ-RR 2008, 431; LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.03.2011 L 8 R 1107/10 B, Juris; OLG Brandenburg vom 26.05.2010 13 WF 20/10, FamRZ 2011, 755; ständ. Rspr.) oder nach der Vorgängervorschrift § 25 GKG a. F. (Thüringer LAG vom 14.11.2000 8 Ta 134/2000, MDR 2001, 538; OLG Brandenburg vom 18.06.1996 10 WF 49/96, FamRZ 1997, 689).
Das beruht darauf, dass das Streitwertfestsetzungsverfahren im überwiegenden öffentlichen Interesse an einer jederzeit objektiv richtigen Bewertung der Verfahrensgegenstände gemäß §§ 63 ff. GKG als amtliches Verfahren ausgestaltet ist und insoweit die unterschiedlichen Interessen der Prozessbeteiligten, die Rechtsverfolgung für sich möglichst kostengünstig oder für den Gegner möglichst kostspielig zu gestalten, nicht schutzwürdig sind und vollständig zurücktreten (Beschlüsse LG Hamburg vom 26.06.2012 318 T 36/12, Juris; OLG Düsseldorf vom 19. Mai 2009 I-24 W 13/09, MDR 2009, 1187).
c) Dabei kommt es hier nicht darauf an, inwieweit sonst die Bindung entsprechend § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO bzw. das Verschlechterungsverbot im Kostenrecht gilt, sei es in Verfahren nach § 33 RVG oder sei es bei Erinnerungen gegen – förmliche – Kostenfestsetzungsbeschlüsse betreffend die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 149 FGO (vgl. Beschlüsse FG Hamburg vom 11.07.2012 3 KO 49/12, EFG 2012, 2157; vom 07.12.1967 IVa 683/64 S-H, EFG 1968, 138; FG Köln vom 16.11.2001 10 Ko 6021/01, EFG 2002, 224; Bay. VGH vom 27.07.1998 23 C 98.981, Juris Rz. 44; BFH vom 16.12.1969 VII B 45/68, BFHE 98, 12, BStBl II 1970, 251).
d) Für Gerichtskosten-Erinnerungen sind insoweit Verweisungen auf Rechtsquellen betreffend Erinnerungen gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse nicht einschlägig (entgegen Beschlüssen BFH vom 28.02.2001 VIII E 6/00, Juris Rz. 4; FG Bremen vom 15.07.1997 2 97 103 Ko 2, EFG 1997, 1330). Ebenso wenig überzeugt die auf derartig verweisende Entscheidungen undifferenziert Bezug nehmende ständige BFH-Rechtsprechung (entgegen BFH-Beschlüssen vom 31.12.2006 XI E 5/06, Juris Rz. 10; vom 18.06.1999 I E 1/99, BFH/NV 1999, 1505, Juris Rz. 14; vom 06.06.1989 X E 3/88, Juris Rz. 8; vom 23.01.1989 IV E 1/85, BFH/NV 1989, 718; vom 18.11.1986 VII E 9/86, BFH/NV 1987, 597).
III.
Die Gerichtskostenfreiheit des Erinnerungsverfahrens und die Nichterstattung außergerichtlicher Kosten folgen aus § 66 Abs. 8 GKG.
Die Entscheidung ergeht durch den der originären Einzelrichter des Kostensenats des FG gemäß § 66 Abs. 6 GKG (FG Hamburg, Beschluss vom 29.07.2011 3 KO 130/11, Rpfleger 2012, 157, Juris Rz. 35 f. m. w. N.; a. A. BFH vom 01. September 2005 III 1/05, BFH/NV 2006, 92 zur dortigen Besetzung).
Die Unanfechtbarkeit ergibt sich aus § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 128 Abs. 4 FGO.