Archiv der Kategorie: Privatbereich

Steuerliche Förderung der privaten und betrieblichen Altersversorgung

Steuerliche Förderung der privaten und betrieblichen Altersversorgung

Kernproblem
Seit 2002 hat jeder Arbeitnehmer das Recht auf eine betriebliche Altersvorsorge. Der Arbeitnehmer kann zum Beispiel einen Teil seines Bruttogehalts sparen. Dieser Teil des Gehalts wird ihm dann nicht ausgezahlt, sondern ohne vorherige Steuer- und Sozialversicherungsabzüge zum Aufbau einer betrieblichen Altersversorgung eingesetzt. Eine andere Form der Altersvorsorge ist die sogenannte Riester-Rente. Diese wird vom Staat mit finanziellen Zuschüssen (Altersvorsorgezulagen) und gegebenenfalls mit weiteren Steuerersparnissen (zusätzlicher Sonderausgabenabzug) gefördert. Die Basisrente (auch Rürup-Rente genannt) steht als dritte Möglichkeit einer staatlich geförderten Altersvorsorge zur Verfügung. Sie ist vergleichbar mit der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beiträge werden für eine spätere monatliche Rente verwendet. Die Ansprüche aus dem Vertrag sind an die versicherte Person gebunden und können nicht vererbt oder beliehen werden. Die Beiträge zu einer Basisrente können gemeinsam mit eventuellen Zahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung, zu landwirtschaftlichen Alterskassen oder zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen als Sonderausgaben bei der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Dabei gelten Höchstbeträge.

Gesetzliche Änderungen
Mit dem Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz hat der Gesetzgeber bei den Rahmenbedingungen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge Erleichterungen vorgenommen. Ab 2014 kann das in einem privaten Riester-Vertrag aufgebaute Altersvorsorgevermögen flexibler für den Aufbau von selbst genutztem Wohneigentum eingesetzt werden, zum Beispiel für die Umschuldung eines für die Anschaffung oder Herstellung der Wohnimmobilie aufgenommenen Darlehens. Eine Entnahme ist ab 2014 ebenso förderunschädlich für die Finanzierung eines barrierereduzierenden Umbaus der eigenen Wohnung möglich und ermöglicht es dem Anleger, seine selbst genutzte Wohnimmobilie altersgerecht umzubauen. Neu ist auch, dass der Anleger nur einen Betrag von mindestens 3.000 EUR auf dem Vertrag belassen muss, soweit er nur einen Teil des geförderten Altersvorsorgevermögens für die selbst genutzte Immobilie einsetzen möchte. Der Rest kann entnommen werden.

Neues BMF-Schreiben
Das Bundesfinanzministerium hat sein letztes BMF-Schreiben zur privaten Altersvorsorge und betrieblichen Altersversorgung aus dem Jahr 2013 aufgrund der gesetzlichen Änderungen überarbeitet und wird es im Bundessteuerblatt veröffentlichen. Die wesentlichen Änderungen gelten mit Wirkung ab dem 1.1.2014.

Nachträglicher Einbau einer Dachgaube begünstigte Handwerkerleistung?

Nachträglicher Einbau einer Dachgaube begünstigte Handwerkerleistung?

Kernproblem
Die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen wird mit einer Steuerermäßigung auf die Einkommensteuer von bis zu 20 % der Aufwendungen für Arbeitskosten, höchstens aber 1.200 EUR begünstigt. Handwerkliche Tätigkeiten im Rahmen einer Neubaumaßnahme sind nach der Rechtsprechung nicht begünstigt. Es stellt sich daher die Frage, was ein Neubau im Sinne der Steuerermäßigung ist und ob dafür bereits eine geringfügige Erweiterung der Wohnfläche in einem bereits bestehenden Haushalt ausreicht.

