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Steuerberater

Teilwertabschreibung bei festverzinslichen Wertpapieren (BayLfSt)

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen; Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 )

Der BFH hat mit Urteil vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 entschieden, dass bei festverzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, eine Teilwertabschreibung unter ihren Nennwert allein wegen gesunkener Kurse regelmäßig nicht zulässig ist. Dies gilt auch dann, wenn die Wertpapiere zum Umlaufvermögen gehören.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung der Urteilsgrundsätze wie folgt Stellung:

Die Grundsätze dieses Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwendbar, wenn es sich um festverzinsliche Wertpapiere im Umlaufvermögen handelt, kein Bonitäts- und Liquiditätsrisiko hinsichtlich der Rückzahlung der Nominalbeträge besteht und die Wertpapiere bei Endfälligkeit zu ihrem Nennwert eingelöst werden können.

Die Rzn. 24 und 25 (Lösung zu Beispiel 6) des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (BStBl 2000 I S. 372 ) sind insoweit überholt.

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 (a. a. O.) zur Bewertung von festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen können frühestens in der ersten nach dem 8. Juni 2011 (Tag der BFH-Entscheidung) aufzustellenden Bilanz berücksichtigt werden; sie sind spätestens in der ersten auf einen Bilanzstichtag nach dem 22. Oktober 2012 aufzustellenden Bilanz (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II) anzuwenden.

Die Bewertung festverzinslicher Wertpapiere im Anlagevermögen wird durch diese Regelung nicht berührt. Insoweit verbleibt es bei der bisher bereits durch Verwaltungsauffassung geregelten Bewertung zum Nominalwert (vgl. Rz. 16 des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (a. a. O.).

Inhaltlich gleichlautend

Bayerisches Landesamt für Steuern v. 14.09.2012 – S 2171 b.2.1-3/2 St 32

Umsatzsteuervorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe (FG)

 „Kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG

 Leitsatz

  1. 1.            Ausgaben sind für das Kj abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
  2. 2.            Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kj bezogen.
  3. 3.            USt-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung i.d.R. von vornherein feststeht.
  4. 4.            Als „kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.
  5. 5.            Eine Erweiterung dieser Höchstgrenze kommt auch mit Blick auf § 108 Abs. 1 AO nicht in Betracht.

 Gesetze

EStG § 11
UStG § 18 Abs. 1 Satz 3
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine am 11. Januar 2010 gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2009 zu berücksichtigen ist.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er als Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG ). Umsatzsteuerlich ist der Voranmeldungszeitraum nach § 18 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (im Folgenden: UStG ) das Kalendervierteljahr. Die Umsatzsteuervoranmeldung für das 4. Quartal 2009 wurde am 11. Januar 2010 von dem Kläger eingereicht. Gleichzeitigt wurde die entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € geleistet.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 erklärte der Kläger einen Gewinn aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit in Höhe von 41.125,49 €. Die Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € war bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe berücksichtigt worden.

Am 31. Januar 2011 erließ der Beklagte einen Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2009, in dem es u.a. diese von den Klägern geltend gemachte Betriebsausgabe nicht anerkannte. In den Erläuterungen zu dem Bescheid heißt es: „In der Gewinnermittlung wurde die Umsatzsteuer von Ihne[n] unzutreffend berücksichtigt. Die Abweichungen sind der in der Anlage beigefügten Kopie der geänderten Anlage EÜR zu entnehmen”. Dem Steuerbescheid war eine handschriftlich kommentierte Kopie der von den Klägern eingereichten Anlage EÜR sowie ein Kontoauszug des Beklagten beigefügt.

Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger Klage erhoben.

Sie sind der Auffassung, der angefochtene Steuerbescheid sei bereits aus dem Grunde formell rechtswidrig und unwirksam, weil die durch den Beklagten vorgenommenen Abweichungen gegenüber der Steuererklärung nicht nachvollziehbar seien.

Darüber hinaus sei die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe für das Jahr 2009 zu berücksichtigen. Es handele sich um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2009 abgeflossen und deshalb nach § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG in diesem Jahr 2009 anzusetzen seien. Soweit der Beklagte die Wendung „kurze Zeit” in dieser Vorschrift auf einen Zeitraum von 10 Tagen begrenze, müsse dabei berücksichtigt werden, dass der zehnte Tag des Jahres 2010 ein Sonntag gewesen sei und deshalb nach § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (im Folgenden: BGB ) für Fristberechnungen der darauffolgende Werktag maßgeblich sei. Da die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung unstreitig am 11. Januar 2010 erfolgt sei, lägen die Voraussetzungen der Zurechnung der Aufwendung zum Jahr 2009 vor.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Bescheides über Einkommensteuer für das Jahr 2009 vom 31. Januar 2011 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 10. November 2011 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung könne keine Berücksichtigung bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2009 finden. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (im Folgenden: BFH), dass der unbestimmte Rechtsbegriff „kurze Zeit” in § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG nur dann als erfüllt angesehen werde, wenn die Zahlung innerhalb eines Zeitraumes von 10 Tagen nach Beendigung des Kalenderjahres geleistet wurde, zu dem sie gehört. Dies sei im Streitfall nicht erfüllt.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung) zugestimmt und einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Steuerbescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO ).

1. Die von dem Kläger am 11. Januar 2010 geleistete Umsatzsteuer in Höhe von 3.357,69 € kann nicht als Betriebsausgabe des Jahres 2009 berücksichtigt werden.

a. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG bestimmt, dass regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen gelten.

a. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung bei der Art der von dem Kläger erbrachten Leistungen von vornherein feststeht (BFH-Urteil vom 1. August 2007 – XI R 48/05 , BStBl. II 2008, 282; BFHE 218, 372 ), so dass § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar ist.

b. Als „kurze Zeit” im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH – wie der Beklagte zutreffend ausführt – ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen (vgl. nur BFH-Urteile vom 13. März 1964 – VI 152/63 , juris; vom 9. Mai 1974 – VI R 161/72, BFHE 112, 373 , BStBl II 1974, 547; vom 10. Dezember 1985 – VIII R 15/83, BFHE 145, 538 , BStBl II 1986, 342; vom 24. Juli 1986 – IV R 309/84, BFHE 147, 419 , BStBl II 1987, 16; vom 6. Juli 1995 – IV R 63/94, BFHE 178, 326 , BStBl II 1996, 266; vom 6. Juli 1995 – IV R 72/94, BFH/NV 1996, 209 ; vom 6. März 1997 – IV R 47/95, BFHE 183, 78 , BStBl II 1997, 509; vom 23. September 1999 – IV R 1/99, BFHE 190, 335 , BStBl II 2000, 121).

In seiner Entscheidung vom 6. November 2002 (X B 30/02, BFH/NV 2003, 169 ) hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich klargestellt, dass eine Erweiterung dieser Höchstgrenze unter Berufung auf besondere Verhältnisse des Einzelfalls nicht in Betracht kommt.

Auch der von dem Kläger angeführte § 193 BGB führt zu keinem anderen Ergebnis. Ist danach an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

Zwar gilt die Regelung nach § 108 Abs. 1 AO auch im Steuerverfahrensrecht, sie findet jedoch keine Anwendung auf die Fälle der vom Zu- und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG . Es fehlt hier schon an der Voraussetzung, wonach eine Leistung zu bewirken „ist”. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regeln nicht eine Zahlungspflicht, sondern knüpfen nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um daran die vom Grundsatz abweichende zeitliche Zurechnung zu bestimmen.

Die Fälligkeit einer Umsatzsteuervorauszahlung bestimmt sich alleine nach § 18 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes , wonach die Zahlung am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig ist. Diese Zahlungsfrist verlängert sich nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB bis zum folgenden Werktag, wenn sie auf einen Sonn- und Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Diese Verlängerung hat aber auf den Zeitraum des § 11 EStG keinen Einfluss.

c. Im Streitfall kommt eine Berücksichtigung der von dem Kläger am 11. Januar 2010 gezahlten Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe des Jahres 2009 nicht in Betracht. Die Zahlung ist nicht innerhalb des genannten Zehntageszeitraums erfolgt.

2. Auch die Begründung der angefochtenen Steuerfestsetzung durch den Beklagten hinsichtlich seiner Abweichungen von der Steuererklärung des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach §§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 AO nichtig macht, insbesondere dann unbeachtlich, wenn die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird. Dies kann nach § 126 Abs. 2 AO bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens erfolgen.

Im Streitfall hat der Beklagte in den Erläuterungen des Bescheides darauf hingewiesen, dass er im Steuerbescheid hinsichtlich der von dem Kläger erklärten Umsatzsteuerzahlungen abgewichen ist und dies durch Anlagen näher erläutert. Er hat diese Erläuterungen im Einspruchs- und auch im Klageverfahren weiter ergänzt.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

 

Auswirkung des BilMoG auf die Steuerbilanz

Gegenüberstellung der wesentlichen Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz unter Geltung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG)

Nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (1. Halbsatz), es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt (2. Halbsatz, durch das BilMoG ergänzt).

Dieser Grundsatz war bereits bisher wegen des Bewertungsvorbehalts in § 5 Abs. 6 EStG durchbrochen. Danach gehen steuerliche Bewertungsvorschriften, insbesondere die §§ 6 bis 7k EStG sowie steuerlicher Sonderregelungen, wie z. B. das Verbot in § 5 Abs. 4a EStG eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden, den handelsrechtlichen Vorschriften vor. Daran hat sich durch das BilMoG nichts geändert.

Neu ist, dass steuerliche Wahlrechte unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden können. Wahlrechte, die sowohl handels- als auch steuerrechtlich bestehen, können demnach (erstmals für Bilanzstichtage nach dem 31.12.2008, d. h. ab VZ 2009) in der Handels- und der Steuerbilanz unterschiedlich ausgeübt werden ( BMF-Schreiben vom 12.03.2010 , BStBl 2010 I S. 239). Die Ausübung steuerlicher Wahlrechte muss nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG n. F. jedoch besonders dokumentiert werden, sofern sich die erforderlichen Angaben (Zeitpunkt der Anschaffung, Anschaffungskosten, Rechtsgrundlage des in Anspruch genommenen Wahlrechts und der vorgenommenen Abschreibungen) nicht aus dem Anlageverzeichnis ergeben.

Weggefallen ist allerdings die umgekehrte Maßgeblichkeit (Streichung des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F.), nach der bisher steuerliche Wahlrechte in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben waren. In diesem Zusammenhang sind auch die handelsrechtlichen Öffnungsklauseln (§§ 254, 247 Abs. 3, 273 HGB a. F. Sonderposten mit Rücklagenanteil) gestrichen worden, mit denen steuerliche Wahlrechte, z. B. die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG, in die Handelsbilanz übertragen werden konnten.

 

HGB-Regelung im BilMoG

Inhalt der Neuregelung

Behandlung in der Steuerbilanz

Steuerliche Korrektur erforderlich?

§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB
Vermögensgegenstände sind dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.
ebenso Bereits bisher schon in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO geregelt
Nein
§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB
Saldierung von bestimmten Vermögensgegenständen, z. B. Rückdeckungsversicherungen mit Pensionsrückstellungen
Saldierungsverbot (§ 5 Abs. 1a EStG) führt zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit
Ja keine Saldierung
§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB
Aktivierungswahlrecht für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, z. B. selbst geschaffene Patente
steuerliches Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG) führt wie bisher zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit
Ja bei Aktivierung in der Handelsbilanz
§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB
Aktivierungspflicht für den entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert; Abschreibung auf individuelle Nutzungsdauer (i. d. R. max. fünf Jahre)
Aktivierungspflicht und lineare Abschreibung auf 15 Jahre (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG) gilt weiter
Ja AfA auf 15 Jahre linear
§ 250 Abs. 1 Satz 2 HGBgestrichen
kein ARAP für als Aufwand abgezogene Zölle und Verbrauchsteuern auf Vorratsvermögen sowie für als Aufwand abgezogene USt auf Anzahlungen
Weiterhin Aktivierungspflicht nach§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG
Ja Aufwand nicht sofort abzugsfähig
§ 249 Abs. 1 Satz 3 HGBgestrichen§ 249 Abs. 2 HGB
keine allgemeineAufwandsrückstellungen sowie für unterlassene Instandhaltungen, die mehr als drei Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres nachgeholt werden
ebenso Das bisherige Passivierungsverbot bei handelsrechtlichen Passivierungswahlrechten gilt weiterhin.
Nein
§ 255 Abs. 2 Satz 2 HGB
zwingende Einbeziehung der Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie des Wertverzehrs des Anlagevermögens in die Herstellungskosten
ebenso Bereits bisher waren Materialeinzel- und Materialgemeinkosten sowie der Wertverzehr des Anlagevermögens in die Herstellungskosten einzubeziehen (R 6.3 Abs. 1 EStR 2008).
Nein
§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB
Wahlrecht (unverändert), Kosten der Verwaltung sowie Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und für diebetriebliche Altersversorgung in die Herstellungskosten einzubeziehen
Bis zur Veröffentlichung der EStR 2012 keine Abweichung, d. h. das Wahlrecht gilt für die steuerlichen HK (R 6.3 Abs. 4 EStR 2008). Danach zwingende Einbeziehung dieser Aufwendungen in die steuerlichen HK (BMF-Schreiben vom 22.06.2010, BStBl 2010 I S. 597)
Nein
§ 253 Abs. 3Satz 3 undSatz 4 HGB
Anlagevermögen: keine außerplanmäßige Abschreibung bei nur vorübergehender Wertminderung. Außerplanmäßige Abschreibung (wie bisher) bei vor-aussichtlich dauernder Wertminderung zwingend.

Ausnahme: bei Finanzanlagevermögen schon bei vorübergehender Wertminderung

Teilwertabschreibungen waren bereits bisher nur bei vor-aussichtlich dauerhafter Wertminderung zulässig (Kann-Regelung, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG). Dieses Wahlrecht kann jetzt unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden, d. h. insoweit keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz mehr.
grundsätzlich Nein
§ 253 Abs. 4 HGB
Umlaufvermögen: strenges Niederstwertprinzip bei jeder Wertminderung
grundsätzlich ebenso, wenn Wertminderung bis zum Bilanz-erstellungstag anhält
grundsätzlich Nein
§ 253 Abs. 5 Satz 1 HGB
Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für eine außerplanmäßige Abschreibung nicht mehr bestehen.
Wertaufholungsgebot bestand bereits bisher (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3 EStG)
Nein
§ 256 Satz 1 HGB
nur noch Lifo- und Fifo-Methode bei der Bewertung des Vorratsvermögens zulässig
Steuerlich ist weiterhin nur das Lifo-Verfahren zulässig (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG).
Ja sofern Bewertung nach Fifo-Methode in der Handelsbilanz
§ 256a HGB
Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden in fremder Währung mit dem Devisenmittelkurs am Bilanzstichtag. Bei einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr gelten weder das Anschaffungskostenprinzip noch das Realisationsprinzip. Dadurch kann es zum Ausweis nicht realisierter Gewinne kommen.
Das Anschaffungskostenprinzip gilt weiterhin, d. h. nicht realisierte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden.
Ja
Rückstellungen sind in der Steuerbilanz der Höhe nach auf den Wert in der Handelsbilanz begrenzt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG).Hinweis/Link auf neue VfG
§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB
Bei der Bewertung von Rückstellungen sind zu erwartende Preis- und Kostensteigerungen einzubeziehen.
keine Einbeziehung von Preis- und Kostensteigerungen, Verhältnisse am Bilanzstichtag sind maßgebend (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG)
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB
Abzinsung von Rückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins der letzten sieben Jahre
In der Steuerbilanz sind Rückstellungen wie bisher mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG).
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 253 Abs. 2 Satz 2 HGB
Abzinsung von Pensionsrückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins für eine Restlaufzeit von 15 Jahren. Künftige Gehalts- und Rentensteigerungen sind einzubeziehen.
Der Abzinsungssatz von 6 % (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG) gilt weiterhin. Zudem sind – wie bisher – die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 HS 2 EStG)
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 254 Abs. 1 HGB
Bildung von Bewertungseinheiten für Grund- und Sicherungsgeschäfte, z. B. durch Zusammenfassung einer Forderung in ausländischer Währung mit einem Absicherungsgeschäft gegen Wechselkursänderungen.
Übernahme der Bewertungseinheiten in die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1a Satz 2 EStG). Zudem muss bei einem Verpflichtungsüberhang eine Drohverlustrückstellung gebildet werden (Ausnahme vom Verbot der Bildung von Drohverlustrückstellungen in § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG).
Nein

Aufteilungsverbot gilt nicht für häusliches Arbeitszimmer (FG)

Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind im Falle einer gemischten Nutzung teilweise abziehbar, soweit das Arbeitszimmer büromäßig eingerichtet ist und eine Aufteilung zumindest im Schätzungswege möglich ist. § 12 Nr. 1 EStG steht dem nicht entgegen (FG Niedersachsen, Urteil v. 24.4.2012 – 8 K 254/11; Revision eingelegt).

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH sowie nach Auffassung der Finanzverwaltung ist ein häusliches Arbeitszimmer ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird; eine untergeordnete private Mitbenutzung ist jedoch unschädlich (vgl. hierzu BMF, Schreiben v. 2.3.2011, BStBl 2011 I S. 195, Rn. 3).

Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Der Kläger erhielt eine Altersrente und erzielte daneben u.a. Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Er war Eigentümer zweier Mehrfamilienhäuser mit jeweils 9 bzw. 5 Mietwohnungen. Außerdem vermietete er fünf Garagen. Er machte geltend, das Arbeitszimmer stelle den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit dar. Ergänzend verwies er auf einen „Tätigkeitsbericht“ über die Arbeiten, die er im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet habe, sowie auf Fotos vom Arbeitszimmer. Auf dem Foto befinden sich u.a. ein Schreibtisch, Büroschränke und Regale sowie diverse Leitzordner. Im Arbeitszimmer steht ein Computer. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen nicht zum Abzug zu. Der Kläger habe eine ausschließliche oder nahezu ausschließliche berufliche Nutzung des Arbeitszimmers nicht nachgewiesen.

Eine Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer setzte zwar nach bisherigen Auffassung voraus, dass das Arbeitszimmer nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Denn nach der Rechtsprechung des BFH konnten Aufwendungen für die eigene Wohnung grds. nicht abgezogen werden, weil es sich bei diesen Aufwendungen regelmäßig um solche der privaten Lebensführung handele, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbar seien. War die private Mitbenutzung demnach nicht von nur untergeordneter Bedeutung, so stand die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG der Abziehbarkeit auch nur eines Teils der Aufwendungen entgegen. Die Rechtfertigung für ein solches Aufteilungsverbot ist jedoch durch den Beschluss des Großen Senats  (Az. GrS 1/06) entfallen, so dass nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls dann, wenn der Charakter als „Arbeitszimmer“ trotz der privaten Mitbenutzung zu bejahen ist, eine Aufteilung geboten ist.

Quelle: FG Niederdachsen online

Öffentliches Fachgespräch zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen im Finanzausschuss

Mit “grenzüberschreitenden Steuergestaltungen” beschäftigt sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in einem öffentlichen Fachgespräch am Mittwoch, den 20. März, ab 14.00 Uhr im Sitzungssaal E 400 des Paul-Löbe-Hauses. Zu dem auf zwei Stunden angesetzten Fachgespräch werden folgende Sachverständigen erwartet: Prof. Hubertus Baumhoff (Kanzlei Flick Glocke Schaumburg), Deutsche Bank AG, Markus Henn (Tax Justice Network), Nicola LiebertAchim Pross (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD), Starbucks Coffee Deutschland GmbH und Heinz Zourek, Europäische Kommission.

Deutscher Bundestag

Internationale Konzerne sparen Steuern durch Gewinnverlagerung

Durch das geschicktes Ausnutzen des unterschiedlichen Steuerrechts in verschiedenen Ländern und interne Verrechnungen gelingt es internationalen Konzernen, ihre Steuerlast erheblich zu senken. Dies bestätigten mehrere Sachverständige bei einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am gestrigen Mittwoch.

