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Zeitpunkt der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses und die Folgen

Zeitpunkt der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses und die Folgen

Kernaussage

Eine Vielzahl von GmbH-Gesellschaftsverträgen sieht heute die Einziehung von Geschäftsanteilen als Möglichkeit vor, sich von unliebsamen Gesellschaftern zu trennen oder das Eindringen von fremden Dritten in die Gesellschaft zu verhindern. Die Einziehung ist die Vernichtung eines Geschäftsanteils ohne gleichzeitige Herabsetzung des Stammkapitals; der Gesellschaftsvertrag kann die Voraussetzungen für eine Einziehung mit oder ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters festlegen. Hierzu entschied der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich, dass die Einziehung von Geschäftsanteilen bereits mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter und nicht erst mit der Leistung der Abfindung wirksam wird. Die den Beschluss fassenden Gesellschafter haften jedoch persönlich, wenn die Abfindung nicht mehr aus dem freien Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, oder sie die Gesellschaft nicht auflösen.

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter der beklagten GmbH. Die Gesellschafterversammlung beschloss im April 2001 die Zwangseinziehung des Geschäftsanteils des Klägers. Der Gesellschaftsvertrag enthielt die Regelung, dass innerhalb von zwei Jahren an den ausscheidenden Gesellschafter eine Abfindung zu zahlen sei, was nicht erfolgte. 2007 fand eine weitere Gesellschafterversammlung der GmbH statt, zu der auch der Kläger eingeladen wurde. Dieser wollte im Beschlusswege feststellen lassen, dass der einzige weitere Gesellschafter auf Zahlung der Abfindung in Anspruch zu nehmen sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Gegen diesen ablehnenden Beschluss wandte sich der Kläger und verlor.

Entscheidung

Der BGH wies die Klage ab, weil der Kläger nicht mehr als stimmberechtigter Gesellschafter zu behandeln war. Mit Bekanntgabe des Einziehungsbeschlusses an den betroffenen Gesellschafter ist die Einziehung auch vor Zahlung des Abfindungsentgelts wirksam, vorausgesetzt, der Einziehungsbeschluss ist weder nichtig noch wird er für nichtig erklärt. Bereits bei Fassung des Einziehungsbeschlusses muss daher feststehen, dass die von der Gesellschaft geschuldete Abfindung aus freiem Vermögen erbracht werden kann. Darüber hinaus steht die Einziehung jedoch nicht unter der aufschiebenden Bedingung einer Abfindungszahlung, denn grundsätzlich werden Beschlüsse wirksam und vollziehbar, sobald sie gefasst worden sind. Zum Schutz des Abfindungsanspruchs haften die verbleibenden Gesellschafter auf dessen Erfüllung jedoch persönlich. Diese Inanspruchnahme kann nur durch Ausgleich der Unterdeckung oder durch die Auflösung der Gesellschaft vermieden werden.

Konsequenz

Dieses praxisrelevante Urteil beseitigt die Rechtsunsicherheit, ob und in welchem Umfang die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses von der Zahlung des Abfindungsbetrages abhängt. Auch wenn es einer diesbezüglichen eindeutigen Satzungsklausel nicht mehr bedarf, sollten die Regelungen zur Einziehung von Geschäftsanteilen wegen Streitanfälligkeit umfassend ausformuliert sein.

Zahl der Mitglieder eines Aufsichtsrats gemäß Mitbestimmungsgesetz darf 20 nicht überschreiten

Zahl der Mitglieder eines Aufsichtsrats gemäß Mitbestimmungsgesetz darf 20 nicht überschreiten

Kernaussage

Den Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes unterliegt eine GmbH dann, wenn sie in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt. In diesem Fall ist bei der GmbH ein obligatorischer Aufsichtsrat zu bilden, dessen Mitgliederzahl sich nach der jeweiligen Anzahl der Arbeitnehmer bestimmt, jedoch 20 nicht überschreitet. Hierzu entschied der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich, die Satzung einer GmbH, bei der ein Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz zu bilden ist, könne nicht bestimmen, dass der Aufsichtsrat neben den maximal 20 stimmberechtigten Mitgliedern aus weiteren mit beratender Funktion bestehen kann.

Sachverhalt

Die beschwerdeführende Konzernober-GmbH, deren alleinige Gesellschafterin eine Stadt ist, beherrscht eine große Anzahl von Tochtergesellschaften, die insgesamt mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen. Sie hat einen Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz gebildet und beabsichtigt eine Änderung ihres Gesellschaftsvertrages dahin, dass dem Aufsichtsrat neben den obligatorischen 20 stimmberechtigten Mitgliedern noch 4 weitere mit lediglich beratender Funktion angehören sollen. Das Registergericht hat dies bei der Anmeldung zum Handelsregister als unzulässig beanstandet. Dies sah schließlich auch der BGH so.

Entscheidung

Das Mitbestimmungsgesetz legt die Maximalzahl der Aufsichtsratsmitglieder auf 20 fest. Damit verstieß die beschlossene Erweiterung des Aufsichtsrats auf 24 Mitglieder gegen zwingendes Recht. Auch aus der im Aktiengesetz festgelegten Höchstzahl von 21 Aufsichtsratsmitgliedern lässt sich nicht herleiten, dass die Grenze von 20 bei einer mitbestimmten GmbH überschritten werden darf. Ferner kann sich die beschwerdeführende GmbH nicht auf eine weitere Vorschrift des Aktiengesetzes berufen, nach der Dritte zu den Aufsichtsratssitzungen hinzugezogen werden dürfen. Die aktienrechtliche Bestimmung erlaubt die Zuziehung von Sachverständigen und Auskunftspersonen zur Beratung über einzelne Gegenstände. Die beabsichtigte Satzungsänderung der GmbH sah hingegen die ständige Teilnahme der 4 beratenden Aufsichtsratsmitglieder vor. Damit war die Erweiterung des Kreises der zu den Aufsichtsratssitzungen zugelassenen Personen über die im Gesetz genannten Fälle hinaus unzulässig.

Konsequenz

Zum Schutz der Vertraulichkeit der Sitzungen und der Arbeitsfähigkeit des Aufsichtsrates ist eine ständige Teilnahme von weiteren beratenden Mitgliedern ausgeschlossen. So wird verhindert, dass dritte Teilnehmer Einflussmöglichkeiten erlangen, ohne hierfür entsprechende Verantwortung zu tragen.

Geringfügigkeitsgrenze bei der gewerblichen Infizierung

Geringfügigkeitsgrenze bei der gewerblichen Infizierung

Kernproblem

Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn einem Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlage von einer Besitzgesellschaft überlassen werden (sachliche Verflechtung) und die hinter dem Betrieb und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben (personelle Verflechtung). Liegen die Voraussetzungen vor, so hat dies eine Umqualifizierung sämtlicher von der Besitzgesellschaft erzielten Vermietungseinkünfte in gewerbliche Einkünfte zur Folge. Kürzlich hatte sich ein Finanzgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Umqualifizierung der Einkünfte auch dann gilt, wenn die Besitzgesellschaften neben den vom Betriebsunternehmen gezahlten Vermietungsentgelten in erheblichem Umfang Vermietungseinkünfte aus anderen Vermietungsobjekten erzielt.

Sachverhalt

Im Streitjahr 1999 vermietete die klagende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Gebäude an eine GmbH, die dort ihren Spielhallenbetrieb unterhielt. An der GbR waren Vater und Sohn zusammen zu 52 %, an der GmbH hingegen zu 100 % (Vater: 75,2 % und Sohn: 24,8 %) beteiligt. Daneben erzielte die GbR noch erhebliche Einkünfte aus der Vermietung von Grundbesitz an Dritte, die rund 93,69 % ihres Gesamtumsatzes ausmachten. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung gegeben seien, so dass sämtliche Einkünfte der GbR, also mitsamt der Vermietungseinkünfte von Dritten, in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren seien. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung

Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung sind nach Ansicht des Gerichts erfüllt, da die GbR und die GmbH sachlich und auch personell verflochten sind. Letzteres gelte, da für die GbR abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen Beschlussfassungen mit einfacher Mehrheit gefasst werden können. Die von der GmbH gezahlten Vermietungseinkünfte führen somit bei der GbR zu gewerblichen Einkünften. Aufgrund der so genannten Infektionstheorie seien somit auch die restlichen Vermietungseinkünfte als gewerbliche Einkünfte zu sehen. Die von der ständigen Rechtsprechung vorgesehene Ausnahme, dass bei einem nur „äußerst geringen Anteil“ der gewerblichen Einkünften von einer gewerblichen Infizierung der restlichen Einkünfte abgesehen werden soll, sieht das Gericht bei einem Anteil der gewerblichen Einkünfte von 6,31 % als nicht erfüllt an. Es hält eine Obergrenze von 5 % bei der Geringfügigkeitsprüfung für zutreffend.

Konsequenz

Die Revision beim Bundesfinanzhof wurde zugelassen, da höchstrichterlich bislang nicht entschieden ist, ab welcher relativen oder absoluten Geringfügigkeitsgrenze ein „äußerst geringer Anteil“ der gewerblichen Einkünfte gegeben ist. Nach bisheriger Rechtsprechung ist zumindest bei einem Umsatzanteil von 1,25 % und ggf. auch bei 2,81 % von einer solchen Geringfügigkeit auszugehen.

Öffentliche Hand: BFH kippt den „Beistandserlass“

Öffentliche Hand: BFH kippt den „Beistandserlass“

Kernproblem

Die öffentliche Hand ist nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art umsatzsteuerlicher Unternehmer. Nur insoweit können juristische Personen des öffentlichen Rechts umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen und im Gegenzug den Vorsteuerabzug geltend machen. Seit vielen Jahren wird kontrovers diskutiert, wie weit der Begriff des „Betriebs gewerblicher Art“ zu fassen ist. Während Rechtsprechung, Literatur und Bundesrechnungshof für eine weite Auslegung plädieren, hat die Finanzverwaltung immer wieder großzügige Ausnahmen zugelassen und damit einen Teil der Betätigung der öffentlichen Hand von der Umsatzbesteuerung ausgenommen.

Sachverhalt

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem eine der Gemeinde gehörende Sport- und Freizeithalle teilweise für den Schulsport genutzt wurde, wobei die Nutzung sowohl durch Schulen der Eigentümer-Gemeinde als auch durch Schulen der Nachbargemeinden erfolgte. Außerhalb der Schulzeiten wurde die Halle gegen Entgelt auch an Sportvereine und Privatpersonen zur Nutzung überlassen. Die Gemeinde wollte die Nutzungsüberlassung der Umsatzsteuer unterwerfen und gleichzeitig den Vorsteuerabzug aus den Baukosten geltend machen. Finanzamt und Finanzgericht folgten diesem Wunsch nicht, da ihrer Auffassung nach kein Betrieb gewerblicher Art vorlag.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof sieht dies anders und hob das erstinstanzliche Urteil auf. Für die Münchener Richter ist die Gemeinde bei der entgeltlichen Nutzungsüberlassung einer Sport- und Freizeithalle als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistung entweder auf zivilrechtlicher Basis oder – im Wettbewerb zu Privaten – auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt. Da Sport- und Freizeithallen regelmäßig auch von privaten Unternehmen betrieben werden können, liegt eine (potenzielle) Wettbewerbssituation und damit ein Betrieb gewerblicher Art vor. Dies soll ausdrücklich auch gelten, soweit die Halle einer Nachbargemeinde zur Nutzung überlassen wird.

Konsequenz

Speziell der letztgenannte Leitsatz der Entscheidung birgt eine enorme Sprengkraft für die öffentliche Hand. Bislang hatte die Finanzverwaltung Leistungen zwischen zwei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Städte, Gemeinden, Zweckverbände) in aller Regel als so genannte hoheitliche und damit nicht steuerbare „Beistandsleistungen“ angesehen, auch wenn es sich hierbei lediglich um hoheitliche Teilleistungen oder Hilfsgeschäfte handelte (z. B. Datenverarbeitung durch einen Zweckverband für die angeschlossenen Kommunen). Sollte sich die BFH-Auffassung durchsetzen, droht für derartige Leistungen künftig die Umsatzsteuerpflicht und damit eine deutliche Verteuerung, da die Leistungsempfänger regelmäßig nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Organisationsstrukturen in der öffentlichen Hand müssen unter Umständen vollständig auf den Prüfstand gestellt werden.

Gewinnerhöhende Auflösung von Verbindlichkeiten bei qualifiziertem Rangrücktritt

Gewinnerhöhende Auflösung von Verbindlichkeiten bei qualifiziertem Rangrücktritt

Kernproblem

Bis zum Inkrafttreten der GmbH-Rechtsreform im Jahr 2008 war die Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts ein häufig gewähltes Gestaltungsmittel, um die Überschuldung einer Gesellschaft im Sinne der Insolvenzordnung und die hieraus für den Geschäftsführer resultierende Insolvenzantragspflicht zu vermeiden. Der qualifizierte Rangrücktritt zeichnet sich dadurch aus, dass eine Forderung nicht nur im Rang hinter die Forderungen anderer Gläubiger zurücktritt, sondern zusätzlich – für die Dauer der Krise – nur zugleich mit den Einlagenrückgewähransprüchen der Gesellschafter getilgt werden darf. Vom Bundesfinanzhof (BFH) war nunmehr die Frage zu beantworten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche Verbindlichkeit auf Ebene der Kapitalgesellschaft gewinnerhöhend auszubuchen ist.

Sachverhalt

Die Alleingesellschafterin einer GmbH schloss mit dieser einen Darlehens- und Rangrücktrittsvertrag, worin sie sich verpflichtete, der GmbH ein jederzeit abrufbares verzinsliches Darlehen zu gewähren. Die Forderung der Alleingesellschafterin sollte dabei im Fall des Eintritts einer Überschuldung automatisch im Rang hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurücktreten. Des Weiteren wurde vereinbart, dass die Alleingesellschafterin während der Zeit der Überschuldung eine Befriedigung ihrer Forderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen, soweit sie bestehende Verlustvorträge übersteigen, oder ggf. aus einem Liquidationsüberschuss verlangen kann. Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat die Finanzverwaltung – unter Bezugnahme auf ein mittlerweile aufgehobenes Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) aus dem Jahr 2004 – die Auffassung, dass die Verbindlichkeit bei der GmbH gewinnerhöhend aufzulösen sei. Der BFH gab dem Finanzamt Recht.

Entscheidung

Eine Verbindlichkeit, der eine Rangrücktrittsvereinbarung dergestalt zugrunde liegt, dass die Forderung des Gläubigers im Rang hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurücktritt und nur aus künftigen Jahresüberschüssen zu erfüllen ist, ist nicht auszuweisen. Dies ergebe sich zum einen bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Zum anderen sei dieses Ergebnis aber auch gerechtfertigt, da der Schuldner, solange die Gewinne noch nicht erzielt sind, zum Bilanzstichtag wirtschaftlich nicht belastet sei. Vielmehr sei die Situation vergleichbar mit dem Fall des Forderungsverzichts gegen Besserungsschein.

Konsequenz

Eine gewinnerhöhende Ausbuchung der Verbindlichkeit hätte sich vorliegend verhindern lassen, wenn die Rangrücktrittsvereinbarung zusätzlich noch die Bestimmung enthalten hätte, dass die Forderung (neben zukünftigen Gewinnen und Liquidationsüberschüssen) auch aus sonstigem Vermögen zu bedienen ist. Für den Steuerpflichtigen empfiehlt es sich daher, sämtliche Darlehens- und Rangrücktrittsverträge zu überprüfen und – sofern noch nicht geschehen – eine Regelung aufzunehmen, die auch die Möglichkeit einer Tilgung aus sonstigem freien Vermögen vorsieht.

Abgrenzung von Spenden und Zahlungen für Satzungszweck

Abgrenzung von Spenden und Zahlungen für Satzungszweck

Kernfrage

Spenden an eine gemeinnützige Organisation mindern das zu versteuernde Einkommen des Spenders. Voraussetzung ist, dass die Spenden vom Steuerpflichtigen freiwillig und ohne Gegenleistung zur Förderung der gesetzlich festgelegten steuerbegünstigten Zwecke geleistet werden. Darf der Spendenabzug auch vorgenommen werden, wenn die eigene Satzung eine Spende an eine bestimmte gemeinnützige Organisation verpflichtend vorsieht?

Sachverhalt

Eine Stiftung betreibt eine öffentliche Sparkasse. Nach der Stiftungssatzung sind die in einem Jahr erzielten Überschüsse zunächst in einem bestimmten Umfang einer Sicherheitsrücklage zuzuführen. Der Rest ist an eine bestimmte, eindeutig definierte gemeinnützige Organisation zu überweisen oder als Mittelvortrag bei der Stiftung zu belassen. Ausnahmen hiervon bedürfen der behördlichen Genehmigung. Die Stiftung begehrt für die Zuwendungen an die gemeinnützige Organisation den Spendenabzug. Finanzamt und Finanzgericht lehnen dies ab.

Entscheidung

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) mindern die Zahlungen das Einkommen der Stiftung nicht. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegen keine so genannten Einkommensverteilungen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes vor. Sie sind bei Stiftungen nicht möglich; Stiftungen sind Vermögensmassen, die weder über Gesellschafter noch Mitglieder verfügen. Der Spendenabzug ist ebenfalls zu verwehren. Die Stiftung hat ihre „Spenden“ nicht freiwillig geleistet, sondern weil sie dazu nach ihrer Satzung verpflichtet ist.

Konsequenzen

Die Satzungen von Förderkörperschaften sollten im Hinblick auf eine Verpflichtung zu Abführung ihrer Mittel an eine bestimmte gemeinnützige Organisation durchgesehen werden. Ob gleichwohl Änderungsbedarf besteht, erfordert die Betrachtung des Einzelfalles. Der vorliegende Sachverhalt weißt insoweit eine Besonderheit auf, als die Stiftung als Förderkörperschaft selbst nicht gemeinnützig ist.

Haftung bei unterbliebener Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung einer GmbH

Haftung bei unterbliebener Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung einer GmbH

Kernaussage

Die GmbH ist eine beliebte Gesellschaftsform; sie eröffnet die Möglichkeit, die persönliche Haftung der Gesellschafter zu vermeiden, anstelle dessen haftet das Gesellschaftsvermögen. Die Rechtsprechung stellt hierbei die so genannte wirtschaftliche Neugründung einer GmbH der rechtlichen Gründung gleich. Unter den Begriff „wirtschaftliche Neugründung“ fallen der Erwerb einer Vorrats-GmbH sowie einer (unternehmenslosen) Mantel-GmbH und die Wiederaufnahme eines Geschäftsbetriebs durch eine bis dahin inaktive GmbH bei Identität der Gesellschafter. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aktuell über die Haftung von Gesellschaftern einer GmbH entschieden, wenn diese eine still gelegte Gesellschaft wirtschaftlich neu gründen, die Neugründung aber gegenüber dem Registergericht nicht offenlegen.

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer 1993 gegründeten GmbH, die Ende 2003 über keinerlei Aktiva mehr verfügte und keine Umsätze mehr tätigte. Daraufhin beschloss die Gesellschafterversammlung eine Änderung der Firma und des Unternehmensgegenstands, verlegte den Gesellschaftssitz und bestellte eine neue Geschäftsführerin. Diese meldete die Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister an, ohne die wirtschaftliche Neugründung offenzulegen, und nahm die Geschäfte entsprechend dem neuen Unternehmensgegenstand auf. Die Beklagte erwarb danach den einzigen Geschäftsanteil an der GmbH mit einem Nennbetrag von 50.000 DM zu einem sehr viel niedrigeren Preis. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beanspruchte der klagende Insolvenzverwalter erhebliche, zur Insolvenztabelle festgestellte Forderungsbeträge von der Beklagten als Erwerberin sämtlicher Geschäftsanteile der GmbH und bekam zunächst Recht.

Entscheidung

Der BGH verwies die Sache jedoch zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurück. Bei der Aufnahme der Geschäfte durch die GmbH mit geändertem Unternehmensgegenstand handelte es sich um eine wirtschaftliche Neugründung. In diesem Fall haften die Gesellschafter für die Auffüllung des Gesellschaftsvermögens bis zur Höhe des in der Satzung ausgewiesenen Stammkapitals (Unterbilanzhaftung). Außerdem ist die wirtschaftliche Neugründung gegenüber dem Registergericht offenzulegen. Unklar war bisher, wie die Haftung ausgestaltet ist, wenn die erforderliche Offenlegung der wirtschaftlichen Neugründung unterbleibt. Der BGH geht jedenfalls nicht davon aus, dass die Gesellschafter dann einer zeitlich unbegrenzten Verlustdeckungshaftung unterliegen. Er entschied, dass es für eine etwaige Unterbilanzhaftung der Beklagten, die gegebenenfalls als Erwerberin des Geschäftsanteils haftet, darauf ankommt, ob im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung eine Deckungslücke zwischen dem Gesellschaftsvermögen und dem satzungsmäßigen Stammkapital bestand.

Konsequenz

Die Verwendung einer auf Vorrat gegründeten und die Wiederbelebung einer still gelegten GmbH führen nach wie vor zu erheblichen persönlichen Haftungsrisiken der Gesellschafter. Im Falle einer wirtschaftlichen Neugründung ist die Hinzuziehung eines Beraters daher dringend zu empfehlen.

Frage nach Schwerbehinderung doch zulässig?

Frage nach Schwerbehinderung doch zulässig?

Kernfrage

Ob die Frage nach einer Schwerbehinderung im Vorstellungsgespräch zulässig ist, ist umstritten. Jedenfalls droht, wenn sie gestellt und der Bewerber nicht eingestellt wird, eine Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen Diskriminierung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Frage nach einer Schwerbehinderung im laufenden Arbeitsverhältnis generell zulässig sein kann. Auch insoweit war die Rechtslage bisher streitig. Unstreitig war nur, dass – wenn die Frage unzulässig war – hierauf wahrheitswidrig geantwortet werden durfte.

Sachverhalt

Der zu 80 % schwerbehinderte Kläger war befristet beim Arbeitgeber beschäftigt. Als über das Vermögen des arbeitgebenden Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, fragte der Insolvenzverwalter bei der Belegschaft deren soziale Rahmendaten ab, unter anderem das Vorliegen einer Schwerbehinderung unter Verwendung eines Fragebogens. Hier verneinte der Kläger wahrheitswidrig seine Schwerbehinderung. Als das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, machte der Insolvenzverwalter von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch und beendete das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger, der hiergegen Kündigungsschutzklage aus den besonderen Schutzgründen der Schwerbehinderung einlegte.

Entscheidung

Der Kläger unterlag vor dem BAG. Der besondere Kündigungsschutz für Schwerbehinderte schütze den Kläger nicht, weil er die Frage nach der Schwerbehinderung wahrheitswidrig beantwortet habe. Die Frage nach der Schwerbehinderung sei im Vorfeld einer Kündigung, gerade wegen der bestehenden Schutzvorschriften für Schwerbehinderte zulässig. Anderenfalls könne der Arbeitgeber seinen Schutzpflichten nicht adäquat nachkommen. Dies gelte jedenfalls, wenn ein Arbeitsverhältnis sechs Monate bestehen würde und damit die besonderen Schutzmechanismen eingriffen. Eine Diskriminierung liege gerade nicht vor, weil sich der Arbeitnehmer widersprüchlich verhalten habe.

Konsequenz

Mit der Entscheidung ist geklärt, dass nach einem sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnis nach der Schwerbehinderung gefragt werden darf und die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten ist; jedenfalls wenn Kündigungen im Raum stehen. Richtigerweise muss dies aber in allen Fällen gelten, in denen der Arbeitgeber um eine Schwerbehinderung wissen muss; dies schon deshalb, um die gesetzlichen Pflichten gegenüber Schwerbehinderten oder angesichts beschäftigter Schwerbehinderter (z. B. auch Schwerbehindertenabgabe) einhalten zu können.

Steuerpflichtige Beteiligungserträge bei Kapitalgesellschaften

Kernproblem

Erzielt eine Kapitalgesellschaft Erträge aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften oder aus Dividenden, so sind diese grundsätzlich zu 95 % steuerbefreit. Eine Ausnahme normiert das Körperschaftsteuergesetz für den Fall, dass die Kapitalgesellschaft als Finanzunternehmen qualifiziert und die Anteile mit der Absicht eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs erworben wurden. Die Ausnahmevorschrift wurde lange Zeit weitgehend übersehen, ist aber seit einem Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2009, wonach auch normale Familien- und Industrieholdinggesellschaften unter die Norm fallen können, in den Fokus der Beraterschaft gelangt. Nunmehr hat der BFH den Anwendungsbereich der Vorschrift weiter konkretisiert.

Sachverhalt

Die klagende GmbH erwarb unter Stundung des Kaufpreises Aktien einer zunächst nicht börsennotierten AG. Nach zwischenzeitlich erfolgtem Börsengang veräußerte die GmbH die Aktien gut sechs Monate später. Erst im Anschluss an die Veräußerung erfolgte die buchhalterische Erfassung der Anteile unter dem Posten „Beteiligungen“ im Anlagevermögen. Weitere nennenswerte Geschäfte tätigte die GmbH nicht. Das Finanzamt behandelte den Veräußerungsgewinn als voll steuerpflichtig. Klage und Revision der GmbH blieben erfolglos.

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH bestehen keine Zweifel, die GmbH als Finanzunternehmen zu qualifizieren, da sie vorliegend ausschließlich finanzunternehmerische Tätigkeiten ausübte. Die Ausnahmevorschrift im Körperschaftsteuergesetz erfasse auch jeglichen Umschlag von Anteilen, also auch Anteile an einer GmbH sowie einer nicht börsennotierten AG. Im Zeitpunkt des Erwerbs lag nach Auffassung der Richter auch die Absicht vor, einen kurzfristigen Handelserfolg zu erzielen. Aus der Erfassung der Anteile im Anlagevermögen ergebe sich tatsächlich keine entgegenstehende (indizielle) Bedeutung, wenn – wie im Streitfall – die Verbuchung nicht zeitnah mit dem Erwerb, sondern zeitlich erst nach der Veräußerung der Anteile erfolge.

Konsequenz

Aufgrund der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des BFH zur Ausnahmebestimmung ist davon auszugehen, dass die Prüfung einer voll steuerpflichtigen Beteiligungsveräußerung zukünftig vermehrt im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgegriffen wird. Dies gilt vor allem in Fällen, in denen zwischen Erwerb und Veräußerung der Anteile ein Zeitraum von weniger als zwölf Monaten liegt. Dem Steuerpflichtigen steht jedoch die Möglichkeit offen, einen entsprechenden Gegenbeweis, z. B. durch Nachweis eines langfristigen Finanzierungskonzepts, anzutreten. In einem weiteren Urteil hat der BFH geklärt, dass generell auch vermögensverwaltende (Familien-)Gesellschaften in den Anwendungsbereich der körperschaftsteuerlichen Ausnahmenorm fallen (können). Damit kann die Vorschrift in der Praxis eine erhebliche Stolperfalle darstellen.

Mehrarbeit muss grundsätzlich vergütet werden

Mehrarbeit muss grundsätzlich vergütet werden

Rechtslage

Die Vergütung von Überstunden ist regelmäßig Streitthema in Arbeitsverhältnissen. Dem Grunde nach galt der Grundsatz, dass Überstunden/Mehrarbeit in Freizeit auszugleichen ist. Nur in Ausnahmefällen oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn kein Freizeitausgleich mehr möglich war, galt eine Abgeltung in Geld. Das Bundesarbeitsgericht scheint diesen Grundsatz jetzt aufzugeben.

Sachverhalt

Der Kläger hatte während seiner Tätigkeit rd. 1.000 Überstunden angesammelt. Nach dem Arbeitsvertrag war eine 42-Stunden-Woche vereinbart und der Kläger verpflichtet, bei betrieblichen Erfordernissen ohne gesonderte Vergütung Überstunden zu leisten. Am Ende des Arbeitsverhältnisses klagte er auf Auszahlung der Überstunden der letzten drei noch nicht verjährten Jahre.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Kläger recht, weil der im Arbeitsvertrag enthaltene Ausschluss einer Überstundenvergütung unwirksam sei. Zur Begründung führte das Bundesarbeitsgericht aus, dass der Kläger bei Beginn des Arbeitsverhältnisses nicht habe wissen können, was auf ihn zukomme und damit nicht gewusst habe, welche tatsächliche Arbeitsleistung mit dem Bruttogehalt abgegolten sein sollte. In Ermangelung einer wirksamen Vergütungsregelung sei die angemessene Vergütung für die Mehrarbeit zu zahlen. Dies gelte jedenfalls in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer nicht wegen eines höheres Gehalts erkennen könne, dass Überstunden erwartet werden.

Konsequenz

Die Entscheidung bedeutet in ihrer Konsequenz, dass bei Niedrig- und Normalverdienern Überstunden in Geld auszahlen sind, wenn es keine wirksame vertragliche Abrede über die Überstunden/Mehrarbeit gibt. Dem Grunde nach sind solche Klauseln aber (noch) weiterhin zulässig. Darüber hinaus wird man mit Ausschlussfristen arbeiten müssen, um zu verhindern, dass der vollständige Regelverjährungszeitraum von drei Jahren ausgeschöpft werden kann.