Sachverhalt
Eheleute ließen im Dachgeschoss ihres Einfamilienhauses unter anderem eine Gaube mit Dämmung und Isolationsglas in die Dachschräge einbauen. Dadurch ergab sich eine Wohnflächenerweiterung von 2,40 qm, was einem Anteil von 2,7 % der gesamten Wohnfläche von 90 qm entsprach. Vor der Umbaumaßnahme lag zwar keine beziehungsweise nur eine geringe Dämmung vor; das Dachgeschoss wurde jedoch bereits bewohnt. Die Lohnkosten von circa 2.650 EUR machten die Eheleute als Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung in vollem Umfang ab, weil Neubaumaßnahmen nicht begünstigt seien. Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg musste über die Klage der Eheleute entscheiden.

Entscheidung
Das FG lehnte die Gewährung der Steuerermäßigung ebenfalls ab und sah die handwerkliche Tätigkeit im Rahmen einer Neubaumaßnahme als erbracht an. Nach Auffassung des FG gelte das für alle Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Nutzflächen- oder Wohnflächenschaffung beziehungsweise deren Erweiterung. Weil sich nach den eigenen Berechnungen der Hauseigentümer durch die Herstellung der Dachgaube eine Wohnflächenerweiterung ergebe, liege trotz des geringen Umfangs eine Neubaumaßnahme im Sinne der Rechtsprechung vor, die nicht begünstigt sei.

Konsequenz
Das rechtskräftige Urteil des FG steht im Widerspruch zu einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), das auch von der Finanzverwaltung angewendet wird, aber dessen Zusammenhang das FG im Streitfall nicht erkennen wollte. Der BFH hatte Handwerkerleistungen im Zusammenhang mit der erstmaligen Anlegung von Außenanlagen in einem bereits bestehenden Haushalt begünstigt. Auch das Bundesfinanzministerium definiert in seinem aktuellen Anwendungsschreiben „alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Haushalts bis zu dessen Fertigstellung“ als Neubaumaßnahme. In vergleichbaren Fällen ist ein Einspruch anzuraten.

Fettabsaugung kann außergewöhnlich sein

Fettabsaugung kann außergewöhnlich sein

Kernproblem
Krankheitskosten sind als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer abzugsfähig, soweit sie zwangsläufig sind und die zumutbare Eigenbelastung überschreiten. Die medizinische Erforderlichkeit von Maßnahmen lässt sich dann schwer beurteilen, wenn diese nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen. Kosmetische Operationen können z. B. infolge psychischer Erkrankung durchaus zwangsläufig sein. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat vor einigen Jahren die Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung und Behandlung herabgesunkener Augenlider nicht anerkannt. Damals scheiterte der Abzug jedoch bereits an dem „formalisierten Nachweisverlangen“ durch amts- oder vertrauensärztliches Attest, das vor Beginn der Maßnahme eingeholt werden musste. Mittlerweile kann eine Verordnung des Hausarztes ausreichen, so dass sich die Gerichte zukünftig vielmehr mit dem Krankheitsbild auseinandersetzen müssen. Das muss aber nicht von Nachteil sein, wie ein Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (FG) zeigt.

Sachverhalt
Die 1968 geborene, 168 cm große und 63 kg schwere Steuerpflichtige klagte über Schwellung und Schmerzen der unteren Extremitäten wegen eines Lip-/Lymphödems beider Beine. Ein Arzt empfahl ihr die frühzeitige Behandlung zur Vermeidung von Folgeschäden. Allein die sportliche Betätigung reichte dafür nicht aus, weil das zu Schmerzen in den Fettpolstern führte. Auch den Erfolg einer Diät schloss der behandelnde Arzt wegen einer diagnostizierten Fettanlagestörung aus. Die heilende Operation und Fettabsaugung kostete 5.500 EUR, deren Berücksichtigung das Finanzamt verweigerte.

Entscheidung
Das FG ließ den Abzug der Aufwendungen zu. Eine berücksichtigungsfähige Krankheit liegt nach Auffassung der Richter dann vor, wenn es sich nicht um einen allenfalls als missliebigen anzusehenden, sondern um einen anormalen Zustand handele, der einer medizinischen Behandlung bedürfe. Liege eine Krankheit in diesem Sinne vor, entscheide allein der Steuerpflichtige, welche Aufwendungen er für die Linderung seiner Krankheit tragen wolle. Berücksichtigungsfähig seien allerdings nur medizinisch indizierte Aufwendungen, also diejenigen diagnostischen oder therapeutischen Verfahren, deren Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin vor der Durchführung der Operation keine Kostenübernahme der Versicherung geprüft habe.