Professor Hubertus Baumhoff von der Kanzlei Flick Glocke Schaumburg zeigte am Beispiel des amerikanischen Suchmaschinenbetreibers Google auf, welche Gestaltungsmöglichkeiten verschachtelte Konzerne haben. So verfüge zum Beispiel Google über Niederlassungen in Irland, den Niederlanden und den Bermudas. In Irland seien etwa 2.000 Personen beschäftigt. Dort würden Lizenzgebühren aus Geschäften in Europa kassiert. Lizenzausgaben in ähnlicher Höhe würden wiederum an die Niederlassung in den Niederlanden gezahlt, und von dort werde das Geld auf die Bermudas transferiert. Es gebe mehrere Gründe, warum das funktioniere: In den Niederlanden falle keine Steuer auf Lizenzgebühren an, und auch in Irland gebe es keine Steuerpflicht. Die USA wiederum könnten nichts wegen Googles Bermuda-Gesellschaft unternehmen, weil diese über ihre irische Tochter einen aktiven Geschäftsbetrieb vorweisen könne. Es werde geschätzt, dass der Konzern 33 Milliarden Dollar steuerfrei gebunkert habe. “In Deutschland wäre diese Gestaltung nicht möglich”, sagte Baumhoff.

Auch Nicola Liebert von Tax Justice Network sagte, die Gewinnverschiebung mit Lizenzgebühren scheine ziemlich verbreitet zu sein. Zum System gehörten zudem Zinszahlungen sowie Finanzinstrumente wie Derivate und Swaps. Verbreitet seien aber auch Manipulationen interner Verrechnungspreise, auch wenn das verboten sei. Achim Proos von der OECD wies darauf hin, dass diese Gestaltungen besonders Finanzierungsfragen und immaterielle Güter betreffen würden. Auch bei den konzerninternen Verrechnungspreisen stellten sich viele Fragen. Die OECD hoffe, im Juni mit den Beratungen über einen Aktionsplan gegen die Steuergestaltungen von internationalen Konzernen beginnen zu können. Man wolle etwas gegen die doppelte Nichtbesteuerung tun, aber keine doppelte Besteuerung herbeiführen.

Von der Deutschen Bank hieß es, bei den geschilderten Fällen handele es sich eher um ein Problem des amerikanischen Gesetzgebers. In Deutschland seien Modelle wie das von Google nicht möglich. Baumhoff bestätigte, wenn Staaten auf Besteuerung verzichten würden, sei das kein Betriebsunfall, sondern geschehe aus Wettbewerbsgründen. Es wäre für die USA leicht, an die auf die Bermudas gebrachten Gewinne heranzukommen. Markus Henn (Tax Justice Network) sagte, aus seiner Sicht seien deutsche Konzerne sauber. Aber man müsse auch sehen, dass viele deutsche Konzerne Tochterfirmen in Steueroasen hätten. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hielt der Deutschen Bank ein Zitat aus dem Geschäftsbericht vor, wonach es eine “vorteilhafte geografische Verteilung des Gewinns” gebe. Die Bank wies dies unter Hinweis auf ihre hohe Steuerquote zurück.

Deutscher Bundestag

Scheidungskosten sind steuerlich absetzbar

Die Kosten, die bei der Scheidung im gerichtlichen Scheidungsverfahren entstehen, können steuerlich abgesetzt werden. Nach dem Urteil des Finanzgerichts in Düsseldorf (Az.: 10 K 2392/ 12 E) können diese als außergewöhnliche Belastung steuerlich angeführt werden.

Die Richter begründeten dies damit, dass eine Scheidung ein gerichtliches Verfahren zwingend mit sich zieht und sich die Ehepartner den Anwaltsgebühren und Gerichtskosten nicht entziehen können. Außerdem zählen zu den steuerlich absetzbaren Ausgaben sogenannte Scheidungsfolgesachen, wie z. B. Unterhaltsansprüche oder der Zugewinnausgleich.

Weiterhin ist zu beachten, dass als Voraussetzung eine gewisse Zumutbarkeitsgrenze überschritten worden sein muss. Diese entsteht jährlich neu und hängt von der Höhe der Einkünfte, dem Familienstand und der Zahl der Kinder ab. Es ist also von Fall zu Fall unterschiedlich, wann die Zumutbarkeitsgrenze erreicht ist und die Belastungen steuerlich absetzbar sind.

Allerdings gibt es weiterhin die Einschränkung, dass bei einer außergerichtlichen Einigung die Anwaltsgebühren nicht steuerlich absetzbar sind, da erst gar keine gerichtlichen Kosten anfallen.

Im obigen Fall wollte der Ehepartner seine angefallen Gerichts- und Anwaltsgebühren sowie die Kosten, die aufgrund des Versorgungsausgleichs, dem Zugewinnausgleich und dem nachehelichen Unterhalt angefallen sind, steuerlich absetzen. Das Finanzamt erkannte aber nur die gerichtlichen Scheidungskosten und die Kosten bezüglich des Versorgungsausgleichs als außergewöhnliche Belastung an.

Allerdings entschied das Finanzgericht Düsseldorf, wie oben erwähnt, anders und es wurden schließlich die gesamten Kosten als außergewöhnliche Belastung angesehen.

Finanzgericht Düsseldorf

Darlehensverzicht gegenüber dem Arbeitgeber als Werbungskosten

Finanzgericht Düsseldorf, 1 K 522/11 E

Datum: 07.12.2012
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 1. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 1 K 522/11 E
Tenor: Der Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2006 wird dahingehend geändert, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers ein weiterer Betrag von 15.947 DM als Werbungskosten berücksichtigt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 88 % und der Beklagte zu 12 %.
1Tatbestand:2Streitig ist, ob und in welcher Höhe der Verzicht auf eine Forderung aus einem Darlehn, das der Kläger als Arbeitnehmer und zugleich Gesellschafter seines Arbeitgebers diesem gewährt hatte, im Jahr 2001 beim Arbeitnehmer einkünftemindernd zu berücksichtigen ist.

3Der Kläger war seit 1996 Gesellschafter und seitdem auch einer von mehreren Geschäftsführern einer GmbH mit einem Jahresgehalt von anfangs etwa 150.000 DM, später 250.000 DM. Der Kläger hielt zunächst zum Nominalwert von 76.500 DM einen Anteil von 6,95 % des 1.100.000 DM betragenden Stammkapitals der GmbH. Nach Kapitalerhöhungen hielt er Anteile von nominal 94.500 DM. Davon übertrug er im Januar 2000 schenkweise Anteile von 15.800 DM und 15.700 DM auf seine beiden Töchter. Der dem Kläger an der GmbH dann noch verbleibende Anteil betrug 63.000 DM (4,6 %).

4Nachdem die GmbH bereits 1998 von ihren Gesellschaftern Liquiditätshilfedarlehn erhalten hatte, die 1999 samt Zinsen zurückgezahlt worden waren, forderte die GmbH alle Gesellschafter im Hinblick auf einen ihr Anfang 2000 von der Bank empfohlenen Börsengang auf, ihr in Höhe dieser früheren Gesellschafterdarlehn einschließlich Zinsen erneut Darlehn zu gewähren. Die GmbH ging dabei davon aus, dass auch Darlehn von Kleingesellschaftern kapitalersetzend sein könnten und daher während einer Krise nicht zurückverlangt werden dürften, so dass die in 1999 erfolgte Rückzahlung gegen die Kapitalerhaltungsregeln des GmbHG sowie gegen due dilligence verstoßen habe. Eine Gegenvorstellung des Klägers blieb erfolglos.

5Um dem Kläger ‑wie auch den anderen Kleingesellschaftern‑ die geforderte Darlehnsgewährung an die GmbH finanziell zu ermöglichen, boten einer weiteren GmbH und ein weiterer Großgesellschafter an, kleinere Anteile zu einem über dem Nominalbetrag liegenden Kaufpreis zu erwerben. Daraufhin veräußerten am 24.11.2000 der Kläger Anteile von nominal 14.800 DM für 110.367 DM und seine beiden Töchter Anteile von je 2.800 DM für jeweils 27.592 DM (zusammen 165.551 DM) an die GmbH und einen weiteren Großgesellschafter. Dem Kläger verblieb ein Anteil von 48.200 DM (1,6 %). Der Kläger verpflichtete sich, das (ehemals getilgte) Darlehn von 61.400 DM nebst damals erhaltener Zinsen von 6.083 DM erneut der GmbH zur Verfügung zu stellen und in Höhe des übersteigenden Veräußerungserlöses ein weiteres Gesellschafterdarlehn zu gewähren. Dazu vereinbarten der Kläger und die GmbH am 28.11.2000 eine Liquiditätshilfe von 98.068 DM (165.551 DM abzgl. Altdarlehn 61.400 DM nebst Zinsen 6.083 DM). Der Übernehmer der Anteile zahlte den Kaufpreis unmittelbar an die GmbH aus.

6Nachdem die Bank den geplanten Börsengang Ende 2000 abgesagt hatte, musste der GmbH neues Kapital von mindestens 7 Mio. DM zugeführt werden. Dazu waren die Großgesellschafter nur unter der Bedingung bereit, dass die Kleingesellschafter sämtliche (Rest-)Anteile zum Nominalwert abtreten und auf ihre Gesellschafterdarlehn nebst Zinsen verzichten würden. In Gesprächen wurden die Kleingesellschafter mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass bei deren Weigerung eine Kapitalerhöhung ausscheide, die Gesellschaft in Insolvenz gerate und die Arbeitsplätze gefährdet seien. Darauf wurde am 6. März 2001 das Kapital der GmbH von 2.941.900 DM auf 9.941.900 DM erhöht. Mit Vertrag vom selben Tag verkaufte der Kläger seine Restbeteiligung in Höhe von 1,64 % zum Nennbetrag von 48.200 DM an die GmbH sowie einen weiteren Großgesellschafter, zugleich verzichtete er auf seine Darlehnsrückzahlungsansprüche über insgesamt 159.468 DM (61.400 DM und 98.068 DM) sowie auf die Zinsen. Die Großgesellschafter verpflichteten sich, den Verkäufern der Restanteile über den vereinbarten Kaufpreis hinaus weitere Beträge von 13.600 DM und 6.800 DM zu bezahlen, sofern das Unternehmen vor dem 31. Dezember 2001 zu einem Preis von mindestens 20 Mio. DM verkauft werden könne. Der Verzicht des Klägers stand wie der der weiteren Kleingesellschafter unter dem Vorbehalt, dass alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 5. März 2001 und die notariellen Beurkundungen am 6. März 2001 wie geplant erfolgten. Die Versuche, die GmbH zu veräußern, blieben erfolglos.

7Im Januar 2002 (9 Monate nach der Kapitalerhöhung im März 2001) meldete die GmbH, vertreten durch den Kläger als alleinigem alleinvertretungsberechtigtem Geschäftsführer, Insolvenz an; das Verfahren wurde am 01.04.2002 eröffnet. Der Insolvenzverwalter der GmbH vertrat die Auffassung, dass das Geschäftsmodell der GmbH wirtschaftlich nicht geeignet gewesen sei. Die GmbH habe in den Jahren ihres Bestehens nur Verluste erwirtschaftet. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten seien durch regelmäße kurzfristige Liquiditätsprobleme in erheblicher Höhe gekennzeichnet gewesen. Die erzielten Umsätze hätten nicht ausgereicht, die Fixkosten der GmbH zu decken. Das Unternehmenskonzept sei auf einen wesentlich höheren Umsatz ausgelegt gewesen, als es die GmbH jemals habe erzielen können. (Gutachten in dem Insolvenzeröffnungsverfahren vom 09.12.2002, Bl 62 ff). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH dauert bis zum heutigen Tage an, mit einem Abschluss ist erst in den Jahren 2013/2014 zu rechnen. Zwischenausschüttungen an die Gläubiger der GmbH haben nicht stattgefunden, der Insolvenzverwalter rechnet mit einer Quote von 7,5 % – 10 % auf die Insolvenzforderungen.

8Der Kläger und seine mit ihm zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehefrau, die Klägerin, machten mit der Einkommensteuererklärung 2001 den erklärten Darlehnsverzicht über insgesamt 159.468 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mit der Begründung geltend, dass der Kläger den Verzicht auf massiven Druck der Großgesellschafter erklärt habe, um seinen Arbeitsplatz als Geschäftsführer zu sichern.

9Das damals zuständige Finanzamt ‑FA‑ lehnte eine Berücksichtigung ab, weil weder feststehe, dass ein Außenstehender das Darlehn wegen gefährdeten Rückzahlungsanspruchs nicht gewährt hätte, noch, dass der Kläger bei einer Verweigerung der Verzichtserklärung seinen Arbeitsplatz verloren hätte.

10Der erkennende Senat wies die dagegen erhobene Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 172 veröffentlichten Gründen im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Darlehnsgewährung nicht durch das Arbeits-, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst gewesen sei; vorrangiges Ziel des Klägers sei es gewesen, die Gesellschaft wirtschaftlich zu fördern, das Gesellschafterdarlehn sei gesellschafterorientiert gewesen. Es könne dahinstehen, ob der vom Kläger am 06.03.2001 erklärte Verzicht auf die Darlehnsrückzahlung zur Sicherung des Arbeitsplatzes erfolgt sei. Denn dieser spätere Zeitpunkt sei für die Beurteilung rechtlich nicht maßgebend.

11Auf die hiergegen erhobene Revision hob der BFH mit Urteil vom 25. November 2010 (VI R 34/08, BStBl II 2012, 24) das Senatsurteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Zur Begründung führte er aus, dass das FG im zweiten Rechtsgang die näheren Umstände des Darlehnsverzichts zur Beurteilung der Frage aufzuklären habe, ob der Kläger auf die Darlehnsrückzahlung am 06.03.2001 verzichtet habe, um seinen Arbeitsplatz zu sichern oder ob auch insoweit der gesellschaftsrechtliche Veranlassungszusammenhang im Vordergrund stehe. Bei dieser Würdigung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger an der GmbH nur noch in geringem Umfang beteiligt gewesen sei, und dass die vom Kläger als Geschäftsführer erzielten Einkünfte von etwa 250.000 DM jährlich den noch vorhandenen Wert seiner Beteiligung an der GmbH und die daraus noch erzielbaren Beteiligungserträge deutlich übersteigen dürften. Entsprechendes gelte für die Frage, ob mit der Weigerung, den Verzicht zu erklären, für den Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer negative Folgen für seine Arbeitnehmerstellung verbunden gewesen wären (vgl. dazu BFH, Urteil vom 17. Juli 1992 VI R 125/88, BStBl II 1993, 111).

12Sollte das FG im Hinblick darauf zu der eher nahe liegenden Würdigung gelangen, dass der Kläger den Verzicht ausgesprochen habe, um seinen Arbeitsplatz zu sichern, und daher der Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften überwiege, seien weitere Feststellungen dazu erforderlich, welchen Wert die Darlehnsforderung im Zeitpunkt des Verzichts noch gehabt habe. Denn nur in Höhe des dann noch werthaltigen Teils der Forderung wären dem Kläger Aufwendungen entstanden, die in einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Veranlassungszusammenhang zu seinen Lohneinkünften stünden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des BFH vom 25. November 2010 (VI R 34/08, BStBl II 2012, 24) Bezug genommen.

13Im nun anhängigen Verfahren des zweiten Rechtszuges wiederholen und vertiefen die Kläger ihren bisherigen Vortrag zur Begründung ihres Begehrens auf Berücksichtigung des Darlehnsverzichtes aus März 2001 als Werbungskosten iHv 159.469 DM bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers.

141. Wesentlicher Grund für den Darlehnsverzicht des Klägers sei der Erhalt des Arbeitsplatzes gewesen. Die Geschäftsführerposition des Klägers sei bereits im 1. Halbjahr 2000 „angeschlagen“ gewesen, der Kläger sei von dem operativen Geschäft der GmbH entbunden und nur noch für die Durchführung von Sonderaufgaben zuständig gewesen. Damit sei er seiner Einschätzung nach praktisch seines Amtes enthoben und zum normalen Angestellten der GmbH geworden. Der Kläger habe alle Möglichkeiten ausschöpfen müssen, um seinen Arbeitsplatz in seinem Alter zu erhalten. Die Großaktionäre hätten erheblichen Druck auf den Kläger zum Darlehnsverzicht ausgeübt und ihm – wie den anderen Kleinaktionären auch – deutlich gemacht, dass jede einzelne Verweigerung des Verzichts zur Folge gehabt hätte, dass die Großaktionäre die erneute Kapitalerhöhung verweigern würden, obwohl die Kleinaktionäre, der Kläger sowie die weiteren Geschäftsführer, lediglich GmbH-Anteile von insgesamt 5,65 % zusammen besaßen. Wäre die Kapitalerhöhung im März 2001 nicht erfolgt, hätte die GmbH unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Eine gesellschaftsrechtliche Ursache für den Darlehnsverzicht sei nicht anzunehmen, weil der Kläger als Gesellschafter keine Nachschuss- oder Darlehnsgewährungsverpflichtung gehabt habe.

15Die GmbH sei seit ihrem Bestehen immer wieder in Liquiditätsproblemen gewesen, ein Bankkredit der Stadtsparkasse sei nur in unzureichender Höhe für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes gewährt worden.

162. Der Verzicht auf das Darlehn sei mit dem Nennwert von 159.468 DM als Werbungskosten zu berücksichtigen. Das Darlehn sei im Zeitpunkt des Verzichts im März 2001 in voller Höhe werthaltig gewesen. Die GmbH sei zu diesem Zeitpunkt überlebensfähig gewesen. Zwar sei fraglich, ob für die GmbH bei einem Verkauf im Jahr 2000 tatsächlich die derzeit von den Großgesellschaftern im Wege der Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellten 10,7 Mio. DM als Kaufpreis zu erzielen gewesen wären. Bei dem von den Großgesellschaftern investierten Kapital habe es sich jedoch – wie bei der erneuten Zurverfügungstellung von 7 Mio. DM im März 2001 – um reines Risikokapital gehandelt, von dem diese erwartet hätten, dass sie in 5 – 10 Jahren eine Vergütung ihrer Investition erhalten würden.

17Die Annahme, dass das Darlehn wertlos gewesen sei, weil ohne den Darlehnsverzicht die Insolvenz der GmbH gedroht habe, sei unlogisch.

18Das Darlehn des Klägers sei ein Posten in der gesamten Wirtschafts- und Vermögenslage der GmbH als Kapitalgesellschaft gewesen. Damit sei der Wert des Darlehns abhängig vom Wert der GmbH im März 2001. Der Wert der GmbH sei so hoch eingeschätzt worden, dass die Großgesellschafter seit November 2000 insgesamt rund 8,5 Mio. DM investiert hätten. Belaufe sich der Unternehmenswert einer GmbH auf einen zweistelligen Millionenbetrag, sei auch ein Darlehn von 159.000 DM in voller Höhe werthaltig. Der Wert einer GmbH sei davon abhängig, welchen Marktpreis externe Investoren zu zahlen bereit seien. Bei der GmbH habe es sich um ein Unternehmen in der damals neuen Wirtschaftsbranche EDV-Dienstleister gehandelt. Die GmbH habe seit 1998 erhebliche Umsatzzuwächse verzeichnet (1999/2000 gegenüber 1998/1999 ein Plus von 5,6 Mio. DM = 47,5 %; 2000/2001 gegenüber 1999/2000 ein Plus von 5,5 Mio. DM = 31,6 %). Aus diesem Grund hätten die Großgesellschafter bereits rund 10 Wochen vor dem Darlehnsverzicht eine Kapitalerhöhung um 1.501.800 DM zuzüglich Aufgeld iHv 2.312.100 DM, insgesamt 3,8 Mio. DM, vorgenommen, in der Hoffnung, dass sich diese Investition rechnen werde. Zum Verzichtszeitpunkt hätten die Großinvestoren das Kapital der GmbH um weitere 7 Mio. DM erhöht.

19Zum Zeitpunkt des Darlehnsverzichtes seien die Großinvestoren davon ausgegangen, dass die GmbH überlebensfähig und werthaltig sei, ansonsten hätten diese sicherlich nicht innerhalb von 3 Monaten rund 10 Mio. DM in die Kapitalerhöhung gesteckt. Am 06.03.2001 habe ein Junktim zwischen den Großgesellschaftern und den angestellten Darlehnsgebern bestanden: die Großgesellschafter erklärten die Kapitalerhöhung und damit Arbeitsplatzsicherung gegen Darlehnsverzicht des Angestellten. Wäre das Darlehn wertlos gewesen, wäre auch eine Verzichtsforderung unsinnig gewesen. Die Großgesellschafter hätten den Wert des Darlehns für gegeben gehalten und die Gelegenheit genutzt, den Verzicht darauf zu fordern. Zudem habe die GmbH den Darlehnsverzicht auch in vollem Umfange als Ertrag gebucht.

