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Fehlende Buchwertübertragung v. Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gleichheitswidrig?

Mit Beschluss vom 10. April 2013 I R 80/12 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil hiernach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich ist.

Nach § 6 Abs. 5 EStG ist bei der Überführung eines Wirtschaftsguts von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen der sog. Buchwert des Wirtschaftsguts anzusetzen, wenn das Wirtschaftsgut

  • von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen,
  • aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie
  • zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften

überführt wird. Wird ein Wirtschaftsgut von dem Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Betriebsvermögen einer beteiligungsidentischen anderen Mitunternehmerschaft überführt, sind hingegen die stillen Reserven des Wirtschaftsguts aufzudecken.

In der Fachdiskussion wird diese unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung vielfach beanstandet und teilweise als gleichheitswidrig angesehen. Auch innerhalb des BFH wird diese Auffassung vertreten. Dabei besteht Streit darüber, ob sich die eingeforderte Gleichbehandlung durch Gesetzesauslegung erreichen lässt. Der IV. Senat des BFH bejaht eine solche Möglichkeit, der I. Senat des BFH lehnt eine solche Möglichkeit ab.

Allseits wurde erwartet, dass dieser bereits als „Zoff im BFH“ bekannt gewordene Streit zu einer sog. Divergenzanrufung an den Großen Senat des BFH führen würde. Der I. Senat des BFH hat indessen einen anderen Weg eingeschlagen. Auch ihn überzeugen nunmehr die geltend gemachten Gleichheitsbedenken. Da er angesichts der entgegenstehenden gesetzlichen Regelung nach wie vor keine Möglichkeit sieht, diese Überzeugung mittels einer Gesetzesauslegung durchzusetzen, hat er deswegen die Verfassungsfrage durch Beschluss vom 10. April 2013 I R 80/12 dem BVerfG zur Normenkontrolle vorgelegt.

Dem zugrundeliegenden Sachverhalt nach ging es um eine Kommanditgesellschaft (KG), die im Streitjahr 2001 zwei mit einem Fabrik- und einem Verwaltungsgebäude bebaute Grundstücke an ihre beteiligungsidentische Schwestergesellschaft, ebenfalls eine KG, zu einem Kaufpreis in Höhe der Buchwerte von rund 6,9 Mio. DM veräußert hatte. Nach Ansicht des Finanzamts waren infolge der Grundstücksübertragung stille Reserven in Höhe von rund 1,6 Mio. DM aufzulösen. Dagegen wehrt sich die übertragende KG.

BFH, Pressemitteilung Nr. 69/13 vom 09.10.2013 zum Beschluss I R 80/12 vom 10.04.2013

 

BUNDESFINANZHOF Entscheidung vom 10.4.2013, I R 80/12

BVerfG-Vorlage: Fehlende Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften gleichheitswidrig?

Leitsätze

1. Die vom Gesetzgeber abschließend formulierte Regelung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes lässt eine Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zu (Bestätigung des Senatsurteils vom 25. November 2009 I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; entgegen BFH-Beschluss vom 15. April 2010 IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971).

 

2. Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, als hiernach eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich ist.

Tatbestand

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A. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, auf welche eine GmbH & Co. KG (F1-KG) ihr Vermögen im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme unter Auflösung ohne Abwicklung nach § 3 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes 1995 übertragen hatte; die Verschmelzung erfolgte durch Vertrag vom 27. August 2001, dem Streitjahr, rückwirkend zum 1. Januar 2001. Bereits durch Vertrag vom 24. August 2001 hatte die F1-KG –ebenfalls mit Rückwirkung auf den 1. Januar 2001– zwei mit einem Fabrik- und einem Verwaltungsgebäude bebaute Grundstücke an ihre beteiligungsidentische Schwestergesellschaft (F2-KG) zu einem Kaufpreis in Höhe des Buchwerts von 6.691.604 DM veräußert. Die Klägerin beanspruchte in diesem Zusammenhang die Übertragung einer von ihr in Höhe von 1.565.000 DM gebildeten sog. Reinvestitionsrücklage nach Maßgabe von § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997), für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes 1999.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) folgte dem nicht. Zum einen erfordere eine derartige Rücklagenübertragung nach § 6b EStG 1997 nicht eine gesellschafter-, sondern eine gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise, was die Übertragung hier scheitern lasse. Zum anderen sei eine Buchwertfortführung nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 EStG 1997 i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts (Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) –EStG 1997 n.F.– ausgeschlossen; es fehle insoweit am Tatbestand. Es seien daher stille Reserven in Höhe von 945.000 DM sowie von 620.000 DM aufzulösen und der Besteuerung eines Veräußerungsgewinns zu unterwerfen. Mit ihrer Klage gegen die hiernach geänderten Steuerbescheide beantragte die Klägerin, die angefochtenen Steuerbescheide aufzuheben, hilfsweise, eine Rücklage nach § 6b EStG 1997 in Höhe von 1.565.000 DM zu bilden. Die Klage war mit dem Hauptantrag erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg gab ihr durch Urteil vom 19. Juli 2012  13 K 1988/09 statt; das Urteil ist in Betriebs-Berater (BB) 2012, 369 abgedruckt.
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Das FA stützt seine Revision auf die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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B. Die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (Bundesverfassungsgerichtsgesetz) –BVerfGG– geboten, weil zur Überzeugung des Senats die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, soweit Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich sind (sog. gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss).
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I. Rechtsentwicklung der maßgebenden Bestimmungen
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1. Obwohl das Einkommensteuerrecht vor 1999 die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht ausdrücklich zum Buchwert ermöglichte, wurde dies von der Rechtsprechung zugelassen. Ebenso wie die Einbringung aus einem Einzel- oder Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen unter Fortführung des Buchwerts erfolgen konnte (Senatsurteil vom 15. Juli 1976 I R 17/74, BFHE 119, 285, BStBl II 1976, 748; Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 20. Dezember 1977, BStBl I 1978, 8 –sog. Mitunternehmer-Erlass–, Rz 57, 62), ließ die Rechtsprechung auch die Buchwertübertragung zwischen Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften zu (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 6. September 2000 IV R 18/99, BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229; Senatsurteil vom 25. November 2009 I R 72/08, BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; so bereits zuvor Korn, Kölner Steuerdialog –KÖSDI– 1997, 11219, 11223; Pensel/Hild, Der Betrieb –DB– 1985, 1710, 1712; Schmidt, EStG, 17. Aufl., § 15 Rz 683; a.A. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., S. 461). Nach Auffassung des BFH war eine als Kauf gestaltete Übertragung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil zu zerlegen. Aus dem entgeltlichen Teil ergab sich kein Gewinn, soweit der Kaufpreis dem Buchwert entsprach. Die stillen Reserven wurden demgegenüber unentgeltlich in die Schwesterpersonengesellschaft eingebracht (BFH-Urteil in BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229), so dass sie insoweit steuerverstrickt blieben.
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Eine mit dem Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1997) zu bewertende Entnahme hinsichtlich des unentgeltlichen Teils vermied der BFH (in dem Urteil in BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229 unausgesprochen) mit einer teleologischen Reduktion des Begriffs der Entnahme. Hierunter fallen alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997). Da Zweck der Entnahmen im System der Einkommensteuer die Gewährleistung einer steuerlichen Erfassung der stillen Reserven sei (BFH-Beschluss vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168; BFH-Urteile vom 16. März 1967 IV 72/65, BFHE 88, 129, BStBl III 1967, 318; vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381), sollte eine Entnahme nach dem sog. finalen Entnahmebegriff nicht vorliegen, solange die Realisierung der im Bilanzansatz des jeweiligen Wirtschaftsguts vorhandenen stillen Reserven gesichert blieb (BFH-Urteil vom 25. Juni 2003 X R 72/98, BFHE 202, 514, BStBl II 2004, 403). Dies war nach Auffassung der Rechtsprechung der Fall, solange sich das Wirtschaftsgut in einem betrieblichen Vermögen des Steuerpflichtigen befand; auf die konkrete wirtschaftliche Einheit sollte es nicht ankommen (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168).
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2. Mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) vollzog der Gesetzgeber eine Kehrtwende. Für Fälle der Überführung von Wirtschaftsgütern innerhalb der Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bzw. Mitunternehmers sieht der Gesetzgeber seitdem zwingend eine Buchwertfortführung vor (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997). Dies gilt auch für die Überführung aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in dessen Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie für die Überführung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften (§ 6 Abs. 5 Satz 2 EStG 1997). Nicht möglich war indes eine Buchwertfortführung bei Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, bei der Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen bei derselben Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie bei der Übertragung zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft; in diesen Fällen war bei der Übertragung der Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002). Hierbei bestand die Absicht des Gesetzgebers darin, die durch den Mitunternehmer-Erlass bestehenden Spielräume abzuschaffen und die bisher bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung einzuschränken (BTDrucks 14/23, S. 172).
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Aus der Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 3 EStG 1997 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 wurde in der Literatur zutreffend der Schluss gezogen, eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zum Buchwert sei nicht mehr möglich. Vielmehr waren die gesetzlichen Regelungen abschließend (so Brandenberg, Finanz-Rundschau –FR– 2000, 1182, 1187; Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599, 2602; Patt in Herrmann/Heuer/Raupach, Steuersenkungsgesetz, § 6 EStG Rz R 139; a.A. Düll/Fuhrmann/Eberhard, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2000, 1713, 1715). Aufgrund der gesetzgeberischen Differenzierung zwischen der Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen und der Übertragung von Wirtschaftsgütern mit Rechtsträgerwechsel, durch die der Personengesellschaft insoweit eine begrenzte Steuersubjektqualität zugebilligt wurde, konnte nicht mehr vertreten werden, die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften sei zu Buchwerten möglich (so aber Wendt, FR 2002, 53, 64).
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3. Auch § 6 Abs. 5 EStG 1997 i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) ließ keine Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zu (Brandenberg, FR 2000, 1182, 1187; Kloster/Kloster, GmbH-Rundschau –GmbHR– 2000, 1129, 1133). Während § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG 1997 unverändert blieb, erstreckte der geänderte § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes die Möglichkeit der Buchwertübertragung lediglich auf die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen bei derselben Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie die Übertragung zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer.
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Für möglich gehalten wurde eine Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften von Teilen der Literatur allein im Wege einer Ausweichgestaltung (Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599, 2602; Kemper/Konold, DStR 2000, 2119, 2120 f.; Korn in Hörmann/ Jüptner/Kobor/Zugmaier, Brennpunkte des Steuerrechts, Festschrift für Wolfgang Jakob, 2001, 157, 172; s. auch Brandenberg, FR 2000, 1182, 1187; anders derselbe, Die Steuerberatung –Stbg– 2004, 65, 71): Zunächst sollten die betreffenden Wirtschaftsgüter in das Sonderbetriebsvermögen der Ausgangs-Personengesellschaft übertragen werden. In einem zweiten Schritt sollten die Wirtschaftsgüter in das Sonderbetriebsvermögen der beteiligungsidentischen Ziel-Schwesterpersonengesellschaft überführt und anschließend unentgeltlich in das Betriebsvermögen der Ziel-Schwesterpersonengesellschaft übertragen werden.
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4. Das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz ändert an dieser Rechtslage nichts. Der Gesetzgeber hat hierdurch lediglich § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 dahingehend geändert, dass § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 entsprechend gilt, soweit ein Wirtschaftsgut (1) unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus einem Betriebsvermögen des Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt, (2) unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen derselben Mitunternehmerschaft oder einer anderen Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist, und umgekehrt oder (3) unentgeltlich zwischen den jeweiligen Sonderbetriebsvermögen verschiedener Mitunternehmer derselben Mitunternehmerschaft übertragen wird. Der Antrag des Landes Baden-Württemberg, durch § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG 1997 n.F. eine Buchwertübertragung zudem in den Fällen zuzulassen, in denen ein Wirtschaftsgut unentgeltlich oder gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der dieselben Mitunternehmer beteiligt sind (BRDrucks 638/3/01, S. 2), wurde zurückgezogen, obwohl sich die vom Vermittlungsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe auf die Umsetzung dieses Änderungsantrags bereits geeinigt hatte (Schmitt/Franz, Die Unternehmensbesteuerung –Ubg– 2012, 395, 398). Ebenso erhielt der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die Möglichkeit zu eröffnen, Einzelwirtschaftsgüter aus dem Gesamthandsvermögen einer Schwesterpersonengesellschaft zum Buchwert zu übertragen, wenn an beiden Mitunternehmerschaften dieselben Personen als Mitunternehmer beteiligt sind, ohne nähere Begründung im Finanzausschuss keine Mehrheit (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses –7. Ausschuss–, BTDrucks 14/7343, S. 3).
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II. Einfachgesetzliche Rechtslage
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Ausgehend von der im Streitjahr 2001 geltenden einfachgesetzlichen Rechtslage ist die Revision begründet. Entgegen der Auffassung des FG ist der Grundstücksverkauf nicht der Klägerin selbst zuzurechnen. Vielmehr ist das FA zu Recht davon ausgegangen, dass der Veräußerungsvorgang noch der F1-KG, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist, zuzurechnen ist, und dass die Übertragung nicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. zu Buchwerten erfolgen durfte.
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1. Der Verkauf der Grundstücke ist nicht der Klägerin, sondern der F1-KG zuzurechnen.
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a) Das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft sind auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags, der höchstens acht Monate vor der Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Handelsregister liegen darf, auf die Übernehmerin übergegangen wäre (§ 20 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Abs. 8 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes –UmwStG 1995–). Von diesem Zeitpunkt an wechselt die Besteuerung des übergehenden Vermögens von dem übertragenden Rechtsträger auf die Übernehmerin. Entsprechend werden auch die Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum steuerlich dem übernehmenden Rechtsträger zugeordnet. Alle nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag anfallenden Vorgänge mit Auswirkungen auf Einkommen und Vermögen, die sich bei dem handelsrechtlich bis zur Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister unverändert fortbestehenden übertragenden Rechtsträger ereignen, sind steuerlich der Übernehmerin zuzuordnen (einhellige Meinung, vgl. z.B. Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/ van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 20 Rz 228; Menner in Haritz/ Menner, Umwandlungssteuergesetz, 3. Aufl., § 20 Rz 631; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 6. Aufl., § 20 UmwStG Rz 240). Diese Grundsätze gelten jedoch nicht hinsichtlich des Einkommens und des Gewerbeertrags für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen (§ 20 Abs. 7 Satz 2 UmwStG 1995).
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b) Im Streitfall stellt der Kaufvertrag zwar einen vermögensrelevanten Vorgang dar, der gemäß § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG 1995 grundsätzlich der übernehmenden Gesellschaft, also der Klägerin, zuzurechnen ist. Eine Zurechnung scheidet vorliegend gleichwohl deshalb aus, weil der Veräußerung des Grundstücks eine Entnahme vorausgegangen ist. Denn trotz vorhandener stiller Reserven veräußerte die F1-KG die Grundstücke mit den aufstehenden Fabrik- und Verwaltungsgebäuden lediglich zum Buchwert.
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Werden Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ohne angemessene Gegenleistung in das Betriebsvermögen einer anderen Personengesellschaft übertragen, an der die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft ebenfalls beteiligt sind, so geht dieser Übertragung eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997 voraus (Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; Groh, DB 2002, 1904, 1905; Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599, 2602; Reiß, Steuerberater-Jahrbuch 2001/2002, 281, 311; Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 1059).
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Gegen das Vorliegen einer Entnahme in diesen Fällen spricht nicht deren Zweck, eine Besteuerung der stillen Reserven zu gewährleisten (vgl. BFH-Urteile vom 17. August 1972 IV R 26/69, BFHE 107, 27, BStBl II 1972, 903; vom 25. Juli 2000 VIII R 46/99, BFHE 192, 516; BFH-Beschluss in BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168, m.w.N.; Senatsurteil vom 16. Februar 1996 I R 183/94, BFHE 180, 97, BStBl II 1996, 342). Diese mag bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht gefährdet sein. Durch die Übertragung wird jedoch der Konnex des Wirtschaftsguts zur konkreten Einkunftsquelle „Betrieb“ gelöst und das Wirtschaftsgut damit betriebsfremden Zwecken zugeführt, was eine außerbilanzielle Korrektur bei der übertragenden Gesellschaft erforderlich macht (Seiler in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 4 Rz B 113). Durch § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die Personengesellschaft für den Zweck der Gewinnermittlung als eigenständiges Steuersubjekt begreift (Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; Brandenberg, Stbg 2004, 65, 70; Gosch, DStR 2010, 1173, 1175) und für das Vorliegen einer Entnahme nicht allein darauf abstellt, ob die Besteuerung der stillen Reserven gewährleistet ist.
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2. Durch die teilentgeltliche Veräußerung der Grundstücke an die F2-KG hat die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der F1-KG einen Entnahmegewinn in Höhe der in den Gebäuden ruhenden stillen Reserven in Höhe von 1.565.000 DM erzielt.
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Soweit das Entgelt hinter dem Teilwert der Grundstücke zurückbleibt, ist die Übertragung unentgeltlich durchgeführt worden und hat zu einem Entnahmegewinn geführt. Die Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997 wird nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 1997 mit dem Teilwert bewertet bzw. bei einer den Teilwert nicht erreichenden Gegenleistung mit der Differenz zwischen der Gegenleistung und dem Teilwert (BFH-Urteile vom 21. Juni 2012 IV R 1/08, BFHE 237, 503; vom 19. September 2012 IV R 11/12, BFHE 239, 76; Prinz/Hütig, DB 2012, 2597, 2600 f.; Wendt, BFH/PR 2012, 299, 300; derselbe, BFH/PR 2012, 387; Wittwer, DStR 2012, 1503).
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Dem kann nicht entgegengehalten werden, § 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 1997 sei nicht anwendbar, weil der Gesetzgeber des Steuersenkungsgesetzes zu der Rechtslage vor dem 1. Januar 1999 habe zurückkehren wollen, so dass die Rechtsprechung des BFH zur Möglichkeit einer Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zu Buchwerten (BFH-Urteil in BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229; s. bereits unter B.I.1.) Anwendung finde (in diesem Sinne aber Reiß in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 15 Rz 388). Dieser Auffassung kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Gesetzgeber mit dem Steuersenkungsgesetz die Rechtslage vor dem 1. Januar 1999 nur in modifizierter Form wieder hergestellt hat. Darüber hinaus lässt § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. erkennen, dass der Gesetzgeber nicht zu der finalen Entnahmelehre zurückkehren wollte, die bis zum 1. Januar 1999 den Grund darstellte, auch bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften eine Entnahme verneinen zu können. § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. kann vielmehr der Grundsatz entnommen werden, dass eine Überführung oder eine Übertragung von Wirtschaftsgütern tatbestandlich stets zu einer Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997 führt (vgl. Brandenberg, Stbg 2004, 65, 70). Die Vorschrift stellt eine Bewertungsvorschrift dar, die als speziellere Norm § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG 1997 vorgeht und in den benannten Fällen ausnahmsweise eine Fortführung der Buchwerte zulässt (BFH-Urteile in BFHE 237, 503; in BFHE 239, 76; s. auch Gosch, DStR 2010, 1173, 1175; Wehrheim/ Nickel, BB 2006, 1361, 1363 f.).
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3. Eine Übertragung zu Buchwerten unter Vermeidung der Aufdeckung der stillen Reserven ist im Streitfall auch nicht gemäß § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. erfolgt. Es liegt weder ein Fall der Überführung von Einzelwirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 noch ein Fall der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern mit Rechtsträgerwechsel nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. vor. Auch analog sind diese Bestimmungen im Streitfall nicht anwendbar.
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a) Eine Überführung von Einzelwirtschaftsgütern zum Buchwert gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 scheidet aus, weil nicht ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt worden ist (a.A. Groh, DB 2002, 1904, 1906; Niehus, FR 2005, 278, 279). Vielmehr liegt ein Übertragungsvorgang vor, der nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. zu Buchwerten möglich ist (so auch Gosch, DStR 2010, 1173, 1175; Schmitt/Franz, Ubg 2012, 395, 398; Wendt, FR 2002, 53, 64). Wenn ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen einer Personengesellschaft entnommen und in das Betriebsvermögen einer anderen Personengesellschaft eingelegt wird, liegt stets ein Rechtsträgerwechsel und damit eine Übertragung vor (Wißborn, Neue Wirtschafts-Briefe –NWB– 2010, 4275, 4276 f.). Die in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 und 2 EStG 1997 n.F. getroffene Unterscheidung zwischen dem „Betriebsvermögen des Mitunternehmers“ und dem „Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft“ verdeutlicht, dass der Gesetzgeber die Mitunternehmerschaft als selbständiges Steuersubjekt mit einem eigenen –von den Betriebsvermögen der Mitunternehmer zu unterscheidenden– Betriebsvermögen versteht (Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471).
26
b) Ebenso wenig wird der vorliegende Fall vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. erfasst (vgl. Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 20. März 2012  11 K 11149/07, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 2012, 1235; Brandenberg, Deutsche Steuer-Zeitung –DStZ– 2002, 551, 555; Fichtelmann, Der Ertragsteuerberater –EStB– 2002, 184, 185; Gosch, DStR 2010, 1173 ff.; Niehus/Wilke, Die Besteuerung der Personengesellschaften, 6. Aufl., S. 214; Wendt, EStB 2002, 137, 138; a.A. Ley, DStR 2011, 1208, 1210 f.). Die Vorschrift betrifft nicht den Fall der Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft (so bereits Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471).
27
c) Die Übertragung der Grundstücke konnte auch nicht analog § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 steuerneutral zu Buchwerten erfolgen (so aber BFH-Beschluss vom 15. April 2010 IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971; Niedersächsisches FG, Urteil vom 31. Mai 2012  1 K 271/10, EFG 2012, 2106; Bernütz/ Loll, DB 2013, 665, 667; Bode, DB 2010, 1156, 1157; Hoffmann, GmbHR 2002, 125, 131; Kanzler, FR 2010, 761, 762; Niehus/Wilke in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 EStG Rz 1447e; Wendt, FR 2010, 386, 387; Wacker, NWB 2010, 2382, 2388; derselbe in Habersack/ Hommelhoff, Festschrift für Wulf Goette, 2011, 561, 574; Wittwer, DStR 2010, 1072; ähnlich M. Fischer, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2012/2013, 430, 436). Insoweit fehlt es an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
28
Eine planwidrige Regelungslücke besteht nur, wo das Gesetz, gemessen an seinem eigenen Ziel und Zweck, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und eine Ergänzung nicht einer dem Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH-Urteil vom 21. Oktober 1997 IX R 29/95, BFHE 184, 466, BStBl II 1998, 142; Senatsurteil vom 21. Oktober 1999 I R 66/98, BFHE 190, 390, BStBl II 2000, 288; Senatsbeschluss vom 13. Mai 2013 I R 39/11, BFH/NV 2013, 1284, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).
29
Die Fälle einer Buchwertübertragung sind nach dem Willen des Gesetzgebers in § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. abschließend geregelt (so auch Gosch, DStR 2010, 1173, 1175; Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 6 Rz L 66; insoweit zustimmend Wendt, FR 2002, 53, 64). Im Gesetzgebungsverfahren ist mehrmals diskutiert worden, ob eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zu Buchwerten möglich sein soll (BRDrucks 638/3/01, S. 2; Beschlussempfehlung des Finanzausschusses –7. Ausschuss–, BTDrucks 14/7343, S. 3); der Gesetzgeber hat gleichwohl eine solche Bestimmung nicht in § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. aufgenommen. Vielmehr hat er durch die ausdifferenzierte Ausgestaltung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. zu erkennen gegeben, dass er die Fälle, in denen eine Buchwertfortführung möglich sein soll, abschließend regeln wollte (Gosch, DStR 2010, 1173, 1175). Darüber hinaus kann der Systematik des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. entnommen werden, dass § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 n.F. allein die Fälle einer Überführung von Wirtschaftsgütern (zwischen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen), nicht aber Fälle einer Übertragung von Wirtschaftsgütern (mit Rechtsträgerwechsel) erfassen soll. Die Fälle, in denen eine Übertragung zu Buchwerten möglich sein soll, regelt systematisch allein § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. (ähnlich auch Wißborn, NWB 2010, 4275, 4277).
30
d) § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. ist ebenso wenig analog mit der Folge anwendbar, dass eine Übertragung der Grundstücke zu Buchwerten erfolgen konnte (so bereits Senatsurteil in BFHE 227, 445, BStBl II 2010, 471; Brandenberg, FR 2010, 731, 734; derselbe, NWB 2010, 2699, 2708; Strahl, KÖSDI 2003, 13918, 13926; Suchanek, GmbHR 2010, 322, 323; a.A. Schmidt/Kulosa, EStG, 32. Aufl., § 6 Rz 702).
31
Auch hier fehlt es an der planwidrigen Regelungslücke, weil im Gesetzgebungsverfahren die Frage einer Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zu Buchwerten mehrmals diskutiert worden ist und das Land Baden-Württemberg in seinem Antrag sogar einen entsprechenden Vorschlag in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG 1997 n.F. ausformuliert (BRDrucks 638/3/01, S. 2), der Gesetzgeber aber gleichwohl keine entsprechende Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. aufgenommen hat.
32
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber den Wortlaut des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. bewusst abschließend formuliert hat (a.A. Bernütz/Loll, DB 2013, 665, 667; Wacker, NWB 2010, 2382, 2388; derselbe in Habersack/Hommelhoff, a.a.O., S. 561, 574). § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 gilt (mit der Folge der Buchwertfortführung) entsprechend, „soweit“ einer der drei enumerativ bezeichneten Fälle vorliegt. Durch die Verwendung der Konjunktion „soweit“, der nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Bedeutung von „in dem Maße, wie“ zukommt (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 2. Aufl., 1989, S. 1421), hat der Gesetzgeber hinreichend deutlich gemacht, dass eine Buchwertübertragung über die im Gesetz genannten Fälle hinaus nicht möglich sein soll.
33
III. Verfassungsrechtliche Beurteilung
34
Der Senat sieht in der fehlenden gesetzlichen Möglichkeit einer Buchwertfortführung bei Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellchaften einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
35
1. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa; BVerfG-Urteil vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, unter C.I.). Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen aber vorenthalten wird (BVerfG-Beschlüsse vom 7. Juli 2009  1 BvR 1164/07, BVerfGE 124, 199, unter B.I.1.; vom 21. Juli 2010  1 BvR 611/09, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, unter B.I.2.a; vom 7. Mai 2013  2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07, DStR 2013, 1228, unter C.I.1.).
36
Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, unter C.I.1.; vom 7. November 2006  1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.1.; vom 4. Februar 2009  1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1, unter C.II.1.a).
37
Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.2.; in BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa; in BVerfGE 123, 1, unter C.II.1.a). Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 116, 164, unter C.I.2.; in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter C.I.2.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.a). Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 116, 164, unter C.I.2.; BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, unter C.I.2.a). Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung zudem folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden (BVerfG-Beschluss vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, unter D.I.). Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 1, unter C.I.2.a aa; in BVerfGE 126, 400, unter B.I.2.a).
38
2. Davon ausgehend ist der Senat der Überzeugung, dass § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, soweit Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften nicht zum Buchwert möglich sind. Der Gesetzgeber verletzt durch die geltende Regelung seine Verpflichtung zu einer folgerichtigen Ausrichtung des Einkommensteuerrechts an dem Prinzip einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit.
39
a) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist nur die in Geldwert vorhandene Ist-Leistungsfähigkeit (Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 167; vgl. auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl., S. 481, 497 f.). Hinsichtlich im Betriebsvermögen eingetretener Vermögensmehrungen wird die Ist-Leistungsfähigkeit nur gesteigert, soweit die Vermögensmehrungen tatsächlich realisiert worden sind, nicht aber dann, wenn es zu bloßen Wertsteigerungen des Vermögens gekommen ist (Knobbe-Keuk, a.a.O., S. 268, m.w.N.; Musil in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 EStG Rz 12; Vogel, Steuer und Wirtschaft –StuW– 1974, 193, 199; V. Wendt, Das Verhältnis von Entnahme/Einlage zur Anschaffung/Veräußerung im Einkommensteuerrecht, 2003, S. 48 f.). Da der Steuerzugriff zu einem Liquiditätsentzug führt, kann eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nur vorhanden sein, soweit eine entsprechende Liquidität vorliegt (Blumers/Elicker, BB 2009, 1156, 1157). Allein die Neueinschätzung eines Wirtschaftsguts durch potentielle Nachfrager verbessert demgegenüber allenfalls die Veräußerbarkeit des Guts und die Kreditfähigkeit des Eigentümers, vermehrt das wirtschaftliche Handlungsvermögen des Eigentümers im Übrigen aber erst bei Dispositionen über sein Eigentum (Kirchhof in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 2 Rz A 98).
40
In Einklang mit dieser Prämisse ist für die einkommensteuerrechtliche Gewinnermittlung nicht der tatsächliche Zeitwert des Wirtschaftsguts maßgebend. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG 1997 werden die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens solange mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten bewertet, als sie sich im Betriebsvermögen befinden; Wertsteigerungen werden in Form von stillen Reserven konserviert und wirken sich nicht gewinnwirksam aus (statt aller V. Wendt, a.a.O., S. 49 f.). Sie wirken sich erst dann gewinnerhöhend aus, wenn das betreffende Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Dies kann durch Übertragung auf einen anderen Rechtsträger (Veräußerung, Betriebsveräußerung) oder durch eine endgültige Lösung des betrieblichen Zusammenhangs im Wege der Entnahme oder Betriebsaufgabe erfolgen (Bode in Kirchhof, a.a.O., § 4 Rz 31; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 50).
41
Aber auch wenn das Wirtschaftsgut das konkrete Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen verlässt, dürfen nach dem Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die stillen Reserven ausnahmsweise dann nicht besteuert werden, wenn durch das Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen die Liquidität des Steuerpflichtigen nicht erhöht wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Wirtschaftsgut von einem in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird. Der Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit ist im Einkommensteuerrecht untrennbar mit dem Grundsatz der Individualbesteuerung verbunden (vgl. BFH-Urteil vom 16. Juni 2004 X R 34/03, BFHE 207, 120, BStBl II 2005, 378; BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608). Die Einkommensteuer ist eine Personensteuer; sie erfasst die im Einkommen zu Tage tretende Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Person (BVerfG-Beschluss vom 3. November 1982  1 BvR 620/78, 1 BvR 1335/78, 1 BvR 1104/79, 1 BvR 363/80, BVerfGE 61, 319, BStBl II 1982, 717, unter C.I.2.; BVerfG-Beschluss vom 29. Mai 1990  1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C.III.3.a; BFH-Beschlüsse vom 10. April 2003 XI R 54/99, BFHE 202, 284, BStBl II 2004, 400; in BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608), die sich aus mehreren unternehmerischen Tätigkeiten einer konkreten Person und damit durch den Einsatz verschiedener Betriebsvermögen ergeben kann. Folgerichtig hat der Gesetzgeber deshalb eine Buchwertfortführung für den Fall vorgesehen, dass ein Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird (§ 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997). Von den prinzipiellen Grundentscheidungen des Gesetzgebers ausgehend ist es ebenso konsequent, die Buchwertfortführung für den Fall anzuordnen, dass ein Wirtschaftsgut aus einem eigenen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in sein Sonderbetriebsvermögen bei einer Mitunternehmerschaft und umgekehrt sowie zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen bei verschiedenen Mitunternehmerschaften überführt wird (§ 6 Abs. 5 Satz 2 EStG 1997).
42
b) Indem der Gesetzgeber in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. nicht auch die Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen den Betriebsvermögen beteiligungsidentischer Schwesterpersonengesellschaften zugelassen hat, hat er seine grundlegende Systementscheidung einer Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durchbrochen (vgl. auch Leisner-Egensperger, DStZ 2010, 900, 904; Wendt, FR 2010, 386, 387). Der Fall ist wesentlich gleich mit dem in § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 geregelten Fall der Überführung eines Wirtschaftsguts von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen, die folgerichtig zu Buchwerten möglich ist. Der einzige Unterschied besteht in dem Zusammenschluss mehrerer natürlicher Personen zwecks gemeinsamer Einkünfteerzielung. Dieser Unterschied spielt aber hinsichtlich der Frage, ob die gesetzgeberische Grundentscheidung auch in diesem Fall eine Buchwertübertragung gebietet, keine Rolle. Denn die bei Ausscheiden eines Wirtschaftsguts erzielten Gewinne werden den Gesellschaftern vor und nach der Übertragung in gleicher Weise anteilig zugerechnet, so dass die Besteuerung der stillen Reserven durch die Übertragung nicht gefährdet wird (insoweit auch Bareis, FR 2011, 153, 163; Bode, DB 2010, 1156; Wacker, NWB 2010, 2382, 2388; Wendt, FR 2010, 386, 387; derselbe, 62. HLBS Steuerfachtagung, Berlin 2011, S. 35, 56).
43
c) Eine Rechtfertigung für die Durchbrechung des Prinzips der Besteuerung nach der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist für den Senat nicht erkennbar.
44
aa) Der Gesetzgeber des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes hat sich nicht dazu geäußert, warum er bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften eine Buchwertfortführung nicht zugelassen hat, obwohl es hierdurch weder zu einer gesteigerten Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gekommen ist und auch nicht die Gefahr einer späteren unbemerkten Entstrickung erhöht wird (so bereits BFH-Beschluss in BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971). Der Antrag einer entsprechenden Ergänzung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. durch das Land Baden-Württemberg ist ohne Begründung zurückgenommen worden. Ebenso ist ein entsprechender Vorschlag ohne weitere Begründung durch den Finanzausschuss abgelehnt worden (Beschlussempfehlung des Finanzausschusses –7. Ausschuss–, BTDrucks 14/7343, S. 3).
45
bb) Soweit in der Literatur als Grund für die fehlende Zulässigkeit einer Übertragung zwischen dem Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften angegeben wird, anderenfalls werde das Entstehen von Objektgesellschaften begünstigt, die eine Veräußerung der Wirtschaftsgüter zuließen, die nicht nur gewerbesteuerfrei, sondern auch nach §§ 16, 34 EStG 1997 begünstigt seien (Brandenberg, DStZ 2002, 551, 555; Niehus, StuW 2008, 359, 368; Niehus/Wilke, a.a.O., S. 215; von einem „Missbrauchspotential“ ausgehend auch Dornheim, Ubg 2012, 618, 622), ist nicht zu ersehen, dass dies tatsächlich der Grund gewesen sein könnte, der den Gesetzgeber zu der Ungleichbehandlung veranlasst hat. Im Übrigen würde dieser Grund die mangelnde Folgerichtigkeit des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. nicht rechtfertigen. Denn damit würden die verfassungsrechtlichen Grenzen einer zulässigen Typisierung überschritten.
46
Eine gesetzliche Typisierung darf keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 127, 224, unter D.I.; vom 6. April 2011  1 BvR 1765/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2011, 812, unter IV.2.a). Zudem muss sich die Typisierung am allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen (BVerfG-Beschluss vom 4. April 2001  2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310, unter B.I.2.b; Senatsbeschluss vom 13. März 2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611). Die ungleichen Rechtsfolgen dürfen nur eine verhältnismäßig geringe Zahl von Personen treffen, und die Nachteile dürfen nicht zu schwer wiegen (BVerfG-Beschlüsse vom 30. Mai 1990  1 BvL 2/83, BVerfGE 82, 126, unter C.I.4.f; vom 8. Oktober 1991  1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, unter C.I.2.; Heun in Dreier, Grundgesetz-Kommentar, 2. Aufl., Art. 3 Rz 33).
47
Der Senat erkennt nicht, dass sich der Gesetzgeber –ausgehend von dem in der Literatur unterstellten typisierenden Missbrauchsverdacht– bei seinem Regelungsverzicht realitätsgerecht am typischen Fall orientiert hätte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften typischerweise nicht mit dem unternehmerisch legitimen Zweck einer Umstrukturierung, sondern mit dem Ziel unternommen würde, missbräuchlich Steuervorteile zu erlangen.
48
Der Begünstigungsausschluss wäre darüber hinaus nicht verhältnismäßig. Der auf einer Missbrauchstypisierung basierende Regelungsverzicht ist nicht erforderlich. Als gleich geeignetes milderes Mittel könnten die konkreten Gestaltungen von Steuerpflichtigen auf das Vorliegen eines Missbrauchs i.S. des § 42 der Abgabenordnung hin untersucht werden (ähnlich Niehus, StuW 2008, 359, 368).
49
cc) Der Begünstigungsausschluss ist ausgehend von der Systematik des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. umso weniger nachvollziehbar, als der Gesetzgeber des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes durch § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. Buchwertübertragungen sogar in Fällen eines Rechtsträgerwechsels zulässt, in denen mit anderen Worten stille Reserven interpersonal verlagert werden (hierauf hinweisend bereits BFH-Beschluss in BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971; Niehus, FR 2005, 278, 279).
50
3. Eine die Verfassungswidrigkeit vermeidende verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. ist nicht möglich.
51
Die verfassungskonforme Gesetzesauslegung gebietet es, bei mehreren Möglichkeiten der Normauslegung diejenige maßgeblich sein zu lassen, bei der die Regelung mit der Verfassung konform geht. Der Grundsatz verbindet somit die Normtextauslegung mit einer Normenkontrolle (Müller/Christensen, Juristische Methodik, Band I, 10. Aufl., Rz 100) und findet als Auslegungskriterium seine Grenze dort, wo er mit dem Wortlaut der Norm und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes in Widerspruch treten würde (BVerfG-Beschlüsse vom 27. März 2012  2 BvR 2258/09, BVerfGE 130, 372, unter B.II.1.c aa; in DStR 2013, 1228, unter D.I.). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung darf einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Vorschrift nicht grundlegend neu bestimmt und das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlihen Punkt verfehlt werden (BVerfG-Beschluss vom 26. April 1994  1 BvR 1299/89, 1 BvL 6/90, BVerfGE 90, 263, unter C.II.).
52
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. scheitert im Streitfall daran, dass ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss vorliegt und der Fall der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften zum Buchwert damit keine –ausgehend vom Wortlaut und dem Willen des historischen Gesetzgebers– mögliche Auslegungsvariante ist. Wie bereits erläutert wurde, hat der Gesetzgeber durch die Systematik des § 6 Abs. 5 EStG 1997 n.F. hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass er die Übertragung von Wirtschaftsgütern zum Buchwert bei Rechtsträgerwechsel allein von § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. erfasst wissen wollte, der indes –seinem Wortlaut und dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des historischen Gesetzgebers– einen abschließenden Katalog enthält, in dem die Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften nicht geregelt wird.
53
IV. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
54
Für die Entscheidung des vorlegenden Senats kommt es auf die Gültigkeit des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. an (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Abhängig von der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. kommt es zu einer unterschiedlichen Entscheidung über die Revision des FA.
55
1. Ist die Vorschrift verfassungskonform, so ist die Revision begründet. Das angefochtene FG-Urteil wäre aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
56
In diesem Fall ist das FA zu Recht davon ausgegangen, dass eine Übertragung der Grundstücke von der F1-KG auf die F2-KG nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. steuerneutral zu Buchwerten möglich war. Dem FG wäre aber durch eine Aufhebung seines Urteils und die Zurückverweisung Gelegenheit zur Aufklärung zu geben, ob bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Bildung einer Reinvestitionsrücklage gemäß § 6b EStG 1997 vorliegen. Insoweit kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das FG bislang keinen Anlass hatte, die hierfür erforderlichen Feststellungen zu treffen. Die Klage war nach Auffassung des FG bereits hinsichtlich des Hauptantrags begründet.
57
2. Ist § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG 1997 n.F. hingegen wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG mit der Verfassung unvereinbar (zur regelmäßigen Rechtsfolge der Unvereinbarkeit in den Fällen eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz s. BVerfG-Urteil vom 19. Februar 2013  1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09, Neue Juristische Wochenschrift 2013, 847, unter C.I.; BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995  2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter C.III.3.; vom 6. Juli 2004  1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176, unter C.I.; vom 7. Februar 2012  1 BvL 14/07, BVerfGE 130, 240, unter C.I.), müsste der vorlegende Senat das Verfahren grundsätzlich bis zu einer Neuregelung des Gesetzgebers gemäß § 74 FGO aussetzen. Auch dies wäre eine andere Entscheidung als im Falle der Gültigkeit des Gesetzes (vgl. hierzu BVerfG-Urteil vom 13. Dezember 1983  2 BvL 13/82, 2 BvL 14/82, 2 BvL 15/82, BVerfGE 66, 1, unter B.1.; BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter B.I.; in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter B.I.1.).
58
Dabei kann es für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage keine Rolle spielen, dass im Falle einer Unvereinbarkeitserklärung das BVerfG gemäß § 35 BVerfGG die weitere Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann (BVerfG-Beschlüsse vom 25. September 1992  2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91, 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, unter C.III.3.d; in BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655, unter B.I.). Maßgebend für die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens –wie im Streitfall– die Chance offen hält, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (BVerfG-Beschluss vom 17. April 2008  2 BvL 4/05, BVerfGE 121, 108, unter B.I.).

 

Verknüpftes Dokument, siehe auch:  Pressemitteilung Nr. 69/13 vom 9.10.2013

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Teilnahme an Betriebsveranstaltung als steuerpflichtiger Lohn

In zwei neuen Entscheidungen (Urteile vom 16.05.2013 VI R 94/10 und VI R 7/11) hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zu der Frage fortentwickelt, unter welchen Voraussetzungen die Teilnahme an Betriebsveranstaltungen bei Arbeitnehmern zu einem steuerbaren Lohnzufluss führt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Zuwendungen eines Arbeitgebers anlässlich einer Betriebsveranstaltung erst bei Überschreiten einer Freigrenze (von 110 Euro/Person) als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Der Wert der den Arbeitnehmern zugewandten Leistungen kann anhand der Kosten geschätzt werden, die der Arbeitgeber dafür seinerseits aufgewendet hat. Diese Kosten sind grundsätzlich zu gleichen Teilen sämtlichen Teilnehmern zuzurechnen (s. BFH-Urteil vom 12.12.2012 VI R 79/10, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; PM vom 20.02.2013 Nr. 11/13).

2. Eine weitere Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslohn ist in diesen Fällen, dass die Teilnehmer durch die Leistungen objektiv bereichert sind. Dies hat der BFH nun durch Urteil vom 16.05.2013 (VI R 94/10) entschieden und seine bisher gegenteilige Rechtsprechung geändert. Zu einer objektiven Bereicherung führen dabei nur solche Leistungen, die von den teilnehmenden Arbeitnehmern unmittelbar konsumiert werden können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung betreffen (z. B. Mieten und Kosten für die Beauftragung eines Eventveranstalters) bereichern die Teilnehmer hingegen nicht und bleiben deshalb bei der Ermittlung der maßgeblichen Kosten unberücksichtigt.

Im Streitfall (VI R 94/10) hatte der Arbeitgeber anlässlich eines Firmenjubiläums seine Arbeitnehmer zu einer Veranstaltung in ein Fußballstadion eingeladen. Die Kosten hierfür betrafen vor allem Künstler, Eventveranstalter, Stadionmiete und Catering. Das Finanzamt (FA) hatte bei der Ermittlung der Freigrenze sämtliche Kosten berücksichtigt. Die Freigrenze war danach überschritten. Das Finanzgericht (FG) war dem gefolgt. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Zwar habe das FG die Freigrenze zu Recht mit 110 Euro bemessen. Die Kosten für den äußeren Rahmen der Veranstaltung hätten jedoch nicht berücksichtigt werden dürfen. Bleibe allein die Stadionmiete unberücksichtigt, sei die Freigrenze nicht überschritten.

3. In einem weiteren Urteil vom 16.05.2013 (VI R 7/11) hat der BFH entschieden, dass die Kosten der Veranstaltung nicht nur auf die Arbeitnehmer, sondern auf alle Teilnehmer (z. B. auch Familienangehörige) zu verteilen sind. Der danach auf Begleitpersonen entfallende Anteil der Kosten wird, so der BFH ebenfalls entgegen seiner früheren Auffassung, den Arbeitnehmern bei der Berechnung der Freigrenze auch nicht als eigener Vorteil zugerechnet.

In diesem Fall (VI R 7/11) hatten nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Familienangehörige und sonstige Begleitpersonen der Arbeitnehmer an einer Betriebsveranstaltung teilgenommen. Die Kosten der Veranstaltung beliefen sich nach den Feststellungen des FA auf ca. 68 Euro pro Teilnehmer. Da das FA die auf einen Familienangehörigen entfallenden Kosten dem Arbeitnehmer zurechnete, ergab sich in einzelnen Fällen eine Überschreitung der Freigrenze. Das FG hatte der Klage nur teilweise stattgegeben. Der BFH hat die Entscheidung des FG aufgehoben und der Klage insgesamt stattgegeben.

BFH, Pressemitteilung Nr. 68/13 vom 09.10.2013 zu den Urteilen VI R 94/10 und VI R 7/11 vom 16.05.2013

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.5.2013, VI R 94/10

Zuwendungen aus Anlass einer Betriebsveranstaltung als Arbeitslohn

Leitsätze

1. Zuwendungen eines Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung sind bei Überschreiten einer Freigrenze als Arbeitslohn zu beurteilen.

 

2. Der Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zugewandten Leistungen ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmen. Er kann anhand der Kosten geschätzt werden, die dem Arbeitgeber dafür erwachsen sind. In die Schätzungsgrundlage sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Das sind nur solche Leistungen, die die Teilnehmer unmittelbar konsumieren können.

 

3. Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung –insbesondere Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters– sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (Abweichung vom Senatsurteil vom 25. Mai 1992 VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655).

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), inzwischen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, firmierte in den Streitjahren (2003 bis 2006) als A-AG. Die Firmen X, Y und Z sind Tochtergesellschaften der Klägerin.
2
Im Jahr 2005 feierte die Klägerin das 125-jährige Firmenjubiläum der gesamten Firmengruppe. Zur Feier des Firmenjubiläums fanden am 2. und am 4. September 2005 (Sonntag) Veranstaltungen im Fußballstadion in B statt. Zum Termin am 2. September 2005 waren 684 (lt. Einladungsliste) Gäste aus Wirtschaft und Politik geladen. Es handelte sich um ein sogenanntes „VIP-Event“.
3
Für den 4. September 2005 wurde hingegen die gesamte Belegschaft der Firmengruppe, insgesamt 20 604 Personen, zur Teilnahme aufgefordert. Bis zum 17. Juni 2005 ließen sich 18 589 Mitarbeiter als Teilnehmer registrieren.
4
Mit der Gesamtorganisation wurde ein Eventveranstalter, die C-GmbH, beauftragt. Von einer ursprünglich angedachten zusätzlichen Einladung aller Pensionäre der Firmengruppe war wegen des organisatorischen und logistischen Aufwandes Abstand genommen worden. Die Versammlungsgenehmigung wurde, noch ausgehend von einer Einladung der Pensionäre, für 26 809 Personen beantragt. Es standen Anreisekapazitäten für 23 129 Personen bereit (153 Busse, 9 Sonderzüge und 4 000 Parkplätze). Der Stadionmietvertrag wurde am 7. Juli 2005 für den Zeitraum vom 29. August bis zum 8. September 2005 abgeschlossen. Darin war für den Termin am 4. September 2005 von voraussichtlich ca. 15 000 teilnehmenden Personen die Rede.
5
Nach Auffassung der Klägerin beliefen sich die Kosten für die Veranstaltung am 4. September 2005 auf 1.812.822,51 EUR. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Kosten für Künstler, Eventveranstalter, Stadionmiete und Catering. Der Lohnsteueraußenprüfer des Finanzamts D ermittelte dagegen Kosten für die Veranstaltung am 4. September 2005 in Höhe von 2.095.235,04 EUR. Die Differenzen erklären sich vor allem durch die unterschiedliche Zuordnung und Aufteilung von Kosten zu den Veranstaltungen am 2. bzw. 4. September 2005.
6
Nach Auffassung des Lohnsteueraußenprüfers hat, ausgehend von einer (geschätzten) Teilnehmerzahl von 15 000 Personen, der Aufwand der Klägerin mehr als 110 EUR pro Person betragen. Damit sei die in R 72 Abs. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) 2005 genannte Grenze, bis zu der von einer Annehmlichkeit und nicht von einem geldwerten Vorteil auszugehen sei, überschritten und eine Lohnversteuerung durchzuführen. Die Klägerin habe deshalb zusätzlich Lohn in Höhe von 1.990.052 EUR zu versteuern. Dies entspräche einem Anteil von 94,98 % der insgesamt durch die Veranstaltung am 4. September 2005 den Arbeitnehmern vermittelten Vorteile.
7
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) schloss sich der Meinung des Prüfers an und forderte im Bescheid vom 11. Dezember 2007 gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Lohnsteuer in Höhe von 497.513 EUR nebst Solidaritätszuschlag und Kirchensteuern nach.
8
Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts (FG) sind die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG zu bejahen. Bei der Jubiläumsfeier am 4. September 2005 habe es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung gehandelt. Die danach zu beachtende Freigrenze habe auch im Jahr 2005  110 EUR betragen. Die bei der Ermittlung der Freigrenze zugrunde zu legenden Gesamtkosten der Firmengruppe hätten sich auf 1.795.868 EUR belaufen. Die Teilnehmerzahl werde auf 15 000 bis 16 000 Personen geschätzt. Der Aufwand pro Teilnehmer habe daher 112,24 EUR betragen. Im Übrigen müsse der geldwerte Vorteil noch um die von der Klägerin verauslagten Reiseaufwendungen der Arbeitnehmer in Höhe von insgesamt 581.820 EUR erhöht werden. Das Gericht sehe sich jedoch verfahrensrechtlich an einer Verböserung gehindert.
9
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
10
Sie beantragt, das angefochtene Urteil und den angefochtenen Nachforderungsbescheid aufzuheben, soweit die Kosten des Firmenjubiläums im Streit sind.
11
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
12
Das Bundesministerium der Finanzen hat den Beitritt zum Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt. Es hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

13
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
14
1. Die Nachforderung von Lohnsteuer beim Arbeitgeber durch Steuerbescheid kommt in Betracht, wenn die Lohnsteuer vorschriftswidrig nicht angemeldet worden ist und es sich um eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers handelt. Eine eigene Steuerschuld des Arbeitgebers liegt auch vor, wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 EStG gegeben sind (Senatsurteil vom 30. April 2009 VI R 55/07, BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726).
15
Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Maßgeblich ist insoweit § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
16
2. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören u.a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Arbeitslohn sind nach § 2 Abs. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen; dabei ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.
17
a) Arbeitslohn liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) u.a. dann nicht vor, wenn die Arbeitnehmer durch Sachzuwendungen des Arbeitgebers zwar bereichert werden, der Arbeitgeber jedoch mit seinen Leistungen ganz überwiegend ein eigenbetriebliches Interesse verfolgt (Senatsurteile vom 22. Oktober 1976 VI R 26/74, BFHE 120, 379, BStBl II 1977, 99; vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39; vom 21. Januar 2010 VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639; VI R 51/08, BFHE 228, 85, BStBl II 2010, 700, jeweils m.w.N.; s. auch Drenseck in Festschrift für Lang, Köln 2010, 477, 482; Schmidt/Krüger, EStG, 32. Aufl., § 19 Rz 55 ff.; Eisgruber in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 19 Rz 64 ff.; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 225 ff.).
18
b) Nach ständiger Rechtsprechung können auch Zuwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen ist in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer untereinander und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen. Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hat der BFH jedoch typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach sind bei Überschreiten einer Freigrenze von 110 EUR die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012 VI R 79/10, BFHE 240, 44, m.w.N.).
19
c) Die Bewertung der Leistungen bestimmt sich nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Bei diesem Wert, der im Schätzungsweg ermittelt werden kann, handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muss. Rechtsprechung und Verwaltung (R 72 Abs. 4 LStR für die Streitjahre) beanstanden es jedoch grundsätzlich nicht, den Wert der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber anlässlich einer Betriebsveranstaltung zugewandten Leistungen anhand der Kosten zu schätzen, die dem Arbeitgeber dafür seinerseits erwachsen sind. Denn es kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass auch ein Fremder diesen Betrag für die Veranstaltung hätte aufwenden müssen. Sofern sich ein Beteiligter für die Bewertung auf eine abweichende Bestimmung beruft, muss er grundsätzlich konkret darlegen, dass eine Schätzung des üblichen Endpreises am Abgabeort anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert der Veranstaltung nicht entspricht (Senatsurteil in BFHE 240, 44, m.w.N.).
20
In die Schätzungsgrundlage zur Bemessung des dem Arbeitnehmer zugewandten Vorteils sind jedoch nur solche Kosten des Arbeitgebers einzubeziehen, die geeignet sind, beim Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil auszulösen. Dem entsprechend hat der Senat Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, nicht als Lohn beurteilt und folglich auch nicht bei der Prüfung, ob die Freigrenze überschritten ist, einbezogen; so hat er etwa Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines Eventmanagers ausgenommen (Senatsurteil in BFHE 240, 44, m.w.N.). Dies gründet darin, dass Arbeitgeber, insbesondere, wenn sie mit mehreren Hundert Besuchern rechnen, häufig nicht in der Lage sind, selbst eine Betriebsveranstaltung auszurichten; sie müssen sich daher der Hilfe eines Eventmanagers bedienen, der diese gestaltet. Die Organisation einer Betriebsfeier durch ein fremdes Unternehmen erhöht zwar die Kosten des Arbeitgebers hierfür, nicht aber den Vorteil, der dem Arbeitnehmer zufließt und der allein Gegenstand der Einkommensbesteuerung ist.
21
Gleiches gilt im Grundsatz für Mietkosten. Ein Unternehmen, das eine übliche Betriebsfeier veranstaltet oder sein Firmenjubiläum mit den eigenen Arbeitnehmern und –wie die Klägerin im Streitfall– den Arbeitnehmern von Tochterunternehmen begeht, wird regelmäßig auf eigenem Firmengelände nicht über ausreichende Raumkapazitäten verfügen, sodass es eine Örtlichkeit mieten muss, in der sämtliche Arbeitnehmer Platz finden. Allein das Abhalten einer Betriebsveranstaltung in gemieteten statt in eigenen Räumen des Arbeitgebers begründet jedoch für sich betrachtet regelmäßig noch keinen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers. Nur wenn hierbei Leistungen an die Arbeitnehmer erbracht werden, die einen marktgängigen Wert haben, kann bei den Arbeitnehmern eine objektive Bereicherung und damit Arbeitslohn angenommen werden. Zu einer objektiven Bereicherung führen typischerweise nur solche Leistungen, die die teilnehmenden Arbeitnehmer unmittelbar konsumieren können, also vor allem Speisen, Getränke und Musikdarbietungen. Aufwendungen des Arbeitgebers, die die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung selbst betreffen, etwa Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters, bewirken bei den Teilnehmern dagegen keinen unmittelbaren Wertzugang; sie bleiben daher bei der angesprochenen Gesamtkostenermittlung grundsätzlich außer Betracht.
22
Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 25. Mai 1992 VI R 85/90 (BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655) die Auffassung vertreten, dass auch Ausgaben für den „äußeren Rahmen“ von Betriebsveranstaltungen zu berücksichtigen seien (s. aber dagegen Senatsurteile vom 7. Juli 1961 VI 176/60 S, BFHE 73, 485, BStBl III 1961, 443; vom 26. August 1966 VI 248/65, BFHE 86, 783, BStBl III 1966, 659). Soweit dies jedoch so verstanden werden konnte, dass sämtliche Aufwendungen eines Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung im Rahmen der Gesamtkostenermittlung zu berücksichtigen und auf die teilnehmenden Arbeitnehmer umzulegen seien, hält der Senat daran nicht mehr fest. Denn Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Leistung des Arbeitgebers einen unmittelbaren geldwerten Vorteil erlangt.
23
3. Die Entscheidung des FG entspricht diesen Grundsätzen nicht. Zwar hat die Vorinstanz die Freigrenze zu Recht mit 110 EUR bemessen (s. dazu Senatsentscheidung in BFHE 240, 44). Sie hat jedoch bei der Ermittlung der Gesamtkosten der Veranstaltung am 4. September 2005 zu Unrecht auch die Kosten des äußeren Rahmens (u.a. Eventveranstalter, Mietkosten) berücksichtigt.
24
Die Sache ist entscheidungsreif. Denn auf der Grundlage der Feststellungen des FG führt bereits die Nichtberücksichtigung der Stadionmiete in Höhe von 121.299,93 EUR zu einem Unterschreiten der Freigrenze:
25
Gesamtaufwand lt. FG
1.795.868,00 EUR
./. Stadionmiete
121.299,93 EUR
Verbleibender Gesamtaufwand
1.674.568,07 EUR
Dividiert durch die Teilnehmerzahl
16 000
Aufwand je Teilnehmer
104,66 EUR
26
Entgegen der Auffassung des FG hat das FA die Reisekosten zu Recht nicht in die Berechnung einbezogen. Die Arbeitnehmer waren durch die von der Klägerin verauslagten Reiseaufwendungen nicht bereichert. Da die Teilnahme an der Veranstaltung beruflich veranlasst war, handelte es sich bei den Reisekosten um steuerfreien Werbungskostenersatz gemäß § 3 Nr. 16 EStG.

Lohnsteuerermäßigung

Jetzt Freibeträge für 2014 beantragen

Wer beispielsweise als Berufspendler oder bei Unterhaltszahlungen hohe monatliche Kosten hat, kann sich Freibeträge auf der elektronischen Lohnsteuerkarte berücksichtigen lassen. Hierzu kann ab Oktober 2013 beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt ein Antrag auf Lohnsteuerermäßigung gestellt werden. Zur Vermeidung langer Wartezeiten sollte dies am besten auf dem Postweg geschehen.
Auch bei unveränderten Verhältnissen ist ein erneuter Antrag erforderlich. Hierzu genügt jedoch der vereinfachte Antrag auf Lohnsteuerermäßigung. Ausnahme: Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung und Hinterbliebene, die bereits über das Jahr 2013 hinaus gewährt wurden, werden ohne neuen Antrag bis zum Ende der Gültigkeit des Behindertenausweises weiterhin berücksichtigt.
In Fällen, in denen ein solcher Pauschbetrag auf den Ehegatten/den Lebenspartner oder die Eltern übertragen wird, ist für 2014 jedoch ein erneuter Antrag zu stellen.

Die erforderlichen Vordrucke für den Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2014 sind bei den Finanzämtern und im Internet unter: www.fin-rlp.de/vordrucke(Lohnsteuer / Lohnsteuerermäßigung 2014) erhältlich.
Auskunft zum Lohnsteuerermäßigungsverfahren und der elektronischen Lohnsteuerkarte erteilt auch die Info-Hotline der Finanzämter mit einem Aktionstag am 10. Oktober von 8 bis 17 Uhr unter 0261- 20 179 279.

Gründe, die zu einer Ermäßigung der Lohnsteuer führen können:

  • hohe Werbungskosten (z.B. Fahrtkosten zur Arbeit),
  • außergewöhnliche Belastungen (z.B. Krankheitskosten) und Sonderausgaben (z.B. Spenden); Voraussetzung: die Aufwendungen müssen mindestens 600 Euro pro Jahr betragen
  • Kinderbetreuungskosten
  • Unterhaltszahlungen an geschiedene oder dauerhaft getrennt lebende Ehegatten
  • Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene
  • haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen
  • Verluste aus anderen Einkunftsarten
  • Geringverdiener (Übertragung Grundfreibetrag)

Durch die Berücksichtigung des Freibetrags zieht der Arbeitgeber weniger Lohnsteuer vom Arbeitslohn ab.
Beispiel: Der monatliche Bruttoarbeitslohn beträgt 1.800 EUR. Der vom Finanzamt gewährte Freibetrag beläuft sich auf 210 EUR monatlich.
Der Arbeitgeber versteuert dann nicht 1.800 EUR, sondern 1.590 EUR (1.800 EUR abzüglich 210 EUR).

Quelle: Oberfinanzdirektion Koblenz

Reform des steuerlichen Reisekostenrechts – Grundsätze ab dem 01.01.2014

Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 (BGBl. I S. 285, BStBl I S. 188) wurden die bisherigen steuerlichen Bestimmungen zum steuerlichen Reisekostenrecht neu geregelt. Davon abweichende Regelungen der Lohnsteuer-Richtlinien 2013 sind nicht mehr anzuwenden.

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde zugesagt, rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der Reform des steuerlichen Reisekostenrechts zum 1. Januar 2014 das auch von der Wirtschaft gewünschte „einführende“ (erläuternde) BMF-Schreiben zu erstellen. Gemeinsam mit den obersten Finanzbehörden der Länder wurden zu allen neuen gesetzlichen Regelungen Erläuterungen sowie Beispiele erarbeitet. Der Entwurf dieses BMF-Schreibens wurde im Juli allen bereits im Gesetzgebungsverfahren beteiligten Verbänden zur Information und mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übersandt. Von Mitte August bis Mitte September wurden die eingegangenen Vorschläge, Anregungen und Forderungen der Verbände gemeinsam mit den Ländern ausgewertet und nahezu vollständig in das einführende BMF-Schreiben aufgenommen. Eingang in das BMF-Schreiben haben darüber hinaus auch viele Erläuterungen und vereinfachende Regelungen gefunden, die von Seiten der Praktiker im Rahmen der bis August abgehaltenen Infoveranstaltungen und Multiplikatorenschulungen angeregt wurden. Nur wenige, weil den neuen gesetzlichen Reglungen zuwiderlaufende, Vorschläge konnten bzw. durften nicht berücksichtigt werden.

Das BMF-Schreiben vom 30. September 2013 enthält nunmehr die Grundsätze, die bei der Anwendung der am 1. Januar 2014 in Kraft tretenden gesetzlichen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zur steuerlichen Beurteilung von Reisekosten der Arbeitnehmer gelten. Das gibt Planungssicherheit für die betroffenen Steuerpflichtigen.

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2353 / 13 / 10004 vom 30.09.2013

Den Volltext des Schreibens finden Sie auf der Homepage des BMF.
Einen Rechner für die Reisekostenabrechnung finden Sie auf http://steuerrechner24.de/reisekostenabrechnung/

Private Veräußerungsgeschäfte: Berechnung der Spekulationsfrist bei schwebend unwirksamem Notarverkaufsvertrag

FG Münster  v. 22.05.2013 – 10 K 15/12 E

EFG 2013 S. 1336 Nr. 16

Leitsatz

Für den Zeitpunkt der Anschaffung oder Veräußerung bei einem privaten Veräußerungsgeschäft mit Grundstücken kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des obligatorischen Kauf- oder Verkaufsvertrages an. Dies setzt jedoch bei einem Vertrag unter aufschiebender Bedingung schon den Eintritt des zukünftigen Ereignisses voraus. Im Falle eines Verkaufs unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung von einer öffentlich-rechtlichen Widmung gelangt der Verkaufsvertrag erst im Zeitpunkt der Erteilgung der Bescheinigung zur Entstehung; insoweit tritt keine Rückwirkung auf den früheren Zeitpunkt des Abschlusses des Notarvertrags ein (entgegen BFH v. 18.5.1999 – II R 16/98, BStBl 1999 II S. 606).

 

Gesetze: EStG § 23 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BGB § 158 EStG § 22 Nr 2

Zu entscheiden ist, ob der Kläger durch die Veräußerung eines Grundstücks im Jahr 2008 den Tatbestand eines steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 22 Nr. 2 iVm § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG)verwirklicht hat.

Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 03.03.1998 von der Deutsche Bahn Immobiliengesellschaft mit beschränkter Haftung ein Teilgrundstück in A-Stadt, Grundbuchblatt 1900, Gemarkung A-Stadt, Flur 6 Stück 43 (UR-Nr. 38/1998 des Notars N. mit dem Amtssitz in A-Stadt). In § 3 des Kaufvertrages wurde als Stichtag für den Besitzübergang der 01.04.1998 vereinbart. In § 4 des Kaufvertrages verpflichtete sich der Käufer für den Fall, dass das Kaufgrundstück oder Teile davon innerhalb von zehn Jahren nach der Umschreibung im Grundbuch einer höherwertigen Planung zugeführt würden, dem Verkäufer die sich daraus ergebende Wertsteigerung zu erstatten. Das in der Folgezeit neu vermessene Grundstück wird seit 1999 unter dem Grundbuchblatt 6132 Gemarkung A-Stadt Flur 6 Flurstück 464, „B-Straße”, geführt.

Der Kläger vermietete das Grundstück „B-Straße” an die X. GmbH.

Am 30.01.2008 schloss der Kläger mit der Stadt A-Stadt einen notariellen Kaufvertrag über das bebaute Grundstück „B-Straße” (UR-Nr. 10/2008 des Notars N., A-Stadt). Der Kaufpreis in Höhe von 309.632 Euro sollte gemäß § 3 des Kaufvertrages eine Woche nach Vorlage einer Bankbürgschaft in Höhe des Kaufpreises gegenüber der Käuferin fällig sein. Außerdem wurde in § 3 des Kaufvertrages der beurkundende Notar angewiesen, die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erst dann zu beantragen, wenn ihm der Zahlungseingang des vollständigen Kaufpreises durch den Verkäufer mitgeteilt wird und die Entwidmung durch die Deutsche Bundesbahn vorliegt. Gemäß § 5 des Kaufvertrages war der Kläger verpflichtet, der Käuferin das Grundstück am 24.07.2008 zu übergeben, Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr sollten mit diesem Zeitpunkt auf die Käuferin übergehen. In § 7 des Kaufvertrages wurde festgehalten, dass die Käuferin vom beurkundenden Notar über die Risiken einer Kaufpreiszahlung bei schwebender Unwirksamkeit des Vertrages hingewiesen worden sei und es dennoch bei der Kaufpreisfälligkeit wie in § 3 des Kaufvertrages geregelt bleiben solle. In § 8 des Kaufvertrages war geregelt, dass die Kaufvertragsparteien sich darüber einig seien, dass das Eigentum an dem verkauften Grundstück vom Verkäufer auf die Käuferin übergehen solle und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch bewilligt und beantragt werde. Ferner wurde in § 8 die Eintragung einer Erwerbsvormerkung zugunsten der Käuferin bewilligt und beantragt. § 9 des Kaufvertrages sah vor, dass der Vertrag „[…] nur dann wirksam [wird] (schwebend bedingt), wenn die Deutsche Bundesbahn bzw. die dafür zuständige Behörde/Amt die Entwidmung dieses Grundstücks erklärt hat.” Weiter war in § 9 geregelt, dass, sollte die Entwidmung versagt werden, der Kaufvertrag, „[…] soweit bereits abgewickelt (Kaufpreiszahlung) […]”, aufgehoben und rückabgewickelt werden soll. Für den Fall der Rückabwicklung enthielt § 9 die Verpflichtung des Verkäufers, auf Verlangen den Kaufpreis ohne Zinsen innerhalb von 14 Tagen nach Zahlungsaufforderung an die Käuferin zu erstatten. § 9 sah schließlich vor, dass die Käuferin in alle Verpflichtungen des Klägers aus dem Grundstückskaufvertrag vom 03.03.1998 (UR-Nr. 38/1998 des Notars N. mit dem Amtssitz in A-Stadt) eintreten sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf den notariellen Kaufvertrag vom 30.01.2009 Bl. 23 bis 29 GA, Bezug genommen.

Unter dem 10.12.2008 erteilte das Eisenbahn-Bundesamt gegenüber der Stadt A-Stadt einen Freistellungsbescheid, mit dem das Grundstück „B-Straße” von Bahnbetriebszwecken freigestellt wurde. In einem begleitenden Schreiben gleichen Datums teilte das Eisenbahn-Bundesamt der Stadt A-Stadt mit, dass die Grundstücksfläche damit vollständig in die Planungshoheit der Gemeinde zurückfalle.

Mit Schreiben vom 26.01.2009 teilte der beurkundende Notar N. dem Kläger mit, dass ihm die Stadt A-Stadt mitgeteilt habe, dass die Entwidmung des Grundstücks „B-Straße” rechtskräftig geworden sei und er die Eigentumsumschreibung beantragt habe.

In seiner Einkommensteuererklärung 2008 gab der Kläger an, dass private Veräußerungsgeschäfte, insbesondere Grundstücks- und Wertpapierveräußerungen, nicht getätigt worden seien.

Im Einkommensteuerbescheid 2008 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 65.525 Euro fest und berücksichtigte dabei Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 124.776 Euro aufgrund der Veräußerung des Grundstücks „B-Straße” durch den Kläger. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass für die Berechnung des Zehnjahreszeitraums gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG grundsätzlich der Zeitpunkt maßgebend sei, in dem der obligatorische Vertrag abgeschlossen werde. Der Übergang von Nutzen und Lasten sei unerheblich.

Den gegen die Besteuerung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf des Grundstücks „B-Straße” eingelegten Einspruch des Klägers wies der Beklagte als unbegründet zurück. Der Beklagte begründete dies wiederum damit, dass grundsätzlich der Abschluss des obligatorischen Geschäfts für die Berechnung des Zehnjahreszeitraums gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG maßgeblich sei. Es lägen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, welche eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen würden. Die Parteien des Kaufvertrages vom 30.01.2008 seien sich auch von Anfang an darüber einig gewesen, dass der Vertrag wie vereinbart durchgeführt würde, wenn das Eisenbahn-Bundesamt die Freistellung erteilte. Lediglich in dem Fall, dass das Eisenbahn-Bundesamt die Entwidmung versagt hätte, hätte der Kaufvertrag aufgehoben und rückabgewickelt werden sollen. Auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs sei jedenfalls dann auf den ursprünglichen Abschlusszeitpunkt des Kaufvertrages abzustellen, wenn lediglich die Genehmigung eines am Vertrag nicht selbst beteiligten Dritten ausstehe, soweit der Vertragsabschluss für die Beteiligten selbst bindend sei. Da im Streitfall die Wirksamkeit des Kaufvertrages von der Genehmigung eines Dritten abhänge, seien für die Berechnung der Zehnjahresfrist wie im Regelfall die obligatorischen Rechtsgeschäfte maßgebend.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage macht der Kläger geltend, dass die Zehnjahresfrist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG im Hinblick auf das Grundstück „B-Straße” abgelaufen sei. Es komme nicht allein auf den Zeitpunkt der notariellen Urkundserrichtung an, sondern auf den Vertragsschluss und den Zeitpunkt, an dem dem Grundstückskäufer die wirtschaftliche Verfügungsmacht verschafft werde, also auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums. Steuerlich seien nicht ausschließlich die schuldrechtlichen Vereinbarungen maßgeblich, sondern in erster Linie der wirtschaftliche Gehalt eines Veräußerungsvorgangs. Der Streitfall weiche außerdem insofern vom Regelfall ab, als der Vertragsschluss und der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums weit hinter dem Zeitpunkt der notariellen Beurkundung gelegen hätten. Der Kaufvertrag vom 30.01.2008 sei außerdem unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung der Freistellungsbescheinigung durch das Eisenbahn-Bundesamt geschlossen und deshalb erst mit Erteilung der Freistellungsbescheinigung am 10.12.2008 wirksam geworden. Hierauf sei es nicht nur dem Kläger, sondern auch der Stadt A-Stadt als Käuferin angekommen. Der Kläger und der Käufer hätten am 30.01.2008 noch keine bindenden Willenserklärungen abgegeben. § 9 des Kaufvertrages bedürfe nicht der Auslegung, weil er den Parteiwillen klar und deutlich wiedergebe. Zudem habe auch der beurkundende Notar darauf hingewiesen, dass die „Spekulationsfrist” von zehn Jahren nicht unterschritten werden dürfe. Darauf sei der Kläger auch von seinem steuerlichen Berater hingewiesen worden. Der Kläger habe außerdem kein Interesse an einem Vertragsschluss am 30.01.2008 gehabt, weil er bei einem Verkauf innerhalb einer gleichlaufenden Zehn-Jahres-Frist einen anteiligen Mehrerlös an seinen damaligen Verkäufer, die Deutsche Bahn Immobilien GmbH, hätte zahlen müssen.

Auch die weiteren Schritte der Vertragsabwicklung bestätigten, dass der Vertragsschluss unter einer aufschiebenden Bedingung erfolgte. In § 7 Abs. 8 des Kaufvertrages vom 30.01.2008 werde der Käufer auf die Risiken einer vorzeitigen Kaufpreiszahlung hingewiesen. Gemäß § 3 Abs. 2 des Kaufvertrages habe sich die Käuferin dieses Risiko durch eine Bürgschaft absichern lassen. Ferner sei der beurkundende Notar in § 3 Abs. 8 des Kaufvertrages angewiesen worden, die Auflassungserklärung erst nach Vorliegen der Entwidmungserklärung des Eisenbahnbundesamtes an das Grundbuchamt weiterzuleiten. Der Umstand, dass die Kaufpreiszahlung vor Erteilung der Freistellungsbescheinigung erfolgt sei, bedeute nicht, dass die Parteien des Kaufvertrages sich so hätten stellen wollen, als würde der Vertrag sofort wirksam geschlossen.

Der Kläger beantragt,

  1. den Bescheid für 2008 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 03.01.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2011 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn des Klägers aus dem Grundstücksverkauf an die Stadt A-Stadt mit notariellem Vertrag vom 30.01.2008 (UR-Nr. 10/2008, Notar N., A-Stadt) nicht besteuert wird,
  2. dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,
  3. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen,
  2. hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Gründe der Einspruchsentscheidung.

Mit Schreiben vom 22.04.2013 hat die Stadt A-Stadt gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zu dessen Frage, ob der Kaufvertrag vom 30.01.2008 aufschiebend bedingt geschlossen worden sei, auf ein Protokoll vom 05.03.2008 aus der Sitzung des Ausschusses für Grundstücke und Gebäude am 22.01.2008 verwiesen, in dem es heißt, dass der Kaufvertrag nur unter der aufschiebenden Bedingung der Entwidmung des Kaufgrundstücks durch das Eisenbahnbundesamt geschlossen werden könne, der Kläger aber auf eine Kaufpreiszahlung sofort nach Vertragsabschluss bestehe und sich deshalb die Frage stelle, in welcher Form eine Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung des Kaufpreises gesichert werden könne. Weiter hat die Stadt A-Stadt in dem Schreiben vom 22.04.2013 ausgeführt, dass diese Sicherung dann durch eine Bankbürgschaft erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die Verfahrensakte Bezug genommen.

1. Die Klage ist begründet. Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 03.01.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2011 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO), als der Beklagte den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks „B-Straße” der Besteuerung gemäß § 22 Nr. 2 iVm § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unterworfen hat.

a) Die Voraussetzungen der § 22 Nr. 2 iVm § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG für eine Besteuerung des Gewinns des Klägers aus der Veräußerung des Grundstücks „B-Straße” liegen nicht vor.

Gemäß § 22 Nr. 2 iVm § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind als sonstige Einkünfte steuerpflichtig u.a. Gewinne aus einem Veräußerungsgeschäft bei einem Grundstück, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Im Streitfall lagen zwischen der Anschaffung des Grundstücks „B-Straße” und der Veräußerung mehr als zehn Jahre.

aa) Maßgeblicher Anschaffungszeitpunkt iSv § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG für das Grundstück „B-Straße” war der Tag des Abschlusses des Kaufvertrages mit der Deutsche Bahn Immobiliengesellschaft mit beschränkter Haftung am 03.03.1998. Für den Zeitpunkt der Anschaffung iSv § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ist der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts, der schuldrechtlichen Vereinbarung maßgeblich (BFH IX R 1/01, BFH/NV 2003, 1171). Auf den dinglichen Vollzug kommt es nicht an.

bb) Die zehnjährige Veräußerungsfrist iSv § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG war vorliegend abgelaufen. Eine wirksame Veräußerung war nicht schon im Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages am 30.01.2008 anzunehmen. Es kann offen bleiben, ob die Veräußerung bereits mit Übergang von Nutzen, Lasten, Besitz und Gefahr des Grundstücks „B-Straße” auf die Käuferin am 24.07.2008 oder erst mit Erteilung der Freistellungsbescheinigung durch das Eisenbahn-Bundesamt am 10.12.2008 vollzogen war, denn die zehnjährige Veräußerungsfrist war zu beiden Zeitpunkten abgelaufen.

(1) Für den Zeitpunkt der Veräußerung eines Grundstücks und damit für die Berechnung des Zehnjahres-Zeitraums gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG kommt es ebenfalls auf den Zeitpunkt des Abschlusses des obligatorischen (Verkaufs-) Vertrages, also des zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts an (vgl. nur BFH v. 02.10.2001, IX R 45/99, BStBl 2002 II S. 10 m.w.N.). Der Vertragsabschluss muss innerhalb der Spekulationsfrist für beide Vertragsparteien bindend sein (BFH a.a.O.). Im Einzelfall kann bereits vor Zustandekommen des schuldrechtlichen Vertrages eine Veräußerung iSv § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angenommen werden, wenn Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten bereits übergegangen sind und der Verkauf damit bereits vor seinem wirksamen Zustandekommen wirtschaftlich vollzogen ist (BFH v. 02.10.2001, IX R 45/99, BStBl 2002 II S. 10).

(2) Eine Veräußerung ist vorliegend nicht schon im Zeitpunkt der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages am 30.01.2008 anzunehmen, da der Kaufvertrag zu diesem Zeitpunkt noch nicht zivilrechtlich wirksam war. Der Kaufvertrag über das Grundstück „B-Straße” ist erst mit Erteilung der Freistellungsbescheinigung durch das EisenbahnBundesamt gegenüber der Stadt A-Stadt am 10.12.2008 wirksam geworden, da er unter der aufschiebenden Bedingung der Erteilung dieser Freistellungsbescheinigung geschlossen wurde. Auf diese zivilrechtliche Wirksamkeit kommt es für Zwecke des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG an.

(a) § 9 des Kaufvertrages vom 30.01.2008 sah vor, dass der Vertrag „[…] nur dann wirksam [wird] (schwebend bedingt), wenn die Deutsche Bundesbahn bzw. die dafür zuständige Behörde/Amt die Entwidmung dieses Grundstücks erklärt hat.” Diese vertragliche Bestimmung ist unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien und des Gesamtzusammenhangs der vertraglichen Regelungen als aufschiebende Bedingung iSv § 158 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)auszulegen. Der Grundstückskaufvertrag sollte nach dem Vertragswillen der Beteiligten nicht unmittelbar mit Vertragsschluss am 30.01.2008, sondern erst mit Erteilung der Freistellungsbescheinigung wirksam zustande kommen.

Bereits der Wortlaut des § 9 des Grundstückskaufvertrages vom 30.01.2008 („… nur dann wirksam wird…”) spricht für eine aufschiebende Bedingung. Weiter heißt es in § 9 zwar, dass der Vertrag „aufgehoben und rückabgewickelt” wird, wenn die Entwidmung versagt werden sollte und es wird eine detaillierte Regelung für die Rückerstattung des Kaufpreises an die Stadt A-Stadt getroffen. Die Formulierung „rückabwickeln” könnte nahelegen, dass der Grundstückskaufvertrag zunächst wirksam sein und alle vereinbarten Rechtsfolgen entfalten sollte. Die Fälligkeit des Kaufpreises ist aber die einzige Rechtsfolge, die unmittelbar mit Abschluss des Kaufvertrages bzw. Vorlage der Bankbürgschaft eintreten sollte. Der Übergang von Nutzen und Lasten des Grundstücks sollte erst am 24.07.2008 erfolgen. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch sollte ebenfalls erst nach Erteilung der Freistellungsbescheinigung durch das Eisenbahn-Bundesamt erfolgen. Auch aus dem Schreiben der Stadt A-Stadt vom 22.04.2013 bzw. dem darin zitierten Protokoll vom 05.03.2008 der Sitzung des Ausschusses für Grundstücke und Gebäude am 22.01.2008 ergibt sich, dass der Kaufvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Entwidmung des Kaufgrundstücks durch das Eisenbahnbundesamt geschlossen werden sollte und nur die Kaufpreiszahlung auf Wunsch des Klägers sofort nach Vertragsabschluss erfolgen sollte. Dementsprechend wurde auch nur der mögliche Anspruch der Stadt A-Stadt auf Rückzahlung des Kaufpreises durch eine Bankbürgschaft gesichert. Die Sicherung des Eigentums des Klägers an dem Grundstück für den Fall der Versagung der Freistellungsbescheinigung erfolgte bereits dadurch, dass die Eigentumsumschreibung im Grundbuch bei Versagung der Genehmigung nicht erfolgt wäre (§ 3 des Kaufvertrages vom 30.01.2008).

Darüber hinaus ergibt sich der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien, dass der Kaufvertrag aufschiebend bedingt durch die Erteilung der Freistellungsbescheinigung des Eisenbahn-Bundesamtes geschlossen werden sollte, auch daraus, dass in § 7 des Kaufvertrages ausdrücklich festgehalten wurde, dass die Käuferin vom beurkundenden Notar über die Risiken einer Kaufpreiszahlung bei schwebender Unwirksamkeit des Vertrages hingewiesen worden sei.

Schließlich ist bei der Auslegung zu berücksichtigen, dass zumindest der Kläger kein Interesse an einem wirksamen und bindenden Vertragsschluss am 30.01.2008 gehabt haben konnte, weil für ihn nach den Regelungen des Kaufvertrages über die Anschaffung des Grundstücks vom 30.03.1998 bei einem Verkauf innerhalb einer Frist von zehn Jahren nach der Umschreibung im Grundbuch das Risiko bestand, einen anteiligen Mehrerlös an seinen damaligen Verkäufer, die Deutsche Bahn Immobilien GmbH, auskehren zu müssen. In § 9 des Grundstückskaufvertrages vom 30.01.2008 hat die Stadt A-Stadt ausdrücklich bestätigt, dass ihr die Regelungen des Vertrages vom 30.03.1998 bekannt seien und sie in alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag eintrete.

(b) Der maßgebliche Veräußerungszeitpunkt lag nicht bereits in der Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages am 30.01.2008. Für Zwecke des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG kommt es auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Kaufvertrages an. Im Kaufvertrag vom 30.01.2008 hatten zwar der Kläger und die Stadt A-Stadt bindende Willenserklärungen abgegeben. Der Vertrag war aber aufgrund der vereinbarten aufschiebenden Bedingung bis zur Erteilung der Freistellungsbescheinigung durch das Eisenbahn-Bundesamt schwebend unwirksam.

Der maßgebliche Veräußerungszeitpunkt iSv § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG bestimmt sich danach, wann der schuldrechtliche (Verkaufs-)vertrag zivilrechtlich wirksam geworden ist. Die zivilrechtliche Wirksamkeit tritt gemäß § 158 BGB erst mit dem Eintritt der Bedingung ein, der Zeitpunkt des Bedingungseintritts ist damit maßgeblich für den Fristablauf gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der Senat folgt insofern nicht der zur Grunderwerbsteuer vertretenen Auffassung des II. Senats des Bundesfinanzhofs, wonach ein Erwerbsvorgang bereits dann verwirklicht sein kann, wenn die Rechtswirkungen eines Rechtsgeschäfts noch von dem Eintritt einer Bedingung oder Erteilung einer Genehmigung abhängen, durch die Abgabe wirksamer Willenserklärungen aber bereits eine Bindung der Vertragsbeteiligten an das vorgenommene Rechtsgeschäft eingetreten ist (BFH v. 18.05.1999 II R 16/98, BStBl 1999 II S. 606). Die Parteien eines genehmigungsbedürftigen oder bedingten Rechtsgeschäfts seien im Regelfall durch den Vertragsabschluss gebunden und könnten die Vertragsbeziehungen nicht mehr einseitig lösen (BFH a.a.O.). Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs hat in einer Entscheidung zu § 23 EStGausdrücklich offen gelassen, ob eine Veräußerung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auch dann vorliegen kann, wenn eine für den Eintritt der Wirksamkeit erforderliche Genehmigung eines Dritten, der am Vertrag selbst nicht beteiligt ist, fehlt (BFH v. 02.10.2001 IX R 45/99, BStBl 2002 II S. 10).

Der Senat vertritt die Auffassung, dass es für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht ausreicht, wenn die Vertragsbeteiligten wie vorliegend zwar bindende Willenserklärungen abgegeben haben, der Vertrag aber wegen Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung oder eines Genehmigungsvorbehalts noch schwebend unwirksam ist. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der zivilrechtlichen Wirksamkeit und damit des Bedingungseintritts bzw. der Erteilung der Genehmigung. Frühestens von diesem Zeitpunkt an können tatsächlich und rechtlich alle Folgerungen aus dem bis dahin schwebend unwirksamen Vertrag gezogen und die Rechte der Vertragsbeteiligten durchgesetzt werden. Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung erfordert, nur einen verwirklichten Tatbestand der Besteuerung zugrunde zu legen. (c) Die spätere Erteilung der Freistellungsbescheinigung hat auch nicht dazu geführt, dass der Grundstückskaufvertrag rückwirkend gemäß § 184 BGB wirksam geworden ist. Bei der Erteilung der Freistellungsbescheinigung handelte es sich nicht um eine Genehmigung des Kaufvertrages iSv § 184 BGB, sondern um eine aufschiebende Bedingung gemäß § 158 BGB, deren Eintritt keine rückwirkende Wirkung entfaltet. Im Übrigen wäre auch eine Rückwirkung gemäß § 184 BGB nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht in die Spekulationsfristberechnung einzubeziehen (BFH v. 2. Oktober 2001, IX R 45/99, BStBl 2002 II S. 10; BFH v. 7. Juni 2006, IX R 4/04, BStBl 2007 II S. 294; BFH v. 16. Oktober 2007, VIII R 21/06, BStBl 2008 II S. 126; BFH v. 29. Mai 2009, IX B 23/09 – juris –).

b) Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte den Veräußerungsgewinn der Höhe nach zutreffend bestimmt hat, weil schon die Voraussetzungen der § 22 Nr. 2 iVm § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG für eine Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des Grundstücks „B-Straße” dem Grunde nach nicht vorlagen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 139 Abs. Abs. 3 Satz 3 FGO wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage für notwendig zu erklären.

4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

Freiberufler: Abgrenzung freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit, Abfärbung

FG Köln  v. 24.10.2012 – 15 K 4041/10

Leitsatz

Eine Personengesellschaft erzielt trotz Dolmetscher- und Ingenieurtätigkeit mangels unmittelbarer persönlicher Arbeitsleistung keine freiberuflichen Einkünfte i.S.v. § 18 Abs. 1 EStG, sondern gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG insgesamt gewerbliche Einkünfte, wenn Übersetzungsarbeiten in Sprachen erfolgen, die nicht deren Gesellschafter, sondern nur Fremdübersetzer beherrschen.

 

Gesetze: EStG § 18 Abs 1 EStG § 15 Abs 3 Nr 1

Instanzenzug:

BFH VIII R 45/13

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb ausgeübt hat

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die in allen Streitjahren Einkünfte aus Übersetzer- und Dolmetschertätigkeit erzielte. Im September 2009 verlegte die Klägerin ihren zuvor in der A-Straße …, B, belegenen inländischen Betriebssitz in die C-Straße …, D. Aufgrund einer zwischen dem Beklagten und dem Finanzamt D geschlossenen Zuständigkeitsvereinbarung gem. § 26 Satz 2 AO blieb der Beklagte (u.a.) bis zur Beendigung des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide für die Besteuerung der Klägerin zuständig. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftverkehr zwischen dem Beklagten und dem Finanzamt D vom 18. Oktober und 2. Dezember 2009 verwiesen (Blatt 254, 255 der Prozessakte 15 K 57/11).

Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren Frau E und Herr F. Frau E ist von Beruf Dipl.-Übersetzerin; Herr F absolvierte nach einem Unfall in den Jahren 1989 bis 1991 eine zweijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker (NC-Programmierer). Anschließend absolvierte er ein Studium als Dipl.-Ingenieur an der Fachhochschule B, das er im Juli 1995 erfolgreich abschloss. In den Streitjahren verfügte Herr F bereits über eine jahrelange Erfahrung als Programmierer für Datenbanken und als Fachübersetzer in den Sprachen Deutsch, Spanisch und Englisch.

Die Klägerin selbst war und ist spezialisiert auf technische Übersetzungen. Wie in anderen spezialisierten Übersetzungsbüros ist sie dabei aufgrund des beruflichen Werdegangs und der Erfahrungen des Herrn F in der Lage, ihren Kunden zusätzliche Ingenieurleistungen wie bspw. Projektmanagement, Terminologiearbeit, IT-Leistungen, etc. zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der Maschinenbaukenntnisse des Herrn F ist sie überdies in der Lage, die Leistungen eines technischen Redakteurs anzubieten.

Wegen der Spezialisierung auf den Maschinenbaubereich bearbeitete die Klägerin Texte mit hoher Textwiederholungsrate. Dabei bestellten die Kunden Übersetzungen der von ihnen selbst erstellten Dokumentationen. Die Klägerin erstellte hieraus qualitativ hochwertige, fertig übersetzte und layoutete Handbücher, Bedienungsanleitungen, etc..

Die Bearbeitung der Dokumentationen erfolgte dabei in speziellen Programmen wie z.B. Framemaker, Interleaf, QuarkXpress. Aufgrund der technischen Erfahrung des Herrn F konnte die Klägerin dabei Dokumentationen mit hoher Komplexität bearbeiten (z. B. Mietanlagen für Luftfahrtindustrie, Werkzeugmaschinen, Straßenbaumaschinen, etc.). Hierzu setzte die Klägerin von Anfang an Translation-Memory-Systeme – TMS – ein, die sämtliche übersetzten Segmente abspeichern konnten. Die für die Verwaltung und die Arbeit mit diesen Systemen benötigten besonderen Fachkenntnisse brachte Herr F aufgrund seines beruflichen Werdeganges mit.

Anfangs bot die Klägerin ihren Kunden lediglich Übersetzungen in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch an, die ihre Gesellschafter komplett selbst anfertigen konnten. Aufgrund der guten Erfahrungen mit den Dienstleistungen der Klägerin gaben die Kunden nach und nach auch andere Sprachkombinationen in Auftrag, die die Klägerin unter Zuhilfenahme von Fremdübersetzern fertigte. Zum Teil ließ die Klägerin auch Übersetzungen von Sprachen, die ihre Gesellschafter beherrschten von Fremdübersetzern anfertigen.

Aus den Gewinn- und Verlustrechnungen – GuV – der Klägerin ergeben sich in den Veranlagungszeiträumen 2003 bis 2007 folgende Ausgangsumsätze (netto) und bezogene Fremdleistungen (netto):

 

GuV
2003
2004
2005
2006
2007
EUR
EUR
EUR
EUR
EUR
Umsatzerlöse
170.826
280.339
271.226
208.478
429.154
Fremdleistungen
86.514
158.096
121.297
59.784
110.603
Verhältnis
ca. 50 %
ca. 56 %
ca. 45 %
ca. 28 %
ca. 26 %

 

Für das Streitjahr 2005 existiert eine Aufteilung der Ausgangsumsätze auf die übersetzten Sprachen. Danach entfallen die Umsatzerlöse zu insgesamt 56,69 % 147.078,21 EUR) auf die von den Gesellschaftern der Klägerin selbst beherrschten Sprachen Deutsch, Spanisch, Französisch und Englisch. Die verbleibenden 43,31 % entfallen auf die Sprachen Portugiesisch, Polnisch, Italienisch, Schwedisch, Dänisch, Arabisch, Niederländisch, Türkisch, Slowenisch, Russisch, Norwegisch, Tschechisch und sowie verschiedene weitere Sprachen. Zur Aufteilung wird auf die Anlage 3 zum Schriftsatz des Beklagten vom 12. Oktober 2009 in dem Aussetzungsverfahren 15 V 2981/09 verwiesen (Bl. 235 der Prozessakte 15 V 2981/09).

Die in den Streitjahren erstellten Ausgangsrechnungen der Klägerin sind in einem einheitlichen Layout verfasst. Die darin enthaltenen Angaben lassen sich beispielhaft wie folgt darstellen:

 

Beschreibung
TM-System
Zeilen je
E-Preis
Ges.Preis
Match
Match
Zeile
Übersetzung technische Dokumentation …
Seiten …
100%
Sprachkombination: …
75-99%
Dokumentation: …. Seiten, Word-Format
< 75%
Gesamtzeilen Zieltext
Basispreis
Tats. Durchschn.
… Zeilen
…EUR/Zeile
… EUR/Zeile
Service: Formatierung gemäß Fax-Vorlage, so dass kein Nacharbeitsaufwand entsteht. Firmenspezifische Terminologieverwaltung
Anmerkung: Erforderliche Formatierungsarbeiten sowie das Einscannen der Graphiken wurden als Serviceleistung ohne Aufpreis durchgeführt.

 

Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausgangsrechnungen in den dem Gericht vorgelegten Buchführungsunterlagen verwiesen.

Die Klägerin betrieb ihr Unternehmen in der A-Straße …, B und seit Mitte des Veranlagungszeitraums 1999 in einer weiteren Betriebsstätte in G, H, Spanien. Die in ihrer spanischen Betriebsstätte erzielten Umsätze führte die Klägerin nahezu ausschließlich an in Deutschland ansässige Unternehmen aus. Den Gewinn aus ihrem (einheitlichen) Unternehmen ermittelte sie durch separate Betriebsstätten-Buchführungen. Den Gewinn aus der deutschen Betriebsstätte ermittelte sie auf Grund einer Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG –, den Gewinn der spanischen Betriebsstätte aufgrund eines Bestandsvergleichs nach spanischem Recht.

Gewerbesteuererklärungen gab die Klägerin nicht ab, weil sie die von ihr erzielten Einkünfte als solche aus freiberuflicher Tätigkeit ansah (§ 18 EStG).

Gemäß Prüfungsanordnung vom 26. August 2008 und Prüfungserweiterung vom 24. Oktober 2008 führte der Beklagte vom 07. Oktober 2008 bis 22. Juni 2009 (Datum des Bp-Berichts) eine steuerliche Außenprüfung bei der Klägerin durch. Diese führte zu folgenden, auszugsweise wiedergegebenen Prüfungsbeanstandungen.

Tz. 2.3.2 des Bp-Berichts: Methodik der Berechnung und Ermittlung der Anteile

Da die Klägerin keine Aufzeichnungen darüber geführt hat, welche Einnahmen/Ausgaben welcher Betriebsstätte zuzurechnen sind, war eine nachträgliche Ermittlung der Betriebsstättengewinne nach der direkten Methode nicht mehr möglich. Aus diesem Grunde konnten die Gewinne nur noch schätzungsweise nach der indirekten Methode auf die Betriebsstätten verteilt werden. Mit der Klägerin wurden einvernehmlich folgende Gewinnanteile der jeweiligen Betriebsstätte ermittelt:

 

2002
2003
2004
2005
2006
Deutschland
8,36 %
25,07 %
72,60 %
65,21 %
70,14 %
Spanien
91,64 %
74,93 %
27,40 %
34,79 %
29,86 %

 

Tz. 2.16 des Bp-Berichts: Gewerbesteuer

Die Klägerin erklärte bislang nur Einkünfte gemäß § 18 EStG. Im Rahmen der Prüfung ergab sich, dass die Klägerin in nicht unbeträchtlichem Umfang Fremdleistungen in Anspruch genommen hat. Diese Fremdleistungen beruhen größtenteils auf Rechnungen von Drittübersetzern, die Sprachen übersetzten, die die Klägerin selbst nicht anbieten konnte. Nach ständiger Rechtsprechung und Hinweis 15.6 (Mithilfe anderer Personen) der Einkommensteuerrichtlinien – EStR – liegen insoweit keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern gewerbliche Einkünfte vor.

Der Umstand, dass die Klägerin keine Fließtext-Übersetzungen für ihre Kunden anfertigte, ändert an dieser Beurteilung nichts, da es sich bei den über die reinen Übersetzungen hinausgehenden Tätigkeiten um „handwerkliche” und organisatorische Nebentätigkeiten zum Hauptprodukt „Übersetzung” handelt, die weder für sich gesehen noch im Gesamtkontext eine freiberufliche Tätigkeit darstellen. Da die Klägerin im Prüfungszeitraum keine Trennung der gewerblichen und selbständigen Tätigkeiten vollzogen hat, liegen nach der Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 Satz 1 EStG insgesamt gewerbliche Einkünfte vor. Die Gewerbesteuerpflicht beschränkt sich dabei gemäß § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz – GewStG – auf die inländische Betriebsstätte. Aus Verjährungsund Freibetragsgründen ist erstmalig ab 2003 Gewerbesteuer festzusetzen. Dabei sind nur die inländischen Gewinne zu Grunde zu legen:

Auf Basis dieser Prüfungsbeanstandungen erließ der Beklagte auf den 6. und 13. August 2009 datierende erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2006, gegen die die Klägerin am 18. August und 10. September 2009 Einsprüche einlegte. Ihre Einsprüche richteten sich gegen den Ansatz gewerblicher Einkünfte als solche, die Höhe der Einkünfte und die Verteilung auf die in- und ausländische Betriebsstätte stehen nicht in Streit.

Ferner beantragte die Klägerin eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO. Hierzu trug sie mit Schreiben vom 13. Juli und 24. August 2010 betreffend „div. Einspruchsverfahren” vor, dass den Gesellschaftern nach Abschluss der Rechtsbehelfsverfahren nicht zugemutet werden könne, weiter um den Erhalt ihrer Altersvorsorgerücklagen als Schonvermögen zu kämpfen. Insbesondere aufgrund der bisherigen Rechtsauffassung des Finanzamtes zur Gewerbesteuerpflicht der Klägerin seien Billigkeitsmaßnahmen schon im Festsetzungsverfahren zu gewähren, da die nachträglich festgesetzten Gewerbesteuern und Zinsen in Höhe von 125.642 EUR für die Jahre 2003 bis 2007 den Tatbestand der Existenzgefährdung hervorriefen. Es werde daher nochmals auf den Antrag gemäß § 163 AO hingewiesen und ausdrücklich eine abweichende Steuerfestsetzung im Rahmen der Entscheidung über die Einspruchsverfahren durch Freistellung eines Altersvorsorgevermögens von mindestens 150.000 EUR beantragt (Bl. 70 ff. der Prozessakte 15 K 4041/10).

Diesen Antrag übersandte der Beklagte am 19. November 2010 an die Stadt B, die er als hebeberechtigte Gemeinde für den Erlass der begehrten Billigkeitsmaßnahme als sachlich zuständig ansah. Über den Erlassantrage ist nach Aktenlage noch nicht entschieden. Wegen der Einzelheiten wird auf den diesbezüglichen Schriftwechsel verwiesen (Blatt 231 – 250 der Prozessakte 15 K 57/11).

Am 25. November 2010 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 23. Dezember 2010 Klage erhoben.

Sie ist der Auffassung, der Beklagte qualifiziere die von ihr erzielten Einkünfte zu Unrecht als Gewinne aus Gewerbebetrieb. Es habe sich bei ihr in den Jahren 2003 bis 2007 um eine Personengesellschaft mit überwiegend freiberuflichem Charakter gehandelt, die von zu Hause betrieben worden sei und daher keinerlei Infrastruktur der Stadt genutzt habe. Vor diesem Hintergrund sei es gleichheitswidrig, wenn sie auf ihren gesamten Gewinn Gewerbesteuer zahlen müsste, während andere, die Infrastruktur der Stadt nutzende Betriebe von der Gewerbesteuer verschont würden.

Die von ihr erbrachten freiberuflichen und gewerblichen Betätigungsanteile könnten nicht getrennt voneinander beurteilt werden, ihr gesamter Betrieb sei nach der Verkehrsauffassung vielmehr als einheitliches Unternehmen anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 02. Oktober 2003, BStBl 2004 II S. 363 und im Urteil vom 24. April 1997, BStBl 1997 II S. 567 komme eine Umqualifizierung von Einkünften nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht in Betracht, wenn eine gemischte Tätigkeit als einheitliche Gesamtbetätigung anzusehen sei. Eine solche Tätigkeit müsse vielmehr unabhängig von der Abfärbetheorie danach qualifiziert werden, welche Tätigkeit der Gesamtbetätigung das Gepräge gebe. Eine einheitliche Erfassung sei stets dann geboten, wenn sich die Tätigkeiten gegenseitig bedingten und derart miteinander verflochten seien, dass der gesamte Betrieb nach der Verkehrsauffassung als einheitlich anzusehen sei. In ihrem Unternehmen würden die Kunden in aller Regel ein Handbuch oder einzelne Textbausteine eines solchen in Auftrag geben, die in verschiedene Sprachen übersetzt werden müssten. Eine Einzelbestellung in lediglich drei Sprachen komme nicht vor, der Kunde erwarte vielmehr einen Gesamterfolg in mehreren Sprachen. Sie verfüge über etliche EdV-Systeme, Hardware, Abläufe und organisatorische Strukturen, die für sämtliche Sprachkombinationen gemeinsam eingesetzt würden, so dass eine nicht aufzulösende Verflechtung hinsichtlich der selbst gesprochenen und der von ihren Gesellschaftern nicht beherrschten Sprachen vorliege, bei denen auch wiederum nur teilweise Fremdübersetzer neu beauftragt würden. Alle Leistungsbestandteile würden mit eigenem personellem Einsatz erbracht. So arbeite Herr F wegen des großen Termindrucks parallel an verschiedenen Projekten in unterschiedlichen Sprachen, wenn beispielsweise ein Handbuch in fünf Sprachen gleichzeitig übersetzt werde müsse und bereits Teile des Handbuches in allen Sprachen im TMS vorhanden seien. Die Ingenieurleistungen (Projektmanagement, Vorbereitung des Handbuchs zur Bearbeitung in mehreren Sprachen, Ressourcenplanung, etc.) würden zusammen für das gleiche Projekt erbracht, so dass eine Aufteilung nicht möglich sei. Bei der Leistungserbringung überwiege zweifelsohne die freiberufliche Tätigkeit als technischer Redakteur und die eigenen Übersetzungsleistungen. Diese untertrennbaren Leistungen seien für alle Sprachen und Aufträge erforderlich und würden vom Kunden übergreifend beauftragt. Ihre Gesellschafter hätten als Freiberufler die Durchführung der Arbeiten überwacht, grundsätzliche Fragen selbst entschieden und ihre Arbeitskraft so eingesetzt, dass sie die uneingeschränkte fachliche Verantwortung auch für die nicht von ihnen persönlich, sondern von Mitarbeitern erbrachten Leistungen übernommen hätten. Die Fachkenntnisse müssten sich auf den gesamten Bereich der Berufstätigkeit erstrecken. Die von ihnen übersetzten Handbücher trügen in erheblichem Maße den Stempel ihrer Persönlichkeit. Ingenieurleistungen und technische Redaktionsleistungen würden in den Handbüchern in unterschiedlichen Sprachen untrennbar miteinander verbunden.

Die von Herrn F genehmigten bzw. überarbeiteten Texte der Fremdübersetzer seien Textauszüge oder Textmodule, die für die Erstellung mehrerer Handbücher verwendet würden. Ein Übersetzer könne z. B. 170 Zeilen für ein Handbuch A und 100 für ein Handbuch B liefern, dann weitere 100 Zeilen für die Datenbank und verschiedene Termini für eine Tabelle eines Handbuch C. Das sei von Fall zu Fall verschieden. Herr F würde im Falle des Handbuches A die 170 Zeilen in die zentrale Datenbank des TMS importieren und erst anschließend den Übersetzungsprozess für das beauftragte Produkt im eigenen Hause automatisch durchführen. Das Endprodukt sei ein 250 Seiten starkes Handbuch, z. B. in Polnisch, für das lediglich 170 Zeilen neu und unter Kontrolle von Herr F erstellt worden seien. Es könne auch vorkommen, dass ein Projekt (Handbuch oder Terminologie-Liste) in einer von den Gesellschaftern der Klägerin nicht beherrschten Sprache ohne erneuten Zukauf von Fremdübersetzungen vollständig aus dem TMS erstellt würde. Das Lektorat übernehme z. B. die Filiale des Kunden im Zielland. Die Ausgangsrechnungen mit hohen Fremdleistungen sagten daher nichts über den Anteil dieser Fremdleistungen am eigentlichen Endprodukt aus. Selbst wenn in einem Handbuch ein größerer Anteil an übersetzten Text verwendet werde (z. B. 70 % neu übersetzte Textbausteine), seien diese 70 % immer noch nicht das, was der Kunde bestellt habe. Sie würden erst zum kompletten Handbuch, nachdem die 70 % zunächst in das TMS eingespeist und dann auf Vollständigkeit und richtige Terminologieverwendung überprüft worden seien. Dies sei nur aufgrund der Kenntnisse des Herrn F als Übersetzer und seiner technischen Erfahrungen möglich. Nachdem das Handbuch aus dem TMS bei der Klägerin neu generiert worden sei, würden abschließend alle Tabellen und Grafiken manuell durch Herrn F ergänzt, beschrieben und formatiert. Somit sei trotz der Beauftragung einer größeren Textmenge von Übersetzungen der Anteil von Herrn F an jedem Handbuch immer in ausreichendem Umfang vorhanden, so dass der Stempel seiner Persönlichkeit immer gegeben sei. Im Falle einer Reklamation eines Handbuchs, für das der Einkauf von Fremdleistungen erforderlich gewesen sei, könne sie sich nicht an die Fremdübersetzer wenden, da der gesamte endgültige Text des Handbuchs aus dem TMS generiert worden und allein Herr F dafür verantwortlich gewesen sei. Aus diesem Grunde kontrolliere er die Übersetzungen. Ohne die Tätigkeit von Herrn F seien die von den Fremdübersetzern gelieferten Textmodule für den Kunden überhaupt nicht verwertbar. Ihre Arbeitsweise sei von den Arbeitsabläufen vergleichbar mit der eines Zahnarztes, welcher einen Zahntechniker zur Erstellung von Zahnbrücken, Zahnkronen oder sonstigen Zahnprothesen beauftrage. Der Zahntechniker habe aufgrund einer speziellen Ausbildung Kenntnisse und Fähigkeiten, über die ein Zahnarzt nicht in gleichem Maße verfüge. Trotzdem sei der Zahnarzt (wie auch Herr F für das Übersetzungsbüro) in der Lage, die Leistung des Zahntechnikers zu kontrollieren und diese anschließend weiter zu verarbeiten, in dem sie den Patienten passend eingesetzt werde. Ihr gewerblicher Teil beschränke sich lediglich auf den Einkauf von Texten in nicht beherrschten Fremdsprachen. Alle anderen Arbeitsabläufe und Tätigkeiten zur Erstellung der vom Kunden bestellten Handbücher würden persönlich und ohne die Inanspruchnahme von Angestellten oder Fachkräften durchgeführt. Dass der freiberufliche Teil ihrer Betätigung dem Unternehmen das Gepräge gebe, lasse sich auch erkennen, wenn man die eingekauften Texte in den von den Gesellschaftern nicht beherrschten Sprachen zum Nettoumsatz der Gesellschaft ins Verhältnis setze.

 

2004
2005
2006
2007
2008
Netto-Gesamtumsatz
100 %
100 %
100 %
100 %
100 %
gewerblicher Anteil (Einkauf der Texte in nicht beherrschten Sprachen
26 %
25 %
15 %
21 %
23 %
freiberuflicher Anteil (alle anderen Tätigkeiten der GbR)
74 %
75 %
85 %
79 %
77 %

 

Auch die Auffassung des Beklagten, ihre Gesellschafter könnten den Arbeiten den Stempel ihrer Persönlichkeit nicht ausreichend aufdrücken, weil sie die Sprache der Fremdübersetzer nicht beherrschten und es in Bezug auf diese Fremdleistungen an der Eigenverantwortlichkeit der Leistungserbringung fehle, werde durch den oben belegten geringen Anteil der eingeholten Fremdleistungen an der Gesamtleistungserbringung widerlegt.

Der Beklagte gehe offenbar davon aus, dass die eingekauften Übersetzungen von ihren Gesellschaftern kontrolliert werden müssten wie Klassenarbeiten in der Schule. Das Finanzamt stelle sich offenbar vor, sie müsse die Grammatik und Stilistik prüfen und die Fremdübersetzer wie Schüler korrigieren. Das sei natürlich nicht der Fall gewesen. Die Qualitätssicherung in einem technischen Ingenieurbüro basiere auf ISO- und DIN-Normen und werde auf die Forderungen der Kunden angepasst. Die Qualitätssicherung und damit die Leitung und eigenverantwortliche Tätigkeit ihrer Gesellschafter habe somit lange vor der Beauftragung von Fremdübersetzern begonnen und ende lange nach Erhalt der eingekauften Übersetzungen.

Während des gesamten Übersetzungsprozesses habe Herr F den Übersetzern im Übrigen zur Seite gestanden und Anweisungen erteilt, wie welche Systeme einzusetzen seien. Er habe Hilfe bei Problemen mit dem Einsatz der Programme geleistet, technische Zusammenhänge erklärt und Terminologieunterstützung geleistet, in dem er z.B. die Funktionsweise und Einsatzbeispiele für entsprechende Bauteile erklärt habe. Die eingekauften Texte seien nicht einfach unbesehen in die Handbücher eingefügt worden, sondern hätten einen ausgefeilten Prozess durchlaufen, der spezielle Kenntnisse in den verschiedenen Bereichen voraussetze. Es handele sich bei ihr somit nicht um ein einfaches Übersetzungsbüro, sondern um ein Ingenieurbüro für technische Kommunikation, in dem sie ein Nischenprodukt mit spezialisierten Dienstleistungen, die eine Kombination aus Übersetzungs- und Ingenieurleistungen darstellten, anbiete. Die technischen Handbücher hätten die Überprüfung, Korrektur und intensive Bearbeitung durch die Gesellschafter vorausgesetzt (z.B. das Lektorat der Ausgangsdokumentationen auf Verständlichkeit, Terminologiegebrauch, Vollständigkeit, Einhaltung/Umwandlung von Einheiten und Zahlen, Vorgaben zur Textlänge, etc,). Sämtliche zugekauften Texte seien erst nach vorheriger Prüfung durch die Gesellschafter in ein TMS importiert worden. Anschließend sei die endgültige Übersetzung durch die Gesellschafter intern zusammen mit den bereits in den Systemen enthaltenen Texten oder Kapiteln in den betreffenden Sprachen entstanden.

Ihre Gesellschafter hätten die von den Fremdübersetzern verwendete Fachterminologie z.B. anhand der eigenen Terminologiedatenbanken, durch Internetrecherchen, in Rücksprache mit anderen Fachübersetzern, in Rücksprache mit dem Kunden und den ausländischen Filialen der Kunden, etc., überprüft. Bei der Kontrolle der nicht beherrschten Sprachen seien einige zusätzlich speziell hierfür ausgearbeitete Arbeitsschritte den Qualitätssicherungsprozessen zugefügt worden.

Verfahrensrechtlich sei zu berücksichtigen, dass sich in den Steuerakten Hinweise finden ließen, dass der Beklagte bereits 2003 für den Veranlagungszeitraum 2001 eine Veranlagung zur Gewerbesteuer ins Auge gefasst habe, weil es sich bei dem Gesellschafter F um eine berufsfremde Person gehandelt habe. Auch seien die hohen Fremdleistungen dem Beklagten bereits lange vor der BP bekannt gewesen. Gleichwohl habe eine solche Außenprüfung nicht stattgefunden. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, ob der Beklagte nach Treu und Glauben überhaupt noch befugt gewesen sei, erst im Anschluss an die BP gewerbliche Gewinne anzusetzen.

Ihre Gesellschafter hätten aufgrund der jährlichen Steuerfestsetzung Vermögensdispositionen getroffen und Gelder für deren Altersvorsorge zurückgelegt. Dieses Geld hätten sie zu ihrem bisherigen steuerlichen Nachteil nicht in einen privaten Altersvorsorgevertrag eingezahlt und somit von der Steuer abgesetzt. Wäre der Beklagte seiner Ermittlungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen, hätten ihre Gesellschafter im Jahr 2002 eine Korrektur ihrer Vermögensdisposition durchgeführt.

Die Vorgehensweise des Beklagten lasse keinen anderen Schluss zu, als dass das Finanzamt sie unter Missachtung der §§ 85, 88 und 89 AO gezielt ins Visier genommen habe, nachdem sie offensichtlich falsch beraten worden sei. Trotz Kenntnis des Finanzamts hinsichtlich der unrichtigen Steuererklärungen seien die weiteren Erklärungen wissentlich unrichtig veranlagt worden, um die Fehler in einer späteren Betriebsprüfung aufzudecken. Die Motivation des Finanzamts liege auf der Hand, es lohne sich für die Finanzbehörde nicht, eine Firma bereits nach einem Jahr darauf aufmerksam zu machen, dass sie steuerrechtlich einem Irrtum unterlegen sei, da die Steuerpflichtige den Fehler korrigieren könne und das Finanzamt in den folgenden Jahren keine Mehrsteuer erzielen würde.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 12. Oktober 2011 (Blatt 236 der Prozessakte 15 K 4041/10) und den ergänzenden Sach- und Rechtsvortrag ihrer Gesellschafter in der mündlichen Verhandlung verwiesen (Sitzungsprotokoll).

Die Klägerin beantragt,

die Gewerbesteuermessbescheide 2003 bis 2006 vom 13. August 2009 und den Gewerbesteuermessbescheid 2007 in der Fassung vom 15. Oktober 2009 sowie die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 25. November 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Klägerin bestätige, dass die Anteile der Fremdleistungen für nicht beherrschte Sprachen zwischen 15% und 26% gelegen hätten. Dieser Anteil gebe der Tätigkeit der Klägerin zwar nicht das Gepräge, er führe aber zu einer Infektion zur Gewerblichkeit. Insoweit räume die Klägerin auch ein, dass die eingekauften Übersetzungsleistungen von ihr nicht überprüft worden seien. Gefordert werde für die Annahme eines freiberuflichen Unternehmens, dass der individuelle, über eine bloße Leitungsfunktion hinausgehende Einsatz des Betriebsinhabers den gesamten Bereich seiner Tätigkeit umfasse. Der Betriebsinhaber müsse eigene Fachkenntnisse besitzen, die sich auf den gesamten Bereich seiner Tätigkeit erstreckten. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die bestellten Handbücher seien ins Türkische, Arabische, Schwedische, Slowenische, Polnische, Italienische, Dänische, Niederländische, Russische, Portugiesische und noch in weitere Sprachen übersetzt worden. In diesen Sprachen hätten die Gesellschafter der Klägerin nicht über die nötigen Fachkenntnisse verfügt. Damit hätte der Einsatz der Betriebsinhaber nicht den gesamten Bereich der betrieblichen Tätigkeit umfasst. Insoweit hätten die Gesellschafter der Klägerin die freiberufliche Tätigkeit erst gar nicht ausgeübt. Daran ändere auch der Umstand, dass die fremdbezogenen Texte nachgearbeitet (layoutet) und auf die Einhaltung einer bestimmter Terminologie überprüft worden seien, nichts. Die Klägerin sei aufgrund des fehlenden Fachwissens in den genannten Sprachen nicht in der Lage gewesen, die Übersetzungen selbstständig zu erstellen. Auch wenn sich die Klägerin nicht als Übersetzungsbüro fühle, sondern als Ingenieurbüro für technische Kommunikation, handele es sich bei den Übersetzungen nicht um reine Nebentätigkeiten. Das zeige sich bereits darin, dass ein hoher Anteil an Übersetzungen habe eingekauft werden müssen.

Die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge sei auch nicht verwirkt. Zum einen sei es nicht zutreffend, dass bereits 2003 eine Veranlagung zur Gewerbesteuer habe erfolgen sollen. Die Angaben in der Eingabemaske des Veranlagungszeitraums 2001, auf die sich die Klägerin u.a. beziehe, seien bspw. erst nach der BP im Jahre 2008 erstellt worden.

Im Übrigen habe das Finanzamt keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, die Gewerbesteuermessbeträge nicht festsetzen zu wollen.

Der Senat ist nicht daran gehindert, in der Sache zu entscheiden. Insbesondere war die Verhandlung nicht im Hinblick auf das noch anhängige Verfahren über die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AOauszusetzen.

Gemäß § 74 FGO kann das Gericht die Aussetzung der Verhandlung u.a. dann anordnen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Eine Aussetzung der Verhandlung ist in aller Regel geboten, wenn in einem Rechtsstreit über einen Folgebescheid Besteuerungsgrundlagen strittig sind, deren abschließende Prüfung dem Verfahren über einen noch ausstehenden oder noch nicht bestandskräftigen Grundlagenbescheid vorbehalten ist (Gräber/Koch FGO, 7. Aufl., § 74 Rz. 12 m.w.N.). Die Entscheidung über die Aussetzung der Verhandlung gemäß § 74 FGO ist eine vom Finanzgericht zu treffende Ermessensentscheidung, im Rahmen derer prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind (Koch in Gräber, FGO, § 74 Rz 7; Brandis in Tipke/ Kruse,Abgabenordnung/ Finanzgerichtsordnung, § 74 FGO Rz 16, jeweils m.w.N.). Eine Pflicht zur Aussetzung der Verhandlung besteht nur in Ausnahmefällen ( BFH-Urteil vom 08.05.1991 I B 132, 134/90, BStBl 1991 II S. 641).

Diesen Grundsätzen folgend war die Verhandlung im Streitfall nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen. Die Beteiligten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass ihnen an einer zeitnahen Klärung der rechtlichen Einordnung der von der Klägerin erzielten Einkünfte unter die zutreffende Einkunftsart gelegen ist. Ein Antrag auf Aussetzung der Verhandlung hat folgerichtig keiner der Beteiligten gestellt. Vor diesem Hintergrund wäre eine Aussetzung der Verhandlung nur dann geboten, wenn mit einer Entscheidung über den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen alsbald zu rechnen wäre. Gerade das ist nach der im Streitfall gegebenen Tatsachenlage nicht der Fall.

Der Beklagte hat sich für diesen Antrag zutreffend als sachlich unzuständig angesehen und ihn an die Stadt B weitergeleitet (§ 184 Abs. 2 AO). Je nach Entscheidung dieser Behörde müsste in dem Billigkeitsverfahren u.U. zunächst ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht B geführt werden. Hierauf hat weder der Beklagte noch der erkennende Senat zeitlichen und/oder inhaltlichen Einfluss. Der Senat sieht es nicht als ermessensgerecht an, den Beteiligten die Klärung der Rechtsfragen des vorliegenden Verfahrens, an der ihnen gelegen ist, über einen unabwägbar langen Zeitraum vorzuenthalten.

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Zutreffend hat der Beklagte die Tätigkeit der Klägerin als Gewerbebetrieb eingestuft. Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist; ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung des BFH ferner, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465, m.w.N.). Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.

Ergänzend hierzu bestimmt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, dass die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bezieht.

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat die Klägerin in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 GewStG, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unterhalten.

Zwar übte die Klägerin vom Grundsatz her die Tätigkeit eines sog. freien Berufes i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus, denn sowohl der Beruf des Dolmetschers als auch der Beruf des Ingenieurs wird ausdrücklich im Katalog dieser Vorschrift erwähnt. Insoweit bedarf es nicht des Rückgriffs auf die Geprägerechtsprechung des Bundesfinanzhofs, auf die sich die Klägerin in Abgrenzung zu der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG normierten Abfärbewirkung stützt.

Diese Geprägerechtsprechung besagt, dass die Umqualifizierung freiberuflicher Einkünfte in gewerbliche Gewinne nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG „Abfärbetheorie”) nur dann in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit nicht als einheitlich zu betrachtende Gesamtbetätigung anzusehen ist. Übt ein Steuerpflichtiger sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, so sind diese getrennt zu betrachten, sofern dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist. Das gilt auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen (BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 102/90, BStBl 1992 II S. 413 m.w.N.). Sind allerdings bei einer Tätigkeit beide Tätigkeitsarten derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, so liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht (BFH, a.a.O.). Infolge dessen muss eine gemischte Tätigkeit, unabhängig von der „Abfärbetheorie”, danach qualifiziert werden, welche Tätigkeit der Gesamtbetätigung das Gepräge gibt (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1997 IV R 60/95, BStBl 1997 II S. 567; vom 1. Februar 1979 IV R 113/76, BStBl 1979 II S. 574).

Diese Rechtsprechung ist von Bedeutung, wenn ein Steuerpflichtiger sowohl eine – originär – freiberufliche als auch eine – originär – gewerbliche Tätigkeit ausübt (im BFH-Verfahren IV R 60/95 war dies die Tätigkeit als beratender Ingenieur (freiberuflich) unter gleichzeitigem Verkauf von Computerhardware (gewerblich)). In einem solchen Fall ist (zunächst) zu ermitteln, ob und ggf. welche der ausgeübten Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge gibt.

Ein solcher Sachverhalt ist im Streitfall nicht verwirklicht. Die Klägerin hat keine gemischten Tätigkeiten im Sinne der Geprägerechtsprechung ausgeübt. Denn die von ihr gefertigten Übersetzungen unterfallen allesamt dem Katalogberuf des Dolmetschers. Das wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.

Gleichwohl liegen im Streitfall Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Denn allein die Ausübung eines Katalogberufes reicht zur Bejahung freiberuflicher Einkünfte nicht aus. Auch bei der Ausübung eines Katalogberufs erfordert der Charakter der selbständigen Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG, dass die Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen geprägt ist (ständige Rechtsprechung des BFH: vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. März 1995 XI R 85/93, BStBl 1995 II S. 732 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Fehlt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen der „Stempel seiner Persönlichkeit”, so ist sie – auch im Bereich der Katalogberufe – keine freiberufliche (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00, DStRE 2001, 577, 578). Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich ausgeübte Tätigkeit liegt nur vor, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrags zu tragen. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr dem Steuerpflichtigen selbst und nicht dem qualifizierten Mitarbeiter zuzurechnen sein. Es genügt daher nicht eine gelegentliche fachliche Überprüfung der Mitarbeiter (vgl. z.B.: BFH-Urteil vom 1. Februar 1990 IV R 140/88, BStBl 1990 II S. 507 ff., 508, 509 m.w.N.).

Bei dieser Prüfung stehen die Tatbestandsmerkmale „leitend” und „eigenverantwortlich” selbständig nebeneinander. Auch eine besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der u.a. die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse gehören, vermag daher die eigenverantwortliche Tätigkeit nicht zu ersetzen (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00a.a.O. m.w.N.). Das ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Danach ist ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann noch freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient: Voraussetzung ist jedoch, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig ist.

Im Bezug auf Übersetzungsbüros hat der Bundesfinanzhof die vorstehenden Grundsätze dahingehend konkretisiert, dass der individuelle, über die Leitungsfunktion hinausgehende Einsatz eines Steuerpflichtigen, der die wichtigste Sprache seines Übersetzungsbüros beherrscht, den gesamten Bereich der betrieblichen Tätigkeit umfassen muss, wenn die Voraussetzungen für ein freiberufliches Unternehmen gegeben sein sollen (BFH-Beschluss vom 10. August 1993 IV B 1/92, BFH/NV 1994, 168; Urteil vom 5. Dezember 1968 IV R 125/66, BStBl 1969 II S. 165; Urteil vom 2. Dezember 1980 VIII R 32/75, BStBl 1981 II S. 170 ff.; Urteil vom 11. September 1968 I R 173/66, BStBl 1968 II S. 820 ff.; ebenso: BFH-Beschluss vom 12.6.1996 IV B 121/95, BFH/NV 1997, 25). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Es ist der Klägerin nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Ausführung jedes einzelnen Übersetzungsauftrags durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung ihrer Gesellschafter und deren Fachkenntnissen geprägt war. Die Klägerin hat in nicht unerheblichen Umfang in den Streitjahren Übersetzungen in Türkisch, Arabisch, Schwedisch, Slowenisch, Polnisch, Italienisch, Dänisch, Niederländisch, Russisch, Portugiesisch, Bulgarisch und etliche weitere Sprachen gefertigt. Dies konnte sie nur unter Zuhilfenahme von Fremdübersetzern, wobei ihr eine inhaltliche Kontrolle der übersetzten Texte wegen der insoweit fehlenden Sprachkenntnisse nicht möglich war. In Bezug auf diese Fremdübersetzungen konnten die Gesellschafter der Klägerin nicht – wie es das Gesetz fordert – auf Grund eigener Fachkenntnisse, sondern nur im Vertrauen auf die Richtigkeit der von den Übersetzern geleisteten Vorarbeiten leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Hierin unterscheidet sich der Sachverhalt von dem Beispielsfall des Zahnarztes, auf den sich die Klägerin beruft. Anders als der Zahnarzt, der einen einzusetzenden Zahnersatz zwar nicht selbst herstellt, wohl aber auf dessen Verwendungsfähigkeit hin prüfen kann, mussten die Gesellschafter der Klägerin auf die Fehlerfreiheit der Übersetzungsleistungen vertrauen.

Daran ändert auch der Umstand, dass die Klägerin für die Erstellung der Handbücher, etc., ein Translation-Memory-System einsetzte, nichts. Denn mit Hilfe dieses TMS hätte ein neuer Übersetzungsauftrag in einer nicht beherrschten Sprach allenfalls dann ohne Beauftragung eines weiteren Fremdübersetzers ausgeführt werden können, wenn eine hundertprozentige Übereinstimmung zwischen dem Ausgangstext und den im TMS gespeicherten Segmenten bestanden hätte. Ausweislich der Ausgangsrechnungen der Klägerin war das nur äußerst selten der Fall. In den Ausgangsrechnungen lassen sich nur sehr vereinzelt sog. 100%-Matches finden. Der weit überwiegende Teil besteht aus Matches unter 75%, die nach den Angaben der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung von Fremdübersetzern bearbeitet werden mussten. Aber selbst wenn ein komplettes Handbuch in einer nicht von den Gesellschaftern der Klägerin beherrschten Sprache aus dem TMS heraus hätte erstellt werden können, wäre ein solches nicht durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung der Klägerin geprägt gewesen, weil es bereits den im TMS gespeicherten Texten an dieser Eigenschaft mangelte.

Damit waren die Übersetzungsleistungen in Sprachen, die die Gesellschafter der Klägerin nicht beherrschten, nicht durch die persönliche, auf eigener Fachkenntnis beruhende individuelle Arbeitsleistung der Gesellschafter der Klägerin geprägt, auch wenn das für den Rest der Arbeiten, die erst zu dem fertigen Übersetzungsprodukt (Handbuch) führten, zu bejahen ist.

Auch der Umstand, dass die Klägerin die Texte ihrer Kunden nicht lediglich in ihrer Urform übersetzte, sondern auf Verständlichkeit und technische Richtigkeit hin überprüfte und ordnete, ggf. die Übersetzungsreife erst herstellte und das in Auftrag gegebene Handbuch layoutete und so ein Gesamtprodukt herstellte, das über eine reine Übersetzung hinausging, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts.

Denn auch wenn diese Leistungen für die Kunden der Klägerin von großer Bedeutung waren, bestand ein ganz wesentlicher Teil ihrer Aufgaben in der Übersetzung der von den Kunden gelieferten Texte. Insofern konnte die Klägerin den Senat nicht davon überzeugen, dass ihre Tätigkeit eigentlich der eines technischen Redakteurs entsprach. Sicherlich spielten die technisch redaktionellen Leistungen der Klägerin für den Kunden eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Der Senat ist aber nicht davon überzeugt, dass dieser Teil den Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin ausmachte, gegenüber dem die Übersetzungsarbeiten in den Hintergrund getreten wären. Dagegen sprechen insbesondere Abrechnungen mit den Kunden, in denen die Klägerin nur die Übersetzungsleistungen als solche fakturiert hat. Die technisch redaktionellen Tätigkeiten werden in den Rechnungen lediglich als Serviceleistungen aufgeführt, für die ein gesondertes Entgelt nicht in Rechnung gestellt wird.

Da die Klägerin in Bezug auf die Übersetzungsleistungen in nicht von ihren Gesellschaftern beherrschten Sprachen teilweise gewerblich tätig war, gilt ihre gesamte Betätigung nach der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Gewerbebetrieb.

Wie der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden hat, führt diese Abfärbung nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmen, denn der Eintritt der Abfärbewirkung kann durch Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit auf eine personenidentische zweite Gesellschaft vermieden werden. Die unterschiedliche Behandlung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist zudem sachlich gerechtfertigt. Das Steuerrecht folgt insoweit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, die auf der Vorstellung beruhen, dass Personengesellschaften nur eine einheitliche Tätigkeit ausüben können und dass diese insgesamt als kaufmännisch anzusehen ist, wenn diese Voraussetzungen auch nur partiell erfüllt sind. Nur bei einem sehr geringen Anteil der gewerblichen Tätigkeit greift die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht ein (BFH, Urteil vom 29. November 2001 IV R 91/99, BStBl 2002 II S. 221 ff., 224, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit im Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 festgestellt (BVerfGE 120, 1 ff.).

In dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof eine gewerbliche Teilbetätigung, die lediglich 1,25 v.H. der Gesamtumsätze betrug und deren Einnahmen deutlich unter der Gewerbesteuerfreibetragsgrenze des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStGlag, als unerheblich angesehen. Ein gewerblicher Anteil von mehr als 6 v. H. wurde vom Bundesfinanzhof schon als schädlich eingestuft (BFH-Urteil vom 29. November 2001 IV R 91/99, a.a.O.; vom 10: August 1994 I R 133/93; BStBl 1995 II S. 171). Im Streitfall ist diese „Bagatellgrenze” angesichts der umfangreichen Fremdübersetzungen in nicht von den Gesellschaftern der Klägerin beherrschten Sprachen überschritten. Denn auch nach den Berechnungen der Klägerin machten diese 15 bis 26% des Gesamtumsatzes aus und lagen damit deutlich über der Gewerbesteuerfreibetragsgrenze von 24.500 EUR in den Streitjahren.

Die Heranziehung der Klägerin zur Gewerbesteuer verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass zu dieser Steuer nur Gewerbetreibende herangezogen werden und nicht auch Freiberufler und sonstige Selbstständige, die die Infrastruktur der Kommune in gleicher Weise oder sogar mehr beanspruchen wie beispielsweise die Klägerin.

Auch insoweit hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 (a.a.O.) die Verfassungsmäßigkeit bejaht.

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin war das Recht (und die Verpflichtung) des Beklagten, Gewerbesteuermessbeträge festzusetzen im Streitfall auch nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist Ausfluss des auch im Steuerschuldrechtsverhältnis geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben.

Dieser Grundsatz gebietet u.a. für Steuergläubiger und Steuerpflichtigen gleichermaßen, auf die Belange des anderen Teils Rücksicht zu nehmen und sich zu seinem eigenen früheren Verhalten nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise in Widerspruch zu setzen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 1992 X R 47/88, BStBl 1993 II S. 174 m.w.N.). Dabei ist es anerkanntes Recht, dass das Finanzamt auch außerhalb einer verbindlichen Zusage (§§ 204 ff. AO) oder einer verbindlichen Auskunft nach Treu und Glauben an eine Zusicherung, eine zweifelhafte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne zu beurteilen, gebunden sein kann und hieraus verpflichtet ist, bei einer späteren Veranlagung der Zusicherung gemäß zu handeln (vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1958 I 176/57 U, BStBl 1959 III S. 52; vom 15.12.1966 V 181/63, BStBl 1967 III S. 212; vom 13.01.1970 I R 122/67, BStBl 1970 II S. 352).

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin reicht hierzu jedoch eine fehlerhafte Einkünftequalifizierung – auch über mehrere Jahre hinweg – nicht aus. Denn aus einer fortgesetzten fehlerhaften Rechtsanwendung lässt sich aus Sicht des Steuerpflichtigen nicht schließen, dass die Finanzbehörde das Recht auch dann noch zu Gunsten des Steuerpflichtigen fehlerhaft anwenden und von einer möglichen Korrektur der Bescheide absehen will, wenn es die Fehlerhaftigkeit erkannt hat. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu einer ausdrücklichen oder konkludenten Zusicherung, der ein solcher Bindungswille immanent ist.

Auch der Umstand, dass die Klägerin im Vertrauen auf die bisherige Rechtsanwendung insoweit Dispositionen getroffen hat, als sie den „gewerbesteuerschädlichen” Teil ihrer Betätigung nicht auslagerte, führt nicht dazu, dass sich die Korrektur der Bescheide als treuwidrig erweist. Denn die Disposition des Steuerpflichtigen ist kein rechtfertigendes Kriterium, das Verhalten der Finanzbehörde wie eine Zusicherung zu behandeln. Die Disposition des Steuerpflichtigen stellt, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Verwirkung vorliegen, eine eigenständige Voraussetzung dar, ohne die sich der Steuerpflichtige auf den Grundsatz von Treu und Glauben nicht berufen kann (vgl. zur Disposition des Steuerpflichtigen auch BFH-Urteil vom 23.05.1989 X R 17/85, BStBl 1989 II S. 879 m.w.N.).

Ein in diesem Sinne rechtsmissbräuchliches Verhalten ist dem Beklagten nicht vorzuwerfen. Denn der Beklagte hat keinen über die fehlerhafte Einkünftequalifizierung hinausgehenden Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den die Klägerin ein Vertrauen in das Fortbestehen der fehlerhaften Besteuerung stützen könnte.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine im Widerspruch zum geltenden Recht stehende Bindung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstößt, weil die Bevorzugung eines Steuerpflichtigen für alle anderen Personen, die dem Gesetz entsprechend behandelt werden, eine Benachteiligung bedeutet (vgl. BFH-Urteil vom 26.10.1962 VI 215/61 U, BStBl 1963 III S. 86), und der Steuerpflichtige bei einer fehlerhaft zu niedrigen Besteuerung oft jahrelang wettbewerbsmäßig gegenüber anderen Unternehmern, die bei gleichen Verhältnissen dem Gesetz entsprechend zur Steuer herangezogen worden sind, im Vorteil war (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 16.07.1964 V 92/61 S, BStBl 1964 III S. 634).

Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn im Streitfall der Veranlagungsbezirk und die Betriebsprüfungsstelle des Beklagten, wie die Klägerin dies vermutet, tatsächlich eine Außenprüfung mit dem Ziel „verschleppt” hätte, die Klägerin von einer Umstrukturierung ihres Betriebes abzuhalten, um auf diese Weise im Nachhinein Steuern festzusetzen, die die Klägerin bei einer Umstrukturierung zumindest teilweise hätte vermeiden können, kann dahinstehen. Denn dieser von der Klägerin vermutete Sachverhalt lässt sich nicht anhand ausreichender objektivierter Kriterien verifizieren und damit vom Gericht nicht feststellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Kriterien, unter denen die Ausübung eines Katalogberufs ausnahmsweise als Gewerbebetrieb anzusehen ist, in der Rechtsprechung geklärt sind, so dass im Streitfall ein Sachverhalt unter feststehende Rechtssätze zu subsumieren war.

Geländewagen als Werkstattwagen: Privatnutzung betrieblicher Fahrzeuge

Niedersächsisches Finanzgericht  v. 13.03.2013 – 4 K 302/11

Leitsatz

  1. Zur Anwendung der sog. 1 %-Regelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.
  2. Die sog. 1 %-Regelung kommt nicht zum Tragen, wenn eine private Nutzung des Fahrzeugs nicht stattgefunden.
  3. Bei sog. Werkstattwagen kommt der Grundsatz, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, nicht zum Tragen.
  4. Bei einem Geländewagen der Marke Nissan Terrano, der nur über eine vordere Sitzreihe mit 2 Sitzplätzen verfügt und bei dem der gesamte hintere Bereich des Fahrzeugs, also die Fläche hinter der Sitzreihe als Ladefläche ausgestattet ist und bei dem die gesamte Innenausstattung nicht auf eine Fahrgastbeförderung hindeutet, ist das Erscheinungsbild eines gewöhnlichen Geländewagens nicht mehr gegeben.
  5. Vielmehr deutet das äußere Erscheinungsbild auf eine bei weitem überwiegende Ausrichtung auf Lastenbeförderung und eine in den Hintergrund tretende Personenbeförderung hin.
  6. Die Nutzung der Besteuerung nach der 1 %-Regelung scheidet damit aus.

 

Gesetze: EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2

Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig

Streitig ist die Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs.

Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 2005 bis 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie haben drei Kinder, die 1987, 1990 und 1993 geboren sind.

Der Kläger ist als Klauenpfleger selbständig tätig und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelt seine Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich. In den Inventarverzeichnissen der Streitjahre wies er diverse Fahrzeuge aus, unter anderem ein nicht näher bezeichnetes Fahrzeug mit dem Kennzeichen XYZ.

Das beklagte Finanzamt (FA) folgte den Angaben der Kläger in ihren Steuererklärungen und setzte die Einkommensteuer für die Jahre 2005 und 2006 endgültig und für das Streitjahr 2007 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

In der Zeit von Mai bis August 2010 fand bei dem Kläger eine steuerliche Außenprüfung statt. Der Prüfer traf u.a. Feststellungen zu den im Betriebsvermögen befindlichen Kraftfahrzeugen. Bei einem Fahrzeug handelte es sich um einen Pkw Mercedes E 320 CDI. Dieser wurde im Mai 2006 aus dem Betriebsvermögen entnommen und im April 2008 durch einen Pkw Mercedes SLK ersetzt. Bei dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen XYZ handelte es sich um einen Geländewagen der Marke Nissan Terrano. Für diesen Pkw hatte der Kläger keinen Privatanteil berücksichtigt. Der Wagen wurde im April 2008 verkauft, für den Nachfolgewagen, einen Misubishi Pajero, hatte der Kläger bereits im Jahresabschluss 2007 eine Rücklage gem. § 7 g EStG gebildet. Der Prüfer meinte, dass der Nissan Terrano auch privat genutzt worden sei, denn in den Streitjahren 2005 bis 2007 habe nur der Mercedes E 320 CDI zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden. Im Haushalt der Kläger lebten drei Kinder. Die Klägerin habe im Prüfungszeitraum den Jagdschein gemacht. Es sei schwer vorstellbar, dass sie mit dem Mercedes E 320 in den Wald gefahren sei.

Der Prüfer setzte für die private Nutzung des Nissan Terrano eine Nutzungsentnahme nach der sog. 1 %-Regelung an. Er erhöhte den Gewinn der Streitjahre um jeweils 3.300 € netto.

Das FA übernahm diese Prüfungsfeststellungen und änderte die Einkommensteuerbescheide 2005 und 2006 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) und den Einkommensteuerbescheid 2007 gemäß § 164 Abs. 2 AO. Gegen die Änderungsbescheide vom 30. August 2010 legten die Kläger Einspruch ein. Neben anderen Prüfungsfeststellungen wandten sie sich gegen die Berücksichtigung der 1 %-Regelung für den Pkw Nissan Terrano. Sie führten an, dass aus der Tatsache, dass die Klägerin den Jagdschein oder die Jagdprüfung abgelegt habe, nicht geschlossen werden könne, dass der Terrano auch für Fahrten in den Wald genutzt worden sei. Dies sei lediglich eine Vermutung und falsch. Die Klägerin sei nicht selbst Jagdpächterin gewesen. Es sei ihr also nicht erlaubt gewesen, allein mit dem eigenen Wagen zur Jagd zu fahren. Üblicherweise führen neu ausgebildete Jäger mit einem erfahrenen Jäger in dessen Pkw mit. Der Nissan Terrano habe über einen speziellen Ausbau verfügt. So sei der Wagen im gesamten hinteren Bereich mit einer festeingebauten Ausstattung (u.a. Wassertank, Hochdruckreiniger und einer Hydraulikpumpe) versehen gewesen. Aufgrund des starken Tiergeruchs im Inneren des Fahrzeugs hätten die Kläger keine Einkaufsfahrten oder dergleichen mit diesem Fahrzeug unternommen. Der Terrano sei wegen eines Getriebeschadens, der auf die ständige Belastung mit dem Anhänger, dem Klauenpflegestand, zurückzuführen sei, veräußert worden. Er habe nach einem fünfjährigen Einsatz im Betrieb des Klägers lediglich eine Fahrleistung von 36.000 km aufgewiesen. Wegen der erheblichen Schäden, insbesondere auch diverser Beschädigungen im Innen- und Außenbereich durch den gewerblichen Einsatz bei der Klauenpflege, habe der Kaufpreis nur 6.650 € brutto betragen. Die Kläger beriefen sich auf eine entsprechende Bescheinigung des Autohauses (Bl 17 d. Einkommensteuerakte).

Das FA änderte die Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2007 unter dem 15. September 2011 und berücksichtigte nicht streitbefangenes Vorbringen der Kläger. Mit Einspruchsentscheidung vom 23. September 2011 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Es meinte, dass der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass der Nissan Terrano auch für private Zwecke genutzt worden sei. Es handele sich bei dem Fahrzeug nicht um einen sog. Werkstattwagen, der typischerweise so gut wie ausschließlich zur Beförderung von Gütern genutzt werde. Gegen eine solche Eigenschaft spreche vor allem der bauliche Zustand und die fehlende dauerhafte Verbindung der Einbauten mit dem Fahrzeug. Diese hätten bei Bedarf wieder entfernt werden können. Der äußere Eindruck sei der eines normalen Pkw. Selbst ein durch die berufliche Nutzung verschmutztes Fahrzeug unterliege dem Anwendungsbereich der sog. 1 %-Regelung, denn ein solches Fahrzeug könne innen und außen gereinigt werden.

Mit ihrer Klage wenden sich die Kläger gegen die steuerliche Berücksichtigung der Privatnutzung des Pkw. Sie führen zur Begründung an, dass der Wagen aufgrund seiner spezifischen Herrichtung für den Klauenpflegebetrieb nicht privat genutzt werden könne. Die Kundschaft des Klägers bestehe ausschließlich aus landwirtschaftlichen Betrieben mit Milchviehhaltung. Zum Schutz von Mensch und Tier müsse der Fuß der Kuh bei der Untersuchung und beim Klauenschnitt sicher fixiert sein. Der Kläger führe hierzu hinter dem Terrano einen angehängten Klauenpflegestand mit. Dieser werde für den Zeitraum der Tätigkeit auf dem jeweiligen Betrieb vorübergehend installiert. Der streitige Nissan Terrano sei für die Belange des Klägers erheblich umgebaut worden. So sei eine Trennwand zum Ladebereich eingebaut worden. Es sei eine Laderaumwanne als Zusatzausstattung vorhanden gewesen. Ein Wassertank sei fest installiert worden. Ein Hochdruckreiniger habe sich dort befunden. Eine Hydraulikpumpe mit 15 Meter Hydraulikschlauch für das Betreiben des Standes, eine frostfreie Lagerungsmöglichkeit für Reinigungs- und Desinfektionsmittel sei vorhanden gewesen sowie eine weitere Lademöglichkeit für Ersatzteile, Arbeitswerkzeuge, Verbände, Overalls, Stiefel etc.. Lediglich deswegen, weil die hinteren Seitenfenster nicht verblecht, sondern nur verklebt worden seien, sei das Fahrzeug nicht als Lkw bei der Kraftfahrzeugsteuer eingestuft worden. Es sei schwer vorstellbar, dass ein Fahrzeug, das mit Desinfektionsmitteln und nicht mehr ganz sauberen Werkzeugen bestückt sei, zu sonstigen Zwecken wie Einkaufsfahrten und anderen Besorgungen genutzt worden sei. Für diese Erledigungen habe dem Kläger seinerzeit ein weiteres privates Fahrzeug zur Verfügung gestanden. Zwischenzeitlich habe er einen baugleichen Nissan Terrano angeschafft. Das Fahrzeug sei wie oben geschildert für seine Belange umgebaut worden. Diesmal seien die rückwärtigen Fenster verblecht worden und somit der Wagen als Lkw zugelassen. Ebenso spreche die geringe Laufleistung des Terrano von etwa 8.000 km jährlich dagegen, dass der Pkw für private Zwecke genutzt worden sei. Seit Mai 2006 habe ein privater Pkw, ein Opel Baujahr 2003 mit dem Kennzeichen ABC, der Familie des Klägers zur Verfügung gestanden. Die Tochter habe vorher einen Roller gefahren. Zudem wohne sein Vater in unmittelbarer Nähe. Dieser habe im Zeitraum 2005 bis 2007 zwei Pkw unterhalten, die bei Bedarf auch von den Klägern hätten genutzt werden können.

Die Kläger haben sechs Fotos des Nachfolgefahrzeugs Nissan Terrano vorgelegt (Bl. 32 -36 d. Gerichtsakte).

Die Kläger beantragen,

unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2007 vom 15. September 2011 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 23. September 2011 die Einkommensteuer auf die Beträge herabzusetzen, die sich ohne die Gewinnerhöhung um den Privatanteil Pkw in Höhe von je 3.300 Euro ergeben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA hält an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest und nimmt Bezug auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidung. Bei dem Nissan Terrano handele es sich nicht um einen Werkstattwagen. Die Einbauten hätten entfernt werden können, der Kläger habe bei Verkauf des Pkw einen ganz gewöhnlichen, nicht umgebauten Nissan Terrano übergeben. Es liege nahe, dass bei einer Familie mit drei Kindern auch der Pkw Nissan Terrano privat genutzt worden sei. Da der Kläger von der Möglichkeit einer Führung eines Fahrtenbuchs keinen Gebrauch gemacht habe, sei die 1 %-Regelung anzuwenden.

In der mündlichen Verhandlung am 13. März 2013 hat der Senat das Nachfolgefahrzeug Nissan Terrano, von dem die Kläger bereits Fotos vorgelegt hatten, in Augenschein genommen.

Die Klage ist begründet. Zu Unrecht hat das FA in den geänderten Einkommensteuerbescheiden 2005 bis 2007 einen Privatanteil für die Nutzung des überlassenen Pkw auf Grundlage der 1 %-Regelung angesetzt (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung).

1. Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Davon abweichend kann die private Nutzung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG mit den auf die Privatfahrten entfallenden (tatsächlichen) Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Die sog. 1 %-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG kommt nicht zum Tragen, wenn eine private Nutzung nicht stattgefunden hat (BFH-Urteil vom 19. Mai 2009 VIII R 60/06, BFH/NV 2009, 1974, m.w.N.). Das Finanzgericht muss sich deshalb grundsätzlich die volle Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO) davon bilden, dass eine private Nutzung tatsächlich stattgefunden hat, wenn es § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anwenden will (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2006 VI B 20/06, BFH/NV 2007, 716).

Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Mai 1999 VI B 258/98, BFH/NV 1999, 1330). Die bloße Behauptung, der betriebliche Pkw werde nicht für Privatfahrten genutzt, reicht daher nicht aus, um die Anwendung der 1 %-Regelung auszuschließen (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 III R 59/98, BStBl 2000 II S. 273).

Etwas anderes gilt, wenn es sich um ein Fahrzeug handelt, das typischerweise zum privaten Gebrauch nicht geeignet ist. Dies ist bei sog. Werkstattwagen der Fall. Ein solches Fahrzeug ist auf Grund seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich zur Beförderung von Gütern bestimmt. Ein Fahrzeug dieser Art wird allenfalls gelegentlich und ausnahmsweise auch für private Zwecke eingesetzt. Insbesondere die Anzahl der Sitzplätze, das äußere Erscheinungsbild, die Verblendung der hinteren Seitenfenster und das Vorhandensein einer Abtrennung zwischen Lade- und Fahrgastraum machen deutlich, dass ein Werkstattwagen für private Zwecke nicht geeignet ist (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2008 VI R 34/07, BStBl 2009 II S. 381). Hingegen schließen Gerüche im Innenraum eines Fahrzeugs die grundsätzliche Eignung eines Wagens für eine private Nutzung – wenn auch nicht zum Besuch des Theaters, so doch für Fahrten durch das Gelände, zu Einkaufsfahrten und anderen Besorgungen – nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 2005 X B 11/05, BFH/NV 2005, 1801).

2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat das FA im vorliegenden Fall für den Nissan Terrano zu Unrecht eine Nutzungsentnahme angesetzt. Denn dieses Fahrzeug war nach seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich zur Beförderung von Gütern bestimmt.

Dies ergibt sich aus der Gesamtwürdigung der folgenden Umstände: Es bestand nur eine vordere Sitzreihe mit zwei Sitzplätzen. Der Wagen war dreitürig, er verfügte über zwei Fahrgasttüren und eine Kofferraumtür. Der gesamte hintere Bereich des Fahrzeugs, also die Fläche hinter der Sitzreihe, war als Ladefläche ausgestattet. Dieser Ladebereich war größer als der Fahrgastraum. Dort befanden sich festverankerte Einbauten, nur ein auf dem Innenraumboden abgestellter Werkzeugkasten sowie kleinere Werkzeuge konnten ohne weiteres durch die geöffnete Heckklappe herausgenommen werden. Somit hätte selbst eine Hundebox, etwa zum Transport eines Jagdhundes, im ansonsten durch die eingebauten Geräte verstellten Ladebereich nicht mehr untergebracht werden können. Die Einbauten waren nur mit erheblichem Aufwand wieder zu entfernen. Selbst danach waren Beschädigungen im Innenraum des Autos zurückgeblieben. Dies geht aus der Ankaufsrechnung des Autohauses, das den Wagen erworben hatte, hervor.

Dass der Fondbereich nicht ohne erheblichen Aufwand in einen Fahrgastraum zurückgebaut werden konnte, ergibt sich auch daraus, dass die eingebauten Gegenstände ein erhebliches Gewicht hatten. In dem den Innenraum fast zur Hälfte ausfüllenden Wassertank befand sich üblicherweise Wasser, denn das Fahrzeug sollte für den täglichen Einsatz betriebsbereit sein. Auch die große Hydraulikpumpe war festeingebaut und wurde aus dem Wagen heraus betrieben.

Die gesamte Innenausstattung deutet nicht auf eine Fahrgastbeförderung hin. Zwar war der Wagen außen nicht mit Werbeaufdrucken für den Betrieb des Klägers beklebt. Dadurch, dass die hinteren Seitenscheiben verklebt waren und durch die durchsichtige Ladeklappenscheibe die Einbauten zu erkennen waren, bot der Wagen jedoch nicht mehr das Erscheinungsbild eines gewöhnlichen Geländewagens. Unter Einbeziehung dieser Umstände deutete das äußere Erscheinungsbild des Wagens auf eine bei weitem überwiegende Ausrichtung des Fahrzeugs auf Lastenbeförderung und eine in den Hintergrund tretende Personenbeförderung hin. Es war insgesamt kein Fahrzeug, das typischerweise auch für Privatfahrten verwendet wird. Somit unterliegt der streitige Nissan Terrano als sog. Werkstattwagen nicht der Nutzungswertbesteuerung nach der 1 % Regelung.

3. Der Senat sieht davon ab, im Schätzungswege für eine Privatnutzung des Fahrzeugs einen Anteil anzusetzen. Für eine – wenn auch geringe – private Nutzung fehlen hinreichende Anhaltspunkte. So war die Laufleistung des Pkw mit insgesamt ca. 36.000 km gering. Dass der Kläger das für seinen Betrieb wichtige Fahrzeug seiner Tochter, die noch wenig Fahrpraxis hatte, überlassen hat, ist wenig wahrscheinlich. Die von dem FA hervorgehobene Möglichkeit, dass die Klägerin mit dem Wagen zur Jagd gefahren ist, wird durch die geringe freie Zulademöglichkeit im Fondbereich widerlegt.

 

4. Die Einkommensteuer 2005 bis 2007 ist daher auf die Beträge herabzusetzen, die sich ohne Berücksichtigung des privaten Nutzungsanteil Pkw in Höhe von je 3.300 € ergeben. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer kann dem FA übertragen werden (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO)

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus § 708 Nr. 10 und 711 der Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 151 Abs. 1 und 3 FGO.

Aufteilung des Spekulationsgewinns

Aufteilung des Spekulationsgewinns gem. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs.1 Nr. 1 EStG aus der Veräußerung eines bebauten Grundstücks unter Berücksichtigung des BVerfG-Beschlusses vom 07.07.2010 (2 BvL 14/02 ,2 BvL 2/02 ,2 BvL 13/05)

1. Bei der Ermittlung des steuerbaren Anteils des Veräußerungsgewinns sind die Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen den Zeiträumen zuzurechnen, in denen sie tatsächlich in Anspruch genommen worden sind.

2. Die Werbungskosten sind in Anlehnung an das § 3 c Abs. 1 EStG zugrunde liegende Korrespondenzprinzip im Verhältnis des steuerpflichtigen Anteils des Veräußerungsgewinns zum Gesamtveräußerungsgewinn aufzuteilen.

Niedersächsisches Finanzgericht 9. Senat, Urteil vom 21.08.2013, 9 K 252/11

§ 22 Nr 2 EStG, § 23 Abs 1 Nr 1 EStG, § 3c Abs 1 EStG

Tatbestand

 

1
Streitig ist die Höhe der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften.

2
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in S.. Er hatte dieses Grundstück mit Vertrag vom 20. Dezember 1996 erworben und mit Vertrag vom 05. April 2004 wieder veräußert. Die Anschaffungskosten betrugen 150.401,22 Euro. Der Veräußerungspreis betrug 150.000,00 Euro. Der Kläger erzielte seit Erwerb des Grundstückes hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Für das Objekt sind Sonderabschreibungen/Absetzungen für Abnutzungen (AfA) in Form der Höhe steuerlich berücksichtigt worden:

 

3
1996: 34.862,95 Euro
1997: 19.835,26 Euro
1998: 21.617,42 Euro
1999:  3.051,39 Euro
2000:  3.051,00 Euro
2001:  3.051,00 Euro
2002:  3.052,22 Euro
2003:  3.052,00 Euro
2004:  762,00 Euro
Summe Abschreibungen: 92.335,24 Euro
 

4
In der Anlage zur Einkommensteuererklärung 2004 ermittelten die Kläger zunächst einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 91.596,80 Euro, den sie wie folgt ermittelten:

 

5
Verkaufserlös/Kaufpreis 150.000,00 Euro
Anschaffungs-/(nachträgliche)Herstellungskosten 150.401,22 Euro
 -401,22 Euro
Sonderabschreibungen § 4 Fördergebietsgesetz  71.995,01 Euro
Lineare Abschreibung § 7 EStG 1997-2001  13.474,19 Euro
Lineare Abschreibung § 7 EStG 2001-2003  6104,00 Euro
Lineare Abschreibung § 7 EStG 2004  762,00 Euro
 91.934,58 Euro
Veräußerungskosten  -337,78 Euro
 91.596,80 Euro
 

6
Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Anlage zur Anlage SO Zeilen 30 – 40 der Einkommensteuererklärung 2004 Bezug genommen.

7
Die Kläger waren der Auffassung, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstückes in S. nicht unter die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Verbindung mit § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG falle, weil zum Zeitpunkt der Veräußerung die vor 1999 geltende Spekulationsfrist von 2 Jahren bereits abgelaufen gewesen sei.

8
Das Finanzamt (FA) legte gleichwohl den Veräußerungsgewinn in Höhe von 91.596,00 Euro der Besteuerung zugrunde. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 22. Mai 2006 legten die Kläger Einspruch ein, zu deren Begründung sie sich auf den Ablauf der – nach altem Recht geltenden – zweijährigen Spekulationsfrist zum Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks beriefen. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 07. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (BStBl. II 2011, 76) beantragten die Kläger nunmehr die Aufteilung des Gewinns aus dem privaten Veräußerungsgeschäft nach den tatsächlichen Wertverhältnissen gemäß BMF-Erlass vom 20. Dezember 2010 IV C 1-S 2256/07/10001:006 (BStBl. I 2001,14). Der fiktive Wertansatz in Gestalt der gesamten Abschreibungen sei entsprechend der Vornahme dieser Abschreibungen zu verteilen. Ein tatsächlicher Wertzuwachs habe sich nicht ergeben, ohne Berücksichtigung der Abschreibungen sei ein Verlust von 739,00 Euro entstanden. Der fiktive Wertzuwachs in Gestalt der vorgenommenen Abschreibungen sei zeitlich den Zeiträumen zuzuordnen, in denen sie tatsächlich bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen worden seien. Sie ermittelten einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 14.753,55 Euro. Wegen der Berechnungen im Einzelnen wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 14. März 2011 Bezug genommen.

9
Das FA forderte die Kläger daraufhin auf, den tatsächlichen höheren Wertzuwachs für den Zeitraum zwischen Anschaffung des Grundstückes und dem Zeitpunkt der Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes (StEntlG) 1999/2000/2002 nachzuweisen. Die Kläger führten hierzu aus, durch die Veräußerung des Grundstückes habe sich tatsächlich ein Verlust in Höhe von 739,00 Euro (ohne Berücksichtigung der Abschreibungen) ergeben. Steuerpflichtig sei ein fiktiver Wertzuwachs, der darauf zurückzuführen sei, dass der Gesetzgeber vorgenommene Sonderabschreibungen und Normal-Abschreibungen über die spezielle Definition des Begriffes der Anschaffungskosten rückgängig mache. Die zu dem Veräußerungsgewinn führenden Abschreibungen seien zeitlich genau zuzuordnen, sodass bestimmt werden könne, in welchen Zeiträumen die fiktive Werterhöhung entstanden sei.

10
Mit Einspruchsbescheid vom … 2011 setzte das FA die Einkommensteuer 2004 von 56.354,00 Euro auf 43.238,00 Euro herab. Das FA ermittelte die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften nach der Vereinfachungsregelung des BMF-Schreibens vom 20. Dezember 2010 (a.a.O.) Ziffer II 1 in Höhe von 62.451,00 Euro.

11
Es teilte den Veräußerungsgewinn von 91.596,00 Euro zeitanteilig den Besitzzeiten 20. Dezember 1996 bis 30. März 1999 und 31. März 1999 (Zeitpunkt der Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002) bis 05. April 2004 auf. Die Gesamtbesitzzeit betrage aufgerundet 88 Monate. Auf den Zeitraum 31. März 1999 bis 05. April 2004 entfielen 60 Monate (abgerundet). Es ergebe sich daher aus den gesamten Wertzuwachs von 91.596,00 Euro ein zu berücksichtigender steuerpflichtiger Anteil von 66/88 = 62.451,00 Euro. Eine Zuordnung der tatsächlichen in Anspruch genommenen AfA zu den jeweiligen Besitzzeiträumen sei nicht vorzunehmen.

12
Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung verweisen die Kläger auf ihr bisheriges Vorbringen und tragen ergänzend vor: Der aus dem Veräußerungsgeschäft vom 05. April 2004 entstandene Verlust in Höhe von 739,00 Euro errechne sich wie folgt:

 

13
Veräußerungspreis 150.000,00 Euro
./. Anschaffungskosten 150.401,22 Euro
./.  401,22 Euro
./. Veräußerungskosten  337,78 Euro
Veräußerungsverlust  739,00 Euro
 

14
Da bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns oder Verlustes aus Veräußerungsgeschäften sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten gemäß § 23 Abs. 3, 4 EStG um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Abschreibungen und Sonderabschreibungen mindern, seien die Abschreibungen bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns wie Wertzuwächse zu berücksichtigen. Diese aufgrund der vorgenommenen Abschreibungen fiktiven Wertzuwächse ließen sich zeitlich zuordnen. Er ergebe sich ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn in Höhe von 14.753,55 Euro. Wegen der Berechnung wird auf die Aufteilung im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26. September 2011 Bezug genommen. Die vom FA aufgrund des Verwaltungserlasses angewandte sog. Vereinfachungsregelung führe zu einem mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht zu vereinbarenden Ergebnis.

15
Die Kläger haben im Verlauf des Klageverfahrens Grundstücksmarktberichte für den Bereich des Katasteramts S. bzw. für den Regionalbereich X von 1999 und 2005 (betreffend die Werte 2004) vorgelegt. Danach habe sich der durchschnittliche Kaufpreis für freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser zwischen 1999 und 2004 kaum verändert. In dem steuerlich relevanten Zeitraum vom 01. April 1999 bis 05. April 2004 hätten sich demnach in dem Bereich freistehender Einfamilienhäuser keine Wertschwankungen ergeben. Es könne davon ausgegangen werden, dass ein Gewinn aufgrund von Preisänderungen nicht entstanden sei.

16
Zum 31. März 1999 könne daher von einem Wert des veräußerten Einfamilienhauses in Höhe von 150.000,00 Euro ausgegangen werden.

17
Die Kläger beantragen,

18
den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 22. Mai 2006 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 25. August 2011 dahin zu ändern, dass bei den sonstigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers ein steuerpflichtiger Gewinn in Höhe von 14.753,55 Euro berücksichtigt wird und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.

19
Der Beklagte beantragt,

20
die Klage abzuweisen.

21
Er verweist auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid und trägt ergänzend vor: Aus dem Gesetzeswortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG ergebe sich kein Hinweis auf eine Zuordnung der in Anspruch genommenen Absetzungen und Sonderabschreibungen zu den Zeiträumen, in denen sie tatsächlich gewährt wurden und sich steuerlich ausgewirkt haben. Die Berücksichtigung der fraglichen AfA im Wege „pro rata temporis“ stelle sich somit als eine zulässige Gesetzesinterpretation dar.

22
Der nach dem Beschluss des BVerfG vom 7. Juli 2010 gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerbare Wertzuwachs werde von der Finanzverwaltung in typisierender Weise linear (monatsweise) ermittelt. Die Aufteilung nach dem Verhältnis der Besitzzeiten mit der Möglichkeit eine andere Aufteilung des Wertzuwachses nachzuweisen, stelle eine praxistaugliche Möglichkeit dar, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Die Berücksichtigung der AfA „pro rata temporis“ sei als Bestandteil der Vereinfachungsregelung zu sehen. Bei der Aufteilung sei auch Sinn und Zweck der Regelung zu beleuchten: Die Norm bezwecke einer Analogie zum „Restbuchwert“ wie er bei den Gewinneinkünften beim Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu Rate gezogen werde. Da Gebäude regelmäßig einem gleichmäßigen Wertverzehr unterlägen, sei es konsequent, die Aufteilung der in Anspruch genommenen AfA-Beträge auch gleichmäßig, also linear, auf die Besitzzeit zu verteilen. Dies verdeutliche folgende Überlegung: Wenn keine Aufteilung der Besitzzeit erforderlich gewesen wäre, dann würden die vom Steuerpflichtigen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vorgenommenen erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen über § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG bei der Gewinnermittlung berücksichtigt. Blieben jedoch im Rahmen der Aufteilung gerade die an sich schon nicht dem realen Werteverzehr entsprechenden erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen außen vor, liefe dies auf eine so nicht vom Gesetzgeber intendierte Doppelbegünstigung hinaus. Im Übrigen habe der BFH insoweit stets betont, dass die Sonderabschreibungen nur die steuerrechtlichen Wirkungen der AfA nach vorn mit dem Charakter einer Steuerstundung zögen, um dem Steuerpflichtigen einen Anreiz zu Investitionen im Sinne des § 3 Fördergebietsgesetz zu geben. Dieser Vorteil werde in späteren Zeiträumen dadurch ausgeglichen, dass der Steuerpflichtige in der sich an den Begünstigungszeitraum anschließenden Ausgleichsphase nach § 7 a Abs. 9 EStG oder der Sonderregelung des § 4 Abs. 3 Fördergebietsgesetz nur noch geminderte AfA geltend machen könne. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei es sachgerecht, bei der Berechnungsmethode die AfA „pro rata temporis“ anzusetzen.

23
Das FA erklärt sich, ebenso wie die Kläger, mit einem anzusetzenden Wert des veräußerten Einfamilienhauses zum 31. März 1999 in Höhe von 150.000,00 Euro einverstanden. Der steuerliche Wertzuwachs ergebe sich danach ausschließlich aus der Korrektur der AfA. Die Inanspruchnahme der Absetzungen für Abnutzungen, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen habe keinen Einfluss auf den tatsächlichen Wert sowie die Wertentwicklung des Grundstücks. Die Absetzungen für Abnutzungen, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen seien bei der Ermittlung des steuerbaren Anteils des Veräußerungsgewinns in allen Fällen stets zeitanteilig anzusetzen.

24
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten eine tatsächliche Verständigung über den Wert des streitigen Grundstücks in S. zum 31.März 1999 in Höhe von 150.000 Euro getroffen.

Entscheidungsgründe

 

25
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.

26
Der Einkommensteuerbescheid 2004 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO-).Der steuerpflichtige Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften ist vom Finanzamt fehlerhaft ermittelt worden.

27
1. Unstreitig liegt im Streitfalle ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft im Sinne der i.F.d. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor.

28
Der Kläger hat das mit dem Einfamilienhaus bebaute Grundstück in S. im Dezember 1996 erworben und mit Vertrag vom 05. April 2004 innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist wieder veräußert.

29
a) Nach der Entscheidung des BVerfG vom 07. Juli 2010 2 BvL14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 (a.a.O.) ist die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist von 2 auf 10 Jahre wegen des Verstoßes gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes insoweit verfassungswidrig und daher nichtig, soweit in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich erfasst werden, die bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 am 31. März 1999 entstanden sind und nach der zuvor geltenden Rechtslage steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können, weil die alte Spekulationsfrist bereits abgelaufen war. Insoweit war bereits eine konkret verfestigte Vermögensposition entstanden, die durch die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist nachträglich entwertet wird.

30
Aufgrund dieser Rechtsprechung gehen daher die Beteiligten zutreffend davon aus, dass eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns aus der Veräußerung des Einfamilienhauses in S. in einen Anteil für den bis zur Verkündung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 (31.März 1999) entstandenen nicht steuerbaren Wertzuwachs und in einem Anteil für den nach Verkündung dieses Gesetzes entstandenen steuerbaren Wertzuwachs vorzunehmen ist.

31
b) Nach § 23 Abs. 3 EStG ist Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften nach § 23 Abs. 1 EStG der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG mindern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr.4 – 7 EStG abgezogen worden sind.

32
aa) Das Finanzamt hat seiner Berechnung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns das BMF-Schreiben vom 20.12.2010 (Tz.II.1) zugrunde gelegt. Dieses sieht vor, dass der Umfang des steuerbaren Wertzuwachses entsprechend dem Verhältnis der Besitzzeit nach dem 31. März 1999 im Vergleich zur Gesamtbesitzzeit linear (monatsweise) zu ermitteln ist. Die Finanzverwaltung räumt dem Steuerpflichtigen aber im Rahmen einer Escape-Klausel die Möglichkeit ein, eine günstigere Aufteilung anhand der tatsächlichen Wertverhältnisse nachzuweisen (Tz.II.2). Danach könne ein höherer Wertzuwachs für den Zeitraum zwischen Anschaffung und dem 31. März 1999 berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige ihn nachweise.

33
Bei bebauten Grundstücken sollen nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Bayrisches Landesamt für Steuern vom 20. April 2011 S 2256.1.1-4/8 St32, juris; Oberfinanzdirektion Magdeburg vom 7. April 2011 S 2256-61-St 222, juris) die Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen sowie Sonderabschreibungen bei der Ermittlung des steuerbaren Anteils des Veräußerungsgewinns in allen Fällen, d.h. sowohl bei Anwendung der Vereinfachungsregelung (BMF-Schreiben vom 20.Dezember 2010 Tz.II.1.) als auch bei Anwendung der Escape-Klausel (Tz.II.2.) stets zeitanteilig anzusetzen sein.

34
bb) Der erkennende Senat vermag der Auffassung der Finanzverwaltung in den o.g. Erlassen nicht zu folgen.

35
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2010 hat nach Auffassung des Senats zur Folge, dass für die Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns nicht auf die ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgestellt werden kann, sondern auf die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Verkündung des STEntlG 1999/2000/2002 am 31. März 1999 (vgl. Beschluss des Hessischen Finanzgerichts vo, 17. Februar 2012 1 V 2821/11, EFG 2012,1148).

36
(1) Im Streitfall haben die Beteiligten hinsichtlich des Wertes des streitigen Grundstücks zum 31. März 1999 eine tatsächliche Verständigung dahingehend getroffen, dass der Wert des Grundstücks mit 150.000 Euro anzusetzen ist. Der Senat hält diesen Wert für realistisch und angemessen, da anhand der von den Klägern vorgelegten Grundstücksmarktberichte für 1999 und 2004 im Zeitraum 1999 bis 2004 bei den durchschnittlichen Verkaufspreisen für freistehende Ein-/Zweifamilienhäuser keine Wertschwankungen zu verzeichnen waren. Aus diesem Grunde ist es vertretbar, davon auszugehen, dass keine Wertsteigerung in diesem Zeitraum stattgefunden hat, so dass das der Verkaufspreis, den die Kläger im Jahr 2004 erzielt haben, dem Wert des Grundstückes am 31. März 1999 entsprach.

37
(2) Der zeitanteiligen Zuordnung der Absetzungen für Abnutzung, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen vermag der Senat nicht zu folgen. Sie widerspricht nach Auffassung des Senats der o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach in einem Veräußerungsgewinn Wertsteigerungen steuerlich nicht zu erfassen sind, die bis zur Verkündung des StEntlG 1999/2000/2002 am 31. März 1999 entstanden sind oder nach der zuvor geltenden Rechtslage bis zur Verkündung des Gesetzes steuerfrei realisiert worden sind oder steuerfrei hätten realisiert werden können. Zwar ist dem Finanzamt zuzugeben, dass die Inanspruchnahme der Absetzungen für Abnutzung, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen keinen Einfluss auf den Wert eines Grundstücks hat. Nach Ansicht des Senats kann es aber nicht darauf ankommen, ob es sich um tatsächliche Steigerungen des Grundstückswerts handelt oder der Veräußerungsgewinn überwiegend dadurch entsteht, dass in der Vergangenheit Sonderabschreibungen in Anspruch genommen worden sind. Das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Steuerfreiheit der mit Ablauf der (alten) zweijährigen Spekulationsfrist geschützten Vermögensposition ist in diesem Fall ebenso schützenswert wie bei tatsächlichen Wertsteigerungen des Grundstücks (vgl. Urteil des FG Münster vom 21.Juni 2013 4 K 1918/11 E; juris). Die zeitanteilige Zuordnung der Abschreibungen wie sie vom Beklagten entsprechend der Regelung in Tz.II.1. des BMF-Schreibens vom 20.12.2010 (a.a.O.) vorgenommen wurde, hat aber zur Folge, dass in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns etwas einbezogen wird, das bis zum 31. März 1999 nicht steuerbar hätte realisiert werden können. Bei einer Veräußerung des Grundstücks vor dem 31. März 1999 – nach Ablauf der alten zweijährigen Spekulationsfrist – hätte sich eine Minderung der Anschaffungskosten durch die bis dahin in Anspruch genommenen Abschreibungen für Abnutzung und Sonderabschreibungen steuerlich nicht ausgewirkt.

38
Die Absetzungen für Abnutzung, erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen sind daher den Zeiträumen konkret zuzuordnen, in denen sie steuerlich berücksichtigt worden sind. Bei der Ermittlung des steuerbaren Veräußerungsgewinns im Streitfall, d.h. des Gewinns, der im Zeitraum 01. April 1999 bis 05. April 2004 entstanden ist, sind daher nur die in diesem Zeitraum steuerlich berücksichtigten Beträge für Absetzungen und Sonderabschreibungen von den Anschaffungskosten abzuziehen.

39
Als Kontrollüberlegung, dass diese Berechnungsmethode zutreffend sein muss, gilt Folgendes: Hätte der Kläger nach Ablauf der alten Spekulationsfrist von 2 Jahren das Grundstück am 30. März 1999 veräußert, so hätten die bis dahin gewährten Sonderabschreibungen und Absetzungen für Abnutzungen in Höhe von insgesamt 77.078,47 Euro gemäß § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG die Anschaffungskosten/Herstellungskosten gemindert, d.h. der entsprechende Veräußerungsgewinn wäre im Streitfall entsprechend erhöht – aber nicht steuerbar – gewesen. Da ab 31. März 1999 bis zum Verkauf des Grundstückes nur noch Absetzungen für Abnutzung in Höhe von insgesamt 15.256,77 Euro gewährt wurden und sich steuerlich im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ausgewirkt haben, wird deutlich, dass der weitaus höhere Anteil des nach der Vorschrift des § 23 Abs. 3 EStG ermittelten Veräußerungsgewinns für den Zeitraum 20. Dezember 1996 bis 30. März 1999 und damit in den nicht steuerbaren Bereich fällt.

40
(3) Die im Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks entstandenen Werbungskosten in Höhe von 337,78 Euro sind nach Auffassung des Senats ebenfalls nur anteilig zu berücksichtigen.

41
Die Finanzverwaltung vertritt in diesem Zusammenhang unterschiedliche Auffassungen. Nach dem BMF-Schrieben vom 20. Dezember 2010 (Tz.II.1.) bedarf es einer anteiligen Zuordnung der nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften abziehbaren Werbungskosten nicht. Das Bayerische Landesamt für Steuern hingegen sieht eine Zuordnung zeitanteilig der steuerbaren und der nicht steuerbaren Besitzzeit vor (Bayerisches Landesamt für Steuern S 2256.1.1-4/8 St32 vom 20.April 2011, juris).

42
Der erkennende Senat vermag beiden Auffassungen nicht zu folgen und hält eine Aufteilung der Werbungskosten im Verhältnis des steuerpflichtigen Anteil des Veräußerungsgewinns zum Gesamtveräußerungsgewinn (jeweils ohne Berücksichtigung der Werbungskosten) in Anlehnung an das § 3c Abs. 1 EStG zugrundeliegende Korrespondenzprinzip für zutreffend. Der Gesamtveräußerungsgewinn beträgt – wie die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung zutreffend ermittelt haben – ohne Werbungskosten 91.934,58 Euro, der anteilig auf den Zeitraum 31. März 1999 bis 5. April 2004 entfallende Veräußerungsgewinn beträgt 15.256,77 Euro (=16,6 % von 91.934,58 Euro). Danach ergeben sich abzugsfähige Werbungskosten in Höhe von 56,07 Euro (16,6 % von 337,78 Euro).

43
Der zu versteuernde Veräußerungsgewinn ist danach wie folgt zu ermitteln:

 

44
Veräußerungspreis 150.000,00 Euro
abzgl. Wert zum 31. März 1999 150.000,00 Euro
 0,00 Euro
abzgl. Veräußerungskosten  56,07 Euro
zzgl. AfA  15.256,77 Euro
Veräußerungsgewinn:  15.200,70 Euro
 

45
Der vom Beklagten angesetzte Veräußerungsgewinn ist somit um 47.250,30 Euro zu vermindern.

46
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs.1 Satz 3 Finanzgerichtsordnung (FGO).

47
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs.3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr.10, 711 Zivilprozessordnung.

48
4. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.

Voraussichtliche Sachbezugswerte im Jahr 2014 (Bundesrat)

Aufgrund der Anpassung an die Entwicklung der Verbraucherpreise werden die Sachbezugswerte für das Jahr 2014 voraussichtlich steigen. Der Bundesrat muss der aktuell als Entwurf vorliegenden Sechsten Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) noch zustimmen (BR-Drucks. 659/13). Die Werte des Entwurfs werden i.d.R. nicht mehr geändert.


Der Verbraucherpreisindex für Verpflegung ist im maßgeblichen Zeitraum von Juni 2012 bis Juni 2013 um 2,3%, derjenige für Unterkunft oder Mieten um 2,2% gestiegen. Auf dieser Grundlage wird in 2014

  • der Monatswert für die Verpflegung von 224 auf 229 €,
  • der Wert für verbilligte oder unentgeltliche Mahlzeiten für ein Mittag- oder Abendessen von 2,93 € auf 3 € und
  • der Wert für ein Frühstück von bisher 1,60 € auf 1,63 €

angehoben.

Der Wert für Unterkunft oder Mieten steigt 2014 von 216 auf 221 € monatlich, was bezogen auf den Quadratmeter 3,88 € monatlich (bisher 3,80 €) bzw. bei einfacher Ausstattung (ohne Sammelheizung oder ohne Bad oder Dusche) 3,17€ monatlich (bisher 3,10 €) ausmacht. Wenn der Tabellenwert nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre, kann der Wert der Unterkunft mit dem ortsüblichen Mietpreis bewertet werden (§ 2 Abs. 3 SvEV).

Quelle: Bundesrat online

Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946
Bundesrat Drucksache 659/13
27.08.13
AS – Fz
Verordnung
des Bundesministeriums
für Arbeit und Soziales
Sechste Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung
A. Problem und Ziel
Die Anpassung der Sachbezugswerte erfolgt jährlich durch eine Änderungsverordnung,
die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4
des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – mit Zustimmung des Bundesrates erlässt.
B. Lösung
Die Werte für die Sachbezüge werden für das Jahr 2014 auf Grundlage der
maßgebenden Verbraucherpreisentwicklung bis zum 30. Juni 2013 angepasst.
C. Alternativen
Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Es entstehen keine zusätzlichen Kosten.
2. Vollzugsaufwand
Es entsteht kein zusätzlicher Vollzugsaufwand.
E. Erfüllungsaufwand
Die Sachbezugswerte werden im Rahmen der jährlichen Anpassung der Werte in den
Abrechnungsprogrammen mit angepasst. Ein eigenständiger Aufwand ist daher nicht zu
berechnen.

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Es werden keine neuen Erfüllungsaufwände für Bürgerinnen und Bürger eingeführt,
vereinfacht oder abgeschafft.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Es werden keine neuen Erfüllungsaufwände für Unternehmen, eingeführt, vereinfacht
oder abgeschafft.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Es werden keine neuen Erfüllungsaufwände für die Verwaltung eingeführt, vereinfacht
oder abgeschafft.
F. Weitere Kosten
Die Wirtschaft, insbesondere mittelständische Unternehmen, wird nicht zusätzlich
belastet. Auswirkungen auf Einzelpreise, auf das Preisniveau, insbesondere auf das
Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Bundesrat Drucksache 659/13
27.08.13
AS – Fz
Verordnung
des Bundesministeriums
für Arbeit und Soziales
Sechste Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung
Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 26. August 2013
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu
erlassende
Sechste Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung
mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des
Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1
NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla

Sechste Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung
Vom …
Auf Grund des § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 in Verbindung mit Satz 2 des Vierten
Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -, dessen Satz 1 durch Artikel 1 Nummer 5 des Gesetzes vom 5. August 2010 (BGBl. S. 1127 )
geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:
Artikel 1
Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung
Die Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S.
3385), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 19. Dezember 2012 (BGBl. I S.
2714) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 2 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 1 wird die Angabe „224“ durch die Angabe „229“ ersetzt.
bb) Satz 2 wird wie folgt geändert:
aaa) In Nummer 1 wird die Angabe „48“ durch die Angabe „49“ ersetzt.
bbb) In Nummer 2 und Nummer 3 wird jeweils die Angabe „88“ durch die
Angabe „90“ ersetzt.
b) In Absatz 3 Satz 1 wird die Angabe „216“ durch die Angabe „221“ ersetzt.
c) In Absatz 4 Satz 2 wird die Angabe „3,80“ durch die Angabe „3,88“ und die Angabe „3,10“ durch die Angabe „3,17“ ersetzt.
2. § 3 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 2 wird die Angabe „§ 8 Absatz 2 Satz 8“ durch die Angabe „§ 8 Absatz 2
Satz 10“ ersetzt.
b) In Satz 4 wird die Angabe „§ 8 Absatz 2 Satz 9“ durch die Angabe „§ 8 Absatz 2
Satz 11“ ersetzt.
Artikel 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2014 in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.

Begründung
A. Allgemeiner Teil
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat jährlich den Wert der Sachbezüge
nach dem tatsächlichen Verkehrswert im Voraus anzupassen und dabei eine möglichst
weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen. Es
ist daher für das kommende Jahr sachgerecht, die Anpassung der Sachbezugswerte auch
weiterhin an der Entwicklung der Verbraucherpreise für diese Leistungen zu orientieren.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Die Werte für Verpflegung und Unterkunft sind jährlich an die Entwicklung der Verbraucherpreise anzupassen. Der Verbraucherpreisindex für Verpflegung ist im maßgeblichen
Zeitraum von Juni 2012 bis Juni 2013 um 2,3 Prozent und für Unterkunft oder Mieten um
2,2 Prozent gestiegen.
Auf dieser Grundlage werden der Monatswert für die Verpflegung für 2014 im Rahmen
der jährlichen Anpassung von 224 auf 229 Euro und der Wert für Unterkunft oder Mieten
von 216 auf 221 Euro bzw. von 3,80 Euro je Quadratmeter auf 3,88 Euro je Quadratmeter
und bei einfacher Ausstattung von 3,10 Euro je Quadratmeter auf 3,17 Euro je Quadratmeter angehoben.
Zu Artikel 2
Die Verordnung tritt am 1. Januar 2014 in Kraft, damit die Neuregelungen ab dem ersten
Abrechnungsmonat des neuen Jahres Anwendung finden können.
C. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Es entstehen keine zusätzlichen Kosten oder Vollzugsaufwand.
D. Kosten für die Wirtschaft
Die Wirtschaft, insbesondere mittelständische Unternehmen, wird nicht zusätzlich belastet. Auswirkungen auf Einzelpreise, auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
E. Bürokratiekosten
Die Änderungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung führen zu keinen Veränderungen der Bürokratiekosten für die Wirtschaft.
F. Gleichstellungspolitische Aspekte
Gleichstellungspolitische Aspekte sind nicht berührt.
G. Nachhaltigkeit
Die Anpassung der Verordnung steht im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie der
Bundesregierung. Die Anpassung an die Entwicklung der Verbraucherpreise fördert die
Zielsetzung finanzieller Nachhaltigkeit.

Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG
Entwurf einer sechsten Verordnung zur Änderung der
Sozialversicherungsentgeltverordnung (NKR-Nr. 2680)
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten
Regelungsvorhabens geprüft.
I. Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger
Erfüllungsaufwand: Keine Änderung
Wirtschaft
Erfüllungsaufwand: Keine Änderung
Verwaltung
Erfüllungsaufwand: Keine Änderung
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine
Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
II. Im Einzelnen
Aus dem Regelungsvorhaben wird sich für die Wirtschaft Umstellungsaufwand wegen der
erforderlichen Aktualisierung der Datenverarbeitungssoftware ergeben, die für die
Entgeltabrechnung genutzt wird. Die erforderlichen Umstellungen können im Rahmen der
zum Jahreswechsel routinemäßig vorzunehmenden Updates erfolgen, so dass von keinen
gesonderten Kosten auf Grund der Verordnung auszugehen ist.
Der Nationale Normenkontrollrat hat keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig Dr. Dückert
Vorsitzender Berichterstatterin

Standardisierte Einnahmen-Überschussrechnung (BMF)

Das BMF hat die Vordrucke der Anlage EÜR und die dazugehörige Anleitung für das Jahr 2013 bekannt gegeben (BMF, Schreiben v. 11.9.2013 – IV C 6 -S 2142/07/10001 :006).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gebe ich die Vordrucke der Anlage EÜR und die dazugehörige Anleitung für das Jahr 2013 bekannt.

Der amtlich vorgeschriebene Datensatz, der nach § 60 Abs. 4 Satz 1 EStDV durch Datenfernübertragung zu übermitteln ist, wird nach Tz. 3 des BMF-Schreibens zur StDÜV/StDAV vom 16. November 2011 (BStBl I S. 1063) im Internet unterwww.elster.de bekannt gegeben.

Bei Betriebseinnahmen unter 17.500 Euro im Wirtschaftsjahr wird es nicht beanstandet, wenn der Steuererklärung anstelle des Vordrucks eine formlose Gewinnermittlung beigefügt wird. Insoweit wird auch auf die elektronische Übermittlung der Einnahmenüberschussrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichtet. Die Verpflichtungen, den Gewinn nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften zu ermitteln sowie die sonstigen gesetzlichen Aufzeichnungspflichten zu erfüllen, bleiben davon unberührt. Übersteigen die im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ohne die Berücksichtigung der Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, den Betrag von 2.050 Euro, sind bei Einzelunternehmen die in der Anlage SZE (Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen) enthaltenen Angaben an die Finanzverwaltung zu übermitteln.

  • Der amtlich vorgeschriebene Datensatz, der nach § 60 Abs. 4 Satz 1 EStDV durch Daten-fernübertragung zu übermitteln ist, wird nach Tz. 3 des BMF-Schreibens zur StDÜV/StDAV v. 16.11.2011 (BStBl I S. 1063) im Internet unter elster.de bekannt gegeben.
  • Bei Betriebseinnahmen unter 17.500 Euro im Wirtschaftsjahr wird es nicht beanstandet, wenn der Steuererklärung anstelle des Vordrucks eine formlose Gewinnermittlung beigefügt wird. Insoweit wird auch auf die elektronische Übermittlung der Einnahmen-Überschussrechnung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichtet. Die Verpflichtungen, den Gewinn nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften zu ermitteln sowie die sonstigen gesetzlichen Aufzeichnungspflichten zu erfüllen, bleiben davon unberührt.
  • Übersteigen die im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ohne die Berücksichtigung der Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, den Betrag von 2.050 Euro, sind bei Einzelunternehmen die in der Anlage SZE (Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen) enthaltenen Angaben an die Finanzverwaltung zu übermitteln.

Die Vordrucke finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF online