Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Verluste aus Liebhaberei bei einer GmbH sind verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Verluste aus Liebhaberei bei einer GmbH sind verdeckte Gewinnausschüttung (vGA)

Kernproblem

Die Frage, ob die von einem Steuerpflichtigen erzielten Verluste steuerlich anzuerkennen sind oder ob sie dem steuerlich irrelevanten (Privat-)Bereich der Liebhaberei zuzuordnen sind, ist immer wieder Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren. Dies kann auch Prüfgegenstand bei einer GmbH sein. Erzielt nämlich eine Kapitalgesellschaft auf Dauer Verluste, so kann hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an ihre Gesellschafter vorliegen, wenn und soweit die von der Gesellschaft getätigten Geschäfte im privaten Interesse der Gesellschafter liegen.

Sachverhalt

Klägerin war eine GmbH, an der 2 Gesellschafter zu je 50 % beteiligt waren. Kerngeschäft der Gesellschaft waren Dienstleistungen im Bereich des Beförderungsverkehrs. Daneben betrieb sie seit 1996/1997 die Zucht und den Vertrieb von Fleischrindern. Vor Aufnahme der Rinderzucht hatten die beiden Gesellschafter bereits eine private Pferdehaltung betrieben. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung der Jahre 1997-2003, die Verluste der Rinderzucht jeweils im 5-stelligen Bereich feststellte, gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass die Rinderzucht einen steuerlichen „Liebhabereibetrieb“ darstelle und somit die Verluste als vGA zu behandeln seien. Die GmbH erhob hiergegen Klage und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Der Antrag wurde vom Finanzgericht abgelehnt; die Revision wurde nicht zugelassen.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide. Vielmehr sei die Tatsache, dass die GmbH außerhalb ihres Kerngeschäfts Verluste aus einer Rinderzucht über einen geschlossenen Zeitraum von 11 Jahre erzielte, ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Gesellschaft die Rinderzucht nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Gesellschafter unterhalte. Die Prüfung, ob die Gesellschaft im Eigen- oder Gesellschafterinteresse handele, sei dabei grundsätzlich nach denjenigen Regeln zu beurteilen, die bei natürlichen Personen und Personengesellschaften für die Abgrenzung der auf Einkunftserzielung gerichteten Tätigkeit von der steuerlich unbeachtlichen „Liebhaberei“ gelten würden.

Konsequenzen

Der Beschluss ist zwar nur im Aussetzungsverfahren ergangen, so dass eine abschließende Beurteilung der rechtlichen und tatsächlichen Zweifelsfragen nicht erfolgte. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass das Gericht im Hauptsacheverfahren zu einer anderen Entscheidung gelangen wird. Dem „Vorwurf“ der Liebhaberei kann sich der Steuerpflichtige wohl nur noch entziehen, wenn er eine überzeugende und belastbare Prognose zum Erzielen eines Totalgewinns darlegen kann.

Rückstellungen für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Rückstellungen für Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen

Kernaussage

Im Jahr 2002 stellte der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals fest, dass Rückstellungen für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen handels- sowie steuerrechtlich grundsätzlich zu bilden sind. Die Berechnung dieser Rückstellung eröffnete in der Vergangenheit allerdings unter anderem wegen individueller Aufbewahrungsfristen (6 oder 10 Jahre) für unterschiedliche Arten von Geschäftsunterlagen und divergierender Meinungen über die korrekte Berechnung einen gewissen Interpretationsspielraum.

Sachverhalt

Der Kläger ist Betreiber einer Apotheke; er erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen bildete er im Jahresabschluss des Streitjahres 2003 eine Rückstellung von 10.700 EUR. Er hatte dafür die jährlich entstehenden Kosten für die Aufbewahrung von 1.070 EUR mit 10 multipliziert. Er nahm als Aufbewahrungsfrist für alle Unterlagen 10 Jahre an; zudem berücksichtigte er durch den Faktor 10 den Umstand, dass sein Archiv zwar jährlich durch Aussonderung von bereits mehr als 10 Jahre alter Unterlagen entlastet werde, dieser frei werdende Stauraum aber auch gleichzeitig mit neuen Unterlagen aufgefüllt würde. Das Finanzamt folgte dieser Berechnung nicht. Der Kläger unterlag schließlich vor dem BFH.

