Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Abtretungsanzeige ist unwirksam bei fehlenden Angaben zum Grund

Abtretungsanzeige ist unwirksam bei fehlenden Angaben zum Grund

Kernaussage

Der amtliche Vordruck zur Abtretungsanzeige von Steuererstattungsansprüchen ist irreführend. In der Rubrik „Grund der Abtretung/Verpfändung“ besteht lediglich die Auswahl zwischen „Sicherungsabtretung“ oder „Freizeile“. Fälschlicherweise entsteht der Eindruck, dass bei Ankreuzen des Feldes „Sicherungsabtretung“ keine weiteren Angaben erforderlich sind. Das ist jedoch unrichtig und die Abtretungsanzeige ist unwirksam.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, deren Geschäftszweck u. a. mit der Übernahme von Forderungen, Rechten und Sicherungsgütern zum Zwecke der Verwertung umschrieben ist. Im Jahr 2006 ging beim beklagten Finanzamt eine Abtretungsanzeige auf amtlichem Vordruck ein, wonach der Klägerin ein Teilbetrag aus den Umsatzsteuererstattungsansprüchen einer anderen GmbH abgetreten sein sollte. Unter „Grund der Abtretung“ wurde das Feld „Sicherungsabtretung“ angekreuzt. Weitere Angaben zum Grund wurden nicht gemacht. Auf den Antrag der Klägerin auf Auszahlung des Erstattungsbetrags erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid und stellte fest, dass die Klägerin keinen Anspruch habe. Die Abtretung sei nichtig, denn zum geschäftsmäßigen
Erwerb und Einziehung abgetretener Steuererstattungsansprüche seien nur Unternehmen befugt, die Bankgeschäfte betreiben dürften. Die Klage über die Wirksamkeit der Abtretung blieb erfolglos.

Entscheidung

Die Abtretung von Steuererstattungsansprüchen hat durch formalisierte Abtretungsanzeige gegenüber dem Finanzamt unter Angabe des Grundes zu erfolgen. Durch diesen Hinweis soll dem Finanzamt die Prüfung ermöglicht werden, ob es sich bei der Abtretung um einen geschäftsmäßigen Erwerb handelt, was grundsätzlich unzulässig ist. Fehlen diese Angaben, leidet die Abtretungsanzeige unter einem Formmangel und ist unwirksam. Sofern das Feld „Sicherungsabtretung“ auf dem Formular angekreuzt wurde, ist dies nicht ausreichend. Die Wirksamkeit der Abtretung kann auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben hergeleitet
werden. Zwar erweckt die Gestaltung des amtlichen Vordruckes den Eindruck, dass durch Ankreuzen des Feldes „Sicherungsabtretung“ die erforderlichen Angaben zum Abtretungsgrund gemacht sind, dieser Irrtum ist aufgrund bereits ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechung indes vermeidbar.

Konsequenz

Mit der vorliegenden Entscheidung ist die Finanzverwaltung aufgefordert, den amtlichen Vordruck in entsprechender Weise zu ändern und klarzustellen, dass unabhängig von einer Sicherungsabtretung stets Angaben zum Abtretungsgrund zu machen sind.

Neues zum Differenzhaftungsanspruch bei der Aktiengesellschaft

Neues zum Differenzhaftungsanspruch bei der Aktiengesellschaft

Kernaussage

Mit der so genannten Differenzhaftung wird die im Gesellschaftsrecht angeordnete Haftung eines Gesellschafters auf die Differenz zwischen dem Wert seiner Sacheinlage und der zu erbringenden Stammeinlage bezeichnet. Auch im Aktienrecht gilt: Erreicht die Sacheinlage nicht den Wert des Ausgabebetrags, hat der Aktionär die Differenz in Geld zu leisten (Differenzhaftung). Dazu entschied der Bundesgerichtshof kürzlich, dass ein Vergleich über den Differenzanspruch grundsätzlich zulässig ist und nicht der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf. Bei Aufrechnung der (Differenz-)Einlageforderung muss die Gegenforderung des Aktionärs vollwertig, fällig und liquide sein.

Sachverhalt

Im Jahr 1999 hatte die Babcock AG (Schuldnerin) eine Sachkapitalerhöhung durchgeführt. Die damalige Preussag AG (heute TUI und Beklagte) übernahm die Aktien gegen Einbringung von Geschäftsanteilen zweier Tochtergesellschaften sowie Aktien an der Preussag Werft (HDW). Die Schuldnerin verpflichtete sich zudem, später weitere Aktien an der HDW zu kaufen. Die Schuldnerin konnte dieser Kaufverpflichtung nicht nachkommen, weil in den eingebrachten Tochtergesellschaften Verluste aufgelaufen waren. In einer Vereinbarung von 2000 verpflichtete sich die Beklagte, der Schuldnerin einen Ertragszuschuss zum Erwerb der HDW Aktien von rund 170 Mio. EUR zu gewähren. Die Schuldnerin erklärte, aus dem Transaktionsvertrag von 1999 keine Ansprüche mehr geltend zu machen. In einer weiteren Vereinbarung sollte die Zahlungsverpflichtung durch Verrechnung mit dem Ertragszuschuss als erfüllt anzusehen sein. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Babcock AG. Er nimmt die Beklagte auf Differenzhaftung in Höhe von 170 Mio. EUR in Anspruch. Die hiergegen gerichtete Klage wurde von den Unterinstanzen abgewiesen. Der Bundesgerichtshof verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.

Entscheidung

Sofern die eingebrachten Anteile und Aktien nicht den Wert der Sacheinlage erreichen, können die Aktiengesellschaft und der Aktionär ohne Zustimmung der Hauptversammlung einen Vergleich über diesen Differenzhaftungsanspruch schließen. Der Vergleich ist zulässig, wenn eine tatsächliche oder rechtliche Ungewissheit über den Bestand oder Umfang des Anspruchs besteht. Zu beachten ist aber die Fortwirkung der Verpflichtung zur Leistung der Einlage und das aktienrechtliche Verbot der Aufrechnung gegen die Einlageforderung. Nur wenn die Gegenforderung des Aktionärs vollwertig, fällig und liquide ist, kann wirksam aufgerechnet werden. Das hat das Berufungsgericht noch zu prüfen.

Konsequenz

Bislang war umstritten, ob sich Aktionär und Gesellschaft überhaupt bei Differenzhaftungsansprüchen vergleichen dürfen. Nach dieser Entscheidung dürfte sich die Sachkapitalerhöhung als Alternative zur Barleistung anbieten, so dass sich die Chancen für Unternehmenssanierungen erhöht haben.

Wer die gleiche Leistung mehrfach abrechnet schuldet Umsatzsteuer

Wer die gleiche Leistung mehrfach abrechnet schuldet Umsatzsteuer

Kernaussage

Wer Umsatzsteuer unberechtigt oder unzutreffend abrechnet, schuldet die zu viel ausgewiesene Umsatzsteuer. Dem Leistungsempfänger steht aus solchen Rechnungen kein Vorsteuerabzug zu. Ein weit verbreitetes Problem in der Praxis ist hier die mehrfache Abrechnung ein und derselben Leistung.

Neue Verwaltungsanweisung

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. weist auf die typischen Fallkonstellationen hin, die für Fehler anfällig sind. Dies sind insbesondere die Erteilung von Gesamtabrechnungen sowie die Abrechnung von Fahrausweisen. Bei der Erstellung von Gesamtabrechnungen wird häufig übersehen, dass schon Abschlags- bzw. Vorauszahlungsrechnungen mit Ausweis von Umsatzsteuer existieren. Werden diese dann nicht korrekt in der Gesamtabrechnung abgesetzt, schuldet der Unternehmer die zusätzlich ausgewiesene Umsatzsteuer. In der Praxis tritt dieser Fehler z. B. bei Einzel- und Monatsabrechnungen von Kurierdiensten, Tankstellen und zahntechnischen Laboren auf. Des Weiteren sind Abschlags- und Schlussrechnungen von Bauunternehmen, vorläufige und endgültige Rechnungen von Autovermietern sowie Monats- und Jahresabrechnungen über Leasingraten betroffen. Reisebüros müssen beachten, dass Fahrausweise häufig selbst zum Vorsteuerabzug berechtigen. Rechnen die Reisebüros diese Fahrausweise nun ab und stellen dann nochmals Umsatzsteuer in Rechnung, ergibt sich ebenfalls zusätzliche Umsatzsteuer.

Konsequenz

Das Problem ist seit langem bekannt, dennoch tritt es in der Praxis immer wieder auf; sehr zur Freude der Betriebsprüfer. Dabei ist die Lösung des Problems relativ einfach. Zur korrekten Ausgestaltung von Gesamtabrechnungen bietet der Umwandlungssteueranwendungserlass (UStAE)  zahlreiche Beispiele, wie zu verfahren ist. Betroffene Unternehmer sollten prüfen, ob ihre Rechnungen den dortigen Vorgaben entsprechen. Reisebüros können dem doppelten Ausweis der Umsatzsteuer entgehen, in dem sie Bruttorechnungen ohne Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung stellen, sofern die Fahrausweise schon zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Arbeitgeberseitiger Druck zum Krankenkassenwechsel ist unzulässig

Arbeitgeberseitiger Druck zum Krankenkassenwechsel ist unzulässig

Rechtslage

Klinikbetreiber versuchen gelegentlich, Krankenkassen, insbesondere diejenigen, die hohe Anteile an der Bettenbelegung in der Klinik haben, zu begünstigen. Das Landgericht Frankfurt/Oder und das Oberlandesgericht Brandenburg hatten sich nunmehr mit einem Fall zu beschäftigen, in der ein Klinikbetreiber seine Angestellten zur Krankenversicherung in einer bestimmten Krankenkasse gedrängt hatte.

Sachverhalt

Der Klinikbetreiber hatte einem befristet beschäftigten Arbeitnehmer bereits im Vorstellungsgespräch mitgeteilt, es sei Einstellungsvoraussetzung, dass der Arbeitnehmer zu einer anderen Krankenkasse wechsele, nämlich zu derjenigen, die den größten Anteil an der Bettenbelegung in der Klinik habe. Der Arbeitnehmer wechselte zu dieser Krankenkasse, widerrief seinen Wechsel daraufhin aber wieder. Nachdem dies bekannt wurde, verlängerte man sein befristetes Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf den Widerruf seines Krankenkassenwechsels nicht. Ob ein arbeitsgerichtliches Verfahren durchgeführt wurde, ist unbekannt. Als der Sachverhalt publik wurde, verklagte aber ein Wettbewerbsverband die Klinik wegen eines Wettbewerbsverstoßes.

Entscheidung

Das Landgericht gab dem Wettbewerbsverband Recht und verurteilte die Klinik auf Unterlassung. Die hiergegen gerichtete Berufung wurde nach der mündlichen Verhandlung wegen offenbarer Aussichtslosigkeit zurückgenommen. Das Verhalten der Klinik stellte eine Wettbewerbsverletzung dar, denn Arbeitgebern ist es untersagt, sachwidrig auf die freie Krankenkassenwahl ihrer Arbeitnehmer Einfluss zu nehmen. Dies gilt selbst dann, wenn die Klinik angeblich keine Kenntnis von diesem Verhalten in Person der Personalverantwortlichen gehabt haben sollte; denn das Verhalten dieser Personen wird der Klinik zugerechnet.

Konsequenz

Arbeitgeber dürfen auf die freie Krankenkassenwahl ihrer Arbeitnehmer keinen Einfluss nehmen. Eine Einflussnahme stellt einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar. Im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis wird der konkret betroffene Arbeitnehmer wegen seines befristeten Arbeitsverhältnisses wohl kaum Chancen auf einen Anspruch gegen den Arbeitgeber haben. Eine Kündigung wegen des Widerrufs des Krankenkassenwechsels wäre aber unzulässig gewesen.

Stromsteuererlaubnis geht nicht durch Verschmelzung über

Stromsteuererlaubnis geht nicht durch Verschmelzung über

Kernaussage

Bei einer Verschmelzung zweier Gesellschaften wird das gesamten Vermögen eines Rechtsträgers (inkl. aller Rechte und Pflichten) auf einen anderen schon bestehenden oder neu gegründeten Rechtsträger übertragen. Der übertragende Rechtsträger wird dadurch ohne Liquidation aufgelöst. In diesem Zusammenhang entschied der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell, dass eine der übertragenden Gesellschaft erteilte stromsteuerrechtliche Erlaubnis zur Stromentnahme zum ermäßigten Steuersatz mit der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erlischt. Die Erlaubnis geht deshalb nicht auf den übernehmenden Rechtsträger über, weil sie eine personenbezogene öffentlich-rechtliche Rechtsposition ist, bei der es auf die Zuverlässigkeit des Unternehmens und auf die Zuordnung des Unternehmens zum produzierenden Gewerbe ankommt.

Sachverhalt

Das beklagte Hauptzollamt hatte einer GmbH im Jahr 1999 eine Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom erteilt. Im Jahr 2008 wurde die GmbH als übertragende Gesellschaft mit der klagenden offenen Handelsgesellschaft (oHG) verschmolzen. Die Verschmelzung wurde im September 2008 im Handelsregister eingetragen. Für den Zeitraum bis zum 31.12.2008 entnahm die oHG aufgrund der Erlaubnis der auf sie verschmolzenen GmbH Strom zum ermäßigten Steuersatz. Mit Wirkung zum 1.1.2009 erteilte das Hauptzollamt der oHG eine entsprechende Erlaubnis, zumal der Betrieb der GmbH von der Klägerin an derselben Betriebsstätte wie bisher fortgesetzt wurde. Ferner setzte das Hauptzollamt einen Nacherhebungsbescheid für den Differenzbetrag zwischen dem Regelsteuersatz und dem ermäßigten Steuersatz für den vorangegangenen Zeitraum ab Wirksamkeit der Verschmelzung fest. Hiergegen richtet sich die Klage, die jedoch keinen Erfolg hatte.

Entscheidung

Der BFH bestätigt, dass die der GmbH erteilte Erlaubnis nicht auf die oHG übergegangen ist, sondern mit Eintragung der Verschmelzung ebenso wie die GmbH selbst, erloschen ist. Die stromsteuerliche Erlaubnis ist damit keine öffentlich-rechtliche Rechtsposition die im Rahmen des Umwandlungsrechts mit übergeht, denn die Erfüllung der Kriterien der steuerlichen Zuverlässigkeit sowie der Zugehörigkeit des Unternehmens zum produzierenden Gewerbe kann nach der Verschmelzung nicht einfach unterstellt werden. Auch juristische Personen können derartige höchstpersönliche Rechtsbeziehungen haben.

Konsequenz

Die Entscheidung ist für alle Fälle der nicht identitätswahrenden Umwandlung in Bezug auf persönliche Berechtigungen von Bedeutung. Häufig sind Genehmigungen nämlich an die Zuverlässigkeit des Berechtigten geknüpft. Ein Übergang von Erlaubnissen des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger ist somit im Einzelfall zu prüfen. Neuanträge für den aufnehmenden Rechtsträger sind zeitnah zu stellen.

Veröffentlichung des neuen Umwandlungssteuererlasses

Veröffentlichung des neuen Umwandlungssteuererlasses

Einleitung

Durch das sog. SEStEG vom 7.12.2006 wurde das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) neu gefasst. Ziel des neuen UmwStG war u. a. die europarechtskonforme Ausgestaltung, die insbesondere durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs auch auf Umwandlungen innerhalb der EU erreicht werden sollte. Nachdem die Finanzverwaltung Anfang Mai 2011 nach langer Wartezeit ihre Auffassung zum neuen UmwStG im Entwurf des neuen Umwandlungssteuererlasses (UmwStE) dargelegt hat, einigten sich Bund und Länder am 11.11.2011 über den endgültigen Inhalt des neuen Erlasses. Die wichtigsten Punkte und Änderungen gegenüber der Entwurfsfassung werden im Folgenden kurz dargestellt.

Begriff des Teilbetriebs

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung war ein Teilbetrieb ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich alleine lebensfähig ist (nationales Teilbetriebsverständnis). Zukünftig soll sich der Teilbetrieb aber ausschließlich nach dem europäischen Teilbetriebsbegriff, wie er in der Fusionsrichtlinie definiert wird, bestimmen.

Umfang des Teilbetriebs

Ging man bislang davon aus, dass einem Teilbetrieb nur die funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen zugeordnet werden müssen, sind nach dem neuen UmwStE einem Teilbetrieb daneben auch diejenigen Wirtschaftsgüter, die mit dem Teilbetrieb wirtschaftlich zusammenhängen, zuzuordnen. Diese Verschärfung dürfte in der Praxis für erhebliche Schwierigkeiten sorgen.

Zeitpunkt des Vorliegens eines Teilbetriebs

Nach geänderter Auffassung der Finanzverwaltung müssen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Teilbetriebs bereits am steuerlichen Übertragungsstichtag gegeben sein. Entgegen des bisherigen Verständnisses, wonach die Voraussetzungen erst im Zeitpunkt des Umwandlungs- oder Einbringungsbeschlusses vorliegen mussten, können somit im steuerlichen Rückwirkungszeitraum keine (letzten) organisatorischen, personellen oder sonstige Maßnahmen mehr getroffen werden, um den Anforderungen eines Teilbetriebs zu genügen. Ein Teilbetrieb
im Aufbau ist nach Auffassung der Finanzverwaltung somit nicht mehr ausreichend.

Übergangsregelungen

Das geänderte Verständnis der Finanzverwaltung zu Begriff, Umfang und Zeitpunkt des Vorliegens eines Teilbetriebs stellt eine erhebliche Verschärfung gegenüber dem alten UmwStE dar. Hier wurde daher eine Übergangsregelung geschaffen: Bei Umwandlungsbeschlüssen und Einbringungsverträgen, die bis zum 31.12.2011 getroffen bzw. geschlossen wurden, soll es ausreichend sein, wenn dem bisherigen Verständnis an die Teilbetriebsanforderungen entsprochen wird.

Gemeinsam genutzte wesentliche Betriebsgrundlagen

Wird eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage von mehreren Teilbetrieben gleichzeitig
genutzt, steht dies nach Auffassung der Finanzverwaltung einer steuerneutralen (Auf- oder Ab-
)Spaltung entgegen. Eine Ausnahme gilt lediglich für Grundstücke, wenn diese zivilrechtlich bis
zum Spaltungsbeschluss real aufgeteilt werden. Im Einzelfall soll bei Grundstücken aus Billigkeitsgründen
auch eine ideelle Teilung im Wege des Bruchteilseigentums ausreichend sein.
Stellt in der Praxis eine gemeinsam genutzte wesentliche Betriebsgrundlage ein Spaltungshindernis
dar, so bietet sich aus gestalterischer Sicht die Einbringung als Alternative zur Spaltung
an. Im Gegensatz zur (Ab-)Spaltung stellt die Einbringung nämlich keine Voraussetzungen an
die steuerliche Qualifikation des zurückbleibenden Vermögens.

Mitunternehmer-Anteile sind keine wesentliche Betriebsgrundlage

Nach erheblicher Kritik seitens der Verbände und des Schrifttums hat die Finanzverwaltung
ihre im Mai-Entwurf vertretene Auffassung, wonach auch Mitunternehmer-Anteile wesentliche
Betriebsgrundlage eines Teilbetriebs sein können und folglich für eine Buchwertfortführung
zwingend mitzuübertragen sind, aufgegeben. Wie bereits nach altem Verständnis sind Mitunternehmer-
Anteile auch zukünftig unter keinen Umständen als wesentliche Betriebsgrundlage
zu qualifizieren.

Antrag auf Buchwert- oder Zwischenwertansatz

Sofern die entsprechenden Voraussetzungen für einen Buch- oder Zwischenwertansatz vorliegen,
kann dieser nach dem Gesetzeswortlaut nur auf Antrag gewährt werden. Nach Auffassung
der Finanzverwaltung ist zusätzlich zu diesem Antrag das Aufstellen einer steuerlichen
Schlussbilanz zwingend erforderlich. Diese Schlussbilanz ist dabei nicht mit einer „normalen“
steuerlichen Jahresbilanz gleichzusetzen. Eine solche Gleichstellung kann nur dann gelingen,
wenn ausdrücklich erklärt wird, dass die reguläre Jahressteuerbilanz der steuerlichen Schlussbilanz
entsprechen soll. Eine solche Erklärung könne sodann auch als konkludent gestellter
Antrag auf Buchwertansatz gesehen werden. Übergangsregelung: Für Altfälle verzichtet die
Finanzverwaltung auf die gesonderte Abgabe einer steuerlichen Schlussbilanz, wenn zum Einen
bis zum 31.12.2011 ein unwiderruflicher Antrag auf Buchwertfortführung gestellt und zum
Anderen eine steuerliche Jahresbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag bis zum
31.12.2011 eingereicht wurde und diese der steuerlichen Schlussbilanz entspricht.

Einbringung in Personengesellschaft

Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhof vertritt die Finanzverwaltung die (für den Steuerpflichtigen
günstige) Ansicht, dass auch die 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft
als Teilbetrieb qualifiziert und somit aus einem Betriebsvermögen steuerneutral in eine Personengesellschaft
eingebracht werden kann.

Verschmelzungen auf und Einbringung in Organgesellschaften

Nach Auffassung der Finanzverwaltung im finalen UmwStE können nunmehr Umwandlungen
auf bzw. Einbringungen in Organgesellschaften zu Buchwerten erfolgen, wenn das dem Organträger
zugerechnete Einkommen der Körperschaftsteuer unterliegt. Soweit das zugerechnete
Einkommen indes letztendlich der Besteuerung mit Einkommensteuer unterliegt, will die Finanzverwaltung
die Buchwertfortführung nur aus Billigkeitsgründen und nur dann gewähren,
wenn ein entsprechender Antrag aller an der Umwandlung Beteiligten gestellt wird.

Fazit

Der finale UmwStE enthält zwar im Vergleich zur Mai-Fassung noch etliche Änderungen, bleibt
jedoch weit hinter den zahlreichen Verbesserungsvorschlägen seitens der Verbände und des
Schrifttums zurück. Die erheblichen Verschärfungen gegenüber dem alten UmwStE aus dem
Jahr 1998 sind zukünftig zwingend zu beachten, insbesondere da die von der Finanzverwaltung
zum Teil gewährten Übergangsregelungen nur für Umwandlungsbeschlüsse und Einbringungsverträge
gelten, die bis zum 31.12.2011 erfolgten bzw. geschlossen wurden.

Zweifelsfragen zur Übertragung und Überführung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 EStG

Zweifelsfragen zur Übertragung und Überführung von Wirtschaftsgütern nach
§ 6 Abs. 5 EStG

Kernaussage

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zu einigen Zweifelsfragen im Bereich der Übertragung und Überführung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen Stellung genommen.

Sachverhalt

Werden Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens in das Privatvermögen im Wege der Entnahme überführt, so erfolgt dies zum Teilwert. Der Teilwert ist derjenige Wert, den ein potentieller Erwerber für das einzelne Wirtschaftsgut zahlen würde. Damit werden grundsätzlich die stillen Reserven aufgedeckt. Der Steuerpflichtige oder die Personengesellschaft erzielt einen steuerbaren Gewinn in Höhe der Differenz zwischen Teilwert und Buchwert des Wirtschaftsgutes.
Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme, die es dem (Mit-)Unternehmer ermöglichen soll, einzelne Wirtschaftgüter von einem (Sonder-)Betriebsvermögen in ein anderes (Sonder-) Betriebsvermögen steuerneutral zu überführen. Die Voraussetzungen dieser Regelung sind seit langem strittig diskutiert worden.

Entscheidung

Nun hat das BMF mit Schreiben vom 8.12.2011 zu Zweifelsfragen der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern
Stellung genommen. So hat sich das BMF zum Beispiel zu der Frage geäußert, ob man Wirtschaftsgüter aus einem Gesamthandsvermögen in ein anderes Gesamthandsvermögen übertragen kann. Die Möglichkeit der steuerneutralen Übertragung hat das BMF ausdrücklich verneint. Weiterhin hat das BMF sich zu der Unentgeltlichkeit einer
Übertragung geäußert. Wird ein Wirtschaftsgut in ein Gesamthandsvermögen übertragen, so kann dies nur dann steuerneutral erfolgen, wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Eine andere Gegenleistung ist schädlich. Hierzu stellt das BMF klar, dass die zeitgleiche Übernahme von Verbindlichkeiten Entgelt darstellt. Diese Aussage bedarf bei der Übertragung von Grundstücken besonderer Beachtung. Häufig wird man die Darlehensverbindlichkeiten, die zur Anschaffung der Immobilie begründet wurden,
mit übertragen wollen. Dies ist ausdrücklich schädlich.

Konsequenz

Das Schreiben des BMF gewährt hinsichtlich einiger Zweifelsfragen Rechtssicherheit. Soweit die offenen Fragen nämlich durch dieses Schreiben beantwortet werden, wird sich die Finanzverwaltung an diesen Antworten festhalten lassen (müssen). Andere Fragen sind demgegenüber offen geblieben. In jedem Fall empfiehlt sich die Zuziehung eines steuerlichen Beraters.

Revidiertes Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz in Kraft

Revidiertes Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz in Kraft

Grundlagen

Am 27.10.2010 wurde das revidierte Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland
und der Schweiz (DBA-Schweiz) unterschrieben. Das unterzeichnete DBA richtete sich dabei
nach dem OECD-Standard und änderte das bereits seit 1971 bestehende DBA in wesentlichen
Punkten. Der zu seinem Inkrafttreten notwendige Austausch der Ratifikationsurkunden erfolgte
jedoch erst am 21.12.2011. Entgegen des ursprünglichen Zeitplans findet somit ein Teil der
Neuregelungen erst mit Wirkung ab dem 1.1.2012 Anwendung. Die wesentlichen Änderungen
des revidierten DBA lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Quellensteuererleichterungen für Dividenden

Ein Quellensteuerabzug auf Dividenden hat zukünftig bereits zu unterbleiben, wenn die im
anderen Land ansässige beteiligte Gesellschaft für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens
12 Monaten unmittelbar mindestens 10 % (zuvor: 20 %) der Anteile besitzt. Die Erleichterung
gilt für sämtliche Dividenden, die am oder nach dem 1.1.2011 fällig werden.

Schiedsklausel

Beide Staaten haben sich auf die Einführung einer Schiedsklausel als Ergänzung bzw. Erweiterung
zum Verständigungsverfahren geeinigt. Das Schiedsverfahren wird unter bestimmten
Voraussetzungen durchgeführt, wenn sich die zuständen Behörden im Fall einer abkommenswidrigen
Situation nicht im Rahmen eines Verständigungsverfahren einigen konnten.

Große Auskunftsklausel

Wesentliche Änderung des revidierten DBA ist die Vereinbarung einer sogenannten großen
Auskunftsklausel. Nach der kleinen Auskunftsklausel können nur Auskünfte erbeten oder
übermittelt werden, die zur Durchführung des DBA selbst notwendig sind. Demgegenüber sieht
die große Auskunftsklausel die Übermittlung aller Auskünfte vor, die zur Anwendung des DBA
oder des innerstaatlichen Rechts eines Vertragsstaats über die unter das Abkommen fallenden
Steuern erforderlich sind. Auskünfte können z. B. über die Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen
oder über Beweismittel, die zur steuerlichen Beurteilung erforderlich sind, angefordert
werden. Auskünfte zur Durchführung rein innerstaatlichen Rechts, wie beispielsweise Spontanauskünfte,
sind somit ebenfalls zulässig.

Konsequenz

Das nunmehr endgültig in Kraft getretene revidierte DBA ist streng zu trennen vom – auch in
der breiten Öffentlichkeit kontrovers diskutierten – Steuerabkommen zur Behandlung von Kapitalanlagen
deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz vom 21.9.2011. Dieses befindet sich
derzeit noch im Ratifizierungsprozess, wobei es unsicher erscheint, ob der Bundesrat seine
Zustimmung erteilen wird. Das Steuerabkommen, das am 1.1.2013 in Kraft treten soll, sieht
insbesondere eine Abgeltungsteuer auf zukünftige Erträge sowie eine Pauschalbesteuerung für
bislang nicht versteuerte Kapitalanlagen vor

Kündigung wegen HIV-Infektion ist nicht immer AGG-rechtswidrig

Kündigung wegen HIV-Infektion ist nicht immer AGG-rechtswidrig

Rechtslage

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gibt dem diskriminierend gekündigten Arbeitnehmer einen Entschädigungsanspruch gegenüber dem diskriminierenden Arbeitgeber. Ein Diskriminierungsmerkmal ist dabei eine Behinderung des Arbeitnehmers. Dabei gilt, dass schwere Krankheiten in der Regel mit einer Behinderung einher gehen, wobei im Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes hinzu kommt, dass keine Schwerbehinderung im „klassischen“ Sinn vorliegen muss. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte darüber zu entscheiden, ob die Kündigung eines HIV-infizierten Mitarbeiters diskriminierend erfolgt und einen Entschädigungsanspruch auslöst.

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war im sogenannten Reinbereich bei einem Pharmaunternehmen in der Medikamentenherstellung beschäftigt. Für diesen Arbeitsbereich galt die generelle Anweisung, dass kranke Arbeitnehmer dort nicht beschäftigt werden dürfen. Als der Arbeitgeber von der HIV-Infektion des Mitarbeiters erfuhr, kündigte er das (sich noch in der Probezeit befindende) Arbeitsverhältnis. Hiergegen richtete sich die Klage, mit der der Kläger hilfsweise auch eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geltend machte.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab dem Arbeitgeber Recht. Er habe im sogenannten Reinbereich den Einsatz erkrankter bzw. kranker Arbeitnehmer generell ausschließen dürfen. Davon sei auch die Entlassung des dauerhaft HIV-infizierten Klägers gedeckt gewesen. Vor diesem Hintergrund war die Kündigung zulässig. Ohne über die Frage, ob eine HIV-Infektion mit einer Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gleich zu setzen sei, zu entscheiden, wies das Gericht auch den Entschädigungsanspruch ab. Denn selbst wenn eine Ungleichbehandlung vorgelegen habe, sei das Verhalten des Arbeitgebers gerechtfertigt gewesen. Ungeachtet dessen ließ das Gericht die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu.

Konsequenz

Die Entscheidung erscheint für den Bereich der unmittelbaren Medikamentenherstellung gerechtfertigt; dort dürfte es keinen Unterschied machen, in welchem Grad ein Arbeitnehmer erkrankt ist. Alleine die Tatsache irgendeiner Erkrankung erscheint ausreichend, um die Reinheit der hergestellten Medikamente zu gefährden. Zu beobachten gilt es, ob das Bundesarbeitsgericht die Revision nutzt, um einerseits grundsätzlich zu entscheiden, ob eine HIV-Infektion eine Behinderung darstellt, und andererseits abgrenzt, ob es Arbeitsbereiche gibt, in denen besondere Regelungen per se zulässig sind.

EuGH verwirft Sofortbesteuerung stiller Reserven bei Sitzverlegung

EuGH verwirft Sofortbesteuerung stiller Reserven bei Sitzverlegung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im November 2011 eine erste Entscheidung zur
Wegzugsbesteuerung von Kapitalgesellschaften gefällt. Das Gericht nahm darin erstmals zur
europarechtlichen Beurteilung der sofortigen Besteuerung stiller Reserven im Fall der Entstrickung
von Betriebsvermögen Stellung.

Sachverhalt

Streitig war die Europarechtskonformität einer Regelung des niederländischen Steuerrechts,
die bei Wegzug einer niederländischen Kapitalgesellschaft eine Schlussbesteuerung anordnet.
Ähnliches sieht auch das deutsche Körperschaftsteuergesetz vor. Die niederländische Kapitalgesellschaft
in Firma „National Grid Indus B. V.“ war nach niederländischem Recht gegründet
worden und verlegte einige Jahre später ihren tatsächlichen Verwaltungssitz nach Großbritannien.
Nach dem geltenden Doppelbesteuerungsabkommen war sie damit in Großbritannien
ansässig. Da mit der „Sitzverlegung“ in den Niederlanden keine Gewinne mehr versteuert werden
mussten, erfolgte eine Schlussbesteuerung, bei der ein Währungsgewinn in Höhe von ca.
22 Mio. niederländische Gulden (NLG) besteuert wurde.

Entscheidung

Die Schlussbesteuerung verstößt nach Auffassung des EuGH gegen die Niederlassungsfreiheit.
Allerdings lässt sich dies vor dem Hintergrund einer sachgerechten Aufteilung des Besteuerungssubstrats
grundsätzlich rechtfertigen. Überzogen ist dagegen die sofortige Fälligkeit
der Steuer. Nach Ansicht des EuGH hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, ob er einer Sofortbesteuerung
zustimmen oder eine Nachverfolgung der stillen Reserven durch Abgabe einer
jährlichen Erklärung Folge leisten will. Der Fiskus des Wegzugslandes kann gegebenenfalls
eine Sicherheit (in Form einer Bankbürgschaft) sowie Stundungszinsen fordern (so zumindest
erste Stimmen aus der Finanzverwaltung). Er muss dagegen nicht – wie noch in den Schlussanträgen
der Generalanwältin zum Ausdruck kommend – nachträgliche Wertänderungen berücksichtigen,
weil sich dies durch die steuerliche Erfassung im Zuzugsland reguliert.

Konsequenz

In der Fachliteratur wird überwiegend vertreten, dass die deutschen Regelungen zur Entstrickung
durch die Entscheidung des EuGH europarechtswidrig geworden sind und nicht angewandt
werden können. Darüber hinaus werden Folgewirkungen bei den Vorschriften zur Funktionsverlagerung
erwartet. Vertreter der Finanzverwaltung sehen im Gegensatz dazu positive
Aspekte für die Verwaltung, der nunmehr die Einforderung von Sicherheiten und Zinsen eröffnet
werde.