20Dem stehe nicht entgegen, dass die GmbH seit ihrem Bestehen lediglich Verluste erwirtschaftet habe. Hierbei habe es sich um im Wirtschaftsleben übliche Anlaufverluste eines neu gegründeten Unternehmens gehandelt.

21Die GmbH sei zudem zum 30.06.2001 zwar buchmäßig, aber nicht wirtschaftlich überschuldet gewesen. Die GmbH habe den Wert eines im März 2001 abgeschlossenen Vertrages über die Lieferung und Pflege eines Datenbestandes an eine US-Firma aus handelsrechtlichen Gründen nicht bilanziell erfassen dürfen. Lediglich die bereits erhalten Lizenzzahlungen iHv 1.637.317 DM seien von der GmbH als Erlös erfasst worden. Selbst ohne Berücksichtigung dieses Betrages ergebe sich bei einer wirtschaftlichen Betrachtung aufgrund der qualifizierten Rangrücktrittserklärungen der Gesellschafter und einer stillen Beteiligung ein wirtschaftliches Eigenkapital zum 30.6.2001 iHv 4.875.655,33 DM; rechne man den Wert des Vertrages hinzu, erhöhe sich die Vermögensbilanz der GmbH am 06.03.2001 auf positive 10,6 Mio. DM.

22Dass das Darlehn des Klägers in voller Höhe werthaltig gewesen sei, werde auch bestätigt durch die Erhöhung des Wertes der Kapitalanteile der Großgesellschafter durch das Maßnahmebündel am 06.03.2001. Eine echte betriebswirtschaftliche Notwendigkeit für den von den Großgesellschaftern erzwungenen Darlehnsverzicht der Kleinst-Gesellschafter habe es nicht gegeben; vielmehr habe sich durch den Darlehnsverzicht der angestellten Kleingesellschafter als wesentlicher Effekt die Wertsteigerung der GmbH-Anteile der Großgesellschafter ergeben; diese hätten die Gelegenheit genutzt, sich der kleinen Gesellschafter zu entledigen.

23Auch nach dem Tauschgrundsatz sei das Darlehn des Klägers in voller Höhe werthaltig gewesen. Die Bestimmung des Wertes einer Investition bestimme sich durch den Wert der Gegenleistung. Der Kläger habe auf sein Darlehn iHv 159.000 DM verzichtet und hierfür den Gegenwert in Form des laufenden Einkommens 2001 iHv 294.000 DM erhalten. Wie auch die Förderung der Arbeitsplätze durch das Wirtschaftsministerium NRW iHv 500.000 € pro Arbeitsplatz im Jahr 2001 zeige, habe ein Arbeitsplatz einen bestimmten Wert. Ohne Darlehnsverzicht hätte der Kläger seinen Arbeitsplatz und das FA die auf das Arbeitsentgelt entfallende Lohnsteuer nicht erhalten.

24Nach dem Stichtagsprinzip sei die 9 Monate nach dem Darlehnsverzicht erfolgte Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH nicht zu berücksichtigen, weil es sich hierbei um nachweislich spätere, nach dem Stichtag eingetretene Umstände gehandelt habe, die die Insolvenz veranlasst hätten.

25Das 9 Monate nach dem Darlehnsverzicht beantragte Insolvenzverfahren könne auch nicht zur Wertaufhellung der Forderung herangezogen werden, weil die Großgesellschafter der GmbH dem Geschäftsbetrieb Ende 2001, Anfang 2002 eine neue Richtung gegeben hätten.

26Die Kläger beantragen,

27den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 07.07.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.08.2006 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers ein Betrag von 159.478 DM als Werbungskosten berücksichtigt wird.

28Der Beklagte beantragt,

29die Klage abzuweisen.

30Selbst wenn der Darlehnsverzicht des Klägers im März 2001 erfolgt sei, um den Arbeitsplatz bei der GmbH zu erhalten, sei gleichwohl der Wert der Darlehnsforderung zu diesem Zeitpunkt mit 0 DM anzusetzen.

31Die GmbH sei zum 30.06.2001 buchmäßig überschuldet gewesen. Diese buchmäßige Überschuldung habe bestanden, obwohl das Kapital der Gesellschaft am 19.12.2000 auf 2.942.000 DM und am 06.03.2001 auf 9.942.000 DM erhöht worden sei. Zudem habe der Kläger im erstinstanzlichen Klageverfahren selbst vorgetragen, dass sich die GmbH stets in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden und keinesfalls einen objektiven Wert von 10,7 Mio. DM gehabt habe.

32Die Drohung der Großgesellschafter, dass bei einer Weigerung der Kleingesellschafter auf Verzicht der Darlehnsforderung und Übertragung der Anteile zum Nominalwert eine weitere Kapitalerhöhung ausscheide, spreche dafür, dass die vorherige Kapitalerhöhung verbraucht und die Darlehnsforderung zu diesem Zeitpunkt wertlos gewesen sei. Durch den Darlehnsverzicht habe der Kläger zumindest den Nominalbetrag seiner Anteile retten können. Nach den Kapitalerhöhungen im November 2000 und März 2001 sei bereits im Juni 2001 eine weitere Eigenkapitalzuführung für erforderlich gehalten worden und wiederum das Risiko einer Insolvenz bejaht worden.

33Zudem habe die GmbH bereits am 21.02.2002 einen Insolvenzantrag gestellt. Die GmbH sei zu diesem Zeitpunkt zahlungsunfähig iSv § 17 InsO und überschuldet iSv § 19 Abs. 2 InsO gewesen, weil sie seit ihrem Bestehen nur Verluste erwirtschaftet habe. Material- und Personalkosten der GmbH seien zu hoch gewesen, um durch den Umsatz aufgefangen zu werden.

34Das Darlehn habe am 06.03.2001 keinen Wert mehr gehabt, weil ohne Darlehnsverzicht die Insolvenz gedroht hätte. Die Großgesellschafter hätten angekündigt, dass bei Verweigerung des Verzichtes eine Kapitalerhöhung ausscheide und die GmbH in die Insolvenz gerate. Der Verkauf des Datenbestandes könne hierbei nicht berücksichtigt werden; dieser Verkauf sei bereits im Februar 2001 erfolgt, gleichwohl hätten die Großgesellschafter im März 2001 mit der Insolvenz der GmbH gedroht.

35Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogene Akte des Senates 1 K 3685/06 E und die Akte des Amtsgerichts Bonns, Aktenzeichen 99 IN 19/02, über die Insolvenz über das Vermögen GmbH Bezug genommen.

36Entscheidungsgründe:

37Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

38Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, als der Verzicht auf die Darlehnsforderung iHv 159.468 DM überhaupt nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers berücksichtigt wurde, § 100 Abs. 1 FGO.

39Zwar hat der Beklagte zu Recht die Berücksichtigung des Verzichtes auf die Darlehnsforderung iHv 159.468 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit des Klägers im Jahr 2001 zum Nennwert versagt. Die Darlehnsforderung ist jedoch im Zeitpunkt des Verzichtes am 06.03.2001 mit einem wirtschaftlichen Wert von 10 % des Forderungsbetrages (15.947 DM) als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen.

40Soweit die Kläger eine darüber hinausgehende Berücksichtigung begehren, ist die Klage unbegründet.

411. Der Verzicht des Klägers im März 2001 auf die Darlehnsforderung gegenüber der GmbH führt zu Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit.

42Gemäß § 9 Abs. 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten und bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Werbungskosten liegen vor, wenn zwischen den Aufwendungen und der jeweiligen Einkunftsart ein Veranlassungszusammenhang besteht. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kommt es auf eine berufliche Veranlassung an. Eine solche ist anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf (d.h. der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit) besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden (BFH, Beschlüsse vom 27. November 1978 GrS 8/77, BStBl II 1979, 213, 216; vom 28. November 1977 GrS 2-3/77, BStBl II 1978, 105).

43Die näheren Umstände des Darlehnsverzichtes sprechen dafür, dass der Kläger diesen Verzicht aussprach, um seinen Arbeitsplatz zu sichern, der Veranlassungszusammenhang mit den Lohneinkünften überwiegt den gesellschaftsrechtlichen Veranlassungszusammenhang. Der Kläger war im März 2001 mit 48.200 DM und damit lediglich noch mit 1,64 % am Gesamtkapital der GmbH beteiligt. Die vom Kläger im Jahr 2001 als Geschäftsführer erzielten Einkünfte von 299.445 DM überstiegen den Wert seiner Beteiligung an der GmbH sowie die daraus noch erzielbaren Beteiligungseinkünfte.

44Mit einer Weigerung des Klägers, den Verzicht auf die Darlehnsforderung zu erklären, wären negative Folgen für seine Arbeitnehmerstellung als Geschäftsführer verbunden gewesen. Die Großgesellschafter haben dem Kläger und den beiden weiteren Geschäftsführern deutlich gemacht, dass bei einer Weigerung, auf die Darlehnsforderung zu verzichten, die dringend benötigte Kapitalerhöhung von weiteren 7 Mio. DM unterbleiben würde. Ohne diese zusätzlichen liquiden Mittel, die die GmbH nicht aus eigenem Vermögen aufbringen konnte, hätte die GmbH unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Folge für den Kläger wäre nicht nur gewesen, dass sein GmbH-Anteil nahezu wertlos geworden wäre, sondern insbesondere, dass er im Zuge des Insolvenzverfahrens seine Anstellung als Geschäftsführer der GmbH bereits im Frühjahr 2001 verloren hätte. Die Großgesellschafter haben die Kapitalerhöhung und damit die Arbeitsplatzsicherung nach dem Vortrag der Kläger nur unter der Bedingung durchgeführt, dass auch der Kläger auf seine Darlehnsforderung verzichtete.

452. Der Wert der Darlehnsforderung im Zeitpunkt des Verzichts im März 2001 ist mit 10 % des Nennwertes zu berücksichtigen.

46Die Darlehnsforderung hatte im Zeitpunkt des Verzichtes nicht mehr ihren Nennwert iHv 159.468 DM, sondern war mit einem geringeren Teilwert zu berücksichtigen.

47Die Höhe der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Aufwendungen des Klägers durch den Verzicht auf die Darlehnsforderung wird durch den Zeitwert der Forderung bestimmt. Denn nur in Höhe des im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltigen Teils der Darlehnsforderung entstehen Aufwendungen, die in einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Veranlassungszusammenhang mit den Lohneinkünften stehen (vgl. BFH, Urteil vom 25. November 2011 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24; Demuth in BB 2011, 677; Schneider in NWB 2011, 604).

48Die Rechtslage bei einem Arbeitnehmerdarlehn, auf das der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber zur Arbeitsplatzsicherung verzichtet, ist vergleichbar mit der von Gesellschafterdarlehn, die in der Krise der Gesellschaft stehen gelassen werden: Auch bei Beurteilung der Frage nach der Höhe des nach § 17 EStG zu berücksichtigenden Wertes der verlorenen Forderung ist die Werthaltigkeit derselben zu schätzen (Schmidt/Krüger EStG 31. Auflage 2012 § 19 Tz 60 „Darlehn“; Meyer-Scharenberg in DStR 1994, 1450). Maßgeblich ist auch hier der Betrag, den der Gesellschafter und Forderungsinhaber bei einer fiktiven Veräußerung der Darlehnsforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte. Dies entspricht dem gemeinen Wert der Forderung, aber auch ihrem Teilwert. Dies wird im Allgemeinen die zu erwartende Insolvenz- oder Vergleichsquote, im Einzelfall auch ein Betrag von 0 € sein (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 10.11.1998 VIII R 6/96, BStBl II 1999, 348).

49Ein fremder Dritter hätte am 06.03.2009 unter Berücksichtigung der Gesamtsituation bestenfalls 10 % des Nennbetrages der Darlehnsforderung des Klägers als Entgelt für deren Abtretung aufgewandt.

50Die Darlehnsforderung des Klägers war in hohem Maße gefährdet, weil der GmbH ohne die Kapitalerhöhung das Insolvenzverfahren bereits im März 2001 gedroht hätte. Ohne Forderungsverzicht hätte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahren beantragen müssen, weil sie im März 2001 einen zwingenden Liquiditätsbedarf von 7 Mio. DM hatte, den sie nicht aus eigenen Mitteln befriedigen konnte. Die GmbH hätte nach dem Vortrag des Klägers bei Aufrechterhaltung seiner Darlehnsforderung mangels Kapitalerhöhung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt und den Betrieb eingestellt.

51Aus seiner Sicht hatte der Kläger somit zwei Möglichkeiten:

52Verzichtete der Kläger nicht auf sein Darlehn, hätten die Großgesellschafter die dringend erforderliche Kapitalerhöhung (7 Mio. DM) nicht durchgeführt und die GmbH wäre bereits im März 2001 in die Insolvenz geraten. Der Kläger hätte seinen Arbeitsplatz verloren und wäre mit seiner Darlehnsforderung in die Insolvenzmasse gefallen, so dass er insoweit bestenfalls mit einer Befriedigung iHd Quote hätte rechnen können.

53Verzichtete der Kläger auf sein Darlehn, hätte er zwar seinen Darlehnsrückzahlungsanspruch verloren, aber er würde zumindest ein Entgelt für seinen Gesellschaftsanteil von 48.200 DM erhalten.

54Mangels anderer Anhaltspunkte geht der Senat davon aus, dass auch bei einer Insolvenzeröffnung über das Vermögen der GmbH bereits im März 2001 wie bei dem tatsächlich durchgeführten Insolvenzverfahren mit einer Quote von 10 % der Forderungen zu rechnen gewesen wäre. Anhaltspunkte dafür, dass ein früheres Insolvenzverfahren zu einer höheren Quote geführt haben könnte, liegen nicht vor.

55Die im Wege der Kapitalerhöhung im März 2001 der GmbH zugeführten 7 Mio. DM waren offenkundig bereits nach 9 Monaten verbraucht, so dass der Kläger als allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer im Januar 2002 tatsächlich die Durchführung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beantragen musste. Das Insolvenzverfahren dauert inzwischen seit mehr 10 Jahren an, ohne dass es zu Teilausschüttungen an die Gläubiger der GmbH gekommen wäre. Der Insolvenzverwalter beziffert die zu erwartende Quote mit 7,5 % bis 10 %.

56Dem Kläger ist zuzustimmen, dass es unlogisch wäre, die Wertminderung der Forderung damit zu begründen, dass ohne den Verzicht auf das Darlehn bereits die Insolvenz der GmbH gedroht hätte. Eine solche Argumentation griffe zu kurz und würde dem tatsächlichen, vielschichtigen Geschehensablauf nicht gerecht. Die Wertminderung der Darlehnsforderung im März 2001 beruht vielmehr auf der Verknüpfung des Darlehnsverzichtes mit der – dringend erforderlichen, erneuten – Kapitalerhöhung durch die Großgesellschafter. Die GmbH hätte nicht ohne den Darlehnsverzicht, sondern ohne die Kapitalerhöhung unverzüglich Insolvenz anmelden müssen. Bedingung für die Kapitalerhöhung, eine sog. „conditio sine qua non“, war jedoch der Forderungsverzicht des Klägers.

57Dementsprechend kommt es auf die Frage, ob die Großgesellschafter die GmbH im März 2001 als rettungswürdig ansahen und weitere Beträge riskieren wollten, für die Beurteilung der Werthaltigkeit des Darlehns im März 2001 nicht an. Nach dem Vortrag der Kläger wäre die Kapitalerhöhung ohne den Darlehnsverzicht nicht durchgeführt worden.

58Auch das Stichtagsprinzip steht einer Bewertung der Darlehnsforderung mit der Insolvenzquote nicht entgegen. Zur Beurteilung des Wertes des Darlehns prüft man den hypothetischen Geschehensverlauf, was geschehen wäre, wenn der Steuerpflichtige nicht verzichtet hätte, und nicht einen gemischten Geschehensablauf daraus, was passiert ist, weil auf das Darlehn verzichtet wurde, nämlich die Kapitalerhöhung, und was geschehen wäre, wenn nicht. Hätte der Kläger nicht verzichtet, hätte die Insolvenz 9 Monate eher beantragt werden müssen.

59Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer für das Jahr 2001 auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 S. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑FGO‑. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.

Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Im Streitfall veräußerte die Klägerin im Jahr 2009 vermietete Immobilien und begehrte, die für die vorzeitige Ablösung des Finanzierungsdarlehens im Jahr 2010 angefallene Entschädigung in Höhe von rund 70.000 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Das beklagte Finanzamt lehnte den Abzug mit dem Argument ab, die nachträgliche Vorfälligkeitsentschädigung stehe nicht mehr in Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften, sondern sei der (nicht steuerbaren) Veräußerung zuzuordnen.

Dem ist das Finanzgericht gefolgt. Der Abzug nachträglicher Werbungskosten komme auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen nicht in Betracht. Im Streitfall sei die zehnjährige Veräußerungsfrist nämlich abgelaufen gewesen. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, nach Wegfall der Vermietungsabsicht anfallende Schuldzinsen über die vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fälle hinaus zu berücksichtigen.

Quelle: FG Düsseldorf

 

Finanzgericht Düsseldorf, 7 K 3506/12 F

Datum: 16.01.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 7. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 7 K 3506/12 F
Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
1Tatbestand:2Die Klägerin war seit mindestens 1992 Eigentümerin der vermieteten Immobilien „A“ str. und „B“ str. in „C“ . Diese Immobilien veräußerte die Klägerin mit notariellem Kaufvertrag vom 10.12.2009 für 1.625.000,- € zzgl. Umsatzsteuer.

3Einen Teil des Kaufpreises zahlte die Käuferin dabei abredegemäß direkt an die „D“ bank zur Ablösung eines von der Klägerin zur Finanzierung der Immobilien aufgenommenen Darlehens. Die Klägerin zahlte an die „D“ bank im Streitjahr -2010- eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 69.224.01 €, die die Bank für die vorzeitige Ablösung des Darlehens geltend gemacht hatte. Der Kaufpreis genügte, um alle mit den Immobilien im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten der Klägerin einschließlich der Vorfälligkeitsentschädigung abzulösen.

4In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr begehrte die Klägerin die Berücksichtigung dieser Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

5Im Bescheid vom 12.12.2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2010 berücksichtigte der Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten, weil eine nachträgliche Vorfälligkeitsentschädigung nicht mit der Erzielung von Einkünften, sondern mit dem Verkauf der Immobilien im Zusammenhang stehe.

6Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 04.01.2012 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 21.08.2012 als unbegründet zurückwies.

7Die Klägerin hat am 20.09.2012 Klage erhoben.

8Sie trägt vor, Vorfälligkeitsentschädigungen im Zusammenhang mit der Veräußerung von Objekten, die zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt worden seien, seien nach der neueren Rechtsprechung des BFH abzugsfähig. Mit der Entscheidung des BFH vom 16.03.2010 VIII R 20/08, BStBl II 2010, 787 gebe es keine Überlagerung des ursprünglichen Nutzungszwecks durch einen neuen Zweck mehr. Die ältere Rechtsprechung, nach der die Einkünfteerzielungsabsicht mit der Veräußerung entfalle und damit diese Aufwendungen nicht mehr zum Werbungskostenabzug zugelassen würden, sei damit aufgegeben. Nicht entscheidend für die Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung sei, ob der Kaufpreis zur Ablösung der Verbindlichkeiten ausreiche. Auch in diesem Fall sei mit Wegfall des Überlagerungsgedankens der Grund für eine Nichtanerkennung der Vorfälligkeitsentschädigung entfallen. Denn diese zwangsläufig entstehende Entschädigung sei nichts anderes als künftig entstehende Schuldzinsen.

9Auch nach den Grundsätzen des Urteils des BFH vom 20.06.2012 IX R 67/10, BFHE 237, 368 müsse die Vorfälligkeitsentschädigung abzugsfähig sein. Wenn Schuldzinsen, die nach der Veräußerung einer Immobilie anfallen, anerkannt würden, soweit der Kaufpreis zu einer Tilgung der zu Grunde liegenden Verbindlichkeit nicht ausreiche, müsse auch eine Vorfälligkeitsentschädigung anerkannt werden. Ebenso wie in diesem Fall, in der die Schuldzinsen nicht auf einer freiwilligen Entscheidung des Steuerpflichtigen beruhe, den Kaufpreis nicht zur Rückführung der Verbindlichkeiten einzusetzen, sei der Kläger hier nicht frei gewesen, sich hinsichtlich der Entschädigungsleistung zu entscheiden. Die  Zahlung sei nicht auf Grund seiner privaten, den ursprünglichen Veranlassung überlagernden Motivation erfolgt, sondern gerade deshalb, um mit dem Kaufpreis die bestehenden Darlehen abzulösen.

10Die Klägerin beantragt,

11den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 12.12.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.08.2012 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit ./. Euro 89.619,00 festgestellt werden,

12Der Beklagte beantragt,

13                            die Klage abzuweisen.

14Der Beklagte ist der Ansicht, die geänderte Rechtsprechung des BFH zu der Abzugsfähigkeit von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung habe keine Auswirkung auf den vorliegenden Fall. Sie betreffe nur die Ermittlung eines Veräußerungsverlustes im Rahmen eines Spekulationsgeschäfts, bei dem der Veräußerungserlös nicht zur vollständigen Tilgung des Darlehens ausreiche. Der vom BFH aufgestellte Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung würde nicht gewahrt, wolle man die Vorfälligkeitsentschädigung in Ansatz bringen Die Entscheidung sei bereits deshalb nicht auf den hier zu entscheidenden Fall übertragbar, weil die Spekulationsfrist abgelaufen sei.

15Entscheidungsgründe:

16Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

17Die von der Klägerin gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen stellen auch nach der geänderten Rechtsprechung des BFH zur Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bei den Überschusseinkünften keine (nachträglichen) Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG dar und waren bei der Feststellung der Einkünfte für das Jahr 2010 nicht als solche zu berücksichtigen.

18Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Darunter fallen alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Schuldzinsen sind dabei „veranlasst“, soweit diese mit  Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG). Maßgebliches Kriterium für einen steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang zwischen Aufwendungen und einer Einkunftsart ist dabei die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“ sowie dessen Zuweisung zu einer einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre ( Beschluss des Großen Senates des BFH v. 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

19Ob die Vorfälligkeitsentschädigung, gem. § 552 I S. 1 BGB ein besonderer Schadensersatz für die dem Kreditinstitut aufgrund der vorzeitigen Rückzahlung entgangenen Zinsen, wirtschaftlich den Schuldzinsen gleichzustellen ist, kann hier dahinstehen, da sie allenfalls als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig wären.

20Der Abzug nachträglicher Werbungskosten kommt auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen hier nicht in Betracht. In seiner Entscheidung vom 20.06.2012 lässt der BFH den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten in einem größeren Umfang zu als zuvor. Maßgebender Grund für die erweiterte Abzugsfähigkeit ist die Verlängerung der Spekulationsfrist für Grundstücksveräußerungen durch § 23 Abs. 1 S. 1 EStG in seiner seit 1999 geltenden Fassung auf nunmehr 10 Jahre. Vor diesem Hintergrund, so der BFH, sei das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest –) Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Aus diesem Grund könnten nachträgliche Schuldzinsen auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes dienen. Dies würde besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsgutes sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen minderten. Diese Regelung verknüpfe das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Absatz 1 S. 1 EStG steuerbar bewahrten Veräußerungsgeschäfts, strukturell der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen gleichgestellt werde. Hieraus hat der BFH im entschiedenen Fall, in dem die Veräußerungsfrist noch nicht abgelaufen war, für den entschiedenen Fall eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bejaht. Ob darüber hinaus in anderen denkbaren Fallkonstellation, damit auch nach Ablauf der Veräußerungsfrist, eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht nur durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen. Ausgedehnt hat es die Rechtsprechung ausdrücklich nur auf die Fälle, in denen ein bisher zu Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienendes Wohngrundstück steuerbar veräußert wurde und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen.

21Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, über die vom BFH hinaus erfolgte Erweiterung auch im hier zu entscheidenden Fall die nach der Beendigung der Vermietungsabsicht angefallenen Schuldzinsen anzuerkennen. Hier war die Veräußerungsfrist abgelaufen. Die Gründe, die den BFH im angesprochenen Urteil dazu bewogen haben, seine Rechtsprechung zur Anerkennung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszudehnen, greifen hier nicht ein. Denn die Situation des Veräußerers, der nicht unter § 23 EStG fällt, ist der Situation des Veräußerers von Betriebsvermögen gerade nicht zu vergleichen.

22Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.

23Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nach Einführung der Abgeltungsteuer

Zwischen den Beteiligten war streitig, ob Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können. Der Kläger hatte seine GmbH-Beteiligung im Jahr 2001 veräußert. In der Folgezeit fielen weiterhin Schuldzinsen an, die auf die Finanzierung eines Gesellschafterdarlehens zurückzuführen waren. Der Kläger begehrte auch für die im Jahr 2009 angefallenen Schuldzinsen den Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies lehnte das Finanzamt unter Hinweis darauf ab, dass seit Einführung der Abgeltungsteuer der Abzug tatsächlicher Werbungskosten ausgeschlossen sei. Eine Option zur Regelbesteuerung komme im Hinblick auf die nicht mehr bestehende Beteiligung nicht in Betracht.

Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat darauf hingewiesen, dass der Bundesfinanzhof den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei im Privatvermögen gehaltenen Gesellschaftsbeteiligungen in seiner neueren Rechtsprechung zugelassen habe. Der im Zuge der Einführung der Abgeltungsteuer ins Gesetz aufgenommene Ausschluss des Abzugs tatsächlicher Werbungskosten stehe dem nicht entgegen. Die Regelung sei erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Im Hinblick auf die Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2001 könne kein Zusammenhang der Aufwendungen mit nach dem 31.12.2008 zufließenden Einnahmen bestehen.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Düsseldorf

Finanzgericht Düsseldorf, 2 K 3893/11 E

Datum: 14.11.2012
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 2. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 2 K 3893/11 E
Tenor: Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 09.03.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 wird dahin geändert, dass Werbungskosten in Höhe von 1.248,00 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden. Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird dem Beklagten übertragen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
1T a t b e s t a n d2Die Beteiligten streiten darüber, ob für das Streitjahr 2009 Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind, wenn die GmbH-Beteiligung vor dem Veranlagungszeitraum 2009 veräußert wurde.

3Die Kläger wurden für das Streitjahr als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger hielt ab dem Jahr 1999 einen Anteil von 15.000,00 DM (15 v. H.) am Stammkapital von insgesamt 100.000,00 DM der im Jahr 1993 gegründeten Firma A GmbH (im Folgenden: GmbH). Mit Vertrag vom 26.09.2001 veräußerten er und der Mitgesellschafter ihre Geschäftsanteile zu einem Kaufpreis von je 1,00 DM, wobei ein Eigenkapital der Gesellschaft von 466.000,00 DM garantiert wurde. Hieraus ergab sich ein an den Erwerber zu leistender Ausgleichsbetrag in Höhe von ca. 2,3 Millionen DM, wovon ein Betrag in Höhe von ca. 346.000,00 DM (15 v. H.) auf den Kläger entfiel. Um seiner Ausgleichsverpflichtung nachzukommen, verzichtete der Kläger u. a. auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens aus dem Jahr 1999 im Nennwert von 200.000,00 DM, welches er bei einer Bank refinanziert hatte. Außerdem leistete er eine Sonderzahlung, welche durch ein weiteres Bankdarlehen über 45.000,00 € finanziert wurde. In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2005 und 2006 machten die Kläger die Zinsbeträge für diese Darlehen als nachträgliche Erwerbsaufwendungen des Klägers geltend. Der Beklagte erkannte dies nicht an; das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. In der mündlichen Verhandlung des sich hieran anschließenden Klageverfahrens 2 K 4898/07 E am 05.11.2008 verständigten sich die Beteiligten dahin, dass die auf das Darlehen in Höhe von 45.000,00 € entfallenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen waren. Hinsichtlich der Zinsen aus dem der Gesellschaft gewährten Darlehen erklärte sich der Vertreter des Beklagten bereit, beide Einkommensteuerbescheide im Hinblick auf das Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof mit dem Aktenzeichen VIII R 36/07 für vorläufig zu erklären. Der Rechtsstreit wurde daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt.

4In der Folgezeit, nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs in dem o. g. Verfahren, erkannte der Beklagte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzungen 2005 bis einschließlich 2008 auch die auf die Finanzierung des Gesellschafterdarlehens entfallenden Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an.

5In der Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger weiterhin die dem Kläger entstandenen Schuldzinsen anteilig als Werbungskosten bei dessen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit und – in Höhe von 1.248,00 € – bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der Beklagte erkannte für 2009 aber keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen mehr an.

6Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 09.03.2011 legten die Kläger Einspruch ein. Sie waren der Auffassung, die angefallenen Schuldzinsen seien in vollem Umfang steuermindernd zu berücksichtigen. Die Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sei erst durch eine gravierende Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich geworden. Diese Rechtsprechungsänderung habe nicht im Gesetzesvorhaben bezüglich der Einführung der Kapitalertragsteuer mit Abgeltungswirkung berücksichtigt werden können, da das Gesetz bereits vor Bekanntgabe dieses Urteils verkündet worden sei. Daher könnten die Zinskosten nicht in den Wirkungskreis der Abgeltungsteuer einbezogen werden. Da im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eingeführt worden sei, dass für Kosten aus bestimmten Beteiligungen auf Antrag die Wirkung des Abgeltungsverfahrens ausgeschlossen werden könne, andererseits sowohl in sämtlichen Jahren vor der Einführung des Abgeltungsprinzips als auch im ersten Jahr nach Einführung ein Antrag auf Ansatz dieser Kosten gestellt worden sei, seien sämtliche Voraussetzungen für die Anerkennung der Zinsaufwendungen erfüllt.

7Der Einkommensteuerbescheid für 2009 wurde mit Bescheid vom 16.05.2011 aus anderen Gründen zugunsten der Kläger geändert.

8Mit Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 rechnete der Beklage antragsgemäß zwischenzeitlich nachgewiesene, einbehaltene Kapitalertragsteuer in Höhe von 137,00 € an. Im Übrigen wies er sinngemäß den Einspruch als unbegründet zurück. Er war der Auffassung, dass für 2009 Schuldzinsen nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden könnten. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 gelte nämlich die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge. Gemäß § 20 Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei ein Abzug tatsächlicher Werbungskosten ausgeschlossen. Lediglich der Sparer-Pauschbetrag – hier in Höhe von 1.602,00 € – könne gewährt werden. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG, wonach das Prinzip der Abgeltungsteuer für Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG auf Antrag durchbrochen werden könne, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt werde, zu mindestens 1 v. H. an der Kapitalgesellschaft beteiligt sei, sei hier nicht anzuwenden. Der Kläger habe bereits im Jahre 2001 seine Geschäftsanteile an der GmbH veräußert. Im Veranlagungszeitraum 2009, für den der Antrag erstmals gestellt werden könne, sei er nicht mehr an der GmbH beteiligt gewesen.

9Hiergegen richtet sich die Klage, mit welcher die Kläger geltend machen, die Ausnahmevorschrift des § 32 d Abs. 2 Nr. 3 EStG greife zu ihren Gunsten ein. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift habe der Steuerpflichtige nur alle fünf Jahre zu belegen, dass er seinerzeit, und zwar bei der erstmaligen Antragstellung, die Antragsvoraussetzungen erfüllt habe. Nach Ablauf der fünf Jahre habe er keinen neuen Antrag zu stellen, sondern er werde nur bis dahin vom jährlichen Nachweis eines erstmals gestellten Antrags befreit. Hieraus ergebe sich, dass der Kläger unbefristet Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen könnte, wenn er die Beteiligung im Jahr 2009 gehalten und veräußert hätte, da das Halten einer Beteiligung in den Folgejahren grundsätzlich nicht vom Gesetz verlangt werde (nur für das Jahr der erstmaligen Antragstellung). Dem Kläger werde jedoch der Werbungskostenabzug verwehrt, weil es aufgrund der damaligen Gesetzeslage nicht möglich gewesen sei, bereits im Jahr 2001 einen entsprechenden Antrag zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt sei vom Abgeltungsverfahren noch keine Rede gewesen.

10Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass erst mit BFH-Urteil vom 16.03.2010 VIII R 36/07 Schuldzinsen, die auf wesentliche Beteiligungen im Sinne von § 17 EStG entfielen, auch nach Veräußerung oder Auflösung der Gesellschaft als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden könnten. Diese erhebliche Änderung der Rechtsprechung habe der Gesetzgeber naturgemäß bei der Abfassung eines Gesetzes, das ab dem Veranlagungszeitraum 2009 geltend solle, nicht berücksichtigen können. Insbesondere habe er diesen Sachverhalt nicht im Rahmen der umfangreichen Anpassungen zur erstmaligen Anwendung der neuen Gesetzeslage auf den Schnittpunkt 31.12.2008/01.01.2009 beachten können, wie er es z. B. bei Fondsanteilen, Stückzinsen, bestehenden Verlustvorträgen getan habe. Der Steuerpflichtige habe jedenfalls für die Jahre bis 2008 und auch für das Jahr 2009 als dem erstmaligen Jahr der Abgeltungsteuer stets und folgerichtig die Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erklärt und damit einen vollen Abzug beantragt. Die Veräußerung der Anteile des Klägers habe im Jahr 2001 bei diesem zu steuerpflichtigen Verlusten in vollem Umfang geführt. Eine Veräußerung der Anteile im Jahr 2009 hätte (evtl. mit Ausnahme des Teileinkünfteverfahrens) hier zum gleichen steuerlichen Ergebnis geführt.

11Der Kläger werde bei gleichem Sachverhalt unterschiedlich behandelt, wenn die Veräußerung der Anteile im Jahr 2009 statt im Jahr 2001 stattgefunden hätte. Es handele sich insofern um eine echte Gesetzeslücke, die von den zuständigen Gerichten zu füllen sei. Ein Wille des Gesetzgebers, derartige Sachverhalte zukünftig nicht mehr zu berücksichtigen, sei aus dem Gesetz nicht zu ersehen.

12Die Schuldzinsen seien ungekürzt zu berücksichtigen. Der Kläger habe seine Beteiligung bereits im Jahr 2001 vor Geltung des Halb- und Teileinkünfteverfahrens veräußert.

13Die Kläger beantragen,

14den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 09.03.2011, geändert durch Bescheid vom 16.05.2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.10.2011 dahin zu ändern, dass die geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 1.248,00 € als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden.

15Der Beklagte beantragt,

16              die Klage abzuweisen,

17hilfsweise, die Revision zuzulassen.

18Er ist der Auffassung, ab dem Jahr 2009 sei eine Berücksichtigung der Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten nur noch unter den Voraussetzungen des § 32d

19Abs. 2 Nr. 3 EStG für fünf Jahre möglich. Dieses Optionsrecht werde nach derzeitiger Rechtslage aber nur demjenigen eingeräumt, der im betreffenden Jahr auch tatsächlich an der Kapitalgesellschaft beteiligt sei. Alle Veräußerungen und Auflösungen vor dem Veranlagungszeitraum 2009 (sog. Altfälle) liefen damit faktisch ins Leere. Diese Vorschrift diene der Verwaltungsvereinfachung in Form eines erleichterten Nachweises der Tatbestandsvoraussetzungen und ersetze nicht das Vorliegen einer Beteiligung.

20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

22Die Klage ist begründet.

23Der Einkommensteuerbescheid für 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).

24Der Beklagte hat zu Unrecht die geltend gemachten Schuldzinsen in Höhe von 1.248,00 € nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt.

251. Seit Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch die Urteile vom 16.03.2010 VIII R 20/08 (Bundessteuerblatt –BStBl- II 2010, 787) und vom 16.03.2010 VIII R 36/07 (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen -BFH/NV- 2010, 1795) können ab dem Veranlagungszeitraum 1999 Schuldzinsen, die durch die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i. S. des § 17 EStG veranlasst sind, unter den gleichen Voraussetzungen wie nachträgliche Betriebsausgaben als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn sie auf Zeiträume nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft entfallen. Durch die Beendigung der Einkünfteerzielung aus Kapitalvermögen ist der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang nicht unterbrochen, weil die nachträglichen Schuldzinsen nach wie vor durch die zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, die bei Veräußerung oder Aufgabe der Beteiligung nicht abgelöst werden konnten. Hiernach sind die von den Klägern geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen für 2009 als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuerkennen. Dies entspricht – bis zur Einführung des Abgeltungsverfahrens – auch der übereinstimmenden Auffassung und Handhabung der Beteiligten.

262. Die geltend gemachten Schuldzinsen sind ungekürzt, also nicht begrenzt durch das Halb- oder Teileinkünfteverfahren, anzusetzen. Denn der Kläger hat lediglich solche durch seine Beteiligung an der GmbH vermittelten Einnahmen erzielt, für die noch das Anrechnungsverfahren galt. Seine Beteiligung hat er bereits im Jahr 2001 veräußert (vgl. BFH-Urteil vom 06.04.2011 IX R 28/10, BStBl II 2011, 814).

273. Der Abzug dieser tatsächlichen Werbungskosten ist nicht ausgeschlossen. § 20 Abs. 9 Satz 1 2. Halbsatz EStG, der als Teil des Abgeltungsverfahrens einen solchen Ausschluss vorsieht, ist hier für 2009 nicht anzuwenden.

28Dies folgt aus der eindeutig formulierten Anwendungsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG. Hiernach ist § 20 Abs. 3 bis 9 in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 19.12.2008 (Bundesgesetzblatt -BGBl- I; 2794, geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 08.12.2010 BGBl I, 1768), erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Der Gesetzgeber hat für die Anwendung des § 20 Abs. 9 EStG nicht auf das Jahr des Abflusses der Aufwendungen beim Steuerpflichtigen abgestellt. Entscheidend ist, in welchem Jahr die den Aufwendungen zuzuordnenden Kapitaleinnahmen zufließen, ggf. ab wann diese zufließen können (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.12.2011 2 K 1176/11, rkr., Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2012, 1146; Findeis/Karlstedt, Betriebsberater –BB- 2011, 2075 unter V.; Eggers, Neue Wirtschaftsbriefe –NWB- 2011, 646; a. A. Jochum in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, Loseblatt, § 20 Rdnr. K 77; Bundesministerium der Finanzen vom 09.10.2012 IV C 1-S 2252/10/10013, 2011/0948384, BStBl I 2012, 953 Rz. 322, wonach in 2009 abgeflossene Ausgaben auch unter das Abzugsverbot fallen, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre zusammenhängen).

29Hier stehen die geltend gemachten Schuldzinsen nicht im Zusammenhang mit nach dem 31.12.2008 zufließenden Kapitalerträgen. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist hier nicht möglich; er ist aufgrund der Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2001 ausgeschlossen.

30Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Begründung des Ausschlusses des Abzugs von tatsächlichen Aufwendungen durch § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG. Der Gesetzgeber rechtfertigt dieses Abzugsverbot mit der Typisierung hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten in Höhe von 801 € bzw. 1.602 € in den unteren Einkommensgruppen. In den oberen Einkommensgruppen sollen die Werbungskosten durch den relativ niedrigen Proportionalsteuersatz von 25 v. H. mit abgegolten sein (Bundestags-Drucksache 16/4841, 57). Hierdurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass das Abzugsverbot gerechtfertigt ist, wenn Einnahmen zufließen, für welche die Besonderheiten des Abgeltungsverfahrens, nämlich der einheitliche Sparer-Pauschbetrag bzw. die Abgeltungsteuer von 25 v. H., zu beachten sind. Das gilt hier nicht.

31Angesichts dieser Gesetzesbegründung kann auch eine mögliche Gesetzeslücke, welche dadurch entstanden sein könnte, dass der Gesetzgeber bei der Einführung der Abgeltungsteuer die Rechtsprechungsänderung zur Anerkennung von nachträglichen Werbungskosten nicht berücksichtigen konnte, nicht dahin geschlossen werden, dass auf den Zeitpunkt des Abflusses der Aufwendungen beim Steuerpflichtigen abgestellt wird. Einer solchen Auslegung steht zudem der eindeutige Gesetzeswortlaut der besonderen Anwendungsvorschrift für § 20 Abs. 9 EStG entgegen.

324. Die Übertragung der Berechnung der festzusetzenden Steuer auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.

33Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 135 Abs. 1 FGO.

34Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage wird die Revision zugelassen (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).