Entscheidung

Der BFH stellte klar, dass lediglich die am Bilanzstichtag bereits entstandenen Unterlagen für die Berechnung der Aufbewahrungsrückstellung berücksichtigungsfähig sind. Dabei ist, ausgehend von einer Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren für alle Geschäftsunterlagen, der vereinfachende Ansatz der Finanzverwaltung, d. h. die Annahme einer durchschnittlichen Restaufbewahrungsdauer von 5,5 Jahren, nicht zu beanstanden. Diese ermittelt sich aus dem Durchschnitt der Restaufbewahrungsdauer aller am Bilanzstichtag bereits vorhandenen Unterlagen ([10+1]:2 = 5,5).

Konsequenz

Die Entscheidung des BFH schränkt den Interpretationsspielraum für die Berechnung der Aufbewahrungsrückstellung bezüglich der Berücksichtigung in Zukunft entstehender Unterlagen ein. Damit schafft er Rechtssicherheit für die Bilanzierenden, die ihre Rückstellung mit Hilfe der vereinfachenden Formel der Finanzverwaltung ermitteln. Dass im vorliegenden Fall entschieden wurde, dass noch nicht verursachte Kosten bei der Berechnung der Rückstellung nicht zu berücksichtigen sind, war zu erwarten. Angesichts des in aller Regel lediglich steuerstundenden Effekts dieser Rückstellung im Jahr ihrer Bildung ist eine möglichst einfache, von der Finanzverwaltung akzeptierte Ermittlungsmethode zu begrüßen.

Anspruch aus Darlehensvertrag zählt zur Insolvenzmasse

Anspruch aus Darlehensvertrag zählt zur Insolvenzmasse

Kernaussage

Der Anspruch des Insolvenzschuldners aus einem Darlehensvertrag mit der Zweckbindung, den Kreditbetrag einem bestimmten Gläubiger zuzuwenden, gehört grundsätzlich zur Insolvenzmasse. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied nun, dass dies auch dann gilt, wenn der Kredit nicht unmittelbar an den Begünstigten ausgezahlt wird, sondern die Valuta zunächst auf das Fremdgeldkonto eines von Schuldner und Darlehensgeber gemeinsam beauftragten Rechtsanwalts überwiesen und von dort an den Begünstigten weitergeleitet wird.

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin. Im Juni 2003 stellte der Beklagte, gestützt auf Steuerforderungen in Höhe von rd. 71.000 EUR, einen ersten Insolvenzantrag gegen die Schuldnerin. Daraufhin beauftragte diese einen Rechtsanwalt, mit ihren Gläubigern zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens über eine einverständliche Schuldenbereinigung zu verhandeln. Im Rahmen dieses Auftrages vereinbarte der Rechtsanwalt namens der Schuldnerin mit dem Beklagten, dass bei sofortiger Zahlung eines Teilbetrages von 30.000 EUR auf die offene Steuerschuld der Insolvenzantrag zurückgenommen werde. Weil die Schuldnerin nicht zur Aufbringung dieses Teilbetrags in der Lage war, überwies ihr Lebensgefährte entsprechend der zunächst mündlich, später schriftlich getroffenen Vereinbarung das Geld auf ein Fremdgeldkonto des beauftragten Rechtsanwalts zur Weiterleitung an den Beklagten. Dieser erklärte nach Erhalt des Geldes im September 2003 den Insolvenzantrag für erledigt. Im Oktober 2004 stellte der Beklagte wegen Abgabenrückständen in Höhe von rd. 115.000 EUR erneut Insolvenzantrag. Im Mai 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger focht die Zahlung an den Beklagten wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung (§ 133 Abs. 1 InsO) an. Nach Erfolglosigkeit der Klage in den Unterinstanzen wies der BGH die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurück.

