Archiv der Kategorie: Privatbereich

Unterhaltspflicht bei spät aufgenommenem Studium

Unterhaltspflicht bei spät aufgenommenem Studium

Kernfrage
Kindesunterhalt wird grundsätzlich so lange geschuldet, bis das Kind seinen Lebensunterhalt selber bestreiten kann. Maßgeblich ist die Bedürftigkeit des Kindes. In der Regel endet die Unterhaltspflicht – unabhängig von Fragen der Höhe des Unterhalts – damit in dem Moment, in dem das Kind eine Berufsausbildung abgeschlossen hat (Lehre oder Studium). Darüber hinaus kann die Unterhaltspflicht auch dann enden, wenn das Kind eigenverantwortlich die Bedürftigkeit herbeiführt, z. B. weil es keine Ausbildung vollendet. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte nunmehr über die Voraussetzungen der Unterhaltspflicht zu entscheiden, wenn ein Kind ein Studium nach längerer Zeit (wieder) aufnimmt.

Sachverhalt
Der Vater war seiner Tochter zunächst zum Unterhalt verpflichtet. Die Tochter brach im Jahre 2010 ein erstes Studium ab, begann mehrere Praktika und absolvierte einen längeren Auslandsaufenthalt. Im Herbst 2011 nahm sie ein neues Studium auf und verlangte Unterhalt. Mit seiner Klage wollte der Vater festgestellt wissen, dass seine Unterhaltspflicht mit Abbruch des Studiums im Jahre 2010 weggefallen sei. Seine Tochter habe sich als nicht bedürftig erwiesen, sei zudem zum Studium nicht geeignet und habe durch eigenverantwortliches Handeln ihren Unterhaltsanspruch verwirkt.

Entscheidung
Das Gericht gab dem Vater nur teilweise Recht. Für den Zeitraum zwischen Abbruch des ersten Studiums und Aufnahme des neuen Studiums bestehe die Unterhaltspflicht nicht. Mit Aufnahme des neuen Studiums lebe die Unterhaltspflicht aber wieder auf. Zwar habe ein Kind, das nach der Schule kein Studium oder keine Ausbildung aufnehme, mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhaltsanspruch, sondern muss seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherstellen. Dadurch verliert das Kind aber nicht den grundsätzlichen Unterhaltsanspruch während einer Erstausbildung.

Konsequenz
Die Entscheidung stärkt den Unterhaltsanspruch des Kindes. Letztlich billigt das Gericht dem Kind, wie es in der Urteilsbegründung auch ausführt, eine Orientierungsphase zu, in der das Kind zunächst nach der geeigneten Ausbildung suchen kann. Die Interessen des Elternteils werden dadurch gewahrt, dass ein Studien- oder Ausbildungsabbruch dazu führt, dass das Kind die eigene Arbeitskraft einsetzen muss und der Unterhaltsanspruch ruht.

Kindergeld für inhaftiertes und vom Studium beurlaubtes Kind?

Kindergeld für inhaftiertes und vom Studium beurlaubtes Kind?

Kernaussage
Eltern von Heranwachsenden zwischen 18 und 25 Jahren, die einer Ausbildung nachgehen, steht ein Anspruch auf Kindergeld zu. Eine schädliche Unterbrechung der Berufsausbildung liegt vor, wenn der Heranwachsende später rechtskräftig verurteilt wird, sich in Haft befindet und vom Studium beurlaubt ist.

Sachverhalt
Der Sohn der Klägerin war vom Wintersemester 2003/2004 bis einschließlich zum Sommersemester 2005 von seinem Studium der Rechtswissenschaften beurlaubt, da er wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt wurde. Die beklagte Familienkasse hob deswegen die Kindergeldfestsetzung auf und forderte die Klägerin auf, das überzahlte Kindergeld zurückzuzahlen. Die hiergegen gerichtete Klage wurde schließlich vom Bundesfinanzhof (BFH) abgewiesen.

Entscheidung
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kindergeld, denn die Berufsausbildung des Sohnes wurde durch die Untersuchungs- und Strafhaft für den streitbefangenen Zeitraum tatsächlich unterbrochen. Das formale Weiterbestehen des Ausbildungsverhältnisses ist insofern unerheblich. Der Fall ist auch nicht mit einer unschädlichen Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung oder Mutterschaft vergleichbar. Ferner scheidet die Vergleichbarkeit mit einem Bezugsfall aus, wonach seinerzeit ein in Untersuchungshaft genommenes Kind ausnahmsweise als weiterhin in Ausbildung befindlich zu behandeln ist, weil es letztlich vom Tatvorwurf freigesprochen worden war. Vorliegend hat der Sohn durch eigenes vorwerfbares Verhalten die Inhaftierung verursacht.

Konsequenz
Wird Kindergeld während einer Untersuchungshaft des Kindes bezogen, muss je nach Ausgang des Strafverfahrens mit einer Rückforderung durch die Familienkasse gerechnet werden. Es empfiehlt sich daher eine frühzeitige Anzeige.

Neues zum gewerblichen Grundstückshandel

Neues zum gewerblichen Grundstückshandel

Kernproblem
Der Verkauf von Immobilien, die im Rahmen der privaten Vermögensbildung angeschafft und verwaltet worden sind, löst nach Ablauf der Spekulationsfrist in der Regel keine Ertragsteuern aus. Innerhalb der Spekulationsfrist kommt es zur Belastung mit Einkommensteuer. Veräußert ein Steuerpflichtiger aber innerhalb von 5 Jahren mehr als 3 Objekte (Grundstück, Eigentumswohnung oder (Groß)-Immobilie) nimmt die Finanzverwaltung einen sogenannten Gewerblichen Grundstückshandel an. Folge ist, dass die Einkünfte insgesamt als gewerblich qualifiziert werden und erzielte Gewinne jetzt auch noch gewerbesteuerpflichtig werden.

Sachverhalt
Aufgrund hoher Steuerschulden hatte das Finanzamt im Arrestwege die Immobilien eines Steuerpflichtigen mit Sicherungshypotheken belastet. Zu einer Zwangsversteigerung ist es jedoch nicht gekommen, da das Finanzamt einen freihändigen Verkauf der Immobilien gestattet hatte. Trotz des dann vollzogenen Verkaufs von mehr als 3 Objekten innerhalb von 5 Jahren und der damit erfüllten Indizwirkung für einen gewerblichen Grundstückshandel, hat der Steuerpflichtige einen solchen nicht erklärt. Die seinerseits erworbenen Wohnungen sollten langfristig vermietet werden, gab er an.

Entscheidung
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Der BFH hat nochmals klargestellt, dass die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien unerheblich sind. Dies gilt auch für wirtschaftliche Zwänge wie z. B. die Ankündigung von Zwangsmaßnahmen durch einen Grundpfandgläubiger.

Konsequenz
Die bedingte Veräußerungsabsicht kann nur durch objektive Umstände widerlegt werden; persönliche oder finanzielle Beweggründe scheiden aus. Der Steuerpflichtige kann objektive Umstände nur in zeitlicher Nähe zum Erwerb derart gestalten, dass sie eine spätere Veräußerung wesentlich erschweren oder unwirtschaftlicher machen. Als Beispiele kann auf eine langfristige Finanzierung oder langfristige Vermietungen verwiesen werden, da Vorfälligkeitsentschädigungen, Inkaufnahme einer durch die Vermietung bedingten Wertminderung oder „Auskaufen“ des Mieters die Veräußerung erschweren. Gleiches gilt für die Einräumung von Nießbrauchsrechten.

Pfeildiagramm ist kein Testament

Pfeildiagramm ist kein Testament

Kernfrage
Ein Erblasser kann ein privatschriftliches Testament errichten. Dafür ist es erforderlich, dass er es insgesamt (mit der eigenen Hand) handschriftlich verfasst, es mit Vor- und Zunamen unterschreibt und datiert. Darüber hinaus soll noch der Ort der Errichtung angeben werden. Die Rechtsprechung wendet diese gesetzlichen Vorgaben restriktiv an. Hintergrund ist, dass insbesondere die Handschriftlichkeit die Echtheit des Testaments bezeugen muss. Darüber hinaus soll die Handschriftlichkeit dazu führen, dass der Erblasser das Testament nicht übereilt, sondern überlegt errichtet hat. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hatte jetzt über die Wirksamkeit eines handschriftlichen Testaments, in dem Pfeildiagramme enthalten waren, zu entscheiden.

Sachverhalt
Der Erblasser hatte ein handschriftliches Testament errichtet, in dem seinen Nachlass insbesondere durch ein Pfeildiagramm unter verschiedenen Berechtigten verteilte. Bezogen auf einen Nachlassgegenstand verwies er mittels eines Pfeils auf den Namen einer Person und ordnete so den Nachlassgegenstand dem Erwerber zu. Daneben benutzte er handschriftliche kurze Erläuterungen in Wortform. Der auf der Grundlage dieses Testaments zum Erben Berufene beantragte die Erteilung eines Erbscheins, gegen den die weiteren Bedachten Einwendungen vorbrachten. Im Rahmen des Erbscheinsverfahrens erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. das Testament für unwirksam.

Entscheidung
Das in Pfeildiagrammform errichtete Testament genüge nicht den Anforderungen des Gesetzes an das handschriftlich errichtete Testament. Auch die vereinzelt erläuternd verwendeten Worte könnten hieran nichts ändern. Zum einen genüge das Testament nicht der Echtheitsfunktion. Insbesondere könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Pfeile des Diagrammes verändert würden, ohne dass die Echtheit des Pfeils mittels Schriftprobenkontrolle überprüft werden könne. Zudem sei bei der Verwendung von Pfeilen von vorneherein deren Erklärungsinhalt unklar. Hinzu komme, dass es in der Form des Pfeildiagramms nicht möglich sei, nachzuvollziehen, ob der Erblasser sich über mögliche Nebenfragen seiner Erbregelung (zum Beispiel Ersatzerben) Gedanken gemacht habe.

Konsequenz
Ein eigenhändiges Testament ist nur dann wirksam, wenn es neben der Einhaltung der gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen auch vollständig ausformuliert ist. Abkürzungen, Diagramme oder Schaubilder bergen die Gefahr, dass ein Testament insgesamt unwirksam wird.

Benzin statt Diesel im Tank – beteiligt sich das Finanzamt daran?

Benzin statt Diesel im Tank – beteiligt sich das Finanzamt daran?

Kernproblem
Mit der Entfernungspauschale sind sämtliche Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Das steht zumindest im Einkommensteuergesetz geschrieben, so dass neben der Pauschale von 0,30 EUR je Entfernungskilometer und unabhängig vom Verkehrsmittel (außer Flugzeuge) alle sonstigen „außergewöhnlichen“ Kosten steuerlich unbeachtlich bleiben. Bevor die Entfernungspauschale im Jahr 2001 geschaffen wurde, sah die bis dahin geltende Kilometerpauschale für außergewöhnliche Wegekosten, denen man auf dem Weg zur oder von der Arbeit ausgesetzt ist, eine Abzugsmöglichkeit vor. Viele Gerichte haben sich bereits mit der Frage beschäftigt, ob der Gesetzgeber diese Verschärfung, die so eindeutig im Gesetz steht, überhaupt wollte. Zu einem einheitlichen Ergebnis ist man dabei nicht gekommen. Das Finanzamt möchte zumindest auch beruflich veranlasste Unfallschäden begünstigen. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) gilt das auch, wenn auf einer Umwegfahrt zum Betanken des Fahrzeugs ein Verkehrsunfall passiert. Aber was ist, wenn Benzin statt Diesel getankt wird und die Folgekosten genauso hoch sind – auch ohne Unfall?

Sachverhalt
Ein Angestellter war auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte beim Tanken unachtsam und hatte den falschen Kraftstoff eingefüllt. Doch damit nicht genug, denn er begann auch die Fahrt, die dann in einer nahe gelegenen Werkstatt endete. Den Motorschaden von ca. 4.300 EUR wollte die Versicherung wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht nicht ersetzen. Gleiches warf ihm das Finanzamt vor; zudem sei ein Falschtanken auch kein Unfall, wie es in seiner Entscheidung über die Ablehnung des Antrags meinte. Der Angestellte zog vor das Niedersächsische Finanzgericht. Hier haben sich die Richter umfangreich mit der Geschichte der Vorschrift beschäftigt und ein positives Urteil gefällt.

Entscheidung
Nach Überzeugung des Gerichts entspricht eine großzügigere Auslegung dem objektivierten Willen des Gesetzgebers. Hiernach sollen entsprechend der früheren Regelung wieder außergewöhnliche Wegekosten, wie ein Motorschaden, Diebstahl oder Unfall als Werbungskosten anzugsfähig sein. Andernfalls würde eine überzogene einschränkende Auslegung einem Abzugsverbot gleichkommen und gegen das objektive Nettoprinzip verstoßen.

Konsequenz
Das Finanzgericht hat zwar die Revision zum BFH zugelassen. Ob diese eingelegt wurde, ist noch nicht bekannt. Folglich sollte idealerweise die richtige Tanksäule angefahren werden. Falls das mal schiefgeht bzw. sonstige Motorschäden auf dem Weg zur oder von der Arbeit eintreten oder das Gefährt abhandenkommt, sollte der Werbungskostenabzug mit Verweis auf das Urteil beantragt und das Verfahren offengehalten werden.

Auslandskorrespondenten-Tätigkeit ist im Inland steuerfrei

Auslandskorrespondenten-Tätigkeit ist im Inland steuerfrei

Kernaussage
Wird ein im Inland unbeschränkt steuerpflichtiger Auslandskorrespondent im Ausland über längere Dauer eingesetzt, so sind auch Nebentätigkeiten in angrenzenden Ländern, soweit die Leistung im anderen Staat erbracht wird, nach dem DBA Österreich steuerfrei.

Sachverhalt
Eine Auslandskorrespondentin wurde von ihrem inländischen Arbeitgeber in Österreich eingesetzt. Sie unternahm mehrere Recherchearbeiten in Drittstaaten, erbrachte ihre Leistung (Textverfassung) jedoch in Österreich. Die Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgte ebenfalls in Österreich. Das deutsche Finanzamt versteuerte nun zusätzlich sämtliche Einkünfte wegen fehlendem Nachweis der Aufenthaltsdauer in Deutschland. Im Anschluss an einen teilweisen Einspruchserfolgt legte die Steuerpflichtige Klage vor dem Finanzgericht (FG) ein.

Entscheidung
Die Düsseldorfer Richter entschieden, dass das Besteuerrecht für Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit gemäß DBA Österreich beim Österreichischen Staat liegt, wenn von diesem Besteuerungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht macht. Im entschiedenen Fall konnte die Klägerin Einkommensteuerbescheide aus Österreich vorweisen. Das Besteuerungsrecht steht auch hinsichtlich der Tätigkeiten, für die Aufenthalte in anderen Ländern als dem Tätigkeitsstaat notwendig sind, nicht dem Deutschen Staat zu. Der Entscheidung FG liegt im Wesentlich die Begründung zugrunde, dass die schöpferische Leistung ihrer Arbeit durch das Verfassen der Texte in Österreich erbracht wurde. Die Einkünfte sind in Deutschland im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.

Konsequenz
Die Entscheidung führt zu einer Vereinfachung hinsichtlich des Nachweises des Tätigkeitsorts für journalistisch Tätige. Dienstreisen in andere Länder führen nicht zu einem Wegfall des Besteuerungsrechts des anderen Staates, wenn die die Tätigkeit prägende Leistung weiterhin in dem Tätigkeitsstaat erbracht wird. Hat der Tätigkeitsstaat von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch gemacht, können die Einkünfte in Deutschland lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden.

Versicherungsbeiträge sind nicht lebensnotwendig

Versicherungsbeiträge sind nicht lebensnotwendig

Kernaussage
Werden neben den gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen zusätzliche private Versicherungen abgeschlossen, so können diese nicht zusätzlich in vollem Umfang als Sonderabzug geltend gemacht werden, da sie über das Existenzminimum hinausgehen.

Sachverhalt
Ein Ehepaar schloss zusätzlich zu den gesetzlichen Versicherungen eine Risikolebensversicherung, eine Unfallversicherung sowie eine Kapitalversicherung ab. Der gemeinsame Höchstbetrag der steuerlich abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen war bereits durch die gesetzlichen Beiträge überschritten, so dass im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung keine weitere Berücksichtigung der sonstigen Vorsorgeaufwendungen erfolgte. Das Ehepaar beantragte daraufhin, die weiteren Versicherungsbeiträge als Sonderabzug zu berücksichtigen. Diese zählten als notwendige Aufwendungen für ihre Daseinsfürsorge zu den unbeschränkt abziehbaren Sonderausgaben. Das Finanzamt folgte dieser Ansicht nicht und versagte die Berücksichtigung der Ausgaben im Rahmen des Einspruchsverfahrens. Das Ehepaar legte daraufhin Klage vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg ein.

Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass Risikolebens-, Unfall- und Kapitalversicherungen über die Sicherung des existenznotwendigen Lebensbedarfs hinausgehen und deswegen nicht uneingeschränkt im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt werden müssen. Es bestehe keine gesetzliche Verpflichtung zum Abschuss derartiger Versicherungen. Zudem seien Risiken wie Alter, Invalidität etc. bereits durch die gesetzlichen Versicherungen abgedeckt. Die getätigten Aufwendungen zielen nach Ansicht der Richter auf den Erhalt des Lebensstandards. Dies rechtfertige keine Kostenbeteiligung durch die Allgemeinheit. Die Erhaltung des Lebensstandards liege im Interesse des Einzelnen und müsse von diesem alleine getragen werden.

Konsequenz
Versicherungen, die zusätzlichen zu den gesetzlichen Versicherungen abgeschlossen wurden, gehen über die bloße Existenzerhaltung hinaus und dienen dem Erhalt des persönlichen Vermögens und Lebensstandards. Die Richter sahen keine Verletzung der durch das Bundesverfassungsgericht in 2008 geforderten unbeschränkten Berücksichtigung von Beiträgen zur sozialhilfegleichen Kranken- und Pflegeversicherung. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Diese ist inzwischen anhängig.

Wann wird erneuter Verpflegungsmehraufwand gewährt?

Wann wird erneuter Verpflegungsmehraufwand gewährt?

Kernaussage
Verpflegungsmehraufwendungen können nur für die ersten 3 Monate einer Auswärtstätigkeit geltend gemacht werden. Wird eine Auswärtstätigkeit weniger als 4 Wochen unterbrochen, führt die Unterbrechung nicht zum Beginn eines weiteren Dreimonatszeitraums.

Sachverhalt
Ein Unternehmensberater war über mehrere Monate hinweg in einer anderen Stadt für einen Kunden tätig und hielt sich dort regelmäßig 2 bis 4 Tage pro Woche, mit einer einmaligen Unterbrechung von 2 Wochen, auf. An diesen Tagen übernachtete er in einem Hotel. Der Unternehmensberater verbrachte die Wochenenden zuhause und verreiste an den restlichen Tagen zu anderen Kunden oder arbeitete im Büro in seinem Heimatort. Die Beratungszeiten wurden jeweils kurzfristig vereinbart. Der Kläger wurde hierzu immer wieder neu beauftragt. In seiner Steuererklärung machte der Kläger Verpflegungsmehraufwendungen für einen Zeitraum geltend, der über drei Monate hinausging. Dies begründete er damit, dass er sich aufgrund der Unterbrechung nicht ununterbrochen dort aufgehalten habe und die Begrenzung auf die ersten drei Monate einer Auswärtstätigkeit nur im Rahmen von fortlaufenden Vollzeittätigkeiten Anwendung finde. Der Einspruch gegen seinen Einkommensteuerbescheid sowie das anschließende Finanzgerichtsverfahren blieben erfolglos. Letztinstanzlich entschied nun der Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
Die Münchener Richter entschieden, dass die Begrenzung auf die ersten drei Monate der Auswärtstätigkeit Anwendung finde, da der Kläger längerfristig vorübergehend an derselben Tätigkeitsstätte aktiv werde. Das Gesetz stelle zudem nicht auf einen ununterbrochenem Aufenthalt ab. Ein erneuter Dreimonatszeitraum komme nur in Betracht, wenn sich der Steuerpflichtige mehr als 4 Wochen nicht an der auswärtigen Arbeitsstätte aufhalte. Dies war im entschiedenen Fall nicht gegeben. Weiterhin wird auch nicht unterschieden, ob die Beauftragung insgesamt vorweg oder kurzfristig erfolgt, da es allein auf die gleichbleibende Tätigkeit, hier Beratungsleistung, ankommt.

Konsequenz
Ein erneuter Verpflegungsmehraufwand kann nicht geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige sich ohne Unterbrechung von mindestens 4 Wochen an derselben Tätigkeitsstätte aufhält. Dienstreisen zu anderen Kunden oder Aufenthalte im heimischen Büro führen nicht zum Beginn einer erneuten Dreimonatsfrist. Unerheblich ist darüber hinaus, ob die Aufträge auf einander folgend sind oder insgesamt vorweg vergeben werden. Das Urteil entspricht der ab dem Jahr 2014 anwendbaren Neuregelung des Reisekostenrechts.

Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung?

Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung?

Kernaussage
Die durch Ehescheidungsverfahren entstandenen Prozesskosten sind, soweit sie unmittelbar und unvermeidbar durch die prozessuale Durchführung des Eheverfahrens entstanden sind, als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Die übrigen mit der Scheidung zusammenhängenden Kosten sind hingegen nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

Sachverhalt
Der Kläger machte in seinen Einkommensteuererklärungen 2006 und 2007 Kosten für ein Ehescheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung geltend. Hierbei handelte es sich neben den Kosten für die Ehescheidung auch um Rechnungen für den Kindes- und Trennungsunterhalt, den Prozesskosten- und Gerichtskostenvorschuss, das Gerichtsverfahren sowie den Zugewinn; bei diesen Sachverhalten war der Kläger anwaltlich beraten worden. Das Finanzamt beurteilte allerdings nur die unmittelbaren und unvermeidbaren Kosten des Scheidungsprozesses – Kosten für Scheidung und Versorgungsausgleich – als zwangsläufig und erkannte dementsprechend nur diese Kosten als an.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage hinsichtlich der Anerkennung der übrigen Kosten als außergewöhnliche Belastung ab. Nach dem Einkommensteuergesetz wird die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl vergleichbarer Steuerpflichtiger (Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Familienstand) erwachsen. Aufwendungen sind dann zwangsläufig, wenn sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entzogen werden kann. Des Weiteren müssen die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sein und dürfen einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind bei Aufwendungen anlässlich einer Ehescheidung die mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängenden Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten für Scheidung und Versorgungsausgleich) unabhängig von der Schuldfrage als zwangsläufig anzusehen. Alle weiteren mit der Scheidung zusammenhängenden Kosten (vermögensrechtliche Regelungen, Ehegatten- /Kindesunterhalt, Umgangs- und Sorgerecht) sind nicht zwangsläufig, da sich die damit zusammenhängenden Sachverhalte auch ohne Mitwirkung des Gerichts klären lassen.

Konsequenz
Einzig die zwangsweise entstehenden Ehescheidungskosten sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Für alle darüberhinausgehenden Kosten ist aus steuerlicher Sicht zu raten, dass eine außergerichtliche Einigung erzielt werden sollte.

Die Toilette eines Betriebsprüfers ist kein Arbeitszimmer

Die Toilette eines Betriebsprüfers ist kein Arbeitszimmer

Kernproblem
Wenn es um die Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers geht, gilt es mit Begriffen wie dem „qualitativen und quantitativen Mittelpunkt der Tätigkeit“ umzugehen. Die Finanzgerichte beschäftigen sich mit dem entsprechenden Berufsbild und beurteilen am Ende, wo die für den ausgeübten Beruf wesentlichen und prägenden Handlungen vorgenommen werden. Wenn man beruflich mit Menschen zu tun hat und diese nun mal nicht zu Hause trifft, dann ist das meistens woanders. Das gilt selbst dann, wenn im Arbeitszimmer die meiste Zeit verbracht wird. Alle Professoren, Dozenten und Handelsvertreter können ein Lied davon singen. Wenn man glaubt, jeden Fall irgendwie schon mal gehört zu haben, gibt es jedoch Entscheidungen, die einen aufhorchen lassen. So schrieb das Finanzgericht Baden-Württemberg in einer Pressemitteilung: „Toilette kein Arbeitszimmer“. Was war geschehen?

Sachverhalt
Einem Betriebsprüfer stand ein Arbeitsplatz im Finanzamt zur Verfügung. Sein Dienstherr gestattete ihm die Möglichkeit der zeitweiligen Dienstverrichtung zu Hause. Hierfür renovierte der Prüfer seine Privatwohnung und richtete sich ein häusliches Arbeitszimmer ein. In seinem Steuerbescheid wurde zunächst ein eingeschränkter Abzug von 1.250 EUR gewährt. Im Einspruchsverfahren beantragte er den vollen Kostenansatz, weil er die meisten seiner Prüfungshandlungen im Arbeitszimmer durchführe. Aber nicht nur das: Die Verrichtung seiner Notdurft im Gäste-WC sollte nach dem von ihm geführten Toilettentagebuch zu 73,58 % beruflich veranlasst sein, denn er nutze die Toilette ca. 9 bis 10 mal täglich, davon 8 bis 9 mal beruflich. Folglich sollten auch die Renovierungskosten der Toilette in dem Verhältnis abzugsfähig sein. Das Finanzamt strich ihm jedoch auch den eingeschränkten Abzug, weil ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand.

Entscheidung
Weder ein Toilettentagebuch noch Argumente wie „für die Nutzung einer im Betriebsvermögen befindlichen Toilette würde auch kein Eigenverbrauch angesetzt“ oder der Vergleich mit Hotelübernachtungen bei doppelter Haushaltsführung ohne Kürzung für eine private Toilettennutzung halfen weiter. Die Begründung des rechtskräftigen Urteils ist wieder Standard: Prägend seien die Handlungen im Außendienst, selbst wenn der Fachprüfer für geschlossene Immobilienfonds die meiste Zeit im Arbeitszimmer verbringe. Das gelte dann „erst recht“ für die Toilette, denn bei dieser handele es sich nicht um einen betriebsstättenähnlichen Raum, sondern ein privates Gäste-WC, das auch während der Dienstzeit genutzt würde. Hierdurch bestehe jedoch kein besonderer beruflicher Zusammenhang.

Konsequenz
Die Entscheidung wundert nicht, wird dem Betriebsprüfer jedoch nicht gefallen.