Konsequenz
Das Urteil des FG ist rechtskräftig. Die sich wie ein ärztliches Gutachten lesende Urteilsbegründung zeigt, dass sich im Einzelfall mithilfe der Diagnose eines Arztes des Vertrauens ein steuerlicher Vorteil erreichen lässt. Der Amtsarzt ist nur noch in Einzelfällen Voraussetzung für den steuerlichen Abzug, z. B. bei Kuren, Psychotherapie, allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens als medizinische Hilfsmittel oder wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden.

Höhere Kosten für Führerscheinerwerb sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Höhere Kosten für Führerscheinerwerb sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Kernproblem
Die steuerliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen von Eltern behinderter Kinder als außergewöhnliche Belastung ist mit Einschränkungen versehen. Der Behinderten-Pauschbetrag eines Kindes kann auf die Eltern übertragen werden, wenn ihnen noch Kindergeld oder der Kinderfreibetrag zusteht. Damit sind typisierend alle laufenden und mit der Behinderung zusammenhängenden Mehraufwendungen abgegolten. Wenn daneben weitere unregelmäßige, atypische oder nur mittelbar mit der Behinderung zusammenhängende Kosten anfallen, kann sich ein Abzug für nicht typisierte außergewöhnliche Belastungen (unter Berücksichtigung der zumutbaren Eigenbelastung) ergeben. „Besondere“ Steuervorteile gegenüber Nichtbehinderten sind dabei aber nicht unbedingt zu erwarten, wie der Streitfall des Finanzgerichts Köln zeigt.

Sachverhalt
Die Eltern eines bereits seit frühester Kindheit halbseitig gelähmten Sohnes (60 % Behinderung ohne Merkzeichen) bezahlten diesem nach Volljährigkeit eine behindertengerechte Fahrschule zum Erwerb des Pkw-Führerscheins. Zum Führen eines Fahrzeugs wurden laut ärztlichem und TÜV-Gutachten diverse Umbaumaßnahmen für notwendig erklärt, welche die Eltern im Fahrzeug des Sohnes veranlassten. In ihrer Steuererklärung beantragten die Eltern den behinderungsbedingten Mehraufwand der Fahrausbildungskosten und die Umbaukosten als außergewöhnliche Belastungen. Sie führten aus, dass die Aufwendungen notwendig gewesen seien, um dem Sohn die gleiche Mobilität wie seinen Altersgenossen zu ermöglichen. Wegen des ländlichen Bereichs sei eine Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zielführend und ein Pkw nicht ersetzbar. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil die Anerkennung zumindest eine Geh- oder Stehbehinderung voraussetze.

Entscheidung
Das Finanzgericht Köln wies die Klage der Eltern ab. Für die Richter war nicht entscheidend, dass der Sohn wegen seines Wohnorts in ländlicher Umgebung auf die Fortbewegung mit einem Pkw angewiesen sein könnte, sondern ob er aufgrund der Körperbehinderung zwangsläufig auf ein Fahrzeug zur Fortbewegung angewiesen war. Denn nur diese kleine Gruppe könne nicht auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen und sei anders als der überwiegende Teil der Führerscheinerwerber nicht frei in ihrem Entschluss, die Fahrprüfung abzulegen. Dagegen sei die Situation des Sohnes im Streitfall nicht wesentlich von anderen Personen gleichen Alters zu unterscheiden und der Entschluss zum Erwerb der Fahrerlaubnis und damit einhergehend des Umbaus als freiwillig zu bewerten.

Konsequenz
Das Urteil ist rechtskräftig. In ähnlichen Fällen ist ein Einspruch durchaus sinnvoll, wenn ein Merkzeichen (z. B. außergewöhnliche Gehbehinderung – aG) vorliegt.

Fristlose Kündigung: darf bei Streit um Lohn die Arbeit verweigert werden?

Fristlose Kündigung: darf bei Streit um Lohn die Arbeit verweigert werden?

Kernaussage
Wer sich beharrlich weigert, seine Arbeit auszuführen, weil er denkt, er sei nicht ausreichend vergütet, riskiert eine fristlose Kündigung. Auch ein Irrtum schützt hier nicht vor der Kündigung. Das hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein kürzlich entschieden.

Sachverhalt
Der 49-jährige Kläger war bei der beklagten Arbeitgeberin seit gut einem Jahr als Bodenleger beschäftigt. Für bestimmte Bodenverlegearbeiten war ein Akkordsatz vereinbart, ansonsten ein Stundenlohn von 12 EUR. Der Kläger sollte in 40 nahezu identischen Häusern im Akkord Bodenbelag verlegen. Dabei musste er vorbereitend – wie üblich – auch den Belag in die einzelnen Häuser transportieren, den Untergrund reinigen sowie den Belag zu- und Dämmstreifen abschneiden. Nach 2 Tagen Arbeit rechnete er sich seinen Durchschnittsstundenlohn aus und kam auf einen Betrag von 7,86 EUR brutto. Daraufhin forderte er vom Geschäftsführer einen adäquaten Stundenlohn für diese Baustellen oder aber einen anderen Einsatzort. Dieser lehnte beides ab und forderte den Kläger in mehreren Gesprächen eindringlich auf, die zugewiesene Arbeit auszuführen. Zuletzt drohte er ihm die fristlose Kündigung an. Der Kläger hielt an seiner Verweigerungshaltung fest. Das Arbeitsverhältnis wurde daraufhin fristlos gekündigt. Das erstinstanzliche Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Dem Kläger habe noch die Möglichkeit gegeben werden müssen, seine Position zu überdenken und zu überprüfen. Dem folgte das Landesarbeitsgericht nicht und hob die Entscheidung auf.

Entscheidung
Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass der Kläger die Arbeit nicht verweigern durfte, weil zu Bodenverlegearbeiten unstreitig Zusammenhangsarbeiten gehörten. Daran ändere auch eine möglicherweise unzureichende Vergütungsabrede nichts. Es galt die getroffene Vereinbarung. Der Kläger musste daher erst einmal die zugewiesene Arbeit verrichten und durfte sie nicht zurückhalten. Den Vergütungsstreit hätte er ggf. später nach Erhalt der Abrechnung führen müssen. Dass sich der Kläger insoweit über ein Zurückbehaltungsrecht geirrt hat, war unbeachtlich. Das Irrtumsrisiko trage der Arbeitnehmer. Wegen der Beharrlichkeit der Weigerung war hier die fristlose Kündigung gerechtfertigt.

Konsequenz
Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.

KSt-Befreiung für Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheke

KSt-Befreiung für Abgabe von Zytostatika durch Krankenhausapotheke

Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Sommer 2013 entschieden, dass die Abgabe von Medikamenten zur Krebsbehandlung (sog. Zytostatika) durch eine Krankenhausapotheke zur sofortigen ambulanten Verabreichung an Patienten von der Körperschaftsteuer befreit ist, wenn das Krankenhaus, von dem die Apotheke betrieben wird, ein gemeinnütziger Zweckbetrieb ist. Die Steuerbefreiung erstreckt sich auch auf die Gewerbesteuer, wie sich aus einem weiteren Urteil vom selben Tag ergibt.

Sachverhalt
Bei einem gemeinnützigen Krankenhaus ist die Steuerbefreiung nicht auf die unmittelbare ärztliche und pflegerische Betätigung begrenzt. Sie erstreckt sich vielmehr auf alle typischerweise von einem Krankenhaus gegenüber seinen Patienten erbrachten Leistungen. Steuerfrei sind hiernach jedenfalls alle Einkünfte aus Tätigkeiten, die den Krankenhäusern gesetzlich zur Sicherstellung ihres Versorgungsauftrags übertragen sind und für die der Sozialversicherungsträger als Kostenträger für seine Versicherten deshalb grundsätzlich eintreten muss.

Entscheidung
Ob die Krankenhausapotheke zu öffentlichen Apotheken in Wettbewerb tritt, ist für den Umfang der Steuerbefreiung nach deutschem Recht ohne Belang. Der BFH hat aber darauf hingewiesen, dass das Gemeinnützigkeitsrecht aufgrund der Wettbewerbsrelevanz beihilferechtlichen Bedenken unterliegt. Diese Bedenken erlaubten dem BFH in dem entschiedenen Fall zwar nicht, die gesetzlich vorgesehene Steuerbefreiung zu verweigern. Der BFH hat jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass die EU-Kommission berufen wäre, die Steuerbefreiungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht zu prüfen und den Gesetzgeber ggf. zu einer Anpassung der deutschen Rechtslage aufzufordern.

Konsequenz
Der Entscheidung kann keine Aussage zu der vergleichbaren umsatzsteuerrechtlichen Problematik entnommen werden. Der BFH hat in dem dazu anhängigen Revisionsverfahren das Verfahren ausgesetzt und die Frage der Steuerbefreiung dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Ausgang jenes Verfahrens bleibt insoweit abzuwarten.

Rücknahme von Anträgen auf Aufteilung der Steuerschuld

Rücknahme von Anträgen auf Aufteilung der Steuerschuld

Kernaussage
Aufteilungsanträge stellen ein unwiederholbares und unwiderrufliches verwaltungsrechtliches Gestaltungsrecht zur Beschränkung der Vollstreckung dar. Ein gestellter Antrag kann nur vor Erlass des Aufteilungsbescheids zurückgenommen werden.

Sachverhalt
Ein in Trennung lebendes Ehepaar gab eine gemeinsame Steuererklärung mit Antrag auf Zusammenveranlagung ab. Das Finanzamt erließ den Steuerbescheid, aus dem sich eine Nachforderung in Höhe von 1.100 EUR ergab. Gegen die Festsetzung der Einkommensteuer legten die Steuerpflichtigen keinen Rechtsbehelf ein. Der Ehemann beantragte nach Erteilung des Bescheids die Aufteilung der Steuerschuld. Das Finanzamt erließ daraufhin einen Aufteilungsbescheid, wonach dem Steuerpflichtigen eine Steuerschuld in Höhe von 2.500 EUR und seiner Gattin eine Erstattung in Höhe von 1.400 EUR zuzurechnen waren. Der Steuerpflichtige legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein und nahm gleichzeitig den Aufteilungsantrag zurück.

Entscheidung
Den eingelegten Rechtsbehelf wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Auch die anschließende Klage vor dem Finanzgericht Niedersachsen war erfolglos. Zu Recht habe das Finanzamt eine Aufhebung des Aufteilungsbescheids abgelehnt. Unter welchen Voraussetzungen ein Aufteilungsbescheid geändert werden kann, sei abschließend in der Abgabenordnung (hier: § 280 Abs. 1 AO) geregelt. Hierbei handele es sich gegenüber den weiteren Vorschriften (§§ 130 ff. AO und §§ 172 ff. AO) um eine speziellere Vorschrift. Dies bedeute, dass ein Aufteilungsbescheid ausschließlich nach § 280 Abs. 1 AO berichtigt werden könne. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt gewesen, da der Bescheid weder auf unrichtigen Angaben beruht, noch sich die rückständige Steuer nach Erteilung des Bescheids geändert hätte. Dem Finanzamt war auch keine offenbare Unrichtigkeit (§ 129 AO) unterlaufen. Die Möglichkeit der Antragsrücknahme sei in den Vorschriften über die Aufteilung der Steuerschuld schlichtweg nicht vorgesehen.

Konsequenz
Das Antragswahlrecht ist nach einmaliger Ausübung verwirkt. Steuerpflichtige sollten daher vor Stellung eines Antrags sehr genau prüfen, ob dadurch die gewünschten steuerlichen Folgen eintreten. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen, da bislang ungeklärt ist, ob ein Antrag auf Beschränkung der Vollstreckung §§ 268 ff. AO) nach Ergehen des Aufteilungsbescheids zurückgenommen werden kann.

Schweizer Erbe bekommt den gleichen Freibetrag wie deutscher Erbe

Schweizer Erbe bekommt den gleichen Freibetrag wie deutscher Erbe

Kernaussage
Das Finanzgericht Düsseldorf hat aktuell entschieden, dass ein in der Schweiz lebender Erbe, der nur hinsichtlich eines in Deutschland belegenen Grundstücks (beschränkt) erbschaftsteuerpflichtig ist, Anspruch auf denselben Freibetrag hat, wie ein Erbe, der in Deutschland wohnt und deshalb unbeschränkt steuerpflichtig ist.

Sachverhalt
Der Kläger ist Schweizer Staatsangehöriger. Seine Ehefrau war ebenfalls Schweizerin. Beide hatten ihren Wohnsitz in der Schweiz. Die Ehefrau des Klägers verstarb im Jahr 2009. Sie wurde von dem Kläger allein beerbt. Die Ehefrau war Eigentümerin eines in Deutschland belegenen Grundstücks gewesen; darüber hinaus war sie Inhaberin von Konten bei Banken in Deutschland und in der Schweiz. Das Finanzamt setzte gegen den Kläger Erbschaftsteuer nur für das in Deutschland belegene Grundstück fest. Dabei berücksichtigte es einen Freibetrag von 2.000 EUR, der nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz für beschränkt Steuerpflichtige vorgesehen ist. Für unbeschränkt steuerpflichtige überlebende Ehegatten gilt ein Freibetrag von 500.000 EUR. Gegen die Festsetzung des niedrigeren Freibetrags wehrte sich der Kläger.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob die gesetzlich vorgesehene Ungleichbehandlung des beschränkt steuerpflichtigen Klägers im Vergleich zu unbeschränkt Steuerpflichtigen mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu vereinbaren ist. Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom Oktober 2013 verneint. Darüber hinaus hat er entschieden, dass sich auch ein Staatsangehöriger eines Drittstaates – wie hier der Schweiz – auf die durch das europäische Recht garantierte Kapitalverkehrsfreiheit berufen kann. Auf Grund dieser Entscheidung hat das Finanzgericht Düsseldorf der Klage des Schweizer Klägers stattgegeben.

Konsequenz
Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde nicht zugelassen, da die erheblichen Rechtsfragen durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs hinreichend geklärt wurden.

Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer bei Finanzgericht

Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer bei Finanzgericht

Kernaussage
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat einen groben Zeitrahmen für die Dauer eines Finanzgerichtsverfahrens festgesetzt. Im Falle der Nichteinhaltung sind Entschädigungsansprüche möglich. Hiervon ausgenommen sind Verfahren mit wesentlich abweichender Bearbeitungsintensität. Von einer angemessenen Verfahrensdauer wird ausgegangen, wenn das Gericht 2 Jahre nach der Klage mit Maßnahmen beginnt, die bei den anhängigen Gerichtsverfahren zu einer endgültigen Entscheidung führen.

Sachverhalt
Der im Inland ansässige und unbeschränkt steuerpflichtige Kläger bezog für seine 3 Kinder den vollen Kindergeldbetrag. Die Kinder lebten mit seiner Ehefrau im gemeinsamen Haus in Nordirland. Der ebenfalls unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehefrau wurde das deutsche Kindergeld infolge Ihres Umzuges nach Nordirland gestrichen. Hiergegen klagte der Ehemann. Sowohl er als auch seine Gattin seien unbeschränkt steuerpflichtig, würden im Inland zusammen veranlagt und erhielten keine anderen Gelder von irländischen Behörden. Nach 8 Jahren und 9 Monaten wurde über dieses Verfahren entschieden. Die Vermögensnachteile während dieser Zeit führten bei den Eheleuten zu finanziellen Einbußen und erheblichen Überziehungszinsen. Der Steuerpflichtiger erhob Entschädigungsklage wegen unangemessener Dauer des Gerichtsverfahrens.

Entscheidung
Der BFH hat dem Entschädigungsanspruch zugestimmt. Die Gerichte sollen innerhalb von 2 Jahren nach Eingang der Klage mit Maßnahmen, die zur Entscheidung bei den jeweiligen Verfahren führen, beginnen. Fortan dürfen keine nennenswerten Unterbrechungen seitens des Gerichts stattfinden, sofern die aktive Phase des gerichtlichen Handelns bereits begonnen hat. Im aktuellen Fall wurde die Verhandlung vielfach wegen eines erneuten Wechsels des zuständigen Berichterstatters unterbrochen. Eine Generalisierung der Gesamtverfahrensdauer ist indes nicht möglich. Finanzgerichtsverfahren unterscheiden sich dafür zu stark in ihrem Schwierigkeitsgrad und der verbundenen Bearbeitungsintensität.

Konsequenz
Abweichend von Sonderfällen können Steuerpflichtige von einer angemessenen Verfahrensdauer ausgehen, wenn die 2-Jahres-Frist zur Bearbeitung eingehalten wird. Voraussetzung für Entschädigungsklagen ist stets eine vorausgehende so genannte Verzögerungsrüge.

Nettolohnvereinbarung: ESt-Nachzahlung nicht auf Bruttobetrag hochzurechnen

Nettolohnvereinbarung: ESt-Nachzahlung nicht auf Bruttobetrag hochzurechnen

Kernaussage
Trifft ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber eine Nettolohnvereinbarung, so ist eine Einkommensteuernachzahlung durch den Arbeitgeber nicht auf einen Bruttobetrag hochzurechnen. Denn durch die arbeitgeberseitige Nachzahlung fließt dem steuerpflichtigen Arbeitnehmer lediglich ein Bruttoarbeitslohn in eben dieser Höhe zu.

Sachverhalt
Der Kläger, ein japanischer Staatsangehöriger, war aufgrund einer Entsendungsvereinbarung als Angestellter in Deutschland tätig. Er traf mit seinem Arbeitgeber eine Nettolohnvereinbarung. Danach zahlte dieser den Nettolohn aus und übernahm die darauf anfallenden Steuern. Im Rahmen von Veranlagungen anfallende Einkommensteuererstattungen wurden vom beklagten Finanzamt an den Arbeitgeber abgeführt. Kam es zu Nachzahlungen, wurden diese vom Arbeitgeber erbracht. Zwischen den Beteiligten kam es in der Folgezeit zum Streit darüber, ob die als Arbeitslohn zu erfassenden Einkommensteuernachzahlungen durch den Arbeitgeber den Brutto- oder Nettolohn des Klägers erhöhen. Mit seiner Klage wendete sich der Kläger gegen die Handhabung des Finanzamts, das den Nachzahlungsbetrag auf einen Bruttolohn hochrechnete.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Nach der Rechtsprechung sei ein Einkommensteuererstattungsanspruch, den der Arbeitnehmer im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung an seinen Arbeitgeber abgetreten habe, im Rahmen des Lohnsteuereinbehalts nur durch einen Abzug vom laufenden Bruttoarbeitslohn und nicht durch Verminderung des laufenden Nettolohns zu berücksichtigen. Denn bei den Steuererstattungen handele es sich um Rückzahlungen von überzahltem Arbeitslohn. Diese Grundsätze seien auf den Streitfall übertragbar. Bei Bestehen einer Nettolohnvereinbarung, die sich – wie im Streitfall – ausschließlich auf die Übernahme der Lohnsteuer auf Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehe, sei es nicht zulässig, auf die vom Arbeitgeber getragene Lohnsteuer, die bereits Teil des Bruttoarbeitslohns sei, nochmals eine Steuer zu berechnen. Denn die an die Finanzverwaltung abgeführte Lohnsteuer stelle keinen Sachbezug dar, für den noch zusätzlich Lohnsteuer zu erheben sei, sondern sie sei bereits Teil des der Besteuerung unterliegenden Bruttoarbeitslohns.

Konsequenz
Das letzte Wort wird nun vermutlich der Bundesfinanzhof (BFH) haben; die Düsseldorfer Finanzrichter ließen die die Revision zu.