Entscheidung

Nach den Vorschriften der Insolvenzordnung (§ 129 Abs. 1 InsO) setzt jede Anfechtung eine Rechtshandlung voraus, die die späteren Insolvenzgläubiger benachteiligt. Eine solche objektive Gläubigerbenachteiligung tritt ein, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten. Dies kann geschehen durch eine Verringerung des Aktivvermögens oder eine Vermehrung der Passiva. Hier wurde das Aktivvermögen der Schuldnerin durch die Zahlung an den Beklagten gläubigerbenachteiligend verkürzt. Die nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung (§ 143 Abs. 1 InsO) zurückzugewährenden Werte müssen nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen. Anfechtbar können vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt. Für den Dritten muss hierbei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt hat. Um eine derartige mittelbare Zuwendung handelt es sich auch hier. Die Schuldnerin hatte gegen den Lebensgefährten zwar keinen Anspruch auf Abschluss des Darlehensvertrages. Die mittelbare Zuwendung konnte aber nur infolge und nach Einräumung des von der Schuldnerin erbetenen Kredits bewirkt werden. Dieser unmittelbar aus dem Vermögen des Lebensgefährten herrührende Zahlungsfluss ist deshalb der Schuldnerin zuzurechnen. So hat auch der Beklagte die über das Fremdgeldkonto des eingeschalteten Rechtsanwalts erfolgte Zahlung des Lebensgefährten als Leistung der Schuldnerin in Erfüllung der im Ratenzahlungsvergleich vereinbarten Bedingungen verstanden. Auch der Anspruch eines (Insolvenz-)Schuldners aus einem Darlehensvertrag mit der Zweckbindung, den Kreditbetrag einer bestimmten Person zuzuwenden, gehört zur Insolvenzmasse. Das gilt auch bei einer nicht unmittelbaren Auszahlung – aber späteren Weiterleitung – an den Begünstigten.

Konsequenz

Wäre die Zahlung des Mittlers nicht anfechtbar, wäre ein Schuldner regelmäßig in der Lage, eigene Vermögenswerte einem Einzelgläubiger unanfechtbar zu übertragen. Er müsste lediglich eine Zwischenperson einschaltet, für die von dieser zu erbringende Leistung als Zweckbindung die Befriedigung des von ihm ausgewählten Gläubigers vereinbaren und die Auszahlung über ein Fremdgeldkonto eines von Schuldner und Zahlungsmittler beauftragten Dritten vornehmen lassen. Damit könnte die Durchsetzung von Rückgewähransprüchen, wie sie durch die Anfechtungsvorschriften begründet sind, weitgehend unterlaufen werden.

Stempelaufdruck dokumentiert nicht ausreichend die Vertretung der GbR

Stempelaufdruck dokumentiert nicht ausreichend die Vertretung der GbR

Kernaussage

Wenn ein unterzeichnender Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auch für die übrigen vertretungsberechtigten Gesellschafter handeln will, muss dies zur Wahrung der Schriftform eines Vertrages stets deutlich werden. Selbst wenn durch einen Stempelzusatz offensichtlich ist, dass durch die Unterschrift eines einzelnen Gesellschafters die GbR verpflichtet werden soll, reicht dies nicht aus.

Sachverhalt

Die Parteien stritten um die wirksame Beendigung eines Mietvertrages mit fester Laufzeit. Den Mietvertrag hatte für die klagende Mieterin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit dem Namen „R-GbR“, einer der Gesellschafter unterzeichnet. Über seiner Unterschrift befand sich ein Firmenstempel mit dem Aufdruck „R-GbR“. Unstreitig waren die GbR-Gesellschafter gemeinsam vertretungsberechtigt. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis vorzeitig; sie meinte, dazu berechtigt zu sein, weil der Mietvertrag nicht die erforderliche Schriftform einhielt. Die Unwirksamkeit folge aus dem unzureichenden Vertreterzusatz bei der Unterschrift des Gesellschafters unter dem Mietvertrag. Die Klage auf Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses hatte Erfolg.

Entscheidung

Die Kündigung des Mietverhältnisses war wirksam. Die Schriftform des Mietvertrages war nicht gewahrt, weil der Unterschrift des Gesellschafters nicht entnommen werden konnte, dass er den Vertrag auch für weitere Gesellschafter der klagenden GbR mitunterzeichnet hatte. Zwar war aufgrund des Stempelaufdrucks zweifellos erkennbar, dass der Gesellschafter jedenfalls nicht für sich, sondern für die GbR handelte. Jedoch hätte die Unterschrift deutlich zum Ausdruck bringen müssen, dass sie auch in Vertretung der nicht unterzeichnenden Vertragsparteien geleistet wurde, weil der unterschreibende Gesellschafter nur als Teil der gemeinsam zur Vertretung berechtigten Gesellschafterrunde gehandelt hatte. Auch der Stempelaufdruck dokumentierte nicht ausreichend zuverlässig eine Vertretung der übrigen Gesellschafter.

Konsequenz

Um den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu genügen, sollte bei einem Mietvertrag mit Personenmehrheiten immer erkennbar sein, ob ein unterzeichnender Gesellschafter nur für sich oder auch als Vertreter der anderen handelt. Dies geschieht regelmäßig durch den Vermerk „i. V.“ und dient dem Zweck, auszuschließen, dass vorgesehen war, auch die restlichen Gesellschafter sollten den Vertrag mitunterschreiben.

Amt des Datenschutzbeauftragten kann nicht ohne Weiteres an Externe vergeben werden

Amt des Datenschutzbeauftragten kann nicht ohne Weiteres an Externe vergeben werden

Kernaussage

Grundsätzlich kann die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechender Anwendung der gesetzlichen Vorschriften (§ 626 BGB, § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG) aus wichtigem Grund widerrufen werden. Allerdings stellen weder die Entscheidung des Arbeitgebers, zukünftig die Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen, noch die Mitgliedschaft im Betriebsrat, einen wichtigen Grund für den Widerruf dar.

Sachverhalt

Die Klägerin ist seit 1981 bei den Beklagten, einem Mutterunternehmen und deren Tochtergesellschaft, beschäftigt. 1992 wurde sie zu deren Datenschutzbeauftragten berufen. Seit 1994 ist die Klägerin auch Mitglied des Betriebsrates des beklagten Mutterunternehmens. 2008 beschlossen die Beklagten, die Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz zukünftig konzernweit einheitlich durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen und widerriefen die Bestellung der Klägerin. Das beklagte Mutterunternehmen sprach zudem gegenüber der Klägerin eine Teilkündigung dieser Aufgabe aus. Gegen diese Maßnahmen richtete sich die Klage. Die Klägerin war zuletzt auch vor dem Bundesarbeitsgericht erfolgreich.

Entscheidung

Die Bestellung der Klägerin zur Datenschutzbeauftragten war nicht wirksam widerrufen worden. Die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes in Verbindung mit den zivilrechtlichen Bestimmungen (§ 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG; § 626 BGB) gewähren dem Beauftragten einen besonderen Abberufungsschutz. Damit sollen dessen Unabhängigkeit und die weisungsfreie Ausübung des Amtes gestärkt werden. Eine Abberufung ist nur aus wichtigem Grund möglich, wenn eine Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Zwar ist der Arbeitgeber bei der erstmaligen Bestellung frei, ob er einen internen oder externen Beauftragten für den Datenschutz bestellt. Hat er aber einen Internen bestellt, kann er dessen Bestellung nicht allein mit der Begründung widerrufen, er wolle nunmehr einen Externen konzernweit mit der Aufgabe betrauen. Allein in einer solchen Organisationsentscheidung liegt kein wichtiger Grund. Auch die Mitgliedschaft im Betriebsrat rechtfertigt es nicht, die Zuverlässigkeit eines Datenschutzbeauftragten in Frage zu stellen, wenn nicht zusätzliche konkrete Pflichtverstöße geltend gemacht werden.

Konsequenz

Die Entscheidung eines Arbeitgebers hinsichtlich einer konzernweiten einheitlichen Fremdvergabe des Amtes des Datenschutzbeauftragten stellt keinen wichtigen Grund für die Abberufung des mit dem Amt betrauten Mitarbeiters dar. Hinzutreten müssen weitere wichtige Gründe wie z. B. verhaltens- oder tätigkeitsbezogene Pflichtverstöße.

Haftung von Treugebern einer Kommanditgesellschaft

Haftung von Treugebern einer Kommanditgesellschaft

Kernaussage

Der Insolvenzverwalter verschiedener insolventer Falk-Fonds kann die Treugeberkommanditisten aus abgetretenem Recht auf Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen in Anspruch nehmen, soweit die gezahlten Einlagen den Anlegern zurückgezahlt wurden. Zwar trifft die gesetzliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der Gesellschaft in Höhe seiner Einlage unmittelbar nur die Treuhänderin. Diese kann von den Anlegern jedoch verlangen, von der Haftung freigestellt zu werden.

Sachverhalt

Der Kläger ist Insolvenzverwalter mehrerer Fonds der Immobilienfondsgruppe Falk in der Form einer Kommanditgesellschaft. Die Beklagten der 8 Parallelverfahren waren über eine von der Treuhandkommanditistin zu verwaltende Einlage wirtschaftlich an der KG beteiligt. Gemäß dem Treuhandvertrag hatten die Treugeber die Treuhänderin entsprechend ihrem Anteil an der Kommanditbeteiligung von einer persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft freizustellen. Die Beklagten erhielten jährliche Ausschüttungen von 5 % ihrer über die Treuhänderin geleisteten Einlagen, obwohl die Fonds teilweise von Anfang an Verluste erwirtschafteten bzw. größtenteils nicht durch Gewinne gedeckt waren. Der Kläger nimmt die Beklagten aus abgetretenem Recht unter dem Gesichtspunkt der Kommanditistenhaftung (§§ 171, 172 Abs. 4 HGB) auf Rückzahlung der Ausschüttungen in Anspruch.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab den Klagen (überwiegend) statt. Der BGH hat zwar seine Ansicht bestätigt, dass die gesetzliche Haftung des Kommanditisten für Schulden der Gesellschaft in Höhe der Einlage unmittelbar nur die Treuhänderin trifft. Diese kann jedoch verlangen, dass die Anleger sie von der Haftung freistellen. Mit der Abtretung wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, so dass die beklagten Anleger dem Kläger die Ausschüttungen zurückzuzahlen haben, bis die Rückgewähr ihrer Kommanditeinlagen wieder ausgeglichen ist. Eine solche Abtretung verstößt weder gegen ein gesetzliches noch vertragliches Abtretungsverbot.

Konsequenz

Anleger können sich nicht mit dem Argument vor der Inanspruchnahme schützen, dass alle Zahlungen über eine Treuhandkommanditistin gelaufen sind und sie nur zu dieser in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis stehen. Der Freistellungsanspruch begründet nämlich die Haftung der Anleger. Die mit diesen Urteilen geklärten Rechtsfragen können generelle Auswirkungen auf die zukünftige Gestaltung von Immobilienfonds haben.

Ausschließung eines Gesellschafters aus einer oHG oder KG

Ausschließung eines Gesellschafters aus einer oHG oder KG

Rechtslage

Verstehen sich die Gesellschafter untereinander nicht mehr, stellt sich schnell die Frage nach möglichen Trennungsalternativen: wie kann ein missliebiger Gesellschafter aus einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) oder Kommanditgesellschaft (KG) ausgeschlossen werden, ohne gleich die Gesellschaft auszulösen?

Ausschließungsklage

Wird ein Gesellschafter durch Beschluss aus der Gesellschaft ausgeschlossen (§ 131 Abs. 3 Nr. 6 HGB), scheidet er aus der Gesellschaft aus. Ist der Betroffene mit dem Ausschluss nicht einverstanden, bleibt den übrigen Gesellschaftern nur die Möglichkeit, eine Ausschließungsklage zu erheben (§ 140 HGB). Dies setzt einen wichtigen Grund in der Person des auszuschließenden Gesellschafters voraus, d. h. den anderen Gesellschaftern muss die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem betroffenen Gesellschafter unzumutbar sein. Hier ist eine Prognose der zukünftigen Entwicklung erforderlich; es muss Wiederholungsgefahr bestehen. Nach dem Gesetz (§ 133 HGB) ist ein solcher Grund insbesondere vorhanden, wenn der Gesellschafter eine ihm obliegende wesentliche Pflicht vorsätzlich oder groß fahrlässig verletzt oder aber ihm die Erfüllung einer solchen unmöglich wird. Ein wichtiger Grund kann z. B. vorliegen, wenn der Gesellschafter gegen das Wettbewerbsverbot verstößt, Gelder veruntreut, unberechtigt Forderungen der Gesellschaft eingezogen oder deren Ruf gegenüber der Hausbank geschädigt hat. Ein Verschulden ist hierbei nicht notwendig.

Regelung des Ausschlusses im Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag kann das gesetzlich vorgesehene Ausschließungsverfahren abändern und z. B. durch ein Beschlussverfahren ersetzen. Auch das Merkmal des wichtigen Grundes kann abweichend festgelegt werden. Die gesellschaftsvertragliche Regelung muss jedoch tatsächliche Gründe nennen; eine willkürliche Ausschlussmöglichkeit wäre wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Vor der Beschlussfassung ist dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren; wegen des Grundsatzes des Verbots des Richters in eigener Sache steht ihm kein Stimmrecht zu. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses kann der ausgeschlossene Gesellschafter nur durch Feststellungsklage überprüfen lassen.

Folgen des Ausschlusses

Der Ausschluss eines Gesellschafters kommt nur in Betracht, wenn weniger einschneidende Mittel (wie z. B. Stimmrechtsentzug, Einsetzen eines Treuhänders) keinen Erfolg versprechen. Die Folge des Ausschlusses besteht darin, dass die Gesellschaft – im Unterschied zur GbR – im Übrigen fortbesteht. Bei einer 2-Personen-Gesellschaft erlischt diese zwar beim Ausscheiden eines Gesellschafters. Das Handelsgeschäft übernimmt jedoch der Verbleibende und führt es fort.

Bürgermeister muss Beiratsvergütung von Privatunternehmen abliefern

Bürgermeister muss Beiratsvergütung von Privatunternehmen abliefern

Kernaussage

Das Bundesverwaltungsgericht entschied aktuell, dass ein Bürgermeister, der im Regionalbeirat eine Aktiengesellschaft seine Gemeinde als Aktionärin vertritt, seine gesonderte Vergütung für die Beiratstätigkeit abführen muss. Er erfüllt nämlich mit der Vertretung eine dienstliche Aufgabe seines Hauptamtes.

Sachverhalt

Der Kläger ist hauptamtlicher Bürgermeister der Beklagten, einer Stadt in Nordrhein-Westfalen. Diese ist an der RWE AG zu 0,01 % beteiligt. 2001 wurde der Kläger durch den Vorstand eines Tochterunternehmens der RWE AG in einen Regionalbeirat berufen. Die Regionalbeiräte dienen dem Dialog zwischen der RWE AG, ihren Geschäftspartnern und Aktionären. In diese Beiräte werden Bürgermeister berufen, deren Kommunen Aktionäre der RWE und Mitglieder im Verband kommunaler RWE-Aktionäre sind. In der Folgezeit forderte die beklagte Stadt den Kläger mittels zweier Leistungsbescheide über je 6.650 EUR auf, die für seine Beiratstätigkeit in den Jahren 2004-2005 erhaltene Vergütung an sie abzuführen. Die hiergegen gerichtete Klage blieb schließlich erfolglos.

Entscheidung

Anders als noch vom Berufungsgericht angenommen, folgt die Pflicht zur Ablieferung der Beiratsvergütung nicht aus der Nebentätigkeitsverordnung, weil die Tätigkeit im Beirat eines privaten Unternehmens nicht einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst gleichzustellen ist. Dies ist nur dann zulässig, wenn das Unternehmen von der öffentlichen Hand zumindest faktisch beherrscht wird und Vergütungen für Beiratsmitglieder mittelbar aus öffentlichen Kassen gezahlt werden. Dies war hier nicht der Fall.

Konsequenz

Ein Beamter ist zur Ablieferung einer Vergütung für eine Tätigkeit verpflichtet, die zu seinen dienstlichen Aufgaben im Hauptamt zählt. Wird ein Beamter daher nur in seiner Funktion als Bürgermeister in einen Beirat berufen, ist er dort nicht als Privatperson tätig. Mit der Übernahme der Beiratsmitgliedschaft macht er vielmehr von seiner Befugnis Gebrauch, die Gemeinde in diesem Gremium zu vertreten. Für ein Behaltendürfen der Vergütung ist dann kein Raum.

Mehrjährige Haftstrafe rechtfertigt regelmäßig eine Kündigung

Mehrjährige Haftstrafe rechtfertigt regelmäßig eine Kündigung

Rechtslage

Außerbetriebliches, insbesondere straferhebliches Fehlverhalten rechtfertigt nur ausnahmsweise die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Die Kündigungsgrenze ist allerdings dann in der Regel erreicht, wenn es zu einer nicht mehr unerheblichen Verurteilung kommt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer jüngeren Entscheidung die Voraussetzungen, unter denen eine Kündigung wegen einer Verurteilung zulässig sein kann, näher abgesteckt.

Sachverhalt

Der Kläger war länger bei einem großen Unternehmen beschäftigt. Im November 2006 wurde er in Untersuchungshaft genommen und im Mai 2007 – bei fortdauernder Inhaftierung – zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 7 Monaten verurteilt. Der Arbeitgeber besetzte den Arbeitsplatz des Klägers neu und kündigte das Arbeitsverhältnis im Februar 2008 ordentlich. Gegen die Kündigung wandte der Kläger ein, der Arbeitgeber hätte die Zeit der haftbedingten Abwesenheit überbrücken müssen, bis er den in Aussicht gestellten Freigängerstatus erlangt habe, unterlag aber vor dem Bundesarbeitsgericht.

Entscheidung

Das Gericht sah die Kündigung aus einem personenbedingten Grund als zulässig an. Bei einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen einer Straftat ohne Bezug zur Arbeit ist insbesondere bei einer (längeren) Haftstrafe die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt. Da der Arbeitnehmer die Störung des Arbeitsverhältnisses selbst zu vertreten habe, seien dem Arbeitgeber zur Überbrückung der Fehlzeit nur geringere Anstrengungen zuzumuten als bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 2 Jahren verurteilt worden ist, kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz in der Regel dauerhaft neu besetzen.

Konsequenz

Die Entscheidung wird so interpretiert werden können, dass eine rechtkräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren eine ordentliche Kündigung rechtfertigt; die fristlose Kündigung braucht noch stärkerer Gründe.

Bundesarbeitsgericht erklärt Spannensicherungsklauseln für unwirksam

Bundesarbeitsgericht erklärt Spannensicherungsklauseln für unwirksam

Kernaussage

Eine tarifvertragliche Klausel, in der eine Sonderleistung für Arbeitnehmer vereinbart ist, die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaften sind (sog. einfache Differenzierungsklausel) verstößt nicht gegen höherrangiges Recht und ist wirksam. Wir die Exklusivität dieses Anspruchs für Gewerkschaftsmitglieder tariflich durch eine sog. „Spannensicherungsklausel“ oder Abstandsklausel abgesichert, wonach etwaige Kompensationsleistungen des Arbeitgebers an nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer jeweils zwingend und unmittelbar einen entsprechenden zusätzlichen Zahlungsanspruch auch für Gewerkschaftsmitglieder begründen, so dass der Vorsprung für Gewerkschaftsmitglieder nicht ausgleichbar ist, überschreitet diese Klausel die Tarifmacht und ist unwirksam. Dies entschied jüngst das Bundesarbeitsgericht.

Sachverhalt

Im Jahr 2008 hatten die Klägerin, ein Unternehmen der Hafen-Logistik, und die beklagte Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag über eine Erholungsbeihilfe von 260 EUR pro Jahr geschlossen. Diese sollte an Mitglieder von ver.di gezahlt werden. Hierbei handelte es sich um eine einfache Differenzierungsklausel. Weiterhin sollten die ver.di Mitglieder nach einer Spannensicherungsklausel im Tarifvertrag im Falle einer Zahlung von „entsprechenden oder sonstigen Leistungen“ des Arbeitgebers an Nichtgewerkschaftsmitglieder unmittelbar einen gleich hohen, zusätzlichen Anspruch erhalten. Der Arbeitgeber hatte auf Feststellung der Unwirksamkeit beider Klauseln geklagt und unterlag vor dem Arbeitsgericht. Das Bundesarbeitsgericht hielt jedenfalls die Spannensicherungsklausel für unwirksam.

Entscheidung

Anders als das Arbeitsgericht, das die Klage vollumfänglich abgewiesen hatte, gab ihr das Bundesarbeitsgericht zumindest teilweise statt. Die einfache Differenzierungsklausel des Tarifvertrages war wirksam. Der Tarifvertrag darf indes nicht dem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeit nehmen, die nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer mit den Gewerkschaftsmitgliedern gleichzustellen. Diese Gleichstellung wurde mit der ebenfalls verwendeten Spannensicherungsklausel verhindert, die damit unwirksam war.

Konsequenz

Ein Tarifvertrag darf nur den Inhalt von Arbeitsverhältnissen zwingend und unmittelbar regeln, die der Tarifmacht der Koalitionen unterworfen sind. Hierzu zählen nicht die Arbeitsverhältnisse der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer.