Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Wie erhalten ausländische Unternehmer ihre Vorsteuer zurück?

Wie erhalten ausländische Unternehmer ihre Vorsteuer zurück?

Rechtslage

Im Inland ansässige Unternehmer sind zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet. Unternehmer, die im Ausland ansässig sind, können hingegen ggf. Vorsteuer in Deutschland im Rahmen des Vorsteuer-Vergütungsverfahren geltend machen. Dieses findet insbesondere dann Anwendung, wenn der im Ausland ansässige Unternehmer keine Umsätze in Deutschland erbringt bzw. nur solche, für die er die Umsatzsteuer nicht schuldet. Die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen entfällt dann. In der Praxis war jedoch streitig, wie zu verfahren ist, wenn Unternehmer nicht ganzjährig die Voraussetzungen für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren erfüllten und somit abschnittsweise auch zur Abgabe von Voranmeldungen (allgemeines Besteuerungsvefahren) verpflichtet waren.

Neue Verwaltungsanweisung

Durch eine Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) will das Bundesfinanzministerium (BMF) das vorgenannte Problem nun beseitigen. Demnach ist im Kalenderjahr nur noch ein Wechsel vom Vorsteuer-Vergütungsverfahren zum allgemeinen Besteuerungsverfahren möglich, umgekehrt jedoch nicht. Mit Wechsel zum allgemeinen Besteuerungsverfahren können Vorsteuerbeträge, die in vorherigen Voranmeldungszeiträumen entstanden sind und noch nicht im Rahmen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens deklariert wurden, nur noch im Rahmen der abzugebenden Voranmeldungen geltend gemacht werden. Fällt der Unternehmer im Laufe des Kalenderjahres unter das allgemeine Besteuerungsverfahren, so ist er zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung verpflichtet. In dieser sind Vorsteuerbeträge, die bereits im Rahmen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erstattet wurden, nicht zu berücksichtigen.

Konsequenzen

Die neue Sichtweise des BMF entspricht einem jüngsten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH). Danach besteht zwar kein Wahlrecht zwischen dem Vorsteuervergütungs- und dem allgemeinen Besteuerungsverfahren, es ist jedoch zulässig, Vorsteuerbeträge mit Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung geltend zu machen, die bisher nur im Rahmen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens erklärt werden konnten. Bedingung ist allerdings, dass der Unternehmer unterjährig unter das allgemeine Besteuerungsverfahren fällt. Unternehmer, die zu Beginn eines Kalenderjahres unter das Vorsteuer-Vergütungsverfahren fallen, jedoch schon absehen können, dass in diesem Jahr noch ein Wechsel zum allgemeinen Besteuerungsverfahren bevorsteht, sollten prüfen, ob es nicht praktikabler ist, auf das Vorsteuer-Vergütungsverfahren zu verzichten und die Vorsteuern in den später abzugebenden Voranmeldungen geltend zu machen.

 

Ermäßigter Steuersatz für Ticket-Eigenhändler

Ermäßigter Steuersatz für Ticket-Eigenhändler

Rechtslage

Kulturelle Einrichtungen, wie z. B. Theater und Museen, sind von der Umsatzsteuer befreit, wenn es sich um öffentliche Einrichtungen handelt. Gleiches gilt für andere Unternehmer, denen die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen. Greift die Steuerbefreiung nicht, so unterliegen die Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte, Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler dem ermäßigten Steuersatz (7 %).

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun klargestellt, dass dem ermäßigten Steuersatz auch die Umsätze von Ticket-Eigenhändlern aus dem Verkauf der begünstigten Eintrittsberechtigungen unterliegen. Ticket-Eigenhändler verkaufen Tickets im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Wird der Verkauf der Tickets hingegen vermittelt (Verkauf im fremden Namen und auf fremde Rechnung), so unterliegt die Vermittlungsprovision dem Regelsteuersatz (19 %).

Konsequenzen

Ticket-Händler müssen prüfen, ob ihre Abrechnungen der geänderten Verwaltungsauffassung entsprechen. Hierzu ist es erforderlich, korrekt zwischen Vermittlung und Eigenhandel zu differenzieren. In der Praxis bereitet diese Unterscheidung den Unternehmen häufig Probleme. Um hier zu einem richtigen Ergebnis zu gelangen, sind die der Abrechnung zugrunde liegenden Vereinbarungen bzw. Verträge zwingend in die Betrachtung einzubeziehen.

Umkehr der Steuerschuldnerschaft für Handys

Umkehr der Steuerschuldnerschaft für Handys

Einführung

Mit Wirkung vom 1.7.2011 wurde die Umkehr der Steuerschuldnerschaft auf die Lieferung von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen ausgeweitet. Dies gilt jedoch nur, wenn das Entgelt für die jeweilige Lieferung mindestens 5.000 EUR beträgt. Der Kauf eines Handys im Elektronikfachmarkt ist daher von der Neuregelung nicht betroffen.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zur Neuregelung Stellung genommen. Mobilfunkgeräte kennzeichnen sich demnach dadurch aus, dass sie Sprachübertragungen über Mobilfunknetze ermöglichen. Geräte, die lediglich Daten übertragen, fallen nicht unter die Regelung, dies sind z. B. Navigationsgeräte, MP3-Player, Spielekonsolen, On-Board-Units sowie Computer. Können Computer auch zu Sprachübertragungen genutzt werden, fallen sie hingegen unter die Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Bei integrierten Schaltkreisen handelt es sich nach Ansicht des BMF um „eine auf einem einzelnen (Halbleiter-)Substrat (sog. Chip) untergebrachte elektronische Schaltung (elektronische Bauelemente mit Verdrahtung)“. Hierzu gehören insbesondere Mikroprozessoren sowie CPUs. Die Lieferung integrierter Schaltkreise fällt nur dann unter die Neuregelung, wenn sie noch nicht in einem Endprodukt, z. B. Laptop, eingebaut wurden. Die Lieferung von Antennen, elektronischen Filtern, Induktivitäten, Kondensatoren sowie Sensoren, die integrierte Schaltkreise enthalten, ist ebenfalls nicht von der Neuregelung betroffen. Um festzustellen, ob die betragsmäßige Grenze von 5.000 EUR erreicht wird, ist auf die Bestellung, den Auftrag bzw. den Rahmenvertrag abzustellen. Nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben hierbei unberücksichtigt. Lautet die Bestellung z. B. über netto 40.000 EUR, ist der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer, auch wenn die Bestellung in 10 einzelnen Rechnungen über jeweils 4.000 EUR fakturiert wird.

Konsequenzen

Die Neuregelung soll dazu dienen, den Umsatzsteuerbetrug in den jeweiligen Branchen einzudämmen, verkompliziert aber das UStG weiter. Die betroffenen Unternehmen müssen sich mit dem Schreiben auseinandersetzen, um steuerlichen Risiken zu entgehen. Organisatorisch muss sichergestellt werden, dass die Vorgaben des BMF berücksichtigt werden. So muss z. B. den für die Prüfung der Eingangsrechnungen verantwortlichen Mitarbeitern bekannt sein, ob einzelne, die Grenze nicht erreichende Rechnungen Teil eines größeren Gesamtauftrages sind oder nicht.

Der Fiskus haftet, wenn er Unternehmen in die Insolvenz treibt

Der Fiskus haftet, wenn er Unternehmen in die Insolvenz treibt

Rechtslage

Aufgrund von massiven Steuerausfällen durch Umsatzsteuerbetrug sieht die Finanzverwaltung es nicht gerne, wenn insbesondere Existenzgründer hohe Vorsteuererstattungsansprüche geltend machen, ohne einen einzigen Umsatz zu erzielen. Die Finanzverwaltung reagiert hierauf regelmäßig mit Überprüfungen der Anmeldungen, ggf. der Verzögerung der Auszahlung der Erstattung und häufig mit der Nicht-Anerkennung der Unternehmereigenschaft des Betroffenen. Dies mag im Einzelfall durchaus berechtigt sein, kann aber auch den Ruin für den Unternehmer bedeuten.

Sachverhalt

Die Klägerin befasste sich mit der Herstellung eines neuen Baustoffes. Die hierzu erforderliche Produktionsanlage sollte eine nahestehende Gesellschaft errichten. Diese stellte der Klägerin im Jahr 1994 ca. 22 Mio. DM für geleistete Arbeiten in Rechnung, die diese wiederum in ihren Voranmeldungen berücksichtigte. Das Finanzamt leitete daraufhin eine Umsatzsteuersonderprüfung ein und versagte der Klägerin die Unternehmereigenschaft. Da u. a. die Kunden nicht bereit waren, Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis zu akzeptieren, konnte die Klägerin nach eigener Aussage trotz hohem Auftragsbestand keine Umsätze mehr erzielen und ging in die Insolvenz. Erst später, im Jahr 2000, erkannte das Finanzamt die Unternehmereigenschaft an und erstattete die Vorsteuer. Die Klägerin forderte nun Schadensersatz vom Land für verlorene Investitionen, entgangenen Gewinn sowie entstandene Beratungskosten in Höhe von 360 Mio. DM.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hält die Versagung der Unternehmereigenschaft nur für gerechtfertigt, falls das Finanzamt objektiv davon ausgehen konnte, dass die Klägerin die unternehmerische Betätigung nicht ernsthaft oder in Betrugsabsicht verfolgte. Lediglich die Tatsache, dass die Klägerin tatsächlich keine Umsätze erzielt hat, steht der Unternehmereigenschaft nicht entgegen. Da die Vorinstanz hierzu keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, verwies der BGH das Verfahren an diese zurück.

Konsequenzen

Für die Anerkennung der Unternehmereigenschaft in der Aufbauphase eines Unternehmens ist es ausreichend, dass objektiv die Absicht besteht, Umsätze zu erzielen. Dies gilt auch dann, wenn sich später herausstellt, dass tatsächlich keine Umsätze realisiert werden. Versagt die Finanzverwaltung dem Steuerpflichtigen in einem solchen Fall die Unternehmereigenschaft, so handelt sie rechtswidrig, dem Steuerpflichtigen steht dann Schadensersatz zu.

Geburtstagsfeiern mit Mitarbeitern/Geschäftspartnern in der Regel privat veranlasst

Kernproblem

Oftmals werden Bewirtungsaufwendungen im Zusammenhang mit persönlichen Ereignissen getätigt. Hierbei ist dann für die Zuordnung der Aufwendungen zum beruflichen oder privaten Bereich auch von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt und ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter, Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige handelt. Bei der Bewirtung von Kollegen im Zusammenhang mit Feiern für Abschied, Jubiläum, Weihnachten, Jahresabschluss oder Versetzung sieht der Bundesfinanzhof (BFH) durchaus einen betrieblichen Charakter. Bei einem runden Geburtstag aber hört die Feierlaune beim Finanzamt auf.

Sachverhalt

Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer Ingenieurgesellschaft wurde 60 Jahre alt und ließ sich nicht lumpen. So lud er mit einem netten Vers die Mitarbeiter des Unternehmens in ein Burghotel zu einer Feier ein: „Wird Mann wird Frau bald 60 Jahre – es gilt für alle Jubilare: den Runden feiert man ganz groß, denn Kneifen ist charakterlos. Und dazu ist es angeraten, recht viele Gäste einzuladen. So ist es gute alte Sitte, der schöne Ruf sonst etwas litte“. Zuletzt bat er die Kollegen im Schreiben auf dem Briefkopf des Unternehmens darum, ihn bei „diesem schweren Schritt“ zu unterstützen. Dem Aufruf folgten 117 Personen, davon 18 Geschäftspartner und lediglich 6 Verwandte. Die große Beliebtheit des Geschäftsführers färbte jedoch nicht auf das Finanzamt ab, denn dieses wollte die Rechnung von über 6.000 EUR nicht als Werbungskosten anerkennen. So ging es zum Finanzgericht. Ob es dort weiterhalf, dass im gleichen Jahr seine 35jährige Betriebszugehörigkeit dazukam?

Entscheidung

Das FG Münster nimmt u. a. den Einladungstext zum Anlass, eine private Veranlassung der Feier zu unterstellen. Denn hier fehlten ebenso Aussagen zur Betriebszugehörigkeit, wie auf der Gästeliste. Zudem wurde dem 60jährigen vorgehalten, in dem Einladungsschreiben persönlich (und nicht als Unternehmensvertreter) aufgetreten zu sein, Gästeliste und Inhalt der Einladung nicht mit den beiden anderen Geschäftsführern abgestimmt zu haben und die Veranstaltung nicht auf dem Betriebsgelände, sondern auf einer Burg (und dann noch mit überdurchschnittlich 55,43 EUR je Person) durchgeführt zu haben. Der Tatsache, dass außer 6 Verwandten nur Betriebsangehörige und Geschäftspartner an der Veranstaltung teilnahmen, wollte das FG nicht die gewünschte Bedeutung beimessen.

Konsequenz

Ob das Urteil angesichts des mittlerweile aufgeweichten Aufteilungsverbots noch stimmig ist, erscheint fragwürdig. Will man Streit vermeiden, bietet der Einladungstext erste Möglichkeiten für einen günstigeren Ausgang.

Kein zwangsläufiger Gestaltungsmissbrauch bei inkongruenter Gewinnausschüttung

Kein zwangsläufiger Gestaltungsmissbrauch bei inkongruenter Gewinnausschüttung

Kernaussage

Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liegt nicht zwangsläufig vor, wenn anlässlich einer unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft eine Gewinnausschüttung ausschließlich zugunsten des ausscheidenden Gesellschafters erfolgt.

Sachverhalt

Die Klägerin hielt eine Beteiligung von 40 % am Stammkapital einer GmbH. Im September 2000 übertrug sie ihren Geschäftsanteil unentgeltlich auf ihren Mitgesellschafter. In der gleichen notariellen Urkunde wurde eine Satzungsänderung dahingehend beschlossen, dass durch Beschluss eine von der Höhe der Beteiligungen abweichende Gewinnverteilung erfolgen kann. Sodann wurde ausgehend von einem in der Vergangenheit thesaurierten Gewinn der GmbH eine Gewinnausschüttung ausschließlich zugunsten der Klägerin in Höhe von 1,1 Mio. EUR beschlossen. Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der GmbH vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, es handele sich um eine inkongruente Gewinnausschüttung, die sich als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten darstelle. Die Anteilsübertragung sei eine entgeltliche Übertragung, so dass sich bei der Klägerin ein Veräußerungsgewinn realisiere. Die Klägerin meinte hingegen, dass unter wirtschaftlicher Betrachtung der auf sie entfallende Teil der offenen Rücklagen mit ausgeschüttet worden sei.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die GmbH hat an die Klägerin Gewinne ausgeschüttet, die von der Klägerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind. Ein Missbrauch von Gestaltungsmitteln liegt nur dann vor, wenn die gewählte Gestaltung nach den Wertungen des Gesetzgebers, die den jeweils maßgeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zu Grunde liegen, der Steuerumgehung dient, ansonsten aber nicht. Die im Streitfall gewählte Rechtsgestaltung war weder in ihren einzelnen Schritten noch insgesamt als unangemessen zu beurteilen. Die Gesellschafterversammlung hatte gesellschaftsrechtlich zulässig eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Gewinnausschüttung beschlossen. Die Ausschüttung erfolgte der Höhe nach entsprechend der Beteiligung an den thesaurierten Gewinnen der Vergangenheit, so dass die Ausschüttung allenfalls zeitlich inkongruent sein konnte.

Konsequenz

Jeder Steuerpflichtige hat das Recht, seine Angelegenheiten steueroptimal zu gestalten. Das Recht wird durch die Regelungen der Abgabenordnung (AO) und die weitgehende Auslegung der Finanzverwaltung erheblich eingeschränkt, so dass diese Entscheidung zu begrüßen ist. Aufgrund der anhängigen Revision bleibt nun die Entscheidung des Bundesfinanzhofs abzuwarten.

Ausschließungsbeschluss der Gesellschafter einer GmbH & Co. KG

Ausschließungsbeschluss der Gesellschafter einer GmbH & Co. KG

Kernaussage

Enthält der Gesellschaftsvertrag einer Kommanditgesellschaft (KG) eine Klausel, wonach ein Gesellschafter ausscheidet, wenn die übrigen Gesellschafter aus wichtigem Grund sein Ausscheiden durch schriftliche Erklärung verlangen, so ist das „Ausscheidungsverlangen“ lediglich die Umsetzung des erforderlichen Beschlusses der Gesellschafter.

Sachverhalt

Der Kläger und die Beklagten waren Kommanditisten einer GmbH & Co. KG. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Ausschließungsbeschlusses. Nach dem Gesellschaftsvertrag schied ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, „wenn er den übrigen Gesellschaftern Anlass gibt, nach § 133 HGB die Auflösung der Gesellschaft und nach § 140 HGB seine Ausschließung zu verlangen, und wenn die übrigen Gesellschafter deshalb durch schriftliche Erklärung ihm gegenüber sein Ausscheiden verlangen…“. Darüber hinaus enthielt der Gesellschaftsvertrag eine Klausel, wonach Gesellschafterbeschlüsse nur binnen 2 Monaten durch Klage beim zuständigen Gericht angefochten werden konnten. Der Fristbeginn war mit Kenntnisnahme des Beschlusses bestimmt. In einer Gesellschafterversammlung vom 31.3.2000 wurde der Ausschluss des Klägers beschlossen. Die hiergegen gerichtete Klage wurde vergleichsweise beendet. Die Gesellschaft erklärte später wegen arglistiger Täuschung die Anfechtung des Vergleichs. Diese Anfechtung war wirksam. Mit der am 27.12.2006 eingegangenen Klage hat der Kläger erneut beantragt, die Nichtigkeit des Anfechtungsbeschlusses festzustellen. Das Landgericht und das Oberlandesgericht gaben dem Kläger Recht.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof wies die Klage schließlich ab. Rechtsfehlerhaft hatten die Vorgerichte festgestellt, dass die zweimonatige Klagefrist nicht einzuhalten sei, weil der Gesellschaftsvertrag einen Ausschließungsbeschluss nicht vorsehe. Ein Ausschließungsverlangen der Mitgesellschafter setzt aber notwendigerweise eine Meinungsbildung voraus. Die Einigkeit der Gesellschafter wird im Beschlusswege erzielt. Das Ausscheidungsverlangen ist demgegenüber nur die Mitteilung über den Beschlussinhalt. Die damit geltende zweimonatige Klagefrist hatte der Kläger offensichtlich versäumt.

Konsequenz

Das Klageerfordernis zur Ausschließung eines Gesellschafters einer GmbH & Co. KG kann durch eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Regelung erleichtert oder auch erschwert werden. Insbesondere die Ausschließungsgründe und das Verfahren der Ausschließung werden häufig abweichend zu regeln sein.

Zur Betriebsaufspaltung zwischen Mehrheitsaktionär und AG

Zur Betriebsaufspaltung zwischen Mehrheitsaktionär und AG

Rechtslage

Bei der Betriebsaufspaltung handelt es sich um ein steuerliches Rechtsinstitut, das von der Rechtsprechung geschaffen wurde. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung ist hierzu nicht existent. Eine Betriebsaufspaltung entsteht, wenn unter wirtschaftlicher Betrachtung ein einheitliches Unternehmen in mindestens 2 rechtlich selbstständige Einheiten unterteilt wird, wobei diese sachlich und personell verflochten sind. Eine personelle Verflechtung ist auch im Verhältnis zwischen einer (börsennotierten) Aktiengesellschaft (AG) und ihrem Mehrheitsgesellschafter grundsätzlich zu bejahen.

Sachverhalt

Der Kläger ist zu 71,18 % am Grundkapital einer börsennotierten AG beteiligt. Seit Sommer 2000 verhandelte er mit der AG über die Anmietung von Räumlichkeiten, die in seinem Eigentum stehen. Nach entsprechender Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat wurde der Mietvertrag zum 1.11.2001 unterzeichnet. In der Folgezeit erklärte der Kläger aus der Grundstücksvermietung negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Anschluss an eine bei dem Kläger durchgeführte Außenprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, zwischen dem Kläger und der AG bestünde eine Betriebsaufspaltung. Das Finanzamt setzte daraufhin entsprechende Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) wies auch die Revision als unbegründet zurück. Die Vermietung von Wirtschaftsgütern an ein Unternehmen wird als gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das vermietende Besitzunternehmen mit dem mietenden Betriebsunternehmen sachlich und personell verflochten ist. Dies ist dann der Fall, wenn diejenige Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch über die Stimmmehrheit bei der Betriebsgesellschaft verfügt. Die Grundsätze gelten in gleicher Weise für Betriebsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH wie der AG. Die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind verfassungsgemäß. Vorliegend kann der Kläger als Mehrheitsaktionär mittelbar über die personelle Besetzung des Vorstandes und damit über die Grundlinien der Geschäftspolitik der AG entscheiden. Dies reicht für die Feststellung der personellen Verflechtung auch dann aus, wenn man hieran „strenge Anforderungen“ stellt.

Konsequenz

Die Entscheidung steht im Einklang mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die zwischenzeitlichen Änderungen im Aktiengesetz haben diese Grundsätze nicht überholt. Denn die Regelungen über die Befugnis der Hauptversammlung, die Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, sowie die Befugnis des Aufsichtsrats, die Vorstandsmitglieder zu bestellen und abzuberufen, waren nicht Gegenstand durchgreifender gesetzlicher Änderungen.

Verlagerung von privaten Darlehen in den steuerlichen Bereich

Verlagerung von privaten Darlehen in den steuerlichen Bereich

Kernaussage

Werden private Darlehen in eine Gesellschaft eingebracht, ist dieser Vorgang das zivilrechtlich zulässig und möglich. Wird allerdings vorrangig das Ziel verfolgt, private Aufwendungen in den steuerlich relevanten Bereich zu verlagern, liegt steuerrechtlich ein Rechtsmissbrauch im Sinne der Vorschriften der Abgabenordnung (AO) vor.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der der Ehemann mit 10 % und die Ehefrau mit 90 % beteiligt sind. Zweck der Gesellschaft ist die Fremdvermietung eines Mehrfamilienhauses, das der Ehemann zusammen mit den darauf lastenden Grundschulden und Hypotheken durch Einbringungsvertrag auf die neu gegründete Klägerin übertragen hat. Daneben wurden 2 Darlehen eingebracht, die zur Finanzierung der selbst genutzten Immobilie aufgenommen wurden. Das beklagte Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Übernahme von privat veranlassten Darlehen im Zusammenhang mit der Übertragung von Grundbesitz auf die Klägerin nicht zu Anschaffungskosten führt. Ferner seien die hieraus berechnete höhere Absetzungen für Abnutzungen (AfA) sowie damit zusammenhängende Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht abzugsfähig.

Entscheidung

Dieser Auffassung folgte das Finanzgericht Münster und wies die Klage ab. Die streitigen Darlehen standen ursprünglich nicht mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Zusammenhang. Erst durch die Einbringung in die klagende GbR war diese verpflichtet, die Darlehen zu bedienen. Gleichwohl konnten die Aufwendungen steuerlich nicht berücksichtigt werden, da die Einbringung einen Gestaltungsmissbrauch darstellte, denn die offensichtliche Überführung von privat veranlassten Aufwendungen in die GbR diente nur dem Zweck, private Aufwendungen in einen steuerlichen Bereich zu verlagern. Die Übernahme der im Zusammenhang mit dem (weiterhin) privaten Einfamilienhaus stehenden privaten Darlehen durch die Klägerin ear steuerlich somit nicht anzuerkennen.

Konsequenz

Der Bundesfinanzhof hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision angenommen. Sofern bei Gründung einer vermögensverwaltenden GbR durch Ehegatten die Übernahme von privat veranlassten Darlehen steuerlich durch das Finanzamt nicht anerkannt wurde und entsprechend die AfA und die Werbungskosten um die Schuldzinsen gekürzt wurden, sollte gegen offene Bescheide mit Verweis auf das Aktenzeichen des anhängigen Revisionsverfahrens Einspruch eingelegt werden.

Essgewohnheiten verhindern ermäßigten Steuersatz für Pferde

Essgewohnheiten verhindern ermäßigten Steuersatz für Pferde

Kernaussage

Die Lieferung von Pferden unterliegt nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) dem ermäßigten Steuersatz. Verantwortlich hierfür ist die Anlage 2 zum UStG, die Pferde als begünstigt ausweist. Hierzu zählen auch reinrassige Zuchttiere, nicht jedoch Wildpferde. Fraglich war, ob das UStG damit der Intention der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU (MwStSystRL) entspricht, nur die Lieferung von Tieren zu begünstigen, die üblicherweise als Nahrungsmittel verarbeitet werden. Diese Frage wurde nun vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden.

Sachverhalt

Die Kommission der europäischen Gemeinschaften hatte gegen die Bundesrepublik Deutschland geklagt und die Feststellung begehrt, dass Deutschland durch die Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Lieferung, Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Pferden, die üblicherweise nicht für die Nahrungs- und Futtermittelzubereitung verwendet werden, gegen europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie verstoßen hatte.

Entscheidung

Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass nur die Lieferungen von Tieren, die gewöhnlich und allgemein dem Verzehr dienen, grundsätzlich dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Dies gilt z. B. für Schweine, Rinder etc.. Für die Lieferung von Pferden kommt der ermäßigte Steuersatz nur zum Tragen, wenn die Lieferung erfolgt, um diese zwecks Produktion von Nahrungs- bzw. Futtermitteln zu schlachten.

Konsequenz

Die generelle Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Lieferung von Pferden verstößt gegen das Gemeinschaftsrecht. Würden wir mehr Pferde essen, statt auf ihnen zu reiten, wäre das Urteil anders ausgefallen. Es ist zu erwarten, dass das UStG nun angepasst wird. Für Tierarten, die nicht üblicherweise verzehrt werden, wird dann wohl immer im Einzelfall zu prüfen sein, ob deren Lieferung dazu dient, sie Teil der Nahrungskette werden zu lassen. Dies gilt z. B. auch für Brieftauben. Generell, d. h. ohne Prüfung, ist der ermäßigte Steuersatz anwendbar für Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen.