Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Gelangensbestätigung: Praktikable Lösung in Sicht

Gelangensbestätigung: Praktikable Lösung in Sicht

Rechtslage

Mit Wirkung zum 1.1.2012 wurden die Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen erheblich verschärft. Die „Gelangensbestätigung“ ersetzte die bisher erforderlichen Nachweise. Aufgrund massiver Proteste gegen die kaum praktikable Neuregelung versprach das Bundesfinanzministerium (BMF) Besserung. Den Unternehmen wurde bis zu einer erneuten Änderung der Nachweispflichten zugestanden, die Nachweise noch gemäß der bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage zu führen. Nun liegt der Entwurf der Neuregelung vor.

Neue Verwaltungsanweisung (Entwurf)

Der neue Entwurf lässt nun neben der Gelangensbestätigung auch alternative Nachweise zu. So können die Nachweise unter bestimmten Voraussetzungen auch durch handelsrechtliche Frachtbriefe, Spediteurbescheinigungen, tracking-and-tracing-Protokolle oder Empfangsbestätigungen von Postdienstleistern geführt werden. Darüber hinaus werden die Anforderungen an die Gelangensbestätigung reduziert.

Konsequenzen

Der Entwurf stellt eine wesentliche Vereinfachung gegenüber dem letzten Versuch des BMF dar. Der Verzicht auf die Gelangensbestätigung als einzig gültigen Nachweis trägt hierzu wesentlich bei. Allerdings ist insoweit Vorsicht geboten, als die Anforderungen an die alternativ zu erbringenden Nachweise zum Teil strikter ausfallen als für die Gelangensbestätigung. So kann bei einer elektronischen Übermittlung der Gelangensbestätigung auf eine Unterschrift des Empfängers verzichtet werden, nicht jedoch, wenn statt dessen der Nachweis über den Frachtbrief erbracht wird. Die Bundessteuerberaterkammer sowie der Deutsche Steuerberaterverband fordern daher in Details noch Nachbesserungen. Die Unternehmen müssen somit die endgültige Regelung abwarten. Da das BMF den Unternehmen bis zum 30.6.2013 die Möglichkeit lässt, weiterhin die Nachweise noch nach der bis zum 31.12.2011 gültigen Rechtslage zu erbringen, dürfte genug Zeit verbleiben, um sich auf die Neuregelung einzustellen.

Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit zulässig

Kürzung des Urlaubs bei Kurzarbeit zulässig

Kernfrage

In Kurzarbeit beschäftigte Arbeitnehmer erbringen bis hin zu sogenannter „Kurzarbeit null“ ihre Arbeitsleistung nur in eingeschränktem Umfang. Gleichzeitig erhalten sie nur ihr anteiliges Gehalt und Kurzarbeitergeld. Unabhängig davon bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert bestehen; auch der Urlaubsanspruch entsteht während der Kurzarbeit weiter. Streitig war aber, ob der arbeitsvertragliche Urlaubsanspruch entsprechend des Kurzarbeitsanteils gekürzt werden konnte. Denn parallel gilt der Grundsatz, dass der Urlaubsanspruch erhalten bleibt, wenn Arbeitnehmer ihren Urlaub aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht nehmen können. Vor diesem Hintergrund hatte der Europäische Gerichtshof über folgende Vorlagefrage des Arbeitsgerichts Passau zu entscheiden: Steht das Unionsrecht nationalem Recht oder Gepflogenheiten in Form eines Sozialplans entgegen, nach denen sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub in der Zeit, in denen sich das Unternehmen in der Krise befindet, im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung verringert?

Sachverhalt

Die Kläger waren beim Arbeitgeber in Kurzarbeit null beschäftigt; die Kläger brauchten nicht zu arbeiten, der Arbeitgeber zahlte keine Löhne. In einem Sozialplan zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat war vereinbart, dass sich der Urlaubsanspruch entsprechend der Arbeitszeitverkürzung verringert. Mit ihren Klagen machten die Kläger die Abgeltung des während der Kurzarbeit nicht genommenen Urlaubs geltend, weil sie ihren Urlaub aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht hätten nehmen können. Sie seien daher mit Arbeitnehmern vergleichbar, die krankheitsbedingt ihren Urlaub nicht nehmen konnten. Diesen stünde eine Urlaubsabgeltung zu.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof urteilte zugunsten des Arbeitgebers und erachtete die Urlaubsverringerung als zulässig. Die Situation der Kurzarbeit sei nicht mit der eines erkrankten Arbeitnehmers vergleichbar. Vielmehr seien in Kurzarbeit beschäftigte Arbeitnehmer mit teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern vergleichbar, für die eine anteilige Kürzung arbeitsvertraglicher Ansprüche zulässig sei.

Konsequenz

Die Entscheidung gilt nicht nur für die Kurzarbeit null, sondern für alle Formen der Kurzarbeit. Bei Kurzarbeit können arbeitsvertragliche Ansprüche entsprechend der Arbeitszeitverkürzung ebenfalls gekürzt werden.

Leiharbeit und Kettenbefristungen im Konzern zulässig

Leiharbeit und Kettenbefristungen im Konzern zulässig

Kernfrage

Die Regelungen zur Leiharbeit haben sich zum 29.4.2011 verschärft. So ist insbesondere die sogenannte dauerhafte Überlassung eines Arbeitnehmers des Entleihers an ein und dasselbe Unternehmen unzulässig. Parallel hatten sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Bundesarbeitsgericht (BAG) in diesem Jahr mit der Zulässigkeit der sogenannten Kettenbefristung, also die Aneinanderreihung einer Vielzahl befristeter Arbeitsverträge mit einem Arbeitgeber, beschäftigt. Sie hatten hier die Rahmenbedingungen abgesteckt, unter denen solche Kettenbefristungen zulässig sein können. Das Arbeitsgericht Oberhausen hatte nunmehr in einem Fall zu entscheiden, in dem beide Aspekte zusammentrafen.

Sachverhalt

Der Kläger war auf der Grundlage von insgesamt 10 befristeten Arbeitsverträgen über 7 Jahre hinweg bei einem konzerninternen Verleihunternehmen angestellt, das außer einem Geschäftsführer lediglich Arbeitnehmer zur Überlassung an andere Konzernunternehmen beschäftigte und keine eigene organisatorische Struktur besaß, sondern z. B. die Verwaltung von anderen Konzernunternehmen durchführen ließ. Dabei war der Kläger ausschließlich an andere Konzernunternehmen verliehen worden. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, er stehe in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu dem Konzernunternehmen, an das er zuletzt verliehen war, weil sein eigentlicher Arbeitgeber nur eine Scheinleihe betreibe. Jedenfalls bestehe aber ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum Verleihunternehmen, weil die Kettenbefristung unzulässig gewesen sei.

Entscheidung

Das Gericht wies die Klage ab. Im Hinblick auf die „Scheinleihe“ stellte es darauf ab, dass sich der Kläger elf Monate nach Inkrafttreten der Neuregelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hierauf noch nicht berufen könne. Insoweit fehle es noch an der dauerhaften Überlassung. Aber auch eine rechtsmissbräuchliche Überlassung liege nicht vor. Denn unabhängig davon, dass das Verleihunternehmen in den Konzernverbund eingebunden sei, verleihe es seine Arbeitnehmer an verschiedene (Konzern)Unternehmen, so dass ein Verleihgeschäft vorliege. Schließlich könne sich der Kläger auch nicht auf eine unzulässige Kettenbefristung berufen. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reiche alleine die Tatsache, dass es mehrere Befristungen über einen Zeitraum von 7 Jahre gegeben habe, nicht dafür aus, einen Rechtsmissbrauch anzunehmen. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Haustarifvertrag Kettenbefristungen ermögliche.

Konsequenz

Das Urteil ist positiv, aber mit Vorsicht zu nehmen. Zwar kann aus dem Urteil gegebenenfalls geschlossen werden, dass die Rechtsprechung geneigt ist, insbesondere die konzernrechtlichen Privilegierungen der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung auch nach der gesetzlichen Neuregelung aufrecht zu erhalten. Allerdings wird sich dies endgültig erst dann zeigen, wenn sich auch Landesarbeitsgerichte bzw. das Bundesarbeitsgericht entsprechend äußern.

Betriebsrat kann als Gremium zivilrechtlich rechtsfähig sein

Betriebsrat kann als Gremium zivilrechtlich rechtsfähig sein

Kernfrage

Im Arbeitsrecht ist der Betriebsrat als Gremium im Verhältnis zum Arbeitgeber rechts- und vermögensfähig. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Betriebsrat als solcher Partei arbeitsgerichtlicher Verfahren sein kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob und inwieweit diese Rechtsfähigkeit auch für das Zivilrecht gilt.

Sachverhalt

Der Betriebsrat, vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden hatte einen Beratervertrag abgeschlossen, das Beratungshonorar aber aufgrund verschiedener Einwendungen nicht gezahlt. Das Beratungsunternehmen verklagte darauf hin nicht nur die Betriebsratsmitglieder sondern auch den Betriebsrat als Gremium auf Zahlung. Das zuständige Oberlandesgericht wies die Klage, soweit sie gegen den Betriebsrat als Gremium gerichtet war, als unzulässig ab.

Entscheidung

Der BGH hob diese Entscheidung auf und urteilte, dass der Betriebsrat in entsprechender Anwendung der arbeitsrechtlichen Grundsätze zur Rechtsfähigkeit des Betriebsrates im Zivilrecht auch gegenüber Dritten, die außerhalb arbeitsrechtlicher Beziehungen stehen, rechtsfähig sein kann. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die zivilrechtlich getroffene Vereinbarung im Wirkungskreis des Betriebsrats liege. Allerdings gelte diese Rechtsfähigkeit nur in dem Umfang, wie der Betriebsrat seinerseits einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber auf Freistellung von Beratungskosten habe. Dieser bestehe nur, soweit die Beratungsleistungen zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrates erforderlich und die Honorare marktüblich gewesen seien. Soweit diese Grenzen überschritten worden seien, sei der Beratungsvertrag unwirksam. In diesem Fall kann eine persönliche Haftung der den Betriebsrat bei Abschluss der Vertrags vertretenden Mitglieder aus den Regelungen über die Vertretung ohne Vertretungsmacht entstehen.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt, dass die Betriebsratstätigkeit nicht gänzlich ohne Haftungsrisiko ist. So bestimmen die Regelungen über den arbeitsrechtlichen Kostenbefreiungsanspruch des Betriebsrates gegenüber dem Arbeitgeber, inwieweit der Betriebsrat im Zivilrecht rechtsfähig und ein durch den Betriebsrat abgeschlossener Vertrag wirksam ist. Ab der Grenze der Unwirksamkeit beginnen dann die persönlichen Haftungsfragen der Betriebsratsmitglieder.

Vertrauensschutz in den Fortbestand einer steuerrechtlichen Regelung

Vertrauensschutz in den Fortbestand einer steuerrechtlichen Regelung

Kernaussage

Nach dem Gesetz zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 sollten die nach Einkommen- oder Körperschaftsteuerrecht außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile aus sogenannten Streubesitzbeteiligungen (weniger als 10 %) rückwirkend für das Jahr 2001 im Gewerbesteuerrecht dem Gewinn wieder zugerechnet werden. Diese rückwirkende Geltung ist nichtig, soweit die Dividenden bis zum Beschluss des Vermittlungsausschusses am 11.12.2001 zugeflossen sind.

Sachverhalt

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Beteiligungs-GmbH, die im Streitjahr 2001 eine Streubesitzbeteiligung von weniger als 10 % des Stammkapitals an einer anderen GmbH hielt. Die Gesellschafterversammlung dieser anderen GmbH beschloss am 15.12.2001 eine Vorabausschüttung. Eine entsprechende Gutschrift auf dem Konto der Klägerin erfolgte am 19.12.2001. Das Finanzamt erfasste diesen Betrag im Gewerbesteuermessbetrag als Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb und berief sich auf die Rückwirkung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungsvorschrift. Die Hinzurechnung der Streubesitzdividenden bei der Gewerbesteuer wurde durch den Vermittlungsausschluss am 11.12.2001 aufgenommen. Der Bundestag beschloss am 14.12.2001 die Neuregelungen und der Bundesrat stimmte am 20.12.2001 zu. Das Finanzgericht legte dem Verfassungsgericht die Frage vor, ob eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung für den Erhebungszeitraum 2001 angeordnet wurde.

Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass die Rückwirkung der Regelung verfassungsgemäß ist, soweit der Zeitraum nach dem Vorschlag des Vermittlungsausschlusses am 11.12.2001 betroffen ist. Zu differenzieren ist zwischen einer echten und einer unechten Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn das Gesetz eine bereits entstandene Steuerschuld ändert. Diese sind generell unzulässig. Entsteht die Steuer erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, wirken Rechtsänderungen nur unecht zurück. Diese sind zulässige, wenn der Steuerpflichtige mit einer entsprechenden Rechtsänderung rechnen muss und daher kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage hat. Bereits der Vorschlag des Vermittlungsausschlusses hatte hier das Vertrauen beseitigt.

Konsequenz

Die Entscheidung verdeutlicht, dass laufende Gesetzgebungsverfahren strengstens zu beobachten sind, da der Vertrauensschutz bereits frühzeitig zerstört werden kann. Betroffene Steuerpflichtige, die die Steuerbescheide für das Jahr 2001 offen gehalten haben, können nach den o. g. Grundsätzen mit Steuerrückzahlungen rechnen.

Teilwertabschreibung auf Tochtergesellschaft wegen Verlusten aus Fremdwährungsverbindlichkeiten

Teilwertabschreibung auf Tochtergesellschaft wegen Verlusten aus Fremdwährungsverbindlichkeiten

Kernproblem

Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert kommt steuerrechtlich nur in Betracht, wenn eine voraussichtlich dauernde Wertminderung gegeben ist. Fraglich ist, ob der Teilwert einer im Anlagevermögen gehaltenen 100 %igen Tochterkapitalgesellschaft deshalb dauerhaft wertgemindert ist, weil diese aufgrund von Fremdwährungsverbindlichkeiten bilanziell überschuldet ist.

Sachverhalt

Die klagende AG war 100 %ige Gesellschafterin einer GmbH, die sie im Anlagevermögen zu Anschaffungskosten ansetzte. Im Streitjahr 2010 nahm die AG eine Teilwertabschreibung auf 1 DM vor, da die Tochtergesellschaft eine bilanzielle Überschuldung aufwies. Hintergrund hierfür waren in Schweizer Franken lautende Fremdwährungsdarlehen, die eine Laufzeit von 20 und 25 Jahren hatten, und deren Wert aufgrund der Aufwertung des Schweizer Franken gegenüber der DM nach Darlehensaufnahme stieg. Den niedrigeren Teilwert behielt die Klägerin an den beiden folgenden Bilanzstichtagen bei. Eine Zuschreibung auf die ursprünglichen Anschaffungskosten erfolgte erst in der Bilanz zum 31.12.2003. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Teilwertabschreibung steuerlich nicht anzuerkennen sei. Hiergegen klagte die AG vor dem Finanzgericht Schleswig-Holstein.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter ist die Klage unbegründet. Eine bilanzielle Überschuldung der Tochtergesellschaft allein sei kein Indiz für eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung. Zudem sei im vorliegenden Fall die Überschuldung nicht Resultat des operativen Geschäfts der Tochtergesellschaft, vielmehr resultiere sie aus deren Wechselkursdifferenzen. Das Finanzgericht beruft sich dabei auf die in einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in 2009 aufgestellten Grundsätze, wonach ein Anstieg der Fremdwährung grundsätzlich keine dauerhafte Werterhöhung der Verbindlichkeit bei Restlaufzeiten von 10 Jahren oder mehr begründe. Vielmehr sei von einem Ausgleich der Wertschwankungen im weiteren Vertragsverlauf auszugehen.

Konsequenz

Gegen das Urteil hat die unterlegene AG Revision beim BFH eingelegt, dem nunmehr die höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage obliegt. Ungeachtet dessen ist zu beachten, dass nach geltender Rechtslage die Teilwertabschreibung auf Kapitalgesellschaftsanteile den steuerlichen Gewinn nicht mindert, wenn der Bilanzierende ebenfalls eine Kapitalgesellschaft ist. Da eine etwaige spätere Wertzuschreibung indes zu 5 % steuerpflichtig ist, ist die Nichtausübung des Wahlrechts zur Teilwertabschreibung regelmäßig steuerlich vorteilhaft.

Zur Abzugsfähigkeit des Vorteilsverbrauchs bei zinslosen Darlehen

Zur Abzugsfähigkeit des Vorteilsverbrauchs bei zinslosen Darlehen

Kernproblem

Die Vergabe eines zinslosen Darlehens durch eine Tochterkapitalgesellschaft an ihre Schwesterkapitalgesellschaft stellt eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an die Mutterkapitalgesellschaft dar. Der der Mutter zugewendete Vorteil gilt mangels Einlagefähigkeit jedoch für Zwecke ihrer Beteiligung als verbraucht, so dass bei der Muttergesellschaft ein (fiktiver) Aufwand entsteht. Die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen dieser fiktive Aufwand eine steuerlich abzugsfähige Betriebsausgabe darstellt, war nunmehr Gegenstand eines finanzgerichtlichen Verfahrens.

Sachverhalt

Die klagende GmbH ist Muttergesellschaft von insgesamt 3 Tochterkapitalgesellschaften. Im Streitjahr 2002 gewährte Tochter-GmbH 1 ein zinsloses Darlehen an Tochter-GmbH 2, die die erhaltenen Gelder ihrerseits als zinsloses Darlehen an die Tochter-GmbH 3 weiterleitete. Zwischen der Klägerin und der Finanzverwaltung bestand insoweit Einigkeit, dass sowohl eine vGA seitens der Tochter-GmbH 1 als auch seitens der Tochter-GmbH 2 vorlag. Ebenso war unstrittig, dass der Mutter-GmbH aufgrund beider Darlehen jeweils ein fiktiver Aufwand zuzurechnen war (Vorteilsverbrauch). Entgegen der Ansicht der Klägerin behandelte das Finanzamt den fiktiven Aufwand aus Darlehen 2 aber als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe, da ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit der steuerfreien vGA aus Darlehen 1 gegeben sei (Abzugsverbot i. S. d. § 3c EStG). Im Anschluss an ein erfolgloses Einspruchsverfahren reichte die Mutter-GmbH Klage ein.

Entscheidung

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein gab der Finanzverwaltung Recht und bejahte den unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den (steuerfreien) Einnahmen in Gestalt der vGA aus Darlehen 2 und den fiktiven Aufwendungen aus dem Vorteilsverbrauch aus Darlehen 1. Da die Vorschrift des § 3c EStG jedoch einen Abzug als Betriebsausgabe versage, wenn ein solcher Zusammenhang mit steuerfreien Erträge bestehe, könne der fiktive Aufwand vorliegend nicht steuerlich geltend gemacht werden.

Konsequenz

Gegen das Urteil ist zwischenzeitlich Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Ungeachtet dessen ist auf die Besonderheit des Streitjahres 2002 zu achten. Nach aktuellem Recht sind nunmehr Beteiligungsaufwendungen auf Ebene von Kapitalgesellschaften grundsätzlich voll abzugsfähig, auch wenn diese in einem vorstehend genannten Zusammenhang mit Beteiligungserträgen stehen. Im Gegenzug sind die Beteiligungserträge de facto aber nur noch zu 95 % (früher: 100 %) steuerbefreit.

Keine Kündigung eines alkoholkranken AN trotz Rückfällen

Keine Kündigung eines alkoholkranken AN trotz Rückfällen

Kernfrage

Einem Arbeitnehmer, der trotz Verbots im Dienst Alkohol trinkt, kann gekündigt werden. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass er alkoholabhängig, also suchtkrank ist. Dann gelten die Regelungen über die Zulässigkeit krankheitsbedingter Kündigungen. Insbesondere können Therapien eine Kündigung unwirksam werden lassen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Kündigung gegenüber einem alkoholkranken Arbeitnehmer dann (wieder) wirksam sein kann, wenn dieser trotz Therapie wieder rückfällig wird.

Sachverhalt

Der Kläger war Elektriker. Nachdem seine Alkoholsucht bekannt wurde, schloss er mit dem Arbeitgeber eine Therapievereinbarung, in der er sich zu einer ambulanten Therapie verpflichtete. Ungeachtet dessen wurde der Kläger zweimal rückfällig. Nach dem zweiten Rückfall kündigte der Arbeitgeber und machte unter anderem geltend, dass das Risiko eines alkoholbedingten Unfalls angesichts der Tätigkeit des Klägers mit Strom für sich und andere Arbeitnehmer zu hoch sei.

Entscheidung

Das Gericht hielt die Kündigung für unwirksam, weil die Grundsätze für krankheitsbedingte Kündigungen auch bei bzw. nach fehlgeschlagener Therapie anwendbar bleiben. Danach konnte das Gericht offen lassen, ob die Rückfälle für sich genommen dazu führen, dass eine negative Gesundheitsprognose zu erwarten sei. Jedenfalls scheitere die krankheitsbedingte Kündigung daran, dass eine Beeinträchtigung des Betriebes nicht vorgelegen habe. Denn der Arbeitgeber konnte nichts dazu vortragen, dass es bei Abschluss der Therapievereinbarung oder danach zu einer tatsächlichen alkoholbedingten Gefährdung im Beruf gekommen war. Außerdem seien auch keine hohen Lohnfortzahlungskosten entstanden.

Konsequenz

Auch wenn man anerkennt, dass es das Bestreben ist, alkoholkranke Arbeitnehmer möglichst lange im Berufsleben zu lassen, hat die Entscheidung im Hinblick auf die Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit einen „Beigeschmack“. Man kann die Entscheidung so verstehen, dass eine Kündigung erst dann möglich wird, wenn es alkoholbedingt zu einer echten Gefährdungslage für den Arbeitnehmer oder andere gekommen ist.

Keine Sperrfristverletzung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens

Keine Sperrfristverletzung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens

Kernproblem

Für die Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft enthält das Einkommensteuergesetz eine günstige Regelung: Der Vorgang ist steuerneutral, soweit die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt. Die Steuerneutralität entfällt aber rückwirkend, wenn das Wirtschaftsgut anschließend innerhalb einer 3-jährigen Sperrfrist veräußert wird. Keine Sperrfrist ist zu beachten, wenn bei der ursprünglichen Übertragung eine negative Ergänzungsbilanz für den übertragenden Gesellschafter gebildet wurde. Ob die Ausnahmeregelung auch im Fall der Einmann-GmbH & Co. KG gilt, war nunmehr finanzgerichtlich zu klären.

Sachverhalt

Der 100 %ige Kommanditist einer GmbH & Co. KG überließ dieser ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück zur betrieblichen Nutzung. Das Grundstück war somit unstreitig als Sonderbetriebsvermögen zu qualifizieren. Im Streitjahr 2007 übertrug er dieses Grundstück unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen der KG. Bereits ein Jahr später veräußerte die KG das Grundstück entgeltlich an einen Dritten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung stellte die Veräußerung eine Sperrfristverletzung für die ein Jahr zuvor erfolgte Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen dar. Dem widersprach der Steuerpflichtige mit dem Argument, dass eine Sperrfristwirkung überhaupt nicht bestehe, da er in 2007 eine negative Ergänzungsbilanz bei der KG aufgestellt habe. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren reichte er sodann Klage beim Finanzgericht (FG) Düsseldorf ein.

Entscheidung

Die Richter stimmten der Auffassung des Steuerpflichtigen zu. Der Gesetzeswortlaut stelle ausdrücklich klar, dass eine Sperrfristwirkung nicht bestehe, wenn bei der ursprünglichen Übertragung aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft eine negative Ergänzungsbilanz aufgestellt wurde. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung sei dem Gesetz keine (Rück-)Ausnahme zu entnehmen, wonach dies für den Fall einer Einmann-GmbH & Co. KG nicht gelte.

Konsequenz

Dem für den Steuerpflichtigen günstigen Urteil ist zuzustimmen. Zur höchstrichterlichen Klärung der Rechtsfrage wurde allerdings die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Wer vertritt eine AG im Rechtsstreit gegen eine GmbH?

Wer vertritt eine AG im Rechtsstreit gegen eine GmbH?

Kernaussage

Eine Aktiengesellschaft (AG) wird gegenüber (gegenwärtigen oder ehemaligen) Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsrat vertreten. Die gleiche Vertretungsregelung für die AG gilt gegenüber einer anderen Gesellschaft, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ein (früheres) Vorstandsmitglied der AG ist, und mit diesem wirtschaftlich identisch ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafterin und Geschäftsführerin eine natürliche Person ist. Seit April 2007 war diese für die beklagte AG beratend tätig; sie wurde im Juli 2008 zum weiteren Vorstandsmitglied der AG bestellt und im Dezember 2008 mit sofortiger Wirkung abberufen. Die Parteien streiten insbesondere darum, ob der in diesem Zeitraum erbrachten Beraterleistung ein wirksamer Beratervertrag zugrunde liegt. Der Vertrag wurde nämlich im November 2008 auf Seiten der GmbH durch die Gesellschafter-Geschäftsführerin und auf Seiten der AG durch die weiteren Vorstandsmitglieder unterzeichnet. Die GmbH erhob gegen die AG, „gesetzlich vertreten durch deren Vorstandsvorsitzenden“, Klage und begehrt Zahlung der Vergütung in Höhe von rund 385.000 EUR. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Die Klage ist bereits unzulässig, da die AG nicht nach den gesetzlichen Vorschriften vertreten ist. Bei Streitigkeiten mit einem amtierenden oder ehemaligen Vorstandsmitglied ist gesetzlicher Vertreter der AG deren Aufsichtsrat. Dies gilt auch in einem Prozess zwischen einer AG und einer GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ein früheres Vorstandsmitglied der AG ist und Ansprüche aus einem geschlossenen Beratervertrag streitig sind. Insofern ist von einer wirtschaftlichen Identität auszugehen. Darüber hinaus gilt die Regelung, dass eine AG gegenüber Vorstandsmitgliedern gerichtlich und außergerichtlich durch den Aufsichtsrat vertreten wird, für alle Verträge oder Rechtsstreitigkeiten zwischen der AG und ihrem Vorstandsmitglied, soweit sie einen sachlichen Zusammenhang mit der Vorstandstätigkeit aufweisen. Dies ist insbesondere bei Beraterverträgen der Fall.

Konsequenz

Die Grundsätze des Urteils sind nur auf Fälle anzuwenden, in denen ein Dritter mit dem Vorstandsmitglied wirtschaftlich identisch ist, insbesondere wenn es sich und eine Ein-Person-Gesellschaft des Vorstandsmitglieds handelt. Bei einer lediglich maßgeblichen Beteiligung des Vorstandsmitglieds oder in sonstigen Fällen ist die Annahme der wirtschaftlichen Identität restriktiv zu handhaben.